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1 Acta hydrochim. hydrobiol. I3 1 1975 1 4 I 381-384 1 A. GNAUCK, J. WERNSTEDT und W. WINRLER Technische Universitit Dresden, Sektion Wasserwesen; Technische Hochschule Ilmenau, Sektion Technische und Biomedizinische Kybernetik Zur Erstellung yon Wassergutemodellen fur Talsperren mittels rekursiver Schatzverf ahren Verschiedene Autoren haben in den letzten Jahren uber Wasserbeschaffenheits- niodelle mittels Regressionsanalyse berichtet (CHURCHILL und BUCKINGHAM 1956 ; BAUER 1973; GNAUCK 1973; HOFMANN 1972). Die erzielten Ergebnisse waren sehr unterschiedlich. Das liegt eininal daran, dalJ die Wechselbeziehungen zwischen den1 System (Gewasser) und seiner Uingebung (Einzugsgebiet) nichtlinearen Charakter tragen und zuin anderen die zeitliche Varianz der Parameter unberucksichtigt blieb. Im Gegensatz dazu gestatten rekursive Schatzverfahren eine Analyse der zeitlichen Varianzen der System- und Pararneteranderungen. Die Aufgabe der Paraineterschatzverfahren besteht im allgeineinen darin, ein Modell $ dein (realen) System y so anzupassen, daB der Fehler e = y - 3 minimal wird. Mit Hilfe einer geeigneten Bewertungsfunktion (Zielfunktion) des Fehlers lassen sich die einzelnen Verfahren herleiten, wobei als einfachste Zielfunktionen Q der mittlere qua- dratische Fehler (Regression) und der yuadratische Fehler (Gradientenverfahren) die hreiteste Anwendung finden. Die Miniinierung der Zielfunktion geht bei den rekursiven Verfahren von der Be- ziehung aus, wobei'h der geschatzte Parainetervektor und Q der Nullvektor sind. gangen und einein Ausgang Die Grundstruktur fur diese Schatzverfahren lautetl fur ein Systeni mit n-Ein- (2 ) &k+l = &k $. Kk+i bk+i - xL+lk) * Dabei bedeuten z der Vektor der zufalligen EinfluBgroBen, & der Paraiiietervektor und y das Ausgangssignal des realen Systems. Der Algorithnius loesagt, daB der neue Pararnetervektor zuin X: + 1-ten Zeitpunkt sich ans den1 alten Parametervektor und dem Fehler zwischen geniesseneni und geschat,zteni Systemausgang multipliziert init einem Verstarkungsfaktor K ergibt. Algorithinen dieser Art sind in der Lage, das Modell den1 Systein anzupassen und durch eine giinstige Gestaltung des Verstarkungsfaktors K dem Systein auch laufend nachzufiihren. Die Vorteile dieser Verfahren fur eine Echtzeitrnodellbildung gegen- uber den Gradientenverfahren sind in den Arbeiten von WERNSTEDT und PETER (1971) und WERNSTEDT (1973) aufgezeigt worden.

Zur Erstellung von Wassergütemodellen für Talsperren mittels rekursiver Schätzverfahren

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1 Acta hydrochim. hydrobiol. I3 1 1975 1 4 I 381-384 1

A. GNAUCK, J. WERNSTEDT und W. WINRLER

Technische Universitit Dresden, Sektion Wasserwesen; Technische Hochschule Ilmenau, Sektion Technische und Biomedizinische Kybernetik

Zur Erstellung yon Wassergutemodellen fur Talsperren mittels rekursiver Schatzverf ahren

Verschiedene Autoren haben in den letzten Jahren uber Wasserbeschaffenheits- niodelle mittels Regressionsanalyse berichtet (CHURCHILL und BUCKINGHAM 1956 ; BAUER 1973; GNAUCK 1973; HOFMANN 1972). Die erzielten Ergebnisse waren sehr unterschiedlich. Das liegt eininal daran, dalJ die Wechselbeziehungen zwischen den1 System (Gewasser) und seiner Uingebung (Einzugsgebiet) nichtlinearen Charakter tragen und zuin anderen die zeitliche Varianz der Parameter unberucksichtigt blieb. Im Gegensatz dazu gestatten rekursive Schatzverfahren eine Analyse der zeitlichen Varianzen der System- und Pararneteranderungen.

Die Aufgabe der Paraineterschatzverfahren besteht im allgeineinen darin, ein Modell $ dein (realen) System y so anzupassen, daB der Fehler e = y - 3 minimal wird. Mit Hilfe einer geeigneten Bewertungsfunktion (Zielfunktion) des Fehlers lassen sich die einzelnen Verfahren herleiten, wobei als einfachste Zielfunktionen Q der mittlere qua- dratische Fehler (Regression) und der yuadratische Fehler (Gradientenverfahren) die hreiteste Anwendung finden.

Die Miniinierung der Zielfunktion geht bei den rekursiven Verfahren von der Be- ziehung

aus, wobei'h der geschatzte Parainetervektor und Q der Nullvektor sind.

gangen und einein Ausgang Die Grundstruktur fur diese Schatzverfahren lautetl fur ein Systeni mit n-Ein-

(2 ) & k + l = &k $. Kk+i b k + i - xL+lk) * Dabei bedeuten z der Vektor der zufalligen EinfluBgroBen, & der Paraiiietervektor und y das Ausgangssignal des realen Systems. Der Algorithnius loesagt, daB der neue Pararnetervektor zuin X: + 1-ten Zeitpunkt sich ans den1 alten Parametervektor und dem Fehler zwischen geniesseneni und geschat,zteni Systemausgang multipliziert init einem Verstarkungsfaktor K ergibt.

Algorithinen dieser Art sind in der Lage, das Modell den1 Systein anzupassen und durch eine giinstige Gestaltung des Verstarkungsfaktors K dem Systein auch laufend nachzufiihren. Die Vorteile dieser Verfahren fur eine Echtzeitrnodellbildung gegen- uber den Gradientenverfahren sind in den Arbeiten von WERNSTEDT und PETER (1971) und WERNSTEDT (1973) aufgezeigt worden.

382 GNAUCK, A., WERNSTEDT, J., WINKLER, W.

Fur die Talsperre Saidenbach wurde ein statisches Model1 iiiit zeitvarianten Parametern erstellt. Allgeinein gilt der Modellansatz

(3) $(t) = z%(t) . Betrachtet wird ein System niit den Eingangsgrofien Sichttiefe (xi), Teniperatur

(x?), Sauerstoffzehrung (x3), Sestonkonzentration (x4), Chlorophyllkonzentration (z5), Nitratstickstoffkonzentration (x6), Kaliuniperiiianganatverbrauch (x7) und Ortho- phosphatkonzentration (x8) und der Ausgangsgrone Sauerstoffkonzentration y.

Eine grobe Beschreibung der Zusaniinenhange zwischen Systemein- und -ausgang liefert die norinale Regression. Sie dient aufierdem zur Festlegung des Gewichtes und einer geeigneten Wahl der Startparameter fur den rekursiven Algorithmus. Auf das vorhandene Dateninaterial (siebenjahrige MeBreihe init ca. vierzehntagiger Regi- strierung) wurden die Algorithmen Normale Regression ci = f (x i i , . . . , xa i ) Gewichtete rekursive Regression ci(t) = f(zl i , . . . , x g i , t ) init i = 0 111, 5 in, 10 m, . . ., 35 111 fur den Modellansatz

(4)

angewendet. In Abb. 1 ist das Ergebnis der Modellrechnung fur die Wasseroberflache dargestellt,

der geniessene Systemausgang y und der Modellausgang $ sind in Abhangigkeit von den Mefipunkten (und damit von der Zeit t ) aufgetragen. Der Anfangsbereich der Kurven bis etwa zuin 20. MeBwert ist nicht auswertbar, da erst ab dieser Stelle der rekursive Algorithmus auf eine gute Schatzung eingeschwungen ist, der gemessene und der berechnete Verlauf der Sauerstoffkonzentration zeigen gute Ubereinstim- mung, Die vorhandenen Abweichungen sind einerseits durch das vorhandene Daten- material begrundet, zum anderen ist der EinfluB der gewahlten EingangsgroBen auf die Sauerstoffkonzentration recht unterschiedlich, eum Teil gegenlaufig, was

und

a t ) = Qo (4 +4(t)zt + d?(t)F2 + * . +43(&%?

'I I

1 I I I I I I I I I I / # I

10 50 100 130

$ 1

A n r o h i de r V e f l w e r t e

K- Abb. 1. Modellschatzung mittels rekursiver Regression fur die Talsperre Saidenbach - Oberflachenmodell niit der Zielgrolle Sauerstoffgehalt (Wichtung c = 0,95)

Erstellung von Wassergutemodellen 383

nicht allein durch die jahreszeitlichen Variationen der GroBen zu begriinden ist. Hier spielen die st ochastischen Schwankungen der Systeinumgebung (z. B. Bnderungen iin Einzugsgebiet der Talsperre) eine groBe Rolle. Obwohl gerade der epilimnische Bereich starken aul3eren Storungen unterworfen ist, ist der Algorithmus in der Lage,. annahernd die realen Verhaltnisse in den Stagnations- und in den Zirkulationsperioden wiederzugeben.

Zur Bestimniung der Modellgute wurden das BestimmtheitsmaB und die Rest- summen berechnet. Die erhaltenen Werte sind in der Tab. 1 angegeben.

Tabelle 1. Ergebnisse der Regressionsverfahren fur die Talsperre Saidenbach - Oberflachenmodeli mit der ZielgroBe Sauerstoffgehalt

Berechnungsmethode BestimmtheitsmaB Restsumme Wichtung

Rekursive Regression

Rekursive Regression (Modell ohne Parameter Orthophosphat)

Normale Regression Normale Regression (Modell ohne Parameter Orthophosphat)

0,598

0,574

0,607 0,577

12,51 102 1 13,28 102 0,9 7,9 lo$ 1

395 0,95 545 0,9 829 0,8 1176 0,7

$ = 0,12 f 0,0075 K 6

n o r m a l e R e g r e s s i o n Anzahl d e r HeBwerte K +

Abb. 2. Rekursive Parameterschiitzung (Kaliumpermanganatverbrauch) fur die Talsperre Saidenbach - Oberflachenmodell mit der ZielgroBe Sauer- stoffgehalt. Die unterbrochene Linie stellt die Trendgerade dar. (Wichtung c = 0,95)

Ein weiterer Vorteil der rekursiven Verfahren gegeniiber den bisherigen Regres- sionsverfahren besteht in der zeitlichen Analyse der Parameterschwankungen. Ale Beispiel ist in Abb. 2 der mittels der gewichteten rekursiven Regression geschatzte Parameter und der durch die normale Regression erhaltene Parameter fur den EinfluB des Kaliumpermanganatverbrauches dargestellt. Letzterer stellt den Mittelwert des Einflusses der Gro13e Kaliumpermanganatverbrauch auf den Sauerstoffgehalt dar. GesetzinaBigkeiten in der zeitlichen Bnderung des Parameters beziiglich des Sauer- stoffgehaltes sind durch ihn nicht zu entdecken, dieser Wert ist fur eine aktuelle Vor- hersage ungeeignet. Dagegen zeigt der rekursiv geschatzte Parameter deutlich die im Laufe des MeBzeitrauines sich andernde Beeinflussung der ZielgroBe.

384 GNAUCK, A., WERNSTEDT, J., WINKLER, W.

Der Parameter der EinfluBgro13e Kaliuinpermanganat zeigt im auswertbaren Me13- zeitrauin eine nionoton steigende Beeinflussung des im Oberflachenwasser der Tal- sperre Saidenbach gemessenen Sauerstoffgehaltes. Die Trendgerade ist in Ahb. 2 ein- gezeichnet,. Sie geniigt der Gleichung

( 5 ) 06 = + 0,12 + 0,0015 k .

Die ersten Ergebnisse der Untersuchung eines Talsperrenokosystenis voni Typ ,,Rinnenstausee" zeigen, da13 die rekursiven Schatzverfahren zur niathematischen Be- schreibung des Systeniverhaltens geeignet sind und statische Wassergiiteniodelle niit hohem Aussagewert erstellt werden konnen. Die Modellgiite konnte gegenuber den bisherigen Modellen verbessert werden, wobei der aktuelle Systemzustand durch die standige Modellnachfiihrung niit erfafit wird (vergleiche hierzu Restsunline mit und ohne Wichtung in Tab. 1).

Literatur

BAUEIZ, K. : Regressionsgleichungen fur die Gutebilanz der FlieBgewasser. Acta hydrochim.

C'HURCHILL, M. A., und R. A. BUCKINCHAN: Statistical Method for Analysis of Htraem Purification

GNAUCK, A. : Mathematische Probleme in der Wassergiitewirtschaft. Acta hydrochim. hydrobiol. 1

HOFMANN, R. : Untersuchungen zum Phosphathauslialt der Talsperre Saidenbach. Dissertation

WERNSTEDT, J., und U. PETER: Zur Parameterschatziing statischer Systeme mit Hilfe der rekur-

WERNRTEDT, J. : Zur Parameterschatzung statischer Systeme mittels rekursiver Verfahren. msr

hydrobiol. 1 (1973) 3, 231-239.

Capacity. Sewage Ind. Wastes 28 (1956), 517-528.

(1973) 5,471-476.

Technische Cniversitat Fakidtiit Bait-, Wasser- und Forstwesen, Dresden, 1972.

siven Regression. msr 14 (1971) 3, 96-100.

16 (1973) 1, 25-27.

Manuskripteingang: 30. 1. 1975.

Anschrift der Verfasser:

Dipl.-Math. Albrecht GNAWCK, DDR-110 Berlin, Lauterbachstr. 3; Doz. Dr.-Ing. J. WERNSTEDT, DDR-63 Ilmenau, Am Stollen V,'4; Dr.-Ing. W. WIPFKLER, DDR-63 Ilmenau, J. Curiestr. 7a.