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Annalen der Physik. 7. Folge. Band 13. 1961 Zur Frage des Einflusses thermischer Eigenschaften auf das elastische Verhalten fester Klirper Von H . Miiller und K. Stork Inhaltsiibcrsieht Im Wege der Diskussiou eines allgemeinen Gleichuiigssystems, welches zur Kennzeichnung thermodynamischer Zustandsanderungen dient, 1aLit sich eine Differenz der spezifischen WLrmen bei koiistanteii Dehnungen bzw. bei konstan- teii Spannungen gewinnen, und eine Spannungs-Dehnungs-Beziehung fur isen- trope Zustandsanderungen herleiten, die ahnlich dem H o o k e schen Gesetz aufge- bant ist. Gleich wie das elastische Verhalten fester Korper init dem thermischeii Zustand verkniipft erscheint, beeinflufit aiich der elastische Zustand die Warme- leituiig. dusgangspunkt ist die Uberlegimg, durch welche vereinfachencleii Annah- men die physilcalischen Grundlagen der ElastizitLtstheorie gekennzeichnet sind : drci -Innahmen erscheiiieii wcsent1ic.h : 1. die sogenaniite kincmatische Linearisierung, bci wclcher im Verzerrungs- tensor die Quadrate der Verschiebungsgradienten vernachlaissigt werden, 2. das Ho oke sche Gesetz, welches an Stelle eiiier allgemeineii Beziehung zwischen Spaiinnngen urd Verzerruiigen eirieii linearen Zusammenhang zwischen Spaiinungen und Dehiiungeii herstellt, und 3. die Veriiachlassigung der Temperatur als ZustandsgroRe. ad 1. u (2) beschreibe ein Verschiebungsfeld ; durch die Verschiebniig wircl danii (1) uncl fur die Laiige des iieuen Vektors dr’ folgt ~LIS (1) (die x, bedeuten kartesische Koordiiiateii, d,, ist das K r o n e c k e r symbol) aus einem dr ein dr’ gemlR dr’ = dr + dr grad; u(r) Die yik zeigen beim fjbergaiig auf tin neues Koordinatensystem das charakteri- stische Verhalteii von Tensorkomponcnten ; sie bilden den (symmetrischen) Ver- zerrungstensor r und sind gemaB (2) erklart durch

Zur Frage des Einflusses thermischer Eigenschaften auf das elastische Verhalten fester Körper

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Annalen der Physik. 7 . Folge. Band 13. 1961

Zur Frage des Einflusses thermischer Eigenscha ften auf das elastische Verhalten fester Klirper

Von H . M i i l l e r und K . S t o r k

Inhaltsiibcrsieht Im Wege der Diskussiou eines allgemeinen Gleichuiigssystems, welches zur

Kennzeichnung thermodynamischer Zustandsanderungen dient, 1aLit sich eine Differenz der spezifischen WLrmen bei koiistanteii Dehnungen bzw. bei konstan- teii Spannungen gewinnen, und eine Spannungs-Dehnungs-Beziehung fur isen- trope Zustandsanderungen herleiten, die ahnlich dem H o o k e schen Gesetz aufge- bant ist. Gleich wie das elastische Verhalten fester Korper init dem thermischeii Zustand verkniipft erscheint, beeinflufit aiich der elastische Zustand die Warme- leituiig.

dusgangspunkt ist die Uberlegimg, durch welche vereinfachencleii Annah- men die physilcalischen Grundlagen der ElastizitLtstheorie gekennzeichnet sind : drci -Innahmen erscheiiieii wcsent1ic.h :

1. die sogenaniite kincmatische Linearisierung, bci wclcher im Verzerrungs- tensor die Quadrate der Verschiebungsgradienten vernachlaissigt werden,

2 . das Ho oke sche Gesetz, welches an Stelle eiiier allgemeineii Beziehung zwischen Spaiinnngen u rd Verzerruiigen eirieii linearen Zusammenhang zwischen Spaiinungen und Dehiiungeii herstellt, und

3. die Veriiachlassigung der Temperatur als ZustandsgroRe. ad 1. u ( 2 ) beschreibe ein Verschiebungsfeld ; durch die Verschiebniig wircl danii

(1) uncl fur die Laiige des iieuen Vektors dr’ folgt ~ L I S (1) (die x, bedeuten kartesische Koordiiiateii, d,, ist das K r o n e c k e r symbol)

aus einem dr ein dr’ gemlR

dr’ = dr + dr grad; u(r)

Die yik zeigen beim fjbergaiig auf tin neues Koordinatensystem das charakteri- stische Verhalteii von Tensorkomponcnten ; sie bilden den (symmetrischen) Ver- zerrungstensor r und sind gemaB ( 2 ) erklart durch

H . Mii l ler LL. K. Stork: ZUT Fruge drs E'influsses theritiischer Eigenschaften 87

Die Kompoiieriteii des Verschiebungsgradienten GuJCx, bestimnien iiberdies in iihlicher Weise die Dehiiungen

u i d die \~'inlrelanderuiigeii der Koordinatenachsen zneinander ~

s i w r = Y Z k / V ( 1 + Y ? J (1 + Yrr ) >

wohi cs offenbar geiiiigt, die Fordernng iiach infinitesimalen Verschiebuags- gradienten zu crfiillen, um r, Dehnungen 2, und \%nkelanderungeii y t I , entspre- c.ht,nd

au, au, au au, au, Y ? k = a z , + a s , ' + $ I a21=arr+ax,

linear. approximicrcn zii konne?. Deiin linter der Voraussetzuiig

la i s rn sich die quadratischeii Glieder in den Komponenteii des Verzerrungsten- sops ( 3 ) rernachlassigen, nnd es entsteht, die einfache Form (4), die ihrerseits iiifolge dcs infinitesimalen Verschiebungsgradienteri irn Sinnc voti yzr, << 1 infiiii- twinial ist. Gilt (5), so stimmen die durch

trklarteii Kompoiienten des Dehiiungstensors E mit deiien des Verzerrungsten- sor:: I' (vom Faktor 1 / 2 abgesehen) iiberein, d. h. es jst y Z k = 2 ~ ~ ~ . - Eine Line- arisierung anderer S r t ist folgendel). Betrachtet man eiiie beliebige (stetige urid diffcrenzierbare) Funktion f (r), so gilt in linearer Annaherung

Wen 11 f ( r + u) = f ( r ) + u eradf(r) .

zntrifft, daiiii sol1 die Verschiebung u( r ) infinitesimal in bezug auf die Funktion f ( r ) heiBen. Es gilt die Naheruiig f ( r ) w f ( r + u). d. h. die Verschiebung kann bei cler Berechnung der Funktionswerte von f unberiicksichtigt bleiben. Wahrend es zwar Sinii hat, von kleinen Verschiebungsgradienten (im Sinne von (5)) zu sprecheii, kaiin die Verschiebung selbst nur klein sein in bezug auf eine andere Feldfunktion. Weiiii fiir f die Verschiebungskomponenten selbst eingesetzt wer- den, so ist ( 7 ) schon deswegen erfiillt, weil die Verschiebungsgradienten als infini- tesimal vorausgesetzt wurden.

ad 2. Der Zusammenhang zwischen Spannung und Dehnung eines deformierten Kiirpers lcann natiirlich fur jedes Material nur gesoiidert und auf Grund von Mes- sungcn aufgestellt werden ; dabei lassen sich die intensiveii GroBen - Spannung und Dehnung - lcdiglich mittelbar iiber extensive GroBen - Krafte und L&n- geu - messen. Letztlich miiBte man eine Beziehung zwischen dem Verzerrungs- tensor r und dem (in iiblicher Weise eingefiihrten) Spannungstensor Z gewinnen, Im Sinne einer linearisierten Theorie begniigt man sich jedoch meistens damit, fiir bestimmte Ifaterialien - etwa die Metalle - eine allgemeiiie Beziehuiig (das

1) Truesde l l , J. of Rat. Mech. and Anal. 1, 125 (1962).

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Hookesche Gesetz) zu formuliercn, die im Bereich hinreichend kleiner Tier- schiebungsgradienten einen linearen Zusammenhang zwischen den Komponen- ten von Dehnungs- und Spannungstensor herstellt

( 0 bedeutet die Volumendilatation divu, 1 undpsind die L a m Bschen Konstanten). (8) stellt insofern eine Vereinfachung der tatsachlichen Verhaltnisse dar, als die Linearitat natiirlich begrenzt ist, und es stellt sich die Frage, wie (8) zu modifi- zieren sei, wenn die Linearitat zwischen Spannungen und Dehnungen - nicht etwa aus kinematischen Griinden - nicht mehr gegeben ist. Die Antwort kann entweder auf empirischem Wege gesucht oder aus einer Theorie gewonnen wer- den, die durch bestimnite Vorstellungen iiber die Struktur der jeweiligen Mate- rialien bestimmt ist ; aus der Kontinuumsmechanik allein kann der Spannungs- Dehnungs-Zusammenhang jedenfalls nicht geklart werden. K a u d e r e r 2, geht den ersten Weg und bommt zu einer nicht-linearen Beziehung fur homogene, isotrope, ideal-elastische Materialien, nach der gestaltsgetreue Volumenanderun- gen allein durch die 1. Invariante des Spannungstensors und die volumenge- treue Gestaltsandcrung durch den Deviator des Spannungstensors bestimmt werden. Fur infinitesimale Dehnungen (5) nimmt die neue Beziehung selbstver- stiindlich die Gestalt des Hookeschen Gesctzes an. Beim Ubergang zu den S n - wendungen bringt sie gegeniiber diesem allcrdings wesentliche Erschwcrungen. So ziihlen zu den exakt losbaren Aufgaben im wesentlichen nur die Problenie dcs gleichformigen Spannungszustandes und das Torsionsproblem fur kreisringfor- mige Stabe3).

ad 3. I m allgemeinen beriicksichtigt die Elastizitatstheorie den thermischen Zustand des betrachteten Korpers nicht. Sie vernachlassigt vielmehr den Zusam- menhang ihrer Variablen mit der Temperatur, ohne streng im Sinne einer zur Thermodynamik hin erweiterten Theorie isotherm zu sein. Denn auch bei iso- thermen Zustandsiinderungeii gibt es Energieumsetzungen, die in der gewohn- lichen Elastizitatstheorie nicht beriicksichtigt werden. Schon die Tatsache, daf3 alle Materialien einen von Null verschiedenen thermischen Ausdehnungskoeffi- zienten besitzen, deutet darauf hin, da13 thermische Effekte bei der physikali- schen Grundlegung der Theorie beachtet werden miissen. Andererseits ist zu be- denken : die Ubereinstimmung der Theorie mit den experimentellen Befunden ist auch ohne Beriicksichtigung thermischer Erscheinungen bereits relativ gut, so daf3 in weiten Bereichen keine sehr erheblichen Korrekturen zu erwarten sind. Abergerade dieser Umstand verlangt ein sorgfaltiges Abwiigen, welche der dreiVer- einfachungen, die in der Elastizitatstheorie iiblicherweise gemacht werden, dell groBten EinfluB auf die Ergebnisse haben konnte :

1. Die kinematische Linearisierung mit der Beschrankung auf infinitesimale Ve rschiebungen hinsichtlich Spannungen und Temperatur und auf infinitesimale Ve rschiebungsgradienten.

2. Das Hookesche Gesetz, das einen linearen Zusammenhang zwischeii Dehnungs- und Spannungstensor herstellt und nur einen beschrankten Giiltig- keitsbereich hat.

2) K a u d e r e r , Deformation and Flow of Solids, Berlin 1956. 3) K a u d e r e r , Ing. Arch. 17, 476 (1949); J i n d r a , Ing. Arch. 22, 121, 411 (1964);

23, 122 (1955); Ozden , Ing. Arch. 24, 133 (1956).

H. &i,ller u. K. Xtork: Zur Frage des Einflzcssts therrnischer Eigeuschuften H<l

3. Die Vernachlassigung der Kopplung des elastischcn und des therniixchen Verhaltens.

Imfolgendcii soll die 3. Vereinfachung naher uiitersucht werden, und natiirlich erhebt sich sogleich die Frage, ob es gerechtfertigt ist. sie unabhangig von den beiden anderen ins Auge zu fassen. Zwei Einwande konnten vorgebracht mer- den: Erstens ist es moglich, daB eine Theorie, die auf alle Vercinfachungen ver- zielitet, Ergebnisse liefert, deren Korrekturen gegenuber den Ergebnissen der vereinfachten Theorie sich nicht additiv aus den Korrekturen fur die einzelnen Vereinfachungen zusammensetzt. Zweitens ist nicht von vornherein zu iibcrse- hen, welche der clrei Vereinfachungen den groI3ten EinfluB auf die Ergebnisse dcr Theorie hat ; sicherlich ist es nicht sinnvoll, die groaere Korrektur gegenuber der kleineren zu vernachlassigen. Wenn hier dennoch die 3. Vereinfachung allein uiitersucht werden soll, so in der Absicht, in bestinimter Hinsicht iiberhaupt ctwas iiber den EinfluB des thermischen Verhaltens auf das clastische Verhalten zii erfahren. - Besondere Bedeutung kommt ohne Zweifel den Randbedingun- gen zu, und es scheint notwendig, solche auszuwahlen, die den tatsachlichen He- tlingungen bei elastischen Problemen nahekommen. Alders als in der Gleichge- wichtstherinodynamik wird eine Zustandsgleichung nur fdr spezifische, ortsab- hangige Variable zu formulieren sein, wahrend z. B. der Begriff der Adiabasie den fehlenden Warmeaustausch des Systems mit seiner Umgebung keniizcich- net. Adiabasie als Randbedingung heiBt also, daB der WarmeauPtausch des be- traehteten Korpers mit der Umgebung unmoglich ist. Das sagt nichts uber die Wechselwirkung der Korperelemente untereinander. - Auf adiabatischc Rand- bedingungen deutet iiberdies die Erfahrung hin, daB in vieleri Fallen der War- meaustausch mit der Umgebung sehr vie1 sehlechter ist als im Material selbst.

Die grundlegenden Gleichungen zur Charakterisierung thermoelastischer Erscheinungen sollen unter Beschrankung auf homogene und isotrope Materialien unter folgenden Voraussetzungen aufgestellt werden :

Die Komponenten der Verschiebung sind hinsichtlich der Spannungen uiid der Dehnungen infinitesimal, ebcnso dic Komponcnten des Verschiebungsgra- dienten ; die kineinatische Linearisierung darf vorgenommen werdcn. Ferner : Dehnungen und Spannungen liegen unterhaib der Proportionalitatsgrenze, das Ho o kesche Gesetz gilt als Spannungs-Dehnungs-Beziehung in der ublichen Form (8) weiter. Der lineare Ausdehnungskoeffizient a, der durch

erklart ist, soll im Bereich kleiner Temperaturanderungen als temperaturunab- hangig angesehen werden ; man nimmt fur eine bestimmte Temperatur To FJCT = 0) = 0 an, d. h. es werden alle Dehnungen auf den spannungslosen Zustand bei T = To bezogcn, wobei man zweckmafiig annimmt, dafi dic Be- zugstemperatur To auch bei einem ausgedehnten Korper raumlich konstant ist. Es wird dann vorausgesetzt, dafi die ortlichen und zeitlichen Abweichungen @(r, t ) von To so klein sind, daB der oben cingefuhrte thermische Ausdehnungs- koeffizient, und in gleicher Weise die Warmeleitfahigkeit, die spezifische Warme und die Dichte als temperaturunabhangig angesehen werden konnen. Dabei ist die Temperaturuiiabhangigkeit so zu verstehen, dal3

90 Annulen der Physik. 7 . Folge. Band 13. 1964

gilt, wobei fiir jede der oben angefiihrten Materialkonstanten steht. De facto urird iibrigens 6 nicht so sehr durch diese Ungleichung beschrankt sein, als viel- mehr durch die geforderte Begrenzung der Dehnungen und Xpannungen (im Sinne der Anwendbarkeit des Hookeschen Gesetzes). Ein Hinweis iiber die zu- Iassigen Abweichungen der Temperatur von der Bezugstemperatur findet sich a n spaterer Ptelle.

Unter den angegebenen Voraussetxungen IaBt sich eine Zustandsgleichung d s Verkniipfung der Komponenten des Dehnungstensors, des Spannungsten - sors und der Temperakur folgendermaBen angebeii

cszk = 2PFtlc + (no -pi?)?,,. (9) (9) ist als D u h a m e 1 - N e u m a n n sches Gesetx in der Literatur bekannt ; /3 be-

deutet den linearen Spannungskoeffizienten dcr durch

erlilart ist. Die Umkehrung von (9) liefert die Abhangigkeit der Dehnungen von den Spannungen und den Zusammenhaug zwischen 01 uiid ,4

p = a(3il + 2p). (11) Bio t4 ) leitet ohne weitere Voraussetzungen aus der Zustandsgleichung die spe- zifische Entropie s elastischer Materialien

her (c , hedeutet die spezifische Warme bei koristanter Dehnung, e ist die Dichte), wobei sich unter der Voraiissetzurig 6 < To sogleich die vereinfachte Form

ergibt ; der Nullpunkt dcr spezifischen Entropie ist mithin in den Zustand 8 = 0, 0 = 0 gelegt worden. - Bedeuten weiter k den Koeffizienten der Warme- leitfahigkeit und t die Zeit, so folgt unter der Voraussetzung reversibler Warme- zufuhr leicht die Warmeleitungsgleichung in modifizierter Form

Man sieht deutlich, daB als Folge der Deformation (formale) Warmcquellen in der Warmeleitungsgleichung sichtbar werden. Zu (13) treten natiirlich noch die clastischen GrundgIeichungen, die durch Einsetzen von (9) in

gewonnen werden

2’L i- A grad div i t + rot rot i t + 1 grad6 = 0 . e 10 ?

(14)

4, Bio t , J. of Appl. Phys. 27, 240 (1956).

A. Mii l ler u. K. Stork: Zur Fragc des Einflicsses thernzischer Eigenschaften 91

Die Gleichungen (9), (13) uiid (14) sollten zur Bestimmuiig samtlicher Variableii bei vorgegebeiien Aiifangs- uiid Randbedinpiigen hinreichen. - Ohne Zweifcl 1;bniiten durch die kinematische Linearisierung Glieder verschwunden sein, dereii Beitrage zu den Losungen voii (9), (13) und (14) starker ins Gewicht fallen, als die Terme, welche das therinischc Verhalteii des Materials beriicksichtigen ; die- her L-nistand setzt iiatiirlich den It7& einer isolierten Uiitersuchung der ther- riiischen Effekte herab. Aber auch die Anu~~idung des H o o k e schen Gcsetzrs lianu Anla13 zur Kritik gebeii, und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum erstcii indite es eigentlich eine Verbindung zmischen Verzerrnngs- und Spariiiungsteri- \or herstellen; dieser Einwand fiele niir ins Gewicht, weiin auf die kinematische 1,iiicarisierung verzichtet wiirde. Zuin zweiten ware es denkbar, da13 interessante Ergclmisse erst dann auftreten, wenn dcr Spannungs-Dehnungs-Zusainmenhang iiicht nichr linear ist.

Z u r P r a g e d e r s p c z i f i s c h e n W s r m e n b e i k o n s t a n t e n D e h - n u n g e n u nd b e i k o n s t a n t e 11 S p a n n u n g e n .

E.; sol1 die Erwarmung eiiies ebstischen Materials betrachtet werden, eiiinial, $1 cwii the Dehnuiigeii konstant blciben, und zum andern, wenn die Spannungeii lconxtaiit unci voii Xu11 verschieden gehalten werden. natiirlich sind unterschietl- lichr Werte der spezifischeri Warmen z n erwartcn. Aus dem 1. Haiiptsatz

111it1 tleni Xiistiruck fiir tlas totale Differeiitial der sprzifischcii inncrcii Eiiergic 71

folgt

Uaraus die spezifische

die spezifische Warmc

Warnie bei koiistaiiteri Dehiiungen

bei konstanten Spannungeii

An.8 du = T d s + 2 uZk d&,,:

i 3 k

und der thel.riio~ynamiscl~en Relation

0

(15)

112 Snnalen der Physik. 7 . Folge. Band 13. 1964

ergibt sich

und schliel3lich in Verbindung mit (15)

Die Herleitung von (16) wurde offenbar nur mit Hilfe der beiden Hauptsatze be- werkstelligt ; erst wenn die Zustandsgleichung hereinkommt, wird die Sache fragwiirdig; es folgt unnaittelbar

In der folgenden Tabelle ist der auf Grund von (17) berechnete Unterschied der spezifischen Warmen fur drei Metalle der gemessenen spezifischen Warme bei konstanten Spannungen gegeniibergestellt ; als Temperatur wurde T = 20O” C gewahlt (Einheit: kcal . kg-1 . gradp1).

c, - C& c, A1 0,0096 0,214 Cu 0,0013 0,091 Fe 0,0016 0,108.

I m weiteren sol1 nach den Zusammenhangen zwischen Spannungen, Dehnungen und Temperatur fur adiabatische Zustandsanderungen gefragt werden. Ein ein- faches Gedankenexperiment mag den interessierenden Vorgang veranschau- lichen. Gegeben sei ein beliebig gestalteter Korper, dessen Spannungen, Deh- nungen und Temperatur raumlich konstant seien. Gegen Warmeaustausch mit seiner Umgebung sei er vollstandig isoliert. Dieser Zustand werde als Folge einer willl<iirlichea reversiblen Bnderung - z. B. der Spannungsverhaltnisse - verlassen. Die Zustandsanderung ist dann zweifellos wegen des fehlenden War- meaustausches bei konstanter Entropie erfolgt, wahrend die bei einer Expansion maximal freiwerdende Arbeit gewonnen oder die fur die Kompression notwen- dige Arbeit aufgebracht wurde. - Aus der schon oben verwendeten Biotschen Gleichung

folgt fur den Fall konstanter Entropie

und, wenn die Entwicklung dcr Exponentialfunktion nach dem 1. Gliede abge- brochen wird

Die bei der Integration auftretende Konstante wurde offenbar so bestimmt, da13 die Temperatur vor Bnderung der Dehnungen als Bezugstemperatur T, erscheint. Diese Wahl ist nicht zwingend, doch darf man erwarten, daR das maximale 6

H . X i i l l e T II. I'. Stork: Zw Frage des Einilicsses thermischer Eigenschnften '33

hinreichend klein ist. - Die Gleichung (18) zeigt in erster Kaherung d i e Xndr- rung der Teniperatur init der isentropen Bnderung der Dehnungen. Setzt man D am (18) in die Zustandsgleichung ein so ergibt sich die isentrope Spannixngs- nehunngs-Beziehnri~

fJik = 2 p , , -I- ( I + P . P) f3 6,k (1 9)

und schlicBlich liii13t sich durch Einsetzen von 0 aus (19) in (18) dcr Zusammcn- hang zwischen drr Temperatur unci den Hanptspannungen angeben

(20)

Ist~ntioprn Zustandsanderungen entspricht demnach eine dem Ho o keschen Gesetz sehr ahnliche Spannungs-Dehnungs-Beziehung. Der einzige Unterschied Imteht in eineni Term, welcher der Temperaturanderung Rechnung tragt und ndditir zur Lam6konstanten 1, tritt. In der folgenden Tabelle ist dieses fur drei lllctalle berechnete Glied der gemessenen L a m 6 konstanten A gegeniibergestellt. (To = 20°C, Einheit: kp . m-2 . lo6. Leider sind in der Literatur liaum Angaben iiber die Proportionalitatsgrcnzen zu finden, die es gestatten wurden. die masi- male Temperaturanderung im Giiltigkeitsbereich von (18) zu bestinimen. Immer- hin l&Bt cine rohe Abschatzung vermuten, daf3 die nach (18) zii erwartenden maxinialen Temperaturiinderuiigen in der GroBenordnung von Zehntel Grad licgen .)

A P . P A1 5900 337 Cu 3860 93 Fe 7340 164.

1)as Ergelunis iiberrascht nicht : Das bci isentropen Zustandsanderungen zur L ;1, in B lionstanten I additiv hiiizutreteiide Glied ist niehr als eine Zehnerpoteiiz Jcl(~iner als 4 selbst ; (die maximale Temperaturanderung erscheint kaum me& I W ) .

Zam SchluB noch eine Bemerkung iiber den EinfluB des elastischen Verhal- tcns auf die WIrmeleitung bei vernachlassigbaren Tragheitskraften. - Wenn die Berucksichtigung der thermischen Effekte EinfluB auf das elastische Ver- halten hat, d a m ist iiatiirlich zu erwartcn, daf3 umgekehrt die Beriicksichtigung clcr Elastizitat auch die Warmeleitung beeinflu&. Ausgehend von den Gln. (13)

82u a t 2 - _ 2p+ 1 grad div 11 + 3 r d rot u + -grad6 B = 0

e e e wercle die Annahme gemacht, daB d ie Tragheitslrriifte klein gegen die elastischen und thermischen Krafte sind, und zwar in dem Sinne, da13 in (14) das Tragheits- glied meggelassen werden darf. Durch Differentiation und einige leichte Umfor- miingen gewinnt man unschwer folgende Differentialgleichung f iir 6

9 4 Annalen drr Physik. 7. Folge. Band 13. 1.964

(dcrselben Differentialgleichung hat iibrigens auch 6 zu genugen). Eine Gruppe voii Losungen der Gl. (21) erhalt man durch den Ansat7

wobei 6, der Gleichiing 29 = 8, + 0,

uiid 8, der Gleichung

xi1 geiiugeri hat. Man sieht: Fur den ersten Teil des Ansatzes entsteht eitic, dc.r Wiirmeleitungsgleichung sehr ahnliche Beziehung. Der einzige Unterschicd ist der, da13 zur Temperaturleitzahl eiii additives Glied tritt, welches dem elastischcn Verhalten des Materials Rechnung tragt. Dicses Glied ist fiir Aluminium liiipfcr und Eisen urn mehr als zwei Zehnerpotenzen kleirier als die Temperaturleitzahl.

AB, = 0

NI I z , Institut fiir theoretischc Physik der Universitat.

73ei der Kedaktiori eingegangen am 1. Juli 1'363.