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Zur Kenntnis der basischen Sulfate und Selenate des Cadmiums Von G. DENK und W. DEWALD Mit 2 Abbildungen Inhaltsubcrsicht Durch Titration von CdS0,-Losungen mit NaOH konnten die beiden basischen Sulfate CdSO, * Cd(OH), und CdSO, . 3 Cd(OH), nachgewiesen werden. Das Existenz- gebiet von CdSO, * Cd(OH), liegt zwischcn pII 6 und 8, das von CdSO, * 3 Cd(OH), zwischeii pH 8 und 10. - Die beidcn Hydroxydsulfate entstehen nicht durch direkte Fallung nacli der Gleichung 2 CdSO,i + 2 NaOH = CdSO, . Cd(OH), + Na,SO,, sondern in eiuer Se- liundirrcaktion aus dem priiriar gefillten Hydroxyd uiid uberschiissigem Cadmium- sulfat: Cd(OH), + CdSO, = CdSO, * Cd(OH),. Die basischen Salze zerfallcn nach langercr Xeit wicder in der Liisung, aus der sic cntstanden sind. Sie sind also instabile ubergangs- glieder zwischen der Primarfillung und einein gealterten Hyclroxyd oder hoherbasischen Salzen. Die beiden basischen Sulfate und das Hydroxyd sind leicht incinander umzu- wandeln. Wahrcnd lrristalline Hydroxydpraparate bei 190' in braunes CdO ubergehen, entwassern die beidcn basischcn Sulfate erst ab 280'. Das dabci entstehende braunc Gemisch aus CdO und CdSO, wird beim langeren Erhitzen auf 500' wieder weiB. Es bildet fiich also offenbar eine Verbindung ans CdO und CdS04. - Die beidcn basischen Cadmiumselenate CdSeO, * Cd(OH), und CdSeO, * 3 Cd(OH),, dic erstrnalig dargestellt wurden, verhalten sich den basischen Sulfaten vollig analog. 1. Basische Cadmiumsulfate In einer friiheren Mitteilung l) wurde gezeigt, daB es mit Sicherheit zwei definierte, gut kristallisierte basische Cadmiumsulfate gibt, namlich CdSO, * Cd(OH), und CdSO, * 3 Cd(OH),. Gelegentlich erhalt man noch ein weiteres Hydroxydsulfat der Zusammensetzung CdSO, * 2 Cd(OH),, jedoch erscheiiit dessen Existenz nicht geniigend gesichert. Die Ver- bindung CdSO, * 3 Cd(OH), kann nach FEITKNECHT~) zwischen 1,40 CdSO, .2,68 Cd(OH), und 0,88 CdSO, * 3,12 Cd(OH), (CdSO,:Cd(OH), = 1 : 1,91-3,54) schwanken. Meist erhiilt man jedoch, auch unter wech- selnden Darstellungsbedingungen, Bodenkorper, die recht genau der Zusammcnsetzung CdSO, * 3 Cd(OH), entsprechen. I) G. DENK, Chem. Bcr. S2, 336 (1949). 2, W. FEITKNECHT, Fortschr. chcm. Forsch. 2, 707 (1953).

Zur Kenntnis der Basischen Sulfate und Selenate des Cadmiums

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Zur Kenntnis der basischen Sulfate und Selenate des Cadmiums

Von G. DENK und W. DEWALD

Mit 2 Abbildungen

Inhaltsubcrsicht Durch Titration von CdS0,-Losungen mit NaOH konnten die beiden basischen

Sulfate CdSO, * Cd(OH), und CdSO, . 3 Cd(OH), nachgewiesen werden. Das Existenz- gebiet von CdSO, * Cd(OH), liegt zwischcn pII 6 und 8, das von CdSO, * 3 Cd(OH), zwischeii pH 8 und 10. - Die beidcn Hydroxydsulfate entstehen nicht durch direkte Fallung nacli der Gleichung 2 CdSO,i + 2 NaOH = CdSO, . Cd(OH), + Na,SO,, sondern in eiuer Se- liundirrcaktion aus dem priiriar gefillten Hydroxyd uiid uberschiissigem Cadmium- sulfat: Cd(OH), + CdSO, = CdSO, * Cd(OH),. Die basischen Salze zerfallcn nach langercr Xeit wicder in der Liisung, aus der sic cntstanden sind. Sie sind also instabile ubergangs- glieder zwischen der Primarfillung und einein gealterten Hyclroxyd oder hoherbasischen Salzen. Die beiden basischen Sulfate und das Hydroxyd sind leicht incinander umzu- wandeln. Wahrcnd lrristalline Hydroxydpraparate bei 190' in braunes CdO ubergehen, entwassern die beidcn basischcn Sulfate erst a b 280'. Das dabci entstehende braunc Gemisch aus CdO und CdSO, wird beim langeren Erhitzen auf 500' wieder weiB. Es bildet fiich also offenbar eine Verbindung ans CdO und CdS04. - Die beidcn basischen Cadmiumselenate CdSeO, * Cd(OH), und CdSeO, * 3 Cd(OH),, dic erstrnalig dargestellt wurden, verhalten sich den basischen Sulfaten vollig analog.

1 . Basische Cadmiumsulfate In einer friiheren Mitteilung l) wurde gezeigt, daB es mit Sicherheit

zwei definierte, gut kristallisierte basische Cadmiumsulfate gibt, namlich CdSO, * Cd(OH), und CdSO, * 3 Cd(OH),. Gelegentlich erhalt man noch ein weiteres Hydroxydsulfat der Zusammensetzung CdSO, * 2 Cd(OH),, jedoch erscheiiit dessen Existenz nicht geniigend gesichert. Die Ver- bindung CdSO, * 3 Cd(OH), kann nach FEITKNECHT~) zwischen 1,40 CdSO, .2 ,68 Cd(OH), und 0,88 CdSO, * 3,12 Cd(OH), (CdSO,:Cd(OH), =

1 : 1,91-3,54) schwanken. Meist erhiilt man jedoch, auch unter wech- selnden Darstellungsbedingungen, Bodenkorper, die recht genau der Zusammcnsetzung CdSO, * 3 Cd(OH), entsprechen.

I ) G . DENK, Chem. Bcr. S2, 336 (1949). 2 , W. FEITKNECHT, Fortschr. chcm. Forsch. 2 , 707 (1953).

G. DENK u. W. DEWALD, Basische Sulfate und Selenatc des Cadmiums 211

In der vorliegenden Arbeit sollten Bildung und Eigenschaften der beiden basischen Verbindungen naher ermittelt werden. Die Unter- suchungen wurden teils durch Titration von Cadmiumsulfatlosungen init Natronlauge, teils auf praparativem Wege ausgefiihrt.

1. Titrationen Die potentiometrische Titration einer 0,06 m CdS0,-Losung rnit

0,s n Natronlauge bei 20" zeigt einen steilen Anstieg des pH-Wertes, wenn auf 1 Mol CdSO, 1,48 bis 1,52 Mol NaOH verbraucht sind; es entsteht also dabei das basische Salz CdSO, 3 Cd(OH), (Abb. 1). Die Kurve 4.1 der Rucktitration mit 1 m Schwefelsaure 10

8 fallt nicht mit der ersten zusammen. Der Unterschied ist nach 10 Stunden

Zeichen dsfur, da13 sich CdSO,. 3Cd(OH), mit der zunachst uberschussig vorhan- 0 45 I ?,5 2

mol NaOH/lCdSOu denen Natronlauge weiter umsetzt, ent- Abb. 1. A Titration von weder zum Hydroxyd oder zu einem hoher 0,06m CdSO, mit 0,811 NaOH,

basischen Salz, daB aber diese Reaktion 9- Riicktitration mit bei Zimmertempcratur recht langsam H,SO, - sofort, - .%- . Ruck- oerlauf t. titration mit 1 m H,SO, - nach

0 , l m CdS0,-Losung zeigt zwar einen ahnlichen, aber wesentlich weniger seharfen Anstieg der pH-Werte. In einer 0,2 in Losung von CdSO, war der Kurvenverlauf noch erheblich unklarer, es gelang hier kaurn, zu Gleichgewichtspotentialcn zu kommen. Dagegen lieferte die Titration einer 1 m Cad- rniumsulfatlosung mit 2 n Natronlauge wieder einen deutlichen, wenn auch kleineren Potentialsprung nach Bildung des 3 /4 basischen Sulfats. Bei allen diesen Umsetzungen dauert es recht lange, bis sich die Gleichgewichte eingestellt haben, so daIj eine Titration meist mehrere Stunden beansprucht; sie ist daher, zumal sie auch noch eine merkwurdigc Konzentrationsabhangigkeit zeigt, fur analytische Zwecke ungeeignet.

Fur die Messungen wurde eine Antinionelektrode verwendet, da die Wasserstoff- clektrodc bei Anwesenheit von CdZ+-Ionen sehr ungenaue und schwankende Werte lieferte.

Bei der Titration mit Farbindikatoren wurdcn in der Kalte vollig unscharfe Umschlage erhalten, bei Siedetemperatur dagegen konnte bei der Titration von 0,l m CdS0,-Losungen mit 0 , l n Natronlauge sehr deutlich die Bildung von zwei Hydroxydsulfaten nachgewiesen werden, namlich von CdSO, * 3 Cd(OH), und auch von CdSO, - Cd(OH),, welches sich bei der potentiometrischen Titration bei Zimmertemperatur nicht bemerkbar machte. Bromkresolpurpur, Bromthymolblau und Phenolrot schlagen urn, wenn 0,98-0,99 Mol NaOH auf 1 Mol CdSO, zugegeben

L, ,p -0' I

grol3er als bei sofortiger Rucktitration, ein 6 -*I

Ic

Die analog durchgefiihrte Titration einer 10 Stunden

14*

23 2 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 294. 1958

sind, also nach Bildung des halbbasischeii Sulfats. Kresolrot andert unscharf seine Farbe nach Verbrauch von etwa 1,5 Mol NaOH; Thymol- blau, Phenolphthalein und Kresolphthalein schlagen bei 1,49- 1,50 Mol NaOH um, zeigen also die Bildung von CdSO, * 3 Cd(OH), an und Thymolphthalein schlieBlich nimmt unscharf seinc: alkalische Farbe bei 1,70 Mol NaOH an. Mit Kresolphthalein ist der Uinschlag so exakt, daB esB als Indikator fur eine alkalimetrische Bestimmung von Cadmium geeignet ist 3).

Aus den Umschlagsbereichen dieser Indikatoren ergibt sich, da13 das Bestandigkeitsgebiet von CdSO, - Cd(OH), bei 100" etwa zwischen pn 6 und 8, das von CdSO, - 3 Cd(OH), zwischen 8 und 10 liegt.

2. Praparativc Untersuchungon Obwohl die p .-Werte der Existenzbereiche der beiden basischen

Cadmiumsulfate sehr nahe benachbart sind, ist es doch leicht moglich, die eine oder andere Verbindung in reiner Form darzustellen. Sie kbnnen, je nach der Menge NaOH, die zugesetzt wird, aus der gleichen Losung erhalten werden.

Man fallt 0, l bis 1 m CdS0,-Losungen bei Siedetemperatur mit 0 , l bis 1 n Natronlauge und kocht anschlieBend 1 Stunde am RiickfluB- kuhler. Gibt man auf 1 Mol CdSO, 1 Mol NaOH oder weniger hinzu, so erhalt man CdSO, - Cd(OH), in Form mikroskopisch kleiner Stabchen oder Nadeln, die zu Buscheln und Kugeln aggregiert sein konnen. Fiigt man 1,5 Mol NaOH je Mol CdSO, hinzu, so bildet sich CdSO, 3 Cd(OH),, bei welchem unter dem Mikroskop dicke Prismen zu erkennen sind, die zum Teil oben und unten Einkerbungen haben und von da aus manchmal vollig durchgeteilt sind. Die Ausbildung der Kristalle wird um so besser, je verdunnter die Losungen sind. Die Niederschlage wurden zweimal mit kaltem Wasser gewaschen und auf Ton iiber CiiCl, getrocknet.

Bei Zimmertemperatur bildet sich aus Losungen, die je Mol CdSO, mit 1 Mol NaOH versetzt wurden, nach cinstundigem Schiitteln CdSO, 3 Cd(OH), in sehr feinteiliger Form. Kristalle sind unter dem Mikroskop nicht zu erkennen. Mit weniger Natronlauge (0,15 NaOIi/ 1 CdSO,) liegt nach 1 Stunde ebenfalls CdSO, - 3 Cd(OH),, nach neun- stiindigem Schutteln dagegen fast reines CdSO, * Cd(OH), (gefunden CdO: SO, = 1 : 0,46) vor. Das zuerst gebildete CdSO, . 3 Cd(OH), nimmt also noch langsam CdSO, aus der 1,osung his zum halbbasischen Sulfat auf. Der Niederschlag bestand aus mikroskopisch Bleinsten Nadelchen.

3) G . DENX, %. analyt. Chcm. 136, 336 (19.52).

G. DENR u. W. DEWALD, Basische Sulfate und Selenate des Cadmiurns 213

Ill1 lII11111 II II I I I 1 1 1 1 I I I I

daraus hergestellten Hydroxyden verschieden. Die Diagramme der Hydroxyde sind jedoch identisch und ebenso hat ein mit uberschussiger Natronlauge heif3 gefalltes, gallertiges ein ahnliches, etwas linienreicheres Diagramm.

Es wurde beobachtet, daf3 die zunachst gallertigen Niederschlage der basischen Sulfate sofort nach der Fallung weniger Sulfat enthalten, als nach einiger Zeit. Sie nehmen nach der Fallung noch CdSO, auf

Tabellc 1 F a l l u n g v o n 1 Mol CdSO, m i t 1,5 Mol NaOH bei

Sied e t cm a er a t u r

- -

Nr.

und gelien -~~

Reaktions- zeit

dabei

1:0,21 1:0,25

in die

1:0,19

kristallineen Hydro xyd- salze definierter Zusani- mensetzung uber.

Diese Anlagerung von CdSO, wurde in der nachsten Versuchsreihe verfolgt. CdS0,- Losungen verschiedeiier Kon- zentration (0,l bis 0,006 ni) wurden mit 1 n Natronlauge bei Siedetemperatur gefallt und verschieden lange gekocht. Die Versuehe der Tab. 1 und 2 zeigen eindeutig, daB die beiden

1 0 Min. 2 15Min.

9 i 30 Tage

_ _ _ - .

0 , l m [ 0,025 m 1 0,006 m

Bodenkorper

CdO : SO, 1 CdO : SO,

1 : 0,25 1 : 0,25 1:0,16

1:0,21 I 1:0,12

>do : SO:

1 : 0,12 1:0,21 1 :0,22 1 : 0,21 1:0,22 1:0,13 I : 0,os

1:0,08

~ ~

__ ._

214 Zeitschrift fur anorganisohe und allgemeine Chemie. Band 294. 1958

Hydroxydsulfate aus primar gefallten, starker basischen Verbindungen entstehen. Ver- suche bei Zimmertemperatur verliefen Shnlich, nur war die Reaktionsgeschwindigkeit ctwas kleiner.

Die Versuche lassen allerdings die Zusainmensetzung dcr Primarfallung nicht er- kennen, denn auch bei der Reaktionszeit ,,0 Min." ist der Nicderschlag mehrerc Minuterr, namlich wahrend der Filtration, mit dcr Losung in Bcriihrurig und lrann bereits CdSO,

Tabelle 2 F a l l u n g von 1 M o l CdSO, m i t l M o l

NaOH b e i S iede t em p e r a t u r ____ _____ _--___

Konz. CdSO,: 1 0,l m 1 0,025 ni -

Nr.

10 11 12 13 1 4 15

Bodenliorper

CdO: SO, 1 CdO: SO, Reaktions- -_

0 Min. , 1:0,21 15 Min. 1 : 0,48 1 Stde. I 1:0,50 8 Stdn. 8 Tage

14 Tage 1:0,48 - _____~

1:0,16

1 : 0,50 1 :0,4i 1 : 0,40 -_ - .-

aufnehmen. l jm zu klaren, ob als erstes ein hochbasisches Sulfat oder das Hydr- oxyd ausfallt, wurde versucht, die Reak- tion durch sofortiges EingieWen nach der Fbllung in 2 Liter cisgekuhltfs Wasser abzubrernsen. Die dabei erhal- tenen Sulfatwerte der Bodenkorper sind zwar niedriger als bei der Filtration, liegcn aber iniiner noch zwischen 0,OY und 0,15 S0,jl CdO. Die Anfangs- geschwindigkeit des CdSO,-Einbaurs scheint sehr gro0 zu sein, so daB bereits die kurze Zeil, der Fallung und des Ein- giel3ens geniigt, urn erhebliche Mengeii davon anzulagern. Die Reaktionsge- schwindigkeit steigt, wie zu erwarten, mit der Konzmtration und der T~nperatiir..

Durch diese Versuche lai13t sich also nicht entscheiden, welchc Zu- sammensetzung der zunachst ausgefallene Niederschlag hat, jedoch konnte durch Titration von CdS0,-Losungen ni i t Natronlauge gegexi Kresolphthalein als Indiltator nachgewiesen werden, da13 diese PrimBr- fallung Cd(OH), sein mu13. Gibt man zu einer Cadmiumsulfatlosung (20 ml 1 m CdSO,) bei 90-100" rascli 1,9 Mol NaOH/l CdSO,, so bleibt die Losung farblos. Erst wenn man langsam (5 Ninuten) mit 1 n Nn- tronlauge weitcr titriert, schliigt der Indikator nach insgesamt 1,97 bis 2,Ol NaOH/1 CdSO, um. Es hat sich also bei schneller Zugabe von NaOH sofort Cadmiumhydroxyd gebildet. Ein basisches Salz macht sich dsbei nicht bemerltbar. Gibt man nur 1,4 NaOH/l CdSO, rasch hinzu und titriert unter gelegentlichem Aufkochen langsani weiter, so erfolgt der Umschlag nach 1,48-1,51 Mol NaOII, entsprechend dem basischen Salz CdSO, * 3 Cd(OH),. Werden schliefilicli nur 0,t) 3101 NaOH schnell zuge- setzt, so schlagt bei langsamer Weitertitration der Indikator etwas schwankend iiach 0,94 bis 1,05 Mol NaOH, also nach Bildung von CdSO, - Cd(OH),, um. Da Kresolphthalein nur dann rot wird, wenn freie NaON in der Losung vorliegt, zcigt der erste Versuch, da13 sich bei rascher Zugabe von fast 2 Mol Lauge kein basisches Salz bildet; die Losung mu13te dann schon nach 1 bzw. 1,5 Mol NaOH rot sein. Es kann also nur, und %war als Primarfallung , das Hydroxyd oder Oxydhydrat

G. DENK u. W. DEWALD, Basisclie Sulfate und Selenate des Cadmiurns 215

auftreten, welches nicht zu einem basischen Salz weiter reagieren karin. da nur noch sehr wenig CdS0, in Losung ist. Werden nur 1,4 Mol Na- tronlauge zugegeben, so bleibt noch so vie1 CdSO, in Losung, daB das primar gefallte Oxydhydrat unter Anlagerung von CdSO, in das basisches Salz CdSO, * 3 Cd(OH), ubergehen kann. Der Umschlag erfolgt nun nach Zugabe von insgesamt 1,5 Mol NaOH. Analog entsteht, wenn nur ltnapp 1 Mol NaOH zugegeben wird, aus 1 Cd(OH), + 1 CdSO, das halbbasische Sulfat. Damit durfte auch geklart sein, warum die poten- tiometrische Titration von CdS0,-Losungen mit Natronlauge bei Zimmertemperatur so langsam durchgefiihrt werden muB, um Gleich- gewichtswerte zu erzielen. Bei jeder Zugabe von NaOH fallt zunachst immer nur das Oxydhydrat aus und es dauert bei niedriger Temperatur verhaltnismaBig lange, bis dieses vollstandig zu einem Hydroxydsulfat reagiert hat.

Orientierende Versuche zeigten, dalZ Aluminium- und Zinksalze sich ahnlich verhalten, und da GAUTHIEI~ 4, die gleiche Erscheinung auch bei Rupfersalzen nachweisen konnte, besteht eine gewisse Wahr- scheinlichkeit, daB alle basischen Salze nur in Sekundiirreaktion aus dem primar gefallten, besonders reaktionsfahigen Oxydhydrat oder Hydroxyd und dem noch in der Losung vorhandenen Metallsalz ent- stehen. Ihre Bildung kann auch nicht als partielle Hydrolyse des Metall- salzes erklart werden, denn dann muaten bei hiiherer Temperatur starker basische Verbindungen entstehen, wahrend es in Wirklichkeit gerade umgekehrt ist, eine Erscheinung, die eben sehr gut durch die nachtrag- liche Anlagerung von Metallsalz an Hydroxyd erklart werden kann.

Die basischen Salze sind demnach auch ihrer Entstehung nach keine Analoga zu den sauren Salzen, die direkt durch teilweisen Ersatz der H+-Ionen einer mehrbasigen Saure durch Metallionen entstehen.

Verfolgt man die Einwirkung von CdS0,-Losung auf Cd( OH), jedoch uber langere Zeit, so macht man die uberraschende Beobachtung, daB der Sulfatgehalt des Bodenkorpers wieder abnimmt (Tab. 1 und 2, Vers. 6-9 und 14-15). Ob dabei nach sehr langer Reakt]ionszeit schliea- lich das gesamte Sulfat abgegeben wird, oder ob die Reaktion zu einem Gleichgewichtszustand zwischen einem hoher basischen Salz und ge- lostem CdSO, fuhrt, wurde bisher nicht verfolgt, doch spricht der 30-Tage- Versuch Nr. 9 mehr fur die Ausbildung eines solchen Gleichgewichts. Die Zersetzung der Hydroxydsulfate verlauft um so schneller, je ver- dunnter die Losung und je hoher die Temperatur ist. Die beiden basi- schen Sulfate CdSO, . Cd(OH), und CdSO, * 3 Cd(OH), scheinen dem-

4, J. GAUTHIER, Bull. SOC. chim. France [ 5 ] 1956, 661.

hexag. Cd(OH), I 1:0,10 Hydroxyd, frisch gefallt 1:0,17 Cd(OH), aus CdSC), * Cd(OH), 1 1:0,19

Bekanntlich erhalt man beim Fallen von Metallsalzlosungen rnit OH--1onen meist keine reinen I-Iydroxyde, sondern Niederschlage, die noch mehr oder weniger groBe Mengen des betreffenden Metall- salzes enthalten. Diese Erscheinung konnte dadurch bedingt sein, daB wahrend der Fallung das Hydroxyd mit dem noch in Losung befind- lichen Metallsalz zu einem Hydroxydsalz reagiert . Nach unseren Beob- achtungen miiBte die Aussicht bestehen, ein moglichst reines Hydroxyd zu erhalten, wenn umgekehrt die Metallsalzlosung langsam in die Lauge gegossen wird, so daB stets ein Uberschul3 an OH--Ionen, aber praktisch keine Metallionen neben dem Niederschlag vorhanden sind. Ein Ver- such mit Cadmiumsulfatlosung ergab jedoch gerade das Gegenteil : Das bei Siedetemperatur im Laufe von 10 Minuten durch Eintropfen von NaOH in die CdS0,-Losung gefallte Hydroxyd enthielt nach dem Auswaschen 0,4% SO,, das durch EingieBcn von CdS0,-Losung in

Sechsecke $- Prismen Gallerte + Prismen Stabchen

5) R. SCHOLDER u. E. STAUFENBIEHL, Z. anorg. allg. Chem. 247, 259 (1941).

216 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 294. 1958

nach instabile ubergangsglieder zwischen dem primar gefallten Oxyd- hydrat und einem hochbasischen Salz oder reinem Hydroxyd zu sein.

Erganzend zu diesen Versuchen wurde gepruft, wie schnell verschieden dargestellte Cadmiumhydroxydpraparate CdSO, aufnehmen. Dam wurden 0,5 g des Praparats 1 Stunde rnit 200 ml einer 0,005 m CdS0,-Losung gekocht. Wie die Versuche der Tab. 3 zeigen, nimmt dabei auch das hexagonale Cadmiumhydroxyd 6, CdSO, auf, allerdings am langsamsten (Vers. 16). Das in der Kalte gefallte Hydroxyd und das ans CdSO, Cd(OH), mit iiberschiissiger Lauge dargcstellte Hydroxyd verhalten sich etwa gleich (17 u. 18), wahrend das aus CdSO, * 3 Cd(OH), rnit Natronlauge erhaltene Hydroxyd wesentlich schneller wieder CdSO, aufnimmt (19). Aus dem letzten Versuch (20) ist zu ersehen, daB dieses H j droxydsulfat selbst noch sehr leicht CdSO, addiert unter Bildung von CdSO, Cd(OH),. Das mikroskopische Bild zeigt bei 16 noch die Sechsecke des Hydroxyds neben den Prismen des basischen Salzes, wahrend bei 18, 19 und 20 die Kristalle des ursprung- lichen Hydroxydsalzes weitgehend erhalten blieben. - Auch CdO ist nach 20stundigem Kochen mit 0,2 m CdS0,-Losung zum groSten Teil in CdSCl, 3 Cd(OH), hbergegangen und ebenso reagiert CdCO,, menn auch vie1 langsamer, zu einem basischen Sulfat, unter Entwicklung von CO,.

Tabelle 3

Bekanntlich erhalt man beim Fallen von Metallsalzlosungen rnit OH--1onen meist keine reinen I-Iydroxyde, sondern Niederschlage, die noch mehr oder weniger groBe Mengen des betreffenden Metall- salzes enthalten. Diese Erscheinung konnte dadurch bedingt sein, daB wahrend der Fallung das Hydroxyd mit dem noch in Losung befind- lichen Metallsalz zu einem Hydroxydsalz reagiert . Nach unseren Beob- achtungen miiBte die Aussicht bestehen, ein moglichst reines Hydroxyd zu erhalten, wenn umgekehrt die Metallsalzlosung langsam in die Lauge gegossen wird, so daB stets ein Uberschul3 an OH--Ionen, aber praktisch keine Metallionen neben dem Niederschlag vorhanden sind. Ein Ver- such mit Cadmiumsulfatlosung ergab jedoch gerade das Gegenteil : Das bei Siedetemperatur im Laufe von 10 Minuten durch Eintropfen von NaOH in die CdS0,-Losung gefallte Hydroxyd enthielt nach dem Auswaschen 0,4% SO,, das durch EingieBcn von CdS0,-Losung in

5) R. SCHOLDER u. E. STAUFENBIEHL, Z. anorg. allg. Chem. 247, 259 (1941).

G . DENK u. W. DEWALD, Basisehe Sulfate und Selenate des Cadmiurns 217

CdSO, 3 Cd(OH),

heiBe Natronlauge erhaltene dagegen 1,3 %. Der Befund ist vielleicht dadurch zu erklaren, dalj im zweiten Fall ein gallertiger voluminoser Niederschlag entsteht, der vie1 CdSO, einschlieljt, welches schwer aus- zuwaschen ist, im ersten Fall jedoch ein gut filtrierendes, kristallines Produkt vorliegt. - Der Gehalt von Hydroxydfallungen an anderen Anionen durfte also allgemein in erster Linie auf Adsorptionserschei- nungen und nicht auf der intermediaren Bildung basischer Salze beruhen.

SchlieBlich wurde bei einigen Hydroxydpraparaten und den beiden basischen Sulfaten der Verlauf der thermischen Entwasserung unter- sucht. Die Versuche der Tab. 4 zeigen, daB bei 120" von allen Ver- bindungen nur das anhaftende Wasser abgegeben wird. Bei 190" C verliert Cadmiumhydroxyd, unabhangig von seiner Darstellung, fast das gesamte Wasser und wird dabei braun. Die beiden basischcn Sulfate entwassern jedoch erst zwischen 250 und 300 O. Der aus CdSO, - Cd(OH), erhaltene brauiie Ruckstand wird bei starkerem Erhitzen merkwiirdiger- weise fast wieder we%. Es ist also moglich, dalJ CdSO, und CdO eine wasserfreie basische Verbindung, vielleicht von der Formel CdO * CdSO, bilden, eine Vermutung, die dadurch eine gewisse Stutze erhalt, dalj das braune, gut verriebene Gemisch aus CdO und uberschussigem CdSO, - 8/3 H,O (1 : 5 ) beim zehnstundigen Erhitzen auf 700" ebenfalls fast rein weiB wurde.

Tabelle 4 T h e r m i s c h e E n t w a s s e r u n g

CdSO, - Cd(OH),

Cd(OH), aus

3 Cd(OH), I Cd(oH)z I CdSO,.

1 lralt gefallt

1 Mol H,O: 1 - 1 MolH,O 1 abgegcben bei : I 120" , 190"

500" 250-300'

1 MolH,O

1,27 1,27 _ _ _ ~ ~

0,12 (weiD) 0,25 (weis) 1,02 (braun) 0,84 (braun)

0,13 (braun) 0,17 (braun) _I_

Cd(OH), hexagonal

'insgee.abgegeben I 1,2 7 -

1,12

1,26

0,Ol (weiB) 0,98 (braun)

0,09 (braun)

0,03 (weis) 0,Ol (wei8) 0,59 (braun) 0,07 (braun)

1,os

0,O (weis) 0,O (weis) 0,48 (braun) 0,O (wei8)

I

0,70 I 0,48

11. Ba,sische Cadmiumselenate Zur Darstellung von Cadmiumselenatlosungen wurde Selensaure rnit

einem geringen UberschuB von Cadmiumcarbonat versetzt, vom unge- losten filtriert und der Gehalt der Losung an Cd und Se bestimmt.

218 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 291. 1958

Potentiometrische Titrationen von 0 , l und 1 m CdSe0,-Losungcn mit 0,8 bzw. 2 m Natronlauge bei 20" verliefen analog der Titration des Sulfats und zeigten die Existenz des Hydroxydselenats CdSeO, 3Cd(OH), an, I n der 1 m Losung verlief die Potentialeinstellung so langsam, dalj die Titration neun Tage dauerte; ebenso langsam ging die Rucktitration rnit 2 m H2Se0,. Die Kurven zeigen den gleichen Verlauf wie bei Cad- miumsulfat.

Bei den bei Siedetemperatur durchgefiihrten Titrationen mit Indikatoren schlugen Bromkresolpurpur und Bramthymolblau nacli Zugabe von 1 NaOH/1 CdSeO,, Thymolblau, Kresolphthalein und Thymolphthalein nach 1,5 NaOH/l CdSeO, urn. CdSeO, * Cd(OH), ist demnach in Losungen dieser Konzentration wie das entsprechende Sulfat zwischen p H 6 und 8, CdSeO, * 3 Cd(OH), zwischen p H 8 und 10 be- standig.

Bei den praparativen Untersuchungen wurden 0,O 1 -- 1 m Cadmiium- selenatlosungen unvollstandig mit 4 n Natronlauge gefallt . Bei 0 O wurde dabei als Bodenkorper nur CdSeO, 3 Cd(OH), erhalten, bei 20" aus 0,5 m und ebenso bei Siedetemperatur aus 0,05 m und konzentrierteren Losungen auch CdSeO, - Cd(OH),. Die bei Siedetemperatur darge- stellten Praparate sind gut kristallisiert und zeigen ahnliche Kristall- formen wie die Hydroxydsulfate, namlich gedrungene Prismen bzw. Nadeln.

Auch hier erhalt man bei sofortiger Filtration nach der Fallung Se0,-armere Niederschlage, also entstehen wahrscheinlich auch die basischen Cadmiumselenate durch Anlagerung von CdSeO, an das primar gefallte Hydroxyd.

Karlsruhe, Institut fur Anorganische Chemie der Technischen Hoch- schube.

Bei der Redaktion eingegangen am 5. Oktober 1957.