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H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaBO,-H,O 167 Zur Kenntnis der Borduren und borsauren Alkalisalze XI '): Das System NaB0,-H,O Von HEINRICH MENZEL und HANS Scrxu~a f2) Mit 11 Abbildungen im Text Unter den borsauren Natriumsalzen verdient n&chst dern Tetrs- borat. (Na',B,O,, fruher als Biborat bezeichnet) und seinen Hydraten, denen die beiden vorangehenden Abhandlungenl) der Reihe galten, das System Natriummono- (-meta-) borat-H,O etliches Interesse. Allerdings ist die technische Bedeutung des Monoborates sehr vie1 beschrankter als die des Borax, wenn schon nicht ganz untergeordnct, : beziehen Rich doch verschiedentliche Patenterteilungen drr letzten 10 Jahre auf seine technische Herstellung. Seine wichtigste Rolle diirfte das Natriummonoborat aber als Grundkorper des bedeutsamen Natriumperborates spielcn, wie aus dessen ublicher, allerdings die Kon~titution3~) nicht wiedergebender Eruttoschreibweise NaBO,. H,O,. 3 H,O ersichtlich ist. Nnchdem im Ralimen unserer weit muruckliegenden Borat- studien3) schon rnanches Vorlaufige BUS dem seinerzeit nur luckenhaft bekannten System NaB0,-H,O mitgeteilt worden ist,, sind hierxu seither auch von anderer, vorwiegend auslandischer Seite TJnt,er- suchungen beigetragen worden: S. s. COLE, S. R. SCHOLES und C. R. AMBEKC') berichten 1935 kurz iiber Darstellung, Schmelzpunkt, physikalische und kristallographische Daten von PU'aBO, und NaBO,. 4H,O und eingehender iiber ihre Strukturanalyse des snhy- drischen Metaborats. Hiervon abweichende Feststellungen gibt S. &kEN-FANG5) (1937) bekannt ____ _-_ Nr. IX: Z. anorg. allg. Chem. 224 (1935), 1; Nr. X: 226 (1940), 157. H. MENZEL, Z. anorg. allg. Chem. a) 164 (1927) 37f.; b) 166 (l927), 68; c) 167 (1927), 220f. S. S. COLE, S. R. SCHOLES u. C. R. AMBERG, J. Amer. ceram. Soo. 18 (1935), 58. 5) SY~-MIEN-FANG, J. Amer. ceram. SOC. 20 (1937), 214; Z. Kryst,., ,4bt. A, 99 (1938), 1. %) Teil B der Diss. H. SC:HULZ, Dresden 1936.

Zur Kenntnis der Borsäuren und borsauren Alkalisalze XI: Das System NaBO2H2O

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H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaBO,-H,O 167

Zur Kenntnis der Borduren und borsauren Alkalisalze XI '):

Das System NaB0,-H,O

Von HEINRICH MENZEL und HANS Scrxu~a f 2 )

Mit 11 Abbildungen im Text

Unter den borsauren Natriumsalzen verdient n&chst dern Tetrs- borat. (Na',B,O,, fruher als Biborat bezeichnet) und seinen Hydraten, denen die beiden vorangehenden Abhandlungenl) der Reihe galten, das System Natriummono- (-meta-) borat-H,O etliches Interesse. Allerdings ist die technische Bedeutung des Monoborates sehr vie1 beschrankter als die des Borax, wenn schon nicht ganz untergeordnct, : beziehen Rich doch verschiedentliche Patenterteilungen drr letzten 10 Jahre auf seine technische Herstellung. Seine wichtigste Rolle diirfte das Natriummonoborat aber als Grundkorper des bedeutsamen Natriumperborates spielcn, wie aus dessen ublicher, allerdings die Kon~titution3~) nicht wiedergebender Eruttoschreibweise NaBO,. H,O,. 3 H,O ersichtlich ist.

Nnchdem im Ralimen unserer weit muruckliegenden Borat- studien3) schon rnanches Vorlaufige BUS dem seinerzeit nur luckenhaft bekannten System NaB0,-H,O mitgeteilt worden ist,, sind hierxu seither auch von anderer, vorwiegend auslandischer Seite TJnt,er- suchungen beigetragen worden:

S. s. COLE, S. R. SCHOLES und C. R. AMBEKC') berichten 1935 kurz iiber Darstellung, Schmelzpunkt, physikalische und kristallographische Daten von PU'aBO, und NaBO,. 4H,O und eingehender iiber ihre Strukturanalyse des snhy- drischen Metaborats.

Hiervon abweichende Feststellungen gibt S. &kEN-FANG5) (1937) bekannt ____ _-_

Nr. IX: Z. anorg. allg. Chem. 224 (1935), 1; Nr. X: 226 (1940), 157.

H. MENZEL, Z. anorg. allg. Chem. a) 164 (1927) 37f.; b) 166 (l927), 68; c) 167 (1927), 220f.

S. S. COLE, S. R. SCHOLES u. C. R. AMBERG, J. Amer. ceram. Soo. 18 (1935), 58.

5 ) SY~-MIEN-FANG, J. Amer. ceram. SOC. 20 (1937), 214; Z . Kryst,., ,4bt. A, 99 (1938), 1.

%) Teil B der Diss. H. SC:HULZ, Dresden 1936.

168 Zeitschrift fur anorgariischc und allgemeine Chemie. Band 261. 1943

und veranlaBt die amerikanischen Autorenl) zur Berichtigung ihrer urspriinglichen Eefunde an der Dichte und an den Dimensionen der Flementarzelle yon hTaT30,.

Im Rahmen systematischer Untersuchungen am binaren System Na,O-B,O, haben E. JENKEL~) (1936) und G . W. MOREY und H. E. M E R ~ I E ~ ) (1936) den Schmelzpunlrt von NaRO, neu bestimmt.

J. R. NIELSEN, N. E. WARD und H. I)ODSEN4) (1937) und J. H. HIBBPX~) (1938) habcn Natriummonoborat im Kristallzustand und in Losung raman- spektroskoI5sch untersucht und Schlusse auf dessen Konstitution gezogen.

Als wesentlichster Reit,rag nach der chemischen Seite erschien 1939 die Arbeit v on W. C. BLASDALE und C. M . SIAT~KY 6, iiber di e Loslichkeitskurven von Natriuni- boratcn, in der u. a. Darstellungsw eiee, Bcstimmung.cn der Loslichkeiten und des Cmwandlungspunktes Ton Na.BO,. 4H,O und NaB0,.2H20 verzeichnet w-erden.

Die genannten Mitteilungen') drs einen vori uns (H. 11.) beschiiftigten sich in erster Linie init der Nat'ur der Katriummonoborat- liisungen auf Grund kryoskopischer Messungen im Vergleich mi t wiiBrigen Losungen anderer Alkaliloorate (Mono-, Poly- und Per- borate) ; liierbei erwiesen sich die Monoborate von Natrium, Kalium und Lit,hium innerhalb des unt'erswhten Bereichs nach den molareri osmotischen Xonxentrationen ihrer Losungen als typische binare Elektrolyt,e von der AnionengroWe [BO,. as]. Uber das Entwasserungs- verhalten des festen Salzes NaB0,.4H20 konnten damals nix wenige groborientierende Beobmhtungeri bcrichtet werden, die durc~h unsere spateren Untersuchungen auf breiterer Grundlage wesentlich uberliolt und vertieft worden sind.

Die folgenden Ausfuhriingen erstrccken sich einmal auf die Dar- stellung des Tetrahydrates und auf dessen eingehende kristallo- graphische Kennzeichnung. Bodann wird die Loslichkcitspolytherme des NaBO,-H,O-Syst,enis in Erweiterung unserer fruheren kryo- skopischen Messungen urn das Kurvenstuck zwischen Eis- und Kryo- hydratpunkt erganzt. Weiterhin werden systematische Untersuchungen iiber die Hydratstufen des Monoborates iinsbesondere das Dihydrat) und die heterogenen Gleichgewichte zwischen den Hydraten und Wasserdampf mitgeteilt, an dcnen auffiilligerwcise von anderer Seit'e noah keine Messungen angestellt worden sind.

- l) S. S. COLIC, S. R.. SWOLES LI. C. R. AXBERG, J. Amcr. ceram. Soc.

2, R. JENKEL, Z. anorg. allg. Chem. 227 (1936), 214. 3, G. W. MORBY u. H. E. MERWIN, J. Am. chem. Soc. 58 (193F), 2350. 4, 5. It. NIELSEN, N. E. WAIW u. H. DODSBN, Bull. Amer. physic. Soc.

5 ) J. H. HIBBEX, Amcr. J. Sci. IS], Sonderbd. 35 A (1938), 113. 6) W. C. BLASDALP u. C. M. SLANSKY, J. Amer. chem. Soc. 61 (1939), 917. '1 Vgl. Note 35, b. 6 . 167.

20 (1937), 215.

12, Nr. 7 (19373, 16.

H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaB0,-H,O

I . Das Natriummonoborat-Tetrahydrat 8) Die Dars t e l lung und einige Eigenscha , f ten des T e t r a -

h y d r a t e s BsxzsLius'j stellte das Tetrahydrat durch Zusaminciischmclzen von Borax

und Soda, Losen des Sintergutes in Wasscr und Bristallisieren aus solcher Losung dar. g i n spiiter von R. BENXDIKT~) angegebenes Verfahren: Eindampfen eines aquivalenten Gcmisches von Borax und Atznatronliisung bis zur Birupdickc und weiteres Eindunsten im Exsikkator iiber Schwefclsaurc, wobci schonc grol3e Xrist,alle von KaBO,. 4H,O anwachsen sollen, erwies sich bei der Nacharbeit nicht als trcffsichcr. Vielfach w w d e suf diesem Wege, zumal wenn nicht reirie, carbonat- freie Natronlauge henutrt' und das Aquivalenzverhiiltnis nicht genau cingehaltcn war, eine Borax ent.haltende KristaIlisation oder Borax sclbst crzielt'. Aus Losungen von Natriumcarbonat iind Borax oder Rorsaure ist von vornherein kein Monoborat zu erhalten, cinnial zufolge der im System N a , ~ 0 3 - ~ a H C 0 , - N a B O ~ - ~ a * ~ ~ 0 , bei steigenden Koiizentmtionen obwaltcndcn Gleichgewichte, die der einc von uns (H. 31.) 1922 naher untersncht hat"), andererseits nach iKal3gabe der JAoslichkeiten: Tetraborat ist iingleich schwerer liislich als Monoborat.

Die gelegeiitlichen Schwierigkeiten bei der Kristallisation des Monoborates &us seiiieii Losungen sind ohiie weiteres a m dem Zu- standsdiagramm tlcs 1)reistoffsystems Na,O-B,O,-H,O bei SO0 riach 3.f. D U K E I ~ K I ~ ) verstiiindlich, das irn Aiissclinitt in Abb. 1 (s. 170) wiedergegebsn ist.

Hierin bedeuten : J-4 das stabile Existenzgebiet von Monoborat-Yihydrat mit dcm Bodenkorper

M = Kal30,. 2H,O, wobei dessen metastabiles Gebiet aus Ubersichtlichkeits- grunden nicht mit eirigezeichnet ist.

0-c--d das Existenzgebiet von NLLBO~. 4H,O, Bodenkorper 0. D-d-e das Existenzgebiet von hTa,B,O,. 10H,O, Bodenkorper D, wahrend die

b-c, c--d, d--e dic jeweiligcn Zusammensetzungen der mit den Bodenkorpern im Kurvenzuge

Gleichgew-icht befindlichen Losungen bezeichnen.

Da die winkelteilendc Gerade A-D, aaf der a,lle tcrniiren Gebilde vom Xolverhaltnis Na,O : B,O, = 1 : 2 liegen, mitten durch das Stahilitatsgebiet des Borax kuf t und die Loslicbkeitskurve nahe bei der H,O-Ecke des Systems schneidet, ist, vorauszusagen, daB sich Borax mit Sicherheit rein aus seiner reinen Losung, aber a a d ~ &us Liisungen rnit nach beiden Seiten vorn Na,O : B2O,-Verh&ltnis des Tetraborates abweichender Zusainmensetzuiig aus- uiid umkristalli- sieren 1aBt.

J. J. BERZELIUS, Pogg. Ann. 34 (1835), 566. zj R'. BENEDIKT, Ber. dtseh. chem. Ges. 5 (1874), 700. 3, H. MEBZEL, Z. physik. Chem. 100 (1922), 305. *) M. DUKELSKI, Z. anorg. Chem. 50 (1906), 38.

170 Zeitscbrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 251. 1943

Aridcrs liegen die Verhnltnisse beirn Mono b o r a t . Hier fallt die Gerade A-O-M, die allc L ~ s i ~ n g c i i vom Na,O : B,O,-Vrrhdtnis 1 : 1 ixmfafit, nahezu rnit der Brgrmxungslinie rl-0 des Existenzgebietes voii KaBO,. 4H,O zusamnien. Hieraus folgt,, daB sich am Losungen holeher Zusammensetzung, zumal bei geringfugigen Abwriehungrn nach der saurrn Seite. wic sie schon durch lileinr Gehalte an C'arbonat hwirkt IT erden, nicht uribrdinpt wines, vielrriehr in der Regcl ein rriit Borax durchsetztes Monohorat ausscheiden wird. Ja , die Fest- stellungen DITKELSKIS grenzen bald an den Seclivrrhalt . dall YaBO,.

Abb. I. $ y s t e m Na,O--B,O,-H,O b e i 300 n a c h M. T~TKELSKI

4H,O ?xi 30" uberhaupt nicht rnit seiner reinen Losnng irn stabilen Gleichgewic.hf steht,, d . h. Bongrumt liislich iat,.

Urn diesen Unsicherheiten der Darstellung auszuweichen, haben wir mitten aus derri Exist,enzgebiet des 4-Hydrat'es (Sektor c-cl-0) eiii System S als Aus- gangslosung aasgewiihlt, das bei isothcrnier Iiristallieation cntlang der Geraden R S O einen ,,R,estkorper", d. 11. einen von Losung der Zusammensetzung I? durch- fcuchteteii dcfinierten RodenkArper 0 im giinstigen ~~engen~-erhhlt,nis S O : BS liefern muS. Das Ansgangssystem s' wiedcrum lid1 sich unschwer herstellen BUS Na,B,O,.lCIH,O und NaOH, inclem man die Gerade DS bis Zuni Schnitt~;unBt Q mit der Dreieckseit,e H,O-Na,O verliingerte. Q gibt dann die lioiizentrat,ion der Xatronlauge an, die im hlengermerhaltnis SD : SQ mit Na,B,O,. 10H,O zusamnien- gcbracht werden muS, urn die Zusammensetzung gemiiB Punkt AS zu treffen. Das genannte Teilnngsverhiiltnis konnte hinrcichcnd gcnau aus dem vergrijWert aufgezeichneten Diagramm abgcgriffen odcr nach analytisch-geometrischer Methode berechnet werden. Die gewiinschte Laugenkonzentration Q lieB 8ich unschwer aus

H. Nenzel u. H. Schulz. Uas System NaB0,-H,O 171

carbonatfreier Ollauge l) durch entsprechendes Verdiinnen herstellen. (Ver - f a h r e n I).

Beisp ie l d e r NaRO, .4H20-Dars te l lung: PW,2 g Borax werden in 303,O g carbonatfreier NaOH von 19,56O/, Na,O unter moglichstcm Ausschlul3 der Luftkohlensiiure hciB gelost, am besten unter Dariiberleiten eines indifferenten C0,-freien Gasstromes; die sich abkuhlende Losung wird im H,SO,-Exsikkator zur Kristallisation gebracht . Die groB anfallenden und schon ausgebildeten klaren Kristalle werden kurz mit Wasser abgespiilt und sorgfiiltig mit Filtrierpapier getrocknet.

Auf diese Weise wurde stets rnit Sicherheit reines 4-Hydrat erhalten. Die Ansicht der so gewonnenen Kristalle kleineren Forrnates gibt Abb. 2 a wider; jedoch konnten auch leicht groSere von 4-50 mm Kant,enlange gcxuchtet werdcn.

An a1 9 s e : 'Ld,5Oo/, Na,O 25,21°/, B,O, 5?,2Sn/o H,O Molverhaltnis 1,003 : 1 : 8,018 theoretisch 32, 48y0 25,25O/, 52,2 70/,

Allerdings sohlieRen diese aus uberschussig-alkalischer Losung gewaohsenen Kristalle stets gewisse Rfengen Mutterlauge, teilweise mit kleinen Luftblasen, ein (mikroskopisch waren hisw-eilen , ,Libellen" zu beobachten!). Die Mutterlaugen- reste diffundieren allmlihlich nach aufien, blfihen aus und triiben dann die Ober- fliiche, eine Verwitterung vortluschend; ja an feuchter Luft bleiben die iiulleren Mutterlaugenhiiute bestehen und erwecken den Anschein einer leichten ZerflieS- lichkeit der Kristalle. Da13 das Beuchtwerden aber lediglich dureh Laugenein- schliisse verursacht wird, bestatigen nampfdruckbestimmungen an den Bystemen NaRO,-4H,O 4 gesattigte Losung und NaRO,. SH,O 3 NaBO,- 2H,O (vgl. S. 1Y6).

Nachdem so dic Gewinnung eines reinen Tetraliydrutes sicher- gestellt w w , verfolgten wir weitcr die Darstellung aus Lo sungen der genancn ~~onoborat,zusarnmensetzi~ri~. Biemu wurden in tarierte Erlenmeyer ruit dchliffstopfen gewisse Mengen abfiltriertcr Ollauge bekannten KaOH-Gehaltc:~ cingewogen und die hieraus bereelmeten iiquivslenten Mcngen Borsaure zugeseetzt. Diirch die Selbsterwarrnung bei der Cmsetzung verflussigte sich der Reaktionsbrei zusehends, und diircli geringes XJachcrwairmen lieW sich der Kolbeninhalt voll- st andig zu einer viskosen Losung verflussigen, die hcim AhBiihlen und ruhigem St,ckren oftmals nicht. spontan liristallisier te, obschon sie, j e nach der Starke der Ollauge, e inm Rrnttogehalt von 4,s--4,s $101 H,O unf 1 NaHO, aiifvies. Gelegentlich erstarrte die sirnpose Jjosung zu ei.ner von we+ Mutterlaugc durchfeucht,eteii und daher schwer

~ ~ ~~~~~

I) b l l a u g e : eine nach S. P. L. S~RENSEN [Biochcm. Z . 21 (1909), 1861 sehr stark (45-500/n-ig) angesetzte Natronlauge, aus der sich nach langerem Stehen das darin unlosliche Natriumcarbonat vollstiindig abgesetzt hat oder sich durch einc Jcnaer Glasfritte abfiltrieren liiBt: vgl. auch KOLTHOFI~-NIEYZEI~, Die Mafianalyse, 11. Teil, 2. Aufl. 1931, S. 80. Verlag J. Springcr, Berlin.

172 Zcitschrift fiir anorganischp und allgemrine Chemic. Band 251. 1913

abantrennenden Xristallrnasse vori 3-Hytlrat ; aus einein Ansa,tz schied sich nach weiterem Einengen im Va,kuumexsilika'tor iiber festeni :";tzlia,li spontan Dihydr:i>t a81s mctastdile Ph aus, vgl. nntcn. Ohne weiteres aber lmnn inan ails solchen starken 1\;Ionoborat810sungen vom genmen I\;a : B-Verhaltnis das gewunschte 4-Hydra8t auskristalli- sieren, 1 ~ ~ 1 1 1 man sie riiit dcm halhcn Gewicht. Tiriasser verdiinnt, mjt wciiigrn I<ristiillcl.icm 4-Hydritt irnpft, und lhge re Zeit schiit'telt. ?rhn erhalt' darin das Salz alr; gut sbfiltrierbaren Kristalluchlarnm, ~~-Llirend ohne Schutteln sc,hone grnl3e Kristallr frst aneinander uiicl ~ i i den GefaOwaiiden ariwichseii. Dirses D a r s t e 1 l u i i g s v e r f : ~ ~ i r e r i ~ ~ ist ~ ~ - o h l einftl.cher als dams oben be- scliriebene (I), set'zt, aber dns Vor-

a) 1,6fach b ) 1.9fach Abb. 2. N a t I' i u m m o n o bo r a t-T e t r r, h y d r a t

handcnscin vnn Impfkristallchen vor1111s. Eine Busmhl so erhaltener gutw Kristalle ist in Abb. 2b wiedergegeben. Bemerkenswert ist die hier vorherrschende Riiulenform, wiihrend die :LUS iiberschussig- alka,lischer Liivung (Verfahren I) gt~imctl-~senen Kristalle (Abb. 2 a) eiiie tafrlfZjrniige Tracht anfweism.

Analysenheispiel: 22,49O/, Na,O 2.5,22"/,, R20, h2,30°/, H,O MolverhBltriis 1 : 0,998 : 8,002

Auch die aus reiner Monoboratlosung a,ufgexogenen Krist'alle schlirBen noch geringe Mengen Mutterlauge ein, die niit der Zeit nach auPJen w;tndern und die vorerst kla,rcn Kristallflachen feucht oder blind werden lassen.

Die DEBYE -Aufnahmenl ) des 4-Hydrates (photographische Wicdergabe in Abb. 3a und schematische Darstellung in Abb. 4, n urid b) zeigen die C'g ' 1 en-

l) Cu Ke-Strahlung, Lmss-Kammer, 67 mm Durchmesser, aufgenommen im Riintgeninstitut der hiesigen Hochschulc (Prof. C. WIEDMAXN), wobei wir den Herren Dr. K L ~ T Z E R u. Dr. FREYER fur ihre hilfsbcreite Unterstutzung verbind- lichen Dank schulden.

H. Rlenzel u. H. Schulz. Das System NaBO,-H,O 173

tiimlichkeit, dal3 die Interferenzringe nicht gleichmaBig durchgexeichnet, sondern deutlich gckornt, d. h. in l’iinktchen und Flecken aufgelost sind, wie sie sonst bei ungeniigender Zerkleincrung der Substans mftrcten (Ahhildung der einzelnen I<ristallkorner). Die 4-Hydratproben lieferten bei sorgfaltigem Zerreiben kein feinstes Pulver, sondern schmierten und buken an der Morserwandung fest. Da der Umwandlungspunkt 4- + 2-Hydrat bei 54°1iegt, genii@ also bereits die unver- meidliche Erwarmung beim Zermorsern, um das Salz stcllenweise und voriiber- gehend partiell zu verfliissigen, wodurch eine hinreichende Feinzerkleinerung ver- hindert wird. Ganz analoge Erscheinungen haben w-ir auch am Lithiummonoborat- 8-Hydrat LiBO,. 8H,O beobachtet, das schon bei 470 inliongruent schmilzt.

Um zu einem normalen Pulverdiagramm zu gelangen, hattc man das 4-Hydrat untcr starkcr Kuhlnng pulvern miissen. Wir erhielten ein hinreichend feines Pulver durch Anwassern eines gut zerriebenen Dihydrats iiber einem geeigneten Dampf- druckpuffersjvhem (vgl. un- ten) und damit ein einwand- freies DEBYE-Diagramm, wie Abb. 3b zeigt; vgl. auch Abb. 4, c.

An verscliiedeneiz bcsonders reinen, unter Storung feinkiirnig kristallisierten und im Wassergehnlt laut Ana- lyse f ormelgerrcht en Tetrshydrnt praparaten . 1 wurde pyknometrisch D l

Abb. 3. P u l v c r d i a g r a m m ~ v o n NaB02.4H,0 (Toluol als Fiillung) die Dich te peso bestimmt zu 1,743 & 0,003. Von diesem Mittel- wert aus sorgfiiltigen Einzelmessungen weicht der von COOLE, SCHOLES und A M B E R GI) angrgebene -- uberdies der einzige bisher in der Literatur verzeichnete! - Wert 2,09 sehr stark ab. Diese Angabe kann niir auf einem Irrtum beruhen, zumal wir an KaBO, -2H,O eine Dichte von 1,909 (vgl. untm) bestimmten, das hohere Hydrat normderweise aber eine geringere Dichte aufweist als das niedere.

F) Zur Kr i s t a l log raph ie des T e t r a h y d r a t e s fiber die Kristallographie dcs 4-Hydrates liegen insgesamt nur

drei luckenhafte Literaturstellen vorwiegend Blteren Datums vor.

l) S. S.COLE, S. R. SCHOLES, C. R. AMBER!:, J. Amer. ceram. S O C . 18 (1935), 59.

2. anorg. allg. Chem. Bd. -251. 12

174 Zeitscbrift fur anorganisohe und allgemeine Chemie. Band 251. 1943

H. H A H X ~ ) (1859) spricht von monoklinen Kristallen. DITSCHEIXER~) (1874) erkennt deren Zugehorigkeit zum triklinen System. Die als berechnet aufgefiihrten Werte derWinke1 zwischen je 2 Flachen sind aber teilweise yon einer Ungenauigkeit, die, wie auch G R O T H ~ ) betont, den Wert der iibrigcp Angaben in Frage stelk und daraus eine Berechnung der Kristallelemente, die schon DITSCHEIXER nicht durch-

>

II It 1)llIl 1 1 l 1 1 1 1 111 I l l 1 1 L durch Anwiisserung von

2-Hydrat

~- metastnbiler Btlk. aus

I I lillllil I 1 I , l I H I I I I 11u sthrker alkal. Lsg. bei Zimmertemper atur

d

I, I llI11,l iI I I L I I 1

stabil. Bdk. beiZimmer- temperatur nus gleichern

System

1 l I t IIIIMllBI 1 1 1 1 Ild bei Zimmertemp. stabil a. iiberschiiss. alkal. Lpg.

bei Zimmertemp. meta- stabil aus reiner Lsg.

bei 60° stabil aus reiner Lsg.

durch isobaren Abbau von 4-Hydrd

durch Anwaseerung von Halbhydrat

Abb. 4. R o n t g e n d i a g r a m n 1 e , I. Teil

gefiihrt hat, unmoglich macht. Die jiingste Mittcilung von s. s. COLE, 8. I%. SCHO-

LE:: und C . R . AMBERG*) beschriirlkt sich auf kurze Notizen; das Salz sol1 monoklin kristallisieren; der Winkcl der optischen Achsen wird als ,,klein" bis ,,mittel" angegcben, die drei Hrechungsindices werden mit n., = 1,481; "6 --= 1,467: nm = 1,443 aufgefiihrt.

1) H. HAHN, Arch. Pharmaz. Ber. dtmh. pharmaz. Ces. 149 (1859), 146. 2) DJTSCHEISER bei R. BESEDIKT, Ber. dtsch. chem. Ges. 7 (1874), 702. 3, P. GROTH, Chemische Rristallographie, Bd. 11. (1008), 730. 4, Vgl. Note 1 S. 173.

H. Mcnzel u. H. Schulz. Das System NaR0,-H,O 175

Angesichts dieses Kenntnisstandes erschien es wiinschenswert , die kristallographischen Verhaltnisse des NaBO,. 4H,O von Grund auf zii untersuchen. Bei den X'essungen, die der eine von uns (H. SCIIULZ~)

Entwiisseriingsruckstd. iib. l',O,, Vak., Zimmer- temp. rnit 0,7O3Mol€l20

ders., bei 1OOOgetempert

Isobarer Abbau, Sta- dium mib rd. 1,0 MolH,O

desgl., Endprodukt mit. rd. 0,G Mol H,O

Kristallisat., mit (n) ge- irnpft,. aus hochalkal.

Losung bei 600

Abbsuprodukt 2000 mit - 0,5 H,O

Abbauprodukt 120 O,

Vak., mit - 0,8 H,O Kristallisat., mit (9) ge- impft, aus hochalkal.

Losiing bei GOO

Ruckstand 170°, Vak. mit - 0,05Mol H,O

Ruckstand 3000, mit -0,l Mol H,O

Ruckstand 500 9,

mit < 0,03 Mol H,O

crstarrte NaBO,-J schmelze

I " " " ' > Abb. 4. R o n t g e n d i a g r a m m e , 1I.Teil

selbst andig im Mineralogisch-geologischen Institut der hiesigen Hoch- schule durchgefiihrt hat, dnrften wir uns, wie schon bei unseren TTnter- suchungen am Kernit, der Gastfreundschaft und hilfsbereiten Beratung seines Direktors, Herrn Prof. Dr. E. RIMANN, der linermudlichen

12*

176 Zeitschrift fur anorganische und allgerneine Chemie. Band 251. 1943

IJnterstutzung durch Herrn l'rof. L)r.-hg. R. TROGER, und bei mathematischen Schwierigkeiten drr huswertung der liebenswiirdigcn Hilfsbereitschaft dcs Herrn Prof. Dr. E. YANTSCH erfreuen. Da die Ergebnisse im einzelnen mdcrenorts ausfuhrlich wiedergegeben werden sollen, begnugen wir uns hier mit deren kurzer Zusammenfassunp.

Zixr Vermessung dienten nach vorbeschricbenem Verfahren I dar- gestellte Kristalle, und zwar die grORcren von 1 em und mehr Kanten- la'nge fur das A4nlegegoniometer, fur das Reflexionsgoniometer jedoch

die 1-2 min groRen Individuen. Hier muBte auf rnsches drbeiten geachtet werden, da sich die Flachen durch die erwiihnte Aus- bliihung der ~~utterlaugeneinschlusse mit der Zeit triiben und dann keine oder nixr sehr verschwommene Reflcxe geben. Imnier- hin erleichterte dcr ziemlich storungsfreie Bau der Flachen das Zentrieren auf dem Goniometer. Insgesamt wurden 13 Kristalle durchgemessen.

Schon das Aussehen der Kristdle weist, a,uf das t r i k l ine System hin. Die strengere Feststellung erlaubten Lo s u n g sf i gu r e n , die durch ganz kurzes Uberstreichen der Flachen mit Wasser und sofortiges Ab- trocknen mit FlieBpapier erhalten wurden. In Bbb. 5 sind einige solcher Losungsfipuren nach Gestalt und Anordnung auf einigen

lhkq -fi'q Flachenpaaren (jcweils Flache und Gegcn- fliiche) skizziert. Fur keines der Flachenpaare Abb. 5.

ist eine Symmetrieebene oder Symmetrieachse NaBO2-4H,O-K r is t al le n zu crkennen. Somit lassen alle Losungsfiwren

nur clas tdiline System zu; deren Anordnung auf Flache und Gegen- fl5iche spricht fur das Vorhandensein eines Symmet r i ezen t rums . Auf pyroelektrischem Wege gelang es nicht, die Symmetrie der Kristalle zu bestimmen; hingegen geht die trikline Symmetrie auch aus dem stereographischen Projektionabild der vermessenen Flachen hervor. COLE, SCHOLES und AMBERG schlossen allein aus Ltzfiguren, die angeblich eine Symmetrieebene zeigten, auf das monokline System.

Von den Kr i s t a l l e l emen ten geben wir, ohne auf die Be- rechnung einzugehen, hier nur die folgenden Endwerte an :

1114 \-v-,

l j D L ij s u n g sf ig ur e n an

H. Menzel u. H. Schulz. Dss $ystem KaBO,-H,O 177

Pol der a-Achse Pol der b-Achse Pol der c-Achse flillt mit dem Mittelpunkt des Grundkreises zusammen Achsenverhaltnisa : b : c :-: 0,70343 : 1 : 0,53698 nachFllche (i 1 1) berechnet. Achsenwinkel u = 10lo 9', 2 102O 7, y := 107O 55'.

F l achen und Forn icn : Nachclem durch die Losungsfiguren das Vorliegen eines Symmetrie-

zent'rums wahrscheinlich gemacht ist, liristallisiert das Vierhydrat in der p insko idn len Klasse des triklinen Systems, und alle Formen sind Pinakoide. Die an den 13 untersuchten Krist'allen auftretenden Formen sind unter Angabe ilirer Haufigkeit in Tabelle 1 zusammrngestellt; dernnacli sind b {0 1 0}, c (0 0 I],

n (1 I} dic meist vertrctenen I"1achen. Abb. 6 zeigt einen typischeii Nonobora,t,kristall der tafeligen Trac,ht unter Bezeichnung der Flarehen. Abb. 6. M o n o -

b o r a t - T e t r a - ,41s Auflageflachen beim Wnchstum der Kristalle hydra t krist a l l , dienlerivorwiegend(0 1 0 ) und (0 i O),seltener ( T i 1) s c h e m a t i s c h ; und ('i T 1). Die genannten Mut8terlaugeneinschlusse 3"achenbe-

z e i c h n u n g c n t - in deli Krist'allen verliefen immer pa'rallel zu den Hauptkanten des zweiten Pinskoids (0 1 0). Die aus- bliihende Mutterlauge triibte bald die Fliichen, nur suf den Pinakoiden {0 2 11, (1 1 l), {IT l} und (1 3 1) ~ 7 a r das Ausbluhen stark verzogert und trat ungleich vie1 spkter, linter Umsttinden erst nach einigen la'gen ein; a'nscheinend ist die MTanderung der Xutterlauge in Richtung auf diese E'lachen gittermaoig beliindwt.

tp -: 27O0 0' 'p = 158" 43'

0 =:: 77O 53' (1 = 7 8 O 52'

d(0211, e{OZ1), ~ { I I o ) , k i ~ i o ) , q i i i } ,

spr, Tab,

I 1

Tabelle 1. S t a t i s t i k d e r F l a c h e n des T e t r a h g d r s t e s I1 ' Unter 13unters. Be- wormen I TJnter 13unters

, Krist. vertreten

I

I : -- Be- zeichnungl Formcn , Krist. vertreten llzeichnung

1 1

n 1 0 0 I lmal ~ 711 1 i l l ~ 7mal b , 0 1 0 1 13 1 1 7z j 1 1 1 ~ 7

d 0 2 1 , 11 1 p i 7 . 1 0 . 1 0 ,

~~

c ~ 0 0 1 1 9 1 0 3

P, I 4 ~ 5 7 7 ' 1

i

8.0.13

1 111 1 2 ' ! w i 1 5 .7 .4 1

178 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chernie. Band 251. 1943

Von den physikalischen Eigenschaften des Vierhydrates nwrde die HBrte zwischen 2 und 3 der MoHs'schen Skala ermittelt. Die optischen Ik t en konnten nur niiherungsweise bestimmt werden. Die Lie ht ' - b rechung liegt etwas hoher als die des Glycerins (n = 1,45) und etwas niedriger als die des C,ajeputols (n = 1,468), wonach vorliiufig eine mittlere Lichtbrechung von - 1,465 angegeben werden mag. Optischer Achsenwinkel 2 IT: etwa SO0. Dispersion der optischen Achsen fur die 1. Xittellinie (spitze Bisectrix): e < Y. Optischer Chxakter: positiv, entgegen der Angabe. von COLE, SCHOLES und AM BERG^).

c) Z u r Lo s l i c h k e i tJ s p o 1 y t h e r m e d e s N a t r i ummo no b o r a t e s

Die Loslichkeitspolytherme des Monoborates zwischen 0 und 1000 weist entsprechend den Stabilitatsgebieten der Bodenkorper Na'BO,' 2H,O und NaBO2.4H,O zwei Lste auf; Obergangspunkt 540 nach Feststellung von W. C. RLASUALE und C. ivI. SLANSKY~). Da di.e Loslichkeitsbestinirnungen beider amerikanischer Forscher sehr sorg- fiiltig und zuverlassig erscheinen - ihre Lodichkeitswerte irn System Na2B,0,-H,0 stehen in gutem Einklang mit unseren anderenorts mit- geteilten Messungen3) -, wurde von erncuten Restimrnungen am Monoborat abgesehen, vielmehr interessierte der im Diagramm der genaiint8en Autoren noch ausstehende Kurvenast zwisclien Eispunkl und Kryohydratpunkt (d. h. mit Eis als Bodenkorper), dessen Anfangs- stuck mit deli kryoskopisc,hen Messiingen des einen von uns (H. If.) an Monoboratlosungen bis etwa 0,36 m vor 16 Jahreri festgelegt worden ist4). Nunmehr sind diese Messungcn unter Beibehaltung der seinerzeit beschriebenen Arbei ts~eise~) , die sich auch jetzt wieder bewahrte, bis an den Kryohydratpunkt erweitert worden; die neuen werte fugen sich bestens in die fruheren ein bzw. schliel3en sich an diese an. Tabelle 2 fuhrt in Spalte 1 die gemessenen Gleichgewichts- temperaturen, korrigiert nach Kaliberfehler und herausragendem &den, in den Spalten 2 und 3 die Analyseri der bei diesen Tempe- raturen rnit Eis im Gleichgewicht steheiiden Losiingen nsch Prozent'- gellalt KaBO, uad riach Mol NnBO, auf 1000 g H,O auf. Der K r p -

1) Vgl. Kote 1, S. 173. 2) W. C. BLASDALE u. C. Af. STAN~KY, J. Amer. chem. SOC. 61

3 ) H. MENZEL u. H. BrmuLz, Z. anorg. allg. Chem. 245 (1940), 181. 4, H. MENZEL, Z. anorg. allg. Chem. 164 (1927), 37. 5 ) H. MEXZEL, Z. anorg. allg. Chern. 161 (lW), nf., 31f.

(1939), 917.

H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaB0,-H,O 179

- 0,511 , 1,011 1 0,1551 ' I - 4,084

- 1,286 I 2,695 0,4208 - 4,822 - 3,148 4,853 0,7749 - 5,233 - 2,533 1 5,732 0,9238 I - 5,524

- 0,850 1,731 0,2676 i, - 4,632

Tabelle 2 G1 ei c hg e wi c h t st e mp er a t uren Eis-?il o n o b or a t 1 o s u n g

9,511 I 1,597 10,74 1,828 11,15 1,906 12,OZ 12,61

~ ~ ~~~

Kryohydratpunkt: - 5,768O; 13,10°/0, 2,289 m/1000 g H,O (extrap.)

Abb.

#/vQs)o,

7 2 45 7. G ef r i e r p u n k t s d e pr e s s i on en vo n XaBO,-L o s u

i n A b h a n g i g k e i t i h r e r Mola r i t i i t j e lOOOg H,O ngen

Abb. 8. A u s s c h n i t t a u s d e r L o s l i c h k c i t s p o l y t h e r m e d e s S y s t e m s -NaBO,-H,O

180 Zeitschrift fur anorganische und allgcmeine Chemie. Band 251. 1943

hydratpunkt ergab sich sowohl an gesonderten Versuchen wie im Zage dicser Versuchsreihe zu - 5,77O, die Konzentration der Losung im Kryohydratpnnkt durvh Extrapolation aus den bis dicht lieran vrrfolgten Wertepaaren A t / Konzentration zu 13,1O0/, . In Abb. 7 sind die Gefrierpunktsdepressionen in bbhangigkeit von den Molari- taten ( j f l 1000 g H,O) aufgetragcn, einige Werte von 1927 sind mit u eirigefiigt ; in Abb. 8 ist in die Loslichkeitspolytherme dab neue KKurven- stuck rnit Eis als Bodenkorper eingeeeichnet und der anschlieRcntk 4-Hydratast durch wenjgr Punkte nach RLASDALB and SL nsl iy :irlg"htrt.

I I . Das Natriummonoborat-Dihydrat

a) Die Dnrs t e l lung d e s D i h y d r a t e s

Als s tab i Ie Kr is t i l l l i sa t ion a u s 1,osung b e i 7 ' 1 I in rn e r - t cmpera tu r . Hier tritt das 2-Hydrat irn Dreistoffsystem imch DUKELSKI als stabiler Bodenkorper unter starker alkalischen Losnngcn init einem zieinlich ausgedchnten Existerizgehiet m f (vg1. Zustande- diagra,mm 30°, Ahh. 1, S. 170).

1.

Um erst einmal das Hydrat zu fassen und sein Pulverdiagramm zu Vergleichs- zweeken zii gewinnen, wurde ein Ansatz von der einem l'unkt Lies Stabilitats- feldes eritsprechenderi Zusammensetzung aus ollauge und Vierhpdrat bei GOo in Losung gebracht und sodann im 3O0-Thermost.aten 8 Tage geschiittelt. Dabei schieden sich wohlausgebildete Kristalle, Prismen mit dachformigen Enclflachen ab. Zur Ront,genaufnahme empfahl sich, van der Abt,rennung des BodenkGrFers in der stark alkalischen Mutterlauge ahzusehen, vielmehr nach den1 von H. MENZEL und B. Y. S A H R ~ ) beschriebenen Verf'ahren dcn innerhalh seiner Mutterlauge feinst zerriebcnen Kristallschlamm in Markrohrchen einzufiillen und in Gegenwart der schiitzenden Mubterlauge zur Aufnahme mi bringen. Diese primare Kristaliisation lieferte ein r o n weiteren Dihydratpraparaten vollig abw-eichendes Interferenzbild (Abb. 4, d). Auffiilligerweise loste sich in einigcn Proben der Suspension beim Zer- reiben in der von H. MEXZEL~) beschriebenen gesehlossenen Morservorricbtung plohlich eine nacht,rlgliche Kristallisation in Forin feiner flachcr Xadclchen und langgestreckter Tafclchcn aus, die das vorerst noch fliedende Gemenge in einen steif'en Brei verwandelte, welche Umwandlung ubrigens auch in den Schiittel- flaschen nach iveit,erem Verweilen im Thermostaten cinsetzte. Proben dieser nachtraglichen Kristallisation erwiesen sich im Rontgendiagramm als das gesuchte Dihydrat, Sbb. 4, e. Die primare Abscheidung von ganz anderer Struktur mu13 eine bei hoherer Temperatur gebildete und hei 30" metastahil verbliebene Kristall- phase sein, deren Zusamnicnsctzung mangels naherer Cntersuchung noch offen

H. MENZEL 11. E. v. SAHR, Z. Elektrochem. 43 (1937), 107. 2, H. MEKZEL, H. SJCHULZ u. H. DECKERT, Z. anorg. allg. Chem. 8'20

(1934), 55.

H. Mcnzcl u. H. Schulz. Das Systcm ?iaBO,-H,O 181

bleibt; cs kann sich urn den von U. SBORGI~) festgestellten, oberhalb 32" stabilen Rodenkorper 2Wa,O B,O:,.H,O (= Na,HBO,), nicht aber - laut, Vergleich der Rontgenbilder - urn die oberhalb 40" auftretentle Phase Ra,O .B,O,. H,O (= NaBO2.0,5H,O) handcln.

Zur Darstellung in grijflerern lCIaBsta,bc iiiid our Isolierung des Dihydrates wiihltrri wir &us seinern Xtabilit,Btsfeld irii 30°-Zust,ands-

a) 1,'i-faeh b) 1,9-fach

e ) 5-fach vergr. Abb. 9. KaBO,.2€1,0, n n t c r M u t t e r l a u g e z n i s c h e n g e k r e u z t e n

E o 1 a I i s a t i o n sf i l t e 1 n a uf g c n o m m e n

disjgramm (1761. Abb. 1) den Punkt 2 rid setzten das diesem ent- sprecheiide System aus 21 $1 Teilen einer Ollaugr mit 34,43"/, Ne,O, 10,G Teilen iL'a,B,O,- 10H,O und 3,2 Teilen Wasser zusammeii. Aus drr auf ctwa 1000 crwiirmten klsreii Losiing kristallisierte im Ab- kuhlungsgefdle: rneiat s c h n dine Impfcn, eiii Bodmkdrper in nadel- und bliittchcnforniiger Gestdt aus. Durch weitere kleine Wasscr- zusatse vor der Kristallisation lielS sich der relative Antuil der Mutter- lauge erhohen. Die ilnsicht solcher schorien Kristalle gibt Abb. 9 wieder . - ~

l) u. S m R c : i , Gazz. chim. it,al. 60 (1%U), 468; 6B (1932), 3.

182 Zeitschrift fur anorganischc und allgemeine Chemie. Band 251 1943

Zur p h o t o g r a p h i s c h e n A u f n a h m e konnten die dunnen, leicht zerbrech- lichen Gebilde keineswegs am der Losung herausgehoben und abgetrocknet, viel- melir muRten sie in geeigneten Kiivetten (Objekttrager mit aufgekittetem Glasring) inmitten ihrer Mutterlaugc aufgenommen werden. Wegen zu geringer Brechungs- effekte gelang dies nicht in auffallendem oder durchfallendem gewohnlichen Licht, um so besser mit po lar i s ie r tem Licht. Die Kiivetten wurden zwischen zwei gekreuzten Polarisationsfiltern (Herapatitfolie als Polarisator und ZEISS- Herotar als Analysator) gehalten und in ihrer Ebene in die zur Abbildung der Kristalle gunstigste Stellung gedreht. Herrn Prof. Dr. FRIESER (Wissenschaftl. Photograph. Inst. der Techn. Hochsch. Dresden) danken wir verbindlich fur die freundliche Ausleihung des erforderlichen Gerats.

Die kristallographischen Merkmale des Dihydrats werden in einem folgenden Abschnitt behandelt .

Das Ron tgenb i ld (Abb. 4, f ) , wiederuni am Kristallmehl unter Mut'terlauge aufgenommen, mist, dieses eindeutig als 2-Hydrat aus.

Bei der I so l i e rung tlurfton die auf der Fritte unter C0,-Schutz abgesaugten Kristalle keineswegs zur Entfernung der Mutterlaugen- reste mit Wasser abgedeckt werden. Dann trat unweigerlich unt>er sofortiger Erstarrung des Nutscheriinhaltes die Urnwandlung ins 4-Hydrat ein. Vielmehr muljt'en wir uns auf schiirfstes Absaugen und anschliefiendes sta,rkes Abpressen zwischen Filterpapier iind Ton- platten beschrinken, dabci wurden allerdings die wohlgestalteten Kristalle unweigerlich stark zertrummert, wahrend die letzten a'n- hwftenden Reste der allialischen Losung aber nicht vollig entfernt wurden, wie die folgenden hnalyseri eweier iiber zerflieflendern KOH im Vakuumexsikkator nachgetrockneter Praparate zeigen: -

I I I Na,O 1 O/,, B,O, I a/o H,O

h s a t z mit obengenanntem Wasserzusatzl 31,01 I 32,62 I 36,47

Ansatz mit grol3erem Wasserzusatz . . ' 30,64 1 32,71 I 36,65

Theorie SaBO, 2H,O. . . . . . . . . / 30,44 1 34,19 1 35,38

Molverhiiltnis 1,071 : 1 : 4,335

Molverhiiltnis 1,052 : 1 : 4,331

Molvcrh8ltnis 1 : 1 : 4

Zu weiteren rontgenographischen Untersuchungen am 2-Hydrat wurden gutausgebildete E i n k r i s t a l l e gebraucht. Hierbei erwiesen sich die obenbeschrie- benen, aus frischcr Losung gewonnenen als viel ZL diinn und zerbrechlich. Nach etlichen Bemiihungen gelang es, auch wohlgestaltete kompaktere Kristalle zu ziichten. Hierzu wurden die obengenannten, mit Wasserzusatz versehenen - eventuell unter Impfung - auskristallisierten Ansatze durch ganz vorsichtiges Erwarmen eben wieder in Losung gebracht, so dal3 mit dem Verbleib von Kristall- keimen ZII rechnen war, und anschliel3end an einom ruhigen Ort konstanter Tem-

H. Menzel u. H. Schulz. Das System XaBO,--H,O 183

peratur der spontanen Kristallisation iiberlasscn. Am Boden des SchliffgefaRes wuchsen allmahlich groljere, vor allem dickere Xinzelkristalle an, die sich bcqueni und ohne Verletzung herausheben lielen. J e Gfter am gleichen Ansatz die Prozedur des Wiederauflosens und Kristallisierens wiederholt wurde, wobei der unvermeid- liche C0,-Zutritt aus der Luft die Losung zunehmend durch Carbonat verunreinigen multe, um so schijnere Einkristalle bjldeten sich aus, offenbar auch bier ein typischer EinfluR der Losungsgenossen auf die Kristalltracht ! Da die Kristalle nicht gewaschen, sondcrn nur durch Abtupfen mit Zellstoffwatte von der an- hangenden Mutterlauge befreit werden durften, blieben ihre Flachen nicht blank, sondern erschienen matt und getriibt. Beim Stehen an der Luft verwittern und gerbrockeln sie zusehends unter Wasserdampfbindung; daher muBten sie bei den Drehkristallaufnahmen durch einen Lackuberzug (Zaponlack) geschiitzt werden.

2. Als m e t a s t a b i l e K r i s t a l l i s a t i o n aus r e ine r Losung bei Z immer t ern p e r a t u r :

Diese Darstellung gelang uns nur einmal als reiner Zufallstreffer. Ein Ansatz aus 78,18 g einer Ollauge mit 46,i5°/, NaOH, 55,76 g H,BO, und 100 g H,O (Molverhaltnis Na,O : B,O, = 1 : 1) wurde im Vakuumexsikkator iiber KOH stark eingeengt bis zur spontanen Kristallisation, die nach weiterem E'ortschreiten unter C0,-Schutz scharf abgesaugt und auf Tontellern getrocknet wurde.

Analyse: "0 Na,O 7 0 B,O, n/o H2O 30,29 33,88 35$3

Molverhiiltnis 1 : 0,996 : 4,071.

Es liegt also nahezu reines Dihydrat voi-. Das Rontgendiagramm gibt Abb. 4, g wieder.

Die gleiche Darstellung wurde mehrfach wiederholt, zum Teil unter Impfung, aber stets gesellte sich nach anfanglicher Ausscheidung des Dihydrates nach- traglich aus der Mutterlauge noch 4-Hydrat hinzu, so dalj das Endprodukt schwankende, zwischen 2 und 4 hlol streuende Wassergehalte aufwies.

3. Als s t a b i l e K r i s t a l l i s a t i o n a'us r e ine r Liisung be i h o he r e r Temp e ra t u r :

Nach W. C. BLASDALE u. C. M. SLANSKY (8.178)liegt der Umwand- lungspunkt beider EIydrate bei 54O und betriigt die Loslichkeit von NaBO,. 2H,O bei 60, 39,0°/, NaBO, anhydr., wahrend reines Tetra- hydrat 47,7301, anhydr. Salz ent,liiilt. Daher wurden Portionen des Tetrahydrates in Ampullen aus Jenaer Glas im Thermostaten bei YOn partiell eingeschmolzenl) und anschlieoend langsam auf 60" heruntergekuhlt, woselbst sie danii noch etliche Ta'ge geschdttelt wurden. Damit war a,lles 4-Hydrat nach 2-Hpdrat umgewandelt, und

l) Ein hoheres Erhitzen bis zur vijlligen Verfliissigung empfiehlt sich nicht, da sich die hochviskosen Schmelzen dann beim Abkuhlen hartnackig ciner spon- tanen Kristallisation widersetzcn und nach Offnen der GefiiSe geimpft werden miilten.

184 Zeitschrift fur anorganische uiid allgcmcine Chemie. Band 251. 1943

cdieses lionnte auf ciiier mit Heizmantel (60°) urngebenen Jenaer :Fritte a'bgesaugt, abgepreRt und im Vakuumcxsikkator uber zer- ElieBendem :&tzkali nachgetrocknet werden. Aixch liierluei wurden dic 7vorerst gut entwickelten Krist'allnadeln und -blattchen weitgehend lzerbrochen.

Analyse : 64,73°/0 ISaB0, 35,27O/, H,O

Hon tgenb i ld : Abh. 4, h.

2-Hydratpraparate dieser Darst,ellungsart sind wohl die reinst'en iind formelentsprechendsten, die wir gewonnen haben. An ihnen w i d e pylinometriscli die Dich te dcs Dihydrates bestirnmt,: Mittrl- wert c22 1,909 5 0,006.

4. D u r c h Abbau v o n 4 - H y d r a t gegen d e n D a m p f r a u m : Endlich IiiiBt. sich 2-Hydrat in reiner Form durch isotherme Entwdsserung des 4-Hydrates uber gecigneten Trockenmitteln, etwa starkerer Schwef'elsaure (2 Teile H,SO,, 1 Teil H,O; iiber konzentrierter H,SO, geht die Entwasserung iiher das Dihydrat hinaus !) oder durch Abban irn Tensimeter unter Verfolgung der zeitlichen Wasser- abgabe bzw. des Dampfdruckverlaufes darstellen; vgl. Abb. 4, i. Xiheres iiber die 1)ampfdruckgleichgewichte und Zersetzungsvorglnge wird in cinern folgenden Iiapitel mitge teilt .

3. D u r c h Anwasserung des H a l b h y t l r a t e s a u s dem D a m p f r a n m : T)as durch Abbau von 2-Hydrat im Tcnsirnctcr crhaltene Halbliydrat (vgl. unten) wurde iiber dem Uampfdruckpuffersystem MgC1,. SH,O + gesatt.igt,e Losung (p200 =- 5,6 mm, entsprechend 32O/, relativer Sattigung) bei Zimmertemperatur im Vakuumexsikkator angcwassert. ?\Tach Lage dcr Dampfdruckgleichgewichte schlofi die Wahl der vorgelegtcn Tension einc weitcrgehcnde Hydratisicrung zu 4-Hydrat aus. Kach einer Zeit von 2 Monaten war die Gewichtszunahme bei einem Bruttowassergchalt von 2 Mol zurn Stillstand gekommen; das Reakt,ions- produkt wies sich im Gitterdiagramm cindeutig als 2-Hydrat aus (vgl. Abb. 4, j ) .

Xolv er h a,l t nis 1 : 1,991

b) Z u r Kriata , l logra,phie d e s D i h y d r a t e s

Herr Dr. TV. SCIIEIDTIAUER, Minera1og.-Geolog. Inst. der Techn. Hochsc,hiile Dresden, litllte die Freundlichlieit, die von i m s dnr- gestellten S-Hydrntkrist8alle einer ersteii orientierenden Betrachtung zii ~nt~erziehen, und liat liierbei folgendes fest'gestellt :

,,Kin Teil der meist vermiillingten Kristalle ahnelt in Tracht und Habitus den Fekannt,en Sohwalbenschwanzzwillingen des Gipses, andere einfache Individuen erinncrn an unverzwillingte Phillipsitkristalle, an denen nur die Flachen (1 1 0), (0 1 0 ) und (0 0 I) vorhanden sind. Aus bloRer Analogie zu dem monoklinen Gips und Phillippsit auch in unserem Falle a,uf monohlinen Bau z u schlieBen, ist nicht bcrcchtigt. E'iir Messungen mit dem zweikreisigcn Anlegegoniomcter sind die Flachen zu klein, fur das Reflexionsgoniometer zu rauh und matt, Da auch auf

IT. Menzel 11. €I. Schulz. Das System NaR0,-H,O 185

mikroskopisch-optischem Wege der Versuch, das Kristallsystem zu bestimmen, erfolglos war, mu13 die Frage offenbleiben, ob die Kristalle tatsachlich monoklin sind oder nicht vielleicht triklin. Infolgedessen ist es auch vorerst nicht moglich, dic Kristalle richtig aufzustellen und die beobachteten Flachen zu indizieren. Eine mittlere Lichtbrechung wurde bestimmt mit n~ = 1,469, der Charakter der Doppel- brechung ist xweiachsig-negativ, der Winkel der optischen Achsen konnte in 2 FLllen annahernd bestimmt werden: 1. $?Van = So; 2. 2 V a ~ = 62". Mittel: 2VaD = 60°."

Um auf anderem 'Wege Auskunft ubcr Kristallsystem und Kristallelemente des 2-Hydrates ou erhalten, haben wir, in dankens- werter Weise angeregt und beraten durch Herrn Doz. Dr.-Ing. F. FEHER und unter unermudlich hilfsbereitm Unterstiit'zung durch Herrn Dr. FREYEH die r0ntgenogr:tphische Untersuchung an Ein- kristallen (Schichtlinien- und Goniometeraufnahmen) in Angriff genornmen. Ihre bisherigen Ergebnisse sollen unter Vorbehalt wiedergegeben werden.

Wurde bei Aufstellung der Kristalle in zunachst willkurlicliern L4nhalt an BuBerlich lhnlich erscheinende Kristnlle des monoklinen Systems als c-Ache ihre Langserstreckung urid als b-Achse die Richtung ihres kleinsten Durchrnessers angenommen, so ergaben die Drehkristallaufnahmen urn [I 0 01, [O 1 01 iintl [0 0 11 als Idcntitats- perioden und damit als Kantenlangen der Elernentarzelle unter Be- riicksichtigung von drei oder inehr Schichtlinien die Nittelwert,e

a, = 5,86 4 0,02 k b, = 10,51 & 0,04 A co = G,75 & 0,02 A ,

daraus folgt das Aehsenverhaltnis a, : b, : c, = 0,5573 : 1 : 0,6421.

Goniometeraiifnahmen untler Ausblendung cler Aquatorschicht1- h i e urid Drehung des Kristalls um die gleichen drei Achsen, aiis- gewcrtet uber dns reziproke Gitter, lieferten die Achsenwinkel

tc = 91,O & 0,5O p = 5 7 & I " y = 91,5 & 0,s'.

Durch Kornbination der GriiBen a. iind c, atis den Schichtlinien- aufnahmen mit zugeordneten 1 jd-Werten aus den Goniometerauf- nahrnen lionrite der Wert des Winkels f l innerhdb vorgenanriter Pehlergrenzen bestatigt werden.

186 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 251. 1943

t ° C . . . . . . . . 14,4 , 15,8 17,O 18,8 20,l p mm. . . . . . . . 11,l 12,2 13,O 14,8 15,9 Relative Sattigung. . ~ 90% 86% I goo/, ~ 9lU/, 9l0/,

Nach diesen vorl5iufigen Befunden kristallisiert hiaB02-2H,0 iin triklinen System, allerdings angesicht,s der van 90, w-enig abweicl.ienden Winliel a und y in starker AnnBherung m i das nioriokline System, woraus auch die Uneindeutigkeit der oben niitgeteilten orientierenden kristallographischen Beurteilung verstandlich wird.

Auf Grund dieser rontgeno~raphischeri Feststellungen wa'reri die an den Kristallen beobachtetenHauptflachen als {0 10) (vorherrschende Form, nach der die Krist'alle tafelig ausgebildet sind), ferner als (1 0 0) urid (0 k E ) (beide sclimal entwiclielt) sowie als (0 0 1) (seltener vorkommend) zu indisieren.

Endlich konnte aus den Kantenlangen a,, b,, c, und den Achseri- winlieln u, f i (=570 gesetzt), y das Volumeri der Elementarzelle zu 349 A 3 und uber die Dicht'e p25 = 1,909 die in ihr enthaltene Anzahl Molekiile, (3. h. Formeleinheiten NaB0,-2H20, zu 3,94 CI 4 berechnet werden.

21,7 23,9 17,3 l9,8 89O/, 8gU/,

I l l . Die Dampfdruckgleichgewichte im System NaB0,-H,O a) Dampfdrucke g e s a t t i g l e r Losungen des T e t r a h y -

d r a t s. Im Hinblick auf die oben beruhrte Erage nach der ZerflieBlich- lieit, bzw-. Verwitterungsneigung des Tetrahydrats interessierten ou- niichst die Dampfdmcke seiner gesgttigten Losungen im Zimmer- temperaturgebiet. Die Xessungen wurden, wie alle folgenden, im Hikrrc'schen Tensieudiometer in tier bei iinseren Arbeiten ent - wickelten Gestalt vorgenommen. Reichlich im ReaktionsgefaW vor- handener, von wenig Nutterlauge durchtrankter feinster Kristalll- schlnmm sowie hinreichende Expositionszeiten sorgten na'ch jedem Temperaturwechsel fiir vollstandige Erreichung der Sat'tigungs- wie der Dampfdruckgleichgewichte, die uberdies noc,h verschiedentlich durch Einstellung von oben und von unten her nachgepriift wurden. Die Raumt'emperatur wurde vvahrend der Messungen 6-6O iiber der des Thermostaten gehalten, uin einer Kondensation an den Innen- wanden des Terisimeters vorzubeugen.

Tabelle 3. Damp f d r u c k e g esiit t i g t e r XaBO, .4H,O - L 6 s u n g + Bode n k o rp e r

In Abb. 10 (S. 188) sind die p-t-Werte (Tabelle 3) als Kurve einge- zeichnet, stuBerdem die Dampfdruckkurve des Wassers, die p-t-Kurven der Daml'fdrnclrpiiffersystenie NaCl + Saccharose + ges. Losung und

H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaB0,-H,O 187

iYaBr-2H2O + ges. Losung [beide nach fruheren Messungenl)] und endlich die p-t-Kurve des Abbauvorgangs

NaB02,4H,0 + NaB02.2H,0 + HeODalnpf (vgl. S. 189, Tabelle 4).

Aus der Lage der Kurven geht hervor, dai3 die Dampfdrucke ge- sattigter 4-Hydratlosung gegenuber reinem Wasser nur wenig er- niedrigt sind (durchschnittlich goo/,, relative SMtigung), daB also 4-Hydrat riicht ,,leichtzerflieBlich" irn ublichen Sinne ist. Das beob- achtete Fe,uchtwerden (8. 171) vorerst trockener Kristalle riihrt viel- mehr von herausdiffundiererideri Mutterlaugeneinschlussen her. Andererseits lassen die p-t-Werte des Zersetxungsvorganges (im Durchschnitt 40% Siittigungsgrad) erkennen, daB NaBO,. 4H,O gegenuber einer Atmosphare mittlerer Feuchtigkeit keineswegs zum Verwittern neigt ; das Trubwerden der Kristallflachen bei der Auf- bewahrung wird durch Eindunst'ung und Ausbluhen der genannten Mut'terlaugenreste hervorgerufen.

SchlieBlich ist der Abb. 10 zu entnehmen, daB zwischen 15 und 30" die p-t- Kurven beider Dampfdruckpuffersysteme in merklichem Abstand sowohl von den Zersetzungsdrucken festen 4-Hydrats wie yon den Dampfdrucken seiner ge- sattigten LBsung verlaufen, soniit beide zum Einregulieren von 4-Hydratpraparaten auf ihren formelgerechten Wassergehalt geeignet wiiren, was in praparativer Hinsicht gelegentlich von Kutzen sein konnte. Als Urtitersubstanz zurn Einstellen von Sauren in der MaBanalyse diirfte Ku'aBOZ.4H,O angesichts der groRen Vorzuge des Borax (Na2B,0,.1UH,0) ka,um in Frage kommen, wohl aber als Material zur Herstellung von Puffergemischen, etwa in Erweiterung der vielgebriiuchlichen Pufferskala H,BO,-Na,B,O, nach der alkalischen Seite ( p ~ ~ o n 0 , l m NaBO, - 11).

b) Der Abbauvorgang NaBO,.4H,O == NaBO,-2H,O +H,OD verlauft im Tensimeter in modellm8Big einfacher Weise zwisehen beiden kristallinen Phasen, d. h. bei gegebener Temperatur in allen Stadien unter pralrtisch gleichbleibendem Druck, ohne daB gegen Ende der Zersetzung irgendwelche verwaschenen Ubergange auf zusatzliche Erscheinungen (z. B. Auftreten fester Losnngen oder anderes) hindeuten. Vielmehr biegt erst, wenn im Bodenkorper der Bruttowassergehalt auf 2 Mol gesunlren ist, die 10-mm-Isobare in scha.rfem Kniek waagerecht aus (vgl. Abb. 11). Die 10-mm-Tempe- rstur betragt an reinstern, aus reiner Losung kristallisiertem Tetra- liydrat 24,8O C ; an anderen, aus iiberschiissig alkalischer Losung ge-

l) Vgl. H. MENZEL u. Mitarb., 2. Elektrochem. 38 (193'2) 292; Z. anorg.

_____

allg. Chem. 224 (1935), 11.

188 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chernie Band 251. 1943

wonnenen Praparateri liegt sip &was hohm (e. H . gernessen 26,O bzw. 27,1° C), ohne da13 dabei aber der sonstige Charakter der hbbau- isobarc verandcrt ist.

L I , 8 I

0 20 40 6U 30 70OoC * Abb. 11. A b b a u i s o b a r e d e s S y s t e m s NaBO,-H,O

Das Endprodukt dieser ersten Abbaustufe stimmt im 12ontgen- diagramm vollkommen mit den BUS Losung kristallisierten Dihydrat- praparaten iiberein (vgl. Abb. 4, i).

H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaB0,-H,O 189

Auf Grund des Zersetzungsgleichgewichtes liiBt sich das Tetra- hydrat auch in groDerem MaBstab im Vakuumexsikkator uber ge- eigneten Trockenmitteln, z. B. 80%iger H2S04, unter Verfolgung der Gewichtsabnahme in Dihydrat iiberfuhren; nur unter der Einwirkung starker wasserentziehender Substanzen, wie konz. SchwefelsZiure oder gar Phosphor(V)-oxyd lauft die Entwasserung weiter.

Auch bei der Extraktion des Tetrahydrats mit flussigem Ammo- niak bei -7780 in dem bekannten MT. BrLTz’schen Geriit geht der Wasserentzug merklich unter 2 Mol. hinaus, verliiuft dann aber zu- nehmend triiger und kommt bei einem Bruttorestgehalt von etwa 1,5 Mol praktisch zum Stillstand. Das Rontgenbild eines solchen Extraktionsproduktes (nach Verdampfen des Ammoniaks) deckt sich noch vollig mit dem des Dihydrates.

Im Zuge der tensimetrischen Analyse des 4-Hydrates wurde in einem mittleren Stadium der ersten Abbaustufe auch die Tempe- r a t u r a b h a n g i g ke i t d e s Z e r s e t z u ng s d r uc ke s aufgenommen ; die p-t-Wertepaare sind in Tabelle 4 susammengestellt und in Abb. 10 (8. oben) eingezeichnet.

Tabelle 4 Zersetzungsdrucke 4- s 2-Hydrat

tOC . . , . . . . . 19,3 22,o 24,8 27,O p mm . . . . . . . 1 6,5 I 8,3 I 10,O 1 11,9 1 Relative SLittigung. . I 39°/0 I 4Z0/, I 43% 45%

An Hand der bekannten Beziehung:

Qo = 4,571- T [1,75.1og T - log p + a. T + 6,48081

unter Einsetzung des Koeffizienten a = - 0,002 (dieser Zahlenwert hat sich im Durchschnitt bei fruheren Untersuchungen an Borat- hydraten immer wieder ergebenl) errechnet sich die Hydratations- warme beziiglich eines Mols H20 zu den gleichfalls in Tabelle 4 ver- zeichneten gut iibereinstimmenden Werten, die im Mittel einen Q,-Wert von 12 550 cal/pdol H,O liefern.

Nach Lage der Dampfdruckkurven (Abb. 10) ist die Riickbildung von 4-Hydrat aus ‘2-Hydrat im Vakuumexsikkator uber einem der beiden Dampfdruckpuffersysteme vorausxusagen. Sie gelang auch im

l) Vgl. H. MENZEL u. H. SCIIULZ, Z. anorg. allg. Chem. 245 (1940), 187. Z. anorg. dg. Chem. Bd. 251. 13

190 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 261. 1943

Verlauf von Monaten uber dem NaBr-2H2O-System. Das bei nahezu 4 Mol H,O angelangte Aufwiisserungsprodukt zeigte eindeutig das Gitterbild des 4-Hydrates (vgl. Abb. 3, b und Abb. 4, c). oberdies ergab es, weil in Form feinsten Pulvers angefallen und keiner Zer- kleinerung vor der Aufnahme bediirftig, scharfe Interferenzlinien zum Unterschied von zerriebenen, am Losung erhaltenen 4-Hydrat- krisballen (vgl. S. 173 und Abb. 3, a).

c) Die a n das 2-Hydra t anschlieBenden Zersetzungs- vorgange. Die Aufkliirung dieses Teilgebietes stieB auf verwickeltere Verhgltnisse. Hierbei handelte es sich in erster Linie um die Fest- stellung, ob das Dihydrat unmittelbar Bum Anhydrid entwassert wird oder eine zwischenliegende wasserarmere Stufe, ein definiertes Monohydrat oder Halbhydrat, durchlauft. Die obengenannten Ent- wasserungsmahahmen bei Zimmertemperatur (konz. H,SO, oder P,OJ f&ren je nach der Expositionszeit zu Ruckstanden mit rund 1 oder weniger H,O auf lNaBO, - nach jahrelanger Behandlung uber P,O, im Vakuum z. B. mit 0,703 Mol H,O -, in deren Rontgen- bildern (Abb. 4, k) neben der fur amorphe Phasen kennzeichnenden diffusen Schwarzung noch eben einige Hauptinterferenzen des Di- hydrats verschwommen zu erkennen sind. Jedenfalls geht daraus hervor, daB das Abbauprodukt des Dihydrates vorerst amorph auf- tritt, wobei iiber seine Zusammensetzung {Hydratstufe) noch nichts ausgesagt werden kann. Wurde jedoch ein solcher Ruckstand mit brutto 0,703 H,O mehrere Wochen bei looo (Siedethermostat) in ver- schlossener Ampulle getempert, so verschwanden die 2-Hydratlinien, und ein neuer Gittertyp trat in Erscheinung (Abb. 4, I ) , der aber nicht dem anhydrischen Monoborat entspricht (vgl. Abb. 4, s--21).

Die Entwgsserung des Dihydrates bei Zimmertemperatur (vgl. S. 189) verlauft ungemein trage. Wurde sie zur Beschleunigung in offenen GefaBen bei Temperaturen von 60° aufwarts (elektrischer Trockenschrank) durchgefuhrt, so wurde die Substanz eigentumlich klebrig, anscheinend zufolge partiellen Schmelzens, und die Wasser- abgabe kam bald zum Stillstand.

Naheren AufschluB konnte erst der isobare Abbau des Di- hydrates im Tensimeter erbringen. Die Abbaukurve des 4-Hydrates (Abb. 11) biegt nach Erreichen der 2-Hydratstufe in scharfem Knick horizontal am, und man mu13 zunachst die Temperatur auf mindestens 75-80° steigern, bis sich mit groBer Verzogerung allmahlich die ersten Millimeter Druck einstellen. Sind aber durch dieses anfangliche

H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaBO,-H,O 191

,,Schmoren" erst ma1 die Reaktionshemmungen iiberwunden worden und ist die Zersetzung in Gang gekommen, so ateigt der Dampfdruck zusehends an, und im Verfolg der 10-mm-Isobare mu6 die Bad- temperatur entsprechend gesenkt werden. Die ersten beiden 10-mm- Einstellungen vollzogen sich bei etwa 62 b m . 59O; sie nahmen, wie alle folgenden jeweils eine geraume Zeit von 6-8 Wochen in An- spruch und wurden als praktisch beendet hingenommen, wenn wahrend der letaten 15 Tage bei festgelegter Temperatur die Tensionen inner- halb 0,2 mm unvergndert blieben. Unter diesen erschwerenden Um- standen konnen die festgestellten p-t-Wertepaare bestenfalls als an- genaherte, aber entfernt nioht als endgiiltige Gleichgewichte erachtet werden. Die folgenden Teilvorgange konnten wohl der Nachhilfe durch ,,Schmoren" entbehren, blieben aber im wesentlichen von gleicher Tragheit und liefer ten et was tief erliegende 1 O-mm-Tempe- raturen (58 und 56"). Bei rund 56O unter angenahert 10mm ging der Abbau bis auf etwa 0,9 H,O Restgehalt im Bodenkorper. Sowohl der eigentumliche Temperaturverlaufl) wie uberhaupt die ungemein verzogerte Druckeinstellung Iassen uns in Verbindung mit Erfahrungen am gleichen wie an anderen Objekten vermuten, da13 primar das Zer- setzungsprodukt in einer amorphen, d. h. energiereicheren Form (kleinere Drucke, hohere 10-mm-Temperaturen) auftritt, die nur sehr trage ihrem stabilen kristallinen Endzustand zustrebt. Etwa vom Stadium mit 0,9 Mol Restwasser im Bodenkorper ab steigt die 10 mm- Temperaturallmahlich wieder an: 0,78 HzO -590,0,66 H,O -64O; end- lich entwickelt sich bei 66O uber dem Ruckstand mit 0,61 H,O nur mehr ein Druck von 5 mm, der auch bei Temperaturerhohung auf nahezu 1000 nicht merklich zunimmt, einem angenahert horizontalen Ast der Isobaren im Anlaufen einer definierten Abbaustufe entsprechend. Im Stadium mit rund 1 Mol Restwasser zeigt der Bodenkorper schon sehr deutlich im Pulverdiagramm (Abb. 4, m) den vorerwahnten neuen Gittertyp; im Endzustand mit 0,61 H,O (Abb. 4, n) in besonders scharfer Auspriigmg. Dieser rontgenographische Befund im Verein mit dem Gang der Zersetzungskurve (Abb. 11) und auch der Tat- sache, da13 im System Na,O-B,O,-H,O [SBORGI~) und Mitarbeiter] kein 1-Hydrat, wohl aber ein 0,5-Hydrat oberhalb 40° als Losungs- bodenkorper erkannt worden ist , berechtigen zur Feststellung, daS die thermische Zersetzung des Zweihydrates, wennschon unter kom-

1) Soweit das anfiingliche Maximum nicht uberhaupt der hiiufig be- obachteten Behmderung im Zersetzungsbeginn intakter Kristallgitter ent spricht.

a) U. SBOROI, Gazz. chim. ital. 82 (1932), 3. 13*

192 zeitschrift ftir anorganische und allgemeke Chemie. Band 251. I943

plizierenden Verhliltnissen, auf ein definiertes kristallines H a1 b - h y d r a t hinlauft. Die starke ,Behinderung des Vorgangs wird wahr- scheinlich durch tiefgreifende strukturelle Unterschiede zwischen beiden kristallinen Phasen verursacht, die dem unmittelbaren aber- gang des Dihydratgitters in das des Halbhydrates entgegenstehen, wiihrend die Abbaureaktion zwischen 4- und 2-Hydrat unbehindert und umkehrbar vor sich geht.

Sofern man fur den ProzeB 2- tc O,5-Hydrat eine mittlere 10-mm- Temperatur von rund 56O annehmen darf, ergibt sich nach bekanntem Ansatz eine ungefahre Hydra t a t ionswarme Q0 von 13,9 Kcal je Mol H,O.

Die Riicklaufigkeit der Zersetzung 2- + 0,5-Hydrat konnten wir durch Anwassern eines Halbhydrates (Abbauruckstand des Tensi- meterversuchs) bei Zimmertemperatur irn Vakuumexsikkator uber dem Dampfdruckpuffersystem MgC1, . 6H20 + ges. Losung fest- stellen; Naheres s. oben S. 184 u. Abb. 4, i.

Im vorliegenden Zusammenhang interessierte noch die Nach- priifung, ob die als Halbhydrat erkannte Abbaustufe aus fester Phase mit dem von U. SBORGI~) angegebenen Bodenkorper hochalka- l ischer Losung oberhalb 40° identisch ist. Zu diesem Zwecke wurde nach den SBoRGI’schen Diagrammen (vgl. s. 10 u. 12 im Original) ein bei 60° inmitten des Halbhydratexistenzgebietes liegendes System mit 36% Na,O 6% B,O, und 5S0/, H,O herausgegriffen und Bus 100 g einer besonders starken ollauge mit 41,4% Na,O; 12 g H,BO, und 10 g NaBO,.2KO angesetzt, so da13 nach vollstandiger Um- wandlung des leteteren in Halbhydratbodenkorper unter Abgabe von 1,5 Mol H,O die Mutterlauge auf die vorgenannte Zusammensetzung kommen mukite. Dieser Ansatz wurde in verschlossener Ampulle im 60°-Thermostaten geschuttelt. Die beiden zugegebenen Feststoffe losten sich alsbald in der starken Lauge auf, ohne daB aber nach 14 tagigem Schutteln spontan ein neuer Bodenkorper auskristalli- sierte. Nunmehr wurde der Ampulleninhalt mit einer Wenigkeit des Halbhydrates vom Tensimeterabbau geimpft und die Ampulle weiter bei 60° geschuttelt. Nach wenigen Tagen setzte eine zu- nehrnende Kristallisation ein; nach 10 Tagen wurde von dieser eine Probe entnommen, unter Mutterlauge fein zerrieben und in gewohnter Arbeitsweise der feine Kristallschlamm in Markrohrchen eingefullt.

l) U. SBORCI, Gazz. chim. ital. 62 (1932), 3.

H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaEQ-H,O 193

Die D ~ ~ ~ ~ - A u f n a h m e (Abb. 4,0) lieferte eindeutig das gleiche Dia- gramm wie unsere vorherigen Halbhydratpriiparate m, rz ; somit konnte der von SBORGI erkannte Losungsbodenkorper mit unserem tensimetrischen Abbauprodukt ident isch sein.

Neben diesem nunmehr sichergestellten und durch sein Gitterbild (Abb. 4, I+) charakterisierten Halbhydrat existiert unter gleichen Bedingungen noch eine weitere kristalline Phase, moglicherweise eine zweite Modifikation des Halbhydrates, der wir gelegentlich begegneten, ohne sie bisher naher verfolgen zu k6nnen. Indem wir ein bei gewohnlicher Temperatur iiber P,O, auf weniger als 1 Mol H20 ab- gebautes 2-Hydrat im offenen Platintiegel bei rund 200° oder im geschlossenen Vakuumgertit bei 120° in Verbindung mit einem P,O,-GefiiB rasch auf ziemlich genau 0,5 Restmol H,O entwlsserten, ergaben beide Riickstande ein nahezu iiber- einstimmendes, vom bisherigen Halbhydrat abweichendes neues Diagramm (Abb. 4, p und q). Mit diesem Produkt wurde ein Ansatz wie oben aus 100 g a n Na,O 41,4O/&ger Ollauge, 12 g H,BO, und 10 g 2-Hydrat nach volligem Auf- losen bei 60° geimpft; auch hier trat wahrend 14tagigem Schiitteln bei 60° eine reichliche Kristallabscheidung ein, die, unter Mutterlauge feinst zerrieben und der Rontgenaufnahme unterworfen, das gleiche Gitterbild ergab wie der an- gewandte Impfstoff (Abb. 4, r).

In der ErwBgung, da8 bei Existenz meier Modifikationen des Halb- hydrats nur die eine bei der Bildungstemperatur (600) stabil sein kann, wurden die beiden Kristallisationen gleichen Ansatzes, aber unterschiedlicher Struktur samt Mutterlauge zusammengegeben und erneut 3 Wochen lsng in verschlossener Ampulle bei 600 geschiittelt. Daraufhin erwies sich der resulticrende Bodenkorper in der mikroskopischen AI aicht als einheitlich und lieferte ein mit 7 iibereinstimmendes Pulverdiagrar .m. Demnach ware ein Halbhydrat dieser Struktur als 600-Losungsbodenkorper stabil gegenuber dem erstgenannten vom Gitterbild 0. Letztere Form scheint hingegen nach allen unseren Erfahrungen als Zersetzungsprodukt in den heterogenen Systemen Bdk. -t Dampfraum die stabile Halbhydratphase zu bilden. Jedoch bediirfen diese nur eben angeschnittenen Sachverhalte noch weiterer Untersuchung.

Die l e t z t e Zersetzungsstufe Halbhydra t =F Aniiydrid konnte a m liul3eren Griinden nicht in der bisheliigen Weise tensi- metrisch verfolgt werden, nachdem orientierend festgestellt wordcn war, daB die 10-mm-Temperaturen verhiiltnismtiBig hoch liegen und die Druckeinstellungen wiederum sehr verzogert sind. Hier be- gniigten wir uns mit einigen groberen Orientierungen.

Die weitgehende Entwasserung von Praparaten mit rund oder reichlich 0,5 Mol H,O im elektrischen Ofen vollzieht sich erst wesent- lich oberhalb looo. Beim mehrtagigen Erhitzen im offenen Pt-Tiegel auf 350° geht der Wassergehalt auf etwa 0,l Mol zuriick; der Ruck- stand kfit im DEBYE-Diagramm neben restlichen Halbhydratlinien

194 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 261. 1943

bereits deutlich die Interferenzen des Anhydrids erkennen (Abb. 4, t) , die im nahezu wasserfreien Zersetzungsprodukt von 500° (0,03 H20) an Deutlichkeit zunehmen (Abb. 4, u) und mit denen eines aus seiner Sohmelze [Schmelzpunkt 965O nach MOREY und MERWIN~)] kristalli- sierten Anhydrids (Abb. 4, u) im wesentlichen ubereinstimmen. Aller- dings treten im Gitterbild des Ietzteren einige Linien kleiner Glanz- winkel auf (in Abb. 4, v mit Pfeilen bezeichnet), die in den Diagrammen der vorangehenden Praparate noch nicht ersichtlich sind.

Eine praktisch vollstandige Entwasserung des Halbhydrates zum Anhydrid gelingt im Vakuum gegeniiber Phosphor(V)-oxyd auch bei wesentlich t ieferen Temperaturen. So erweist sich ein auf diesem Wege im Lauf von 4 Tagen bei 170° gewonnenes Abbauprodukt mit 1,30°/0 -0,048 Mol H20 rontgenographisch - vgl. Abb. 4, s - als kristallines Anhydrid. In amorphem Zustand haben wir anhydrisches NaBO, nicht fassen konnen.

IV. Zur Konstifution des Natriummonoborates

Mit den bisher gebrauchten Formulierungen NaBO,. 4H,O; NaBO,. 2H20 usw. sollte zuniiohst nur die Bruttozusammensetzug dieser Verbindungen ausgedruckt werden, noch nicht aber ihre niihere Konstitution, etwa ihre MolekulargroBe bzw. - da bei solchen zweifellos in Ionengittern aufgebauten Salzen der Molekularbegriff seinen Sinn verliert - die GroBe ihrer Anionen, der Assosiationsgrad ihrer Komplexe. Endgiiltige Aussagen uber die Konstitution sind erst vollstandigen Strukturanalysen der einselnen Hydratindividuen im System NaB02-H,0 zu entnehmen; bis heute liegt lediglich eine solche des anhydrischen Sakes vor.

Nach Ssu MIEN FANG.*) ist im hexagonalen Gitter des NaBO, jedes Boratom von 3 Sauerstoffatomen umgeben, die die Ecken ekes nahezu gleichseitigen Dreiecks besetzen. J e drei solcher B0,-Dreiecke treten durch gemeinsame O-Atome zu ringformigen Radikalen der Zusammensetzung (B,0,)3- zusammen, Abstand B-0 = 1,3 A, wiLhrend jedes Natriumion inmitten von 7 Sauerstoffatomen mit einem mittleren Na-O-Abstand von 2,53 11 gelagert ist. Diesem Aufbau entspricht daher die Formulierung Nas(BsOs), nicht sber die vielfach benutzte dimere Na,B,O,. Uberdies hat vorher schon W. H. ZACHARIASEN~) ganz analoge Strukturverhiiltnisse am anhydrischen Kaliummonoborat (= Ks(Bs06) !) festgestellt.

1) G. W. MOREY u. E. H. MERWIN, J. Amer. chem. SOC. 68 (1936), 2250. 2) SSU MIEN FANG, Z. Kryst. Abt. A 99 (1938), 1. a) W. H. ZACHARXASEN, J. chem. Physics G (1937), 919.

H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaB0,-H,O 195

Unter den niichstliegenden Formulierungen der Monoborat- h y d r a t e NaBO,.aq oder Na,B,O,-aq hatte der eine von uns (H. MENZEL)~), wie schon eingangs erwahnt, der monomeren auf Grund kryoskopischer Messungen an NaB0,-, sowie an LiB0,- und KB0,-Losungen den Vorzug gegeben. Innerhalb der untersuchten Konzentrationen (bis 0,33 m NaBO,, wo i = 1,66 und bis 1,03 m KBO,, dort i = 1,SO) liegen die molaren osmotischen Konzentra- tionen i im Rahmen derjenigen binarer 1-1-wertiger Elektrolyte,).

Nachdem die Gefrierpunktsmessungen an NaBO, nunmehr von nns in wesentlich hohere Konzentrationen bis zum Kryohydratpunkt ausgedehnt worden sind (vgl. S. 178) haben wir aus den A-Werten der Tabelle 2 die GroBen i (i = A/E.m) berechnet, daraus die je- weiligen fur rundzahlige Konzentrationen graphisch interpoliert und letztere in Tabelle 5 den entsprechenden i-Werten anderer (binlrer) Elektrolyte gegeniibergestellt. Wie Tabelle 5 zeigt, unterschreiten die GroBen i der NaB0,-Losungen mit steigender Konaentration merklich diejenigen der KCI- und NaC1-Losungen, was auf zunehmende Aggre- gationen schlief3en lieBe. Allerdings liegen die molaren osmotischen Konzentrationen von NaBO, bis zum Endpunkt der Versuchsreihe (dicht am Kryohydratpunkt) immer noch wesentlich hoher a h bei Losungen der Alkalisalze zweibasischer Siiuren entsprechender Nor- malitat des Kations, wie sich zahlenmiil3ig etwa an Sulfaten, Sulfiten, Carbonaten belegen laBt. Bei der Diskussion unserer fruheren Mes- sungens) haben wir aber bereits ausgefiihrt, da8 Alkalihalogenide in mehrfacher Hinsicht keine geeigneten Vergleichsobjekte fur Alkali- monoborate als hydrolysierende Salze einer schwachen Sauerstoffsiiure darstellen. Deshalb sind auch in Tabelle5 noch die i-Werte von Kaliumhydrogencarbonat (KHCO,) aus Messungen von F. FOERSTER, A. BROSCRE und CH. NORBERO-SCHULZ~) verzeichnet, die ebenfalls unterhalb derer von KC1 und NaCl verlaufen, von denen des NaBO, aber nur wenig differieren. So wenig Zweifel an der Natur der Alkali- hydrogencarbonate als binlrer Elektrolyte bestehen, liegt also auch

1) H. MENZEL, Z. anorg. allg. Chem. 164 (1927), 43f.; 166 (1927), 92. a) Gegen den von P. WALLDEN, [ Z . phys. Chem. 1 (1887), 6941 &US

Leitfiihigkeitsmessungen gezogenen SChluD auf die zweibasische Natm der Metaborsiure hat der eine von Uns (H. MENZEL) bereits friiher [Z. anorg. dig. Chem. 164 (1927), 271 Stellung genommen.

3, H. MENZEL, Z. anorg. allg. Chem. 184 (19271, 43f.; 166 (1927), 92. 4 ) F. FOERSTER, A. BROSCHE u. CH. NORBERO-SCHULZ, Z. phys. Chem.

110 (1924), 493.

196 Zeitschrift fiir anorgrtnische und allgemeine Chemie. Band 251. 1943

Mol je 1ooogH20

i NaBO, I NaCl I KC1 I KHCO,

0,3 m 1,66 1,84 0,5 m 1,58 I 1,82 1,0 m 1,46 1,81 1,5 m 1,38 1 - 2,O m 1,35 -

') A. FEKSARI u. Mitarb., Gazz. chim. ital. 69 (1938), 21; 69 (1939), 275, 284. 2, P. H. HERMANS, Z . anorg. dlg. Chem. 142 (1925), 83, 399. ") H. MENZEL, Z. snorg. allg. Chem. 166 (1927), 92f.

1,82 1,71 1,80 1,67 1,75 1,57 - 1,48 - 1,43

196 Zeitschrift fiir anorgrtnische und allgemeine Chemie. Band 251. 1943

jetzt noch kein zwingender Grund vor, NaBO, als ternaren Elektro- lyten zu betrachten und das Monoboration entgegen unserer fruheren luffassung in dimerer Form als B,O," zu schreiben.

Tabelle 5. i - W e r t e von NaB0,- u n d a n d e r e n Losungen

Vor wenigen Jahren haben A. FERRARI und Mitarbeiterl) im Rahmen ihrer Polyboratstudien die Konstitution der Alkalimono- borate behandelt. Auf Grund ihrer Befunde an den Boraten des Thallium(1)-Ions als eines elektrostatisch schwachen, nicht hydratisierten Kations haben sie eine allgemeine Strukturformel H,B,O, + nH,O fur die in Form ihrer Salze vorkommenden BorsLuren aufgestellt, aus der sich fur den Sonderfall der Monoborate, gestutzt auf die Verbindungen Tl,B,O,- R,O, Ag,B,O,- H,O, PbB,O,. H,O die Typen H,B,O,. H,O bzw. Me1,B,O4. H,O bzw. MeI,[B,O,. H,O]aq ergeben. So ubersichtlich auch die uber die Alkali-, Ammonium- und Tetraalkylammoniumborate erstreckten Erorterungen der italienischen Autoren die Mannigfaltigkeit der Verbindungsklasse in formaler und stochiometrischer Hinsicht nach einem einheitlichen Prinzip zu ordnen und insbesondere den ,,Kristallwassergehalt" der Alkali- usw. -borate nach Hydratisierung des Kations, Wasserbindung des Borations und anderswie im Gitter untergebrachtem Wasser zu differenzieren suchen - einGesichtspunkt, der bei friiheren Formulierungen der Borate durch P. H. HER MANS^) und durch H. MENZEL~) nicht geniigend kritisch berucksichtigt wurde und zu deren entsprechender Revision auf- fordert -, hegen wir doch Bedenken, aus solch summarischer Formel MeIZB2n03n+l-n (bzw. n + 2)H,O ohne weiteres Schlusse auf den individuellen Aufbau einzelner Salze, insbesondere auf ihre Molekul- bzw. KomplexgrdBe zu ziehen. Wir begrunden dies zunachst am Beispiel eines A 1 k ali p e n t a b o r a t e s (KB,O,. 4 H,O).

') A. FEKSARI u. Mitarb., Gazz. chim. ital. 69 (1938), 21; 69 (1939), 275, 284. 2, P. H. HERMANS, Z. anorg. dlg. Chem. 142 (1925)) 83, 399. ") H. MENZEL, Z. snorg. allg. Chem. 166 (1927), 92f.

H. Menzel u. H. Schulz. Das System NaB0,-H,O 197

Mit dem Formelbild

hat HER MANS^) die nachweislich sehr feste Bindung von 4 Moll. H20, die Ein- basischkeit des Pentaboratkomplexes und die Unterschiedlichkeit der Boratome (vier dreizahlige und ein ladungbestimmendes koordinetiv vierz&hliges!) zum AUS- druck bringen wollen. FERRARI u. Mitarb. fassen gemiin ihrer generellen Formel das Salz als K,(H,0)2[Bl,0,B~ 5H,O].H,O auf, wobei iibrigens noch experimentell auprufen wiire, ob sich der Wassergehalt in diesem Sinne unterschiedlich verhiilt. Im gleichen Jahre hat W. H. ZACHARIASEN~) die Strukturanalyse des Pentaborates mitgeteilt: Nach ihr ist das Gitter aus Radikalen (B,O,,)& der Form aufgebaut :

~ > % O O-B<O 0 O>&O>B<O-B<

mit einem B0,-Tetraeder als Kern, wahrend weitere 4Boretome je ein B0,-Dreieck bilden, wobei je zwei von diesen eine Sauerstoffecke gemeinsam haben. Von den 10 Sauerstoffatomen des Badikals sind jeweils G an 2 Boratome gebunden, die vier anderen sind durch Wasserstoff briicken mit analogen Sauerstoffen benach- barter Radikale verkniipft, so daB jedem Radikal noch mwei Wasserstoffatome zuzuordnen sind, wahrend die weiteren formelgemal3 vorhandenen Sauerstoff- atome nicht an Bor gebunden sind, sondern - 2 je Radikal - mit den iibrigen Wasserstoffen 2 Hydroniumionen bilden, die ihrerseits in Relation zum Kaliumion stehen. Demnach ist das Kaliumpentaborat als einbasisches Salz einer Polybor- &ure mit 5 Boratomen im Anion aufzufassen; von diesem tatsachlichen Struktur- bild KH2(H30)$,0,,, bleibt die von FERRARI und Mitarbeitern getroffene Formu- lierung sowohl nach der postulierten Anionengrbne [Bl,,O,,. 5H20l2- wie in der Zuordnung der Wassermolekule weit entfernt. DaB ihm hingegen das von HER- MAKS aufgestellte und weiter von einem von uns (MENZEL) vertretene vorliiufige Formelbild verhiiltnismii5ig nahekommt, wennschon es die Rolle der 4H,O nicht richtig wiedergibt, lehrt ohne weiteres der Vergleich der Schemata1 und 11.

Zuruckkommend auf die Konstitution der Natr iummonoborat- Hydra te : Irn Gegensate zu unserem Formelbild NaBO,-aq von 1926 erfordert die Arbeitshypothese FERRARIS die Formulierung Na,[B,O,- H,O]. aq (fur Halbhydrat also Na,B,O,- H,O), als Gitter- bausteine somit dimere Anionen B,O,-H,O ” an Stelle von BO,’, HJ303’ oder H,BO,‘. Irgendwelche eindeutigen Beweise fur die GroBe des Monoboratanions im Gitterverband stehen noch aus. Die Verhdtnisse in waBriger Losung ewingen, wie oben gezeigt, nicht zur Annahme der dimeren Form, ebensowenig die Existenz des Halb- hydrates NaB0,-0,5H,O, da nach heutigen Vorstellungen die gitter- mal3ige Unterbringung ekes Halbmolekiils Wasser auf ein monomeres

P. H. HERMANS, 2. anorg. allg. 142 (1925), 83, 399. 2, W. H.ZACEIWASEN, Z. Kryst. Abt. A 98 (1938), 266.

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Anion bzw. eines H,O-Molekiils gegenuber zwei Anionen auf keine grundsatzlichen Schwierigkeiten stoBt [vgl. die Struktur des Calcium- sulfathemihydrates Ca SO,. '/, H,O 31. Eine endgultige Entscheidung der noch offenen Konstitutionsfrage wird erst die vollstandige Strukturanalyse der NaB0,-Hydrate erbringen.

Die vorstehend berichteten Untersuchungen sind zum groderen Teil von meinem Mitarbeiter, Dr.-Ing. HANS SCHULZ (Diss. Dresden 1936) praktisch durchgefuhrt, nach dessen tragisch-fruhem Heimgang (Januar 1939) und einer langeren Unterbrechung aber noch wesent- lich fortgesetzt und erweitert worden. Hierbei hat mir im letzten Halbjahr in dankenswerter Weise Herr cand. chem. JOHANNES ADAM experimentelle Hilfe geleistet, mit Sorgfalt alle photographischen Arbeiten ausgefuhrt und die Abbildungen zum Text hergestellt.

Der Gesellschaft von Forderern und Freunden der Tech- nischen Hochschule Dresden bin ich fur die Beschaffung von Material und Gerat wiederum zu Dank verbunden. H. MENZEL.

Zusammenfassung

1. Auf Grund des Zustandsdiagramms des Systems Na,O-B,O,- H,O wurden sichere D a r s t e l lu ng s v e r f a h r e n d e s N a t r i u m m o no - borat-4-Hydrates sowohl aus reiner wie aus uberschussig alkalischer Losung ausgearbeitet. Hierbei wurden verschiedene Eigentumlich- keiten des kristallisierten Tetrahydrates beobachtet. Die Dichte eso betragt 1,743 5 0,003.

2. Das Tetrahydrat wurde im Hinblick auf die bisherigen liicken- haften und ungenauen Bearbeitungen eingehend k r is t allog r a p his c h untersucht. Es kristallisiert in der pinakoidalen Klasse des triklinen Systems. Die Kristallelemente wurden neu bestimmt : Achsen- verhaltnis a: b : c = 0,70343: 1 : 0,58698, Achsenwinkel a = 101O 9', fi = 102O 7', y = 107O 55'; an 13 vermessenen Kristallen wurden 22 Formen, durchweg Pinakoide, darunter 8 haufig vertretene, fest- gestellt. Einige kristalloptische Daten wurden ermittelt.

3. An Losungen des Tetrahydrates wurden die Gefrierpunkts- depressionen bis zum Kryohydratpunkt (- 5,77O) bestimmt und damit die von anderer Seite aufgestellte Loslichkeitspolytherme des Natriummonoborats um den Kurvenast zwischen Eis- und &yo- hydratpunkt erganzt.

1) Vgl. Strukt.-Ber. 3 (1937), 97, 443; 4 (1938), 177.

H. Menzel u. H. Sohulz. Das System NaB0,-H,O 199

4. Zur Darstel lung kristallisierten Dihydra ts wurden an Hand der Zustandsverhaltnisse geeignete Methoden aufgestellt und dessen Dichte ezS zu 1,909 +0,006 bestimnt. An so gewonnenen wohl ausgebildeten Einkristallen konnten einige erste kristallogra- phische Orientierungen getroffen werden. Nach vorlaufigen rontgeno- graphischen Feststellungen kristallisiert das Dihydrat im triklinen System; Achsenverhiiltnis a,: b, : c, = 0,5573: 1 : 0,6421 ; Achsenwinkel tc = 91,O & O , P , B -- 57 & lo, y = 91,5 f 0,5O. Die Elementarzelle mit den Kanten u, = 5,86 A, b, = 10,51 A, c, = 6,75 A enthalt 4 Formeleinheiten NaBO, . 2E40.

5. Die Messungen der Dampfdrucke gesattigter 4-Hydrat- losungen sowie der Zersetzungsdrucke 4- + 2-Hydrat erwiesen, daB Vierhydrat weder leicht zerflieBlich ist, noch leicht verwittert - das Feucht- bzw. Triibwerden seiner Kristallflachen an der Luft wird durch herausdiffundierende Mutterlaugeneinschlusse verursacht -, und lieBen geeignete Dampfdruckpuffer zum Einstellen des 4-Hydrates auf formelgenauen Wassergehalt auffinden.

Der tensimetrische Abbau des Tetrahydrats fiihrt in modell- maBig einfachem Verlauf der Isobare (10 mm bei %,go) reversibel zu kristallinem Dihydrat ; aus den p-t-Werten des Vorgangs berechnet sich die Hydratationswarme &, zu 12,55 Kcal je Mol H,O.

Unter stiirker wasserentziehenden Mafinahmen - Extraktion mittels fliissigen Ammoniaks, Einwirkung von Trockenmitteln im Vakuumexsikkator bei Zimmertemperatur - geht die Entwiisserung iiber das Dihydrat hinaus; uber Pz05 beispielsweise fiihrt sie bei langdauernder Exposition zu praktisch amorphen undefinierten Riick- standen mit weniger als 1 Mol Wasser auf 1 NaBO,.

Beim Abbau im Tensimeter bei hoheren Temperaturen wird Zweihydrat auf dem offensichtlichen Umweg iiber eine amorphe Phase unter ungemeiner, wohl durch strukturelle Eigentumlichkeiten der beteiligten beiden Hydrate verursachter Verzogerung reversibel in ein kristallines E a l b h y d r a t ubergefiihrt. Wennschon hier keine endgiiltigen Gleichgewichte gefaBt werden konnten, lieS sich die durchschnittliche 10-mm-Temperatur grob angenahert zu etwa 56O feststellen und die ungefahre Hydratationswarme des Vorgangs Qo zu 13,9 Kcal/Mol H,O abschatzen. Das gleiche Halbhydrat tritt auch als (wahrscheinlich metastabiler) Bodenkorper hochalkalischer Losungen oberhalb 40, auf.

I n einer letzten Zersetzungsstufe geht das Halbhydrat bei wesent- lich gesteigerter Temperatur (oberhalb 150,) in ein krietallines An-

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hydrid uber, das in der Gitterstruktur bis auf einige fehlende Inter- ferenzen kleiner Glanawinkel mit dem aus seiner Sohmelze erstarrten Monoborat ubereinstimmt.

6. Die Konstitution der Natriummonoborathydrate wurde an Hand der kryoskopischen Befunde erortert ; fur die von anderer Seite vertretene dimere Formulierung Na,(B,O,. H,O)aq wurde kein zwingender Grund erkannt.

Dresden, Technische Bochschude. Imtdut fiir Anorganische und Anarganisch-technische Chemie. Mineralogisches und geologisches Institut.

Bei der Redaktion eingegangen am 6. Dezember 1942.