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A. Kurtenacker, W. Finger u. F. Hey. I. Normale u. saure Fluoride 83 Zur Kenntnis der Fluoride zweiwertiger Metalle 1. Die normalen und sauren Fluoride Von A. KURTENACKER, W. FINGER und F. HEY Mit 5 Figuren im Text Uber die Fluoride der zweiwertigen Metalle der Nickel-, Kupfer- Zinkgruppe und ihre Doppelverbindungen mit Fluorwasserstoff, Ammonium-, Kalium-, Natriumfluorid finden sich in der Literatur nur recht unvollstiindige, einander zum Teil widersprechende Angaben. Zur Klarung der Verhiiltnisse unternahmen wir eine niihere Unter- suchung. Hauptsachlich sollte durch Anfnahme der Losungsgleich- gewichte festgestellt werden, welche von den in der Literatur an- gefuhrten Verbindungen tatsachlich existieren und unter welchen Bedingungen diese Verbindungen neben den gesattigten Losungen bestandig sind. In der vorliegenden ersten Mitteilung berichten wir uber die Ergebnisse, die wir fur die normalen und die sogenannten sauren Fluoride erhalten haben. Die Versuche beziehen sich auf die Fluoride von Nickel, Kobalt, Zink, Cadmium, Mangan und Kupfer. 1. Die normalen Metallfluoride wurden durch Einwirkung starker FlulSsaure auf die Metallcarbonate hergestellt. Dabei er- hielten wir die Fluoride von Nickel, Kobalt und Zinli als 4-Hydrate, Kupferfluorid als a-Hydrat, Cadmium- und Manganfluorid wasserfrei. Die von COSTACHESCU~) beschriebene or-Modifikation des Kobalt- fluorid-4-hydrates wurde nicht beobachtet, auch gelang es nicht, die in der Literatur angefuhrten 3- und 2-Hydrate von Kobalt und Nickelz) darzustellen. Nach dem Verlauf der Loslichkeitskurven scheinen cliese Hydrate nicht zu existieren, zum mindesten treten 1) N. COSTACHESCU, Ann. scient. Univ. Jassy 7 (1911), 5; Chem. Zbl. 1911, 11, 747. 2, NiF2.3H,O vgl. bei F. W. CLARKE, Am. Journ. Science (Sill.) 13 (1877), 291; Jahrb. 1877, 268; CoF2.3H,0 bei G. L. CLARK u. H. K. BUCKNER, Journ. Am, chern. SOC. 44 (1922), 230; NiF2.2H20und CoF,-2H20 bei J. J. BERZELIUS, Pogg. Ann. 1 (1824), 26 und I. TANANAJEW, Journ. chim. Ukraine (russ.), wiss. T. 5 (1930), 94; GMELM’S Handb. anorg. Chem. 8. Aufl., System Nr. 58, S. A 265. BERZELIUS analysierte seine Kobalt- und Nickelfluoride nicht, sondern schlol3 auf ihre Zusarnmensetzung aus der Analyse des gleichartig gewonnenen Kupferfluorides, CuF,. 2H20. 6*

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A. Kurtenacker, W. Finger u. F. Hey. I. Normale u. saure Fluoride 83

Zur Kenntnis der Fluoride zweiwertiger Metalle

1. Die normalen und sauren Fluoride Von A. KURTENACKER, W. FINGER und F. HEY

Mit 5 Figuren im Text

Uber die Fluoride der zweiwertigen Metalle der Nickel-, Kupfer- Zinkgruppe und ihre Doppelverbindungen mit Fluorwasserstoff, Ammonium-, Kalium-, Natriumfluorid finden sich in der Literatur nur recht unvollstiindige, einander zum Teil widersprechende Angaben. Zur Klarung der Verhiiltnisse unternahmen wir eine niihere Unter- suchung. Hauptsachlich sollte durch Anfnahme der Losungsgleich- gewichte festgestellt werden, welche von den in der Literatur an- gefuhrten Verbindungen tatsachlich existieren und unter welchen Bedingungen diese Verbindungen neben den gesattigten Losungen bestandig sind. In der vorliegenden ersten Mitteilung berichten wir uber die Ergebnisse, die wir fur die normalen und die sogenannten sauren Fluoride erhalten haben. Die Versuche beziehen sich auf die Fluoride von Nickel, Kobalt, Zink, Cadmium, Mangan und Kupfer.

1. Die no rma len Meta l l f luor ide wurden durch Einwirkung starker FlulSsaure auf die Metallcarbonate hergestellt. Dabei er- hielten wir die Fluoride von Nickel, Kobalt und Zinli als 4-Hydrate, Kupferfluorid als a-Hydrat, Cadmium- und Manganfluorid wasserfrei.

Die von COSTACHESCU~) beschriebene or-Modifikation des Kobalt- fluorid-4-hydrates wurde nicht beobachtet, auch gelang es nicht, die in der Literatur angefuhrten 3- und 2-Hydrate von Kobalt und Nickelz) darzustellen. Nach dem Verlauf der Loslichkeitskurven scheinen cliese Hydrate nicht zu existieren, zum mindesten treten

1) N. COSTACHESCU, Ann. scient. Univ. Jassy 7 (1911), 5; Chem. Zbl. 1911, 11, 747.

2, NiF2.3H,O vgl. bei F. W. CLARKE, Am. Journ. Science (Sill.) 13 (1877), 291; Jahrb. 1877, 268; CoF2.3H,0 bei G. L. CLARK u. H. K. BUCKNER, Journ. Am, chern. SOC. 44 (1922), 230; NiF2.2H20 und CoF,-2H20 bei J. J. BERZELIUS, Pogg. Ann. 1 (1824), 26 und I. TANANAJEW, Journ. chim. Ukraine (russ.), wiss. T. 5 (1930), 94; GMELM’S Handb. anorg. Chem. 8. Aufl., System Nr. 58, S. A 265. BERZELIUS analysierte seine Kobalt- und Nickelfluoride nicht, sondern schlol3 auf ihre Zusarnmensetzung aus der Analyse des gleichartig gewonnenen Kupferfluorides, CuF,. 2H20.

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sie neben den wa13rigen Losungen zwischen 20° nnd 100° nicht als stabile Bodenkorper auf.l) BILTZ, RAHLFS,) und N U K A ~ ) stellten Manganfluorid aul3er in der wasserfreien Form auch in Form von leicht zersetzlichem Tetrahydrat her. NUKA gewann aul3erdem das Cadmiumfluorid als Dihyclrat. In unseren Loslichlieitsversuchen in den Systemen MnF,(CdF,)-HF-H,O bei 20° blieben die als Boden- korper angewandten wasserfreien Fluoride unverandert. Offenbar vermogen diese Fluoride wegen ihrer hohen Gitterenergie im Sinne der Theorie von BILTZ nur auBerst langsam Wasser unter Hydrat- bildung aufzunehmen.

2. Die sogenannten s a u r e n Meta l l f luor ide : BOHM~) erhielt beim Eindunsten der fluhauren Losungen von Kupfer-, Kobalt- oder Nickeloxyd gut ausgebildete Kristalle, die er auf Grund der durchgefuhrten Analysen als saure Fluoride von den Formeln CuF,.5HF.5H20 bzw. Co(Ni)F2.5HF.6H,0 ansah. EDMISTER und COOPER^) bestatigten die Befunde BOHM’S bezuglich der Kobalt- und Nickelsalze, sie schrieben aber auch dem Kupfersalz und einem gleichartig gewonnenen Mangansalz die Formel MeF,-5 H F - 6 H 2 0 zu. Das sogenannte saure Kobaltfluorid wurde ferner von FICRTER, WOLFMANN~), BIRK’) und JONES~) beobachtet. Diese Forscher fuhrten aber keine Analysen aus, sondern erteilten dem Salz ohne weiteres die BOHM’sche Formel CoF,. 5 HF * 6 H,O.

COSTACHESCU (1. c.) bemuhte sich vergeblich, die Bomr’schen Nickel- und Kobaltsalze herzustellen, er erhielt immer nur die nor- malen Metallfluoride MeF2.4H,0. GOSSNER~) machte darauf auf- merksam, da13 die sogenannten sauren Fluoride BOHM’S mit dem Silikofluoriden der entsprechenden Metalle in bezug auf Kristall- system, Kristallflachen, Kristallwinkel und spezifisches Gewicht vollkommen ubereinstimmen. GOSSNER vermutete daher, da13 die sauren Fluoride BOHMS nichts anderes seien als die langst bekannten Silikofluoride. Die Bemerkung GOSSNERS ist von den spiiteren

l ) E. BIRK u. W. BILTZ, Z. anorg. u. allg. Chem. 163 (1926), 115, konnten

8) W. BILTZ u. E. RAHLFS, Z. a.norg. u. allg. Chem. 166 (1927), 351. 3, P. N u n , Z. anorg. u. allg. Chem. 180 (1929), 235. 4, E. Born, Z. anorg. u. allg. Chem. 43 (1905), 326. 6 , F. H. EDMSTER u. H. C. COOPER, Journ. Am. chem. SOC. 42 (1920), 2419. 6, F. FICHTER u. H. W O L F N ~ , Helv. chim. Acta 9 (1926), 1096. 7 E. BIRE, Z. anorg. u. allg. Chem. 166 (1927), 284. *) N. C. JONES, Journ. of physical Chem. 33 (1929), 801. 8, R. GOSSNER, Z. Kristallogr. 42 (1907), 488.

CoF,. 3H20 ebenfalls nicht erhalten.

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Autoren nicht beachtet worden, unsere Versuche zeigen aber, daB sie vollkommen zutreffend ist. Man erhalt unter den von BOHM und den anderen Autoren angefuhrten Bedingungen tatsachlich nur Silikofluoride und niemals saure Salze.

Dies beweisen zunachst die Versuche uber die Loslichkeits- verhaltnisse in den Systemen MeF,-HE’-H,O. Man ging von den festen, normalen Metallfluoriden aus und schuttelte sie im Thermo- staten mit FluBsaure steigender Konzentration. Die Fluoride blieben selbst bei 10 Wochen langem Schutteln mit bis zu 400/,iger F l u b saure vollkommen unverandert. Feste saure Salze entstanden nicht.

Aus der Tatsache, daB sich alle angewendeten Metallfluoride in FluBsaure leichter losen als in Wasser, kann man allerdings auf das Vorhandensein von Doppel- (Komplex-)verbindungen der MetalI- fluoride mit HF in L o s u n g sch1ieBen.l) Diese Verbindungen, uber deren Zusammensetzung vorlaufig nichts naheres ausgesagt werden kann, haben aber naturgemaB mit den im fe s t en Zustande ge- wonnenen Salzen der oben genannten Forscher nichts zu tun.

LieB man die fluBsauren Losungen der Metallfluoride ent- sprechend den Angaben von BOHM, EDMISTER und COOPER bei gewohnlicher oder hoherer Temperatur eindunsten, so ergaben sich die von den Forschern beschriebenen schon kristallisierten Produkte. Sie erwiesen sich jedoch bei der Analyse eindeutig als Silikofluoride und nicht als saure Salze. Die zu ihrer Bildung notwendige Kiesel- saure wurde offenbar wiihrend des Eindampfens aus der Umgebung, z. B. aus den nicht durch Paraffin geschutzten Glas- oder Porzellan- teilen der Exsikkatoren aufgenommen.

Die von BOHM, EDMISTER und COOPER analytisch festgestellte Zusammensetzung ihrer Salze stimmt durchaus nicht auf die Formeln der Silikofluoride. Die Abweichungen liegen besonders in den Fluor- und Wassergehalten. Man konnte dies als Beweis dafur ansehen, da13 die Forscher doch andere Verbindungen in Handen gehabt haben als Silikofluoride. Wie aber im Versuchsteil naher ausgefuhrt wird, sind die von den Autoren erhaltenen Analysenwerte infolge Anwendung ungeeigneter Analysenmethoden falsch. AuDerdem sind S. 96 mehrere Beobachtungen aus der Arbeit von EDMISTER und COOPER zusammengestellt, die sich nur dann erldaren lassen, wenn Silikofluoride und nicht die vermuteten sauren Salze vorgelegen haben.

Die Metallfluoride von der Zusammensetzung MeF2.5 HF . 5-6H20 existieren also nicht. Sie sind aus der Literatur zu streichen.

I) Vgl. auch A. JAEQER, Z. anorg. Chem. 27 (1901), 36.

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Versuchsteil

Die Verbindungen des Nickels bearbeitete W. FINGER, die der iibrigen Metalle F. HEY.

Ausfi ihrung d e r Loslichkeitsbestimmungen u n d Analysen- methoden: Zur Bestimmung der Loslichkeiten schiittelte man die festen Metall- fluoride (gewohnlich 2-3 g mehr als sich losten) im Thermostaten mit Wasser oder FluBsaure (meist 50 cm3), bis Gleichgewicht erreicht war. Dies dauerte bei 20° mehrere Tage, unter Umstanden einige Wochen, bei hoherer Temperatur kam man im allgemeinen mit 10-24 Stunden aus. Zur Aufnahme der Losungen dienten bei ZOO gut paraffinierte Glasflaschchen, bei hoherer Temperatur ver- wendete man ein mit Platindeckel verschlossenes PlatingefaB. Nach erreichter Sattigung trennte man Losung und Bodenkorper durch Filtrieren iiber ein Filter, das sich in den bei hoherer Temperatur ausgefiihrten Versuchen in einem vom Thermostatenwasser umspiilten Warmwassertrichter befand. Stat t des Papier- filters kani in einigen Fallen auch ein von der staatlichen Porzellannianufaktur in Berlin gelieferter Alundum-Filtertiegel mit Erfolg zur Anwendung. Die Boden- korper wurden von der Mutterlauge durch Absaugen so gut als moglich befreit und nach dem Abwagen im Platintiegel zur Ganze in einem MeBkolben gelost. Von der zuerst abfiltrierten Losung verdiinnte man eine im Platint,iegel ab- gewogene Menge ebenfalls in einem MeBkolben. Entsprechende Losnngsanteile dienten zur Analyse. Die Glastrichter waren paraffiniert. Saure Losungen wurden vor dem Einfiillen in die MeBkolben neutralisiert.

Bestimmung der Metalle: Kobalt, Kupfer und Cadmium wurden elektro- lytisch bestimmt, das erste aus der mit Ammonsulfat versetzten ammoniaka.- lischen Losung, das zweite aus der durch Abrauchen mit Schwefelsaure von HF befreiten Losung, das dritte aus der alkalischen, iiberschiissiges Cyankalium ent- haltenden Losung. Die Nickelbestimmung erfolgte nach dem Dimethplglyoxim- verfahren, Mangan und Zink wurden durch Abrauchen mit Schwefelsaure in die Sulfate iibergefiihrt und als solche gewogen.

Zur Fluorbestimmung diente das Verfahren von ST~RCK~), das auf der Fallung und Wagung von PbClF beruht. Das Verfahren liefert auch in Gegen- wart der schweren Metalle sehr gute Resultate, wenn man die von STARCK vor- geschriebenen Bedingungen sorgfaltig einhalt. Insbesondere ist darauf zu achten, daB saure Losungen vor dem Fallen mit der Bleichloridlosung neutralisiert werden (in Anwesenheit der schweren Metalle gegen Methylomnge als lndikator), dann, da13 man den PbClF-Niederschlag nach dem Filtrieren durch einen Filtertiegel nicht ofter als dreimal mit halbgesattigter Bleichloridlosung und zweimal mit wenig kalteni Wasser wascht. ofter wiederholtes Waschen verursacht Minder- werte. Die Einwaagen sind so zu bemessen, da13 nicht mehr als etwa 0,5-1 g PbClF zur Wagung kommen. Wegen des giinstigen Umrechnungsfaktors (0,0726) lassen sich auch sehr kleine Fluorrnengen befriedigend ermitteln.

Das Verfahren von STARCK gibt a.uch bei der Fluorbestimmung in Siliko- fluoriden sehr brauchbare Zahlen.

Die freie FluBsaure wurde nicht direkt bestimmt. Man berechnete vielmehr aus dem gefundenen Meta.llgehalt die zur Bildung von MeF, erforderliche Fluor- menge und zog sie von dem nach STARCK bestimniten Gesamtfluor ab. Der Rest

1) G. STARCK, Z . anorg. Chem. 70 (1911), 173.

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Nickelfluorid NiF, .4H,O

Kobaltfluorid Zinkfluorid CoF,. 4H,O 1 ZnF,.4H,O

-_____ 34,G ~ 34,8 122,4 22,5 135,l 34,9 22,l 22,5 37,4 37,2 21,s 34,5 22,4 1 ~ 35,l I ~ 22,l 1 37,3 ~ 21,6 1 34,7 I I 22,4

21,7

Kupferfluorid Manganf luorid Cadmiumf luorid CuF, * 2 H,O MnF, CdF,

OIo c u j _ O I O F gef. 1 ber. 1 gef. 1 ber.

46,l 46,2 27,2 27,6 58,8 59,l 40,2 40,9 73,9 74,4 25,9 25,6 46,3 27,6 4 0 4 ! 74,O 1 25,9 I

N icke l f luor id , NiF2.4H,0, ist ein hellgrunes, mikrokri- stallines Pulver, das weder beim Stehen an der Luft noch im Vakuum iiber Schwefelsaure Wasser verliert. Bei 20 stiindigem Erhitzen auf 200° wurden von den insgesamt vorhandenen 42,7O/, Wasser 28,2°/0 abgegeben. Erhitzt man starker, so tritt auch Abspaltung von H F ein und es hinterbleibt schliel3lich Nickeloxyd. Fur die Loslichkeit in Wasser ergaben sich die folgenden Werte in Gramm wasserfreien Salzes je 100 g Losung: Temperatur OC . . 10 20 30 40 50 60 70 80 90 o/o NiF, . . . . . 2,49 2,50 2,50 2,50 2.50 2,50 2,51 231 2,52

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1 2

Die Loslichkeit ist also von der Temperatur pralitisch un- abhangig. Zu den Loslichkeitsversuchen diente ein NiF, - 4 H,O- Praparat, das schon liingere Zeit vorher dargestellt worden war. Der ungelost gebliebene Teil desselben war selbst bei 900 noch un- veriindert. Frisch hergestelltes Nickelfluorid wird von Wasser merk- wiirdigerweise schon bei 50° unter Hydroxydbildung angegriffen.

Die Ergebnisse der Loslichkeitsbestimmungen in FluBsfiure bei 200 sind in Tabelle 1 und in Fig. 1 wiedergegeben. Die Proben wurden bis zu 10 Wochen im Thermostaten geschuttelt.

2,50 I 0 7,73 9,25

Tabelle 1 System NiF,-HF-H,O bei 20°

I Zusammensetzung in Gewichtsmozenten Nr. LOsung Ruckstand I NiF, I H F ~ T I ~ T HF

-- HF Fig. 1. System NiF,-HF-H,O bei 20° C

Man sieht, da13 die Los- lichkeit des Nickelfluorides mit steigender FluBsHure- konzentration rasch zu- nimmt. Der Verlauf der Restlinien in Fig. 1 beweist, dal3 bis zu der hochstange- wendeten HF-Konzentration das unveranderte NiF,.4H,O der bestandige Bodenkorper bleib t .

Wir versuchten vergeb- lich, NiF2.3H,0 oder NiF,. 2H,O (vgl. S. 83) durch Eindampfen einer Losung von Ni(OH), in verdunnter

FluBsiiure herzustellen. Die hinterbleibende gelbgrune Kristallkruste hatte je nach dem Grad des Erhitzens sehr wechselnde Zusammen- setzung.

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K o b a l t f l uo r id , CoF,. 4H,O, bildet ein rosafarbenes, mikro- kristallines, luftbestandiges Pulver. Beim Erhitzen im Lufttrocken- schrank wurden folgende Gewichtsverluste infolge Wasserabgabe beobachtet :

Temperatur OC . . . 95 105 120 145 190 o/o Gewichtsverlust . . 23,3 36,7 37,O 37,6 39,7.

Eine vollstandige Entwasserung (entsprechend 42,6% Gewichts- verlust) ist ohne gleichzeitige Fluorabgabe nicht moglich.

In Wasser ist das Kobaltfluorid schwerer loslich als Nickel- fluorid. 100 em3 der bei 200 gesattigten Losung enthalten nach unseren Versuchen 1,36 g CoF,. COSTACHESCU~) fand bei 20° 1,33 Gew.-% CoF,, CARTER,) bei 25O 1,415 g CoF, in 100 em3 Losung. Bei hoheren Temperaturen konnten wir die Loslichkeit nicht be- stimmen, da hydrolytische Spaltung des Salzes eintrat.

Temp. OC . . . . 20 40 50 80 90 100

Loslichkeit in etwa 3O/,iger FluBsaure :

Gew.-O/,, CoF, . . . 3,35 3,48 3,60 3,90 4,61 5,43.

Die Loslichkeitskurve zeigt keinen Knick, bis looo bildet CoF,. 4H,O den Bodenkorper.

Mit steigender HF-Konzentration nimmt die Loslichkeit des Kobaltfluorides rasch zu. Bei 200 enthalt eine Losung von 11,5 Gew o/o HF 5,9 Gew.-O/, CoF,, eine Losung von 13,5 Gew.-O/, HF 9,6 Gew.-O/, CoF,. Bodenkorper ist auch hier CoF,.4H20.

Die Herstellung von CoF,. 3 H,O oder anderen niederen Hydraten gelang ebensowenig wie die Herstellung der entsprechenden Nickel- verbindungen. Auch hier ergaben sich Zersetzungsprodukte stark wechselnder Zusammensetzung.

Z i n k f l u o r i d , ZnF2.4H20, wurde als weiBes mikrokristallines Pulver erhalten. Die Loslichkeit in Wasser von 20° ergab sich zu 1,62 g ZnF, in 100 em3 Losung, DIETZ~) fand bei 18O 1,6 g ZnF, in 100 cm3.

uber die Loslichkeit des Zinkfluorids in FluBsiiure orientieren Tabelle 2 und Fig. 2.

Man sieht, daB die Loslichkeit des Zinkfluorides mit steigender FluBsaurekonzentration zunimmt, und daB auch in starker FluB- sliure das 4-Hydrat ZnF,. 4H,O den Bodenkorper bildet.

l) N. COSTACHESCU, Ann. scient. Univ. Jassy 7 (1911), 5; Chem. Zbl. 1911,

2, R. H. CARTER, Ind. engin. Chem. 20 (1928), 1195. 11, 747.

DIETZ bei F. KOELRAUSCH, Z. phys. Chem. 44 (1903), 213.

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90 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 211. 1933

----+ HF

Fig. 2. System ZnF,-HF-H,O bei 20° C

Tabelle 2 System ZnF,-HF-H,O bei 20°

Zusammensetzung in Gewichtsprozenten

- ~-

Ruckstand

1 2,54 2,47 37,W 0,80 2 4,98 3,69 39,99 1,18 3 9 3 3 17,38 49,82 3,97 4 11,40 25,43 - 5 11,84 1 29,16 43,48 1 10,61

Cad m iumf luo r i d , CdF,, weiS, mibrokristallin, besitzt von den hier untersuchten Fluoriden die grol3te Loslich- keit. 100 em3 der gesattigten Losung enthalten nacli unseren Versuchen bei 20° 4,06 g CdF,. A. JAEGER~) fand bei 25O 4,35 g CdF, in 100 em3 Losung.

Die Loslichkeitsversuche in Fluljsaure hatten die in Ta- belle 3 und Fig. 3 wieder- gegebenen Resultate.

Tabelle 3 System CdF,-HF-H,O bei 20°

-

__- Zusammensetzung

in Gewichtsprozenten

Auffalleiid ist die anfang- liche Steigerung und darauf- folgende Abnahme der Los- lichkeit rnit zunehmender Flu& saurekonzen tra tion. Boden- korper bleibt das unveranderte CdF, . - HF

Fig. 3. System CdF2-HF-H,0 bei 20° C 1) A. JAEGER, 2. a.norg. Chem.

27 (1901), 33.

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Nr-

JAEGER (1. 0.) bestimmte die Loslichkeit in FluBsaure von der Dichte 1,OS bei 25O zu 0,372Molen CdF, pro Liter, entsprechend 5,6 g CdF, pro 100 em3 Losung. Der Wert ist kleiner als sich aus unseren Bestimmungen ergibt.

Manganf luo r id , MnF,, bla13 rosafarbene Kristallchen. Die bei 200 gesattigte Losung in Wasser enthalt nach N U K A ~ ) 1,05 Gew.%

Zusammensetzung in Gewichtsprozenten

Y s u n e . 1 Ruckstand

MnF,, Bodenkorper ist nach seinen Angaben nicht das wasserfreie Salz, sondern das 4-Hy- drat MnF, - 4 H,O.

Wir untersuchten die Loslichkeit in Flu& sBure von 200. Als Bodenkorper wurde stets das wasserfreie Salz MnF, festgestellt. Die Loslichlreitskurve (Ta- belle 4, Fig. 4) hat eine ahnliche Gestalt wie die des Cadmiumfluorids.

1 I2,88 I 5,28 148,2 2 3,73 17,05 43,7 3 ~ 0,72 136,42 ,56,3

Tabelle 4 System MnF,-HF-H,O

bei 20°

-

3,l 10,4 16,O

--HF

Fig. 4 System MnF,-HF-H,O bei 20° C

Kupfe r f luo r id , CuF2.2H,0, hellblaues Pulver. Die Los- lichkeit in Wasser laBt sich wegen der Hydrolyse des Salzes nicht sicher bestimmen. Die Ergebnisse der Loslichkeitsbestim- mungen in FluSsaure sind in Tabelle 5 und Fig. 5 zusammen- gestellt.

P. NUKA, 2. anorg. u. allg. Chem. 180 (1929), 237.

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92 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 211. 1933

. ~- ._ -.

3

1 2

4

Tabelle 5 System CuF2-HF-H,0 bei 20°

683 53,9 1,s 9,6 45,6 6,O

12,l 49,9 r 8,O 7,4 j 34,s 46,8 14,l

734 1 ;g

Zusammensetzung in Gewichtsprozenten I .. Nr. 1 Losung Riickstand

1-K I HF I?GF2 1 HF

* 2H,O FluBsaure haben JAEGER (1. c.) und DEUSSEN~) aus- gefuhrt. Ihre Resultate sind aber mit den hier erhaltenen nicht ver- gleichbar.

Die sogenannten sauren Fluo- ride (Silikofluoride)

Man lie13 die Losungen der Metallfluoride in star- ker FluBsiiure entweder nach BOHM im Vakuuin iiber Schwefelsaure ein- dunsten, oder man dampfte sie nach EDMISTER und

I) HF COOPER auf dem Wasser- Fig. 5. System CuF,-HF-H,O bei 20° bade zur Kristallisation

ein. Die Losungen befan- den sich in Platinschalen, die Exsikkatoren waren soweit moglich paraffiniert. Beim Eindunsten im Vakuum ergaben sich meist un- mittelbar schon kristallisierte Produkte. Aus Nickelfluoridlosungen entstanden manchmal Krusten, die sich aber durch Losen in ganz verdunnter FluBsaure und Einengen der Losungen im Vakuum leicht in wohl ausgebildete Kristalle uberfuhren lieBen.

Das Nickelsalz bildet grune, blare, meist in Drusen auftretende Prismen, das Kobaltsalz 5-10 mm gro13e rote Prismen, Zink- und _ _ ~

l) E. DEUSSEN, Z. anorg. Chem. 44 (1905), 419.

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Mn I -

F -

H2O -

Cadmiumsalz sind farblos, das erste tritt in prismatischen Kristallen, das letzte in 1-2 mm breiten, 30-50 mm langen Nadeln auf. Das Mangansalz bildet ganz schwach rosafarbene SBulen, das Kupfer- salz schliefilich intensiv blau gefarbte grol3e Kristalle. Mit Ausnahme des Kupfersalzes gehoren alle Salze dem hexagonal-rhomboedrischen System an, das Kupfersalz ist monoklin. Alle Salze sind luftbestiindig und in Wasser leicht Ioslich.

Die folgende Tabelle enthBlt eine Gegenuberstellung der von BOHM, EDMISTER, COOPER und uns erhaltenen Analysenzahlen. In der letzten Spalte sind die fur die Silikofluoride berechneten Werte

Tabelle 6 angefuhrt .

18,09-18,89

39,6343,02

38,2

I Analysenzahlen in O l 0 nach 1 Berechnet fur

- - ? I - I - l -

Cadmiumsalz -

Ni

F

H,O

c o

F

H,O

cu F

H2O

19,lO; 19,43

43,80, 43,91

51,30, 52,28

19,39

-

51,66

21,92

45,1645,3 1

47,70, 49,50

Nickelsalz 19,26-19,80 I

41,3643,76

41,50 Kobaltsalz

19,03-19,60

39,9743,79

39,52-41,14 Kupfersalz

20,06--20,38 I

42,2043,05

- Mangansalz

18,65, 18,92 18,98, 19,06 37,61, 36,77 37,09, 37,49

-

18,91, 19,03 19,09, 19,09 36,90, 37,17 37,21, 37,21

-

22,91, 23,OO 23,08, 23,lO 41,OO, 40,67 40,56, 40,96

-

17,87, 18,19 18,05, 18,41 37,64, 3733 37,61

20,80, 20,89 35,80, 36,04

I 31,01, 31,24 31,95, 32,22

19,oo

36,90

34,98

19,06

36,89

34,97

22,90

41,05

25,95

18,O 1

37,37

35,43

20,72 36,13

31,OO 31,45

Page 12: Zur Kenntnis der Fluoride zweiwertiger Metalle I. Die normalen und sauren Fluoride

94 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Ba.nd 211. 1933

0,0876 5,8

17,6 38,2

+1,3

Wie man sieht, stimmen unsere Analysenergebnisse befriedigend auf die Formeln der Silikofluoride. Die Fluorwerte sind meist urn einige Zehntel Prozente zu hoch, was wohl daher ruhrt, da13 das Blei- chlorfluorid etwas kolloide Kieselsaure rnit niederreifit.

Als Beweis, dafi tatsachlich die Silikofluoride der Mutalle und nicht die von BOHM, EDMISTER und COOPER vermntetm sauren Fluoride MeF2-5HF.6H,0 vorliegen, fuhren wir folgencles an : Die Salze entwickelten rnit konzentrierter Schwefelsaure SiF, (Trubung eines in die Dampfe gehaltenen Wassertropfens) ; die wallrigen Lo- sungen aller Salze reagierten gegen Methylorange neutral, wahrend die Losungen der sauren Fluoride vom oben angegebenen Typus sauer reagieren mullten. Mit Kaliumchlorid und Alkohol fie1 aus den Losungen der Salze sofort ein Niederschlag (K,SiF,) am, wahrend die Losungen der sauren Salze lilar bleiben mufiten. Titrierte man die alkoholische, mit Kaliumchlorid versetzte Flussig- keit mit Lauge und Phenolphtalein als Indikator, so verbrauchte man nur einen Bruchteil jener Laugemenge, die zur Titration der wallrigen Salzlosung in der Siedehitze gegen Phenolphtalein er- forderlich war. Die sauren Fluoride BOHMS mul3ten da,gegen in der kalten alkoholischen und in der heil3en wallrigen Losung gleich vie1 Lauge verbrauchen.

Entsprechend dem Ablauf der Reaktionen:

MeSiF, + 2KOH = Me(OH,) + K,SiF, (kalt, allioholisch) MeSiF, + 6KOH = Me(OH), + 6KF + Si(OH), (heill, wafirig)

sollte bei der Titration der Silikofluoride in alkoholischer Losung in der KaIte stets ein Drittel der zur vollstandigen Zersetzung in der Hitze erforderlichen Laugemenge verbraucht werden. Die tatsach- lich benotigten Laugemengen sind nachstehend angegeben, und zwar sind mit I die zur Titration cler alkoholischen KCI-haltigen Losung in der Kalte, mit XI die zur vollstandigen Umsetzung in der Hitze verbrauchten Kubikzentimeter 0,l n-NaOH bezeichnet. In der vorletzten Reihe ist der Prozentgehalt an Fluor aus dem Gesamtlaugeverbrauch berechnet (1 NaOH = 1 F) :

____ 0,0988 I 0,0681 6 2 4,s

21,l 13,6 40,6 37,9

-0,5 +l,S

Salz

g Einwaage . . Titration I . . Titration II . O/,, Fluor . . . o/o Fehler . . .

Ni

0,0780 5,3

16,O 39,O

+2,1

Mn

0,0842

17,4 39,2 + 1,s

. .~

-

Cd

0,0788 3,5

13,2 31,s

+0,3

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A. Kurtenacker, W. Finger u. F. Hey. I. Normale u. saure Fluoride 95

Einwaage . . . . 1 cm3 0,l n-NaOH 19,43 25,20 om3 0,l n-HCI . 3,68 8,80 O / o Fluor . . . . 42,23 43,95 o/o Fehler . . . . + l , l S +2,90

0,07088

Man erkennt, daB das Verhaltnis der Langeverbrauche nur beim Nickel- und Kobaltsalz ziemlich genau 1 : 3 ist, bei den anderen Salzen ist es dagegen teils groaer, teils kleiner. Die Unstimmigkeit ist wahrscheinlich im ersten Fall auf die Fallung von basischen Salzen, im zweiten Fall auf die Okklusion von Alkali durch die Niederschliige zuruckzufuhren. Ubrigens sind die Titrationsendpunkte besonders in den heil3en wal3rigen Losungen schwer und demgemaB nicht genau festzustellen. Storend wirken vor allem die gefarbten Niederschlage, aber auch bei dem farblosen Cadmium- und besonders dem Zinksalz tritt die das Titrationsende anzeigende Rotfarbung ganz allmahlich auf, so dal3 man nie sicher ist, ob man die Titration schon als beendet ansehen sol1 oder nicht.l)

Die aus der Titration in der Hitze berechneten Fluorwerte sind fast imrner zu hoch (vgl. die letzte Reihe der Tabelle). Sie werden noch schlechter, wenn man die Salze, wie BOHM, EDMISTER und COOPER dies getan haben, rnit einem UberschuB an Alkali in der Warme zersetzt, filtriert und den Laugerest im Filtrat mit Saure zuriicktitriert. Folgende Beispiele beweisen dies :

0,08418

21,73 24,76 4,lO 7,07

39,78 39,92 +2,41 +2,55

16,lO 2,80

32,07 +0,62

Cd I Zn

24,61 19,74 10,76 5,38 33,67 40,06

+2,22 +3,93

Bei dem Zinksalz wird die Losung auf Zusatz iiberschiissiger Lange infolge Zinkatbildung klar. Hier wurde also nicht filtriert, sondern unmittelbar rnit Saure zuriicktitriert.

Die Umsetzung von Metallsalzen rnit uberschiissiger Alkali- lauge und Riicktitration rnit SBure wird mitunter zur Bestimmung der Metalle empfohlen. Das Verfahren gibt im allgemeinen auf etwa lo/o genaue Resultate.2) In unserem Falle sind die Fehler, wie die obige Zusammenstellung zeigt, meist bedeutend groBer. Dies ist wahrscheinlich darauf zuruckzufuhren, da13 die Niederschlage, die hier nicht aus den reinen Metallhydroxyden, sondern aus Gemischen dieser Hydroxyde rnit kolloider Kieselsaure bestehen, ein ausgepragtes Adsorptionsvermogen fur Alkalihydroxyd besitzen.

1) Vgl. dam KOLTHOFF-MENZEL, MaBanalyse, 11. Teil, 2. Aufl., S. 184. 2, Vgl. H. BECKURTS, Methoden der MaOanalyse, 2. Aufl., S. 308, Braun-

schweig 1931.

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96 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 211. 1933

Je mehr Lauge man zur Zersetzung anwendet, desto mehr wird adsorbiert, desto hoher fallen also die Resultate aus (vgl. die Titra- tionsergebnisse bei dem Cu-, Mn- und Cd-Salz in der letzten Tabelle). BOHM, EDMISTER und COOPER verwendeten bei ihren Fluorbe- stimmungen fast ausschliefilich das hier beschriebene Titrations- verfahren. Dies erklart, warum ihre Fluorwerte durchwegs um einige Prozente hoher liegen als der Zusammensetzung der Siliko- fluoride entspricht.

DaB die Forscher wirklich Silikofluoride und nicht, wie sie annahmen, saure Salze in Handen hatten, kann man aus folgenden Tatsachen schliel3en:

1. Aus der schon s. 84 angefuhrten Bemerkung von GOSSNER, daB die BoHM'schen Salze mit den Silikofluoriden in bezug auf die kristallographischen Eigenschaften und die spezifischen Gewichte vollstiindig ubereinstimmen.

2. EDMISTER und COOPER erwahnen, daB sie in einigen Fallen auch versucht haben, das PbClF-Verfahren zur Fluorbestimmung heranzuziehen. Das Verfahren habe aber bedeutend niedrigere Werte geliefert als die Titrationsmethode. Nach den oben angefuhrten Versuchen gibt die PbClF-Methode bei Silikofluoriden tatsiichlich vie1 niedrigere Resultate als die Titrationsmethode, nur sind im Gegensatz zu der Annahme von E D M I s T E R und COOPER die aus dem PbClF-Gewicht berechneten Zahlen richtig, die anderen dagegen falsch. Normale Fluoride (NiF2-4H20) liefern, wie wir uns auch 'iiberzeugt haben, bei der Titration eher etwas niedrigere Fluorwerte als bei der Wagung als PbClF.

3. EDMISTER und COOPER fuhren weiter an, daB die Losungen ihrer Salze mit Lithinmsalzen meist keine Fallung von LiF gegeben heben. Dies beweist auch, daB Silikofluoride vorgelegen haben, denn Li2SiF, ist im Gegensatz zu LiF in Wasser leicht loslich. Saure Fluoride muaten die normale Abscheidung von LiF liefern.

4. Die von BOHM, EDMISTER und COOPER an ihren Salzen festgestellten Metallgehalte stimmen, wie Tabelle 6, S. 93 zeigt, im allgemeinen gut auf die Formeln der Silikofluoride. Eine Aus- nahme bilden die Kupferwerte von EDMISTER und COOPER, die um etwa 3°/0 tiefer liegen als die Formel CuSiF,.4H20 verlangt. Nun weiB man aber, daB clas Kupfersilikofluorid zum Unterschiede von den anderen hier behandelten Silikofluoriden in zwei Hydratations- stufen, niimlich als 4- und als 6-Hydrat auftritt. Das von uns (und offenbar auch von BOHM) erhaltene Salz war das luftbestiindige

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A. Kurtenacker, W. Finger u. F. Hey. I. Normale u. saure Fluoride 97

4-Hydrat, bei EDMISTER und COOPER hat man dagegen zweifellos das 6-Hydrat anzunehmen. Auf dieses stimmen namlich ihre Kupfer- werte ausgezeichnet (gefunden 20,06-20,38°/, Cu, fur CuSiF,. GH,O berechnet 20,27°/0 Cu), ebenso stimmt auch die Angabe, daB das Salz an der Luft sehr rasch verwittere. Eine Unstimrnigkeit besteht allerdings auch. CuSiF,-6 H,O kristallisiert namlich rhomboedrisch, wahrend EDMISTER und COOPER ihr Salz fur monoklin halten. Die kristallographischen Bestimmungen sind aber gerade bei diesem Salz nach den eigenen Angaben der Forscher unsicher.

5. Die von BOHM, EDMISTER und COOPER gefundenen Wasser- gehalte ihrer Sa,lze lassen sich mit den Formeln der Silikofluoride nicht in Einklang bringen. Die Forscher bestimmten das Wasser durch Erhitzen der Salze mit PbO und Wagen der ausgetriebenen Dampfe. Wie man BUS Tabelle 6 entnehmen kann, weichen die an ein und demselben Salz von BOHM einerseits, von EDMISTER und COOPER anderseits gefundenen Wasserwerte um 10 und mehr Prozent voneinander ab. Den Bestimmungen der Wassergehalte kann also iiberhaupt keine Bedeutung beigemessen werden. Das Verfahren der Wasserbestimmung wird von EDMISTER und COOPER selbst als sehr unzuverlassig bezeichne t .

Briin/n, Deutsche technische Hochschule, Institut fiir analytische Chemie.

Bei der Redaktion eingegangen am 11. Januar 1933.

Z. snorg. u. sllg. Chem. Bd. 211. 7