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?J. Meyer, G. Dirvka tc. i? Clewens. Zur Kamtnis komj&m!v Kobaltiselenate, 333 Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate. Von JULIUS MEYER, GERHARD DIRSKA und FRITZ CLEMENS. Einleitung. Nachdem es vor mehreren Jahren gelungeii war, die Selen- saure nach einem einfachen Verfahren in groBeren Mengen lbillig zu gewinnenl), hatten wir es unternommen, die schon lange be- lrannte Bhnlichkeit der Selensaure mit der Schwefels&ure so weit wie moglich zu verfolgen. Insbesondere hatten wir ihr Verhttlten in komplexen Salzen mit dem der Schwefelsaure in entsprechend gebauten Verbindungen verglichen und wir hatten feststellen konnen,. daR die komplexen Chromi-, Kobalti-2) und Thalliselenate3) mit den entsprechenden Sulfaten weitgehend ubereinstimmen, so weit, wie man es bei zwei anderen analog gebauten Verbindungen, selbst bei den Halogenwasserstoffsauren, bisher noch nicht angetroffen hat. Es hatte sich bei den bisher untersuchten Verbindungend), mi denen wir nach einer noch nicht veroffentlichten Untersuchung von Dr. ERICH KASPER auch die Uranselenate eiihlen konnen, jedoch noch immer um verhaltnisma13ig einfach gebaute Molekule gehandelt , bei denen der Selensaurerest eum Teil als einfaches Anion, zum Teil nicht ionisierbar im komplexen Kation, zum Teil auch im kom- plexen Anion enthalten war. Wir legten uns nun weiter die Frage vor, ob die Ahnlichkeit ewischen Schwefelsaure und Selensaure auch in den verwickelter gebauten Komplexen, z. B. in den mehr- kernigen Komplexsalzen, iiber die uns die eingehenden Untersuchungen A. WERNERS~) AufschluB gegeben haben, in gleicher Weise erhalten bleibt. Es war ansunehmen, daB die geringen Unterschiede zwisohen beiden Sauren in derartigen hochkomplexen Verbindungen rioch mehr als in den einkernigen zurucktreten wurden, da dieMasse und damit 1) Ja. MEYER u. H. MOLDENHAUER, 2. unorg. u. allg. Chem. 116 (1921), 193. 2) JUL. MEYER, 2. anorg. u. allg. Chem. 118 (1921), 1. 3) Ja. MEYER u. H. WILK, 2. unorg. u. allg. Chem. 132 (1923), 239. 4) JUL. MEYER u. W. FRIEDRICH, 2. physik. Chem. 101 (1922), 497; 6, A. WERNER, Lieb. An%. 376 (1910), 1. - 102, 369.

Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate

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Page 1: Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate

?J. Meyer, G. Dirvka tc. i? Clewens. Zur Kamtnis komj&m!v Kobaltiselenate, 333

Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate. Von JULIUS MEYER, GERHARD DIRSKA und FRITZ CLEMENS.

Einleitung.

Nachdem es vor mehreren Jahren gelungeii war, die Selen- saure nach einem einfachen Verfahren in groBeren Mengen lbillig zu gewinnenl), hatten wir es unternommen, die schon lange be- lrannte Bhnlichkeit der Selensaure mit der Schwefels&ure so weit wie moglich zu verfolgen. Insbesondere hatten wir ihr Verhttlten in komplexen Salzen mit dem der Schwefelsaure in entsprechend gebauten Verbindungen verglichen und wir hatten feststellen konnen,. daR die komplexen Chromi-, Kobalti-2) und Thalliselenate3) mit den entsprechenden Sulfaten weitgehend ubereinstimmen, so weit, wie man es bei zwei anderen analog gebauten Verbindungen, selbst bei den Halogenwasserstoffsauren, bisher noch nicht angetroffen hat. Es hatte sich bei den bisher untersuchten Verbindungend), mi denen wir nach einer noch nicht veroffentlichten Untersuchung von Dr. ERICH KASPER auch die Uranselenate eiihlen konnen, jedoch noch immer um verhaltnisma13ig einfach gebaute Molekule gehandelt , bei denen der Selensaurerest eum Teil als einfaches Anion, zum Teil nicht ionisierbar im komplexen Kation, zum Teil auch im kom- plexen Anion enthalten war. Wir legten uns nun weiter die Frage vor, ob die Ahnlichkeit ewischen Schwefelsaure und Selensaure auch in den verwickelter gebauten Komplexen, z. B. in den mehr- kernigen Komplexsalzen, iiber die uns die eingehenden Untersuchungen A. WERNERS~) AufschluB gegeben haben, in gleicher Weise erhalten bleibt. Es war ansunehmen, daB die geringen Unterschiede zwisohen beiden Sauren in derartigen hochkomplexen Verbindungen rioch mehr als in den einkernigen zurucktreten wurden, da dieMasse und damit

1) Ja. MEYER u. H. MOLDENHAUER, 2. unorg. u. allg. Chem. 116 (1921), 193. 2) JUL. MEYER, 2. anorg. u. allg. Chem. 118 (1921), 1. 3) Ja. MEYER u. H. WILK, 2. unorg. u. allg. Chem. 132 (1923), 239. 4) JUL. MEYER u. W. FRIEDRICH, 2. physik. Chem. 101 (1922), 497;

6, A. WERNER, Lieb. An%. 376 (1910), 1.

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102, 369.

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334 J. Nqw, G. Dirska zcnd 8: Crlsmans.

der EinfluB ihrer Saurereste gegenuber der grol3en Masse des ubrigen Molekuls mehr und mehr verschwindet. Vor allem interessierte uns die Moglichkeit und die Neigung der beiden Sauren zur Brucken- bildung zwischen zwei oder mehr Metallatomen, da selbst bei der Sehwefelsaure hieruber nur sehr wenig bekannt ist. In der Tior- Iiegenden Abhandlung haben wir uns den mehrkernigen Kobalt- salzen zugewendet und uns vorlaufig auf die Salze beschriinkt, die im Komplex nur zwei Kobaltatome enthalten, also auf die zwei- kernigen Kobaltikomplexsalze. Wie A. WERNER auf Grund seiner Koordinationslehre wahrscheinlich machen und dann durch seine hervorragenden experimentellen Untersuchungen sicherstellen konnte, konnen die beiden Co-Atome durch einen, durch zwei oder auch schlieslich durch drei Gruppen miteinander verbunden werden; sie konnen durch eine, zwei oder auch drei Brucken zusammengehalten werden, niemals aber durch mehr Gruppen.

Die Aufklarung des Baues dieser mehrkernigen Komplexsalm ergibt sich dadurch, daB sie sich haufig aus mehreren einkernigeri Yalzen synthetisieren lassen, oder auch dadurch, daB sie sich in mehrere einkernige Salze zerlegen lassen, deren Konstitution bereits bekannt ist. Zum Zwecke des Aufbaus muBten wiederholt riooh unbekannte einkernige Kobaltiselenatkomplexsalze dargestellt werden, die wir auch mit aufgefuhrt haben. Andererseits wurden diirch Aufspaltung der mehrkernigen Komplexe auch einige neue einfache Salze erhalten, deren Beschreibung ebenfalls gegeben wird. Dadurch vervollstandigen wir das Material, das in der ersten Veroffentlichung zur Kenntnis komylexer Selenate vor mehreren Jahren hicr gebracht worden iet.

Allgemeiner Teil. Zur Bruckenbildung zwischen zwei Metallatomen haben sich

bisher nur wenig Molekiilkomplexe als geeignet erwiesen. Neben der OH-, 0,- und H,N-Gruppe fuhrt A. WERNER noch die NO,-, SO,-, OCOCH,-, OCOR- und C,O,-Gruppe an, bemerkt aber dazu, daB diese letzten fiinf Gruppen nur dann als Bruckenbildner auf- treten, wenn zwischen den beiden Metallatomen bereits eine Brucken- bildung durch die Hydroxyl- oder durch die Amidogruppe erfolgt ist, daB demnach diese letzten fiinf Briicken nur in Verbindungen mit mindestens zwei Brucken auftreten. Fiir den Schwefelsame- rest und fiir den ihm gleichwertigen Selensaurerest fuhren uns jedoch unsere Versuche und Betrachtungen zu etwas anderen Er- gebnissen,

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ZUY Kemtrtds komplemr Kobaltkdmate. 335

Das Saueretoffmolekid 0, vermag zwei Kobaltatome unmittelbar durch zwei Hauptvalenzen zu verbinden, ein Verhalt,en, das der Peroxydbildung bei der Autoxydation vollsthdig entgpricht und das wir in Superoxyden vom Typus des Natriumsuperoxyds Na-0,-Na wiederfinden. Auch der Schwefelsiiurerest besitzt die Fiihigkeit einer derartigen unmittelbaren Bindung durch zwei Hauptvalenzen Co-0. SO,. 0-Go. Dies ist nicht weiter uberraschend, wenn man an die Substitutionsmoglichkeit anderer, vor allem einwertiger, durch Hauptvalenzen gebundener Saurereste, wie z. B. dea C1-, Br-, NO,-Restes denkt. Denn ebenso wie das innerkomplex gebundene Chloratom im Chloropentamminkobaltikation [(NH,),CoCl].*, das durch eine Hauptvalenz gebunden ist, sich durch ein Bromatom, durch den Rest der salpetrigen Saure -NO,, durch den Rhoden- wasserstoffrest -SGN usw. ersetzen laat, sallte diese Hauptvalenz sich auch durch einen halben Schwefelsgurerest, oder in zwei Pent- amminkationen durch einen Schwefelsaurerest absiittigen lassen, so daB ein Doppelkation von der Formel [(NH,),Co-o. SO,. O-Co(NH,),]**.. entstehen mukite, das dann vierwertig fungieren sollte. Bisher ist indessen ein derartiges zweikerniges Salz nicht aufgefunden worden. Wohlbekannt ist hingegen ein entsprechendes Salz, das sich von einem Triamminkobaltisalz ableitet. Behandelt man niimlich dau Chlorodinitrotriamminkobalt [CI(N02)2Co(NH3)3] mit Sehwefelsauru, 80 tritt Substitution des Chloratoms in dem oben erlauterten Sinne ein und es ergibt sich das komplexe und ebensowenig wie sein Ausgangs- material ionisierbare zweikernige Salz

Hier werden also die beiden Go-Atome in zwei komplexen Kationen vermittelst ihrer innerkomplexen Hauptvalenzen durch einen Schwefel- saurerest zusammengehalten. Ein ganz entsprechend gebautee zwei- kerniges Salz haben wir dann mittels Selensaure darstellen konnen. Es ist ebenfalls nicht ionisierbar und besitzt die Formel

[(N0,)z(NH,)3Co-0. SeO,. O-CO(NH,),(NO,)~]. Diese beiden Verbindungen lassen sich in bezug auf die Bindung

der beiden Zentralatome und auf ihre Nichtionisierbarkeit rnit diem von WERNER aufgefundenen und eingehend untersuchten Trichloro- h ydroxo-hexammin-p-peroxo- kobalti- kobaltechlorid

vergleiohen, das nur deshalb in zwei Ionen zerfallt, weil das eine Kobaltatom nicht mehr dreiwertig, sondern noch W ~ R N E R vier-

[(NOZ),(NH3),C~-O~ SO,. O-Co(NH&(NO,).J.

[Cl(OH) (NH3),C~-O,-C~(NH3)3CI2]Cl

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wrtig auftritt: Dio 13indutngsweise (lor beideri . Co-At.omu .isi; uber v6lXg analog. 15s fragt sich nun, warirm sich zwei Ptmtammin- Lobaltireste 1 (SsX&),Co-] nicht durch eirion Schaefelsiiur& oder Selensiiurercst miteinander rerkniipfc:n lasscm. DaS cine dnrartige Rindungsweisa diirclrms m6glich ist, zoigen uns die Verbindun&ri, boi denen die boiden Zt!ntralabomtt tlurdi (*in Sailerstoffirtom od6r ' elwch ein S;mmtoffmolekul xusrrmniengehdten iverdtm, wio z. B. (lie ncrka~in-0x0-diclnoinisalze [(~H3),Cr--0.-Cr(~H,),1~, , odor die fruher a.1~ Osyliobaltiake bozeichneten 1 )eli:tumin-Peroxo-di- * kohaltisalze I:(N~Z~~,Co-O0,-Co!NH3!5'1?(~, 'oder die fri ihr ul i An- 1 I ydrooxykobal tiake bttxc!ichnci.cn Dekam n iin-Peroxo- lroba 1 t i-ko bal t (I- sirlm l.(X113)5Co- -O2-Co(NH,),]X',, . in d(tlic?n das cine! Co- Aton1 tlrei-, das antiere trbw aienveriig mftritt, so dd3 hitbr cine sdir wit- ' gehende Analogic! zii d m ohm orwiihnlm Tri~liloro-h3-clroso-licx- iinimin-~~-pcroso-lrobi~lti-liohi\ltcsal~ vorlicgt.. Die Tutsitelic, t l d j

(lie Scliwefelsiiurc: in clcn 'l'riainniiiiai so andors wirkt iils in den Pentarriminen diirfto wohl (librat I f mriiakxufuhreii ssin, did3 iin ' let.xterc!n 14'allct eine i i m m Salebilcluirg in6gliclr ist, ; h i den iiiicht- ionisierbamn Trimnininmlatm felilt :t.ber diem Yiiglichk(it. Tat- siichlich orhdtcn wir h i clcr Einwirhng von &cli~vefelsiiuro icuf (.'hloropenl.aminirlsalxe t?iiit! Yc~rhiiicliing [(SH:l)J'o[S04~Cl~ (1vrt:ii

.Koiistitoution \\.oh1 SO zu dotit.en is1 dii13 tler ~ch\\.~.t,f~!lsiiuroreet :r(*Jlil i1

HO vie vorher drls Chloratom inir init eitier HiuipCvnlt*nx iniierhii.lh des Komploxss a.n das Zontr:hi om geehunch ist.. Dtls 80 en t s t i ~ ~ l d t ~ r komploxu Ka.tioii. das:t?benso \vie das ~11loropaita.iii1~inktrtion xivei- wertig fungiert, siitt.igt abcr clie tine seiner freicii, ituUerkoinpleseii .Aauptvalenzcn clurch die mcite, noch frcit! Yalenx ties S c l i ~ ~ ~ f ~ l - siiurerostes ab. Wir orhalten also folgenclc Z(oii~tilnt.ie~nsfor~i~el:

..

[(3HsLCo $O,]Cl. * -' -1 0- .-.-

. .

Dainit ist iruch die nierkwiirdigt? Erscheinunp, daB dor HchwefelsHurr- rest- trot2 seiner Xweiwortigkeit nnr cine ~~oordi~irrt ions~t~llc~ b ~ d . z t , goniigend vemtiincllich erkllirt. Der SulfatopeiitaInminkob~ltikoral,lex ninimt ebensowenig wie der von u s aufgefimdttne Sel~~natopt!ntaniiitin- kobaltikoinylsx cinc Ausnahmestellung in der Iioordinai.ioIislelir(~ (in.

Dieso inerkaiirdigu, Ball) iniicrliomplexe, h d b ionisierbure Binduiig mveiwcrtigttr Siurert?stt! in l.'entaniniinsalzeu gibt 1111s

uuch dio Erkliirung fiir ihr hilufig tin~o\\1olirililices Vcrhidteii. So spaltei 5. B, das Garbo~atopeiitamminkobalt.isel~nat;

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Zur Kmnlnis komplcmr Kobaltisdeviate.

[(NH,),CaCO,],. SeO,

tinter der Einwirkung verdiinnter Mineralsiiuren sehr Kohlensiiurercst ab, was eben dadnrch zii erk l len ist,

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leioht den da13 dieser

Rest zur Halfte in der iiufleren. leicht angreifbaren Sphiire licgt, nrid aulkrdem noch dadurch, da13 der halbseitig innerkomplex ge- hundene Kohlensaurerest sehr leicht Kohlendioxyd abspaltet. Er- litbhlich bestiindiger siwl die Oxalatopentamminkohaltisalze, weil liicr hei der Einwirkung frenider Sanren die innerkomplexe Bindling trotz d(ir Lbsung der z~witen Valenz der Oxalsiiure fest 1i:iftet imd dio Oxalsiinre selbst nicht unter Znriicklassung vines innerkomplexen, frst gebundenen Anteils zerfallen limn.

Ebmso wie die zweikernigen 0x0- und PeroxokompIexsaIze sind auch dio zweikernigen p-Sulfato- und ~-Pelenat,odikobaltisslzc! nls echtr zweikernige Komplexsalze zii betrachten. Im Gegensatz mi deli Anschaiiungen A. WERNERS vermogen der Schwefelsaiire- rest untl ebenso auch der Splensiiurcrest fur sicli alleiii zwei Kobalt- at onie in koinplexen Salzen zusaninienzuhalten.

Wir haLen un6 dann meiter die Frage vorgelegt, ob nicht nuch noch hiiherwcrtige Sauren dio Funlrtion der Brucltenbildung nus- uben k6nnten. 1st es also mdglich, dal3 ein Phospll:~tokolllplexsalz von der Forniel LPO,(CO(NH,),)~]X~ o d u ein Silikatokomplexsalz von der Forinel [SiO4(Co(NH3)J4]X, sich zu bilden vermag 7 Bei don Triamrninsalzen wurde sich dann folgende Reihe ergeben, bei der der eine Siiurereut sich von einer 1-, %, 3- und 4wertigen Siiure ableitet :

Unsere Versuche nnch dieser Richtung haben uns aber gezeigt, da13 Phosphorskure sich f i i r diese Umsetzungen nicht eignet, nnd H. SCHWARZ~) hat, dassrlbe fdr die Kieselsaure feststellen miissen. Es ist uns bisher nicht moglich gewesen, die PhosphorsHure in ein lromplexes, nmmoniakhaltiges Kobaltkation hineinzubringen. In dcr Diphosphatonianganisaure besetzt die Phosphorsiiure, wie JUL. MEYER und J. MAREK,) zeigen konnten, drei Koordinations-

1) R. SCHWARZ, Bed. Bez. Mi (1923), 208. *) JWL. MEYER u. J. MAREK, 2. m7mg. w. n2lg. C'hcm. 138 (1!124), 3"s.

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stellen, da dem Manganiatom in der komplexen Skure [Mn(PO,),]H, sechs Koordinationsstellen zugeschrieben werden mussen. Unsere Versuche, auch in ammoniakhaltigen Komplexen des KobaKts drei Koordinationsstellen durch einen Phosphatorest zu besetzen, sind vollig erfolglos geblieben. Ein ernstlicher Grund fiir dieses ver- schiedene Verhalten der Phosphorsaure gegenuber komplexen An- ionen und Kationen ist bisher nicht einzusehen, wenn wir nicht auf s t eris che Hinder ungen zur u ck gr eif en w ollen , die vielleich t dur ch die drei umfangreichen A mmoniakmolekule in den Kobaltaniminen hervorgerufen werden .

DaS der Schw efelsaurerest sich leicht an der Bruckenbilldung beteiligt, wenn bereits eine andere Brucke zwischen zwei Kobalt- atomen vorhanden ist, hat man schon seit langerer Zeit beobachtet, und vor allem haben die beiden Kombinationen

C o c z > C o und C O < ~ ~ NH )Co 4

sich ale verhaltnismiil3ig bestandig erwiesen. Es ist

lungen, auch Salze mit der Kombination Go/ NHa>Co 'SeO,

uns nun ge-

dar zus t ellen.

Ebenso wie vorhin die Schwefelsaure die beiden Kobnltatolrie mit ihren beiden Hauptvalenzen verknupft, geschieht dies hier durch die beiden Hauptvalenzen der Selensaure. Das so konstituierte y-Amino-selenatodikobaltisalz fuhrte zu einem interessantern Fall von Analogie, der sich an einen von JUL. MEYER und H. MOLDEN- H A U E R ~ ) beobachteten Fall bei einem einkernigen Kobaltisaliz an- schlieSt. MEYER und MOLDENHAUER hatten zu dem Sulfatopent- amminkobaltiselenat [( NH,),Co( SO4)],( SeO,) das ionisationsisomere Selenatopentamminkobaltisulfat [(NH3)&o( SeO,)],( SO,) darsitellen konnen. G. DIRSKA und JUL. MEYER gelang es, zu dem e'auren Oktammin-psulfato-amino-dikobaltiselenat

daa entsprechende saure Oktammin-p-selenato-amino-dikobaltisulfat

[ (NHa)4Co<~~~co(NH,) ,I e (so,) (so4H)

zu gewinnen. Beide Salze iihneln sich weitgehend, wie denn iiber- haupt der innerkomplexe Ersatz der Sulfatogruppe duroh die Selemito.

1) JUL. MEYER u. H. MOLDENHAUER, Z. anorg. u. ally. Chern. 118 (1921), 24.

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gruppe keine merklichen Verschiedenheiten der physikalisohen Eigen- schaften zur Folge hat. Auch die chemischen Unterschiede sind bei oberflachlicher Betrachtung sehr gering.

Es sei an dieser Stelle auch noch auf einen anderen Fall von Ionisationsisomerie aufmerksam gemacht, den wir feststellen konnten. Das neu aufgefundene Nitratopentamminkobaltiselenat ist isomer mit dem von JUL. MEYER und H. MOLDENHAUER~) dargestellten Selenatopentamminkobaltinitrat :

[(NH,),Co( SeO,)] (NO,) isomer mit [(NH3),Co(N0,)] (SeO,).

Das Nitratoselenat gibt in wiiBriger Losung mit Bariumchlorid sofort einen w e i h Niederschlag von Bariumselenat, wiihrend das Selenatonitrat dies erst nach Zerstorung des Komplexes durch Hochen mit Natronlauge tuL Diese Isomerie der Selenatsalze ist noch eindeutiger als bei den entsprechenden Sulfaten, weil hier kein Kristallwasser vorliegt. Denn das Nitratosulfat unterseheidet] sich vom Sulfatonitrat noch durch ein Molekiil Kristallwasser. Da13 auch die Salpetersiiurereste im Nitratoselenat und Selenato- nitrat verschieden gebunden sind, beweist das verschiedens Ver- halten beider Salze gegen verdunnte Schwefel- oder SelensBure, die nur aus dem Selenatonitrat die Salpetersiiure austreiben.

Es zeigt sich also auch hier wieder eine Bestiitigung des Befundes, daB sich Schwefel- und Selensaure in den verschiedensten einfachen und komplexen Salzen vertreten konnen, ohne dab eine wesentliche Versohiedenheit der Eigenschaften dadurch bedingt wird. Beide Sauren sind eben ganz ungemein iihnlich.

Unsere Versuche, die Konstitution der neu aufgefundenen mehrkernigen Kobaltisalze aufzukliiren, haben die Sohlusse, die A. WERNER in seiner groBen Untersuchung ,,Uber mehrkernige Metallammoniake"2) nach dieser Richtung hin gezogen hat, im groSen und ganzen bestatigen konnen. Wir haben es aber fur nutzlich gehalten, die Anionen bei den zweikernigen Salzen nicht sumrnarisch an das Ende der Formeln zu setzen, sondern einen Teil vor die Komplexklammer, den andern Teil aber dahinter. Dadurch sol1 zum Ausdruck gebracht werden, in welcher Weise die anionischen Saurereste sich auf die beiden Zentralatome verteilen. So schreiben wir dem Oktammin-p-selenato-amino-dikobaltinitrat die Icon-

1 ) J a . MEYER u. H. MOLDENEAUEE, 1. c. 2) H. WERNER, Lieb. Ann. 876 (1910), 1.

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349 J. Meyer, 0. Dirska zlnd El Clemens.

stitutionsformel (N03),[(NH,)4Co(NH2)Co(NH3)J(N03) SeO, xu und

wollen dadurch zum Ausdruck bringen, daB die beiden ersten Nitrat- reste von den Hauptvalenzen des ersten Kobaltatoms, der letzte Nitratrest aber von der einen freien Hauptvalenz des zweiten Xobalt- atoms gehalten wird. Bei einer teilweisen Aufspaltung der I3ruclre durch Hydrolyse der Aminobindung mittels Wasser ergibt sich dann das Sdz (N0,),[(NH3),Co(NH3)-Se04-(OH)Co(NH,),]~~N03). Bei weiterer Aufspnltung, z. B. durch Chlorwasserstoff, bildeii sich dann die beiden Salze

(NO,)[(NH,),Co(SeO4)] -t- [C1(OH)Co(NH3)41 (NO,) unter Abspaltung eines Molekuls Salpetersaure. Theoretisoh ist auch die Bildung der beiden Salze (NO,),[(NH,),CoCl] und [(SeO,) (OH)Co(NH,),], ebenfalls unter Freiwerden eines Molekuls Salpetersaure, moglich. Indessen ist das gemeinschaftliche Auf- treten eines Saurerestes und einer basischen Hydroxylgruppe inner- halb der ersten Sphare bisher nicht beobachtet worden und auch an und fur sich sehr unwahrscheinlich. Nach unseren Erfahrungen erleichtert die von uns vorgeschlagene verteilte Schreibweise der Anionen an dem xweikernigen Kationkomplex auBerordentlich die 1Jbersicht daruber, wie sich diese Komplexe bei der Aufspadtung verhalten werden. Nehmen wir z. B. das Bromo-aquo-oktammin- p-amino-dikobaltichlorid, dem WERNER die Formel

[(H,O) (NH,),Co- NH,. Co(NH,),Br]Cl;

gibt. J e nachdem, ob dieses Salz bei der Aufspaltung durch Elrom- wasserstoffsaure ein Gemisch von Aquopentamminkobaltichloricl und Dibromotetramminkobaltichlorid oder von Aquotetramminbromo- kobaltichlorid und Bromopentamminkobaltichlorid gibt, werden wir ihm die Formel Cl,[(H,O) (NH,),Co---NH,-Co(NH$,Br]Cl oder Cl,[(H,O) (NH,),Co-NH,---Co(NH,),Br] C1, zuschreiben, weil die erste Formel uns bei der Aufspaltung durch ein Molekul HBr die Salze Cl,[(H,O) (NH3)$o] + [BrCo(NH,),Br]CI, die zweite Formel aber die Salze Cl,[(H,O) (NH,),CoBr] + [(NH,)Co(NH,),Br] C1, liefern mu&

Ganz entsprechend geben wir dem Hexammin-p-amino-diol-

dikobaltichlorid die Formel Cl[(NH,),Co---OH -Co(KH3)JC1,, weil

dieses Salz bei der Aufspaltung durch Chlorwasserstoff in ein Squi- molekulares Gemisch von

,NHa.*\

\OH I"

Page 9: Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate

Zur Kmntnis konzplaw Koballiseleraate. 341

c1[(NH3)3Co(H20)c121 f [(NH3)3Co(NH3) (H2O)ClI c12

zerfallt . Die von uns vorgeschlagene Schreibweise hat A. WERNER auch

schon einige Male angewendet, so z. B. um die Isomerie der normalen Erythrochromsalze und der normalen Rhodosalze zu verdeutlichen. Er schreibt diese isomeren Verbindungen in der Form:

Auch die versehiedene Funktion des drei- und des vierwertigen Kobaltzentralatoms wird von WERNER in dieser Weise verdeutlicht. Die Anhydrooxykobaltiake uncl die Oktammin-p-amino-peroxo- kobalti-kobaltesalze haben demnach die Konstitution :

TV

Die allgemeine Benutzung dieser Schreibweise ist wiinsch.ens- wert, da hierdurch das Verstandnis der Konstitution und der 'Um- setzungen, vor allem der Aufspaltungen der zweikernigen Komplex- salze doch recht erleichtert wird.

Die Konstitution des Hexammin-tetranitro-p-selenatodikobalts ergibt sich aus seiner Darstellung. Es wurde durch Behandeln von Chlorodinitrotriamminkobalt mit Selensaure erhalten, wobei die beiden Chloratome in zwei MolekWen des Triamminsalzes durch ein Molekul Selensaure ersetzt werden:

2[(NOz),(NH3)3CoC1] + H,SeO, = 2HCI + [(NO~)~(NH3)~Co~OSeO~O~Co(NH3)~(NC~~)~].

WERNER konnte fruher zeigen, daB in derartigen einkernigen Triamminsalzen der dritte innerkomplexe Saurerest leicht durch ein Molekul Wasser ersetzt wird und als ionisierbarer Saurerest in die aul3ere Sphare wandert. In Ubereinstimmung hiermit wird das in Wasser zuerst schwer losliche p-Selenatosalz allmahlich leichter loslich und wandelt sich infolge der Hydrolyse in das Dinitrotriammin- aquokobaltiselenat um:

[(N02)2(NH3)3Co'Se04.Co(NH3)3(N02)21 + 2H20

[(NO,) 2(NH3)3C0 (H20)12 ( Seo4) - Z. anorg. u. dlg. Chem. Bd. 139. 23

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342 J . Meyer, G. Dirska ulzd El Clemens.

Flir den Triammincharakter des p-Selenatosalzes spricht aucli sein Verhalten gegen Natriumnitrit, wodurch es sich leicht in das wohlbekannte Trinitrotriamminkobalt iiberfuhren laBt : L(NO,),(NH,),Co. SeO,.Co(NH,),(NO,),] + 2NaN0, =

NazSeO4 + ~ [ ( N O Z ) , ( N H ~ ~ C ~ ] * E benfalls eindeutig bezeichnend fur seine Konstitution ist sein

Verhalten gegen konzentrierte Salzsaure , wobei die fiir das Diohro- salz oder Dichloroaquotriamminliobaltsalz charakteristische blau- violette Farbe der Losung eintritt. Durch die konzentrierte Salz- saure wird erstens die innerkomplexe Selensaure heraushydrolysiert und durch ein Molekiil Wasser ersetzt, und zweitens werden die Nitrogruppen durch Chloratome ersetzt : ~(NO,),(NH,),Co- SeO,. Co(NO,),(NH,),] + 4HC1 + 2H,O =

2[(NH3),Co(H,0)C1,] + H,SeO, + 4HN0,. Die Konstitution des zweiten, von uns aufgefundenen zwei-

liernigen Kobaltsalzes mit einer Selensiiurebrucke ergibt sich am seiner Darstellungsweise, indem man das Oktammin-p-amino-01- dikobaltichlorid mit Selensaure zusammenbrachte. Die Konstitution dieses Salzes hat A. WERNER~) erforscht und er gibt ihm die Formel

[(NH3),Co('~~)Co(NH,),]C1, . Eei der Behandlung mit Selen-

saure wird die 01-Erucke durch den Selenatorest ersetzt, wobei eine Anderung der Wertigkeit des komplexen Kations eintritt, well der 01-Rest nur eine, der Selenatorest aber zwei Hauptvalenzen betatigt. Die Wertigkeit des Kations mu13 demnach urn eins fallen uncl von vier auf drei herabgehen. Da13 der Selensaurerest, innerkornplex vorhanden ist, geht daraus hervor, dal3 das Nitrat dieser Reihe mit Rariumchlorid keine Fallung gibt. Erst nach Aufspaltung des t3alzes durch konzentrierte Salzsaure konnte Selen nachgewiesen werden, indeni die frei gewordene Selensaure durch den Chlorwasserstoff zu seleniger Saure reduziert wird, die dann durch Hydrazinhydrat xu elementarem Selen reduziert wird. Die Gewinnung aus dein seiner Konstitution nach bekannten ,u-Amino-olsa,lze und seine weitgehende Ubereinstimmung mit dem von WERNER und BA SELLI

aufgeklarten p-Amino-sulfatosalze machen es zweifellos, da13 dem Selenatosalz, insbesondere dem Nitrate dieser Reihe die E'ormel

( '3) [(NH3)4co\F;e /NH~"~Co(NH3)4](N03)z o,/ zukommt.

I ) A. WERNER u. A. BASELLI, 2. u~zarg. Chem. 16 (189Y), 111.

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Bur Kenntnis kompleser Kobadtisdenate. 343

Bei den anderen neu dargestellten nnd untersuchten Kobalt- komplexsalzen befindet sich der Selensaurerest auoerhalb des Kom- plexes, dessen Konstitution aus friiheren Untersuchungen her meistens bekannt ist. Erganzungen und Erlauterungen zu diesen Salzen wollen wir daher bei der Besprechung cler einzelnen Verbindungen selbst im experimentellen Teile geben.

Nur ein Punkt von allgemeinerer Bedeutung mu13 hier noch hervorgehoben werden. Unter den Peroxokobaltisalzen haben wir ein Tetrahydroselenat [(NH,),Co- 0,- Co(NH,),] (SeO,H), dargestellt. Diese Anhaufung von vier Hydroselenatgruppen um einen Kern ist recht auffallig und man sollte wohl erwarten, da13 sich aus diesen vier Hydroselenatgruppen zwei Molekule Selensaure abspalten, so da13 das normale Selenat [(NH,),Co. 0,- Co(NH,),] (SeO,), zuruck- bleibt, das wir auf andere Weise auch erhalten haben. Es ist nicht unwahrscheinlich, daB diese ungewohnliche Anhaufung von Hydro- selenatgruppen mit der ungewohnlichen Grorje des Kations in Be- ziehung steht. Verteilen wir die vier Hydroselenatgruppen in der oben geschilderten Weise auf die beiden Kobaltatome, so ergibt sich die Formel (HO,Se),[(NH,),Co. 0,- Co(NH,),](SeO,H), . Salze mit zwei Hydroselenatgruppen oder auch mit zwei Hydrosulfat- gruppen kennen wir schon in grorjerer Anzahl. So ist z. B. die Existenz der Verbindungen Ba(SO,H), und Ra( SeO,H),l) sicher- gestellt worden. Salze mit einer Hydrosulfat- oder -selenatgruppe sind in geniigender Anzahl bekannt; es braucht nur an die sauren Alkalisulfate und -selenate erinnert zu werden. Demnach fehlt noch ein Salz mit drei Hydrosulfat- oder -selenatgruppen, damit die Reihe vollstandig wird. Wir werden an anderer Stelle iiber diesen neuen Typus von Salzen ausfiihrlicher berichten.

Experimenteller Teil. Einkernige Kobaltiselenate.

Obwohl von JUL. MEYER und H. MOLDENHAUER,) schon eine erhebliche Anzahl von einkernigen Kobaltiammoniakselenaten dar- gestellt worden war, haben wir diesen Kreis doch noch vervollstiindigt, einnial um Ausgangsmaterialien fur mehrkernige Salze zu gewinnen, und dann, um das Verhalten der Selensaure in noch nicht unt,er- suchten einkernigen Reihen kennen zu lernen. Bisher haben Twir

JUL. MEYER u. W. FRIEDRICH, 2. physik. Chem. 101 (1922), 497. 2, JUL. MEYER u. H. MOLDENHAUER, 1. c.

23 rl

Page 12: Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate

35 einkernige komplexe Kobaltiselenate dargestellt, die zumi Teil schon in der erwahnten Veroffentlichung von MEYER-MOLDENItAUER

beschrieben sind. H exammin - k o b a1 tis el ena t p e r s u l f a t

L(NH3)6Co]2(Se04)2(Sz08). Zu dem bekannten Luteokobaltselenat [(NH3)6Co]2( SeO,), * 5H20 fugen wir ein Selenat - persulfat [(NH3)6Co]2(Se04)2. (S20,), das wir bei der Oxydation von ammonia- kalischen Ko baltoselena tlosungen mi t tels Ammoniumpersulfa, t er- hielten und das ein Analogon zum Hexamnlinkobaltisulfatpersulfat von J~RGENSEN~) ist. 10 g kristallisiertes Kobaltoselenat wurden in 50 ccm warmem Wasser aufgelost und nach der Filtration rnit 10 g kauflichem Ammoniumpersulfat und 50 ccm 20 O/,iger Ammoniak- losung in eine Selterflasche mit PatentverschluB gebracht, die in kaltes Wasser gestellt wurde. Nach 24 Stunden hatte sich ein reich- licher Niederschlag von dicken, gelben Blattchen ausgeschieden, die von der roten Mutterlauge abgetrennt und rnit kaltem V'dasser gewaschen wurden, bis das Waschwasser von rot nach gelb umschlug. Das rnit Alkohol gewaschene und getrocknete Salz erwies sieh als kristallwasserfrei und anderte sich auch nach langerem Erhitzen auf 100, im Trockenschrank nicht in seiner Zusammensetzung.

Bei der Analyse ergaben 0,2404 g Salz 0,0939 g CoSO,, 0,3710 g Salz 0,1459 g CoSO,, 0,4011 g Salz 0,0712 g Se, 0,1151 g Salz 0,0774 g KeSO,. Fiir das Salz [(NH3)6Co]2(Se0,)z(S,0,) berechnen sich 14,7O/, Co, 19,8O/, Se und 8,0°/, S, wahrend 14,9 und 15,1°/, Co, 17,S0/, Se und 9,2O/, S gefunden wurden. Dieser Uberschul3 an S und dieser Fehlbetrag an Se ist wohl darauf zuruckzufuhren, daB das Persulfat infolge seiner Oxydationswirkung auf das Kobalto- salz eu Sulfat reduziert wird und daB in dem entstandenen Selenat- persulfat ein Teil des Selenats durch Sulfat ersetzt worden ist. Es liegt also wahrscheinlich eine kleine Verunreinigung durch fiulfat- persulf at vor.

IIaB wir es mit einem Hexamminsalz zu tun haben, geht rnit Sicherheit aus dem Verhalten gegen Natriumpyrophosphatllosung hervor, mit der sich rotlichgelbe Kristiillchen bilden, die fiir die Luteosalze charakteristisch sind.

Das Hexamminkobaltiselenatpersulfat besitzt die rotlichgelbe Parbe der Luteosalze. Aus schwach selensaurehaltigem TYasser 1813t es sich umkristallisieren, brauchf aber infolge seiner Sohwer- liislichkeit rund hundert Toile Losungsmittel. Aus 10 g Xobalt-

1. Hezamminsalze.

__-__ ') JORGENSEN, Z. anory. Chem. 17 (1898), 469.

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Zur Kenatnis komplexw Kobaltisehnate. 345

selenat wurden so 4 g Hexamminsalz erhalten. Beim Kochen mit Salzstiure entweicht reichlich Chlor, das zum Teil durch die Oxy- dation des Chlorwasserstoffs durch das Persulfat, zum andern Teil durch die Selensaure entsteht.

Sau res Diaquodipyridindiamminkobaltiselenat

~(HzO)zPYz(NH,)zCol( SeOJ (SeOP).

C~~z~HzO)z (~H3)z~oI C1

Wir gingen vom Dichloro-diaquo-diamminkobaltochlorid

aus, dessen Konstitution noch nicht bekannt ist und das wir nach WERNER und FEENSTRA~) durch Behandeln mit Kaliumchlorid und Pyridin in Hydroxo-aquo-dipyridin-diamminkobaltichlorid uber- fuhrten. Eei den Versuchen, das so erhaltene Rohprodukt, das als solches sehr unbestandig ist, nach WERNERS Angaben durch Umkristallisieren zu reinigen, mul3ten wir einen erheblichen Verlust an der kostbaren Substanz feststellen. WERNER hat wohl die Un- bestandigkeit des Hydroxo-aquo-dipyridin-diamminchlorids im un- reinen Zustande hervorgehoben, aber uber die Ausbeuten vor wie nach der Reinigung nichts gesagt. Da wir auf langere Haltbarkeit des Hydroxochlorids keinen Wert legten, so verarbeiteten wir das Rohprodukt unmittelbar auf das Diaquo-dipyridinsalz, indem wir das Hydroxo-aquosalz mit der gleichen Menge konzentrierter Salz- saure verrieben und die Masse auf Tonscherben trockneten, urn so das graue Produkt von der sauren Mutterlauge zu trennen. Durcli Fallung einer eiskalten, waBrigen Losung dieses Rohprodukts dnrch tropfenweisen Zusatz konzentrierter Salzsaure wurden drei Krist(al1- fraktionen dargestellt, von denen aber nur die erste vollkomrneii rein war und zur Verarbeitung auf das Diaquo-dipyridin-diammin- selenat verwendet werden konnte. Fraktion I1 diente zu quali- tativen Versuchen.

Das gesuchte Selenat wurde durch doppelte Umsetzung des Chlorids mit Silberselenat erhalten. Es wurden 3 g Diaquo-di- pyridin-diamminkobaltichlorid unter Eiskuhlung in der gerede erforderlichen Menge eiskalten Wassers gelost und dann ebenfalls unter Kiihlung mit der berechneten Menge 2,6 g Silberselenat ge- schiittelt. Nach dem Absaugen des Chlorsilberniederschlegs wurde das Filtrat mit einigen Tropfen konzentrierter Selensaure versetzt, worauf aber keine Salzausscheidung erfolgte, wie nach dem Ver- halten des Sulfats vielleicht hatte erwartet wirden konnen. Dwch

1) A. WERNER u. R. FEENSTRA, Bed. Ber. 39 (1906), 1540.

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346 J. Heyer, Ct. Dirska und E: Clemens.

Zusatz von Alkohol konnte aber der groBte Teil des Selenats aus- geschieden werden. Aus dem so erhaltenen rosa-violetten Produkt wurde eine konzentrierte wiiBrige Losung hergestellt, die rnit kon- zentrierter Selensiiure versetzt wurde. 2,5 g Salz verbrauchten hierbei 5-6 ccm H,SeO,. Nach mehrtiigigem Stehen uber Schwefel- siiure schieden sich aus der dunkelroten Losung Kristalle his zu 9 mm GroBe von prachtvoller braunroter Farbe aus, die monoklin- prismatisch mit hexagonalem Habitus waren. Die Ausbeute betrug 2 g.

Bei der Analyse ergaben 0,1482 g Salz 0,0411 g CoSO,, 0,1110 g Salz 0,0310 g CoSO,, 0,1971 g Salz 0,0541 g Se, 0,2580 g Sala 0,0703 g Se, 0,3734 g Salz 30,7 ccm N, bei 17, C und 757,4 mm. Fur das Sala [(H,O),(NH,),Py,Co] (SeO,) (Se0,H) berechnen sich 10,3O/, Co, 27,6,/, Se und 9,7O/, N,, wiihrend gefunden wurderi 10,5 und 10,6O/, Co, 27,3 und 27,2O/, Se und 10,5O/, N,.

DaB wir es mit keinem normalen, sondern mit einem sauren Salze zu tun haben, zeigt die stark saure Reaktion der wBIIrigeri Losung des Salzes an. Reim Versetzen der Losung mit st8arkei Natronlauge tritt Pyridingeruch auf. Beim Kochen wird die rote Losung bald grun und dann blaugrun, wobei sich Kobaltosalze bilden. Bei langerem Stehen der waBrigen Losung in der Kalte tritt ebenfalls Zersetzung ein, wie der bald auftretende Pyridin- geruch anzeigt. Die Loslichkeit des Selenates in Wasser ist etwas grol3er als die des entsprechenden Sulfates, eine Erscheinung, die wir schon fruher bei anderen Salzen ebenfalls haben feststellen konnen.

In diesem Salze haben wir ein zweites pyridinhaltiges, kom- plexes Kobaltiselenat aufgefnnden. Dem ersten von JUL. &[EYER

und H. MOLDENHAUER dargestellten Salze kam die Formel 1,6-Di- chlorotetrapyridinkobaltiselenat [Cl,CoPy,l Se0,H. H,O zu.

N i t r a t o p e n t a mmi n ko b a1 t i - s e l e n a t [(NO,)Co(NH,),] SeO,. Zur Darstellung dieses Salzes gingen wir von dem bekannten Nitratopentamminchlorid ausl), von dein wir je 4 g rnit 100 ccm 20°/,iger Selensaure ubergossen urtd bei gewohnlicher Temperatur so lange mit Wasser versetzten, bis alles in Losung gegangen war. Die blare, rote Lijsung wurde d a m mit 100 ccm gewohnlichem Alkohol versetzt, wodurch ein Niederschlag von rosafarbenen Nadeln entstand. Das Salz wurde abgesaugt, rnit 50°/,&em Alkohol gewsschen und lufttrocken analysiert. Die Ausbeute war 2 g. Beim Erhitzen im Trockenschrank trat keine

2. Monacidopentamminsalze.

1) JORGENSEN, Jo?tm. prakf. Chem. [2] 23 (1881), 237.

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Zur Kenntnis komplexer Kobtsltisclenate. 341

wesentliche Veranderung im Verhalten und in der Zusammen- setzung ein.

Bei der Analyse ergaben 0,1360 g Salz 0,0608 g CoSO,, 0,2098 g Salz 0,0921 g CoSO,, 0,1737 g Salz 0,0397 g Se, 0,2813 g Salz 0,0634 g Se. Fur das Salz [(NO,) (NH&Co] SeO, berechnen sich 16,9°/0 Co und 22,7°/0 Se, wahrend 17,O und 16,7°/0 Co, nnd 22,9 und 22,5O/, Se gefunden wurden.

Schuttelt man das Selenat rnit halbverdunnter Salzsiiure, so bildet sich das schwerer losliche rotviolettstichige Chlorid dieser Reihe. In heiSem Wasser ist das Selenat leicht loslich. Bei langerem Kochen tritt Zersetzung ein. Beim Behandeln der Losung mit heillem Ammoniak geht die Farbe in ziegelrot uber, ein Zeichen, dalj sich ein Aquopentamminsalz gebildet hat. Beim Erhitzen mit verdunnter Schwefelsaure wird keine Salpetershre abgespalten. Mit Barium- chlorid wird sofort Bariumselenat ausgefallt.

Auf die Isomerie des Nitratoselenats mit dem Selenatonitrat ist bereits hingewiesen worden.

Isorhodanatopentamminkobel t iselenat [(NCS)(NH,),Co]SeO4.2H,O.

Bei der Behandlung von Aquopentamminkobaltisalzen rnit Rhodan- kalium bilden sich Isorhodanatoverbindungen, was A. WERNER dadurch nachweisen konnte, da13 in diesen Produkten der Rhodan- rest mittels des Stickstoffatoms am Co-Atom haftet. Denn bei der Behandlung der Isorhodanatosalze erhielt er Hexammine. Die gelbe Farbe der Hexamminverbindungen wird durch Eintritt eines Isorhodanatorestes nach rotbraun hin vertieft. Die Darstellung des Isorhodanatopentamminkobaltiselenates ist der erste Versixch, rhodanhaltige Komplexe mit Selensaureresten in Verbindung zu bringen. Eine hde rung im Verhalten des Komplexes wurde nicht beobachtet und war auch nicht zu erwarten, da der Selenatresl, ja als Anion gegenuber dem komplexen Kation fungierte.

Zu 15 g Aquopentamminkobaltiselenat , die nach JUL. MEYER und H. MOLDENHAUER~) gewonnen waren, wurden 200 ccm Waeser gegeben, die mit 2 ccm Eisessig versetzt worden waren. Dann wurde auf 70-800 erwarmt und xu der Losung wurden 10 g Kaliurn- rhodanid in 130 ccm Wasser gegeben. Die klare Losung wnrde noch eine Stunde auf 85O erwarmt und dann filtriert. Das Filtrat wurde dann mit 20 ccrn verdunnter EssigsBure versetzt und auf

I) JUL. MEYER u. H. MOLDENRAUER, 2. anorg. w. uEEy. C'lhem. 118 ( l S Z l ) , 26.

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348 J.Heyer, cf. Dirska wnd El Cl~rnens~

dem Wasserbade bei ungefahr 80° auf ein Drittel eingedampft. Beim Abkiihlen schieden sich dann Kristalle ab, deren Menge sich bei langerem Stehen noch etwas vermehrte. Nach dem Absrtugen und Waschen mit halbverdiinntem Alkohol wurde das nicht ganz reine Salz noch einmal aus heiljem Wasser umkristallisiert, wodurch 6 g glimmerartige, gelbbraune, glanzende Blattchen erhalten wurden.

Bei der Analyse ergaben 0,0965 g Salz 0,0392 g CoSO,, 0,2227 g Salz 0,0465 g Se. Fur das Salz [(NCS)(NH,)5Co]Se0,-2H,0 be- rechnen sich 15,5O/, Go und 20,S0/, Se, wahrend 15,5O/, Co und 20,9O/, Se gefunden wurden.

Das Selenat lost sich langsam in der Kalte, schneller beira Er- warmen. Beim Versetzen der waljrigen Losung rnit konzentrierter Salz- oder Salpetersaure entstehen hellgelbrote kristalline Nieder- schlage. Dieser Umstand machte sich bei der Selenbestimmung stiirend bemerkbar, da bei der Behandlung des Salzes rnit kon- zentrierter Salzsaure zur Reduktion der Selensaure im Jannek- apparate das erwahnte gelbrote Salz ausfiel, das beim Iangeren Kochen violettrote Farbe annahm, aber nicht in Losung ging. Dieses ausgefallene selenfreie Produkt mul3te durch Abfilt rieren nach dem Erkalten entfernt werden. Beim Auswaschen des Nieder- schlages ging derselbe aber in Losung, um durch Zusatz von kon- zentrierter Salzsaure wieder ausgefallt zu werden. Die 13elen- bestimmung wurde daher von nun so ausgefiihrt, dalj in der ublichen Weise rnit Salzsaure und Hydrazinhydrat ohne Rucksicht auf den mftretenden gelbroten Niederschlag reduziert und das Gemisch von Selen rnit dem gelbroten Kobaltsalz in einen Goochtiegel filltriert wurde. Durch Waschen mit heil3em Wasser konnte der beigemengte Niederschlag dann restlos entfernt werden. Im Filtrat selbs t war liein Selen mehr nachweisbar.

C a r b on a t o p e n t a m m i n k o b a 1 t i s e 1 en a t [ (CO,) (NH,),],SeO,. Dieses Salz, dessen Konstitution und dessen zwitterhafte Carbonat- bindung bereits erortert worden ist, wurde gewonnen, indem 20 g kristallisiertes Kobaltselenat in der gerade notwendigen Menge Wasser gelost und rnit einer Liisung yon 50 g Amnioniumearbonat in 50 ccm Wasser und SO ccm 20°/oigem Ammoniak bri Zirnmer- temperatur versetzt wurde. Die schon violettrot gefarbte Flussig- keit wurde dann drei Stunden lang in der Kalte mittels Hindurch- leiten von Luft oxydiert. Beim FBllen der filtrierten Flussigkeit rnit Alkohol setzte sich ein dunkelroter, dickflussiger Sirup zu Boden, der durch Dekantieren von drr darizberstehentlen Flussigkeit getxennt

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Zur Kenntnis h p l e x e r Kobaltisdmattx 349

wurde. Die qualitative Untersuchung des Ules ergab die gewunschte Anwesenheit von Kohlensaure, Selensiiure und Ammoniak. Aber die olige Masse konnte auf keine Weise zur Kristallisation gebracht werden, selbst nicht beim Eindunsten im Schwefelsaureexsikka,tor. Folgender Weg fuhrte endlich zum Ziele. Die oxydierte Flussig- keit wurde im luftverdiinnten Raume unter ofterem Zusatz von etwas festem Ammoniumcarbonat eingeengt. Naeh einigen Tagen schieden sich aus der eingeengten Flussigkeit dunkelviolettrote, perlmutterglanzende Schuppchen ab, von denen im ganzen 12 g erhalten wurden. Alkohol eignet sich nicht als Waschfliissigkeit, da die Kristalle damit wieder in den Sirup ubergehen. Wegen seiner iiberaus grofien Loslichkeit in Wasser eignet sich auch Wasser nicht als Waschflussigkeit. Um das Salz nooh einmal umzukristallisieren, wurde es in moglichst wenig Wasser aufgelost und dann wie oben im luftverdunnten Raume auskristallisiert. Aus 10 g Rohprodukt erhielten wir so 6 g reines Salz, das lufttrocken analysiert wurde, da es beim Trooknen in der Warme Zersetzung erleidet.

Bei der Analyse ergaben 0,1139 g Salz 0,0650 g CoSO,, 0,1715 g Salz 0,0979 g CoSO,, 0,2455 g Salz 0,0362 g Se, 0,2651 g Salz 0,0392 g Se. Fur das Salz [(CO,)(NH,),Co],SeO, berechnen sich 21,4O/, Go und 14,4O/, Se, wahrend 21,7 und 21,7O/, Co und 14,7 und 14,8°/0 Se gefunden wurden.

Das Carbonatoselenat ist sehr unbestiindig, was auf die lose Bindung des Kohlensaurerestes und auf seinen leichten Zerfall in Kohlendioxyd zuriickzufuhren ist. Schon bei der Behandlung mit verdunnten Mineralsamen findet Zersetzung unter GO,-Entwicklung statt. Das Salz ist aufierordentlich leicht loslich und nur schwer kristallinisch zu erhalten. Beim Versetzen der waI3rigen Losung mit Bariunichlorid entsteht eine weifie Fallung, die beim Erwarmen mit verdunntem Ammoniak unverandert bleibt, in saurer Losung aber infolge der Zersetzung des Salzes schmutzig graubraun wird. Der weifie Niederschlag, der von der ammoniakalischen Losung getrennt wurde, konnte durch Reduktion mit konzentrierter Salz- saure als Bariumselenat identifiziert werden. Damit ist bewiesen, daB die Selenssure als Anion in ionisierbarer Form vorliegt, wahrend der KohlensBurerest innerkomplex, zum mindesten zur Halfte inner- komplex gebunden ist.

Das Carbona to t etramminkobaltiselenat [ (C 0,) ( NH,),CoI2 Se 0, is t von uns schon friiher dargestellt worden und unterscheidet sich, abgesehen von dem einen Ammoniakmolekul, durch seine dunkel-

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350 S. Neyer, G, Dirska zcnd l? Ctemem

rote Farbe, durch seinen Kristallwassergehalt von 3H,O und durch seine geringere Loslichkeit von dem Pentamminsalz. Ferner liefert das Tetramminsalz bei der Behandlung mit verdunnten SLuren Diaquotetramminsalze, wiihrend das Carbonatopentamminsalz unter diesen Umstanden ein Aquopentamminsalz zu liefern scheint.

0 xa l a t o p e n t a m m i n ko b a1 t i s e 1 e n at . Die Haftfestigkei t des Oxalatorestes in diesen Salzen ist erheblioh grol3er als die des Kohlen- siiurerestes in den soeben besprochenen Verbindungen. Der C:rund hierfur liegt nicht etwa in einer anderen, besonderen Art der Bindung zwischen Oxalsaure und Zentralatom, sondern darin, daB auch die einseitig gebundene Kohlensaure noch in fluchtiges Kohlendj oxyd zerfallen kann, wahrend ein solcher Zerfall bei der Oxalsiiure nicht eintritt. Die halbseitige Bindung der Oxalsiiure im Komplex ist so fest, daB sie durch Calciumchlorid nicht ausgefallt wird, ein Ver- halten, das wir bei den Carbonatopentamminen auch schon kennen gelernt haben. Bemerkenswert ist, daB die Oxahtopentammine das Bestreben haben, neben den normalen auch noch saure Balze zu bilden. So haben wir neben dem [(NH,),CoC,O,~SeO,H~ H,O auch ein Salz [(NH3),CoC,04],( Se04). 3H,O gewinnen konnen.

Das s a u r e 0 x a 1 a t o p e n t a m m i n k o b a 1 t i s e 1 e n a t [(NH,),CoC,OhJ SeO,H- H,O

haben wir erhalten , indem wir 5 g Aquopentamminoxalatl) [(H,O) (NH3),Co],[C,0,], mit 2 g Oxalsgure in 130 ccm Wasser zum Sieden erhitzten und eine halbe Stunde auf dem Wasserbade stehen liel3en. Nach dem Erkalten wurden 30 ccm lO%ige Selensaure und 300 ccm Alkohol langsam in kleinen Anteilen hinzugegeben. Der Niederschlag wurde abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und iiber Schwefelsaure aufbewahrt. Das ziegelrote Kristallpnlver verlor weder im Exsikkator, noch an der Luft, noch im Trocken- schrank bei 90° an Gewicht.

Bei der Analyse ergaben 0,2889 g Salz 0,1117 g CoSO,, 0,2189 g Salz 0,0841 g CoSO,, 0,2597 g Salz 0,0515 g Se und 0,3011 g Salz 0,0598 g Se. Fur das Salz [(NHJ,CoC,O,] SeO,H.H,O berechnen sich 14,9O/, Co und 20,1°/, Se, wahrend 14,7 und 14,6% Co, und 19,8 und 18,9°/o Se gefunden wurden.

Das Salz ist in Wasser ziemlich schwer loslich. Die wiil3rige Losung reagiert sauer, was auf ein saures Salz hindeutet. Die kalt- gesattigte Losung gibt weder mit Salz- noch rriit Salpetersaure einen

1) JORGENSEN, 2. unorg. Chem,. 17 (1898), 461.

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Zur Eemtnis kompEeaer Kobaltiselenate. 35 1

Niederschlag, ebensowenig mit Calciumacetatliisnng. Mit Kalium- bichromat entstand nach langerem Stehen ein hellorangefarbiger Niederschlag. Zum Nachweis der Oxalsaure wurde das 8alz mit Natronlauge aufgekocht, der entstandene Niederschlag in moglichst wenig Salzsaure gelost, nach Zugabe von einigen Tropfen Perhydrol und Natronlauge aufgekocht und vom Kobaltihydroxyd abfiltriert. Das mit Essigsaure angesaurete Filtrat wurde mit Natriumacetat versetzt, aufgekocht und die Oxalsaure init Calciumchlorid gefiillt. Zur Identifizierung wurde die Entfarbung durch Permanganatlosung angewendet .

Das n o r m a l e 0 x a1 a t o p e n t a m m i n k o b a1 t i s e 1 e n a t

[(NH~)&O%O~IZ. (SeO4). H 8 wurde aus dem sauren Salze hergestellt, indem 200 ccm einer ge- sattigten Losung dieses Salzes, die etwa 2 g Salz enthielt, unter Ruhren mit Ammoniak neutralisiert wurden, worauf langsam 100 ccni Alkohol hinzugefugt wurden. Nachdem das dabei ein wenig warm gewordene Gemisch wieder abgekuhlt war, wurde das ausgeschiedene Salz abfiltriert und mit Alkohol gewaschen. Das rosenrote kristal- linische Salz ist noch schwerer loslich als das saure Salz. Die luft- trockene Verbindung enthielt 3 Molekule Kristallwasser.

Bei der Analyse ergaben 0,1325 g Salz 0,0631 g CoSO,, 0,2356 g Salz 0,1131 g CoSO,, 0,2561 g Salz 0,0310 g Se. Fur die Verbindung [(NH3),CoC20,),(Se0,)~3H,0 berechnen sich 17,8O/, Go und 12,0°/, Se, wahrend 18,l und 18,3O/, Co und 12,1°/, Se gefunden wurden.

Die w5iBrige Losung dieses normalen Selenates reagiert neutral. Mit Bariumchlorid erfolgt sofortige Ausscheidung von Barium- selenat. Mit Kaliumbichromat entsteht merkwurdigerweise keine Fallung. Im iibrigen zeigt dieses Salz dieselben Reaktionen wie das vorhin besprochene saure Selenat.

H y d r o x o - a q u o t e t r a m m i n k o b a l t i s e l e n a t [(OH) (H2O)Co(NH3)4] SeO4.

Die von WERNER entdeckten Hydroxo-aquotetramminsalze ent- stehen aus den Diaquotetramininsalzen durch Einwirliung von konzentriertem Ammoniak nach der Gleichung :

[(H,O)~CO(NH~),]X, + NH, = [(OH) (H~O)CO(NH~)JX~ + NH4X.

Die blauroten Verbindungen zeigen in waBriger Losung deutlich Sowohl hieraus als anch aus der verminderten basisohen Charakter.

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Wertigkeit gegenuber den Diaquosalzen ergibt sich die angenommene Formel, die ihre Bestiitigung auch noch durch ihr Verhalten gegen Kohlendioxyd findet. Hierbei findet nkimlich folgende Umsetzung statt:

2[(OH) (HzO)Co(NH3)JXz + COZ ==

[(CO3)Co(NH3)4]X + [(HzO)zCo(NH3hIX3* Zur Darstellung des Selenates wurden 10 g Dia,quotetrammin-

kobaltiselenat, die nach JUL. MEYER und H. MOLDENHAUER~) ge- wonnen worden waren, unter Erwarnien in 120 ccm ganz schwach essigsaurehaltigem Wasser aufgelost und nach dem Abkuhlen tropfen- weise mit Pyridin versetzt, bis der bei jedem Tropfen erscheinende und beim Umruhren wieder verschwindende Niederschlag beshehen blieb. Naoh 10 Minuten wuxde dann abgesaugt, der Niederschlag mit Alkohol und Ather gewaschen und an der Luft getrocknet. Die Ausbeute betrug 4,5 g.

Bei der Analyse ergaben 0,4007 g Salz 0,1832g CoSO,, und 0,6302 g Salz 0,1487 g Se. Fiir das Salz [(OH) (H,0)Co(NH3),]. SeO, berechnen sich 17,3O/, Co und 23,20/,, Se, wSihrend 17,4O/, Co und 23,6O/, Se gefunden wurden,

Das Hydroxoaquoselenat wurde in violetten Schuppen erhalten, die in Wasser ziemlich loslich sind.

Chloro-aquo-tetramminkobaltiselenat [GI( H,O)Co( NH,),] SeO, .

Dieses Salz sollte uns als Ausgangsmaterial fur das Oxalatotetrammin- selenat dienen. Die von VORTMANN~) entdeckte und von J~RGENSEN~) genauer untersuchte Aquo-chlorotetramminreihe stellt sich in ihrem chemischen Verhalten den Monacidopentamminsalzen weitgehend an die Seite. Nur insofern zeigt sie Verschiedenheiten, als durch die besondere Natur des komplex gebundenen Aquomolekuls bedingt wird. Uber die Konfiguration des Aquo-chloro-tetramminmolekiils sind bisher keine bestimmten Ailgaben gemacht worden. Theo- retisch sind zwei Isomere moglich, indem der Chlorwasserstoffsaure- rest und das Aquomolekiil einmal benachbart, in l,a-Stellung, das aiidere Ma1 diagonal in 1,6- Stellung sich befinden konnen.

1) JUL. MEYER u. H. NQLDENHAUEX, 2. morg. u. allg. Chem. 118 (1921:, 28. ?) VQRTMANZT, Ber. deutsch. chem. Ges. 10 (1877), 1451. 3, J~RGEKSEK, 2. anorg. Chein. 17 (1898), 466.

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Zur Kenntnis komplexw Kobaltiselenate.

CI c1

353

I I H20

Nach ihrer Entstehung aus den 1,6-Dichlorosalzen sollte man den Aquo-chlorosalzen ebenfalls die 1,6-Stellung geben. Anderer- seits ist man aber auch berechtigt, die 1,2-Stellung anzunehmen, und zwar auf Grund der Eigenschaft der Aquo-chlorosalze, in wBBriger Losung leicht in ein Diaquosalz uberzugehen, welches bei den Tetr- amminen bisher nur in der 1,2-Stellung bekannt ist. Auch die violette Farbe des Aquo-chlorosalzes spricht f i i r die 1,2-Stellung, da die 1,2-Dichloro- und die 1,2-Dibromosalze gleichfalls violett sind, wahrend die entsprechenden isomeren 1,6 -Verbindungen grune Farbe besitzen. Diese beiden fur die 1,2-Stellung sprechenden Griinde sowie die Erscheinung, daB bei der Darstellung der Di- halogentetramminsalze primar die violetten 1, 2-Formen entstehen, die erst unter der Einwirkung von Sauren in die 1,6-Stellung sich umlagern, fuhren zu dem sehr wahrscheinlichen und wohl :auch sicheren Schlusse, daB der Chlorwasserstoffrest und das Aquomolekiil sich in unseren Salzen in l,%Stellung befinden, da8 also eine cis- Verbindung vorliegt.

Zur Darstellung des Aquo-chloroselenates wurde das Woh- produkt des nach JORGENSEN~) dargestellten Aquo-chlorotetrammin- chlorids verwendet. 20 g rohes Aquo-chlorochlorid wurden auf ein Filter gebracht und mit 600 ccm kaltem, schwach selensamem Wasser ausgezogen. Das Ansauern hatte den Zweck, die leicht eintretende Bildung von Diaquosalz zu verhindern. Auf dern Filter blieben hierbei die schwerer loslichen Beimengungen von DichIoro- tetrammin- und Chloropentarnminchlorid zuriick. Zu dem Filtrat wurden alsdann 100 ccm einer 400/,igen Ammoniumselenatlosung hinzugefugt, worauf die Losung sich fur zwei Tage selbst iiber- lassen wurde. Die ausgeschiedenen violetten Kristallchen wurden dann abgesaugt und mit wenig eiskaltem Wasser gewaschen. Die Ausbeute betrug 11 -12 g Aquo-ohloroselenat.

Bei der Analyse ergaben 0,1419 g Salz 0,0672 g CoSO,, 0,1907 g Salz 0,0918 g CoSO,, 0,2567 g Salz 0,0621 g Se und 0,1848 g Salz 0,0883 g AgC1. Fiir das Salz [Cl(H,O)Co(NH,),] SeO, berechnen

JORGENSEN, 8. anorg. Chem. 17 (1898), 466; Jowm. prakt. Chem. 1[2] 42 (1890), 212.

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354 J. Meyer, G. Dirska und F. Clemens.

sich 18,2O/, Co, 24,5O/, Se und 11,5O/, C1, wahrend 18,O und 18,3°/0 Go, 24,2O/, Se und 11,8°/o C1 gefuiiden wurden.

Die mikroskopisch kleinen, aber gut ausgebildeten Nadeln sind n i t denen des rhombisch kristallisierenden Sulfats isomorph. Das lufttrockene Salz verliert beim Aufbewahren iiber Schwefelsaure sowie im Trockenschrank bei 100° nicht an Gewichb, ein Zeichen, daB clas Wassermolekul nicht als Kristallwasser vorhanden ist, sondern innerkomplex gebunden ist. Die Losung des Salzes in konzentrierter Schwefelsaure ist von blauvioletter Farbe. Beim Zutropfen von konzentrierter Salzsaure zu der eiskalten Lbsung scheidet sich nach einiger Zeit grunes Dichlorotetramminkolbalti- chlorid ab, wobei sich die Losung langsam entfarbt,. Mit SiJber- nitrat konnte nur durch Kochen der stark salpetersanren Litsung ein Niederschlag von Silberchlorid erhalten werden, ein Zeichen, da13 das Chlor im Komplex nichtionisierbar gebunden sitzt.

Das Chloridselenat der Aquochlorotetramminkobaltireihe haben bereits JUL. MEYER und H. MOLDENHAUER~) dargestellt, als sie durch Behandeln des grunen 1 , 6-Dichlorotetrainminkobaltichlorids mit Silberselenat das entsprechende Praseoselenat gewinnen wollten. Es trat teilweise Hydratation und zugleich eine Umlagerung von 1,6 nach 1,2 ein, was sich durch den Farbenumschlag von griin nach violett zu erkennen gab. Dem damals erhaltenen violetten Salze kommt die Porniel zu ([Cl(H,O)Co(NH,),] C1),Se04 . Beide Salze entsprechen sich in bezug auf die Reaktionerl des Kations v 011s t andig.

Aquobromote t r amminkoba l t i s e l ena t [Br(H,O)Co(NH,),] SeO,.

Durch die von A. ROSE entdeckten Dichlorotetramminsalze wurden A. WERNER und A. KLEIN und spater A. WERNER und A. WOLL- BERG,) zu eingehenden Untersuchungen der Dihalogenotetrammin- kobaltisalze angeregt. Es gelang ihnen, die bis dahin besteheiiden Lucken in der Kenntnis der Diacidotetramminkobaltisalze auszufiullen und hier vollige Klarheit uber die verwickelten Verhaltnisso zu schaffen. Die Konstitution und Konfiguration der folgenden Salze ist nun sichergestellt. Sammtliche sechs Salze liegen nun auch als Selenate vor: [ CI,Co( NH,),] X ; [C1( H,O) Co( NH,)h( X, ; [(H,O),Co(NH,)J X, ~- [Br,Co(NH3)4]X; [Br(H,O)CO(NH3)4]X,; [(H,O)&o(NH3)*]&.

l) JUL. MEYER u. H. MOLDENHAUER, 2. anorg. u. aZZg. Chem. 118 (1921), 30. 2 , A. WERNER u. WOLLBERC, Ber. deutgch. e h m . Ges. 38 (1905), 992.

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Zur Keiant& kornplemr Kobaltiselenate. 355

Die Endglieder beider Reihen sind identisch. Von den Konfigurationen dieser Verbindungen wissen wir heute, daB die bestandigeren Formen der Dichloro- und der Dibromoreihe durch die grune 1,6-Form dar- gestellt wird, wahrend die isomeren 1, a-Formen, die violette Farbe aufweisen, in bezug auf die 1,g-Formen unbestandig sind. DaIS die violetten Formen I, 2-Stellung besitzen, ergibt sich einerseits aus der Spaltung der Octammin-diolsalze nach der Gleichung

(NH, )~CO/~~$O(NH~)~] OH,.. C1, + 2HCI =

1, 2-[CI,Co(NH3),] C1 (violett) + [(H,O),Co(NH,),] C1, . Die beiden Chloratome nehmen bier die Stellung der beiden Rrucken- Hydroxylgruppen ein und konnen daher nur benachbart sein. Andererseits fuhrt aber auch die Entstehungsweise der Dihalogen- tetrammine aus dem Carbonatotetramminsalz zu diesem Schlufi.

Die hell- bis dunkelgrunen Salze der 1,6-Dihalogentetrammin- kobaltisalze haben die Eigenschaft, in wafiriger Losung schon bei gewohnlicher Temperatur unter Wasseraufnahme rasch in Aquo- halogenosalze uberzugehen. In diesem Verhalten schlieljen sich auch die gewonnenen Selenate den andern Salzen dieser Reihen an. Selenate mit bromhaltigen Kationen waren bisher nicht bekannt und ihre Darstellung war nicht ohne Interesse, weil sich Selensgure und Bromwasserstoffsaure sonst nicht miteinander vertragen. U ber das Verhalten der Selenwiure mit Halogenwasserstoffsauren in born- plexen Salzen bat JUL. MEYER~) schon fruher berichtet, und die neu gefundenen Ergebnisse bestatigen seine damaligen Befunde und Schlusse.

Die Selenate der Dibromo- wie auch der Aquo-bromotetrammin- reihe enthalten ebensowenig wie die entsprechenden Sulfate Kristall- wasser, wahrend das Diaquosalz mit drei Molekulen Kristallwasser auf tri t t.

Der wiederholt bemerkte Unterschied in der Zusammensetzung der Sulfate der Dichloro- und der Dibromotetramminsalze wieder- holt sich auch bei den Selenaten, indem die Dichlororeihe norrnale und saure, die Dibromoreihe aber nur normale Salze bildet.

Bei der Darstellung des Aquobromoselenats aus dem Dibromo- tetramminbromid, die nach folgender Gleichung schliefilich bis znm Diaquosalz verlauf t : [Br,Co(NH,)JX + 2H,O = [Br(H,O)Co(NH,),]XBr + H,O =

[(HzO)zCo(NH3)4] X B r ~ 7 -- 1) JUL. MEYER, 8. anorg. u. allg. Chem. 118 (1921), 46.

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356 J. Mayer, Q. Ddmka und 3'. Clcmelzs.

galt es, das aus dem Dibromosalz entstandene Aquobromosalz der weiteren Umsetxung zum Diaquosalz xu entziehen. Dies geschah durch sofortiges Fallen mit Selensaure und einem Alkohol-Ather- gemisch. Aus dem griinen Dibromotetramminselenat bildet sich in waBriger Losung ein Bromoaquoselenat, das in festem Zustande von fast gleicher Farbe wie das oben durch Fallung erhaltene ist, jedoch neben dem Selenation noch ein Bromatom aul3erhalb des Komplexes in leicht fallbarer Form besitzt. Es liegt hier das Aquo- bromotetramminkobaltibromidselenat vor, das dem von JUL. MEYER und H. MOLDENHAUER~) aufgefundenen Aquo-chlorotetramminkobalt- chloridselenat entspricht, jedoch weniger bestandig als dieses ist.

Zur Darstellung des 1,2-Aquo-bromotetramminkobaltiselenats LBr(H20)Co(NH,)J SeO, wurden 4 g Bromoaquotetramminkobalti- bromid, die nach WERNER und WOLLBERG~) aus Dibromotetrammin- kobaltibromid hergestellt worden waren, in 25 ccm kaltem Wasser unter fleiBigem Umschiitteln gelost, worauf die filtrierte violette Losung mit 10 ccrn verdiinnter Selensaure versetzt, wurde. Nach 10 Minuten wurden 30 ccm Alkohol hinzugefugt, das violette Pulver abgesaugt und mit Alkohol gewaschen. Die Ausbeute betrug 3,2 g.

Bei der Analyse ergaben 0,1432 g Salz 0,0602 g CoSO,, 0,:1263 g Salz 0,0513 g CoSO,, 0,2780 g Salz 0,0591 g Se. Fur das Salz {Br(H,0)(NH3),Co] SeO, berechnen sich 16,0°/, Go und 21,5a/0 Se, wahrend 16,O und 15,8°/0 Co und 21,30/, Se gefunden wurden.

Das Bromo-aquoselenat besitzt violette Farbe und geht mit derselben Farbe sehr leicht in Wasser in Losung. Die frisch be- reitete Losung gibe mit Bariumchlorid sofort einen weiBen Nieder- schlag von BaSeO,. Aus dem durch Behandeln mit einer schwach salpetersauren Bariumnitratlosung hergestellten Nitrat der Bromo- aquoreihe wurde beim Erhitzen mit Silbernitrat Silberbromid gefallt: welches sich aus der neutralen Losung auch schon in der Kalte langsam bildet. Das Selenat ist kristallwasserfrei.

Chloro- diaquo-tr iamminkobal t iselenat

[CKH2O)dWWJ,I SeO,. Als erstes Salz dieser Reihe wurde das Sulfat 1897 von WERNER~) und JORGENSEN,) gleichzeitig aufgefunden. Als Amgangsma,terial

1) 1. c. 2) 1. c.

') A. WERNER, 8. anorg. Chem. 15 (1897), 147. 4, JORGENSEN, 8. anorg. Cbm. 14 (1897), 421.

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Zur Kenntnis komplmer Kobaltiselenate. 35 7

diente das Trinitrotriammin-kobalt, das auf das sogenannte Dichro- salz oder Dichloro-aquo-triammin-kobaltichlorid verarbeitet wurde. Hierbei ist zu erwahnen, daB die in der Literatur sich findenden Angaben fur diese Verarbeitung unzulanglich sind. Nach violen Versuchen haben wir folgendes Verfahren eingeschlagen. 10 g Triamniintrinitrokobaltsalz wurden fein gepulvert und in eiriem Becherglase mit 100 ccm konzentrierter Salzsaure ubergossen. Dann wurde das Becherglas solange in ein siedendes Wasserbad gestellt, bis sich St'ickoxyde zu entwickeln begannen, und nun wurcle die Losung bei etwa 35O stehen gelassen, wobei das Eecherglas zur wichlichen Halfte mit einem Uhrglase bedeckt war, uni ein zu starkes Verdunsten der Salzsaure zu verhindern. Nach 24 Standen liel3en n-ir erkalten, dekantierten von der tiefblauen Losung und brachten den hell- bis olivgrunen Niederschlag mit kalter, halb- konzentrierter Salzsaure auf ein gehartetes Filter. Nach zweimaligem Auswaschen mit kalter, halbkonzentrierter Salzsaure wurde iiiit absoluteni Alkohol saurefrei gewaschen. Das erhaltene Produkt wird dann nach J ~ R G E N S E N ~ ) auf saures Dichloro-aquo- triammin- kobaltisulfat und dieses nach WERNER~) dann in das violette Chloro- cliaquo-triammin-kobaltisulfat ubergefuhrt, indem eine wail3rige Loiiug dieses Salzes einfach im luftverdiinnten Raume eingedampft wird. Der Vorgang verlauft nach folgender Gleichung : [C1,(H20)C~(NH3)J S04H + H,O = [C1(H20)2C~(NH3),] SO, + HCI.

Es ware vielleicht zu erwarten, daB sich hierbei ein 1-Chloro-2,6- diaquosalz bildet, weil erfahrungsgemaB die Wassermolekule in Orthostellung zum negativen Substituenten gehen. Hier liegt aber sicherlich die Konfiguration l-Chloro-2,3-diaquotriammin vor. Denn %us diesem Salze haben wir weiter unten Triol-Salze gebildet, bei denen die drei 01- Gruppen zweifellos in 1,2,3-Stellung stehen, so daB mi r diese Stellung auch fur das Chloro- und die beiden L4qL10- reste annehmen mussen.

Zur Darstellung des Chloro-diaquotriamminkobaltiselel~ats gingen wir von 5 g Chlorid aus, die in wenig kaltem Wasser gelost wurden, worauf die Losung in verdunnte Selensaure eingetropft wurde. ES bildeten sich nach einigem Schutteln und Reiben mit dem Glas- stabe glanzende Kristalle, die abfiltriert und mit Slkohol gewaschen wurden. Darauf wurden sie iiber SehwefelsBure getrocknet. AUS- beute 2,l g.

1) 1. c. 2) 1. 0.

Z. anorg. U. dig. Chem. Bd. 139. 24

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358 J. Meyer, (3. Dirska und F. Clemens.

Bei der Analyse ergaben 0,4713 g Salz 0,2185 g CoSO,, 0,7243 g Salz 0,1811 g Se, 0,8617 g Salz 0,5019 g hgC1. Fur das Salz [Cl(H,O),Co(NH,),] SeO, berechnen sich 18,2O/, Co, 24,5('//, Se und 11,00/, (21, \?;&-end 18,5O/, Co, 25,0°/, Se und 10,7O/, C.1 gefiinden -\Yurden.

Da,s Salz bildet violette Bliittchen, die in Wasser leicht loslich sind. 3. DiacidotetrarnntinsaIxe. Das Di br omo - t e t r a m m i n ko ki a1 t i -

se l ena t , von dem weiter oben schon im Zusammenhange mit dem Aquobromotet,ramminsalz gesprochen worden ist, haben wir aus 5 g Dibromotetramminkobaltichlorid, das nach WERNER und WOLLBERG~) rein dargestellt morden war, gewonnen, indem es nach dem Pnlveri- sieren mit einem Gemisch von 30 ccm konzentrierter Selertsaure und 20 ccm Wasser mehrere Stunden auf ein Wasserbad voii 50° gestellt wurde, wobei Chlorwasserstoffdiimpfe und Chlor entwichen. Die entstandene eelenige SBure ist nicht weiter storend, da sie gegen- uber der Selensaure doch eine zu schwache Siiure ist. Nach weitsereill funfstiindigem Stehen des Gernisches bei gewohnlicher Tempcxatnr und nach ofterem Umriihren wurde die schwach rosa gefarbte Flussig- keit von dem grunen Bodensatz abgegossen und dieser zur Ent- fernung der uberschussigen Siiure auf einem Tonscherben getrooknet. Diese Operation wurde ZUL' vollstandigen Trocknnng und zur weiteren Reinignng noch zweimal sviederholt. Dann wurde das zeisiggrune Produkt mit absolutem Alkohol gut gemischt und abgesaugt.. Zur Entfernung der noch anhaftenden Selensaure wurde dann so lange mit absolutem Alkohol nachgewaschen, bis dieser nicht mehr sauer reagierte. Nach dem Auswaschen mit Ather und Trocknen betrug die Ausbeute 3 g.

Bei der Analyse ergaben 0,1061 g Salz 0,0463 g CoSO,, 0,2207 g Salz 0,0235 g Se und 0,1387 g Salz 0,1072 g AgBr. Fur das Salz [Br,Co(NH,),], SeO, berechnen sich 16,4O/, Co, 11,00/, Se und 44,64,', Br, wahrend l6,6O/, Co, 10,6O/, Se und 44,2O/, Br gefunden wrrden. Das grune Salz ist kristallwasserfrei. Im Trockenschranlc tritt leicht Zersetzung ein. Bei langerem Aufbewahren des Salzes iaacht sich ein deutlicher Geruch nach Brom bemerkbar. Ein geeignetes Losungsmittel zum Umkristallisieren haben wir riicht gefunden. Das Selena't mird stets verBndert zuruckerhalten. Aus Wasser belrommt man das sohon fruher besprochene Aquo-bromotet~rammin- kobaltibromidselenat.

1) A. WERKER u. A. WOLLBERG. Ber. deutsch. chem. Ges. 85 (1905), 992.

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Zur Kenntnis kornplexer Kobaltiselenate. 359

Die Konfiguration des Dibromotetramminsalzes ist bereits oben erortert worden und wir schreiben ihm als einem Praseosalz die Stellung 1,6 fur die beiden Bromatome zu.

D i c h 1 o r o - d i a q u o - d i a m m i n k o b a 1 t i h y d r o s e 1 e n a t [Cl,(H,O),Co( NH,),]. Se0,H.

Die Darstellung dieses Salzes ist ein interessantes Beispiel fur die sons t selten auf tretende Uberf uhrbarkei t von komplexen Aniorien in komplexe Kationen, insofern, als wir Ammonium- und Kalium- tetranitrodiamminkobaltiat [(N0,)4Co(NH,),].K, unter gewissen Ver- suchsbedingungen in Dichloro-diaquo-diamminkobaltisalze verwandeln konnen. Dabei werden zwei Nitritreste durch Chlor, zwei andere Nitritreste aber durch Wasser ersetzt. Mit dieser Substitution ist eine Ladungsveranderung verkniipft, und aus dem negativ ein- wertigen wird ein positiv einwertiger Komplex. Die waBrigen Losungen der Dichlorosalze sind xuerst grun, fBrben sich aber bald blau, da sich infolge von Hydrolyse ein Chloro-triaquo-diamminsalz bildet : [Cl,(H,O),Co(NH,),]X + H,O = (C1(H,0),Co(NH3),]X,. Die- ser fur die Dichlororeihe charakteristische Farbenumschlag zeig1,e sich auch bei den Losungen des von uns neu dargestellten sauren Selenates.

Zur Darstellung des Dichloro-diaquo-diamminkobaltihydrosele- nates wurden 5 g Chlorid, die nach WERNER und FEENSTRA~) ge- wonnen waren, in 35 ccm Wasser von 40° schnell aufgelost und sofort mit einem Gemisch von 4 g Natriumselenat und 20 ccm kon- zentrierter Selensaure versetzt. Nachdem die umgeschuttelte Losuiig einige Stunden in der Kalte gestanden hatte, schieden sich glanzertde blaugriine Kristalle ab, die abgesaugt und mit gewohnlichem Al- kohol saurefrei gewaschen wurden. Die Ausbente betrug 4 g saures Selenat.

Bei der Analyse ergaben 0,1565 g Salz 0,0709 g CoSO,, 0,1413 g Salz 0,0643 g CoSO,, 0,3923 g Salz 0,0899 g Se. Fur das Salz [Cl,(H,O),Co(NH,),] Se0,H berechnen sich 17,l o/o Co und 23,0°/, ih, wahrend 17,2 und 17,3°/0 Co und 22,9O/, Se gefunden wurden.

Die Farbe geht jedoch bald in blau uber, wobei ein innerkomplexes Chlor- atom durch ein Wassermolekul ersetzt wird. Kristallwasser ist nicht vorhanden, wie Trockenversuche zeigten. Die ublichen Um- setzungen mit Rariuinchlorid and mit Silbernitrat xeigten auch

Die anfangs grune Losung des Salzes reagiert sauer.

1) A. WERNER u. FEENSTRA, B e d Ber. 39 (1906), 1540. 24*

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360 J. Meyer, G. Darska und .I? Ctemens.

hier, dal3 der Selenatrest als Anion, die Halogenreste aber als inner- komplexe Radikale fungieren. Uber die Konfiguration, d. h. uber die Anordnung der verschiedenen Gruppen innerhalb des komplexen Anions llil3t sich noch nichts mit Sicherheit aussagen.

0 xa l a t o t e t r ammi n ko b a1 t i s el ena 1, [(NH,),CoC,O,],SeO,~ 2B,O.

Die Salze dieser Reihe wurden 1896 vorl JORGENSEN~) entdeckt und bilden sich ziemlich leicht aus den Aquochlorotetramminsalzen beim Behandeln rnit Oxalsaure. Die Bildungsfreudigkeit ist ebenso groB wie die der schon besprochenen Oxalatopentamminkobaltisalee. Indessen bildet das Tetrainminselenat nur ein normales Salz, wtthrend wir bei den Oxalatopentamminen auch ein saures Salz dan~tellen konnten.

Zur Darstellung des Selenates wurdez.1 2 g Oxalatotetraimmin- liobaltichloridz) in 300 ccm Wasser von Zimmertemperatur gelost nnd mit 30 ccm 10°/,iger Selensaure versetzt. Nach ijfterem Um- ruhrrn und einstundigein Stehen wurdeil zu der Losung nllmahlich 900 ccm gewohnlicher Alkohol gegeben und das sich ausschei dende Kristallpulver abgesaugt. ,4usbeute 1,5--2 g.

Bei der Analyse ergaben 0,1371 g Salz 0,0693 g CoSO,, 0,2207 g Salz 0,1109 g CoSO,, 0,2321 g Salz 0,0291 g Se, 0,3179 g Salz 0,0392 g Se. Fur die Verbindung [(SH,),CoC,04],Se0,~ 2H,O be- rechnen sich 19,4O/, Co und 12,7O/, Se, wiihrend 19,2 und 19,1°/o Co iind 12,5 und 12,3O/, Se gefunden wurden.

Das Salz bildet karmoisinrote, mikroskopisch kleine Kristgllchen \on rhombischem Habitus. In kaltem Wasser ist es schwer loslich. Bariumchlorid gibt augenblicklich eine FBllung von BaSeO,,, wo- gegen sich mit Calciumacetat selbst nach eintagigem Steheri kein Niederschlag zeigt. Die Oxalsiiure ist also innerkoniplex gebunden. Durch Erhitzen mit Natronlauge kann aber die Oxalsaure frei- gemacht und leicht nachgewieseii werden. Beim Schiitteln des Salees rnit frisch gefalltem Silberoxyd unter Wasser entsteht eine tief karmoisinrote Flussigkeit von stark alkalischer Realition. Filtriert man dann das ausgeschiedene Silberselenat ab und neutrctlisiert niit Salzsaure, so fallt ein karmoisinroter Niederschlag aus, der das Chlorid der Reihe darstellt, wahrend in der alkalisch reagierenden Flussigkeit die freie Base [(NH,),CoC,Oh] (OH) enthalten mar Die

3 ) JORGENSEN, Z. anorg. Chon. 11 (1896), 429. 3) J~RGENSEN, 1. c.

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Zur Eenntnis komplemr Kobaltiselemte. 36 1

Ubereinstimmung des gewonnenen Selenates mit dem schon be- kannten Sulfat, ist uberaus weitgehend. Die Konfiguration des Salzes ergibt sich mit Leichtigkeit daraus, darj der Oxalatorest zwei Koordinationss tellen in 1,2- Stellung beset Zen mu8.

0 x a 1 a t o - d i ii t h y 1 end i a m i n k o b a 1 t i s e 1 e n a t [en,CoC,O,],SeO,. 3 H,O.

Der Ersatz von je zwei Ammoniakmolekiilen durch ein AthyIen- diaminmolekul bringt nach den eingehenden Untersuchungen W E R N ERS

keine merklichen Verschiedenheiten in komplexen Salzen hervor. So ist es auch erklarlich, da8 sich das Oxalato-diathylendiamminkoba,lti- selenat nur wenig in seinen Eigenschaften von dem entsprechend.en, soeben besprochenen Tetramminsalze unterscheidet.

Zur Darstellung des Selenates wurden 3 g Oxalato-diathylen- diaminkobaltichlorid, die nach WERNER und VILMOS~) dargestellt worden waren, in einem kleinen Erlenmeyerkolbchen in 15 cxm Wasser aufgelost und rnit 2 g frisch gefiilltem Silberoxyd geschuttelt. Nachdem die Umsetzung vollendet war, wurde vom ausgeschiedenen Silberchlorid abfiltriert. Das Filtrat, welches die freie Oxalah- diathylendiamminbase enthielt, wurde vorsichtig mit 5O/,iger Selen- sBure versetzt, bis die alkalische Reaktion der Losung beseitigt qar. Dann wurde die Losung so lange auf dem Wasserbade eingedampft, bis sich Krustenbildung bemerkbar machte. Beim Stehen an einem kuhlen Orte schieden sich binnen zwei Tagen Kristalle ab, die heraus- genommen uncl mit FlieBpapier abgetupft wurden. Die Ausbeut e betrug 2 g.

Bei der Analyse ergaben 0,0925 g Salz 0,0391 g CoSO,, 0,1071 g Salz 0,0454 g CoSO,, 0,1220 g Salz 0,0130 g Se, 0,1046 g Salz 0,0109 g Se, und 0,2586 g Salz 34,7 ccm N, bei 1 8 0 und 752 mm. Fur das Salz [en,CoC,O,],SeO,. 3 H,O berechnen sich l6 , l o/o CZo, 10,6O/, Se und 15,3O/, N,, wahrend 16,1, 16,1°/, Co, 10,7, 10,4O/, Se und 15,6% N, gefunden wurden.

Die duiikelroten Kristalle losen sich schon bei gewohnlicher Temperatur aurjerst leicht in TVasser auf. Durch Salpetersanre wird aus der dunkelroten Losung das Nitrat ausgefallt. Bei mehr- tagigem Liegen an der Luft beginnt das Salz zu verwittern. D ~ s - selbe findet beim Eehandeln mit Alkohol statt. Durch Barium- chlorid wird sofort ein weirjer Niederschlag von Bariumselenat 811s- gefallt. Beim Kochen rnit Na tronlauge wird die dunkelrote Liisung

1) A. WERXER u. A. VILXOS, 2. anovg. Chem. 21 (1899), 150.

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362 J. %e,yer, G. Dirska uncl F. Clemens.

erst violett, dann schmutxigbraun gefgrbt, mobei sich Kobalti- hydroxytl abscheidet. Das mit Essigsaure dann angesauerte Filtrat ergab mit Calciumacetat die Oxalsaurereaktion.

Die Feststellung der Konfiguration des Salzes macht Iieine Schwierigkeiten, wenil man wieder berucksichtigt, daB die Oxadato- gmppe zwei benachbarte Koordinationsstellen besetzen mu& Da die Athylendiammingruppe ebenialls zwei benachbarte Koordinalions- st ellen belegt , so is t die Anordnung der beiden Athylendiammine damit gegeben. Jedoch ist es moglich, diese drei zweiwertigen Gruppen in zwei spiegelbildlich isomeren Reihen anwordnen.

I> i - i so r h o d a n a t o - d i a t h y 1 e n di a m i n k o b a 1 t i s e l e n a t [en,Co(CNS)J. Se0,H.

Im AnschluB an unsere Versuche, oxalatohaltige Athylendiammin- liobaltisalze herzustellen, die Selensaurereste als Anion enthielten, heben wir ahnliche Versuche auch mit rhodanhaltigen &hyleii- diamminkobaltikomplexen versucht. Nach den TJntersuchungen \-on WERNER und BRAUNLICH~) sind fur die Salze von der Formel [en,Co(CNS),] X theoretisch vier Isomere moglich, die sich durch die folgenden raumlichen Formeln wiedergeben lassen :

S-CN SCN I I ___ - _ ~ _ ~~

1. g / /yDirhodanato- 11. ./ - / g 1,d-Dirhotlanato- _ _ I ,’ 1 ,/*;* SCN

NCS I

NCS I

rhodanato- 111. $ / 1 / Y s i i . o - IV. $ / I--- / g 1,6 Diiao-

rbodanato- -~

I I,,,<* NCS

WERNER und BRAUNLICH unterschieden, als sie diese Ver- bindungen entdeckt hatten, eine Dirhodanato- und eine Diiso- rliodanato-diathylenkobaltireihe, wobei sie die schwerlosliche Forin init der Gruppierung NCS-Go--SCN ihrer Konsti1,ution nac,h den Rhodanestern, die leichter losliche E’orm nzit der Konsti tution SCN-Co-NCS aber den Senfolen an die Seite stellten. Dem Uirhodanatosalz schrieben sie die trans-, dem Diisorhoda11:stosalz

I ) A. WERNER u. F. BRAUNLICH, Z. anorg. Client. 22 (1900), 127.

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Zur Kenntnis liomplexer Kobaltiselenate. i363

aber die cis-Konfiguration zu. Nach neueren Untersuchungen von WERNER und RAPIPORT~) liegen die Verhadtnisse aber doch noch etwas anders. Wir haben es nur niit Isorhodanatoverbindungen zu tun, und zwar siiid die friiher als Dirhodanatosalze bezeichnetm Verbindungen cis-Diisorhodanatosalze, wahrend die friiher als Di- isorhodanatosalze beschriebenen Stoffe jetzt als trans-Diisorhodanato- verbindungen betrachtet werden miissen. Die Salze der Transreihe geben bei der Oxydation namlich 1,6-Diammin-diathylendiamrnin- kobaltisalze, und bei der Oxydation mit Salpetersaure und beim Eindampfen mit Salzsaure 1,6-Chloro-ammin-diathylendiaminkob~alt~i- salze, wahrend die Verbindungen der cis-Reihe bei der Oxydation mit Wasserstoffsuperoxyd und beim Eindampfen mit SalzsEiure 1,2-Chloro-ammin-diBthylendiaminkobaltisalze lief ern. Sehr merk- wiirdig ist die Erscheinung, daB man stets ein Gemisch der beiden isomeren Diisorhodanatosalze erhah, einerlei, ob man voni cis- oder vom trans-Dichloro-diEithylendiamminsalz ausgeht, so daB also bisher nur Isorhodanato-, aber keine Rhodanato-diathylenkobalti- koniplexe dieses Typs bekannt sind. Von den oben wiedergegebeneii moglichen Formeln existieren demnach nur die mit 111 und IV bexeichneten Konfignrationen.

Zur Darstellung der Selenate gingen tvir voni trans-Dichloro- diathylendiamminkobaltichlorid 1, 6-[en2CoCl2]C1 aus. Von der Trans- form der Diisorhodana,toreihe, also von der leichtloslichen Form, ist nur ein saures Sulfat bekannt, von der Cisreihe ein norm.ales. Es konnte festgestellt werden, daB sich das Selenatanion mit dem Kat,ion der Transreihe ebensogut vertragt wie das Sulfatanion. Bersuche, eiii normales Selenat der Reihe zu erhalten, schlugen fehl, was schlieBlich nicht uberraschen konnte, da das entsprechende Sulfat auch nicht dargestellt werden konnte. Ebenso ergebriislcs waren die Versuche, Selenate des Ciskomplexes zu gewinnen. Das einzig hier in Betracht kommende Verfahren der doppelten Um- setzung mit Silberselenat versagte, da sich dabei stets ein Gernisch von Stoffen ausschied, die sich nicht trennen lieBen, ohne dabei selbst den Komplex zu verandern. Das Gemisch bestand zum Teil aus Silberchlorid, zum Teil aus Silberrhodaaid und schlieBlich aus einem rotbraunen Produkt, das wold ein Anlagerungsprodukt aus Silberselenat an den Komplex war.

Zur Darstellung des 1,6-Diisorhodaiiato-di~~tliylenliobaltiselenat~ wurden 5 g trans-Diisorhodanato-diiithylenkobaltirhodanid, die nach

1) A. WERNER u. J. RAPPORT, Lid. A m . 386 (1912), 22.

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364 J. illeyer, cf. Dirska zlnd l? Clemens.

ERAUNLICH gewonnen und durch Umliristallisieren gereinigt Karen, auf dem Wasserbade in 30 ccm Wasser gelost und mit einem Geinisch von 15 ccm konzentrierter Selensiiure in ebensoviel Wasser verjetzt. Nach 3/4stundigem Stehen auf dem siedenden Wasserbade vrurde das Reaktionsgemisch kalt gestellt und dann die Hauptmenge der dariiber stehenden rotgefarbten Losung abdekantiert. Rach weiiterer Zugabe von 20 ccm halbkonzentrierter Selensaure wurde danri auf dem Wasserbade bis zur HBlfte eingeengt und die Losung zur Kristslli- sation gebracht. Die gut ausgebildeten, mit blol3em Suge leicht erkennbaren Kristalle wnrclen abgesaugt und einmal mit 500/,igem Alkohol sorgfaltig gewaschen. Nach dem Troclinen an der Luft betrug die Ausbeute 4,5 g. Die Kristalle bildeten vierseitige, mit- einancler verwachsene Prisnien.

Bei der Analyse ergaben 0,1049 g Salz 0,0375 g CoSO,, 0,2672 g Salz 0,0959 g CoSO,, 0,2418 g Salz 0,0441 g Se, 0,2329 g Salz 35,l CCIU N, von 18,5* C bei 745,6 nim Druck. Fur das Salz [en,Co(SCK),] Se04H berechnen sich 13,4O/, Co, 18,O0/, Se und 19,1°/o N,, wahrend 13,6 und 13,70/, Co, 18,2O/, Se und 18,SO/, K2 gefnnden wurden.

Die Kristalle des neu aufgefundenen Salzes zeigen prach tvoll rubinrote Farbe. Die waBrige Losung, auch die des aus Witsser umkristallisierten Salzes, reagiert stark sauer mid gibt mit Barium- chlorid eine weil3e Fiillung, die nur aus BaSeO, besteht, wie sich bei der Reduktion mit Salzsiiure herausstellte. Das Salz lirist,alli- siert ohne Kristallwasser und ist verhaltnismBl3ig bestandig. I3eim Versetzen der heiBen, konzentrierten, waBrigen Losung mit Natri um- nitrat scheidet sich das schwer losliche Nitrat der Reihe aus, welches zugleich das am schwersten losliche Salz in dieser Verbindungsreihc ist.

I) i a m m i n o - b i s d i me t h y 1 g 1 yo xi mi n - lio b a 1 t i s e l e n a t

Bei der Untersuchung des Verhaltens von cc-Dioximen gegeniiber Schwermetallen entdeckte L. TSCHUGAEFF~) eine neue interessmte Klasse von Verbindungen, und zwar konnte er komplexe Verbindungen der Metalle der achten Gruppe des periodischen Systems Fe, Go, Ni, Pt und Pd sowie des Cu mit derartigen Dioximen darstellen. Im AnschluB an die WERNERsChe Koordinationslehre formulierte er die Konstitution dieser nenen Verbindungen, indein er den Di- oximen zugleich saure und basische Funktionen zuschrieb und den

[~NH,~z~o(DH)zIz~ SeO4.

l) L. TSCHUQAEFF, 2. u~207y. Chem. 46 (1905), 160.

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Zur Kemtnis komplemr KobaEtise2enate. 365

Dioximinen, wie er die neuen Verbindungen nannte, eine Konstitution V(

\&f e( ~

H ~ C . a I C=NOH/*” ’. \.HON=d. CH;

zuer t eil t e . Das dur c h seine S chwerloslich kei t ausgezeichne t e Nick el- derivat des Dimethylglyoxims ist ein Reprasentant dieser Klasse von Salzen und findet seit einiger Zeit in der analytischen Chernie Verwendung znm Nachweis selbst kleinster Mengen von Nickel. Vom Kobalt kennen wir Salze, denen TSCHUGAEFF die allgemeine Formel [(NH,),Co(DH),]X znschreibt, wobei unter DH ein Dimethyl-

glyoximrest zu verstehen ist. Auch diese Ver- H3C-C=NO- H3C -C =NOH

bindungen werden als Dioximine bezeichnet. Sie weisen weit- gehende khnlichkeit mit den Tetramminkobaltisalzen auf. Denn den beiden =NOH- Gruppen der beiden Diniethylglyoxime komnien basische Funktionen zu, indem sie zwei Ammoniakmolekule ersetzen. Die beiden =NO-Reste entsprechen aber zwei einwertigen Saure- resten, insbesondere xwei sauren Nitritresten. Die Analogieschlihsse zwischen den Dioximinen und den Tetramminen finden ihre Be- rechtigung in dem ubereinstimmenden chemischen Verhalten, in der fast gleichen Leitfahigkeit, in entsprechenden kryoskopischen Werten, in der ahnlichen Farbe und Zusammensetzung und im ahnlichen Verhalten der beiden Kationen. Fur die Zugehoriglieit der Dioximine zu den Kobaltiaken wird ein besonders gewichtiger Beweis durch ihre Entstehungsweise erbracht. So sind die Dioxinline aus Aquopentammin- und aus Chloropentamminkobaltichlorid sowie anch aus Hexammin- und Carbonatotetramminkobaltisalzen orhaltlich.

Die Darstellung des Diammin-bisdimethylglyoximinkobaltiselenats ist auf zwei Wegen gelungen. Einmal kann man von dem auf ver- schiedene Weise darstellbaren Chloridl) ausgehen, das man niit Silberselenat behandelt, oder man geht besser vom Carbonato- te tramminkobal tiselena t aus, das auf dem Wasserbade mi t aqui- valenten Mengen Dimethylglyoxim behandelt wird, wobei die Car- bonatgruppe und zwei Ammoniakmolekule durch je einen Molekiil- rest DH ersetzt werden. Das Sulfat und das Selenat sind die leicht- loslichen Salze dieser Verbindungsreihe und sind nur durch Fallen niit Ather-Alliohol aus ihren Losungen zu erhalten. Durch Wm- kristallisieren a m hlkohol werden sie in schonen, glitzernden Kristdlen

l) L. TSCHUGAEFF, 8. unorg. Chem. 46 (1905), 160.

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366 J. Meyer, G. Dimka und E: Clemens.

erhalten. In seiner Farbwirkung ist der DH-Rest ent'sprechend seiner amphoteren Funktion zwischen die Nitro- uncl die hmmoniak- gruppe zu stellen. Verdunnte Kalilauge wirkt in der KBlt,e auf die wiiBrige LBsung der Dioximine nicht ein, wogegen beim Erhitzen vollstandige Zersetzung unter Entwicklung von Ammoniak eintritt. Von verdiinnten Sauren oder von verdunnter Ammoniaklosung wird das Salz nicht angegriffen. Starke Saureii wirken dagegen zer- setzend ein.

Zur Darstellung des Diamniin - Bisdimethylglyoximinkc~balti- selenats [(NH,),Co(DH),],SeO, wurden 2 g Diammin-Bisdim.ethy1- glyoximinkobaltichlorid, die nach TSCHUGAEFF~) dargestellt worden waren, in 20 ccm Wasser auf dem siedenden Wasserbade aufgelost, wobei eins braune Losung entstand. Zu dieser :Losung aurden nun die berechneten Mengen Silberselenat, in unserem Falle 1,6 g Ag,SeO,, gegeben. Das Gemisch tvurde dann kraftig durchgeschuttelt und einige Zeit stehen gelassen, bis es sich abgekuhlt hatte. Die vom ausgeschiedenen Silberchlorid befreite Losung wurde dann mit einem Gemisch von Alkohol und Ather im UberschuB veraetzt, worauf der entstandene Niederschlag abgesaugt wurde. :Durch zweimaliges Umkristallisieren aus verdiinntlein Alkohol wurde dann ein analysenreines Salz erhalten, dessen Ausbeute fast 1 g betrug. Das Salz basteht aus schonen, gliinzenden, gelben Kristallnadeln.

Ein zmktes Darstellungsverfahren uber das Carbonatotetrammin- salz fuhrte zu demselben Produkt. kqnivalente Mengen von Carbonatotetramminkobaltiselenat (5 g) und I)imet8hylglyoxim (2,2 g) wurden mit 30 ccrn Wasser und etwa 6 g Ammoniumacetat auf dem siedenden Wasserbade ungefiihr 3/4 Stunden lang erhitzt, wobei anfangs unter heftigem AufschBumen Kohlendioxyd und etwas Animoniak entwichen. Nach erneuter Zugabe einer Losung von 3 g Ammoniumacetat in 20 ccm Wasser wurde auf das halbe Volumen eingeengt und abgekuhlt. Das in der LBsung enthaltene Selenat wurde dann mit Alkohol-Ather ausgefallt und wie oben umkristallisiert. Die Ausbeute betrug 33-4 g.

Das Salz tritt zuerst mit Kristallwasser auf, verwittert aber schon beim Liegen an der Luft. Wir haben es daher durch Trooknen bei 90° wasserfrei gemacht und das gewichtskonstante Produkt dann analysiert. Es ergaben 0,0481 g Salz 0,0195 g CoSO,, 0,0719 g Salz 0,0292 g CoSO,, 0,1047 g Sa,lz 0,0109 g Se, 0,1308 g Salz

L. TSCHUGAEFF, 1. c.

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Zur Kenlzlnis komplemr Kobaltiselenate. 367

0,0136 g Se, 0,1672 g Salz 30,s ccm N, von 17O C bei 748,2 inm Druck. Fur das Salz [(NH,),C,o(DH),],SeO, berechnen sich 14,90/, Co, 10,Oo/, Se und 21,2O/, N,, wiihrend 15,4 und 15,5O/, Co, 10,4 und 15,5O/, Se und 21,3O/, N, gefunden wurden.

Kalilauge wirkt auf die wal3rige Losung des Salzes in der lialte nicht merklich ein, wogegen beim Erhitzen vollstandige Zersetzung der braunen Losung unter Entwicklung von Ammonialr eintritt. Von verdunnten Sauren oder von verdunntem Ammoniak vrrird das Salz nicht angegriffen. Konzent,rierte SBuren wirken dagegen zersetzend ein. Im Trockenschra'nk trat bei wenig uber 100, ebenfalls Zersetzung ein, die sich schon aul3erlich durch zunehmende Farb- rertiefung nach graubraun bemerkbar machte. Das Sulfat d.ieser Reihe ist bei dieser Temperatur noch bestandig. Bei der quanti- tativen Bestimmung des Selens ergaben sich einige Schwierigkeiten. -41s namlich das Selenat in der ublichen Weise im Jannekapparat init starker Salzsaure und darauf mit Hydrazinhydrat reduziert wurde, schied sich wohl anfangs amorphes Selen ab, nach weiterem Erhit8zeii aber bildeten sich schneeweiBe glitzernde Kristalle, wobei sich da.s ausgeschiedene Selen wieder aufloste. Zugleich machte sich ein unangenehmer stechender Geruch bemerkbar. In der bnnalime, dal3 sich eine selenhaltige organische Verbindung ge- bildet hatte, wurde konzentrierte Salpetersaure zur Zerstaubung der vermuteten Verbindung hinsugegeben. Beim erneuten Erhitzen flog aber der Jannekapparat explosionsartig auseinander. Nach verschiedenen anderen Versuchen haben wir dann folgendes Analysen- verfahren eingeschlagen. Die zu analysierende Substanz wurdle in eineni Rosetiegel, abgewogen und solange mit konzentrierter Salpeter- sBure (1 ccm) behandelt, bis beim Erhitzen auf dem Drahtnetz lreine Stickoxyde mehr entwichen. Darauf wurde der Inhalt des Tiegels mit ha,lbkonzentrierter Salzsaure in den Jannehpparat gespiilt und wie iiblich weiter beha,ndelt.

Mehrkernige Kobaltiselenate. 1. Zweikernige Iiobaltiselenate mit einer Bruckenbindung. H e x -

a m m i n - t e t r a n i t r o - p - s e l e n a t o d i k o b a l t [(NH3),(NO,),Co~OSeO,O~Co(NO,),(NH3),]~2H,O.

Zur Darstellung dieses Salzes wurden 5 g uiiikrist,allisiertes Chloro- dinitro-triamminkobalt [Cl(NO,),Co(NH,),] in 100 ccm warmem, niit wenig Essigsaure schwach angesauertem Wasser geliist und die

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360

Losung d a m mit 30 ccm 100/,iger Selensanre versetzt. Each un- gefahr einer halben Stunde wurden 60 ccm gewohnlicher Alkohol in kleinen Anteilen hinzugefugt, worauf sich ein brBunlich gelbes Pulver abschied und zu Boden setzte, das nach eintligigem Stehen kristallinische Struktur annahm und dabei etwas dunlrler gearor den war. Das abgesaugte Salz wurde mit Alkohol gewaschen und an cler Luft getrocknet. Die Ausbeute betrug fast 5 g.

Bei der Analyse ergaben 0,2094 g Salz 0,0289 g Se, 0,2501 g Salz 0,0351 g Se, 0,1636 g Salz 0,0869 g CoSO,, 0,2093 g Salz 0,1107g CoSO,. Fur das Salz

J. Neyer, cf. Dirska und EI Clewens.

~(KOZ)Z(NH,),C~S~O,C~(~O,),~~~,),~. H,O berechnen sich 20,2O/, Co und 13,6O/, Se, wlihrend 20,2 und 20,1°/, C'o und 13,8 und 14,0°/, Se gefunden wurden.

Sowohl das lufttrockene als auch das uber Schwefelsaure ge- trocknete Salz ergaben bei der Analyse dieselben Werte und ent- sprechen somit obiger Forinel. Das Salz ist in kaltem Wgsser ziemlich schwer loslich. Dagegen lost es sich sehr leicht in essig- saurem Wasser beim Erwarmen, aus dem es auch umkristallisiert werden konnte. Wird diese Losung mit Natriumnitrit versiatzt, SO scheidct sich das gelbe Trinitrotriamminkobalt [(NOz),Co(;C13[,),] ab, aus dem es uber das fast zinnoberrote Chloro-dirdtrotriammin- kobalt gewonnen worden war. Beim Erhitzen mit konzentrimtm Salzsiiure entsteht die fur das Dichrochlorid oder Ilichloro-aquo- triamminkobaltichlorid charakteristische blauviolette Losung, aus cler jedoch keine Kristalle dieses Salzes erhalten werden konriten, da die Reaktion zwischen Selensaure und Chlorwasserstoff storend zti wirken scheint. Immerhin ist diese Aufspaltung so eindentig, daB an der Konstitution des p-Selenatosalzes kein Zweifel herrschen kann. DaB der Bruckenselenatorest sehr leicht aufgespalten wird, zeigt sich auch daran, dalS eine wal3rige Losung des pSe1enatos:tlzes mit Bariumnitratlosung nach kurzer Zeit schon in cler Kiilte eine weiBe Elillung von BaSeO, gibt. Uber die leichte Hydratation drs Salzes ist schon im allgemeinen Teile gesprochen worden.

D e k a mmin- p e ro xo - d i ko b a l t is e l ena t ( SeO,) ~[(NH3),Co-Oz-Co( NH,),]. (SeO,). 3 H,O.

Zur Darstellung dieses Salzes triurden 20 g Iiobaltoselenat in wenig heiBem Wasser aufgelost, niit 100 ccm 25O/,iger Ammoniaklosung zusammengegossen, bis zur vollstandigen Losung gelinde erwiirmt

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Zur Keantnis komplexer Kobaltiselenate. 369

und dann in einer Waschflasche mittels rasch hindurohgesaugter Luft bei 10-20° oxydiert. Nach ungefahr drei Stunden hatten sich reichlicli Kristalle abgeschieden, die abgesaugt, mit ammoniak- hahigem Wasser his zur Farblosigkeit des Filtrates gewaschen und einige Stunden uber Schwefelsaure getrocknet wurden. Die hus- beute schwankte zwischen 5 und 8 g.

Bei der Analyse ergaben 0,4213 g Salz 0,2214 g CoSO,, 0,8432 Salz 0,2133 g Se. Fur das Salz

( SeO,)[ (NH,),CoO,Co( NH&] * (Se 0,) 3 H,O berechnen sich 18,l0/, Co und 24,1°/, Se, wahrend 20,0°/, Co und 25,3O/, Se gefunden wurden. Auch eine Anzahl anderer Analysen wich in unregelmaBiger Weise von den berechneten Werten ab. Indessen zeigt das chemische Verhalten des Salzes eindeutig an, daB wir es mit einem Peroxosalz zu tun haben. Beim Versetzen init Sauren entweicht stiurmisch Sauerstoff. Ferner wird durch starke Salzsaure eine Aufspaltung in Pentamminliobalti- und in Kobaltosalz bemirkt. Das Salz bildet braunschwarze, siiulenformige Mristalle, die dem Peroxosulfat in jeder Beziehung entsprechen. Es ist also kaum daran zu zweifeln, daB wir es in unserem Salze mit dem Peroxoselenat zu tun haben. Die Bestkndigkeit unseres Salzes scheint geringer als die des Sulfats nnd anderer Peroxosalze zu sein, so daB rasch Zersetzung eintritt. Tatsachlich waren die trocken aufbewahrten Produkte schon nach einigen Wochen weit- gehend zersetzt. Dadurch ist es wohl zu erklaren, daB wir bei unseren Analysen stets etwas zu vie1 Kobalt und Selen gefunden haben.

S a u r e s De k a m m i n - pe roxo- d i ko b a l t i s e l e n a t

(H04Se)2[(NH,)Co* 0,' Co(NH&I (Se04H)2

mit 1 oder 5H20. Dieses Salz ist von besonderem Interesse, weil es das erste Salz ist, welches mehr als zwei Hydroselenatgruppen enthalt, wie im allgemeinen Teil schon ausgefuhrt worden ist. Zur Darstellung dieses sauren Salzes wurde das normale, eben beschriebene Produkt in kleinen Anteilen in 50°/,ige Selensaure eingetragen, die sich in einem kleinen, eisgekuhlten Erlenmeyerkolbchen befand. Das schwarze normale Salz verwandelte sich allmahlich in ein rotes, das abgesaugt, mit 500/,iger Selensaure, dann mit Alkohol gewaschen und uber Schwefelsaure getrocknet wurde. Bei 1 g Ausgangsstoff betrug die Ausbeute 0,4 g des Monohydrates.

Bei der Analyse ergaben 0,3270 g Salz 0,1089 g CoSO,, 0,2401 g Salz 0,0821 g Se. Fur die Formel

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310 J. Z~XJW, cf. Dirska und F. Clemens.

(HO,S~),[(NH,),COO,CO(NH~)~] (SeO,H),. H ,O borechnen sich 13,1°/, Co und 31,10/, Se, wiihrend 13,0°/, Co und 34,2O/, Se gefunden wurden.

Wurde das normale schwarze Peroxoselenat nicht in 50°/,ige SelensBure, sondern in ein Gemisch von gleichen Raumteilen Belen- saure, Wasser und Alkuhol in der Kalte eingetragen, so bildet sich das Pentahydrat.

Bei der Analyse dieses Salzes ergaben 0,2031 g Salz O,O(i89 g CoSO,, 0,3161 g Salz 0,1002 g Se.

(HO,Se),[(NH,),CoO,Co(NH,),] (SeO,H),- 5 I3,O berechnen sich 12,0°/, Co und 32,5O/, Se, wiihrend :12,9O/, Co und 31 , 7 O / , Se gefunden wurden. Auch das Pentahydrat kildet zinnober- rote Prismen, die stark nach Ammoniak riechen. Beim Aufliisen in Wasser zersetzen sie sich unter Sauerstoffabspaltung. Ihr sonstiges Verhalten ist das der Peroxosalze, so da13 an ihrer Konstitution kein Zweifel sein kann.

Fur das Salz

D e k a m m i n - per o xo - ko b a1 t i - ko b a1 t es e l en a t

~Se0~~~~~NH~~~Co0~Co~NH,)j120,~ H,oa Das soeben beschriebene saure Selenat zeigte, wenn es nicht ganz siiurefrei gewaschen war, nach einiger Zeit Bildung von gliinen Flecken. Zur Gewinnung dieses grunen Salzes wurde es aus sehr verdiinntor Selenssiure bei tiefer Temperatur mehrere Male um- kristallisiert, wobei sich die ganze Salzmenge allm&hlieh grun fikbte. Das grune Salz wurde dann abgesaugt und dreimal n i t stark ver- dunnter Selensaure ausgewaschen. Nach dem Trocknen iiber Schwefel- saure betrug die Ausbeute aus 2 g Ausgangsstoff nur 0,3 g. EIesser gelang die Darstellung des grunen Salzes atis dem Nitrat der so- genannten Oxykobaltiakreihe. Es wurde l g in ein gut gekiihltes Gemisch gleicher Raumteile Wasser und Selensaure eingetragen. Nach mehrstundigem Stehen wurde dann mit dem gleichen Vohnmen Wasser verdunnt. Nach Erwiirmen der maBig verdiinnten Li-isung wurden die schmutzig roten Kristalle abgesaugt und aus sehr ver- dunnter Selensaure vier- bis funfmal umkristallisiert, wodurch sich rein grune Kristalle ergaben. Die Ausbeute betrug 0,s g au€ 1 g Ausgangsmaterial.

Bei der Analyse ergaben 0,3711 g Salz 0,1462 g CoSO,, 0,2736 g Sdz 0,0733 g Se. Fur das Salz

( S~O,),[(NH,),COO,CO(NH~)~]~~ (SeO,),. S H:,O

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Zur Kefilztlzis lzomplezw Eobaltiselefiate. 37 1

berechnen sich 15,7OjO Co und 26,3O/, Se, wiihrend 15,0°/, Co uiad 26,3O/, Se gefunden wurden.

Das Salz bildet griine Nadeln, die schon durch Wasser unter Sauerstoffabspaltung zersetzt werden. In ammoniakalischem Wasrrer sind sie unzersetzt, aber schwer loslich. Die Aufspaltung durch Wasser und Sauren verlauft unter Bildung eines Kobaltosalzes und eines Aquopentamminsalzes nach der Gleichung : X2[(NH3),Co* 0,. Co(NH3),]X3 + H,O =

Cox, f 5 NH3 'r [(NH3)5(H20)] x3 + (12 - A. WERPU'ER hat in sehr eingehender Weise gezeigt, daU tlas

eine Kobaltatom in dieser Salzreihe wie ublich dreiwertig, das andere aber vierwertig auftritt. Daher sind diese Salze als Kobalti-Kobal te- salze zu bezeichnen. Sie haben mit den oben erwzhnten Peroxo- salzen grolje Ahnlichkeit, besitzen aber ein hoheres Oxydations- vermogen und unterscheiden sich durch ihre griine Farbe von den roten bis schwarzen Dikobaltisalzen.

D e k ammin -,u - amino di k o b a1 t i s el en a t (Se0&[(NH3)5Co - NH2 - Co(NH3)512(Se04)3 -

Die Salze dieser Reihe sind die ammoniakreichsten aller bisher ent- deckteii mehrkernigen Reihen. Auch ist es nach der Koordinations- lehre nicht moglich, ein mehrkerniges Salz darzustellen, das noch mehr Ammoniak als die Salze dieser Reihe enthalt. Zur Darstellung des gesucht,en p-Aminosalzes geht man von einem ,u-Amino-01-Salze aus, das man durch Behandeln mit Salpetersiiure in ein Nitrato- aquo-p-aniinosalz nach der Gleichung :

(N03)2[(H20) (NH3),Co-NH2-Co(NH3),(N0,)1 - Behandelt man dann dieses Aquo-nitratosalz mit flussigem Am- moniak, so entsteht das gesuchte Dekammin-p-aminosalz : (N03)2[(NH3)4(H20)Co-NH2-co(NH,),(N0,)I $. NH3 =

(N03)2[(NH3)5Co-NHz-Co(NH3)~1(N03)3 $. H2°* Zur Darstellung verrieben wir 2 g Oktammin-p-amino-01-di-

kobaltinitrat mit konzentrierter Salpetersiiure, wobei ein z:iher Brei entstand, der zwei Tage lang auf Tonscherben getrocknet warde. Der entstandene Kristallkuchen wurde mit Alkohol und Ather ge- waschen und dann kurze Zeit bei 400 getrocknet. Dieses Nitrato- aquo-oktammin-p-arnin-dikobaltinitrat wurde nun in etwa 6 ccm flussiges Ammoniak eingetragen, worauf das letztere langsam ver-

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dunstete. Es blieb eine hellviolette Masse zuruck, die in kaltem Wasser aufgeschwemmt, abfiltriert und solange gewaschen wurde, bis das Waschwasser rot ablief. Der Ruckstancl wurde in wxmem Wasser gelost und rnit festem Ammoniumbromid versetzt, worauf sich rote, faserige Kristalle abschieden. Wegen dw sehr geringen Ausbeute wurde der Stoff nicht noch einmal aus verdunnter Brom- wasserstoffsaure umkristallisiert, sondern nach der Losung in wenig marmem Wasser mit einer konzentrierten NatriumselenatlSsung versetzt. Nach einiger Zeit fielen rote Nadelchen aus, die abfiltriert und dann rnit Alkohol und Ather gewaschen wurden. Die sehr geringe Ausbeute von 0,09 g erlaubte keiiie Analyse, ermoglichte aber die Feststellung, da13 die Selensaure ionogen gebunden war.

DaB wir es mit dem selensauren Salze einer Dekammin-p-amino- dikobaltiverbindung ou tun haben, beweisen die Spaltungsprodukte dieser Reihe mit Salzsaure. Hierbei bilden sich niimlich aquivalente Mengen von Hexammin- und Chloropentamminsalzen : X,[(NH,),CO-NH,-CO(NH,),]X, + HC1 =

[CO(NH~)I~]& ICl(NW&oI X, - Chloro-aquo-oktammin-p-amino-di kobal t i se lensf ,

(Se04) [C1(NH3),Co-NH,-Co(NH,),(H2O)] (SeO,). Das Chlorid dieser ,u- Aminoreihe gewinnt man nach WERNER (cturch Behandeln des weiter unten auch von uns gebrauchten Oktanimin- p-amino-sulfato-dikobaltinitrats niit Salzsaure nach der Gleicliung :

(NO,) [ (NH3)4Co<~~~Co(NH3)4](N0, ) , + 5HClf H,O =

C~,[C~(NH,),CO--NH~-CO(NH~)~(H,O)]C~, + H2S04 + 3 HNO,. Es wurden nun 0,5 g des frisch bereiteten Chlorids in 5 ccm

Wasser aufgelost und mit 1 ccm 10°/,iger Selensaure versetzt, worauf fast quantitativ ein violettes Salz ausfiel, das sofort ab- filtriert, mit Alkohol und Ather gewaschen und dann getrocknet tvurde. Die Ausbeute betrug 0,35 g, so daB nur eine Co-Bestimmung durchgefuhrt werden konnte. Hierbei ergaben 0,3271 g Salz 0,2185 g CoSO, gleich 25,0°/, Co, wahrend sich fur das normale Selenat 25,3O/, Co berechnen. Das Salz zeigt in wiiBriger Losung sauren Charakter, woraus sich ergibt, da13 ein Aquosalz vorliegt. Bei der Spaltung durch Salzsaure erhalt man Chloropentammin- und Di- aquotetramminsalze nach der Gleichung : (SeO,)[Cl(NH,),Co - NH,- CO(NH,)~(H,O)](S~O,) + 5HCl+ H,O =

[C1Co(NH3),]C1, + [(H,O),CO(NH,),]C~~ + 2H,SeO,.

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Zur Eenntnis komplexeer Kobaltiselenate. :373

2. Zuieikernige Kobaltiselenate iitit zwei Briickenbindungelz. S a u r es 0 k t a m m i n -p - Amino - s e 1 en a t o - di k o b a1 ti s e l en a t

(Se04H) [ (NH3)4co<~~~co(NH~)4] (Sea,) - Durch Einwirkung von Sauren auf Oktammin-p-amino-ol-dikobalti- salze 1aBt sich die 01-Brucke durch Saurereste ersetzen, so z. B. durch den Selenat- oder durch den Sulfatorest. Diese wichtige Umsetzung erfolgt nach der Gleichung :

C1,[ (NH3),Co<~~)Co(NH,),] C1, + 3 H,SeO, =

4HC1 + H,O + ( Se0,)[(NH3)4Co(Co(NH3)4)(Se04~~).

Das sich der Selenatrest im Kern befindet, geht daraus hervor, cial3 das saure Selenat, in kaltem Wasser aufgelost, beim Behandeln niit Xalpetersaure und Bariumchlorid in der Kalte keinen Nieder- schlag von Bariumselenat gibt, dalj die Selensaure sich also in nichtionogener Form befindet. Erst auf Zusatz von konzentrierter SalzsBure wird der Komplex zerstort und in der verdunnten Losung liiljt sich dann Selensaure nachweisen. Welche einkernigen Spaltungs- produkte hierbei nun auftreten, konnte bisher nicht festgestellt u-erden. Jedenfalls ist die Spaltung sehr weitgehend, da unter anderem Kobaltosalze nachgewiesen werden konnten. Unbedingt erforderlich zur Kenntnis der Konstitution unserer Salze ist der Verlauf der Spaltung aber nicht; denn aus der Brt der Darstellung aus p-Amino-ol-Salzen, aus der Analyse und aus der Tatsache, daB der Se0,-Rest sich im Kern befindet, ergibt sich der Bau des Moleliiils zur Geniige mit Sicherheit.

Zur Darstellung des ,~-~4rnino-selenatosalzes murde 1 g Okt- ammin-p-amino-ol-dikobaltichlorid in 4 ccm Wasser aufgelost und mit 2 g konzentrierter Selensaure ubergossen. Dann wurde :mf kleiner Flamme erhitzt, bis eine violette Lijsung entstanden war. Beim Abkuhlen schieden sich violette Bliittchen ab, die abgesaugt, mit Alkohol gewaschen und uber Schwefelsaure getrocknet wurden. Die Ausbeute betrug 0,23 g. Dieses Salz reagierte in waljriger Losung stark sauer und enthielt Selensaure in ionogener Form.

Bei der Snalyse ergaben 0,2148 g Salz 0,0940 g CoSO, und 0,0722g Se. Fur das saure Selenat berechnen sich 16,S0/, Co und 33,9O/, Se, wiihrend 16,6O/, Go uiid 33,6O/, Se gefunden wurden.

Das saure Selenat besitzt violette Farbe und jst in Wasser eiemlich leicht loslich.

Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 139. 25

Page 42: Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate

374 J . Meyer, B. Dirska und F. Clmens.

0 k t a mniin -p - a mi n o - s e le n a t o d i ko b a 1 t i n i t r a t SeO

(N0,)I(~H,)Po<NHZ4~Co(N;IH,)$: (NOJz *

Wird das saure Selenat in wenig Wasser geliist und rnit halbverdunnter Salpetersiiure in der Kalte versetzt, so fallen violettrote Blat tchen aus, die abfiltriert und rnit angesiiuertem Wasser gemaschen wurden. Nach dem Trocknen uber Mchwefelsiiure belrug die Ausbeutr aus je 1 g Chlorid 0,OS g. Wegen der Kostbarkeit des Stoffes wurde liier auf eine Analyse verzichtet. Aber das ganze Verhalten und die Darstellungsweise niacht es zweifellos, da13 tvir es rnit dem Nitrat des p-Selenato-aininosalzes zu tun haben. In Wasser ist es schwerer loslich.

S a ur es 0 k t a mniin -p - a min o - s el? n a t o - d i ko b a1 t i s u1 f :L t ,SeO

(HO,S) L (xH3) ,CO\ NH,~>CO(NHZ) 43 ( 804) *

Zur Darstellung dieses interessanten Salzes wurden 0,ti g p-Selenato- amino-nitrat in der Kalte rnit 50"/,,iger Schwefelsaure ubergossen. Das Salz ging rnit violettroter Farbe in Losung und wurde dureh Zusatz von Alkohol ausgefhllt. Nach dem Wascheri mit All*.ohol und Trocknen an der Luft betrug die Ausbeute 0,5 g eines violetten, feinkris tallinischen Salzes. Die wiiisrige Losung dieses Salzes reagierte stark sauer, ein Zeichen, dais wir es wieder rnit einem sauren Salze zu tun haben. Durch Eariumchlorid wird sofort Bariurnsulfat gefallt.

Bei der Analyse ergaben 0,1864 g Salz 0,1702 g BaSO,, woraus sich 12,4O/, S ergeben, wiihrend sich fur das saure Snlfat 12,7('//, S bcrechnen.

Da13 Schwefelsiure und Sdensaure in diesem Salze ganz ver- schieden gebunden sind, laBt sich leicht nachweisen, Denn auf Zusatz ron Bariuiiichlorid zu der schwach salzsauren wiiBrigen Losung fiillt zuerst nur Bariumsulfat aus. Nach dem Abfiltrieren uncl Aufkochen der klaren Losung zeigt sich dann ein neuer weif3er Niederschlag, der sich durch sein Verhalten gegen konzentrierte Salzsaure nls Bariuniselenat zu erkennen gibt .

S a u r e s 0 k t a m m i n -1" - a m i n o - s u 1 f a t o - d i k o b a 1 t i s e 1 e n a t

(H0,Se) [( NH,),Co<$)Co(YH&J (SeO,).

Die Darstellungsweise dieses Salzes schliel3t sich in jeder BezieE ung eng an die des entsprechenden p-Belenato-aminosalxes an. Bus dem Olitamiiiin;u-ainino-ol-di~o~altichlorid xurde durch Behantleln

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Zur Eenntnis komplexer Kobaltiselenate. 375

mit konzentrierter Schwefelsaure das saure Sulfat der p-Sulfato- aminoreihe erhalten, das dann durch Behandeln mit Salpeter-:' lJmre in das schwerer losliche Nitrat ubergefuhrt wurde. 2 g Nitrat wurden dann rnit 15 ccm Wasser aufgeschlammt und rnit 20 ccm 10°/,iger Selensaure versetzt. Nach einstundiger Einwirkung wurde das Salz abgesaugt, worauf diese Behandlung rnit verdunnter Selen- sBure zur vollstandigen Entfernung der Salpetersaure noch dreimal wiederholt wurde. Aus 2 g Nitrat wmden 0,08 g Salz erhalten, das in waBriger Liisung stark sauer reagiert, so daB also aueh hier ein saures Salz vorliegt. Auf eine Analyse wurde wegen der :Kost- barkeit und der geringen Menge der Substanz verzichtet. An der Konstitution kann aber kein Zweifel sein. Durch Bariumchlorid wird sofort ein weiBer Niederschlag ausgefallt, der. sich als Ba,SeO, zu erkennen gibt. Bei weiterem Erhitzen fallt dann noch einmal ein Niederschlag aus, der wegen seiner Unveranderlichkeit gegen konzentrierte Salzsaure als Bariumsulfat erkannt wird. Wegen des weitgehend iibereinstimmenden Verhaltens dieses Salzes rnit dem sauren Sulfat der p-Selenato-aminoreihe ist wohl kein Zweifel, daB wir es mit dem sauren Selenat der p-Sulfato-aminoreihie zu tun haben. Zwischen diesen beiden Salzen liegt zwar keine Iso- merie vor, wohl aber eine sehr interessante wechselseitige Sub- stitution von Schwefel- und Selensaure, durch die aber wegen der uberaus groBen Ahnlichkeit beider Sauren keine merkliche Anderung der Eigenschaften der beiden Salze herbeigefuhrt wird.

Ok tammin-p -amino-pe roxo-d i ko ba l t i s e l ena t

Diese Salze stehen zu den p- Amino-01-salzen in naher Beziehung, da sie durch Reduktion in diese iibergefiihrt werden konnen. Hieraus und aus der Tatsache, da13 sie bei der Behandlung mit Sauren reic:hlich Sauerstoff abspalten, wie wir es schon bei den einfachen Peroxo- salzen kennen gelernt haben, ergibt sich rnit Sicherheit, da13 auch hier ein Sauerstoffmolekul als Brucke zwischen den beiden Kobalt- atomen vorliegen muB. Die Bindungsverhaltnisse der auflerkomplexen Anionen mussen also auch dieselben wie bei den p- Amino-selenato- salzen und bei entsprechenden Verbindungen sein. Beide Salze entstehen auch unter gleichen Verhaltnissen und befinden sich neben- einander im sogenannten VoRTMmNschen Sulfat, das man dnrch Neutralisation einer luftoxydierten ammoniakalischen Kobaltnitrat-

25*

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376 J. Meyev, G. Dirska und El Clewens.

losling init Schwefelsiiure erhalt. Dieses VORTMANN sche Sulfati ist na.eh WERNERS eingeheiiden Untersuchungen ein Gemiseh yon p-Smino-peroxodikobalt,i- und p-Amino-ol-salz, und das letztlere wird durch Schwefelsaure leicht in p- Amino-sulfatosalz verwandelt.

Zur Gewinnung des gesuchten p- Amino-peroxoselenats wurde 1 g VoRTMmNsches Sulfat mit 8 g konzentrierter Sslzsaure ver- rieben, wobei ein Teil in Losung ging. Der braunrot,e Ruckstmd wurde iiber Leinewand abgesaugt, wobei ein grunes Salz zuriick- blieb, das zweimal mit konzentrierter Salzsaure ausgewaschen wurde. llas Salz wurde dann in wenig Wasser gelost und in Bonzentrierte Salzsaure hineinfiltriert, wodurch sich wiederum die grunen Kristalle ansschieden, die abgesaugt und init Alkohol und Ather gewaschen mirden. Jetzt wurden sie noch einmal in Wasser gelost und mit verdunnter Selensaure versetzt, worauf glanzende, griine Kristalle ansfielen. Diese wurden abgesaugt,, zweimal init kaltem Wasser gewaschen und uber Schwefelsaure getrocknet. -4us 3 g Ausgangs- inat,eria81 erhielten wir so 0,4 g Selenat'.

Bei der Analyse ergaben 0,3721 g Sale 0,2122 g CoSO, gleich 21,70/,, wiihrend sich fur das Salz

22,S0/, Co berechnen. Auf weitere Analysen haben wir wegen der Kostbarkeit des Materials verzichten mussen, haben das aber auch tun zu durfen geglaubt, weil die ubrigen Eigenschsften unseres Salzes seine Konstitution ganz eindeut,ig klarstellten.

Da,s Salz bildet grune, in Wasser wenig losliche Schuppen. Beim Erhitzen und bei der Einwirkung von Sauren entweicht Sauer- stoff. Im iibrigen stinimt es in seinen Eigeizschaften mit dem schon hekannten Sulfat dieser Reihe weitgehend uberein.

0 k t a m mi n -p - a, ni i n o - o 1 - d i k o b a 1 t i s e 1 e n a t

( SeO,)[(SH,),Co<~~)Co(WH,),1( - SeO,).

T'Vie WERNER gezeigt hat, besteht das VoRTMANNsChe Sulfat Bus einem gruiien und einem roten Bestandteil. Den grunen Anteil haben wir als ein p-Amino-peroxosalz kennen gelernt. Der rote Bestandteil ist das Sulfat der Oktammin-,u-amino-ol-tlikobaltircihe, die, wie mir auch schon kennen gelernt haben, sich leicht in ein p-Amino-sulfatosalz iiberfdhren 1iiBt. Die Spaltung der p-Amino-

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Zur KenntHis komplexer Kobaltiselenate. 377

ol-sake in Pentamin- und Tetramminsalze verlauft nach der Gleichung : X3[(NH3)4C~(NH2>C~(NH4)]X OH + 2HC1 =

[(n’H3)&2O)Co]X3 $. [Cl,Co(NH3)I4] x. Es ist bemerkenswert, da8 die vier Anionen sich um das K‘ ‘i t’ ion

ungleichmaI3ig verteilen, weil die beiden Brucken ni t iliren Haupt- bindungen an demselben Kobaltatoin haften. Wiirde auf jedes Kobaltatom je eine Hauptbindung kommen, etwa in der Weisel:

X , [ ( P ; H 3 ) 4 c o ~ ~ R Z ) C o ( N H 3 ) 4 ~ X 2 HO 3

so mu8te bei der Aufspaltung durch Salzsaure ein Molekul Chloro- aquo-tetramminkobaltisalz [C1(H,0)Co(NH3),] X, und ein Molekul Chloro-pentamminkobaltisalz [ClCo(NH,),]X, entstehen. Die Auf- spaltung ergibt uns also in diesem Falle ein unerwartetes Bild der Verteilung der Sauregruppen am koniplexen Kation.

Zur Darstellung des p-Amino-01-salzes schlugen wir einen Weg ein, der etwas ungewohnlich ist, uns aber ein recht reines Produkt lieferte. Wir gingen von dem Oktammin-p-amino-sulfato-dikobalti- nitrat aus, das sich wegen seiner Schwerloslichkeit leicht in re’ mem Zustande gewinnen laBt, spalteten dieses zum Chloro-aquo-oktanimin- p-amino-dikobaltichlorid auf und kondensierten die Chloro-:$quo- gruppen dann wieder zur 01-Gruppe.

20 g 0 k tammin-p-amino-sulf a t o diko bal tinitra t wurden mit 300 ccm konzentrierter Salzsaure iibergossen und zwei Tage bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Das hierbei naoh der Gleicliung :

(NO31 [ (NH3)4Co<$ >Co(NH3)4] (NO,), + 4HC1 + H2O = 2

H2S04 + 3 HNO, + C1[CI(NH3),C~-NH2-C~(NH3),(H20)]C1, entstandene Chloro-aquo-oktammin-p-amino-dikobaltichlorid wurde auf Leinewand abgesaugt und mit Alkohol sanrefrei gewaschen. Nach dem Trocknen an der Luft wurde es in moglichst wenig Wasser aufgelost und mit dem halben Volumen konzentrierter Salzsaure versetzt. Hierbei entstanden sofort braunviolette Kristalle, die nach drei Stunden abgesaugt wurden. 2 g dieses Salzes wiurden in 40 ccm kaltem Wasser aufgelost und die Losung in den Exsikkator gestellt. Nach wenigen Stunden schieden sich dunkelrote Kristalle des p-Amino-ol-salzes ab, das sich nach der Gleichung :

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37 a J. Meyer, G. Dirska und F. Clemzems.

C12[(NH,),C~--PJH2--C~(H20) (NH3)4]C1,-HC1 = OH Cl,[(NH,),Co\i NH;' \?Co(NH,),]Cl,

gebildet hatte. Diese Kristalle wurden wiederum in wenig Witsser aufgeliist und dann mit venig Selensaure versetzt, worauf ein gut kristallisierter roter Stoff ausfiel, der abfiltriert, n i t Alkohol ge- waschen und an der Luft getrocknet wurde. Die Ausbeute betrug aus je 2 g Chloro-aquo-p-aminosalz 0,9 g des gesuchten Selenates der ,u- Amino-ol-reihe.

Bei der Analyse ergaben 0,2724 g Salz 0,1918 g CoSO,, 0,3227 g Salz 0,0532 g Se. Fur das Salz

OH (SeO,)[ (NH,)lC0(,,2)C0(-PJH3)4~( SeOJ

berechnen sieh 25,g0/, Co und 17,4°/, Se, wahrend 26,8O/,, Co und 16,5O/, Se gefunden wurdcn. Weitere Analysen wurden wegen der Kostbarkeit des Materials nicht ausgefuhrt. Weitere Beweise fur die Richtigkeit der angenommenen Formel ergeben sich aus den1 Verhalten des Salzes und vor allem aus der Ubereinstimmung seiner Eigenschaften mit denen anderer Salze derselben ,u- Amino-01-roihe. Wie das Sulfat, SO bildet auch das Selenat rate Kristalle, die in Wasser schwer liislich sind.

0 k t a m m i n-,u - a m i n o - n i t r 0 - d i ko b a1 tiseleri a t

(SeO,)[ ( N H 3 ) , C o < ~ ~ C ' o ( N H 3 ) , ] ( SeO,). 2H,O.

Auch zur Darstellung dieses Salzes diente uns das VORTMANN:3Che Sulfat. Es sei hier darauf hingewiesen, daB bei der Herstellung des VoRTMmNschen Sulfates gute Kuhlung und genaueste Neutrali- sation fur die Ausbeute ausschlaggebend ist. Bei sorgfaltiger Neutrali- sation und bei genauem Innehalten der vorgeschriebenen 'Temperatmen erhiilt man dann oft hohere Ausbeuten, als VORTMANN selbst als Durchschnittswerte angegeben hat. Um von dem roten Oktamxin- p-amino-01-dikobaltisalz zum Olrtammin-p-amino-nitro-dikobaltisalz za gelangen, muBte zuerst das p-Amino-01-chlorid dargestellt und dieses dann durch Behandeln mit Natriumnitrit in der Warme nach ~ V E R N E R in das p- Amino-nitrochlorid ubergefuhrt werden. Dieses wurtle dann durch Umsetzen mit Silberselenat nach der Gleichung :

A 2

Page 47: Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate

ZUY Kenatnis Lomplexer Kobaltiseleaate. 379

in das gewunschte Selenat verwandelt. Iiidessen fanden wir noch ein weit bequenieres Verfahren, das von deix grunen Bestanclteil des VORTMANN schen Sulfats, namlich von dem ,~-~4mino-sulfatosalz, ausgeht. Bei der Untersuchung der Konst'itut'ion dieser griinen Peroxosa.lze hatte WERNER gefunden, da13 sie eine hohere Oxydatioiis- stufe des komplexen Radikals der Oktammin-,u-a,mino-ol-reihe sind, cla13 man also durch Redulrtion der griinen Peroxoreihe zur roten 01-Reihe kommen musse. So wirkt salpet'rige Siiure reduzierend unter Bildung von Oktanimin-pamino-nitro-dikobaltisalzen. Da das Selenat in Wasser schwer loslich ist, im Gegensatz zum leicht loslichen Nitrat, so kann man das gesucbte Selenat leicht durch uiimittelbare Fallung des Nitrats mit Selensaure erhalten.

Zur Darstellung des Selenats wurden 4 g umkristallisiertes Oktamniin-p- amino-nitro- dikobaltinitrat in 30 ccm Wasser von Zinimer t emper atur auf g elos t , 'iv or auf die orang eg elb e Losung niit 10 ccm 10°/,iger Selensaure versetzt wird. Es f3 l t sofort ein orange- gelber XiedArschlag zu Boden, der abgesaugt, zweimal mit kaltern Wasser und dann mit Alkohol gewaschen und an der Luft getrocknet wurde.

Bei der Analyse ergaben 0,1466 g Salz 0,0720 g CoSO,, 0,2216 g Salz 0,1092 g CoSO,, 0,3022 g Salz 0,0748 g Se, 0,3819 g Salz 0,0955 g

Se. Fur das Salz (Se04)[ (NHe) ,Co<~~~(NH,) ,1!9e03~2H,0

berechnen sich 18,5O/, Co nnd 24,9O/, Se, wii,hrend 18,7 uiid 18,8O/, Co und 24,8 und 25,O0JO Se gefunden wurden.

Das Salz besteht aus orangefarbigen, niikroskopisch kleinen Nadelchen und ist in Wasser schwer loslich. In konzentrierter Selen- saure 16st es sich dagegen reichlich auf und fd l t beim Verdiinnen mit Wasser wieder aus. An der Luft ist es vollstandig bestandig und kann durch mehrstiindiges Erhitzen im Trockenschrank auf 1000 vollstandig wasserfrei erhalten werden, ohne sich zu zersetzen, ein Zeichen, daB das Wa,sser nicht konstitutionell gebunden, eondern als Kristallwasser vorhanden ist. Durch Kochen mit konzentrierter Salzsaure, in der sich das Selenat ebenfalls lost, wird der Kornplex nicht veriindert und es wird vor allem die n'itrogruppe nic'ht an- gegriffen, ein Zeichen, daB sie innerkomplex gebunden ist. Die Bindungsverhiiltnisse der Nitrogruppen in Form von BriicBeii z.cvischen zwei Zentralatomen sind eben ganz andere als in dun ein- liernigen Komplexsalzen, tvo die Nitrogruppen schon durch ver- clunnte Mineralsiiuren verdra,ngt werden. Eine Spaltung des Selenats

Die Ausbeute betrug reichlich 3,5 g.

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380 J. Megyer, G. Dirska zcnd F. Chnens.

war also nicht moglich und konnte auch bei anderen Salzen dieser Reihe nicht durchgefuhrt werden. Indessen ist an der Richtigkeit der oben gegebenen Konstitutionsforniel nicht zu zweifeln. Das hier beschriebene Selenat hat weitestgehende Ahnlichkeit mit dem Snlfat der p-Amino-nitroreihe, ein neuer Beweis, wie itberaus iihnlich sich Selen- und Schwefelsaure sind.

Ok tammin-d io l -d ikoba l t i s e l ens t

( S ~ O , ) ~ ( N H ~ , C O ( ~ ~ ; C ~ ( N H , ) ~ ~ H ~ ) ~ ~ - ( s ~ o ~ ) - 211~0.

Dieses Salz 1iil3t sich aus zwei Molekiilen eines einliernigen Kobe1 tiaks synthetieieren, indem man einfach das Nydroxo-aquo-tetrammin- lrobaltisalz, das wir fur diesen Zweck besonders hergestellt und weitcr oben beschrieben haben, auf looo erhitzten. Es findet d a m eine Kondensation nach der Gleichung statt :

Die Gewinnung des gesuchten Selenats durch therinische Kon- drnsation zweier Moleliule Hydroxo-aquo-tetrammin-kobaltiseleiiats erwies sich nicht als angangig, da dies Salz schon bei 70° Zersetzung erleidet. Wir mufiten uber das Chlorid gehen und dieses mit Natrium- selenat umsetzen.

5 Hydroxo-aquo-tetrammin-kobaltisulfat wurden bei looo bis our Gewichtskonstanz erhitzt, wobei Wasser fortging. Der Rilck- stand wurde dann mit einem Gemisch von 20 ccm Wasser und 8 g Ammoniumchlorid verrieben. Dann wurde abgesaugt,, der Ruck- stand wieder mit 15 ccrn Wasser verrieben, abfiltriert, worauf der Riwkstand niit 100 ccm Wasser ubergossen wurde. Beim Versetzen dieser Losung mit 4 g NH,C1 fie1 ein Salz aus, das abfiltriert und in Wasser gelost wurde. In die Losung dieses Chlorides wurde nun 10 ccm einer 20°/,,igen Natriumselenatlosung gegeben, wodurcll eiii roter Niederschlag entstand, der abfiltriert, mit Alkohol uiid Ather gemaschen und getrocknet wurde.

Eei der Analyse ergaben 0,3027 g Salz 0,2094 g CoSO,, 0,416!> g Salz 0,0702 g Se.

(SeO,)[ (NH3)4Co( OH),Co(NH,),]* (SeO,) - 2 H,O berechnen sich 25,8O/, Co und 17,5O/, Se, wiihrend 26,3O/, Co uiid 17,1°/o Se gefunden wurden.

Die Ausbeute betrug 1,l g.

Fur das Salz

Page 49: Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate

Zur Kenntnis komplexer Kobaltiselenate. 381

Das Salx besteht aus violetten Nadeln, die in Wasser schwer

3. Zweikernee Iibbaltkebnate niit drei Briickenbindungen. H e x - loslich sind.

a in m i n - t r i o 1 - d i k o b a 1 t i s e le n a t

p.\ \HO'

(SeO,)[ (KH3),Co-OH-$Co(NH,),1. (SeO,),. 6 H,O.

Die Salze dieser Reihe sind auf verschiedene Arten zu gewinnen. So entsteht z. B. das Chlorid durch Einwirkung von Natronlauge auf Dichloro-aquo-triamminkobaltichlorid nach der Gleichung :

2[Cl,(H,O) (NH,),Co]Cl + 3NaOH = 3Na1Cl + 2H,O + C1[(NH,),Co(OH),Co(NH3)3]C1,.

Das Sulfat der Triolreihe erhalt man durch Behandeln von Chloro- diaquo- triamminkobaltisulfat mit Natronlauge nach der Gleichung :

8[C1(H,0),Co(NH3),] SO, + 12NaOH = 8 NaC1+2 Na,SO,+l 6H,0+2 ( S0,)[(NH3)3Co(OH),Co(NH3)3] (SO,),.

Die Art der Verteilung der Ammoniakmolekule in den koni- plexen Salzen wird sowohl durch die Darstellungsverfahren als auch durch die Aufspaltung in Triamminsalze zuruck bewiesen. Da die Salze in wal3riger Losung aul3erdem neutral reagieren., so sind auch keine Aquomoleliule vorhanden, da sonst alkalische Reaktion auftreten wurde. Hydroxogruppen konnen wir ebenfalls nicht annehmen, da die Salze keinen basischen Charakter besitzen. Es kann sich also nur um Triolsalze handeln.

Zur Gewinnung des Triolselenats sind wir von dem Chloro- diaquotriamminkobaltiselenat ausgegangen, das wir weiter oben genauer beschrieben haben. Es wurden 5 g dieses Salzes mit einer Losung von 5 g Kaliumbromid in 20 ccm Wasser ubergossen und xugedeckt in einem kleinen Erlenmeyerkolben mehrere Tage hin- gestellt. Nach drei Tagen wurde das erste Auftreten von roten Kristallen beobachtet, ohne dal3 Bromgeruch auftrat oder sich eine Gasentwiclrlung zeigte. Die Menge der Kristalle nahm in den folgenden sechs Tagen nicht merklich zu und konnte auch durah gelinde Temperaturerhohung nicht gesteigert werden. Bei 70° trat Zersetzung unter Abscheidung eines schwarzen, nichtkrista#l- linischen Stoffes ein. Es zeigte sich dann, daB die Ausbeute bei Oo

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382 J. Meyer, G. Dirska ulzd I? Clernens.

etwas besser war. Daher haben wir folgendes Verfahren angewendet. 5 g Cliloro-diaquo-triammihBobaltiselenat wurden mit 5 g KBr und 30 ccm Wasser 10 Ta8ge in Eis stehen gelassen. Die entstanc'ienen roten Kristalle werden abgesaugt und mit Wasser,, Alkohol und Ather gewaschen. Die Ausbeute betrug 0,6 g. Wegen der geringen Ausbeute und der sehr langwierigen Darstellung haben wir auf weitere Reinigung verzichten mussen. Die Farbe, die Darstellung nnd das Ergebnis der Kobaltitnalyse stimmt init der Annahme eines Triolsalzes befriedigend uberein.

Eei der Analyse ergaloen 0,3227 g Salz 0,1814 g CoSO, gleich 22,40/, Co, wiihrencl das Salz

(SeO,)[(NH,),Co(OH),Co(NH,)~] (SeO,),. 6:K,O

51 Co verlangt. In Ubereinstimmung mit den1 entsprechenden Sulfat hesitzt

a,uch das Selenat hellrote Farbe und tritt in Form von schuppen- forinigen Kristallen auf ~ die in lialteni Wasser schwer loslicli sind.

He xa ni min -p - n i t r 0- d i ol - d i li o b a1 t i s e le n a t

(SeO,)[ (NH,),Co-OH $Co(NH,),](SeO,),. 2H,O. ,HO %,\\

\SO;*

Die Darstellung dieses Salzes war recht unerfreulich und fuhrte erst nach einigen MilSerfolgen zum Ziel. Wir ginger] von den1 Hex- ammin-triol-dikobaltisulfat aus, dessen Darstellung aus dem Chloro- diaquo-triamminkobaltisulfat wir eingehend beschrieben haben. Um 10 g Triolsalz zu gewinnen, muB man uiigefiihr 100 g Chloro-diaquo- salz verarbeiten. Wenn man iiber genugende Mengen Triolsulfat 1-erfugt, macht die Weiterverarbeitung keine Schwjerigkeitcn mehr, (la die Sake dieser Reihe recht stsbil sind, meistens sehr leicht liristallisieren und siclz in Wasser meistens schwer losen. Durch aufiergewohnliche Bestiindigkeit zeichnen sich vor allem dit: Salze Bus, die man bei der Einwirkung von Nat,riumniti:it auf Triolsalze erhklt.

Es wurden 10 g Hexammin-triol-dikobaltichlorid in 50 ccm schwach essigsaurem Wasser mit 2 g Natriumnitrit verset,zt, unter gutem Umriihren auf 40--50° erwarmt und 30 ccm konzentrierte Salzsaure hinzugefugt. Das sich abscheiclende oi:angefa8rbige Salz wird abgesaugt, mit ha'lbkonzentrierter Salzsiiure bis zurn fublosen Filtrat und dann mit Alkohol siiurefrei gem-aschen. Das Sdz wird

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Zur Kenntnis komplexw Kobaltiselenate. 383

in 100 ccrn Wasser gelost und nach den1 Abkiihlen noch einmd durch 100 ccni konzentrierte Salzsaure ausgefiillt und getrocknet.

Von diesem Hexammin-p-nitro-diol-dikobaltichlorid wurden 5 g in 60 ccm Wasser aufgelost und allrnahlich 8 g kristallisiertes Natrium- selenat binzugegeben. Es begann sich eine dicke Kristallmasse abzuscheiden, worauf noch weitere 4 g Xa,SeO, hinzugefugt wurden. Nach einigen Minuten wurde der Kristallbrei abgesaugt und mehrere Xale init eiskaltem Wasser gewaschen. Aus der rosafarbenen Mutter- huge wurde nichts mehr erhalten. Zur weiteren Reinigung wurde das Salz in schwach essigsaurem Wasser gelost, zum Sieden erhitjzt und filtriert. Die nach einigen Stunden sich abscheidenden orange- farbigen Kristalle erwiesen sich als rhombisch und scheinen soniit isomorph mit den entsprechenden Sulfatkrista.llen zu sein. Die Ausbeute betrug 2 g. Durcli Einengen des let.ztei1 Filtrates konnteii noch 0,5 g gewonnen werden.

Bei der Analyse ergaben 0,0786 g Salz 0,0450 g CoSO,, 0,0823 g Sa,lz 0,0469 g CoSO,, 0,2381 g Salz 0,0527 g Se. Fur das Sizlz

(SeO,)[(NH,),C,o-OH >Co(NH,),],(SeO,), * 2H,O berechnen sich

22,10/, Go und 22,3O/, Se, mahrend 21,s und 21,7O/, Go und 22,1.0/, Se gefunclen wurden.

Ebenso wie das Sulfat kristallisiert such das Selenat mit zwei Molekulen Kristallwasser. Die Substanz wurde lufttrocken m a - lysiert. In kdtern Wasser ist da,s Selenat sehr wenig loslioh.

Zur weiteren Identifizierung wurde ein halbes Gramm des p-Nitro-diolselenats mit einem Gemisch von 3 ccm konzentrierter Salzsaure und 1 ccm Wasser auf dem Wasserbade erhitzt, wobei ein Farbenumschlag von orangerot nach braunrot und zuletzt nech violett beobachtet wurde. Die Behandlung der Salze dieser Reilie hat keinen EinfluB auf die Nitrogruppe, denn es entweichen keine Stickoxyde. Das Auft'reten der violetten Farbe ist auf die Bildung von ,u-Nitro-ol-salzen zuriickzufuhren und ist eine Folge der .t,eil- weisen Aufspnltung :

X[(NH,),Co----OH ~ G O ( N H , ) , ~ X , + 2HC1 =

,OH '\

\NO,//.

Bei 100, trat keine Zersetzung ein.

,OH ',

Co(NH,),CI]X + H,O + HX. ,OH '.+. \NO;

X~(NH3)3~1Co,..,,N0,,

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384 J. Meyel; G. Dirska und l% Clemens.

Es bildet sich das violette symmetrische Dichloro-hexammin- p-nitro-ol-dikobaltichlorid, das abgeprefit wurde. Es waren 0,3 g Substanz, die mit OJ5 g Natriumnitrit nnd 10 ccm 15°/oiger Essig- sgure in 100 ccm Wasser erhitzt wurden. Kach zwei Minuten bildete sich eine orangefarbige Losung, wodurch die Bildnng pines pol- dinitrosalzes angezeigt wurde :

Cl[C1(NH,),CooH Co(KH,),C'l]Cl + NaXO, =

OH NO,

NaCl + Cl[(NH,),CoNO,Co(hTH,),]Cl,. NO,

Mit dieser Uberfuhrung des Hexammin-p-nitro-dioldikobaltiselenats in das Hexammin-p-dinitro-ol-dikobaltichlorid war die Identifizierung genugend weit durchgefuhrt.

4. Vierkernige Kobaltiselenate. D O del ianimin- hex01 - t e t r a - k o b a1 t i s el ena t [ C O ( ~ ~ C O ( N H , ) ~ ) , ] ( SeO,),, . Dieses Salz ii;t des-

halb von einigem Interesse, weil es mit dem Hexammin-t riol-di- kobaltiselenat isomer und zwar im besonderen polymer ist. Die Konstitution dieser Salee hat WERNER aufgeklart.

Zur Darstellung dieses Salzes gingen wir vom Diaquotetrammin- kobaltiselenat aus, nachdem Versuche mit Dibromotetrammin- kobaltibromid nicht zum Ziele gefuhrt hatten. Es wurden 2 g Diaquotetramminsalz in 30 ccm Wasser aufgelost und nach Zusatz einiger Tropfen Essigsaure erwiirmt. Nach Zugabe won 1 g Pyridin wurde zum Sieden erhitzt, bis unter Braunfarbung eine geringe Trubung eintrat. Nach rascheni Filtrieren schied sich der geciuchte Stoff in der Kalte ab, wurde abgesaugt, mit Alkohol und &her gewaschen und an der Luft getrocknet. Die Kondensatioii der vier Diaquomolekule verlauft nach der Gleichung :

41 ~H,o~,c~(NH,),I ~ r , = {Co((HO),Co(NH,),),] + 4NH4Br + 2HBr + 2,H,O.

Bei der Analyse ergaben 0,4371 g Salz 0,2790 g CoSO,, 0,6315 g Salz 0,1567 g Se. Fur dss Salz [CO((HO),CO(NH,)~),](S~O,), be- rechnen sich 24,3O/, Co und 24,4O/, Se, wahrend 24,3O/, Co und 24,S0/, Se gefunden wurden.

Das Hexolselenat bildet dunkelbraunviolette Blattchen , die in Witsser schwer loslich sind. Eeim Erhitzen anf 130° zerf&llt

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Zur Kenntnis komplezer Kobaltiselenate. 385

das Sale unter Schwarzfa,rbung. In seinem ganzen Verhalten und in seinen Eigenschaften kann es dem Sulfat dieser Reihe an die Seite gestellt werden. Beim Verreiben mit konzentrierter Salz- saure tritt Chlorgeruch auf, weil eine Zerlegung nach der Gleichung:

[Co((HO),Co(NH,),),](SeO,), + 12HC1 = CoC1, + 3[(H,0),Co(NH3),]C1, + 3H,SeO,

eintritt, die von einem Zerfall des CoC1, in freies Chlor und Kobalt- chlorur, sowie von einer Oxydation des Chlorwasserstoffs durch die Selensaure zu Chlor begleitet ist.

Wir haben dann noch versucht, in dieses Hexolsalz an Stelle des Ammoniaks Athylendiammin einzufuhren, um so zu einer Ver- bindung [Co((HO),Coen,),] (SeO,), zu gelangen. Indessen sind diese Versuche ohne Ergebnis geblieben, was mit nnveroffentlichten Beobachtungen von JUL. MEYER und H. MOLDENHAUER uberein- stimmt, denen es auch nicht gelang, bei einkernigen Kobaltikomplexen Lthylendiamin an Stelle von Animoniak einzufuhren.

Zueammenfassung.

Zur Beantwortung der Frage nach der Ahnlichkeit oder Ver- schiedenheit zwischen Selensaure und Schwefelsaure wurde eine groSere Anzahl von ein- und mehrkernigen Kobaltikomplexsalzen dargestellt, in denen der Selensaurerest nicht nur als dissoziierbares hnion, sondern auch innerhalb des Komplexes nichtionogen ge- bunden auftritt. Zwei zweikernige Salze wurden gefunden, in denen der Selenatrest als Briicke zwei Kobaltatome eusammenhalt.

Alle diese Salze zeigen mit den entsprechenden Sulfaten, soweit diese bekannt und genauer untersucht sind, weitestgehende Uber- einstimmung. Es konnten so die schon fruher von JUL. MEYER~) gezogenen SchluBfolgerungen im weitesten Umfange bestatigt werden, da13 der Schwefelsaurerest in den komplexen Kobaltisulfaten ebenso wie in den komplexen Chromisulfaten ohne merkliche Anderung des Charakters der Salze durch Selensaure ersetzt werden kann. Meistens sind die Selenate etwas loslicher als die Sulfate. Auch zeigen sie haufig groSeren Kristallwassergehalt. Indessen tritt diese kleine Verschiedenheit um so mehr zuruck, je groBer die Masse des Komplexes gegeniiber der Masse der Schwefel- und Selensaure ist.

l) JUL. MEYEB, 2, a;n.org. u. allgem. chm. 118 (1921), 46.

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386 J. Xeyer, G. Dirska u. EI Clemens. Zur Kenntnis homplexe.e.rKobalti:iel~~te.

DaB sich komples gebundenes Halogen und kornplex gebundene Selensiiure miteinander ohne gegenseitige Einwirkung vertragen, bestiitigt ebenfalls den fruher von uns gefundenen Satz, daB nur die freien undissoziierten Halogenwasserstoffsauren mit der freien undissoziierten Selensiiure sich unizusetzen vermogen.

Diese Untersuchungen sind mit Unterstutzungen dnrch den JapanausschuB der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft durchgefuhrt worden, dem wir auch hier unseren verbindliehsten Dank aussprechen. AuBerdem hat uns Herr Dr. W. SCERAMX in dankenswerter Wrise zur Seite gestanden.

Breslau, Anorganische Abteilung des Chemischen I;nstitzcts der Univem2at.

Bei der Redaktion eingegangen am 14. August 1924.