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Aus der ~edizinisehen Klinik Lindenburg der Universiti~t K61n. (Direktor: Professor Dr. F. Kfilbs.) Zur Messung der Gasdrueke und (~asdruekgeNlle im Organismus. II. Mitteilung: Der Meehanisinus des int~ermedigren Gasweehsels. Yon Fritz Meyer. Mit 1 Text~bbildung. (Eingeg~ngen am 7. I. 1935.) In der voraufgegangenen Mitteilung 1 haben wir die Methodik der MikrogasanMyse zur Messung der Gasspannungen in der AlveolarlufL dem Blute nnd den Geweben des Menschen geschildert. Damit war die experi- mentelle Grundhge geleg~ um das Gasdruekgef~lle yon der Aul~enluf~ bis in das Gewebe hinein darzustellen. Wenn wit nun die physikalisehen Grund- lagen des intermedi~ren Gasanstausches kurz erSr~ern, so wird dabei der Gasaustausch im Organismus als Str6mungsvorgang l~ngs eines Diffusions- gef~lles aufgefaBt. An den wichtigsten Pun~en der Gef~llslinie wird vor und hinter den in den Gasstrom eingeschalteten Widerst~nden, der Alveolenwand und den Kapillarendot~helien in der Peripherie, der Gasdruek bestimmt und so die Gr61te der in die Strombahn eingesehalteten Staue gemessen. Die einzelnen Elemente, ~us denen sich die jeweils zu tiber- windenden Widerstandswerte zusammensetzen, werden diskutiert,. Am An~ang unserer ErSrterungen so}l eine sehematisehe Darstellung stehen, aus der die Gasdrucke und Gasdruekgef~lle in ihrer region~ren Vet- t~ilung hn Organismus entnommen werden k6nnen (Abb. 1). Das Sehaubild zeigt un~en die jeweiligen Druekwert~e der P~rtialdrueke in mm Hg. Links sind die MeBort, e, an denen die Drueke bestimmt wurden, aufgezeichnet. Wit erkennen, da~ yon der Aul3enluft bis zmn Gewebe ffir den Sauerstoff- strom ein Druekgd~lle yon et, wa 120 mm Hg und flit die Kohlens~ure ein Druekgef~lle yon rund 40 mm Hg nachweisbar ist. Der Str6mungsvor..gang l~13t sich in drei wiehtige Abschnitte unterteilen. Die entscheidenden Uber- g~nge sind: 1. Aul~enhfft--Alveolarluff, 2. Mveolarluft---BluL 3. Nut-- Gewebe. Die Er6rterung der Str6mungsverh~ltnisse im ersten Abschnitt,, der Meehanik der Atmung und der Physiologie der Alveolarluft sollen hier tibergangen werden, da sie in ausgezeichnet, er Weise sehon oft dargestellt worden sin& Wit wollen nur darauf hinweisen, dat3 der Lunge im System tier Gasweehselorgane nieht nut die Rolle der Atmungspumpe zukomm~, sondern dag sie dariiber hinaus auch die l~unktion einer Sehleuse austibt, die zwisehen Aul~enluft und Blur. eingesehaltet ist~ und dafiir sorgt, dag ein exa]@ definierger Kohlensgurespiegel im Blur aufreeht erhalten wird. Diese

Zur Messung der Gasdrucke und Gasdruckgefälle im Organismus

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Page 1: Zur Messung der Gasdrucke und Gasdruckgefälle im Organismus

Aus der ~edizinisehen Klinik Lindenburg der Universiti~t K61n. (Direktor: Professor Dr. F. Kfilbs.)

Zur Messung der Gasdrueke und (~asdruekgeNlle im Organismus.

II. Mi t te i lung : Der Meehanis inus des int~ermedigren Gasweehse ls .

Yon

Fritz Meyer. Mit 1 Text~bbildung.

(Eingeg~ngen am 7. I. 1935.)

In der voraufgegangenen Mitteilung 1 haben wir die Methodik der MikrogasanMyse zur Messung der Gasspannungen in der AlveolarlufL dem Blute nnd den Geweben des Menschen geschildert. Damit war die experi- mentelle Grundhge geleg~ um das Gasdruekgef~lle yon der Aul~enluf~ bis in das Gewebe hinein darzustellen. Wenn wit nun die physikalisehen Grund- lagen des intermedi~ren Gasanstausches kurz erSr~ern, so wird dabei der Gasaustausch im Organismus als Str6mungsvorgang l~ngs eines Diffusions- gef~lles aufgefaBt. An den wichtigsten Pun~en der Gef~llslinie wird vor und hinter den in den Gasstrom eingeschalteten Widerst~nden, der Alveolenwand und den Kapillarendot~helien in der Peripherie, der Gasdruek bestimmt und so die Gr61te der in die Strombahn eingesehalteten Staue gemessen. Die einzelnen Elemente, ~us denen sich die jeweils zu tiber- windenden Widerstandswerte zusammensetzen, werden diskutiert,.

Am An~ang unserer ErSrterungen so}l eine sehematisehe Darstellung stehen, aus der die Gasdrucke und Gasdruekgef~lle in ihrer region~ren Vet- t~ilung hn Organismus entnommen werden k6nnen (Abb. 1). Das Sehaubild zeigt un~en die jeweiligen Druekwert~e der P~rtialdrueke in mm Hg. Links sind die MeBort, e, an denen die Drueke bestimmt wurden, aufgezeichnet. Wit erkennen, da~ yon der Aul3enluft bis zmn Gewebe ffir den Sauerstoff- strom ein Druekgd~lle yon et, wa 120 mm Hg und flit die Kohlens~ure ein Druekgef~lle yon rund 40 mm Hg nachweisbar ist. Der Str6mungsvor..gang l~13t sich in drei wiehtige Abschnitte unterteilen. Die entscheidenden Uber- g~nge sind: 1. Aul~enhfft--Alveolarluff, 2. Mveolarluft---BluL 3. N u t - - Gewebe. Die Er6rterung der Str6mungsverh~ltnisse im ersten Abschnitt,, der Meehanik der Atmung und der Physiologie der Alveolarluft sollen hier tibergangen werden, da sie in ausgezeichnet, er Weise sehon oft dargestellt worden sin& Wit wollen nur darauf hinweisen, dat3 der Lunge im System tier Gasweehselorgane nieht nut die Rolle der Atmungspumpe zukomm~, sondern dag sie dariiber hinaus auch die l~unktion einer Sehleuse austibt, die zwisehen Aul~enluft und Blur. eingesehaltet ist~ und dafiir sorgt, dag ein exa]@ definierger Kohlensgurespiegel im Blur aufreeht erhalten wird. Diese

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Zur M e s s u n g der O a s d r u c k e u n d Gasdruckge fg l l e i m O r g a n i s m u s , II. 715

Sehleuse trennt gleichsam die innere Atmosphgre des Organismus vonder Aut3enluft.

Verfolgen wir nun iiber die Alveolen hinaus den weiteren Vertaui der GasstrSmung im Organismus, so linden wir ein Absinken des Sa.uerstoff- druekes und einen Aalstieg des Kohlensguredruekes. Messen wir an ent- seheidenden Punkten der S~rombahn das StrSmungsgef5lle, so kSnnen wir aus der GrSlte der auftretenden Druekdifferenzen auf die GrSBe der yon der StrSmung an ilberwindenden Hindernisse sehliegen. Ergeben sieh grof~e Druekdifferenzen, so sprieht das ftir groge StrSmungswiderstgnde, sind die Differenzen klein, so kann man eine ungehinderte Str6mung in dem untersuehten Absehnitt annehmen.

Wenn wit das Gasdruekgefglle beim Durehtritt des Gases dutch die Alveolemvand untersuehen, so kSnnen wir rein sehematiseh die Situation

Au~n/urY "'" ~ ~ ~" 7 f I Resp/Pation

Alveulaplu#

\ "~ "n02 __ D~usion

~rL B/u/ \

N D~us/~ i TM G'gwe&

/80 150 1~ 130 ~'20 110 ;'00 90 gg Z0 60 5a g0 30 20 10 0

Abb. 1. Das Gasdruckgefglle im 0rganismus (AttBenhft--Unterhat~tzellgewebe).

so erlgutern, dab der Oasstrom eine diinne Grenzsehieht iiberwinden muB, die auf der einen Seit.e yon Lull, auf der anderen Seite yore Blute bespiilt wird. Diese GrenzschJcht wird, wenn wir neueren anatomischen Ansehau- ungen folgen, direkt yon den Kapillarendothe]ien gebildet, we!ehe wSt Ireier 0berflgche in die Alveolarwand eingewebt sin& Nur die 0berfl/iche dieser in das Alveolenlumen eingewebten Kapillaren entsprieht daher der wirk- samen, dem Gasaustausch dienenden Flgche, und es w~re falsch, die gesamte Oberflgche der Alveote als Austauschftgche zu werten. Es ist also physio- Iogisch richtiger, wenn wir im Kapillarnetz der Lunge den eigentlichen TrSger der Lungenfunktion sehen. Das eigentliche Lungengewebe dienf nut dazu, um dieses Kapillarsystem anszubreiten und zu entfalten. Der Triiger der spezifischen Funktion ist aber ~hnlich wie ira Glomerolus der Niere das OefSl~system. Die Erarterung der physiologischen Bedingungen des Gasaustausches dutch die Scheidewand der Endothelmembran hindurch muB yon rein physikalisehen Vorstellungen ihren Ausgang nehmen. Die Berechfigung der yon Bohr ~" in einer geistreichen St.udie entwickelten Anschauung, dab vitale Sekretionsvorg~nge dem Oasaustauseh zugrunde liegen mtil]ten, hat nice nicht erweisen lassen und dig heutigen Anschau- ungen lassen als treibende Kraft des Gasstromes nut dan nattirliche Druck- gef~lle, d. h. die Druckdifferenz zwisehen aJ.veolgrer und Blutgasspannung

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gelten. Es handelt sieh also am einen Diffusionsvorgang. Wenn wit diesen Diffusionsvorgang beurteilen naeh der Gasmenge, die in einer gegebenen Zeit dutch eine Membran mit gegebener Oberfl~ehe hindurehgeht, so wird die DiFFusion urn so besser sein, je gr58er das zur Verfiigung stehende Gas- drnekgefglle ist. Sie wird mn so geringer sein, je dicker die zu permeierende Membran ist und je sehwerer das hindurehtretende Gas in der wgsserigen Phase tier Membran 15slieh ist. _Auger diesen Faktoren geht noeh eine Konstante in die Ileehnung Bin, die yon der Art des permeierenden Gases, der zu permeierenden Fliissigkeit und der Temperatur abhgngig ist. Die wirksamen Faktoren werden ~de folgt bezeiehnet:

die diffundierende Gasmenge mit v, die Zeit mit T, die Druekdifferenz zu beiden Seiten der Membran mit P - - -p , die Dieke der Membran mit d, der Bunsensehe Absorpti0nskoeffizient :mit ~, die Oberfl~ehe der Membran mit O, die Konstante mit K.

In diesem Falle lau~et die Diffusionsformel:

~ . ( P - - p ) . l c . T . O V - - -

760. d

Da sich gezeigt hat, dag die Konstante k umgekehrt proportional is~ der Quadratwurzel der spezifischen Diehte der Gase m, so ist es zweekmg~ig, auch diesen Wert noch in die Reehnung einzufiihren und start, der Kon- stanten /c einen Diffusionskoeifizienten c - k . ~/m zu bilden. Der DiE- iusionsvorgang wird dam1 erfaSt dureh die Formel:

o : . c ( P - - p) . T . O V -----

760. d. ~/m

Es wird nun unsere Aufgabe sein, diese Diffusionsformel gleiehsam in das Biologisehe zu iibersetzen und die physiologisehe Korrelate zu den einzelnen Werten der Formel zu bestimmen. Hier wird es zun~chs~ wiehtig sein, die- jenigen Fal;toren zu diskutieren, die die Permeabiliti~t der zu durehdringen- den Sehicht bedingen. )[nderungen der zum Austausch dienenden Endothel- membran kSnnen den Faktor c (den Diffusionskoefiizienten), den Faktor d (die Dicke) und den Faktor 0 (die Oberfl~iehe) betreffen. Wir kSnnen uns vorstellen, dab der Zellbaustoff der Endothelmembran sich ~ndert. Der kolloidchemische Zustand des Protoplasmas kann wechseln oder dutch pathogene Koeffizienten modifiziert werden. Auf dem Boden dieser "6nderungen des Kolloidgeitiges nmt~ eine Permeabili~tsstSrung erwachsen, die elektiv den Diffusionskoeffizient, en unserer Formel beeinflussen wird. Wit kSrmen also dem Diffusionskoeffizienten eine biologisehe Gr58e --- den Zust, and des Protoplasmas -~ zuordnen. Nur se!ten wird diese StSrung

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isoliertt angenommen warden diirfen. Mdstens wird die Anderung des Zell- baust,offes mit einer Anderung der Zeilform einhergehen im 8inne ether Volumenvergr6Berung oder Verkleinernng. Qnilltt die Zelle, so wird damit die Dicke der zu durchdringenden 8chicht grSBer werden und aueh der Fakt,or d unserer Difiusionsgleichung sich gndern. Der Wert, c/d unserer Gleiclmng ist also gleichsam das Symbol flit ganz best,immte biologisehe Erscheinungen. Es isf, das Verdienst Brauers , zuerstt diese spezielle Form der DiffusionsstSrung zur Diskussion gest,ellt zu haben. Er hat' den Begrif{ der Pneumonose geprggt und verstehtt daruntter eine primgre 8ehgdJgung des Endothels, die in einer 5{nderung im 8inne einer EiweiBgerinnnng oder fettigen Degeneration begriindet liegt (I. Schjerninga). Die 8ehaffung des P~egriffes der Pneumonose dutch Braue r hat' zu zahlreichen Unt,er- suehungen AnlM] gegeben. 8o konnte RiihI 4 dutch Histamin und Numal eine Pneumonose experimentell erzeugen. Fuss und Der ra s beschrieben eine ~_t,herpneumonose. Es lieB sic]l zeigen, dM3 man dutch Strophant,in- gaben nieht zu weitt forttgeschritttene pneumonotisohe Vergnderungen be- einflnssen konnte (Riihl6). Kroe t z 7 hat' in ether zusammenfassenden Darst,ellung auf grund klinischer und experimenteller St,udien das Yneu- monoseproblem er6rt,ert. Er weist darauf Mn, dab neben den k6rper- eigenen Sttoffen wie Adrenalin, Acettyleholin, Insulin und Histamin such direkt.e Nerveneinfliisse die DureMgssigkeit der dem Austauseh dienenden 8ehicht, beeinflussen kSnnen.

Es ist aber bet der Beurteilung der ganzen Fragen wicht,ig, sich zu erinnern, dab Diffusionsstt6rung und -a.nderung der Zelldurehlgssigkeit nicht, identtisehe Begriffe sind. Der Begriff der Diffusionsstt6rung ist viel wetter zu fassen, und wit erkennen aus der Diffusionsgleiehung, dab auger dem Koeffizienten c/d, der das nmschreibtt, was wir bet der Diskussion der Pnemnonose er6rtern, such die Oberfliiche der austauschendeli Schicht 0 und das Gasdruckgefglle P - - p yon Bedentung sind. In Anbetrachtt der Tatsache, dab es aus klinischen u~d physiologischen Grtinden wichtig istt, den Begriff der Pneumonose aus der 8umme der tibrigen m6glictmn Ur- sachen einer Diffusionsst.6rung herauszulSsen, sollt,e man zweckmg.Big unt,erscheiden zwischen ether DurchlgssigkeitsstSrung (Permeabilit,~tts- st6rung sensu sttrict,ori) und ether Austausehst/Srung (DiffusionsstSrung). kls Ursache der erstgenannten 8t/Srung kommen nur zellu!gre Prozesse pneumonotischer Art bzw. Endotheliosen in Frage. Aus Ursache der AusttausehsttSrung ko~rmaen dagegen alle Momente in Frage, die den Dif- fusionsvorgang zwisehen klveole und Blur beherrschen. Unter diesen miissen zun~iehst, als wieht,igste noch der Faktor O und der Faktor P - - p unserer Diffusionsgleichung er5rtert werden. Der Faktor O der Diffusions- gleichung miBt die GrS~e der dem Gasaustausch dienenden Flgche. Wit haben schon oben erwghnt, dab die Kapillarwand selbst, als Austausehschieht anzusehen ist,. Die GrSBe der Austausehsehicht wechselt also mit dem AusmaB der Entfaltung des Lungenkapi!larsystems. Der Organismus kann

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wahrscheinlich innerhalb wetter Grenzen die GrSge der Austauschfl~che ~ndern. Die prim~re Regulation der DiffusionsgTSge wird woh! dm'ch Anderungen der Oberfl~che erzielt werden. Auf diese Weise wird das ganze Diffusionsproblem aufs engste mit den Fragen der Kreislaufregulation verkniipft. Die vermehrte Entfaltung kapillarer Oberfl~che fiihrt zu einer Verbreiterung des Strombettes und zu ether ErhShung des Stromvolumens.

Allerdings scheint es uns nicht richtig, wenn man die Verhaltnisse so darstel]t, als ob eine zwangsl~ufige und selbstverst~ndliehe Koppelung zwischen Obe~fl~chenentfaltnng des Kapillarsystems und Dnrchblutungs- grSge bestehen mtisse. Wenn anch meistens die Oberfl~ehenentfa,ltung und die Erh6hung des Stromvolumens parallel gehen, so ist es doch durchaus denkbar, dab durch i)ffnung enger Kapillaren an Stelle yon relativ weiten Haargef~Ben eine erheb]iche Widerstandsvermehrung im Strombett eintritt. Diese WiderstandserhShung kSnnte hinsichtlieh ihrer Kreislaufwirkung eine Querschnittsverbreiterung mehr oder weniger vollst~ndig kompensieren. Auch ohne dag man direkte Kurzschliisse zwisehen arteriellem und ven5sem System annimmt, kSnnen sieh bier sehr komplizierte Verh~ltnisse ergeben. Es wird nieht erlaubt sein, eine fnnktionelle Beziehung zwischen Oberflgche und Stromvolumen ohne weiteres zu postulieren, sondern wit werden bier h6chstens eine korrelative Weehselwirkung erwarten diirfen, die nieht physikMisch zwangsl~ufig, sondern aus dem Walten einer h5heren physio- logisehen T~tigkeit heraus zu begreifen ist.

Wenn sehon die Frage der Oberfl~chenentfaltung dureh das Hinein- spielen hg.modynamischer Momente kompliziert wird, so tritt die Be- deutung dieser Faktoren noeh mehr hervor, wenn wir das Glied P - - ) 9 unserer Diffusionsgleichung diskutieren. Dieser Weft stellt das Druek- gg~lle dar, unter dem das Gas aus den Alveolen in die Blutbahn iiberstr5mt. Je gr5l]er diese Druckdifferenz ist, um so grSger ist ceteris paribus aueh die Kraft, die den Diffusionsstrom treibt. Wenn im Blute und in der Alveolar- luft der gleiehe G asdruek herrscht, so ist die Diffusion gleich Null; je gr5ger die Druckdifferenz, usa so grSger ist das Diffusionsgef~lle und damit aueh die in der Zeiteinheit diffundierende Gasmenge. Von den beiden Summanden des FaVors P - - p unserer Diffusionsgleiekung entsprieht der erste, der Wert P den Gasdrueken in der Alveolarluft. Der Weft ~0 ist demgegeniiber ein fiktiver Wert. Er entsprichg dem mittleren Gasdruek in der Blut- kapillare und sagt aus, wie grog der Gasdruek im Kapillarblut wiire, wenn dieses eine gleiehmgNge Zusammensetzung h~itte. Um dan reehne- rischen Wert zu ermitteln, benntzt man am besten ein yon Bohr (1. e.) angegebenes graphisehes Integrationsverfahren. Die Ermittlung des mittleren Druekwertes p ist yon grSgter Bedeutung ftir die Beurteiiung der kapillaren KreislaufverMItnisse. Sie lielert uns gleiehsan( dan Sehlttsse! zur Be- urteilung der kapillaren ZirkulationsgrSge. Wir hoffen an anderer Stelle diese Fragen behandeln zu kSnnen und zu zeigen, dab man yon der Interpretation der physikalisehen DiffusJonsgleiehung ausgehend, die ganze

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Pathologie des kapillaren Kreisla.ufs enttwickeln kann. In der Norm er- gibtt sieh fiir das Sauerstoffdruckgd~lle (P--p) dutch die Alveolarwand ein Wertt yon 49,5 mm tIg und fiir das Kohlensguredruckgefglle ein Wertt yon 3,22 mm tIg.

In unserer Diffusionsgleichung finden sich noeh zwei Faktoren, deren physiologisehe Bedeutung Mr noch nicht, er5rtert, haben. Es handelt sieh um den Koelfizient,en u, der den Wertt des Bunsensehen Absorpt,ions- koeffizienten f~" das jeweils permeierende Gas darst,ellt und den Fakt,or m, der die Gasdiehte darst,ellt. Der Fakt,or m, die Gasdiehte, ist eine rein physikalisehe Konst,ante. Wit m6ehten im Rahmen unserer Bettraehtung aueh den Fakt,or e als physikalisehe Konst,ante einsetzen und annehmen, dal~ unt,er physiologisehen und patJaologisehen Bedingungen die LSsliehkeit, der Gase in den zu bettraeht,enden Zellmedien die gleiehe bleibt,. Wir set,zen fiir die LSsliehkeit. der bettreffenden Gase die flit Wasser gel~enden Werte ein. Die Not,wendigkeit, diese rein lohysikalisehen Konst,anten hier zu erSrtern, ergibtt sieh daraus, dab sie flit Kohlensgure und Sauersttoff sehr differente Wert,e besittzen. Hieraus resultiert eine f~tr die beiden Gase ganz unt,ersehiedliehe Beansioruehung des ganzen Diffusionsapparates. Der Bunsensehe Absorpt.ionskoeffizient,, gemessen bei 37 ~ ergibt, fiir den Sauerstoff einen Wert yon 0,t)242 und fiir die Kohlens~iure einen Weft, yon 0,568. Die Gasdiehte des Sauerstoffs bet,r~gt 1,t29, die der Kohlensgure 1,965. Man erkennt, ohne weiteres, dal3 die Diffusionsbedingungen flit die Koblensfi.ure sehr viel besser sind als fiir den Sauerstoff. Wenn wit an- nehmen, dal~ die Verh~ltnisse der jeweiligen Absorptionskoeffizient.en in Wasser und im Gewebe identiseh sind, so k5nnen wit ausreehnen, mn wieviel- real sehneller die Kohlensgure diffundiert als der Sauerstoff. Setzen wir die spezifisehe DiffusionsfS.higkeit des Sanerst,offs gleieh 1, so ist, die spezifisehe Diffusionstghigkeit der Kohlens~ture

~co~ Iimo2 0,568 1,195 xeo~ -- " bzw. = " = 20,0,

~o2 ] / - ~ c o~ Xeo2 0,024=2.1,4=02

Die Diffusionsfghigkeitt der KohlensSure ist, also 20real gr5ger als die des Sauerstoffs. Die Beseitigung der bei den Oxydat,ionsvorggngen abfallenden KoMensiiure stelltt den Organismus also bei weitem nieht, vor eine so sehwere Aufgabe, wie sie die Durchffihrung der notwendigen Sauerstoffzufubr darst,ellt,. Diese Leiehtigkeitt der KohlensSurediffusion kommt sehon in den geringen Druekdifferenzen zmn Ausdruck, die der Organismus aufzuwenden braucht,, um den Abstrom der Kohlensgure zu bewerkst,elligen. Wenn wit, wie oben auseinandergelegt, dureh graphisehe Integration das mit,t, lere Kohlensguredruekgefglle zwischen AI~-eolarluft und arteriellem Blur unter der Voraussetzung einer normalen Kohlens~ureverbindungskurve und einer normalen art,erio~en6sen Differenz berechnen, so ergibt siett ein mitt,leres Druekgefglle der Kohlensgure yon hSehstens 3,2 mm tlg. Dieses Druck-

Arehiv f. experiment. Path. u. Ph~rmakol. Bd. 177. 47

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gefglle ist nur ein Bruchteil des fiir den Sauerstofftransport eingesetzten Stromgef~lles. Trotzdem aber sind dis Diffusionsbedingungen fiir die Kohlens~ure framer noch besser als fiir den Sauerstoff. Dazu kommt noch, da$ unter normalen Verh~ltnissen auch rein quantitativ die Menge tier zu befSrdsrnden Kohlsns~urs geringer is~ als die des Sauerstoffs, da der respiratorische Quotient gewShnlish kleiner als 1 ist,. Rechnen wit mit einem RQ. yon 0,8, so brauchen nur 80% der aufgenommenen Gasmenge in Form yon Kohlensgure wieder sntfernt zu werden. Der Diffusionsapparat ist also, was die Kohlensaurediffusion angeht, gleichsam iiberdimensioniert, d. h. die zur Verfiigung stehenden Oberflachen kSnnen unter den gegebenen Diffusionsdrucken und den sonstigen Diffusionsbedingungen eine gr5Bere Kohlens~iuremenge bewaltigsn, als unter normalen Verh~ltnissen bew~ltigt werden mul3. Setzen Wir die unter normalen Verhgltnissen diffundisrende Sauerstoffmenge gleich 1, so kSnnen wir die Kohlensauremenge, die unter dem physiologisehen Druckgefiille in der gMchsn Zeit durch das gleiche System diffundiert, berechnen. Wir nennen diesen Wert die potentielle DiffusionsgrSSe tier Kohlsnsaure. Sie berechnet sich wie folgt:

~co~ (Poo~ - 7O0o2). Vmo~ (I) vco~ = vo~.

~o2 (~'o~ - - p o 0 ~7 moo.,

Die Symbole sind dabei die gleiehen, wie wir sis in der Diffusionsgleichung angewandt haben, ae naehdem sie fiir Kohlensgure oder Sauerstoff mal~- geb]ich sind; tragsn sie als Index noch die Zeichen - -C0 . a bzw. -- 02. ~co2 bedeutet also den Absorptionskoeffizien~en f ~ Kohlensgure nsw. Unter Einsetzung der Zahlenwer{e ergibt sich:

0,568.3,22.1,195 vco~ = % 0 , 0 2 4 2 . ~ 9 , 5 . 1 , 4 0 2 = vo~ �9 1,3.

Die po ten t i e l l e DiffusionsgrSt~e der Kohlensgure ist also 1,3real grSl3er als die des Sauerstoffs, d. h. unter den im Organismus realisierten Diffusionsbedingungen und unter dem im Organismus vorhandenen Gas- druckgefglle k6nnte 1,3 ma] mehr Kohlensgure diffundieren als Sauerstoff. Wenn also 1 Liter Sauerstoff diffundiert, so kSnnten in der gleichen Zeit 1,3 Liter Kohlensgure zuriiekdiffundieren. Ist der respiratorische Quotient des Organismus gleich ], so wird die potentie!le Leistung des Diffusions- systems also nut zu 77 ~ ausgenutzt. Ist abet der respiratorische Quotient, wie es meistens der Fall ist, nisdriger, z. B. nur 0,8, so wird die poten*ielle Leistung nut zu 61,5~ ausgenutzt. Wghrend bei dem gegebenen Diffusions- druck z.B. 100 Liter diffundieren kSnnten, betrggt die tatsgchliche Be- anspruehung nut 61,5 Liter. Es finder sich also am Sauerstoff gemessen, eine sehr erhebliche ~}berdimensionierung des Kohlens~urediffusions- systems. Die Bedeutung dieser Tatsache liegt darin, dab Diffusions- stSrungen, die die K0hleusgure betreffen, nut sehr selten in Be~raoht

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Zur Messung der Gasdrucke und @asdruckgefglle im Organismus. II. 72 I

gezogen zu werden brauehen. Nehmen wit z. ]3. an, dal3 dutch eine Pneu- monose die Membrandieke der Austauschsehieht um 30% vermehrt wiirde, und dag der Organismus, um die gteiehe Sauerstoffmenge fSrdern zu kSnnen, das mittlere Sauerstoffdruekgefglle um den entspreehenden Weft yon 30%, also yon 49,5 auf 64,5 erhShen wtirde, so braueht, diese Versehleehterung der Diffusionsbedingungen auf die Kohlensgurediffusion nieht zuriiekzu- wirken. Wenn der respiratorisehe Quotient gleieh 1 ist, wenn also genau soviel KoMensgure entfernt wie Sauerstoff zugefiihrt wird, so ist Vc% - Vo~ and wir k6nnen aus Gleiehm~g (I) erreehnen, wie grog das Druekgefglle (Pco2--/)co2) der Kohlensgare sein mul], wenn alas mitttere Druck- gef~ille des Sauerstoffs auf 64,5 mm Hg erhSht ist.

~o, . (Po~ - / ) o ~ ) �9 1/~cco~ P c o 2 - - / ) 0 0 2 - -

g c o 2 �9 ~/TYro2

0,024:2.64,5.1,402 Pc% --/)cos = 0,568.1,195 -- 3,2 mm.

Wir brauehen also ft~r die Kohlens/iure ein Druekgef~ille yon 3,2 mm. Da abet schon das normale Druekgeffille 3,22 mm betrggt, so ist eine Erh6hung des normalen Gefglles nieht n6tig. Wghrend also die Verschleehterung der Diffusion eine Ert)5~aung des Sauerstoffgefglles yon 49,5 auf 64,5 mm zur Folge hat, ist diese Vergnderung fiir die Kohlensgure absolut belanglos geblieben. Sie hat lediglieh dazu geffihrt, daft jetzt die Diffusionskapazitgt des Systems hinsiehtlieh der Kohlensgure yell ausgenu~zt wird. Selbst bei sehweren Diffusionsst6rungen, die erhebliehe Steigerungen des Sauer- s~offgefglles erfordern, treten nur geringffigige Steigerungen des Kohlen- sguregefglles auf. Nehmen wir als Grenzwert an, dag die Diffusion so er- sehwert ist, dag fast der gesamte zur Verffigung stehende Sauerstoffdruek mit 100 mm ttg eingesetzt werden mug, so bereehnet sieh das notwendige Druekgefglle der Kohiensgure anf

0,0242. 100.1,102 = 5 ram. Pc% -- lOco2 --: 0,568.1,195

Dieses letzte Beispiel ist deshalb wiehgig, weil es zugleich dem Grenz- weft der m6gliehen Diffusionsst6rung entsprieht. Wgre die StSrung noeh s~grker, so dab Sauerstoffdrueke fiber 100 mm zur Erzielung der not- wendigen Diffusionsgr6ge eingesetzt werden mtil~ten, so w~de das bei den zur Verftigung stehenden alveolgren Sauerstoffdrucken praktiseh einer Impermeabilitgt der Membran gleiel~kommen, and der Organismus mfil3te wegen Sauerstoffmangels erstieken. Unsere Reehnung zeigt nun, dag bei dieser maximalen Behinderung der Sauerstoffdiffusion eine Erh6hung des Kohlensguregefglles um nut 2 mm eintritt, wobei der Abtransport der ab- fallenden Verbrennungskohlensgure gesiehert wgre. Mit einer Erh6hung der Kohlensgurespannung auf 5 mm Hg kann also tier Organismus jede

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denkbare DiffusionsstSrung iiberwinden. Diese fdberlegungen zeigen, d a[~ unter physiologisehen und pa~h0Jogisehen Bedingungen keine Diffusions- stSrung vorstellbar ist, die die Kohlens~ureexhalafion nennenswert alterieren kSnnte. Was praktisehe experimentelle Bestimmungen angeht, so kommen wit zn der Feststeltung, daiJ zwisehen arteriellem B/st und der AIveolarluft grSBere Druekunterschiede der Kohlens5urespannung a,ls 5 mm Hg nicht vorstellbar sin& Werden sie gemessen, so beweisen sie die Fehlerhaftigkeit der Mel3methode. Meistens wird wohl der Fehler in der Alveo]ar]uftbestilmmmg zu suehen sein, die in solchen F~tllen wohl zu niedrige Werte ergeben hat.

Wit haben versueht, an Hand der physikalisehen Diffusionsgleiehung die wichtigsten Elemente des physiologischen Diffusionsprozesses zu er- 6rtern. Betraehten wir die ErSrterung im Rahmen unserer Gesamt- darstellung, so haben wit gleiehsam die Widerstandsverhaltnisse wie am ersten Stauwerk, das sieh dem Gasstrom auf seinem Wege zu den Geweben entgegenstellt, analysiert. Die Sehwierigkeigen der Bespreehung waren einmal dutch die Eigenart des yore Gasstrom zu durchdringenden FiIters gegeben, sum anderen waren sie dureh die Tatsaehe bedingt, dal~ an diesem Quersehnitt der Gasstrombahn die Gase in chemisch gebundene und in gelSste Form iiberfiihrg werden. Naeh der Diffusion durch die Lungen- kapi~larwand folgt a/s n~ehste Etappe des Str6mungsvorganges der Trans- port der Gase auf dem Blutwege. In diesem Absehnitt ist fiir den Transport- vorgang nieht das Gasdruekgef~lle an sieh maggebend, sondern das rein hgmodynamisehe StrSmungsgefiille des Blutkreislaufs. Physikalisehe Zu- sgands~nderungen finden w'ahrend dieses Transportes nicht s~att. Das Gas, das in den Lungenkapillaren die Lunge verl~tgt, erseheint unter den gleiehen Bedingungen im Kapillarsystem der Peripherie. Wir kSnnen daher unsere Betraehtung so einriehten, als ob sieh an die Diffusion der Gase in den LungenMveolen umrfit~elbar die Diffusion in dem Gewebe ansehlieflen wiirde. Diese Ar~der Darstellung ignoriert niehg etwa die hydrodynamischen Faktoren des Kreislaufgesehehens, sondern die Kreislauffaktoren werden, wie wit sehon 0ben angedeuteg haben, durch besondere Elemente der Diffusionsgleiehung (0 = Oberfl~iche, P - p -- Gasdruekgefglle) erfal3t und in die Betraehtung einbezogen. Das iibergeordnete Prinzip des Diffusions- meehanismus subsummiert bei unserer Betraeh~ung die spezielle H~mo- dynamik.

Die.weitere Untersuehung des intermedi~tren Gasweehsels fiit~rt znm Studium der Verhiiltnisse an der letzten Strommenge, die sieh dem Gas- strom entgegenstellt. Es handelt sieh dabei um die nochmalige f6"ber- windung eines Diffusionswiderstandes, der dutch die Endothelwand des peripheren Kapillarnetzes gegeben ist. Nan hatte bisher keine NSglieh- keiten, tiber diesen Abschnitt des intermedigren Gasweehsets gr61~ere Untersuehnngsreihen anzustellen, well eine brauehbare Nethode zur Be- stimmung der Oasspannungerz jensei~s der Endo~helwand im Gewebe

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Zur Messung der Gasdrucke und Gasch'uckgefglle im Organismus. IL 723

selbst fehlte. Durch Anwendung des oben im experimentellen Teil ge- schilderten Verfahrens ist es abet jetzt m6glieh, einfaehe Bestimmungen der Gasspannungen im Cewebe vorzunehmen und den ganzen Fragen- komplex einer experimentellen Bearbeitung zuggngig zu maehen. Auf Grund der eingangs mitgeteilten Resultate der Gasdruekmessungen im Unterhautzellgewebe wollen wit einige prinzipielle Fragen des Diffusions- meehanismus im peripheren Kapillarsystem kurz er6rtern. Wie sehon aus der graphisehen Darstellung Abb. 1 hervorgeht, betr~gt bei einem arteriellen Sa~erstoffdruek yon 78 nm~ Hg der 8auerstoffdruek im Gewebe fund 37 mm Jig. Es finder sich also ein formates Druckgefglle des Gasstromes yon t l mm Jig. Fiibren wir die gleiche Reehnung fiir die Kohlensgure dutch, so linden wit bei einer arteriellen Gasspannung yon 40 mm eine Gewebsspannnng der Kohlens~ure yon 41 mm Hg. Wit kSnnen also yon vornherein sagen, dab unter normalen Verhgltnissen ein nennenswerter Druckuntersehied zwischen dem s.rteriellen Blute und dem Gewebe hin- siehtlieh des Kohlensguredruekes nicht besteht. Die so erreehneten Werte fiir die Druekdifferenzen entspreehen, wie wir oben auseinandergele@ haben, dem formalen Druekgef~lle, wghrend die Werte fttr das effektive Diffusionsgef-~lle immer niedriger sind, weft sie nieht auf den arteriellen Blutwert, sondern auf den mit.tleren Gasdruek in den Kapillaren zu be- ziehen sin& Dieser wird abet fiir den Sanerstoff immer etwas niedriger und fiir die Kohlens.gure h6her liegen als der arterielle Blutwert. Werm wit den ven6sen Gasdruek kennen, so k6nnen wit auf Grund der graphisehen Inte- gration, wie oben besehrieben, den effektiv wirksamen migtleren Gasdruek der Kapillare erreehnen und daraus das effektive fiir die Diffusion wirksame Druekgefglle zwisehen der Gasspannung im Kapillarblut und im Gewebe bestimmen. Aber selbst wenn wir auf eine exakte Feststellung des effektiven Druekgef~lles verziehten und uns danfit begnitgen, nut das formale Druek- gefglle zwisehen arteriellem Blur und Gewebe zu bestimmen, erhalten wir wertvolle Einsiehgen. Die Erhaltung eines geniigenden Gasdruekes im Gewebe is~ ja der Sinn der ganzen vorstehend besproehenen ~leel~anismen. Ist der Gasdruck im Gewebe normal, so haben wit die GewiBheit, dal3 der Diffusionsmechanismus hinreichend arbeite~, finder sich eine Verschiebung der Gasspannung im Gewebe, so mull irgendwo auf dem Wege ein I-Iindernis oder eine S~6rung aufgetreten sein und wit k6nnen dutch Bestimmung der Bluggasspannung, der alveol~ren Gasspannung oder der eingeatmeten Luft den Sitz des Hindernisses und die Ursaehe der St6rung ermitteln.

Finden wit einen normalen Gasdruek im arteriellen Blut bei herab- gesetzter Gewebsspannnng, so haben wit die Gewil?heit, daS die St6rung nut im letzten Absehnitt des Str6mungsweges gesueht werden kann. Die Analyse dieser St6rung kann dann in derselben Weise, wie wit es oben fiir den Diffusionsvorgang der Lunge dargestellt haben, an Hand der Exne r - Stephenschen Diffusionsgleiehung erSrtert werden. Wit wollen darauf

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verziehten, hier wieder die einzelnen Faktoren der Diffusionsgleiehung auf- zuz~hlen und ihre physiologisehen Aquivalente zu diskutieren, denn es miissen theoretiseh dieselben MSgliehkeiten, die eine Lungendiffusions- stSrung bewirken kSnnen, aueh fiir eine periphere StSrung der Diffusion in Betraeht gezogen werden. Analog der Pneuraonose werden wit aueh ira peripheren Kapillargebiet eine Endotheliose in den Bereieh unserer Er- 5rterungen ziehen raiissen. ES ist Riihl und Bergwal l s gegliiekt, diese Form der DiffusionsstSrung experimentell an der kiinstlieh durehstr6raten Hundeextreraitgt zu erzeugen. Sie konngen dabei Bin Odera der Kapillar- endothelien in der gleiehen Weise, wie es in der Lunge sieh finder, naeh- weisen. Ebenso wie Endotheliosen werden nattir]ieh aueh Oberflgehen- stSrungen und DurehblutungsstSrungen den peri!aheren Diffusionsvorgang beeinflussen kSnnen, und wit werden als Ausdruek dieser StSrungen generell eine Herabsetzung der Gewebsversorgung bzw. eine Verminderung des Sauerstoffdruekes ira Gewebe finden. Praktisch wiehtig wird es vet allera sein, die Permeabilit~tsstSrung im engeren Sinne, wie sie dutch Endotheliose oder Oberflgehenverkleinerung des Kapillarsysteras, also dutch WiderstandserhShung im Dif~usionssys~em bedingt ist, zu trennen yon den h~raodynamiseh zu erklgrenden StSrungen, die infolge verrrdn- defter Durehblutung der Peripherie hervorgerufen sind. Wie wir an anderer Stelle zeigen werden, kann man auf Grund der versehiedenen Diffusions- gesehwindigkeiten des Sauerstoffs und der Kohtens~tra'e und unter Zuhilfe- nahme yon Gasspannungsbestiraraungen ira Blur und Gewebe eine solehe Differentialdiagnose zwischen KreislaufstSrnngen und DiffusionsstSrungen aueh beim Mensehen durehfiihren. Die Grundlagen, auf denen sieh das Verfahren aufbaut, sollen kurz darges~e]lt werden.

Wenn dutch StSrung der Durehblutung eines Organs der Gastransport leidet, so wird sieh diese StSrung sowohl in einera Absinken des Sauerstoff- druckes ira Gewebe iiul~ern als aueh - - und hierin liegt das entseheidende Merkmal der Kreislaufst6rung - - in einem Anstieg der Kohlensgure- spannung beraerkbar werden. Wesentlich anders stellen sich die Verhgl.tnisse beira Vorliegen einer DiffusionsstSrung dar. In diesera Falle einer Anderung der Durehl~ssigkeit oder Verkleinerung der Oberflgehe tier Kapillaren wird die StSrung nut den Sauers~offdruck betreffen, die Kohlens~urespannung im Gewebe abet wird normal bleiben, da, wie schon oben dargeleg% die Diffusionsverhgl~nisse fiir die Kohlens~ture so giinstig sind, dat~ unter physiologisehen Bedingungen eine Diffusionss~Srung nieht eintreten kann. Wit kSnnen daher folgende Leitsgtze aufstellen: 1. Eine Durehblutungs- stSrung ist gekennzeiehnet dutch Anstieg der Kohlensgurespannung und Sinken der Sauerstoffspannung im Gewebe. 2. Eine DiifnsionsstSrung ist gekennzeiehnet dutch Sinken der Sauerstoffspannung bei norraaler Kohlen- sgurespannung des Gewebes. Wir herren so, die flit die Entwieklung der Kreislaufpathologie wiehtige Frage nach dem Vorkommen und der Be- deutung peripherer Diffusionsst6rungen klgren zu k6nnen.

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Z u s a m m e n ~ a s s u n g .

Der intermedigre Gasaustauseh wird als St r6mungsvorgang betraei%et, dessen wesentliehe Merkmale aus der Erl~uterung des Stromgefalles ab- geleite~ werden. Bei dieser Art der Bet raehtung erseheinen die Lungen- und Gewebsdiffusionsvorg~inge als in den StrSmungsablauf eingesehaltete Widerstande. Der Meehanismus dieser Widerstande wird an H a n d der E x n e r - S t e p h a nsehen Diffusionsformel erlgu~ert, wobei der Diffusions- vorgang in den Lungen eingehend besproehen und den einzelnen Faktoren der physikalisehen Diffusionsgleiehung die tohysiologisehen Korre!ate zu- geordnet werden. Der Diffusionsvorgang im peripheren Gewebe wird naeh denselben Grundsfi.tzen wie der Lungendiffusionsprozeg erlgugert. Die dureh die Mikrogasanalyse erm6gliehte Bes t immung der Gasspannnngen im Gewebe weist einen Weg um DurehblutungsstSrungen des Gewebes und DiffusionsstSmngen differentialdiagnostiseh zu trennen.

Literatur.

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