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Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher Betriebsorganismus - Eine globale Reflexion im Jubiläumsjahr Alexander von Humboldt Prof. Dr. Ulrich Köpke www.iol.uni-bonn.de SIGÖL 60. Fortbildungskurs ‚Ökologischer Landbau‘, 7.November 2019, Bad Düben

Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

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Page 1: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Organismus des Naturwachstums und

Landwirtschaftlicher Betriebsorganismus -

Eine globale Reflexion

im Jubiläumsjahr Alexander von Humboldt

Prof. Dr. Ulrich Köpke

www.iol.uni-bonn.de

SIGÖL 60. Fortbildungskurs ‚Ökologischer Landbau‘, 7.November 2019, Bad Düben

Page 2: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

‚Landwirte agieren in einem komplexen Geflecht von variablen natürlichen

und gesellschaftlichen Faktoren. Sie befinden sich daher auf der ständigen

Suche nach betrieblichen Optimierungsstrategien und orientieren sich dabei

nicht nur an den Gesetzmäßigkeiten der Natur und des Marktes, sondern

auch an Ihrer Intuition. Sie werden damit auch selber zu Neugestaltern

ihrer Umwelt…‘

‚bei der Charakterisierung menschlicher Verhaltensweisen und

gesellschaftlicher Zusammenhängemüssen quantitativer Methoden

zwangsläufig versagen, weil unsere gedanklichen Vorstellungen und daraus

abgeleiteten Handlungen auch sehr stark von Emotionen beeinflusst

werden (THAGARD, 2006)‘

‚ die Agrarökonomie … betrachtet den Landwirt in der Regel als

Entrepreneur, der sein Handeln wie eine Marionette an den

Marktgesetzen ausrichtet und weniger an den tatsächlich wesentlich

komplexeren Gegebenheiten (van der Ploeg 2003)

NachdenkenM. Langensiepen & R. Herbst 2008

Ulrich Köpke 01072017

Page 3: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Die Pflanzenbauwissenschaften….

…in der Phase der Neuorientierung..

…in ihrer Bedeutung und Tragweite der Medizin vergleichbar..

…ihre Stellung als anwendungsorientierte Wissenschaft zwischen

den Naturwissenschaften und Humanwissenschaften

…muss Kommunikationshürden überwinden..

• Die Gestaltung und nachhaltige Bewirtschaftung von Kulturlandschaften

muss sich verstärkt an ökologischen Prinzipien orientieren

• Die Pflanzenbauforschung muss durch die Naturwissenschaften und

Humanwissenschaften begleitet werden

• Pflanzenbausysteme müssen zukünftig verstärkt multiple Aufgaben

erfüllen

NachdenkenM. Langensiepen & R. Herbst 2008

Ulrich Köpke 01072017

Page 4: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Urban gardening

Precision farming - Robotik

http://www.urbangardensweb.com/2010/07/09

/vertical-farming-sustainable-solution-for-urban-food-supply

http://modernfarmer.com/2014/06/dont-roof/ Ulrich Köpke 07112019

Page 5: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Fleisch aus dem Reagenzglas

Meat the Future

© David Parry / PA Wire

© Michael Hughes/laif

….weil tiergerechte Haltung nicht möglich?

Kann die ‚Die Fleischwende‘

(Kühnast)

erfolgreich sein?

Ulrich Köpke 07112019

Page 6: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Wilhelm Brandes & Emil Woermann:

Landwirtschaftliche Betriebslehre 1971

„Von der gewerblichen Wirtschaft unterscheidet sich die landwirtschaftliche Produktion vor allem durch ihre Naturgebundenheit und den dadurch geprägten biologisch-technischen (organischen) Charakter. Der organische Charakter bewirkt das der Erzeugungsvorgang nicht unmittelbar vom Menschen durchgeführt wird, sondern dass die Natur ihm diesen zu einem großen Teil abnimmt….

…Somit bedingt der organische Charakter der landwirtschaftlichen Produktion einen Erzeugungsrhythmus, der im Vergleich zur gewerblichen Produktion nur geringe Variation ermöglicht. Die pflanzliche Erzeugung ist in den meisten Klimazonen streng an den Jahresrhythmus gebunden…

Ulrich Köpke 07112019

Page 7: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus –

Die Landwirtschaftliche Individualität

Ulrich Köpke 07112019

Page 8: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

*1712 1786

*1694 1778

*1770 1840

*1769 1821

*1729 1781

*1749 1832

*1752 1828

*1767 1835

*1769 1859

*1787 1859

*1803 1873

Alexander von Humboldt

(1769 - 1835)

Ulrich Köpke 07112019

Page 9: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

The American Journey

Alexander von Humboldt (1769-1859)

2019: 250 Jahre Alexander von Humboldt

Das ‚Naturgemälde‘

‚Natur und Kunst sind in meinem

Werke eng verschwistert‘

‚Vue des Cordillères‘

Page 10: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Alexander von Humboldts Ansichten der Natur

• Von der Erdentiefe (Bergbauingenieur, Freiberg) zur Gipfelhöhe(Chimborazo)

• Die Erde als Organismus verstehen (Das Ganze bildet die Teile)

• Alles wirkt auf Alles – ‘Erster Ökologe‘, von der Natur belehrt

• Wissenschaftliche Erkenntnis nur durch Miterleben möglich

• Natur muss gefühlt werden

• Südamerika mit ‚neuen Organen‘ betrachtet

• Die Rolle des Tropenwaldes - Den Urwald hören lernen

• Gleichgewicht der Natur durch Vielfalt.

• Schöpfungsverantwortung

• Die Gefährdungen durch den Menschen erkennen

• Selbstlosigkeit – Freigiebigkeit – Erkenntnisstreben

• Humanität leben

• Breite Streuung des Bodeneigentums

• Kleinbäuerliche Subsistenzwirtschaft als Resilienzfaktor

2019: 250 Jahre Alexander von Humboldt

Page 11: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

• Erkannte die ‚Wechselwirkungen‘ in der Natur als auch im Universum

der Humanitas

• Verband Grundlagenwissenschaften, Physik und Chemie mit

zahlreichen wissenschaftlichen Fachgebieten wie

Bergbauwissenschaften, Geodäsie, Geologie, Ozeanografie,

Kartographie, Botanik, Pflanzengeographie, Alt-Amerikanistik, Alpinistik,

Landeskunde, Meteorologie, Klimatologie, Landeskunde, Ökologie…

• …die Humboldt zu einem ihrer geistigen Väter rechnen

• Schriften zu etwa 30 Wissenschaftsdisziplinen verdichtet in ‚Kosmos‘

• Vorbereiter der Ökologie als Wissenschaftsdisziplin

Alexander von HumboldtUniversalgelehrter

‚Alles wirkt auf alles‘

Ulrich Köpke 07112019

Page 12: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

„Die Natur ist für die denkende Betrachtung Einheit in der Vielheit, Verbindung des Mannigfaltigen

in Form und Mischung, Inbegriff der Naturdinge und Naturkräfte, als ein lebendiges Ganze. Das

wichtigste Resultat des sinnigen physischen Forschens ist daher dieses: in der Mannigfaltigkeit

die Einheit zu erkennen, von dem Individuellen alles zu umfassen, was die Entdeckungen der

letzteren Zeitalter uns darbieten, die Einzelheiten prüfend zu sondern und doch nicht ihrer Masse

zu unterliegen, der erhabenen Bestimmung des Menschen eingedenk, den Geist der Natur zu

ergreifen, welcher unter der Decke der Erscheinungen verhüllt liegt. Auf diesem Wege reicht

unser Bestreben über die enge Sinnenwelt hinaus, und es kann uns gelingen, die Natur

begreifend, den rohen Stoff empirischer Anschauung gleichsam durch Ideen zu beherrschen. “

A v.H. Kosmos, Bd. 1, S5

“Wer die Natur nicht empfindet, wird ihr ewig fremd bleiben“

„Ansichten der Natur“, 1808

Alexander von HumboldtUniversalgelehrter

‚Alles wirkt auf alles‘

Ulrich Köpke 07112019

Page 13: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Schinkelplatz Berlin: Frühe Warnungen?

Photos: Köpke

„Stadt – Land Konflikt“

Page 14: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Die ‚Natur ist die unfehlbare Erzieherin des Menschen‘ , S. Bolivar Photos: Köpke

„Denn die Natur ist aller Meistermeister, sie zeigt uns erst den Geist der Geister“

“ Die gefährlichste Weltanschauung ist die Anschauung der Leute, die die Welt nie

angeschaut haben“ AvH

Page 15: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Oberziel:

Die aus den Städten / urbanen Räumen von

der Gesellschaft ausgehenden Forderungen

betreffend Boden- und Landschaftsnutzung /

Naturschutz mit den Ansprüchen der

ländlichen Bevölkerung an Lebensqualität

harmonisieren. Landluft

macht frei

!Ansprüche der Land-nahen und Land-fernen

Bevölkerung harmonisieren.

Gemeinwohlorientierte Bodennutzung(schliesst den Waldbau ein)

Ulrich Köpke 07112019

Page 16: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Kulturlandschaft – was ist das?

• Residuales Produkt einer Vielzahl von Handlungenund Maßnahmen die i. d. R. unkoordiniert jeweilseigene Ziele und Zwecke verfolgen.

• Ergebnis von Landnutzung, Arbeit, Verkehr, Wohnen, Freizeit, Tourismus, Konsum, Landschaftsplanungund Naturschutz

• Reale Gesamtheit entstehender/entstandener‘Kulturlandschaft’ von niemandem gewollt oderangestrebt

Kulturlandschaft: konzertiert gestalten

Vis-a-vis: Die Büsten von J. P. Lenne und K. F. Schinkel. Jagdschloss Glienicke

Page 17: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

• Unter ‘Kultur’ wird zumeist die gestaltende Wirkung des

Menschen verstanden – im Gegensatz zu ‘Natur’

• Abgrenzung ’Kulturlandschaft’ gegen den Begriff

‘Naturlandschaft’ hat in Mitteleuropa, wo überall die

Natur durch den Menschen überprägt ist, eher

rhetorische Bedeutung

• Der Bedeutungsgehalt des Landschaftsbegriffs ist

abhängig von der Art und Weise, wie Menschen Raum

um sich herum wahrnehmen und bestimmte

Vorstellungen über ihn entwickeln

• Betriebsorganismus: Die Landbewirtschaftenden

übernehmen Verantwortung für einen

Landschaftssausschnitt

Kulturlandschaft – was ist das?

Ulrich Köpke 07112019

Page 18: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

SUNDRUM 1995

Geschlossene

Nährstofflüsse durch

innerbetrieblich erzeugte

organische Düngemittel

Gezielte örtliche und

zeitliche Zufuhr von

Nährstoffen zu den

Kulturen

Nutztierhaltung :

Vermittler

innerbetrieblicher

Kreislaufwirtschaft

AGRONOMY PLANT PRODUCTION

ANIMAL PRODUCTION

s

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Keine Fiktion sondern: Moderne praktizierte Subsidiarität

Page 19: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Stickstoffkreislauf, Wiesengut (1990 – 2002) (kg N ha-1 a-1) Schmid & Hülsbergen (2014)

6

NO3-Verluste

2

N2O-Verluste

7

NH3-VerlusteStalldung, Gülle

74

Stroh-/Gründüngung

24

N-Entzug

172

Immissionen

N2-Fixierung

Saatgut

67

20

3

Inputs OutputsInnerbetrieblicher Kreislauf

Boden

15N-Saldo

34

Marktprodukte

9

Konservierungsverluste

Pflanze

Lagerungsverluste

18

NH3-Verluste

13

Marktprodukte

9

Tier

139

Futter

7

Tiere

2

105

Futter, Stroh

Ulrich Köpke 07112019

Page 20: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Wiederkäuer - ruminants:

Die ‚Ruminanten‘

ruminant: durchsinnen, durchwirken……

Betrieb und Landschaft verdauen

Entsprechungen aufsuchen:

Darmmikrobiom Mensch -

Mikrobiom Boden

Humanmedizin –

Ernährungswissenschaften -

Bodenmikrobiologie

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Ulrich Köpke 07112019

Page 21: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

0 1 2 3 4 0 1 2 3 4 0 1 2 3 4

Metabolischer Quotient

0-10 cm

10 - 20 cm

20 - 40 cm

g CO2-C*mg Cmic-1*h-1 g CO2-C*mg Cmic

-1*h-1 g CO2-C*mg Cmic-1*h-1

Biomass CFE.ppt, 30/09/98, FT

Meditant oder dauerläufiger Sprinter ?

Metabolischer Quotient (qCO2) bei biodynamischer, konventioneller und

mineralischer Düngung in drei Bodentiefen (MÄDER et al. 1995)

(Sampling date: 15. / 16.8.1994; error bars = standard deviation)

Biodynamisch Konventionell Mineralisch

Ulrich Köpke 07112019

Page 22: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Adaptogene Wirkung der Präparate

Wirkungen passen sich an die Gegebenheiten

des Körpers (Medizin) oder der Umwelt an:

Ausdruck des Lebendigen

A. Kledtke 1991

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 23: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

‚Die Bekanntschaft mit der Bewurzelung der Gewächse

ist die Grundlage des Feldbaues‘

E. Klapp

Im Fokus: Der Unterboden

‘Where the hidden half of the plant

meets the hidden half of the soil’

U. Köpke et al. 2010

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 24: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Fruchtfolgegestaltung:

Anbau von Bioporen schaffenden Feldfutterpflanzen

Köpke et al. (2010), DFG – Forschergruppe 1320

Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit

Ulrich Köpke 07112019

Page 25: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Bioporendichte (BPD) durch Pfahlwurzelsysteme erhöht

BP class

BPtot (>2 mm) BPcor (>5 mm) BPmed (2-5 mm)

BP

D (

num

ber

of B

P m

-2)

0

100

200

300

400

500

Lucern

Chicory

Tall fescue

b

a

a

b

a

a

b

aab

Fodder crop

Han Eusun et al. (2015) Plant Soil 394:73-85.

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 26: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Barej et al. 2014 Europ. J. Soil Sci. 65, 553–561

…’Gesamt -P Mengen im Unterboden (30–105 cm Bodentiefe): 5.6 t ha−1

Zweimal so hoch wie im Ap-Horizont. Höhere Mengen an PCAL im Ap -

Horizont ‘

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 27: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Änderungen der Gehalte Organischer Bodensubstanz

- England und Wales zwischen 1978 und 2003

Bellamy et al. (2005): Nature 437: 245-248

Ausgangsgehalte Corg (g kg-1) Veränderungsrate Corg (g kg-1)

Schwund der Organischen Bodensubstanz

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 28: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Humus – Die feinere Bildung im Boden – Der Humusbegriff bei Thaer

„Obwohl uns die Natur verschiedene unorganische Materien darbietet, wodurch

die Vegetation entweder mittels eines Reizes, den sie der Lebenstätigkeit geben,

oder mittels ihrer zersetzenden Wirkung auf den Moder belebt und verstärkt

werden kann, so ist es doch eigentlich nur der thierisch-vegetabilische Dünger

oder jener im gerechten Zustande der Zersetzbarkeit befindliche Moder (Humus),

welcher den Pflanzen den wesentlichsten und notwendigen Teil ihrer Nahrung

gibt. Ich sage den w e s e n t l i c h s t e n; denn es ist unbezweifelt, daß sie

auch durch die Zersetzung des Wassers und der gasförmig in der Atmosphäre

enthaltenen Stoffe und deren Verbindung einen anderen Theil ihrer Nahrung

erhalten, und dass durch das Hinzutreten dieser Stoffe die Masse der

vegetabilischen Materie auf der Oberfläche des Erdbodens und auf jeder

Ackerfläche sich vermehren würde, wenn man die darauf hervorgewachsenen

Pflanzen nicht entfernte, sondern wieder auf ihren Platze in Moder übergehen

ließe, wie die oft unerschöpflich s c h e i n e n d e Fruchtbarkeit des

unkultivirten Bodens oder der alten Wälder bezeugt“ (Grundsätze der rationellen

Landwirtschaft,§ 250)

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 29: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Humus /Moder : dunkle Substanz des Bodens, die makroskopisch keinerlei

Gewebestrukturen mehr erkennen lässt.

Keine weitere Differenzierung in Mull-Humus, Streu , etc

Wortähnlichkeiten: Moder… Mutter ? Moderboden – Mutterboden?

Modder: bspw. Grabenaushub

Humusbegriff bei Thaer relativ weit gefasst.

Differenzierung wie noch heute gültig zwischen der Beeinflussung des

‚physischen Zustands des Bodens’, also

1. die Beeinflussung des Bodengefüges (Grundsätze, 3. Hauptstück, § 126,

S. 417) und

2. dass ein Teil des Humus in organischer Form der wichtigste Nährstoff für

die Pflanzen wäre.

Wichtig auch, dass der im Humus erhaltene Nährstoff nicht unmittelbar als

‚Gewächserde‘ aufgenommen werden kann, sondern nur in ‚aufgelöster

Gestalt’, als sog. Extraktivstoff (Thaer, Leitfaden, S. 113, f., Klemm/Meyer

1968, S. 113)

Humus – Die feinere Bildung im Boden – Der Humusbegriff bei Thaer

Ulrich Köpke 07112019

Page 30: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

IOL

Universität Bonn

Institut für Organischen Landbau

Wem

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Bo

de

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, 2

8.

-2

9. M

ärz

20

11, E

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CO2 in der Atmosphäre

2 ½ years

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 31: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

IOL

Universität Bonn

Institut für Organischen Landbau

Wem

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8.

-2

9. M

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20

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Humus und C-Sequestrierung: Ein neuer Mythos?

Ernüchternd:

Die Menge CO2, die auf der Nordhalbkugel in einem Sommerhalbjahr photosynthetisch (temporär) fixiert wird (jährliche Amplitude der CO2-Konzentration der Atmosphäre) wird schon innerst etwa 5- 7 Jahren (das war Anfang der 1990er Jahre…heute etwa 3 Jahre) durch weltweite Neu-Emissionen übertroffen

Grotesk:

Während wir uns um

Möglichkeiten marginal

wirksamer und begrenzter C-

Sequestrierung durch

agronomische/forstliche

Strategien bemühen, machen wir

im Braunkohlentagebau die CO2-

Senke ( Endpunkt konsequenter

Humifizierung/ Inkohlung :C-

Gehalt: 70%, Humus: 50%!) ) zur

CO2-Quelle...

Ap- Horizont, 30cm:

1,5 % Corg = 60t /ha C

Aufbau langsam,

Potential: +50% = 90 t/ha C

Flözmächtigkeit 70m:

70 % Corg = 490,000 t C/ha

www.ahabc.de/focus/focus-7.html

Bild: K-J Sabel

Etwa 16 000 ha Ackerland neutralisieren dann 1 ha

BraunkohleabbauU. Köpke

www.kindernetz.de/infonetz/gewusst/schaufelradb

agger//id=16024/pic=61236/vv=zoomImage/nid=1

6024/did=61326/3dfelk/index.html

(Leistung eines Schaufelradbaggers in 3 Tagen)

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 32: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

IOL

Universität Bonn

Institut für Organischen Landbau

Wem

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er

Bo

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8.

-2

9. M

ärz

20

11, E

v. L

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nkirch

en

nach Sauerbeck (1993)

Abbau, Anhäufung und Umsatz von organischer Masse im Boden, ermittelt aus

Umsetzungsversuchen mit 14C-markiertem Weizenstroh unter Freilandbedingungen

Neues Gleichgewicht

Anhäufung von

Resten im Laufe

der Jahre

Jährlich umgesetzte Menge 99%

Jährlicher

Umsatz

Pro Jahr umgesetzter Anteil der 1. Gabe

Im Boden verbliebener Rest der 1. Gabe

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 33: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Auswertung zahlreicher Dauerversuche weltweit in

zwei Meta- Analysen:

• Khan, S. A., Mulvaney, R. L., Ellsworth, T. R. and Boast, C. W. (2007):

The Myth of Nitrogen Fertilization for Soil Carbon Sequestration. J.

Environ. Qual. 36:1821-1832

• Mulvaney R.L., Khan S.A., Ellsworth T.R. (2009): Synthetic nitrogen

fertilizers deplete soil nitrogen: a global dilemma for sustainable cereal

production. J. Environ. Qual. 38 (6):2295-314

ergibt beträchtliche Netto-Verluste von organischem

Bodenstickstoff (Norg) und organischem Kohlenstoff (Corg)

im (Unter-) Boden

als Folge (entzugsorientierter/ überschüssig) zugeführter

mineralischer N-Düngung…

Klimawandel und Humusschwund – die Rolle des Stickstoffs

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 34: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Aktuell gedüngter mineralischer Stickstoff gelangt nur anteilsmässig in

die Kulturpflanze:

Zahlreiche 15N-Studien zeigen, dass vornehmlich bodenbürtiger Stickstoff

vermehrt freigesetzt und von der Pflanze aufgenommen wird

pool substitution

Dabei ist der Humuspool immer beteiligt

(IAEA, 1970; Chichester&Smith1978; Bigeriego et al.,1979; Gerwing et al., 1979; Olson, 1980; Kitur et

al.,1984; Blackmer & Sanchez, 1988; Timmonds & Cruse, 1990; Balabane & Balesdent, 1992; Reddy &

Reddy, 1993; Torbert et al., 1993; Jokela and Randall 1997; Tran et al., 1997; Omay et al., 1998; Stevens

et al., 2005)

Klimawandel und Humusschwund – die Rolle des Stickstoffs

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 35: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Produkt Verweildauer / Jahre

Polysaccharide 44 - 161

Protein/Chitin 48 - 284

Unbestimmt 30 - 3880

Mittlere Verweildauer von mikrobiellen Syntheseprodukten in Dauerversuchen

(Daten von MARSCHNER et al., 2008)

HUMUS: Transformationsprodukt mikrobieller Herkunft?

Humus – Die feinere Bildung im Boden – Der Humusbegriff bei Thaer

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 36: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Humus – Die feinere Bildung im Boden – Der Humusbegriff bei Thaer

Humus ist auch heute noch

• eine - modern ausgedrückt - ‚fuzzy structure’ im Boden,

• die bislang nicht direkt steuerbar/ beeinflussbar ist, da die

Prozesse seiner Bildung und Beeinflussung immer noch

unverstanden sind;

• Humus: gleichwohl entscheidendes Element sogenannter

‚Systemstabilität’ oder –

• mit einem neueren aber ebenfalls schon überstrapazierten Begriff

ausgedrückt: ‚Resilienz’

Rationelle Landwirtschaft – dies ist paradox – beim Humus kommt

sie an ihre Grenzen!

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 37: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Landwirtschaft im Wandel – die Ahnung des Illustrators

Page 38: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Landwirtschaft im Wandel – die Ahnung des Illustrators

Ulrich Köpke 01072017

Page 39: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

U.Köpke

Landwirtschaft im Wandel – die Ahnung des Illustrators

Ulrich Köpke 01072017

Page 40: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

• Unter ‘Kultur’ wird zumeist die gestaltende Wirkung des

Menschen verstanden – im Gegensatz zu ‘Natur’

• Abgrenzung ’Kulturlandschaft’ gegen den Begriff

‘Naturlandschaft’ hat in Mitteleuropa, wo überall die

Natur durch den Menschen überprägt ist, eher

rhetorische Bedeutung

• Der Bedeutungsgehalt des Landschaftsbegriffs ist

abhängig von der Art und Weise, wie Menschen Raum

um sich herum wahrnehmen und bestimmte

Vorstellungen über ihn entwickeln

• Betriebsorganismus: Die Landbewirtschaftenden

übernehmen Verantwortung für einen

Landschaftssausschnitt

Kulturlandschaft – was ist das?

Ulrich Köpke 07112019

Page 41: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Organismus des Naturwachstums heute:

• Landwirtschaft? Betriebsorganismus

• Wald? Landschaftsorganismus

Skalenerweiterung

Landwirtschaft und Waldwirtschaft integrieren

Landschaft bewusst formen

Gemeinwohlorientierte Landschaftsnutzung

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 42: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Selbstverständnis: Multifunktionale Landwirtschaft

Beispiel Modellbetrieb Wiesengut

• Umweltverträglicher, standortgerechter Organischer

Landbau

• Bodenschutz

• Gewässerschutz

• Landschaftsschutz

• Naturschutz

• Hege/Jagd

• Naherholung

www.iol.uni-bonn.de

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 43: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Beispiel Modellbetrieb Wiesengut: Multifunktionale Landwirtschaft durch Organischen Landbau

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 44: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Frühjahr 1988

Herbst 2004

Naturschutz &

Landschaftsgestaltung

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 45: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Biodiversität - Feldflächen

Beispiel Modellbetrieb Wiesengut: Multifunktionale Landwirtschaft durch Organischen Landbau

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 46: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Unsinniger Streit.

Beide Konzepte im Felde fusionieren!

Auch mit Präzisionslandwirtschaft/Robotik

Land sharing vs land sparing?

Flächennutzung teilen oder einsparen?

Ernährungssicherung – food safety:

Ulrich Köpke 2015

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 47: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Artenzahl und Abundanz von Tagfaltern in Abhängigkeit

von Landbewirtschaftung und Landschaftskomplexität(a) Artenzahl je 50 m-Transekt

(b) Abundanz (Individuen je 50 m-Transekt)

RUNDLÖF & SMITH 2006, J. Appl. Ecol. 43, 1121–1127.

organic

conventional

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 48: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Diversität von Wildpflanzen auf Weizenfeldern in Abhängigkeit von Landschaftskomplexität (Ackeranteil der Landschaft)

und Landbausystem (ökologisch vs. konventionell)

HOTES & WOLTERS „Fokus Biodiversität“ 2010;

Datengrundlage: Roschewitz et al. (2005) Ulrich Köpke 07112019

Page 49: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Hecken und Feldgehölze

Goldammer – Vorwarnliste (RL NRW: V)

Avifaunistische Untersuchungen: Revierkartierungen

(Schidelko & Stiels 2010)

Kooperationspartner: Museum König, Ornithologische Abteilung

Feldlerche - Gefährdet (RL NRW 3)

Grünland- und Ackerflächen

Ulrich Köpke 07112019

Der Landwirtschaftliche Betriebsorganismus – Die Landwirtschaftliche Individualität

Page 50: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Wenn Humboldt die gesamte Erde als

Organismus verstehen konnte, sollten wir

immerhin in der Lage sein, den

Landwirtschaftlichen Betriebsorganismus zu

verstehen, in dem die Evolutionsprinzipien

von Kooperation, Assoziation, Symbiose und

Biozönose leitend sind

Forderung

Ulrich Köpke 07112019

Page 51: Organismus des Naturwachstums und Landwirtschaftlicher

Ulrich Köpke 07112019

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