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ANNALEN DER PHYSIK 5.FOLGE 0 BAND 39 0 HEFT 5 0 1941 Zur quant4tatdvem Bestimmung kleiner Zusdtxe xu Al~aMhalogenid~ristalle~ Von E. XoIlwo und R. W. Pohl (Mit 1 Abbildungl E. Madelungs Vorliehe fur Probleme des Kristallbaues sowie seine Erfolge auf diesem Gebiete sind bekannt. Tragt doch 2;. B..eine fur das Verstandnis des Ionenkristallbaues wichtige Konstante seinen Yamen. Es erscheint uns daher nicht unangebracht, in diesem Fest- heft iiber eine Arbeit zu berichten, die hderungen im Kristallbau eines Alkalihalogenids behandelt. Der Zweck dieser Untersuchung ist es, ein neues Eichverfahren fur die optische Mengenbest,immung kleiner Zusatze zum Kristallmaterial zu entwickeln. Seit vielen Jahren werden in unserem Institut photochemische Umsetzungen sowie Frageri der Elektronenleitung in Alkalihalogenid- kdstallen untersucht. Stets syielen dabei gewisse BuBerst geringe Zusatze zum reinen Kristallmaterial eine entscheidende Rolle. Fur ihren Nachweis ist wegen der kleinen Konzentration der einfachste, ok allein mogliche Weg die Ausmessung des optischen Absorptions- spektrums. Handelt es sich dabei um eine einfache glockenformige Absorptionsbande, so kann man nach einer Formel der Dispersions- theorie auch eine quantitative Bestimmung vornehmen. Die Formel lautet (1) x = A .I<nlax .H . llabei bedeutet K die Zahl der Absorptionszentren pro Kubikzenti- meter; K,,,,, die Absorptionskonstante im Bandenmasimum gemessen in em-1, H die Halbwertsbreite in e-Volt, und A eine aus der Dispersions- theorie folgende Konstante der GroBenordnung l0ls e-Volt-'. Leider gehen in die Herleitung dieser Konstanten A verschiedene kaum nachpriifbare Annahmen uber den Absorptionsmechanismus ein. Daher bleibt eine Mengenbestimmung auf diesem Wege stets mehr ocler weniger unsicher. Um die einfache optische Methode auch quantitativ ausnutzen zu konnen, bleibt daher nur eine Eichung mit irgendeinem anderen Verfahren ubrig. Als solche Eichverfahren sind bisher von uns zwei verschiedene angewenclet worden, ein elektrisches und ein chemisches. Beide Annalen der Physik. 5. Folge. 30. 22

Zur quantitativen Bestimmung kleiner Zusätze zu Alkalihalogenidkristallen

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ANNALEN D E R PHYSIK 5 . F O L G E 0 B A N D 3 9 0 H E F T 5 0 1941

Zur quant4tatdvem Best immung kleiner Zusdtxe xu Al~aMhalogen id~r i s ta l l e~

Von E. X o I l w o und R. W. Pohl (Mit 1 Abbildungl

E. Madelungs Vorliehe fur Probleme des Kristallbaues sowie seine Erfolge auf diesem Gebiete sind bekannt. Tragt doch 2;. B..eine fur das Verstandnis des Ionenkristallbaues wichtige Konstante seinen Yamen. Es erscheint uns daher nicht unangebracht, in diesem Fest- heft iiber eine Arbeit zu berichten, die hderungen im Kristallbau eines Alkalihalogenids behandelt. Der Zweck dieser Untersuchung ist es, ein neues Eichverfahren fur die optische Mengenbest,immung kleiner Zusatze zum Kristallmaterial zu entwickeln.

Seit vielen Jahren werden in unserem Institut photochemische Umsetzungen sowie Frageri der Elektronenleitung in Alkalihalogenid- kdstallen untersucht. Stets syielen dabei gewisse BuBerst geringe Zusatze zum reinen Kristallmaterial eine entscheidende Rolle. Fur ihren Nachweis ist wegen der kleinen Konzentration der einfachste, o k allein mogliche Weg die Ausmessung des optischen Absorptions- spektrums. Handelt es sich dabei um eine einfache glockenformige Absorptionsbande, so kann man nach einer Formel der Dispersions- theorie auch eine quantitative Bestimmung vornehmen. Die Formel lautet

(1) x = A .I<nlax .H . llabei bedeutet K die Zahl der Absorptionszentren pro Kubikzenti- meter; K,,,,, die Absorptionskonstante im Bandenmasimum gemessen in em-1, H die Halbwertsbreite in e-Volt, und A eine aus der Dispersions- theorie folgende Konstante der GroBenordnung l0ls e-Volt-'.

Leider gehen in die Herleitung dieser Konstanten A verschiedene kaum nachpriifbare Annahmen uber den Absorptionsmechanismus ein. Daher bleibt eine Mengenbestimmung auf diesem Wege stets mehr ocler weniger unsicher. Um die einfache optische Methode auch quantitativ ausnutzen zu konnen, bleibt daher nur eine Eichung mit irgendeinem anderen Verfahren ubrig.

Als solche Eichverfahren sind bisher von uns zwei verschiedene angewenclet worden, ein elektrisches und ein chemisches. Beide

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wurden benutzt zur Messung der Zahl der Farbzentren, also in Alkali- halogenidkristallen uberschussiger Alka,liat,ome. Das elektrische Ver- fahren beruhte auf der Ausmessung der Stromzeitkurve beim Aus- wandern der Farbzentren aus dern Kristall im elelrtlrischen Felde. Das Ergebnis der Messungen war reclit unsicher, da der Leitungs- mechanismus rioc'h nicht genugend geklart, war1). Nan fand fiir das Verhaltnis der elektrisch und optisch gemessenen Mengen

= Werte zwischen 1 und 2 .

Beim chemischen Verfahren wurden die farbzentrenhalt,igen Iiristalle in Wasser aufgelost,, die Alkalitat der Losnng nach einem empfind- lichen kolorimetrischen Verfahren bestimmt und daraus die Zahl der Alkaliatome berechnet. Dabei ergab sich beispielsweise fur den Fa,ll der Farbzentren in KC12)

.~ Nelektrisch -~

Nopt isch

= 1,24. 'Vchemiseh

Noptisch

Der BUS der Dispersionstheorie folgende Wert der Konstanten A fur die Farbzentrenbande in KCl betragt 1,06 - 10l6 cm-2* e-Volt-l.

Als drittes haben wir jetzt ein Eichverfahren ausgearbeitet, das Inan als gasvolumetrisches bezeichnen kann. Es beruht auf folgender Beobachtung3) : Zahlreiche Zusatze zum SchmelzfluB von Alkali- halogenidkristallen lassen sich in geringer Konzentration in den festen Kristall einbauen. LaBt man in einen solchen Kristall bei hoher Tem- perahr einen weiteren Stoff hineindiffundieren, so beobachtet man oft chemische Umsetzungen im festen Korper4). Dabei entstehen unter Umstanden neue Stoffe, die sich nicht in dem MaBe im Kristall- material auflosen, wie es die Ausgangssubstaneen taten. Dann tritt eine Ausscheidung ein. 1st der auszuscheidende Stoff ein Gas, so hildet sich im Kristall eine grol3e Anzahl kleiner kubischer Hohlraume. Sie liegen mit, ihren Flachen parallel den Spaltflachen des Kristalls. Das ganze Kristallstuck vergroBert dadurch sein Volumen oft um mehrere PPozent. I n den kleinen Hohlkristallen befindet sich das aus- geschiedene Gas unter dem Druck einiger Atmospharen. Das sieht man leicht beim Auflosen des Kristalls in Wasser. Es entsteht dabei aus jedern Hohlkristall eine Ga.sblase. Das Volumenverhaltnis liiBt sich hequem mit dem .Mikroskop ausmessen und liefert direkt den Druck im Inneren der Hohlliristalle, Abb. 1.

1934.

T 1 ) E. Mol lwo u. W. lloos, Gott. Nachr. Math.-Phys. Kl. (N. F.) 1. S. 107.

2) F. G. Kle inschrod , Ann. d. Phys. [5] 27. S. 97. 1936. 3) E. Mollwo, Qott. Xachr. Math.-Phys. Kl. S. 51. 1941. 4) Z. 13. S a i t Akpinar , Ann. d. Phys. [S] 87. S. 429. 1940.

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Um die auf den Gesamtkrist,aIl bezogene Konzentration des aus- geschiedenen Gases zu bestimmen, braucht man also nur das Ver- haltnis Gesamtvolumen der Hohlkrist alle zurn Grsarnt Bristallvolumen zu messen, und rnit dem Drucli in] Innern der Hohlkristalle zu redu- zieren. Regen der geringen Grone der Hohlkristalle, Knntenlange

I F 10-' mm Abl). I . Beim Auflosen des Iiristallstuckes entsteht aus jedem Hohlkristall eine

Gasblase. Losungsmittel: Glyzerin + WasRer, 10 : 1

etwa lo-, n m , l ~ s s e n sich so noch sehr kleine Gaskonzentrat'ionen genau bestimmen.

Nit Hilfe dieses T'erfahrens hat' jetzt Knoopl ) eine Eichung der optischen Konzentrat8ionsbestimmung nusgefiihrt, und m a r fiir einen Zusatz von K,C0, zu KCL Durch dfesen Zusatz erhalt der KCLKristall im ultravioletten Spektralgebiet eine glockenforniige Absorpt'ions- bande mit einem l\la,simum bei 204 mp. Wir haben sie nach friiheren Absorpt'ionsmessungen2), sowie nach photochemischen Unter- suchungen,) der K-O-Bindung zuzusc,hreiben. LaBt ma.n in einen solchen Kristall bei hoher Temperatur Chlor hineindiffundieren, so verschwindet die Absorptionsbande praktisch vollstandig, und es ent- stehen die oben erwahnten Hohlkristalle. Irgendeine neue Absorp- tionsbande war in dem Spektralbereich 1. > 190 mp nic,ht' festzustdlen. Die Umsetzung lautet in chemisc,her Schreibweise :

2K,CO3 + 2c1, = 4KC1+ 2c0, + 0,.

]>as ausgeschiedene Gas ist also ein Gemisch von PO, und 0,, und zwar ent,sprechen drei ausgeschiedenen Gnsmoleliiilen (2 CO, + 0,)

1 ) E. Knoop, erscheint demnaiohst. 2) A. D. v. L u p k e , Ann. d. Phys. [5] 21. S. 1. 1934. 3) E. Mollwo, Gott. Nachr. Math.-Phys. Kl. (S. F.) 3. S. 119. 1939.

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zwei im Kristall eingebaute Zusatzmolekule (2 KzC03). Man niuB also die gernessene Gasmolektilkonzentration mit z/3 multiplizieren, um die Konzentrat,ion der umgewandelten Zusatzmolekule zu erhatten.

In zahlreichen Versuchen, wegen der Einzelheiten verweisen n-i r auf die Dissertation von K n o o p , wurde folgendes festgestellt: Die init Hilfe der Hohlkristalle be~t~irnnit'e Gaslronzent~ration war nach volI- standiger Umset,zung bei gleichem Kristallmat,eriitl stets dieseibe. Es lram nicht darauf an, in welchem C,hlordruck oder wie lnnge crhitxt wurde. Demmch ist die Loslichkeit der ausgeschiedenen Ga se auller- ordentlich lilein. Sie kann vernachlassigt werden. Das war aucli nnch fruheren Versuchen zu erwartenl). Quantit>ativ ergaben sich fiir ein nusgeschiedenes Gasmoleliul oder 0,67 im Kristall eingebaute K,CO,- Nolekule 1,02 optisch gemessene Absorptionszentren [Formel (l)]. Dieser Wert wurde in dem Konzentrationsbereich von 3,s. 10l6 bis 7.1017 K,CO,-Molekulen pro Kubikzent,imeter mit Abweichungen

Tabe l l e 3

8,23.1016( 4,18.1O6 12,65.10-101 I,11.10-31 3,O I 8,32.1016] 5,55.10161 1,11.10li

meist unter 5 O / , gemessen. Als Beispiel geben wir in Tabelle 1 eine x-011- standige MeBreihe. Die fur die optische Bestimmung notige Kon- stante A hat fur die Absorptionsbnnde des K,CO, in KC'l die Grol3e 0,94 - 10 l6

Man findet also nach dem optischen Verfahren mehr Bbsorptions- zentren als K,CO,-Moleliule na,ch dem gasvolumetrischen Verfa,hren. Diese zunachst uberraschende Tat'sache erfahrt ihre einfache Er- klarung durch die zwei K-0-Bindungen, die man in der St.rulrt.ur- formel der Chemiker dem K,CO,-lIolekiil zusclireibt.

- e-Vol t-l .

Dann entfallen auf ein ausgeschiedenes Gasmolelrul 2 )i z / 3 = 1,33 K-0-Bindungen im Kristall. Diese erscheinen optisch als 1,02 ,4b- sorptionszentren. Die Zahl fur das Yerhalt'nis

'~-~~srnlumrtriscli = 1,31 h7nptiscli

1) W. Honrath , Ann. d. Phys. [5] 29. S . 421. 1937.

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strlit in guter Qbert.instimmung niit dem in der Dissertation von Kle inschrod fiir Fubzentren hestimmten Kert .

Den Grund fiir den Vnterschied zwischen den chemischen JIengen- besti~nrnungen untl tlrn optischen mochten wir im wesentlichen darauf zur<ic,kfkhren, clhS bei cler Herleit,ung der Iionstrinten -4 in Formel (1) der EinfluB der Sachharldungen nuf das Absorptionszentrum clitrch i I w l;'.n:c.lrktri~irr~mjisfaktor zu summarisch beriicksichtigt 11-ird. Einr grmiiierr hgriindung schrint uns indessen noch verfriiht zu sein.

Zusammenfassung

I h s \-on uns seit Jtihren mgenendete 1-erfahren, winzige Zusiitze zu ,Ilkali~ialogenidkristallen aus Hiilie uncl Breite der Absorptions- bande z u bestimmen, verlnngt die empirisehe Bestimmung einer Kon- stanten. Diese wird auf einem dritten Kege in ,outer Gbereinst'immung mit den friiheren Eichrerfahren erhalten. Das neue Verfahren benutzt clie Ausniessung kleiner Hohlkristallr, die dnrch Ausscheidung gas- f6rmiger Reaktionsprodnkte im Kristall entstehen.

Gii t t , ingen , I. Phj-sikalisches Institut der Pniversitiit, April 1941..

(Eingegangen 11. -April 1911)