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Aus der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie, orthopädische Chirurgie und Neurotraumatolgie des SRH Waldklinikum Gera, der Klinik für Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie und Querschnittgelähmte der Zentralklinik Bad Berka und der Orthopädischen Universitätsklinik der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke- Universität Magdeburg Zur Reduktion des operativen Zugangstraumas bei dorsalen Wirbelsäuleneingriffen - Die mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik - Habilitationsschrift zur Erlangung des akademischen Grades Dr. med. habil. (doctor medicinae habilitatus) an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg vorgelegt von Ralph Greiner-Perth aus Gera Magdeburg 2007

Zur Reduktion des operativen Zugangstraumas bei dorsalen ...greinerperth.de/PDF/habil.pdf · Die Autoren interpretierten den Befund als Enchondrom. Der entscheidende Schritt zu einem

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Aus der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie, orthopädische Chirurgie und Neurotraumatolgie des SRH Waldklinikum Gera, der Klinik für Orthopädie,

Wirbelsäulenchirurgie und Querschnittgelähmte der Zentralklinik Bad Berka und der Orthopädischen Universitätsklinik der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-

Universität Magdeburg

Zur Reduktion des operativen Zugangstraumas bei dorsalen Wirbelsäuleneingriffen

- Die mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik -

Habilitationsschrift

zur Erlangung des akademischen Grades

Dr. med. habil. (doctor medicinae habilitatus)

an der Medizinischen Fakultät

der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

vorgelegt von Ralph Greiner-Perth aus Gera Magdeburg 2007

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Seite

Einleitung 1

Zielsetzung 3

1. Vorbetrachtung 4

1.1. Historie der lumbalen Bandscheibenerkrankung 5

1.2. Entwicklung der modernen lumbalen Bandscheibenchirurgie

und Stand der Technik 6

1.3. Überlegungen zur Pathophysiologie des traumatisch bedingten

muskulären Rückenschmerzes und seiner Chronifizierung 11

2. Klinische Vorstudien 13

2.1. Eigene Vorarbeiten 14

2.1.1. Prinzip der mikroskopisch assistierten perkutanen Zugangstechnik 14

2.1.2. Retrospektive Vergleichsstudie zwischen der mikroskopisch assistierten

perkutanen Nukleotomie und der mikrochirurgischen Technik bei lumbalen

Bandscheibenvorfällen 15

2.2. Weitere klinische Anwendungen der mikroskopisch assistierten perkutanen

Zugangstechnik 17

2.2.1. Der mikroskopisch assistierte perkutane Zugang zum lateralen

Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule 17

2.2.1.1. Einleitung 17

2.2.1.2. Patienten und Methode 19

2.2.1.3. Ergebnisse 21

2.2.1.4. Diskussion 22

2.2.2. Der mikroskopisch assistierte perkutane Zugang zur operativen

Behandlung von Lumbalkanalstenosen 24

2.2.2.1. Einleitung 24

2.2.2.2. Patienten und Methode 24

2.2.2.3. Ergebnisse 26

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Inhaltsverzeichnis

2.2.2.4. Diskussion 27

2.2.2.5. Schlussfolgerungen 28

2.2.3. Ein neuer minimalinvasiver Zugang zur operativen Behandlung

von zervikalen Radikulopathien und Myelopathien 29

2.2.3.1. Einleitung 29

2.2.3.2. Patienten und Methode 30

2.2.3.3. Ergebnisse 33

2.2.3.4. Diskussion 35

2.2.3.5. Schlussfolgerungen 36

2.2.4. Die mikroskopisch assistierte perkutane Exstirpation von

symptomatischen lumbalen Synovialzysten 36

2.2.4.1. Einleitung 36

2.2.4.2. Patienten und Methode 37

2.2.4.3. Ergebnisse 38

2.2.4.4. Fallillustration 39

2.2.4.5. Diskussion 39

2.2.5. Modifiziertes Therapiekonzept bei Spondylodiszitiden mit ausgedehntem

epiduralen Abszess 40

2.2.5.1. Einleitung 40

2.2.5.2. Patienten und Methode 41

2.2.5.3. Ergebnisse 43

2.2.5.4. Fallillustration 44

2.2.5.5. Diskussion 46

Klinische und kernspintomographische Vergleichsstudie 47

3. Prospektive randomisierte klinische und kernspintomographische

Studie zur operativen Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls 48

3.1. Arbeitshypothesen und Zielsetzung 48

3.2. Methodik 50

3.2.1. Aufbau der klinischen und kernspintomographischen Studie 50

3.2.2. Randomisierung und Einflussgrößen 51

3.2.3. Protokoll der klinischen und kernspintomographischen Studie 52

3.2.4. Statistische Auswertung 55

3.2.4.1. Fallzahlabschätzung 55

3.2.4.2. Statistische Tests 56

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Inhaltsverzeichnis

3.2.5. Operationstechniken 57

3.2.5.1. Mikrochirurgische Nukleotomie (MC) 57

3.2.5.2. Mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie (MAPN) 59

3.2.6. Kernspintomographieparameter 62

3.2.6.1. Magnetresonanztomographie 62

3.2.6.2. Kernspintomographie der operierten Wirbelsäule 64

3.2.6.3. Kernspintomographische Untersuchung 65

3.3. Ergebnisse 72

3.3.1. Demographische Daten 72

3.3.2. Klinische Daten 73

3.3.2.1. Segmentlokalisation und Art der Bandscheibenvorfälle 73

3.3.2.2. Primärer Studienparameter – Operationsdauer 74

3.3.2.3. Sekundäre Studienparameter – weitere Operationsdaten 75

3.3.2.4. Sekundäre Studienparameter – klinisch 77

3.3.3. Kernspintomographische (tertiäre) Parameter 84

3.3.3.1. Höhenveränderung im Zwischenwirbelraum 84

3.3.3.2. Beurteilung des Bandscheibenvorfalls und des Wurzelkontakts 86

3.3.3.3. Beurteilung des Operationszugangs 89

3.3.3.4. Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel 93

3.3.3.5. Ergebnisse der schrittweisen multiplen linearen Regression 94

3.4. Diskussion 95

3.4.1. Operative und klinische Ergebnisse 96

3.4.2. Literaturvergleich der operativen und klinischen Ergebnisse 100

3.4.3. Kernspintomographische Parameter 104

3.4.4. Beantwortung der Fragestellungen 110

3.4.5. Grenzen der Studie 111

Zusammenfassung der Gesamtarbeit 112

Literaturverzeichnis 126

Danksagung 149

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Einleitung 1

Ausgangspunkt der Überlegungen war die lumbale Bandscheibenoperation. Bei einer

Inzidenz von 87 Operationen pro 100.000 Einwohner pro Jahr [Kast et al. 2000] werden

etwa 70.000 lumbale Bandscheibenoperationen jährlich in Deutschland durchführt. Nach

SCHALLER (2004) müssen wir uns mit einem Anteil von 8 – 25 % so genannter

Postdiskektomiesyndromen auseinandersetzen. BRANDT (2003) geht sogar von bis zu

30% aus. In einer 1680 Patienten umfassenden Serie von posterolumbalen

intersomatischen Fusionen fanden GREINER-PERTH et al. (2004) einen Anteil von 14%

Postdiskektomiesyndromen. Neben der falschen Indikationsstellung wird vor allem die

Invasivität des Eingriffs mit Narbenbildung und postoperativen segmentalen Instabilitäten

für die Ausbildung des Postdiskektomiesyndroms verantwortlich gemacht [Schaller 2004,

Brandt 2003]. Daraus leitet sich die Überlegung ab, dass durch eine Optimierung der

Operationstechnik, insbesondere durch Minimierung des muskulären Zugangstraumas, die

Ergebnisse unter Umständen verbessert werden und auch notwendige Zweiteingriffe

reduziert werden könnten. Dies ist der Grundgedanke bei der Entwicklung neuer, so

genannter „minimalinvasiver“ Verfahren, wozu auch die mikroskopisch assistierte

perkutane Nukleotomie (MAPN) zählt [Greiner-Perth 2002]. Durch die Etablierung eines

weniger invasiven Verfahrens zur operativen Behandlung des lumbalen

Bandscheibenvorfalles würden sich unter Umständen weitere Indikationen im Bereich der

dorsalen Wirbelsäulenabschnitte erschließen.

Die momentane Anwendungspraxis der alternativ zur mikrochirurgischen Nukleotomie

(MC) als Standardverfahren einsetzbaren minimalinvasiven Behandlungsverfahren ist

durch die paradoxe Situation gekennzeichnet, dass eine nahezu unüberschaubare Vielfalt

an Verfahren angeboten, intensiv beworben und vermarktet wird, aber gleichzeitig keine

belastbaren Informationen für Patienten, Kostenträger oder interessierte potentielle

Anwender zur Verfügung stehen, die eine realistische Nutzen-Risikoabwägung

ermöglichen. Dadurch entsteht dringender Bedarf an Forschung und Evaluation in zwei

Richtungen: Einerseits werden prospektive randomisierte Studien gebraucht, die die

Wirksamkeit der Methoden im Vergleich zum Standardverfahren der mikrochirurgischen

Nukleotomie abschätzen lassen und andererseits Evaluationssysteme, die ein Monitoring

von Erfolgen /Misserfolgen des Technologieeinsatzes unter Routinebedingungen erlauben

[Lühmann 2005].

Jedem Kollegen, der sich mit der Einführung weniger invasiver Techniken befasst, ist

klar, dass sich die Ergebnisse der Invasivität eines Verfahrens nicht ohne weiteres

erfassen lassen. Große Fallzahlen wären nötig, um solche Effekte mit Visuellen

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Einleitung 2

Analogskalen (VAS) oder Schmerzscores statistisch zu sichern. Zudem ist spätestens seit

der Publikation von MOSELEY (2002) klar, dass es Placebo-Effekte bei chirurgischen

Verfahren gibt, welche ebenfalls nur sehr schwierig statistisch erfassbar sind. Daher war

es erklärtes Ziel, basierend auf den Vorarbeiten, klare und wissenschaftlich

nachvollziehbare Fragestellungen für die hier vorzustellende Arbeit mit einer statistisch

begründeten Fallzahlabschätzung zu formulieren (siehe Zielsetzung).

Die Arbeit umfasst zwei Teile. Im ersten Teil werden klinische Vorstudien zu

unterschiedlichen Indikationen unter Anwendung der mikroskopisch assistierten

perkutanen Zugangstechnik vorgestellt. Dabei handelt es sich um eine retrospektive

Vergleichsstudie zwischen MAPN und MC [Greiner-Perth 2002] und die operative

Versorgung bei lateralen Bandscheibenvorfällen unter Anwendung der mikroskopisch

assistierten Zugangstechnik im Bereich der LWS [Greiner-Perth 2003]. Neue Aspekte

bietet die mikroskopisch assistierte Zugangstechnik auch bei der operativen Versorgung

von Lumbalkanalstenosen [Greiner-Perth 2004] sowie bei zervikalen Radikulo- und

Myelopathien [Böhm, Greiner-Perth 2003]. Weitere Indikationen zur Anwendung der

mikroskopisch assistierten perkutanen Zugangstechnik sind die Exstirpation von

symptomatischen Facettengelenkszysten sowie die Entlastung von ausgedehnten

epiduralen Abszessen.

Kernstück der Arbeit (zweiter Teil) ist eine prospektive, randomisierte klinische und

kernspintomographische Vergleichsstudie zwischen der mikrochirurgischen und der

mikroskopisch assistierten perkutanen Nukleotomie.

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Einleitung 3

Zielsetzung

Im Rahmen der vorgelegten Arbeit sollen mit Focus auf die prospektive und

randomisierte Vergleichsstudie folgende Fragestellungen beantwortet werden:

1. Gibt es einen Operationszeitgewinn, festgelegt als primärer Outcome-

Parameter, bei Anwendung der MAPN?

2. Ist ein potentieller Operationszeitgewinn in andere Zentren exportierbar?

3. Hat ein möglicher Operationszeitgewinn Einfluss auf andere (sekundäre)

Outcome-Parameter?

4. Gibt es Übereinstimmungen bei sekundären Parametern (auch im

Literaturvergleich) zwischen MAPN und mikrochirurgischer Technik?

5. Gibt es kernspintomographische Einflussgrößen auf die individuelle

Gesamtschmerzbelastung?

6. Ist die operative Entlastung der neuralen Strukturen, soweit

kernspintomographisch erfassbar, bei beiden Techniken identisch?

7. Gibt es zwischen beiden Verfahren kernspintomographisch messbare

Unterschiede hinsichtlich des Zugangstraumas in den dorsalen Weichteilen?

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Vorbetrachtung 4

1. Vorbetrachtung

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Vorbetrachtung 5

1.1. Historie der lumbalen Bandscheibenerkrankung

Es ist erstaunlich, dass ein sowohl pathologisch-anatomisch, als klinisch-neurologisch so

klar umrissenes Krankheitsbild wie der lumbale Bandscheibenvorfall in seinem Wesen bis

zur Veröffentlichung von MIXTER und BARR (1934) unerkannt blieb. Die erste

Beschreibung zum Krankheitsbild des „Ischias“ war bei CAELIUS AURELIANUS 500

n. Chr. zu finden [Breitenfelder 2000]. Als Symptome wurden ausstrahlende Schmerzen,

Parästhesien und Atrophien des betroffenen Beines beschrieben, deren Ursache

ungewohnt schweres Heben und Kälte waren. Als Sitz des Ischias galt die Hüftregion und

wurde auch als Erkrankung derselben aufgefasst. Ursache war im allgemeinen gemäß der

humoral-pathologischen Ansichten die Ansammlung krankhaft veränderter Körpersäfte,

so dass konsequenter Weise die Reinigung des Körpers durch Aderlass Therapie der Wahl

war. Auf DOMENICO COTUGNO (1764) geht die erste Veröffentlichung zurück, die

eine Erkrankung der Bandscheibe (ödematöse Auftreibung) mit dem „Ischias“ in

Zusammenhang bringt. Von FRANCOIS LOUIS ISIDORE VALLEIX werden 1852 die

Druckpunkte im Verlauf des N. ischiadicus beschrieben. ERNEST CHARLES

LASEQUE beschrieb 1864 die folgenden Ischiaszeichen:

- Bei heftigen Schmerzen wird eine gänzliche Streckung im Hüft- und

Kniegelenk vermieden.

- Der Fuß wird in Plantarflexion gehalten und Dorsalflexion des Fußes löst

starke Schmerzen aus.

- Bei rechtwinklig gebeugtem Hüft- und Kniegelenk löst die Streckung des

Kniegelenkes heftige Schmerzen aus.

Die erste komplette Darstellung der spinalen Dermatomverteilung durch THEODOR

KOCHER (1896) stellte die Lehre von der Ischiaserkrankung auf eine solide

neurologische Grundlage.

Die erste ausführliche patho-anatomische Beschreibung von lumbalen

Bandscheibenvorfällen ist auf HUBERT LUSCHKA (1858) zurückführbar.

Nachdem das Krankheitsbild des „Ischias“ nun sowohl neurologisch als auch patho-

anatomisch beschrieben war, ergab sich das Problem der chirurgischen Therapie. In

diesem Zusammenhang sind als Erstbeschreiber der Berliner Neurologe HEINRICH

OPPENHEIM und der Neurochirurg FEDOR KRAUSE zu nennen. Am 23. Dezember

1908 führte Krause eine Laminektomie LWK 2-4 durch und entfernte transdural einen

„Tumor“. Die mikroskopische Untersuchung ergab „…im wesentlichen Knorpelgewebe

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Vorbetrachtung 6

mit spärlichen Knorpelzellen“. Die Autoren interpretierten den Befund als Enchondrom.

Der entscheidende Schritt zu einem einheitlichen Krankheits- und chirurgischen

Therapiekonzept gelang erst MIXTER und BARR 1934. Sie gelangten zu dem Schluss:

„Dass die Herniation des Nucleus pulposus in den Spinalkanal oder die Ruptur der

Bandscheibe, wie wir sie vorzugsweise nennen, kein ungewöhnlicher Grund für Symptome

darstellt. …Dass die Behandlung dieser Krankheit eine chirurgische ist und dass die

damit erzielten Ergebnisse, sofern die Kompression nicht zu lange bestand, sehr

befriedigend sind.“

1.2. Entwicklung der modernen lumbalen Bandscheiben-

chirurgie und Stand der Technik Die früher angewandte „offene Bandscheibenoperation“ wurde in den 70er Jahren (siehe

auch Schema 1) durch die von WILLIAMS (1975), YASARGIL (1977) und CASPAR

(1977) entwickelte mikrochirurgische Technik (MC) abgelöst, die heute noch

„Goldstandard“ ist, deren Vorteile in der geringeren Größe des Zuganges im Vergleich

zur „offenen Technik“ und in der sehr guten dreidimensionalen Visualisation des OP-

Gebietes durch Verwendung des Mikroskops liegen. Nachteilig ist hierbei, dass die

paraspinale Muskulatur bei dem Standardmittellinienzugang über eine Länge von etwa

4 cm von den Dornfortsätzen, Teilen der Lamina und des Wirbelgelenkes abgelöst wird

(subperiostale Freilegung). Da nach PANJABI (1981) sich der Drehpunkt eines spinalen

Bewegungssegmentes in den dorsalen Elementen befindet, lässt sich postulieren, dass

jede strukturelle Läsion zumindest eine partielle Instabilität induziert.

Die 1975 von HIJIKATA und ONIK vorgestellten perkutanen Verfahren hatten einen

anderen gedanklichen Hintergrund. Hiermit sollten ohne Eröffnung des Spinalkanales

über Sonden auf intradiskalem Weg Bandscheibenvorfälle entfernt werden oder über eine

Verringerung des intradiskalen Druckes das dorsale „Bulging“ des Anulus fibrosus

vermindert werden. Allerdings wiesen diese perkutanen Verfahren erhebliche

Restriktionen hinsichtlich der Indikationsstellung auf (Tab. 1), so dass deren Anwendung

begrenzt ist. Für die sequestrierten Bandscheibenvorfälle, die zum Großteil die

Operationsindikation darstellen, sind diese Verfahren nicht anwendbar.

Ein weiterer wichtiger Schritt war die Entwicklung der endoskopisch gestützten

Verfahren von DESTANDEAU (1999) und FOLEY (1997) (Microendoscopic

Discectomy, MED) zur operativen Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls.

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Vorbetrachtung 7

1975 WILLIAMS, 1977 YASARGIL und CASPAR

Mikrochirurgische Nukleotomie

1975 Hijikata

Perkutane Lasernukleotomie

1981 McCulloch

Perkutane Nukleotomie mit Chymopapain

1985 Onik und Maroon

Automatiesierte perkutane Laserdiskektomie

1993 Kambin

Arthroskopische Mikrodiskektomie

1996 Mathews

Transforaminale endoskopische Mikrodisektomie

1997 Foley und Smith

Mikroendoskopische Diskektomie

2002 Greiner-Perth und Böhm

Mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie

Schema 1 Zeitlicher Verlauf der Entwicklung der modernen Bandscheibenchirurgie

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Vorbetrachtung 8

Art des Bandscheibenvorfalls / Verfahren zur Auswahl Dislokationsgrad [Krämer 1999]

Protrusion Standardverfahren, MAPN Dislokationsgrad 1 und 2 Endoskopische Verfahren

(v.a. transforaminale endoskopische Verfahren) Perkutane automatische oder manuelle Diskektomie Perkutane Laserdiskektomie Chemonukleolyse Nukleoplastie Chemonukleolyse

Prolaps mit gedecktem Sequester Standardverfahren, MAPN Dislokationsgrad 3 Endoskopische Verfahren

(v.a. transforaminale endoskopische Verfahren) (Perkutane automatische oder manuelle Diskektomie) (Perkutane Laserdiskektomie) Nukleoplastie

Prolaps Standardverfahren, MAPN Dislokationsgrad 4 und 5 (Endoskopische Verfahren) Tab.1 Anwendung operativer Verfahren in Abhängigkeit vom Grad des Bandscheibenvorfalls

FOLEY (1997) umging den Standardmittellinienzugang und damit die subperiostale

Freilegung, indem er über einen paramedianen, 16 mm langen Hautschnitt die paraspinale

Muskulatur entlang des Dornfortsatzes aufbougierte, bis der Arbeitskanal von 16 mm

Durchmesser eingebracht wurde. Dadurch konnte das Zugangstrauma nachweislich

verringert werden. Dies ergaben kernspintomographische Nachuntersuchungen von

MURAMATSU (2001). Ein großer Nachteil dieses Verfahrens sind die endoskopisch

bedingte zweidimensionale Darstellung des Operationsgebietes sowie die häufigen

Verschmutzungen der Optik durch Blutpartikel. FOLEY (1997) bahnte sich den

Zugangsweg entlang der Dornfortsätze unmittelbar paramedian, womit ein Schwenken

des Arbeitskanals in tranversaler Ebene kaum möglich wurde. Auch sollte in diesem

Zusammenhang der Kostenaspekt nicht unerwähnt bleiben. Die verwendeten Endoskope

sind Einwegmaterialen mit Kosten von etwa 1.000 € pro Stück (Tab. 2).

Es lag der Schluss nahe, die Vorteile der endoskopischen Verfahren im Hinblick auf das

geringe muskuläre Trauma mit dem Vorteil der dreidimensionalen Darstellungsweise

unter dem Operationsmikroskop zu kombinieren. Im Ergebnis der Entwicklung entstand

die so genannte „Mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik“. Bei Anwendung

dieser Zugangstechnik zur operativen Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen

wird die Abkürzung MAPN für „mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie“ und

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Vorbetrachtung 9

bei Dekompressionen MAPD für „mikroskopisch assistierte perkutane Dekompression“

verwandt.

Neben den Vorteilen des geringen Zugangstraumas und der dreidimensionalen

Visualisation sowie der Möglichkeit alle Arten lumbaler Bandscheibenvorfälle

operationstechnisch anzugehen, lieferte die MAPN-Technik zudem auch kürzere

Operationszeiten im Vergleich zu anderen weniger invasiven Verfahren (Tab. 2), was

wiederum zu einem entscheidenden Kostenvorteil führen kann.

Kriterien MAPN MED

Perkutane

Endoskopische

Laserdisektomie

Spezielle Ausrüstung nur bedingt Ja Ja

Spezielle Instrumente Ja Ja Ja

Lernkurve Ja Ja Ja

Mögliche

Manipulationen

Präparation

Wurzelmobilisation

Koagulation

Dekompression

Präparation

Wurzelmobilisation

Koagulation

Dekompression

Irrigation

Koagulation

Op-Zeit 42 Min. 75 Min. 60 – 136 Min.

Menge gewonnenen

Bandscheibematerials

entspricht

konventioneller OP

entspricht

konventioneller OP ?

Visualisation 3-dimensional 2-dimensional 2-dimensional

Tab.2 Ausgewählte Methoden im Überblick

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Vorbetrachtung 10

Übliche Operationsverfahren (Versuch einer Systematisierung):

1. „Offene Verfahren“ (offene konventionelle Nukleotomie, mikrochirurgische

Nukleotomie)

Bei diesen Techniken wird über einen posterioren Zugang der Spinalkanal eröffnet und

die neuralen Strukturen sowie der Bandscheibenvorfall direkt visualisiert. Hierbei

kommen Lupenbrillen oder wie bei der mikrochirurgischen Nukleotomie als

Standardverfahren das Operationsmikroskop zum Einsatz.

2. „Perkutane Verfahren“ (Chemonukleolyse, perkutane automatisierte

Nukleotomie, perkutane Lasernukleotomie, perkutane endoskopische

Nukleotomie, Nukleoplastie)

Bei diesen Verfahren erfolgt eine Punktion der Bandscheibe über einen posterolateralen

Zugang. Die Dekompression der neuralen Strukturen erfolgt indirekt über eine

intradiskale Volumenreduktion. Die Invasivität dieser Verfahren ist gering. Die

Indikationen sind beschränkt (Tab. 1).

3. „minimalinvasive Verfahren mit direkter Visualisation des Spinalkanales“

(endoskopische transforaminale Nukleotomie, MED, mikroskopisch assistierte

perkutane Nukleotomie)

Diese Techniken nehmen eine Zwischenstellung zwischen den unter Punkt 1. und 2.

genannten Verfahren ein (siehe auch Schema 2). Einerseits zeichnen sie sich durch ein

geringes, mit den perkutanen Techniken vergleichbares, Zugangstrauma aus und

andererseits ist eine direkte Darstellung der neuralen Strukturen und des

Bandscheibenvorfalls möglich. Es erfolgt eine direkte Dekompression. Alle

Dislokationsgrade nach KRÄMER (1999) sind operationstechnisch angehbar.

Schema 2 Zuordnung prinzipiell anwendbarer Techniken

Offene Verfahren: Konventionelle Nukleotomie Mikrochirurgische Nukleotomie

Mini-invasive Verfahren mit direkter Visualisation des Spinalkanales: Endoskopische transforam. Nukleot. MED MAPN

Perkutane Verfahren: Chemonukleolyse Perkutane Lasernukleotomie Nukleoplastie

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Vorbetrachtung 11

Bei all den bisherigen Darlegungen ist zu bedenken, dass es bisher keine valide

Datenbasis in Bezug auf die Effizienz neuerer weniger invasiver Verfahren im Vergleich

zur mikrochirurgischen Nukleotomie gibt [Lühmann 2005].

1.3. Überlegungen zur Pathophysiologie des traumatisch

bedingten muskulären Rückenschmerzes und seiner

Chronifizierung Insbesondere die muskulären Nozizeptoren aber auch die Nozizeptoren anderer

Weichteile des Rückens wie die Ligamente, Faszien und Gelenkkapseln werden durch

starke mechanische Reize (Traumen und Überlastung) aktiviert [Mense 1985]. Nach

CESARE (1997) und SNIDER (1998) verfügen nozizeptive Nervenendigungen über

vielfältige Rezeptoren für endogene Substanzen, unter anderem auch für Adenosin-

Triphosphat (ATP) und saure Valenzen (H+). Das in Muskelzellen in hohen

Konzentrationen vorkommende ATP wird bei Läsionen freigesetzt. Da die muskulären

Nozizeptoren bevorzugt perikappilär lokalisiert sind, reichen schon geringere Traumen

zur nozizeptiven Aktivierung aus. Neben ATP werden, wie bereits erwähnt, im Rahmen

eines muskulären Traumas infolge entzündlicher Reaktionen und ischämischer Zustände

auch saure Valenzen frei, die zu einer zusätzlichen nozizeptiven Interaktion führen. Zwei

Mechanismen sind die Folge. Einerseits werden die resultierenden Aktionspotentiale zum

zentralen Nervensystem (ZNS) weitergeleitet, wo sie in Form von Schmerz bewusst

wahrgenommen werden. Andererseits kommt es nach MOLANDER (1987) über die

lokale Freisetzung von Neuropeptiden wie Substanz P, calcitonin gene-related peptides

und Somotostatin aufgrund der erhöhten Gefäßpermeabilität zu einem lokalen Ödem. So

kann sich ein lokaler Circulus vitiosus entwickeln, der das lokale Ödem und die

gesteigerte Aktivität der Nozizeptoren aufrechterhält. Endogene schmerzauslösende

Substanzen wie Bradykinin und E2-Prostaglandin erhöhen auch die mechanische

Empfindlichkeit der Nozizeptoren, so dass nunmehr schon schwache mechanische Reize

ausreichen, um eine Schmerzreaktion auszulösen [Mense 1988]. Dies scheint nach

MENSE (1988) der wichtigste periphere Mechanismus zur Auslösung der lokalen

Druckschmerzhaftigkeit, des Bewegungsschmerzes und der Hyperalgesie zu sein.

Durch den beschriebenen lokalen Circulus vitiosus entsteht ein länger dauernder

Impulseinstrom von den Nozizeptoren über das spinale Hinterhorn und die

Hinterstrangbahnen zum ZNS. Über die Substanz P aus den nozizeptiven

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Vorbetrachtung 12

Muskelafferenzen kommt es zu einer gesteigerten Erregbarkeit auf spinaler Ebene

[Hoheisel 1997]. Dieser Mechanismus kann als Vorstufe zur Chronifizierung angesehen

werden. Endpunkt der Chronifizierung sind strukturelle Umbauprozesse sowohl in der

Muskulatur als auch im ZNS. Im Zentralnervensystem kann ein Schmerzzustand dadurch

fixiert werden, dass die Dichte der synaptischen Kontakte insbesondere im limbischen

System zunimmt. In der Skelettmuskulatur resultiert aus dem chronifizierungsbedingten

Umbau eine Steigerung der Innervationsdichte mit Substanz P-haltigen

Nervenendigungen [Reinert 1998].

Ausgangspunkt dieser Ereigniskette ist das muskuläre Trauma. Dieses ist bei allen

dorsalen Eingriffen an der Wirbelsäule relevant. Logische Konsequenz aus dem

beschriebenen Mechanismus der lokalen Schmerzentstehung und –chronifizierung wäre

die Hypothese, dass ein minimiertes Zugangstrauma zu einer geringeren

Schmerzsymptomatik mit weniger Tendenz zur Chronifizierung führt.

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Klinische Vorstudien

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2. Klinische Vorstudien

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Klinische Vorstudien

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2.1. Eigene Vorarbeiten 2.1.1. Prinzip der mikroskopisch assistierten perkutanen

Zugangstechnik Wie unter Abschnitt 1.2. beschrieben, sollte die geringe Invasivität der endoskopischen

Verfahren mit den Vorteilen der dreidimensionalen Visualisation unter dem

Operationsmikroskop kombiniert werden. Die Vorarbeiten begannen 1996. Im Ergebnis

stand die so genannte „mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik“.

Bei diesem Verfahren wurde über einen ca. 15 mm langen Hautschnitt, etwa 2-3 cm

paramedian gelegen, die paraspinale Muskulatur mit Dilatatoren aufgedehnt bis ein

Arbeitskanal eingebracht werden konnte.

Abb.1 „Einschrauben“ des

Arbeitskanals über den zweiten

Dilatator

Dieser war versehen mit einem Außengewinde, welches ein schonendes „Einschrauben“

durch die Muskulatur erlaubte (Abb.1). Die Arbeitskanäle waren in drei Längen (45, 55,

65 mm) und zwei unterschiedlichen Durchmessern (Außendurchmesser 11 und 14 mm,

Innendurchmesser 9 und 12 mm) verfügbar. Der anzubringende Handgriff ermöglichte ein

befundorientiertes Schwenken insbesondere in der Sagittalebene aber auch in der

transversalen Ebene. Alle weiteren Arbeitsschritte erfolgten unter Verwendung des

Operationsmikroskops.

Aufgrund der geringen Ausdehnung der Hautinzision (15 mm), des schonenden

dilatativen transmuskulären Zuganges und der Verwendung des Mikroskops wurde diese

Technik als „mikroskopisch assistierte perkutane“ bezeichnet. Man kann die

Begriffswahl „perkutan“ zweifellos kontrovers diskutieren. Es gibt jedoch keine klare

Begriffsdefinition für „perkutan“ bezüglich der Größe der Hautinzision.

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Klinische Vorstudien

15

Das entsprechende Instrumentarium wurde in Zusammenarbeit mit der Firma Medicon

(Tuttlingen) entwickelt (Abb.2).

Die Operationstechniken entsprechend der jeweiligen Indikationen werden in den

diesbezüglichen Abschnitten detailliert erläutert.

Abb.2 Dilatatoren, Handgriff und Arbeitkanäle (11mm Außendurchmesser) der Firma Medicon

2.1.2. Retrospektive Vergleichsstudie zwischen MAPN und mikro-

chirurgischer Technik (MC) bei lumbalen Bandscheibenvorfällen Zur Dokumentation der Funktionalität dieses Verfahrens wurden die ersten 43

konsekutiven Patienten in einer retrospektiven Studie nachuntersucht und die Ergebnisse

mit denen der mikrochirurgischen Bandscheibenoperation im Literaturüberblick

verglichen. Die Publikation der Ergebnisse erfolgte im Neurosurgical Review [Greiner-

Perth 2002].

Die 43 Eingriffe in mikroskopisch assistierter perkutaner Technik wurden konsekutiv im

Zeitraum Mai bis September 1998 vorgenommen. Der minimale Nachbeob-

achtungszeitraum betrug 12 Monate. Ohne auf weitere Details einzugehen (Tab. 3) zeigte

sich, dass die Ergebnisse hinsichtlich klinischer Resultate, Nachoperationsrate,

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Klinische Vorstudien

16

postoperative Verweildauer und Wiederaufnahme der beruflichen Tätigkeit mit denen der

mikrochirurgischen Bandscheibenoperation gut korrespondierten. Lediglich die

Operationsdauer lag bei der MAPN mit neun Minuten deutlich über der

durchschnittlichen Operationszeit bei der mikrochirurgischen Nukleotomie.

Kriterien MAPN-Technik mikrochirurgische

Nukleotomie (MC) Quelle

OP-Zeit 69 min. 60 min Goffin (1994)

Nachoperation 4,3 % 4-11 %

Day (1986) Goald (1978) Hudgins (1983) Lewis (1987) Williams (1978) Suk (2001)

Erfolgsquote (gut und

sehr gut) bzgl.

Ischialgie und

neurologische Defizite

80 % (3 Monate

postop.)

75% (1 Jahr postop.)

80-90 % (6 Monate bis

66 Monate postop.)

Goffin (1994) Goald (1978) Hudgins (1983) Lewis (1987) Williams (1978) Maroon (1986)

Postop. Verweildauer 4 Tage 4 Tage Schwetlick (1998)

Rückkehr zur Arbeit 100 % in 8 Wochen ?

Tab.3 Ergebnisse der ersten 43 MAPN im Literaturvergleich mit der mikrochirurgischen Nukleotomie.

Bis Februar 2001 wurden in Bad Berka insgesamt 299 MAPN durchgeführt (Abb. 3).

Hiervon mussten 22 Patienten (7,4 %) innerhalb eines Mindestnach-

beobachtungszeitraumes von 2,5 Jahren wegen Segmentinstabilitäten und Rezidiven

nachoperiert werden. Von diesen 22 Patienten wurden sechs fusioniert und sechs in

mikrochirurgischer Technik und 10 mittels MAPN-Technik nachoperiert. Es gab in

diesem Gesamtkollektiv bisher keine gravierenden Komplikationen wie iatrogene

Spondylodiszitiden, ventrale Gefäßverletzungen, Wundinfektionen und Liquorrhoen. Mit

zunehmender Erfahrung verringerte sich auch die Operationszeit erheblich.

Abb.3 Prä- und postoperative

Kernspintomographie

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Klinische Vorstudien

17

2.2. Weitere klinische Anwendungen der mikroskopisch

assistierten perkutanen Zugangstechnik Nach den anfänglich guten Erfahrungen mit der vorgestellten Zugangstechnik wurden die

Indikationen schrittweise erweitert (Schema 3). Die folgenden Abschnitte beinhalten

klinische Studien zu den erweiterten Indikationenstellungen.

Indikationen in unterschiedlichen Wirbelsäulenabschnitten

HWS BWS LWS Zentrale und foraminale Stenosen Zentrale und foraminale Stenosen mediolaterale BSV

Intraforaminale BSV

Lumbalkanalstenosen

Schema 3 Weitere Anwendungen der mikroskopisch assistierten perkutanen Zugangstechnik

2.2.1. Der mikroskopisch assistierte perkutane Zugang

zum lateralen Bandscheibenvorfall an der

Lendenwirbelsäule 2.2.1.1. Einleitung Laterale Bandscheibenvorfälle liegen im Bereich zwischen Wirbelkanal und den

paravertebralen Weichteilen, d.h. im intervertebralen Kompartiment und machen etwa

2,6 bis 11,7 % aller lumbalen Bandscheibenvorfälle aus [Benini 1998, Maroon 1990]. Die

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Klinische Vorstudien

18

mediale Begrenzung ist der innere Rand der Bogenwurzel. Jeder Vorfall seitlich dieser

Grenze wird als lateraler Bandscheibenvorfall klassifiziert [Benini 1998] (Abb. 4).

Klinisch steht bei den meisten Patienten eine monoradikuläre Symptomatik entsprechend

der im Foramen intervertebralia verlaufenden Nervenwurzel im Vordergrund.

Der von WATKINS (1964) beschriebene paraspinale Zugang für posterolaterale Fusionen

wurde im weiteren Verlauf von WILTSE (1988) als Zugang für die Pathologie des

lateralen Bandscheibenvorfalls modifiziert. Hierbei bleiben die anatomischen Strukturen

wie Lamina, Ligamentum intertransversarium und Wirbelgelenk im Gegensatz zum

Mittellinienzugang intakt, jedoch wird großflächig die paraspinale Muskulatur von den

Wirbelbögen abgelöst. Der Standardmittellinienzugang zum lateralen

Bandscheibenvorfall impliziert in den meisten Serien eine partielle Laminektomie sowie

eine mediale Facettektomie [Abdulla 1974, Kronberg 1987, Kurobane 1986, Macnab

1971] und wirkt damit destabilisierend. ZINDRICK et al. (1987), REULEN et al. (1987)

und MAROON et al. (1990) verfeinerten die paraspinale Zugangstechnik durch Spaltung

der paraspinalen Muskulatur unter Erhalt der Facettengelenke weiter.

Mit dem Ziel der weiteren Minimierung des Zugangstraumas wird hier eine Technik

vorgestellt, bei der über Aufbougieren der paraspinalen Muskulatur und unter Belassung

der ligamentären und knöchernen Strukturen mit Verwendung des Operationsmikroskops

über einen Arbeitskanal laterale Bandscheibenvorfälle entfernt werden können [Greiner-

Perth 2003].

Abb. 4 MRT transversal und sagittal mit linksseitigem intraforaminalen Bandscheibenvorfall in Höhe

LWK3/4

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Klinische Vorstudien

19

2.2.1.2. Patienten und Methode

15 Patienten (Tab. 4) mit lateralem Bandscheibenvorfall wurden im Zeitraum Februar

1999 bis Dezember 2001 nach dem hier vorgestellten Verfahren operiert. Der

Altersdurchschnitt betrug 60,3 Jahre. Die Geschlechtsverteilung männlich/weiblich war

7/8. Die Diagnosesicherung erfolgte über die lumbale Kernspintomographie (Abb. 4).

Hinsichtlich der Segmentverteilung dominierten L4/5 und L3/4 mit jeweils sechs

Patienten. Die Operationsindikation richtete sich nach dem Vorhandensein von

gravierenden neurologischen Ausfällen bzw. nach dem Versagen der konservativen

Therapie. Präoperativ wurden der Oswestry-Index sowie die Schmerzsymptomatik nach

der visuellen Analogskala differenziert nach Rücken- und Beinschmerz erfasst. Eine

klinische Nachkontrolle erfolgte zwei Monate postoperativ. Zum in der Tabelle

angegebenen Nachbeobachtungszeitpunkt wurden die Patienten schriftlich zur

Selbsteinschätzung der momentanen Situation (Oswestry-Index und visuelle Analogskala)

sowie zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess befragt. Alle 15 Rückantworten

waren verwertbar und wurden unter Verwendung des gepaarten t-Tests zur statistischen

Analyse herangezogen.

Chirurgische Technik: Die Eingriffe erfolgten in Intubationsnarkose. Zur Lagerung

wurde die normale Bauchlage bevorzugt, da für den paraspinalen Zugang im Gegensatz

zum Mittellinienzugang eine Entlordosierung der LWS nicht zwingend erforderlich war.

Unter Bildwandlerkontrolle in a.p. Ebene (Abb. 5) wurde zunächst der entsprechende

Querfortsatz anpunktiert.

Abb. 5 Punktion des Proc. transversus

unter Bildwandler im a.p.

Strahlengang

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Klinische Vorstudien

20

Etwa 4-5 cm paramedian in dieser Höhe erfolgte die Anlage des Hautschnitts von ca. 15

mm Länge. Danach wurde schrittweise die Muskulatur mittels Dilatatoren aufbougiert

(Abb. 6) bis der Arbeitskanal eingebracht werden konnte.

Abb. 6 Einbringen des Dilatators

Eine gut palpierbare anatomische Landmarke stellte der Winkel zwischen Unterrand des

Querfortsatzes und lateraler Isthmusregion dar. Der mediane Neigungswinkel lag etwa bei

10°. Die aus Titan bestehenden Arbeitskanäle unterschiedlicher Länge (45, 55, 65 mm)

sind mit einem Außengewinde versehen, welches ein problemloses Einbringen durch die

paraspinalen Weichteile erlaubte. Der abnehmbare Handgriff ermöglichte eine gute

befundbezogene Ausrichtung des Arbeitskanals in alle gewünschten Richtungen.

Nachdem der Arbeitskanal korrekt positioniert war, konnte der Bildwandler entfernt

werden. Die weiteren Arbeitsschritte erfolgten unter dem Operationsmikroskop. Zunächst

wurde die betroffene Nervenwurzel unter dem Unterrand des Querfortsatzes aufgesucht

und dargestellt. Gelegentlich mussten kleinere Teile des Lig. intertransversarium reseziert

werden. Die Segmentalgefäße konnten geschont und zusammen mit der Nervenwurzel

nach kranial mobilisiert werden. Unterhalb der Wurzel fand sich der Bandscheibenvorfall.

Bei teilweiser intraforaminaler Lokalisation machte sich hier die Resektion von Anteilen

des Lig. flavum erforderlich. Ziel war lediglich die Exstirpation des prolabierten

Bandscheibengewebes, sofern sich das hintere Längsband weitestgehend intakt darstellte.

Anderenfalls wurden Teile des Nucleus pulposus mit entfernt. Nach Entfernung des

Bandscheibenvorfalles wurde der Nervenwurzelverlauf bis nach intraspinal mittels

Nervenhäkchen ausgetastet. Bei knöchernen Foramenstenosen konnte das Foramen mit

entsprechenden bajonettförmigen Stanzen durch Unterschneidung erweitert werden.

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Klinische Vorstudien

21

Schwieriger gestaltete sich diese Zugangstechnik bei hohem Beckenkamm in Höhe

L5/S1. In dem einen Fall eines lateralen Bandscheibenvorfalles in Höhe L5/S1 in dieser

Serie war dies jedoch technisch unproblematisch. Nach ausgiebiger Spülung des Situs

wurde der Arbeitskanal entfernt. Sofern die Schichtdicke des Unterhautfettgewebes eine

Fasciennaht bei der Kleinheit des Hautschnittes ermöglicht, sollte diese erfolgen. Im

Allgemeinen genügten eine Subkutannaht und Hautverschluss mit Steri-Strips. Die

Patienten wurden etwa vier Stunden postoperativ mobilisiert. Die postoperative

Verweildauer betrug 3-4 Tage. Es gab keine Restriktionen in Bezug auf körperliche

Aktivitäten und Sitzdauer. Eine Korsettversorgung war nicht erforderlich. Im Regelfall

schloss sich eine Anschlussheilbehandlung an.

2.2.1.3. Ergebnisse

Es gab weder intra- noch postoperative Komplikationen. In einem Fall (Patient 14) kam

es nach einem nahezu beschwerdefreien Intervall von zwei Monaten zu einem Rezidiv.

Dieses wurde in der gleichen Technik nachoperiert. Dabei war eine ausgesprochen

geringe Narbenbildung auffällig. Mit einem Rezidiveingriff belief sich die

Nachoperationsrate auf 6,7 %. Die durchschnittliche Operationsdauer betrug 43 Minuten.

Der postoperative Oswestry-Index (OSW) und die VAS-Werte sind aus Tabelle 4

ersichtlich. Der mittlere präoperative Wert des Oswestry-Index lag bei 30,6 der

postoperative bei 14,3. Der gepaarte t-Test ergab einen hochsignifikanten Unterschied

(p<0,001). Zur besseren Differenzierung zwischen degenerativ bedingten

Rückenschmerzen und bandscheibenvorfallbedingtem Beinschmerz wurden zwei VAS

verwendet (Tab. 4). Der Vergleich zwischen prä- und postoperativen

beinschmerzbezogenen VAS-Werten demonstrierte eine hochsignifikante Verbesserung

der Schmerzsituation (p<0,001). Die Ischialgie bzw. Femoralisneuralgie bildete sich im

Allgemeinen unmittelbar postoperativ zurück. Zusätzlich kam es postoperativ auch zu

einer signifikanten Besserung der Rückenschmerzsymptomatik. Alle Patienten die

präoperativ einer beruflichen Tätigkeit (n=5) nachgingen, nahmen diese innerhalb von 8

Wochen wieder auf.

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Klinische Vorstudien

22

Nr.

Ges

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Alte

r

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Op-

Dau

er [M

in.]

OSW

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VA

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VA

S R

ücke

n po

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VA

S B

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Follo

w u

p [M

o.]

1 w 76 L4/5 45 42 27 8 9 5 6 24 2 m 46 L3/4 65 20 10 6 8 2 6 19 3 m 37 L3/4 60 29 20 8 7 8 2 18 4 w 60 L4/5 40 34 19 6 5 3 2 15 5 m 72 L3/4 40 31 3 6 6 2 2 15 6 w 54 L4/5 50 36 20 8 6 8 1 12 7 w 74 L4/5 50 32 25 7 7 7 4 12 8 m 71 L2/3 20 25 0 5 8 1 1 10 9 w 69 L3/4 25 29 20 9 8 8 6 10

10 m 70 L4/5 60 33 16 6 6 2 6 10 11 w 65 L4/5 30 24 13 7 7 6 3 9 12 w 57 L2/3 60 31 27 7 8 6 4 7 13 m 26 L5/S1 20 27 7 5 8 2 6 5 14 m 75 L3/4 40 36 1 7 7 1 1 2 15 w 52 L3/4 40 30 7 6 6 5 4 3

Tab. 4 Klinische Daten, OSW - Oswestry-Index, VAS - Visuelle Analog Skala

2.2.1.4. Diskussion

Laterale Bandscheibenvorfälle machen nur 2,6 bis 11,7 % aller lumbalen

Bandscheibenvorfälle aus [Benini 1998, Maroon 1990]. Sie können durch Kompression

der Nervenwurzel und des Spinalganglion zu erheblichen Ischialgien bzw.

Femoralisneuralgien und zu neurologischen Defiziten führen. Während der

Erkrankungsgipfel bei intraspinalen Bandscheibenvorfällen zwischen dem 30. und 50.

Lebensjahr liegt [Schwetlick 1998], ist der Altersdurchschnitt bei lateralen Vorfällen

deutlich höher und scheint um das 60. Lebensjahr zu schwanken [Donaldson 1993]. Dies

entspricht auch unseren eigenen Beobachtungen, hier präsentiert mit einem

Altersdurchschnitt von 60,3 Jahren. Möglicher Grund hierfür könnte die mit der

altersbedingten Bandscheibendegeneration einhergehende Abnahme der Höhe des

Zwischenwirbelraumes und der daraus resultierenden Verengung des Neuroforamens

sein, welche dann wiederum laterale Bandscheibenvorfälle eher symptomatisch werden

lässt.

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Klinische Vorstudien

23

Die Verringerung des Zugangstraumas ist für die Entwicklung von postoperativen

Instabilitäten von großer Bedeutung. Nach PANJABI (1981) liegt der Drehpunkt eines

Wirbelsäulensegments in den dorsalen Anteilen, d.h. dass solche Techniken, die mit der

großflächigen Ablösung der paraspinalen Muskulatur, der Abtragung von

Facettengelenkanteilen und der Bandstrukturen einhergehen, prinzipiell destabilisierend

wirken. Große Fortschritte in diesem Sinne brachte die Einführung der

mikrochirurgischen Technik zur Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen durch

CASPAR (1977). Ein weiterer Meilenstein in der Verringerung des Zugangstraumas bei

Bandscheibenoperationen war die Entwicklung von endoskopischen Techniken durch

DESTANDEAU (1999) und FOLEY (1997). Deren Nachteil allerdings ist im Gegensatz

zur Verwendung des Operationsmikroskops die zweidimensionale Darstellung des

Operationsfeldes.

Ziel der Bemühungen war es, eine Technik zu entwickeln, die ein geringes

Zugangstrauma aufweist, den Vorteil der dreidimensionalen Darstellung des

Operationsgebietes über das Mikroskop nutzt und bei lateralen Bandscheibenvorfällen

ohne Einschränkung der Operationsindikation anwendbar ist. Wichtig war dabei die gute

Handhabbarkeit dieser Technik. Dafür spricht die mittlere Operationsdauer von 43

Minuten. Direkte Vergleichszahlen waren in der Literatur nicht zu finden. GOFFIN

(1994) gab eine mittlere Operationsdauer bei mikrochirurgischen Nukleotomien über den

Mittellinienzugang von etwa 60 Minuten an. Die vorläufigen klinischen Resultate

hinsichtlich der signifikanten Verbesserung der Schmerzsituation und der Lebensqualität

in dieser vorliegenden Studie entsprechen denen anderer Autoren [Donaldson 1993, Gioia

1999, Kronberg 1987, O`Hara 1997]. Inwieweit die Minimierung des Zugangstraumas zur

Verbesserung der Langzeitresultate beiträgt, bleibt Gegenstand weiterer Untersuchungen.

Hierüber liegen auch in der Literatur keine Studien mit entsprechenden Fallzahlen und

langen Nachbeobachtungszeiträumen vor. Auch sind keine Angaben über den unmittelbar

postoperativen Analgetikakonsum als Korrelat für Schmerzsituation in der frühen

postoperativen Phase zu finden. Ein Hinweis für den guten Patientenkomfort bei

Anwendung dieser Zugangstechnik ist die Mobilisierbarkeit noch am Operationstag, in

der Regel vier Stunden postoperativ. Dies erscheint auch unter dem Aspekt wichtig, dass

es sich hier um Patienten mit einem Altersdurchschnitt von 60,3 Jahren handelt. So

können durch rasche Mobilisation Komplikationen vermieden werden.

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Klinische Vorstudien

24

Angesichts der klinischen Ergebnisse ist die hier vorgestellte Zugangstechnik eine gut

praktikable weniger invasive Alternative zu den bisher angewandten Operationstechniken

bei Behandlung des lateralen lumbalen Bandscheibenvorfalls.

2.2.2. Der mikroskopisch assistierte perkutane Zugang zur

operativen Behandlung von Lumbalstenosen

2.2.2.1. Einleitung

BAILY und CASAMAJOR beschrieben 1911 das Krankheitsbild der Lumbalkanalstenose

als Ursache für die neurale Kompression. Sekundäre Lumbalkanalstenosen werden nach

anatomischen Gesichtspunkten in zentrale, laterale (insbes. Recessusstenosen) und

kombinierte Stenosen unterteilt [Herno1999]. Üblicherweise umfasst die klassische

chirurgische Dekompression eine weite Resektion der Lamina, des Prozessus spinosus,

der interspinösen Ligamente und Teile der Facettengelenke [Herron 1989, Wiltse 1976].

Weniger invasive Techniken wie perkutane, endoskopisch oder mikroskopisch assistierte

Prozeduren zur neuralen Dekompression haben im letzten Jahrzehnt an Akzeptanz

gewonnen. Die Vorteile dieser genannten Techniken liegen in der Verringerung des

chirurgischen Traumas und damit des so genannten chirurgischen Stresses [Guiot 2002,

Herron 1989]. Dieser Fakt ist insbesondere bei sekundären Lumbalstenosen von

Bedeutung, da es sich hierbei vorrangig um ältere Patienten mit relevanten

Begleiterkrankungen handelt.

Ziel dieses Abschnittes ist es, eine weniger invasive Technik zur Dekompression bei

degenerativen Lumbalstenosen vorzustellen [Greiner-Perth 2004].

2.2.2.2. Patienten und Methode

Patienten: In dieser prospektiv angelegten Studie wurden 38 Patienten (13 Frauen, 25

Männer) mit einem Altersdurchschnitt von 73,2 Jahren erfasst und im Zeitraum

November 1998 bis Dezember 2001 operiert. Die klinischen Symptome waren die

Claudicatio spinalis sowie Rücken- und Beinschmerzen. Zur Diagnostik wurden die

lumbale Kernspintomographie und/oder die konventionelle Funktionsmyelographie mit

Postmyelo-CT herangezogen. Kontraindikationen zur minimalinvasiven Dekompression

waren degenerative Olisthesen und Lumbalskoliosen, also Erkrankungen, die einer

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Klinische Vorstudien

25

Stellungskorrektur bzw. einer Stabilisierung bedurften. Die Einteilung der Stenosen

erfolgte über die Kriterien nach HERNO (1999).

Die Situation der Patienten wurde über die Visuelle Analogskala (VAS) [Beecher 1969]

differenziert nach Rücken- und Beinschmerz sowie über den Oxford Claudication Score

(OCS) erfasst [Pratt 2002]. Der OCS ist ein subjektiver Wert zur Beurteilung der

funktionellen Ergebnisse bei Lumbalkanalstenosen. Die Patienten wurden präoperativ,

drei Monate postoperativ und zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes klinisch

untersucht. Darüber hinaus erfolgte die Bewertung über genannte Scores. Der

Nachbeobachtungszeitraum reichte von 18 bis 55 Monaten, im Mittel 32 Monate. Zur

statistischen Auswertung wurde der ungepaarte t-Test herangezogen.

Chirurgische Technik: Bei 35 Patienten erfolgte der Eingriff in Intubationsnarkose und

Bauchlagerung, bei drei Patienten mit großem kardialen Risikopotential in

Lokalanästhesie und Seitenlagerung. Die prinzipielle Zugangstechnik über den

Standardmittelinienzugang ist unter Abschn. 2.1.1. erläutert. Nach Einsetzen des

Arbeitkanals wurde als anatomische Landmarke der Unterrand der oberen Lamina

palpiert. Eine partielle Hemilaminektomie beginnend oberhalb des Ansatzes des Lig.

flavum an der Innenseite der Lamina bis einschließlich eines kleinen Teiles des

Oberrandes der unteren Lamina wurde mit Stanze oder Drill durchgeführt. Zur

kompletten Dekompression der Dura erfolgte in so genannter „undercutting“-Technik die

Unterschneidung der restlichen Laminaanteile. Sofern erforderlich, konnte der mediale

Facettenanteil zur Dekompression des Recessus lateralis und des Neuroforamens

ebenfalls reseziert werden. Unilaterale Dekompression: Diese Technik fand meist bei

Recessusstenosen Anwendung. Ziel hierbei war es, die betroffene Nervenwurzel in der

„undercutting“-Technik zu dekomprimieren ohne dabei das Facettengelenk zu zerstören.

Cross-over Dekompression: Diese war in Fällen von zentralen und/oder bilateralen

Recessusstenosen (Abb. 7) indiziert. Dabei wurde über einen einseitigen

Standardmittellinienzugang zunächst die unilaterale Seite dekomprimiert und dann durch

Kippung des Arbeitskanals die kontralaterale Seite versorgt. In dieser Technik war die

Darstellung des kontralateralen Recessus lateralis bis hin zum Pedikel möglich. Die

Palpation des Situs mittels Nervenwurzelhäkchen gab eine genaue anatomische

Orientierung und zeigte das Ausmaß der erreichten Dekompression.

Am Ende des Eingriffs wurde der schichtweise Wundverschluss mit Fascien-, Subkutan-

und Hautnaht vorgenommen. Prinzipiell konnten die Patienten noch am gleichen Tag

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Klinische Vorstudien

26

mobilisiert werden, mit Ausnahme von Duraverletzungen. In diesem Fall hatten die

Patienten drei Tage Bettruhe. Es gab keine Restriktionen hinsichtlich der körperlichen

Aktivität. Eine Korsettversorgung war nicht erforderlich.

2.2.2.3. Ergebnisse

Insgesamt wurden 56 Segmente bei 38 Patienten dekomprimiert. Die Operationszeit

betrug im Durchschnitt 74 Minuten pro Segment, der Blutverlust durchschnittlich 32 ml.

Aufgrund massiv erhöhten kardiopulmonalen Risikos wurden drei Eingriffe in

Lokalanästhesie vorgenommen. Die vorrangig betroffenen Segmente waren L4/5 und

L3/4. Die postoperative Verweildauer bewegte sich zwischen 3 und 5 Tagen. Von den

ursprünglich 38 Patienten konnten die Daten von 33 Patienten ermittelt werden. Drei

Patienten verstarben im Nachbeobachtungszeitraum aufgrund anderer medizinischer

Ursachen. Zwei Patienten erschienen aus unbekanntem Grund nicht mehr zu den

Nachkontrollen. Der mittlere OCS-Wert zeigte postoperativ eine Verbesserung auf 16,9

verglichen mit der präoperativen Ausgangssituation von 29,4. Die VAS-Rückenschmerz

verbesserte sich von 7 (präoperativ) auf 3,9 (postoperativ) und die VAS-Beinschmerz von

6,8 auf 3,8. Die postoperativen Veränderungen aller drei genannten Parameter im

Vergleich zu präoperativ waren statistisch signifikant (p<0,001). Als Komplikationen

mussten zwei Duraverletzungen (5,2 %), die jedoch ohne weitere Konsequenzen blieben,

registriert werden. Ein Patient (2,6 %) wurde wegen einer epiduralen Nachblutung offen

nachoperiert. Bei einem weiteren Patienten fand sich eine Residualstenose. Diese wurde

in Form einer posterolumbalen intersomatischen Fusion vier Wochen nach dem

Primäreingriff versorgt. Insgesamt betrug die Nachoperationsrate (5,2 %).

Abb. 7 Präoperatives und postoperatives Postmyelo-CT nach mikroskopisch assistierter

perkutaner Dekompression

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Klinische Vorstudien

27

2.2.2.4. Diskussion

NOHARA (2004) konnte im Rahmen einer Analyse von 16.157 lumbalen

Wirbelsäulenoperationen einerseits zeigen, dass der Hauptanteil der Indikationen (38,5 %)

auf degenerative Veränderungen entfällt und damit der Anteil von Patienten mit einem

Lebensalter von 60 Jahren und darüber bei 49 % lag sowie andererseits instrumentierte

Eingriffe eine Revisionsrate von 12,1 % gegenüber 6,8 % bei nichtinstrumentierten

Operationen aufwiesen. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten auch MALTER (1998) und

HU (1997) im Rahmen von großen Kohortenstudien. In diesen Zahlen offenbaren sich

gleich mehrere Probleme vor denen die Wirbelsäulenchirurgie steht:

1. die enorm hohe Zahl an Wirbelsäulenoperationen mit weiter steigender Tendenz

2. der hohe Anteil an degenerativen Veränderungen und

3. damit unmittelbar im Zusammenhang stehend die Alterszunahme der Patienten

sowie

4. die deutlich höhere Komplikationsrate bei instrumentierten Eingriffen.

Aus den genannten Punkten leitet sich die Suche nach möglichst wenig invasiven und

sicheren Operationstechniken ab.

Vom pathophysiologischen Standpunkt aus ist die sekundäre Lumbalkanalstenose ein

Ergebnis komplexer degenerativer Veränderungen mit Hypertrophie des Lig. flavum,

Bandscheibenvorwölbungen und Spondylarthrosen [Guigui 1999]. Biomechanisch

betrachtet spielen die dorsalen spinalen Strukturen eine wichtige Rolle [Mayer 1989,

Nachemson 1991, Shamara 1995, Tuite 1994]. Üblicherweise werden die neuralen

Strukturen über eine Resektion der dorsalen Wirbelsäulenanteile wie die Laminae, die

interspinösen Ligamente und die medialen Facettengelenksanteile dekomprimiert

[Postacchini 1999]. Dies geht allerdings zu Lasten der Stabilität. Zur Besserung der

Beschwerdesymptomatik ist nach ARYNPUR and DUCKER (1990) keine komplette

Dekompression erforderlich. THOMAS et al. (1997) berichteten, dass sie keine statistisch

signifikante Korrelation zwischen dem Ausmaß der Dekompression, gemessen am

Duralschlauchdurchmesser nach Laminotomie bzw. Laminektomie und den klinischen

Ergebnissen fanden. Eine Reihe weniger invasiver Verfahren der Resektion wurden

entwickelt, um die spinale Anatomie und damit die spinale Stabilität weitgehend zu

erhalten [Palmer 2002]. Ziel der begrenzten Resektion ist es, das Risiko der

postoperativen Instabilität und den chirurgischen Stress zu minimieren. Bei der Reduktion

des chirurgischen Traumas im Rahmen der operativen Behandlung von degenerativen

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Klinische Vorstudien

28

Lumbalstenosen gab es zwei entscheidende Schritte. Der erste ist YOUNG et al. (1988)

zu zuschreiben, der über die Möglichkeit der uni- oder bilateralen Dekompression unter

Verwendung des Operationsmikroskops berichtete. Der zweite Schritt war der Nachweis

der Möglichkeit einer effektiven Dekompression, endoskopisch assistiert über einen

minimalinvasiven Zugang, zunächst allerdings nur an Leichenpräparaten [Guiot et al.

2002]. Bis zum jetzigen Zeitpunkt fanden sich nur drei Berichte über die operative

Behandlung von Lumbalkanalstenosen in vergleichbarer minimalinvasiver Technik

[Greiner-Perth 2002, Khoo 2002, Palmer 2002]. PALMER et al. (2002) untersuchte 17

Patienten mit Lumbalkanalstenosen, die über einen bilateralen Zugang unter Verwendung

des METRIX-Systems (Fa. Medtronic) operativ versorgt wurden. KHOO und FESSLER

(2002) operierten 25 Patienten über eine so genannte mikroendoskopische Laminotomie.

Die genannten Studien wurden in Tabelle 5 gegenübergestellt.

Palmer et al. Khoo und Fessler eigene Ergebnisse

Anzahl der Patienten 17 25 38 Anzahl der Segmente 22 34 56 Altersdurchschnitt [Jahre] 63 68,8 73,2 Operationszeit pro Segment [Minuten] 90 109 74 Blutverlust [ml] 28 68 32 Duraverletzungen 3 (17 %) 4 (16 %) 2 (5 %)

Revisionen ein Verschluss einer Pseudomeningocele

(6 %) 0 eine Nachblutung,

eine Reststenose (5 %)

Nachbeobachtungszeitraum [Monate] ? 12 32

Tab. 5 Gegenüberstellung der klinischen Ergebnisse

2.2.2.5. Schlussfolgerungen

Trotz des Mangels an statistischer Aussagekraft auf Grund der geringen Patientenanzahl

und der fehlenden Kontrollgruppen schienen die genannten minimalinvasiven Techniken

tendenziell ein geringeres Weichteiltrauma, einen deutlich kleineren Blutverlust und

damit auch einen verminderten chirurgischen Stress für den Patienten aufzuweisen. Das

Hauptziel der operativen Prozeduren ist die adäquate Dekompression der neuralen

Elemente. Ein zusätzliches Benefit der weniger invasiven Techniken ist ein Potential zur

Verbesserung der postoperativen Schmerzsituation. Dadurch können die Patienten rascher

mobilisiert werden, was insbesondere bei älteren Patienten von großer Bedeutung ist

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Klinische Vorstudien

29

(Altersdurchschnitt in der eigenen Studie 73,2 Jahre). Durch eine Verringerung der

postoperativen Verweildauer können Kosten reduziert werden.

Abschließend muss jedoch betont werden, dass die Aussagen der vorgestellten Studie

wegen der geringen Patientenzahl und des zu kurzen Nachbeobachtungszeitraumes

limitiert sind. Hier müssen weitere Untersuchungen folgen.

2.2.3. Ein neuer minimalinvasiver Zugang zur operativen

Behandlung von zervikalen Radikulopathien und

Myelopathien

2.2.3.1. Einleitung

Unterschiedliche ventrale und dorsale Zugänge zur operativen Behandlung zervikaler

Radikulopathien und Myelopathien wurden beschrieben [Aldrich 1990, Aronson 1973,

Baily 1960, Cloward 1958, Cusick 1994, Manabe 1988, Mosdal 1984]. FRYKHOLM

(1951) und SCOVILLE (1961) entwickelten die Technik der dorsalen Foraminotomie

über partielle Resektion der medialen Facettengelenksanteile zur Dekompression der

Zervikalwurzeln bei Patienten mit Radikulopathien. Bei den üblichen dorsalen Zugängen

wird die Extensorenmuskulatur großflächig von den Laminae und Dornfortsätzen abgelöst

[Cusick 1994, Hoski 1994]. Dieses operative Zugangstrauma ist eine Hauptursache für

postoperative Komplikationen in Form von persistierenden Nacken- und

Schulterschmerzen und zervikalen Instabilitäten [Baba 1995, Hosono 1996, Kawaguchi

1996, Zdeblick 1992].

ROH (2000) beschrieb im Rahmen einer Leichenpräparatestudie die Möglichkeit der

Zugangsminimierung durch Anwendung einer so genannten “Mikroendoskopischen

posterioren zervikalen Foraminotomie” und BURKE (2000) wandte selbiges Verfahren

bei drei Patienten an. Die MED-Technik ermöglicht einen minimalinvasiven Zugang

ebenfalls über transmuskuläre Dilatation. Ein erheblicher Nachteil dieser Technik besteht

allerdings in der endoskopisch bedingten zweidimensionalen Darstellungsweise des

Operationsgebietes. Ferner behindern häufige Verschmutzungen der Optik infolge

Blutungen den Fortgang der operativen Intervention.

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Klinische Vorstudien

30

Das Ziel dieser Arbeit war es, eine minimalinvasive Zugangstechnik zur dorsalen

Halswirbelsäule vorzustellen, bei der die muskulären Ansätze der paraspinalen

Muskulatur (M. semispinalis cervicis und M. splenius cervicis) weitgehend geschont

werden und die Visualisation des Operationsgebietes unter Verwendung des

Operationsmikroskopes dreidimensional möglich ist [Boehm, Greiner-Perth 2003].

2.2.3.2. Patienten und Methode Die Studie umfasste 13 Patienten (mit Pathologien in 16 zervikalen Segmenten), versorgt

in Bad Berka, im Zeitraum Oktober 1998 bis Oktober 2001 (Tab. 6). Sieben Patienten

waren männlich. Der Altersdurchschnitt betrug 64 Jahre. Die Patienten wurden

hinsichtlich des pathologischen Substrates streng selektiert. Neun Patienten (sieben

monosegmental, einer bisegmental und einer trisegmental) boten das Bild einer zervikalen

Myelopathie, zurückzuführen auf eine dorsalbetonte Hypertrophie des Ligamentum

flavum (Abb. 10). Die anderen vier Patienten mit monoradikulärer Symptomatik wiesen

entweder eine knöchern bedingte einseitige Neuroforamenstenose oder einen

intraforaminalen Bandscheibenvorfall auf. Die Indikationsstellung zur operativen

Intervention richtete sich nach dem Vorhandensein von neurologischen Ausfällen oder

dem Versagen der konservativen Therapie bei alleiniger Schmerzsymptomatik über einen

Mindestzeitraum von sechs Wochen.

Die klinischen Patientendaten sind in der Tabelle 6 dargestellt. Die Patienten wurden

präoperativ und im Nachbeobachtungszeitraum mit dem Neck Disability Index (NDI) als

HWS-Variante des Oswestry Index [Vernon 1991, Zoega 2000] und der Visuellen Analog

Skala (VAS) differenziert nach Arm- und Nackenschmerz [Zoega 2000] bewertet. Der

Nachbeobachtungszeitraum betrug im Mittel 17 Monate (5-42 Monate). Zur statistischen

Auswertung wurde der gepaarte t-Test nach Student benutzt. Die neurologischen Defizite

(entweder die zervikale Myelopathie oder radikuläre Ausfälle) wurden zum Ende des

Nachbeobachtungszeitraumes im Vergleich zur präoperativen Situation mit “verbessert”

oder “komplett zurückgebildet” eingestuft.

Chirurgische Technik: Die Eingriffe erfolgten in Intubationsnarkose und in

Bauchlagerung mit diskreter Kopfinklination. Alle Patienten wurden intraoperativ mit

somatosensorisch evozierten Potentialen (SEP) überwacht. Nach Hautdesinfektion und

steriler Abdeckung des Op-Gebietes wurde die Höhenlokalisation unter Bildwandler im

seitlichen Strahlengang vorgenommen. Über eine 15 mm lange, 2 cm paramedian

gelegene Hautinzision direkt über dem betroffenen Segment wurde die paraspinale

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Klinische Vorstudien

31

Muskulatur mittels Dilatatoren aufgedehnt bis der Arbeitskanal eingesetzt werden konnte

(Abb. 8).

Die Einbringung der Dilatatoren und des Arbeitskanals wurde ebenfalls unter

Bildwandlerkontrolle durchgeführt. Eine wichtige, gut palpierbare Landmarke war der

Unterrand der oberen Lamina. Nachdem der Port in situ platziert war, fanden alle

weiteren Arbeitschritte unter dem Operationsmikroskop statt. Abhängig von der zugrunde

liegenden Pathologie konnte im weiteren Vorgehen entweder eine intervertebrale

Foraminotomie oder eine interlaminäre Dekompression erfolgen.

Intervertebrale Foraminotomie: Diese Technik wurde bei knöchern bedingten

Foramenstenosen oder bei foraminalen Bandscheibenvorfällen angewandt. Hierbei

wurden das Lig. flavum und Teile des Unterrandes der oberen Lamina von medial her

schrittweise reseziert. Ebenfalls mussten vorsichtig mediale Anteile der Gelenkfacette

abgetragen werden. Auf diesem Weg konnte die Nervenwurzel unproblematisch

dargestellt werden (Abb. 9). Nach vorsichtiger Mobilisation der Wurzel ließen sich nun

Bandscheibenvorfälle entfernen. Bei knöchern bedingten foraminalen Engen konnte eine

weitere Unterschneidung des Neuroforamens erfolgen. Allerdings sollte im Hinblick auf

die Segmentstabilität nicht mehr als 25 % des Facettengelenkes abgetragen werden.

Abb. 8 Eingebrachter Dilatator im

seitlichen Strahlengang, Zugang

zum Segment HWK3/4

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Klinische Vorstudien

32

Interlaminäre Dekompression: Die Dekompression von zentralen dorsalen Stenosen war

technisch ebenfalls unproblematisch. Zunächst wurden die medialen Anteile des

Ligamentum flavum reseziert und die Dura dargestellt. Alle weiteren Schritte der

Dekompression mussten der jeweiligen Befundkonstellation angepasst werden. Eine

Dekompression bis zur Gegenseite (so genannte Cross-over-Technik oder Over the top-

Technik) war aufgrund der guten Ausrichtbarkeit des Arbeitskanals gut durchführbar.

Durch Anwendung der so genannten “undercutting”-Technik konnten die Ligg.

interspinosa und der M. splenius cervicis geschont werden. In Fällen mit mehreren zu

dekomprimierenden Segmenten empfahl sich die Anlage von mehreren Hautschnitten.

Blutungen aus dem epiduralen Venenplexus wurden über bipolare Koagulation nach

Mobilisation der Nervenwurzel bei intervertebraler Foraminotomie in den meisten Fällen

beherrscht. Andernfalls empfahl sich die Auflagerung von Kollagengewebe.

Am Ende der Prozedur wurde der Port unter mikroskopischer Sicht schrittweise entfernt.

So konnten eventuelle Blutungen im Zugangsbereich koaguliert werden. Die Fascie und

die Subkutis wurden jeweils mit einer Einzelknopfnaht verschlossen, die Haut mit „Steri-

Strips“. Eine Drainage war nicht erforderlich, ebenso keine Orthese. Die Patienten

wurden im Regelfall nach vier Stunden postoperativ mobilisiert.

FG

NW

Abb. 9 Intraoperativer Blick durch das

Operationsmikroskop.

NW - Nervenwurzel,

FG - Facettengelenk

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Klinische Vorstudien

33

2.2.3.3. Ergebnisse

Die durchschnittliche Operationsdauer pro Segment betrug 61 Minuten. Es gab keine

intraoperativen oder postoperativen Komplikationen. Die somatosensorisch evozierten

Potentiale zeigten keine Amplitudenveränderungen während des Eingriffes. Innerhalb des

Nachbeobachtungszeitraumes war keine Revisionsoperation erforderlich. Der mittlere

Nachbeobachtungszeitraum betrug 17 Monate. Ein Patient verstarb neun Monate

postoperativ aus anderen medizinischen Gründen, so dass nur die Daten von 12 Patienten

zur statistischen Auswertung verfügbar waren.

Abb. 10 Links: Dorsale Stenose mit Myelopathie HWK3/4. Rechts: Postoperative Situation

Die prä- und postoperativen Werte der VAS und des NDI sind in der Tabelle 6 aufgelistet.

Der mittlere NDI verbesserte sich statistisch hochsignifikant (p<0,001) von 64

(präoperativ) auf 24 (postoperativ). In Analogie hierzu zeigte ebenfalls die VAS sowohl

für den Nackenschmerz (6,7 präoperativ, 3,3 postoperativ) als auch für den Armschmerz

(6,8 präoperativ, 3,0 postoperativ) eine hochsignifikante (p<0,001) Verbesserung.

Bezüglich der neurologischen Ausfälle bildeten sich diese bei vier Patienten (33 %)

komplett zurück. Die verbleibenden acht Patienten (67 %) boten eine deutliche

Verbesserung der neurologischen Situation mit Restdefiziten. In keinem einzigen Fall

kam es zu einer Verschlechterung der neurologischen Ausfallssymptomatik.

In Zusammenfassung der Befunde ergab sich, dass bei allen Patienten eine klare

Verbesserung der Ausgangssituation bei gutem kosmetischem Ergebnis (Abb.11) erreicht

werden konnte.

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Klinische Vorstudien

34

Pat.

Nr.

Alte

r

neur

olog

isch

e D

efiz

ite

prä.

Bild

befu

nd

Höh

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OP-

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ND

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ND

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t.

VA

S lo

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VA

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VA

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ost

neur

olog

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efiz

ite

post

.

Nac

hbeo

bach

tung

s-ze

itrau

m [M

o.]

1 65 sens. C8 knöcherne Foramenstenose HW7/BW1 60 65 10 7 8 3 2 komplett

rückläufig 42

2 51 sens.+ motor. C8 knöcherne Foramenstenose HW7/BW1 70 70 50 6 8 5 6 deutlich

gebessert 36

3 76 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3-6 90 70 40 8 8 2 3 gebessert 25

4 80 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW5/6 85 55 20 8 7 4 1 deutlich

gebessert 19

5 43 sens. C8 knöcherne Foramenstenose HW7/BW1 45 65 0 6 7 2 1 komplett

rückläufig 16

6 69 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW2/3 50 65 25 9 7 6 4 gebessert 14

7 76 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3/4 45 80 45 5 5 5 4 deutlich

gebessert 12

8 52 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW5/6 105 70 45 8 6 6 4 gebessert 11

9 72 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW5/6 65 60 0 3 5 1 1 komplett

rückläufig 12

10 73 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3-5 110 75 9 6

Pat. 9 Mo. Postop.

verstorben

11 57 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3/4 60 60 20 5 7 1 3 deutlich

gebessert 9

12 55 sens. + motor. C7 intraforaminaler Bandscheibenvorfall HW6/7 80 60 5 6 8 2 2 komplett

rückläufig 7

13 75 Myelopathie zentrale Stenose (Flavumhyperthrophie) HW3/4 45 65 30 7 7 3 5 deutlich

gebessert 5

Tab. 6 Klinische Daten. NDI - Neck Disability Index, VAS - Visuelle Analog Skala

Abb. 11 Kosmetisches Ergebnis acht Wochen

postoperativ

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Klinische Vorstudien

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2.2.3.4. Diskussion Viele klinische Studien beschrieben die Effektivität von Dekompressionsprozeduren über

einen anterioren Zugang bei der Behandlung von zervikalen Bandscheibenvorfällen oder

knöchernen Stenosen [Aronson 1973, Baily 1960, Cloward 1958, Manabe 1988]. Obwohl

der vordere Zugang allgemein bevorzugt wird, bietet der dorsale Zugang in bestimmten

ausgewählten Fällen wie Foramenstenosen oder posterolateralen Bandscheibenvorfällen

deutliche Vorteile [Raynor 1983, Roh 2000]. Der dorsale Zugang vermeidet Gefahren der

zugangsbedingten Verletzung der anatomischen Strukturen wie N. reccurens oder N.

laryngeus superior, des Ösophagus oder der Karotisscheide. Andererseits kann über einen

konventionellen dorsalen Zugang die Stabilität der Halswirbelsäule beeinträchtigt werden,

wenn mehr als 50 % des Facettengelenkes auf einer Seite oder mehr als 25 % auf beiden

Seiten reseziert werden [Zdeblick 1992].

Die Muskulatur der Kopf-Nackenregion ist charakteristischerweise reich an

Propriorezeptoren, die ihre Afferenzen direkt an die vestibulo-spinalen und die vestibulo-

occulomotorischen Kerngebiete weitergeben [Neuhuber 1998]. So führt eine großflächige

subperiostale Exploration der dorsalen Halswirbelsäule zu muskulären Schmerzen und

Spasmen, was als übliche Komplikation nach dorsalen HWS-Eingriffen in der Literatur

beschrieben wird [Baba 1995, Burke 2000, Hosono 1996, Kawaguchi 1996, Roh 2000,

Shiraishi 2002]. Als Konsequenz daraus kann eine Zugangstechnik mit minimiertem

Zugangstrauma im Bereich der paraspinalen Muskulatur zu einem besseren funktionellen

Ergebnis führen.

Die transmuskuläre Dilatation minimiert das operative Zugangstrauma in der Muskulatur.

Dies haben Studien von FOLEY (1977) und MURAMATSU (2001) unter Verwendung

des „Microendoscopic discetomy“-Systems (MED) im Bereich der Lendenwirbelsäule

gezeigt.

Im Vergleich zur MED bietet die hier vorgestellte Zugangstechnik den Vorteil einer

dreidimensionalen Visualisation des Op-Gebietes durch Verwendung des

Operationsmikroskopes. Durch einfaches Schwenken des Arbeitskanals kann ein

Optimum der Visualisation erzielt werden, was der Darstellung unter Benutzung einer

15°-Optik sogar überlegen ist [Roh 2000].

Dies war einer der Beweggründe, die ursprünglich im Bereich der Lendenwirbelsäule

angewandte mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik auf bestimmte

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Klinische Vorstudien

36

Indikationen an der dorsalen Halswirbelsäule auszuweiten. Nach bestem Wissen ist in der

Literatur bisher keine vergleichbar minimalinvasive Technik für interlaminäre

Dekompressionen bei zentralen dorsalen HWS-Stenosen beschrieben worden.

Unter Anwendung dieser zuvor beschriebenen Zugangstechnik gibt es kein wirkliches

Trauma im Bereich der dorsalen Halsmuskulatur. Die Patienten können wenige Stunden

nach dem Eingriff ohne jedwede Restriktion mobilisiert werden. In der untersuchten

Altersgruppe mit einem Altersdurchschnitt von 64 Jahren ist eine rasche Mobilisation zur

Vermeidung von Sekundärkomplikationen zwingend notwendig.

Die Haupteinschränkung bei dieser Technik sind schwere knöcherne Stenosen, die eine

Laminektomie bzw. Laminoplastie erfordern. Unter diesen Umständen bevorzugen wir

ein konventionelles Vorgehen.

2.2.3.5. Schlussfolgerungen Obgleich das untersuchte Patientenkollektiv klein und der Nachbeobachtungszeitraum für

eine abschließende Beurteilung zu kurz ist, sind die erreichten Ergebnisse unter

Verwendung der beschriebenen Methodik ausgesprochen ermutigend. Die Anwendung

der mikroskopisch assistierten Zugangstechnik an den hinteren

Halswirbelsäulenabschnitten bei vorrangig von dorsal bedingten zentralen Stenosen und

foraminalen Prozessen stellt eine gute operative Alternative dar. Aufgrund der kurzen

Hospitalisation ist es zusätzlich auch ein kostensparendes Verfahren.

2.2.4. Die mikroskopisch assistierte perkutane Exstirpation von

symptomatischen lumbalen Synovialzysten

2.2.4.1. Einleitung

Synonyme für spinale Synovialzysten sind Facettengelenk- bzw. Juxta-Facett-Zysten. Je

nach histologischem Befund können Synovial- und Ganglionzysten unterschieden werden

[Franke 2002]. Der Ausgangspunkt ist das Facettengelenk von dem aus sich die Zysten in

den Spinalkanal (anteriore Zysten) oder nach dorsal (posteriore Zysten) entwickeln

können. Nach DOYLE (2004) treten anteriore Zysten mit einer Prävalenz von 2,3 % und

posteriore mit einer Prävalenz von 7,3 % auf. Ferner fand DOYLE (2004) einen

signifikanten Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein der Zysten und

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Klinische Vorstudien

37

degenerativen Wirbelgelenksveränderungen. Anteriore Zysten führen in der Regel zu

einer entsprechenden radikulären und/oder Stenose-Symptomatik [Delank 2004, Franke

2002, Houten 2003, Lyons 2000, Pirotte 2003, Sauvage 2000]. Eine akut einsetzende

Symptomatik weist auf eine Einblutung der Zyste hin[Tillich 2001].

Es gibt Berichte über spontane Rückbildung der anterioren Zysten [Maezawa 2000,

Swartz 2003]. Steroidinjektionen stellen eine mögliche Therapiealternative dar. So konnte

SAUVAGE (2000) nach intraartikulärer Steroidinjektion bei 69 % der Patienten eine gute

bis komplette Besserung der radikulären Symptomatik erzielen. In der Regel ist bei

symptomatischen intraspinalen Zysten die Therapie der Wahl die chirurgische

Exstirpation. Bei koexistenter segmentaler Instabilität ist eine zusätzliche Fusion

erforderlich [Franke 2002, Lyons 2000]. Eingriffe ohne Fusion wurden entweder in

offener Technik oder in mikrochirurgischer Technik vorgenommen [Delank 2004, Franke

2002, Lyons 2000, Pirotte 2003, Tillich 2001]. Es fanden sich bisher keine Berichte in der

Literatur über Anwendung einer minimalinvasiven Technik zur operativen Behandlung

von intraspinalen Gelenkzysten.

2.2.4.2. Patienten und Methode

Im Zeitraum Januar 2000 bis September 2003 wurden in Bad Berka 11 Patienten mit

symptomatischen intraspinalen Gelenkzysten in mikroskopisch assistierter perkutaner

Technik versorgt. Voraussetzung zur Anwendung dieses Verfahrens war der Ausschluss

einer segmentalen Instabilität (degenerative Olisthese mit konsekutiver

Spinalkanalstenose) und eine erhebliche Bandscheibendegeneration. Alle Zysten wurden

kernspintomographisch gesichert, mit einer Ausnahme (siehe auch Abschnitt 2.2.4.4.), bei

der eine Myelographie mit nachfolgendem Postmyelo-CT erforderlich war. Zusätzlich

wurden LWS-Übersichtsaufnahmen und seitliche Funktionsaufnahmen angefertigt. Die

klinischen Daten wurden retrospektiv erfasst und sind in Tab. 7 aufgeführt.

Patient Nr. 1 (Abschn. 2.2.4.4.) und Patientin Nr. 5 waren in Form einer Posterolumbalen

intersomatischen Fusion voroperiert. Hier entwickelten sich im Nachbarsegment

symptomatische Gelenkzysten.

Der Altersdurchschnitt im Kollektiv betrug 65,5 Jahre, das Geschlechtsverhältnis sieben

Männer zu vier Frauen. Vorrangig betroffen war das Segment L4/5.

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Klinische Vorstudien

38

Alle Patienten wurden zu den Zeitpunkten sechs Wochen, sechs Monate, 12 (und 24)

Monate postoperativ ambulant nachkontrolliert. Der minimale

Nachbeobachtungszeitraum betrug 12 Monate.

Patient Alter Geschlecht Segment Symptomatik Nachbeobachtungszeit

1 69 m L2/3 akute Kaudasympt. 24 Monate

2 72 w L4/5 Claudicatio 24 Monate

3 52 w L3/4 Quadricepsparese 24 Monate

4 56 m L4/5 Fußheberparese 24 Monate

5 71 w L5/S1 akute Ischalgie 24 Monate

6 68 m L4/5 Fußheberparese 12 Monate

7 55 m L4/5 Sensibel L 5 12 Monate

8 62 m L4/5 Claudicatio 12 Monate

9 74 w L3/4 Kaudasympt. 12 Monate

10 73 m L4/5 Fußheberparese 12 Monate

11 68 m L4/5 Claudicatio 12 Monate

Tab. 7 Klinische Daten

Operationsprinzip: Das Zugangsprinzip wurde in den vorangegangenen Abschnitten

ausführlich beschrieben. Die Eröffnung des Spinalkanals erfolgte über den

Standardmittellinienzugang. Nach Darstellung der Zyste und Identifikation der neuralen

Strukturen wurde die Zyste mittels Häkchen oder Stanze eröffnet. Soweit als möglich

wurden dann Adhäsionen zwischen Zystenwand und Dura gelöst und die Zyste

schrittweise entfernt.

2.2.4.3. Ergebnisse

Die Operationsdauer betrug durchschnittlich 42 Minuten. Abgesehen von einer

Duraverletzung waren keine intraoperativen Komplikationen zu verzeichnen. Auch im

postoperativen Verlauf traten keine Komplikationen auf. Im Rahmen der ambulanten

Nachkontrollen gaben alle Patienten eine subjektive Besserung der präoperativen

Symptomatik an. Sieben Patienten waren abgesehen von länger bestehenden Lumbalgien

komplett beschwerdefrei. In keinem Fall kam es postoperativ zu einer Verschlechterung

gegenüber der präoperativen Situation. Innerhalb des angegebenen

Nachbeobachtungszeitraumes waren bei allen Patienten keine Zweiteingriffe erforderlich.

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Klinische Vorstudien

39

2.2.4.4. Fallillustration

Der zum damaligen Zeitpunkt 69-jährige Patient (Nr.1 in Tab. 7) kam mit einer akuten

Kaudasymptomatik etwa vier Jahre nach vorangegangener posterolumbaler

intersomatischer Fusion L3-S1 erneut zur stationären Aufnahme. Aufgrund der damals

verwendeten Edelstahlimplantate war eine Kernspintomographie nicht aussagefähig, so

dass eine lumbale Funktionsmyelographie mit sich anschließendem Postmyelo-CT

durchgeführt wurde. In der Myelographie zeigte sich ein kompletter Kontrastmittelstopp

in Höhe L2/3 (Abb. 12). Computertomographisch war eine rechtseitig betonte intraspinale

Raumforderung (Pfeil Abb. 12) mit massiver Kompression des Duralschlauches

erkennbar. Intraoperativ stellte sich der beschriebene Befund als akut eingeblutete

Synovialzyste dar. Dies konnte auch histologisch gesichert werden. Nach mikroskopisch

assistierter perkutaner Zystenexstirpation bildete sich die Kaudasymptomatik innerhalb

von drei Tagen komplett zurück. Innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes von zwei

Jahren war der Patient weitgehend beschwerdefrei.

Abb. 12 Links: Funktionsmyelographie seitlich und a.p. mit kompletten Kontrastmittelstopp bei L2/3,

Rechts: Intraspinale Raumforderung mit Kompression der Dura (Pfeil)

2.2.4.5. Diskussion

Facettengelenkzysten stellen eine seltene Entität dar, die jedoch, sofern sie symptomatisch

werden, mit einer neurologischen Ausfallssymptomatik einhergehen können. Sie treten im

Zusammenhang mit degenerativen Veränderungen an der Lendenwirbelsäule auf [Tillich

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Klinische Vorstudien

40

2001]. Therapie der Wahl ist in den Fällen, die mit einer neurologischen

Ausfallsymptomatik verknüpft sind, die chirurgische Zystenentfernung [Delank 2004,

Franke 2002, Lyons 2000, Pirotte 2003, Tillich 2001]. In den vorangegangenen

Abschnitten konnte gezeigt werden, dass unter Verwendung der mikroskopisch

assistierten perkutanen Zugangstechnik, insbesondere bei der operativen Behandlung von

lumbalen Bandscheibenvorfällen, vergleichbar gute klinische Resultate erreicht werden

können, wie in der offenen oder mikrochirurgischen Technik. Diese Ergebnisse können

auch auf die operative Versorgung von anterioren Synovialzysten übertragen werden.

Vorrausetzung hierfür ist jedoch der radiologische Ausschluss von relevanten

Instabilitäten wie degenerativen Olisthesen mit konsekutiver Stenose oder

Bandscheibendegenerationen.

2.2.5. Modifiziertes Therapiekonzept bei Spondylodiszitiden

mit ausgedehntem epiduralen Abszess

2.2.5.1. Einleitung

Spondylodiszitiden sind die häufigste Ursache für epidurale Abszesse [Hadjipavlou

2000]. Allerdings können auch epidurale Abszesse durch Injektionen in den Spinalkanal

[Hooten 2004], SCS (Spinal Cord Stimulation)-Implantationen [Arxer 2003], durch

epidurale Katheter [Phillips 2002] und durch Facettengelenksinfiltrationen [Alcock 2003]

sowie durch hämatogene Streuung [Ahl 1999] verursacht werden.

Die Behandlung epiduraler Abszesse ohne Spondylodiszitis richtet sich nach dem

Vorhandensein neurologischer Ausfälle. Bei Nachweis einer neurologischen

Ausfallssymptomatik ist die chirurgische Abszessdrainage indiziert [Hadjipavlou 2000].

Ohne neurologische Ausfälle ist der epidurale Abszess eine Domäne der konservativen

Therapie [Ahl 1999].

Eingedenk der Tatsache, dass die Spondylodiszitis vorrangig eine Erkrankung älterer,

multimorbider Patienten ist, besteht Einigkeit darüber, dass eine Operationsindikation

gegeben ist bei:

- Versagen der konservativen Therapie

- Fortschreiten der knöchernen Wirbelkörperdestruktion

- Nichtbeherrschbarer Schmerzsymptomatik

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Klinische Vorstudien

41

- Para- und intraspinaler Abszessbildung

- Neurologischer Ausfallsymptomatik

Das Konzept der operativen Behandlung von Spondylodiszitiden beinhaltet die

Herdsanierung und die Spondylodese [Hadjipavlou 2000, Hopf 1998, Klockner 2003,

Krodel 1991, Schinkel 2003].

Es finden sich in der Literatur nur wenige Arbeiten, dann auch nur Kasuistiken über das

chirurgische Management bei ausgedehnten epiduralen Abszessen [Moghaddam 2003,

Panagiotopoulos 2004, Solomou 2004], keine Arbeiten über die operative Behandlung

von ausgedehnten epiduralen Abszessen in Kombination mit einer Spondylodiszitis.

Im Folgenden soll ein chirurgisches Therapiekonzept für das, wenn auch extrem seltene,

Krankheitsbild der Spondylodiszitis mit ausgedehntem Epiduralabszess vorgestellt

werden, dessen Kernpunkte einerseits die chirurgische Herdsanierung und andererseits die

epidurale Abszessdrainage unter Einbeziehung der mikroskopisch assistierten perkutanen

Zugangstechnik darstellen.

2.2.5.2. Patienten und Methode Da es in der Literatur keine konkreten Angaben darüber gibt, was unter einem

„ausgedehnten Epiduralabszess“ zu verstehen ist, wurde für diese Arbeit eine Ausbreitung

des Abszesses über die Höhe von mindestens sechs Wirbelkörpern als „ausgedehnten

Epiduralabszess“ definiert.

In der Zeitspanne von April 2000 bis April 2004 wurden fünf Patienten mit einer

Spondylodiszitis und einem begleitenden Epiduralabszess mit einer Ausdehnung über

sechs Wirbelkörper hinweg in Bad Berka operativ versorgt (Abb. 13).

Die klinischen Daten wurden retrospektiv erfasst und sind in Tabelle 8 aufgeführt. Der

Altersdurchschnitt betrug 66 Jahre. Es waren überwiegend Männer betroffen. Die

neurologische Situation wurde mittels Frankel-Klassifikation beurteilt [Frankel 1969].

Hinsichtlich der Lokalisation war die Halswirbelsäule gegenüber der Lendenwirbelsäule

vorrangig beteiligt. In keinem Fall fand sich der Ausgangspunkt des Epiduralabszesses im

Bereich der Brustwirbelsäule.

Alle Patienten erhielten nach Erregernachweis eine resistogrammgerechte Antibiose über

einen Zeitraum von drei Monaten.

Ferner wurden alle Patienten ambulant nachuntersucht. Der minimale Nachbeob-

achtungszeitraum betrug drei Monate, der maximale ein Jahr.

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Klinische Vorstudien

42

Abb. 13 Links: Spondylodiszitis in Höhe LWK 2/3 mit epiduralem Abszess bis in Höhe BWK 4

Rechts: Spondylodiszitis in Höhe HWK 7/BWK1 mit epiduralem Abszess Von HWK 3 bis BWK 3

Tab. 8 Klinische Daten

Patient Alter Geschlecht Höhe der Spondylo-

diszitis

Ausdehnung des Epidural-

abszesses

Neurologische Defizite

Präop. neuro-

logischer Status

Postop. neurologischer

Status

Nachbeob-achtungs- zeitraum [Monate]

1 75 männlich C3/4 C3-L5 Teraparese Frankel C Frankel D 12

2 71 männlich C5/6 C5-Th12 Tetraparese Frankel C Frankel E 11

3 62 weiblich L3/4 L5-Th4 Paraparese Frankel C Frankel E 8

4 69 männlich C4/5 C4-Th11 Tetraparese Frankel C Frankel E 6

5 52 männlich L2/3 L3-Th4 keine Ausfälle Frankel E Frankel E 3

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Klinische Vorstudien

43

Operationsprinzip: An der Lendenwirbelsäule bestand das prinzipielle operative

Vorgehen in einem ventralen Debridement mit Implantation autologer Spongiosa und

einer dorsalen Spondylodese mit Eröffnung des Spinalkanals und Abszessdrainage in der

betroffenen Etage. An der Halswirbelsäule wurde ebenfalls ein ventrales Debridement

vorgenommen. Die Spondylodese wurde durch ein intersomatisches

Beckenkamminterponat sowie durch eine Plattenosteosynthese komplettiert.

Zusätzlich wurden in allen Fällen in mikroskopisch assistierter perkutaner Technik je

nach Ausdehnung des Epiduralabszesses ein bis zwei zusätzliche dorsale

Abszessentlastungen vorgenommen. Hierbei wurde nach dem beschriebenen

mikroskopisch assistierten Zugangsverfahren der Spinalkanal eröffnet und zunächst der

sich spontan entleerende Abszess abgelassen. Danach wurde ein flexibler Silikonkatheter

(Cavafix) sowohl in kraniale als auch in kaudale Richtung vorsichtig im Epiduralraum

soweit als möglich vorgeschoben. Durch Applikation von Lavasept-Lösung konnten

weitere Abszessanteile herausgespült werden (Abb. 14).

s

2.2.5.3. Ergebnisse Alle Eingriffe in der beschriebenen Technik verliefen komplikationslos. In allen Fällen

besserte sich die neurologische Symptomatik, die sepsisbedingten Allgemeinreaktionen

sistierten. Die Entzündungsserologie war rückläufig. Die kernspintomographischen

Verlaufskontrollen zeigten vor dem Entlassungszeitpunkt eine komplette Rückbildung des

Epiduralabszesses. Es konnten in den postoperativen Verläufen keine Komplikationen

verzeichnet werden. Innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes besserte sich auch die

neurologische Symptomatik. Bei vier Patienten mit einem präoperativen Frankel C

verbesserte sich die Symptomatik in drei Fällen auf Frankel E, in einem weiteren Fall auf

Abb. 14 Links: Abszessentleerung nach Eröffnung des Spinalkanals. Rechts: Epidurales Einführen des Spülkatheters

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Klinische Vorstudien

44

Frankel D. Dieser Patient wurde jedoch bis zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes

wieder über kurze Strecken gehfähig.

In allen Fällen konnte ein Staph. aureus als Erreger nachgewiesen werden.

2.2.5.4. Fallillustration Ein 52-jähriger Patient wurde aus einem auswärtigen Krankenhaus mit einem

hochseptischen Krankheitsbild (Temperaturen um 40°C, Leukozytose von 24.000, CRP

210, BSG 1. Stunde 75) verlegt. Eine lumbale Rückenschmerzanamnese von etwa vier

Wochen war erhebbar. Neurologische Defizite bestanden nicht (Frankel E).

Kernspintomographisch konnte eine Spondylodiszitis LWK 2/3 mit epiduralem Abszess

bis BWK 4 reichend gesichert werden (Abb. 15). Der operative Eingriff (ventrales

Debridement und Spondylodese mit autologer Spongiosa, dorsale Stabilisierung und

Abszessentlastung LWK 2/3 sowie mikroskopisch assistierte perkutane Abszessdrainage

BWK 7/8) wurde notfallmäßig vorgenommen. Im weiteren Verlauf (nach zwei Wochen)

kam es zu einer völligen Normalisierung der Entzündungsserologie. Als Erreger konnte

Staph. aureus nachgewiesen werden. Eine entsprechende Antibiose wurde über einen

Zeitraum von 12 Wochen verabreicht. Die kernspintomographische Verlaufskontrolle

(Abb. 16) drei Wochen postoperativ zeigte eine komplette Rückbildung des

Epiduralabszesses. Der Patient konnte voll mobilisiert nach drei Wochen in die

Anschlussheilbehandlung verlegt werden.

Die röntgenologische Kontrolle nach drei Monaten (Abb. 17) ließ eine zunehmende

knöcherne Ausheilung erkennen.

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Klinische Vorstudien

45

Abb. 15 Epiduraler Abszess bis BWK 3 reichend, ausgehend von einer Spondylodiszitis LWK 2/3

Abb. 16 Kernspintomographische Verlaufskontrolle drei Wochen postoperativ ohne Abszessnachweis

Abb. 17 Röntgenologische Verlaufkontrolle drei Monate postoperativ

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Klinische Vorstudien

46

2.2.5.5. Diskussion Ohne den Anspruch auf eine klinische Studie erheben zu wollen, konnte doch in dem

vorangegangenen Abschnitt gezeigt werden, dass die kombinierte ventro-dorsale

Abszessentlastung unter Einbeziehung der mikroskopisch assistierten perkutanen

Zugangstechnik eine erfolgversprechende Behandlungsmethode bei dem seltenen

Krankheitsbild einer Spondylodiszitis mit ausgedehntem Epiduralabszess darstellt. Durch

die mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik kann einerseits eine suffiziente

Abszessentlastung erreicht werden und andererseits wird das zusätzliche muskuläre

Zugangstrauma gering gehalten.

Wie Eingangs erwähnt, finden sich in der Literatur keine diesbezüglichen

Behandlungskonzepte. Zur abschließenden Beurteilung sind weitere Untersuchungen

erforderlich.

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Vergleichsstudie 47

3. Klinische und kernspintomographische

Vergleichsstudie

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Vergleichsstudie 48

3. Prospektive randomisierte klinische und kernspin-

tomographische Studie zur operativen Behandlung

des lumbalen Bandscheibenvorfalls (Vergleich zwischen MAPN und MC-Technik)

3.1. Arbeitshypothesen und Fragestellung Das unter Kapitel 2.1.1. beschriebene so genannte mikroskopisch assistierte perkutane

Zugangsverfahren war ursprünglich für die operative Behandlung lumbaler

Bandscheibenvorfälle konzipiert. Wie in vorangegangen Abschnitten dokumentiert, haben

sich auch andere Indikationen für dieses Zugangsverfahren erschlossen. Jedoch ist und

bleibt das Krankheitsbild des lumbalen Bandscheibenvorfalls Hauptindikation für dieses

Verfahren.

Eine ganze Reihe neuer Verfahren zur operativen Versorgung lumbaler

Bandscheibenvorfälle wurden in den letzten Jahren entwickelt (siehe auch Abschnitt 1.2.).

Jedoch gibt es bisher keine valide Datenbasis auf der Grundlage prospektiver und

randomisierter Vergleichsstudien zur Evaluierung dieser neuen Techniken.

„Die mikrochirurgische Technik gilt heutzutage als Standardverfahren bei der operativen

Behandlung von Bandscheibenvorfällen. Deshalb müssen sich alle neuen

Operationstechniken mit vermeintlich geringerer Invasivität mit der mikrochirurgischen

Technik messen.“ So lautetet die Forderung der Deutschen Agentur für Health

Technology Assessement des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und

Information (DAHTA@DIMDI). Daraus ist zu schlussfolgern, dass die MAPN-Technik

als neues Verfahren mit der mikrochirurgischen Technik im Rahmen einer prospektiven

und randomisierten Studie verglichen werden muss.

Bei der Bewertung neuer Verfahren spielen nicht alleinig die klinischen Ergebnisse eine

ausschlaggebende Rolle. Unter den heutigen finanziellen Zwängen im deutschen

Gesundheitswesen treten ökonomische Aspekte zunehmend in den Vordergrund. Auch

bieten offenbar die klinischen Schmerz- und ADL-Scores nur unzureichende Sicherheit

zur Beurteilung eines operativen Verfahrens [MOSELEY 2002]. Insofern wären

objektive, von der Patientenbewertung unabhängige Parameter besser geeignet. Unter

diesen Aspekten wurde als primärer Studienparameter die Operationsdauer gewählt.

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Vergleichsstudie 49

In der im Kapitel 2.1.2. vorgestellten Hypothesenfindungsstudie fiel auf, dass die

Operationsdauer bei MAPN mit 69 Minuten deutlich über der, in der Literatur mit 60

Minuten angegebenen Zeit für mikrochirurgische Bandscheibenoperationen lag. Bei

zunehmender Anwendung der MAPN-Technik in Bad Berka konnte die Operationsdauer

gegenüber den ersten 43 MAPN-Operationen (siehe Abschnitt 2.1.2.) gesenkt werden, so

dass der subjektive Eindruck erwuchs, mit der MAPN-Technik kürzere Operationszeiten

zu erzielen. Da die Operationsdauer als primärer Outcome-Parameter bestimmt wurde,

ergab sich nun die Frage, ob ein möglicher Operationszeitvorteil bei der MAPN-Technik

in Bad Berka auch in einer anderen Klinik (Orthopädische Universitätsklinik Magdeburg)

zum Tragen kommt.

Bei Bewertung einer neuen Technik sind die klinischen Ergebnisse (sekundäre

Studienparameter) gemessen am Standardverfahren trotzdem von erheblicher Bedeutung.

Ein neues Verfahren sollte keine schlechteren klinischen Ergebnisse liefern als das

bisherige Standardverfahren. Daher wurde als wichtigster sekundärer Outcome-Parameter

die so genannte Summen-VAS festgelegt. Die Summen-VAS setzte sich als Maß für die

individuelle Gesamtschmerzbelastung aus den, wie in den klinischen Vorarbeiten

dargestellt, unterschiedlichen Schmerzlokalisationen (Rücken und Bein) zusammen.

Durch Auswertung des sekundären Studienparameters wurde hinterfragt, ob beide

Verfahren eine vergleichbare Verbesserung der Schmerzsituation erreichen können.

Eine begleitende Kernspintomographiestudie in Bad Berka sollte zeigen, ob es

radiologisch messbare Einflussgrößen (tertiäre Studienparameter) auf die Summen-VAS

und Unterschiede im Zugangstrauma zwischen beiden Verfahren gab.

Aus dem Vorangegangenen leiteten sich folgende im Rahmen der Studie zu

beantwortende Fragestellungen ab:

1. War ein postulierter Operationszeitgewinn (primärer Outcome-Parameter) bei der

MAPN-Technik in Bad Berka auch unter den Bedingungen in einer prospektiven

und randomisierten Studie nachvollziehbar?

2. War der postulierte Operationszeitgewinn auch an ein anderes Zentrum

exportierbar?

3. Lieferten beide Verfahren eine Verbesserung der Summen-VAS (sekundärer

Hauptparameter) und gibt es hierbei Unterschiede zwischen den Zentren?

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Vergleichsstudie 50

4. Gab es kernspintomographisch erfassbare Einflussgrößen (tertiäre Outcome-

Parameter) auf die Summen-VAS und gab es messbare Unterschiede im

Zugangstrauma zwischen beiden Verfahren?

3.2. Methodik 3.2.1. Aufbau der klinischen und kernspintomographischen Studie Die hier vorgestellte Studie wurde von der Ethikkomission der Otto-von-Guericke-

Universität Magdeburg genehmigt.

Die Fallzahlabschätzung (siehe Abschnitt 3.2.4.1.) für den primären Studienendpunkt, die

Operationsdauer, ergab 100 Patienten. Daher wurden in der Klinik für Orthopädie,

Wirbelsäulenchirurgie und Querschnittgelähmte der Zentralklinik Bad Berka sowie in der

Orthopädischen Universitätsklinik Magdeburg jeweils 50 konsekutive Patienten mit

lumbalem Bandscheibenvorfall ((Dislokationsgrade 3 bis 5 nach KRÄMER (1999), Tab.

9)) nach den üblichen Indikationsstellungen (ausgeschöpfte konservative Therapie von

mindestens sechs Wochen und/oder gravierende neurologische Ausfälle und/oder

konservativ nicht beherrschbare Schmerzen) operiert. Durch Randomisierung (siehe

Abschnitt 3.2.2.) fiel die Entscheidung über das jeweilige Operationsverfahren.

Randomisierungsbedingt wurden in Bad Berka 25 Patienten nach dem mikrochirurgischen

Verfahren und 25 in der MAPN-Technik operativ behandelt, in Magdeburg 27 in MAPN-

Technik und 23 mikrochirurgisch. Damit belief sich die Gesamtfallzahl auf 100 Patienten

im Studienprotokoll, 48 operiert in mikrochirurgischer und 52 in MAPN-Technik. Die

operativen Eingriffe wurden in Bad Berka ebenso wie in Magdeburg im Wesentlichen

von einem Operateur pro Zentrum vorgenommen. Der Nachbeobachtungszeitraum wurde

auf 12 Monate festgeschrieben.

Einschlusskriterien für die Studie:

- monosegmentaler lumbaler Bandscheibenvorfall (BSV) (in paramedianer

Lokalisation, Dislokationsgrad 3 bis 5 [Krämer 1999]

- mit gravierenden neurologischen Ausfällen oder

- persistierender Ischialgie nach ausgeschöpfter konservativer Therapie > sechs

Wochen (Tab.10)

Ausschlusskriterien für die Studie:

- laterale oder mediane Bandscheibenvorfälle, Protrusionen [Schwetlick

1998] oder Dislokationsgrade 1 und 2 [Krämer 1999]

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Vergleichsstudie 51

- absolute Notfälle mit Kaudasymptomatik

- koexistente Lumbalstenosen, fortgeschrittene Bandscheibendegeneration,

degenerative Olisthesen und Isthmusdefektspondylolisthesen, Skoliosen und

segmentale Kyphosen >15°

- Voroperationen an der Lendenwirbelsäule

- maligne oder entzündliche Begleiterkrankungen

Bezeichnungen Beschreibung Grad Protrusion Innerhalb des Anulus fibrosus (bulging disc) 1 Bandscheibenvorwölbung Bis zur äußeren Schicht des Anulus fibrosus 2 „contained disc“ Prolaps Gedeckter Sequester, von hinterem Längsband bzw. 3

von epiduraler Membran bedeckt (herniation subligamentous fragment)

Bandscheibenvorfall Sequester mit Bandscheibenverbindung 4

„non-contained disc“ Freier Sequester 5 Tab. 9 Dislokationsgrade nach KRÄMER (1999) Leitlinie Operationsindikation (ohne Notfall) Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie (1999) Degenerative lumbale Nervenwurzelkompression,

Erfolgloser Behandlungsversuch maximal sechs bis acht Wochen mit konservativen Maßnahmen Bandscheibenvorfall, Bandscheibenprotrusion (ggf. mit knöcherner Enge)

Deutsche Gesellschaft für Orthopädie Bandscheibenbedingte Ischialgie und orthopädische Chirurgie, überarbeitete Schmerzen, Leidensdruck, neurologische, Version (2002) Symptomatik,

Beschwerdepersistenz trotz konservativer Therapie (Andeutung eines Stufenschemas – Operation erst nach 1. Ambulanten konservativen Maßnahmen und Injektionsbehandlung, 2. Ambulant / stationär konservativer Therapie und epiduralen Injektionen).

Tab. 10 Leitlinien der Fachgesellschaften zur elektiven lumbalen Bandscheibenoperation In Bad Berka wurde eine begleitende Kernspintomographiestudie vorgenommen, in die

alle 50 operierten Patienten einbezogen wurden.

3.2.2. Randomisierung und Einflussgrößen Das Ziel der Randomisierung war, eine weitgehende Strukturgleichheit in den beiden

Therapiearmen durch Gleichverteilung von dominanten Einflussgrößen zu erreichen. Das

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Vergleichsstudie 52

Patientenalter und der präoperative Oswestry-Score (OSW = Wert zur Einschätzung der

Aktivitäten im täglichen Leben) bildeten hierzu die Grundlage. Die Fallzahlabschätzung

(Abschn. 3.2.4.) ergab eine Gesamtzahl von 100 Patienten, damit 50 Patienten pro

Zentrum. Per Zufallsgenerator wurden sowohl für Bad Berka als auch für Magdeburg

jeweils vier Randomisierungslisten (1. OSW < 27, Alter < 55 Jahre, 2. OSW > 27, Alter <

55 Jahre, 3. OSW < 27, Alter > 55 Jahre, 4. OSW > 27, Alter > 55 Jahre) erstellt. Durch

diese Gruppeneinteilung erklärt sich die Situation, dass in Magdeburg 27 Patienten für die

MAPN-Technik und 23 für die mikrochirurgische randomisiert wurden.

Die Listen waren bei der Bibliothekarin in der medizinischen Uni-Bibliothek hinterlegt.

Telephonisch erfolgte die Eingruppierung entsprechend der jeweiligen Patienten an Hand

des Alters und des Oswestry-Wertes und damit die Zuordnung des jeweiligen

Operationsverfahrens (MAPN oder MC) konsekutiv an Hand der Computerlisten am

Vortag der geplanten Operation.

Neben dem Patientenalter und dem Oswestry-Score war der jeweilige Operateur eine

nicht zu vernachlässigende Einflussgröße. Um die statistische Aussageschärfe zu erhöhen,

wurden alle Eingriffe sowohl in Magdeburg als auch in Bad Berka im Wesentlichen von

einem Operateur pro Zentrum ausgeführt bzw. stand dieser immer mit am

Operationstisch.

3.2.3. Protokoll der klinischen und kernspintomographischen Studie Das Studienprotokoll umfasst folgende Punkte:

Demographische Patientendaten (Alter, Geschlecht, Beruf, AU-Dauer, sportliche

Aktivitäten)

Klinische Daten

- Anamnesedauer differenziert nach Rückenschmerz und Beinschmerz

- Neurologische Defizite (Paresegrade n. British Medical Research Council,

radikuläre sensible Ausfälle, Kaudasymptomatik ja/nein. Zur Auswertung

im Gruppenvergleich wurden die Mittelwerte der Paresegrade gebildet.)

- Oswestry Disability Index (OSW) als Parameter für “Activities of daily

life“ (ADL) [Fairbanks 2000] präoperativ

- Visuelle Analogskala (VAS) [Beecher 1969] differenziert nach Rücken-

und Beinschmerz (Ischialgie bzw. Femoralisneuralgie) zur Auswertung

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Vergleichsstudie 53

zusammengefasst zur Summen-VAS als Maß für die individuelle Gesamt-

schmerzbelastung

Bildgebende Diagnostik

- Rö-LWS in zwei Ebenen

- Lumbale Kernspintomographie

- in Bad Berka lumbale Kernspintomographie mit Kontrastmittel

innerhalb von 24 Stunden präoperativ:

- Höhe des Zwischenwirbelraumes in der Höhe des Befundes und ein

Segment kranial davon

- BSV sub- oder transligamentär

- Kontakt zur Nervenwurzel/Duralschlauch

Operationsdaten

- Operationsverfahren

- Operationsdauer = primärer Studienendpunkt [min] (Zeit zwischen

Hautschnitt und Hautnaht)

- Zeit für Zugang [min] (Zeit ab Hautschnitt bis zur Eröffnung des

Spinalkanals)

- Zeit für Wundverschluss [min] (Zeit ab Entfernung der Instrumente aus

dem Spinalkanal bis zum Ende der Hautnaht)

- Blutverlust [ml]

- Menge des entnommenen Bandscheibenmaterials in [g]

- Intraoperative Komplikationen

- Verfahrenswechsel (z.B. Wechsel von MAPN auf mikrochirurgisch)

Postoperative Phase <48 Stunden

- Neurologische Defizite

- Zusätzlicher Analgetikaverbrauch von Pethidin i.m. oder i.v.

[Morphineinheiten] (Jage 1990) bei einheitlicher Basismedikation von 3 x

400 mg Ibuprofen

- lumbale Kernspintomographie mit Kontrastmittel im Bad Berkaer

Patientenkollektiv:

- Höhe des Zwischenwirbelraumes in Höhe des Befundes und kranial

davon

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Vergleichsstudie 54

- Kontakt zur Nervenwurzel/Duralschlauch

- Serom/Granulationsgewebe im ehemaligen BSV

- Rest-BSV

- KM-Enhancement in der Nervenwurzel ipsilateral (ja/nein)

- Ödem in den dorsalen Weichteilen

- Serom/Hämatom in der Muskulatur im OP-Zugang

- Granulationsgewebe epidural

Weiterer Verlauf bis zum Entlassungstag

- Entlassungstag (Dieser wurde rein subjektiv nach der

Patientenbefindlichkeit vom jeweiligen, nicht in die Studie involvierten,

Stationsarzt festgelegt.)

- Anschlussheilbehandlung (AHB) ja/nein

- Komplikationen

- VAS Rücken/Bein bzw. Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)

(Die Ermittlung des Oswestry Scores macht zu diesem Zeitpunkt keinen Sinn.)

Erste Nachkontrolle (acht Wochen postoperativ)

- OSW

- VAS Rücken/Bein bzw. Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)

- Neurologische Defizite

- Wiedereingliederung ins Arbeitsverhältnis

- Arbeitsunfähigkeitsdauer

- Analgetikakonsum (kein, weniger, gleich, mehr im Vergleich zu

präoperativ)

Zweite Nachkontrolle (sechs Monate postoperativ)

- OSW

- VAS Rücken/Bein bzw. Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)

- Neurologische Defizite

- Dauer der Wiedereingliederung ins Arbeitverhältnis

- Arbeitsunfähigkeitsdauer

- Analgetikakonsum (kein, weniger, gleich, mehr im Vergleich. zu

präoperativ)

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Vergleichsstudie 55

- Selbsteinschätzung des Patienten: Würden Sie sich wieder mit dieser

Methode operieren lassen?

- Besonderheiten

- lumbale Kernspintomographie mit Kontrastmittel im Bad Berkaer

Patientenkollektiv:

- Höhe des Zwischenwirbelraumes in Höhe des Befundes und kranial

davon

- Kontakt zur Nervenwurzel/Duralschlauch

- Rest-/Rezidiv-BSV

- KM-Enhancement in der Nervenwurzel ipsilateral

- Narbengewebe epidural und in der dorsalen Muskulatur

- Erkennbarkeit des intramuskulären Zuganges

Dritte Nachkontrolle (12 Monate postoperativ)

- OSW

- VAS Rücken/Bein bzw. Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)

- Neurologische Defizite

- Wiedereingliederung ins Arbeitsverhältnis

- Arbeitsunfähigkeitsdauer

- Analgetikakonsum (kein, weniger, gleich, mehr im Vgl. zu präoperativ)

- Selbsteinschätzung des Patienten: Würden Sie sich wieder mit dieser

Methode operieren lassen?

- Besonderheiten

Patienten, die innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes nachoperiert werden mussten,

schieden aus der Studie aus.

3.2.4. Statistische Auswertung 3.2.4.1. Fallzahlabschätzung

Zur Fallzahlabschätzung wurde das Computerprogramm „G-Power“ verwendet

[Bärlocher 1999].

Die Voruntersuchungen (Abschnitt 2.1.2.) ergaben eine durchschnittliche

Operationsdauer bei der mikroskopisch assistierten perkutanen Operationstechnik von

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Vergleichsstudie 56

rund 69 Minuten. Eine Senkung der Operationsdauer um 15 Minuten erscheint sinnvoll

und machbar. Zudem wäre es ökonomisch relevant.

Die durchschnittliche Operationszeit wurde mit 69 Minuten angesetzt. Die angenommene

Standardabweichung beträgt 18 Minuten. Unter diesen Voraussetzung ergab die so

genannte „two tailed“-Testung mit einer statistischen Power von 0,8 und einem α = 0,05

eine erforderliche Fallzahl von 48 Patienten pro Zentrum. In Anbetracht möglicher „Drop

outs“ wurde eine Gesamtfallzahl von 50 Patienten pro Zentrum festgelegt.

3.2.4.2. Statistische Tests

Der bevorzugte Ansatz für den Vergleich von drei und mehr Proben ist die

Varianzanalyse (ANOVA). Sie beruht auf der Zerlegung der Gesamtvariabilität der Daten

in unterschiedliche Komponenten. Zur Untersuchung des primären Outcome-Parameters,

der Operationsdauer, wurde eine 2x2 – Varianzanalyse mit den Faktoren: Verfahren

(MAPN, MC) und Ort (Bad Berka, Magdeburg) durchgeführt. Bei den

Sekundärparametern (Summen-VAS, OSW) kam eine 2x2x5 – ANOVA zur Anwendung.

Dabei waren Verfahren und Ort Intersubjektfaktoren und die Zeit (präoperativ,

48 Stunden, acht Wochen, sechs Monate und 12 Monate postoperativ) Innersubjekt-

faktoren. Als Maß für den Einfluss der Faktoren wird der F-Wert angegeben. Weil der

primäre Studienparameter, die Operationszeit, eine Orts-Verfahren-Interaktion aufwies,

erfolgte für die weitere Auswertung eine komplette Trennung der Studienorte. Für beide

Studienorte wurde dann eine 2x5 ANOVA (Verfahren-Zeit) vorgenommen. Für den Fall,

dass die ANOVA Signifikanzen erbrachte, folgten Post hoc-Tests zur Ermittlung der

Einzeleffekte. Den im Rahmen des Studienprotokolls ermittelten Daten können je nach

Eigenschaft qualitative, ordinale oder stetige Merkmale zugeordnet werden. Daten mit

rein qualitativen Merkmalen (dichotome Zielgröße, z.B. sensible Defizite ja/nein) wurden

in Rahmen der Post hoc-Tests mit χ2 – Testen ausgewertet. Zur Beschreibung von

Risikoänderungen durch medizinische Maßnahmen bei diesen binären Variablen fand die

ODDS-Ratio mit einem Konfidenzinterval von 95 % Verwendung [Bland, Altman 2000].

Bei Daten mit ordinalen Merkmalen (quantitative Zielgröße) wie z.B. die VAS fanden

unter Zuordnung von Rangzahlen so genannte nichtmetrische Tests Anwendung (U-Test

nach Man und Whitney bei zwei unverbundenen Stichproben mit unbekannter Verteilung,

Wilcoxon-Test bei verbundenen Stichproben unbekannter Verteilung). Für stetige

Datenmerkmale unter der Voraussetzung einer Normalverteilung wurden parametrische

Verfahren in Form von t-Tests verwandt [Harms 1992].

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Vergleichsstudie 57

Alle statistischen Entscheidungen basierten auf einer Irrtumswahrscheinlichkeit von

α = 5 %. Zur Unterstützung der Interpretation wurden zusätzlich die kritischen

Wahrscheinlichkeiten (p) angegeben. So entsprach p<0,05 einem signifikanten und

p<0,001 einem hochsignifikanten Gruppenunterschied. Da die Patienten unter

unterschiedlichen Gesichtspunkten beurteilt wurden, sollten die Ergebnisse im

explorativen Sinne interpretiert werden (d.h. Aufstellung von sog qualifizierten

Hypothesen). Zur Auswertung wurde das Programm SPSS (Fa. SPSS GmbH München,

Deutschland) verwendet.

Im kernspintomographischen Studienteil war die Summen-VAS als abhängige Variable

Zielgröße. Die Signifikanz der Einflussgrößen (unabhängige Variable) wurde über die

schrittweise multiple lineare Regression ermittelt. Als Bestimmtheitsmaß wurde R2

angegeben.

Die Angabe von Zahlenwerten im Ergebnisteil erfolgte mit in Klammern stehenden

Minimal- und Maximalwerten sowie der Standardabweichung (min…, max…, SD…)

oder mit Mittelwert und Standardabweichung (MW…, SD…). In den graphischen

Darstellungen wurde auf diese zusätzliche Angabe der Standardabweichung verzichtet.

3.2.5. Operationstechniken 3.2.5.1. Mikrochirurgische Nukleotomie (MC)

Die Eingriffe erfolgten ausschließlich in Intubationsnarkose und Knie-Ellenbogenlage

bzw. in modifizierter genupektoraler Lagerung (Abb. 19). Dadurch wurde über die

Entlordosierung einerseits eine Erweiterung des interlaminären Fensters erreicht und

andererseits durch freies Durchhängen des Abdomens ein Stau des epiduralen

Venenplexus vermieden.

Die Höhenlokalisation wurde unter Bildwandlerkontrolle im seitlichen Strahlengang mit

Markierung des entsprechenden Segments durch eine Spinalnadel auf der Gegenseite

Abb. 19 Patient in Knie-Ellenbogen-Lagerung

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Vergleichsstudie 58

vorgenommen. Dabei sollte sich die gedachte Verlängerung der Nadelspitze auf das

affektierte Bandscheibenfach projizieren. Nach Entfernung der Nadel wurde eine

Markierung auf der betroffenen Seite vorgenommen. Nach Desinfektion und steriler

Abdeckung des OP-Feldes erfolgte die Anlage eines etwa 3-4 cm langen Hautschnitts ca.

1 cm paramedian in Höhe der Markierung. Nach scharfer Durchtrennung der Fascia

thorakolumbalis wurden die dorsalen Wirbelsäulenabschnitte durch Abschieben des M.

multifudius nach lateral subperiostal freigelegt. Der Muskelretraktor wurde mit dem Griff

nach kaudal eingesetzt und um 90° gedreht. Nach Öffnung des Retraktors wurde der

Gegensperrer eingesetzt (Abb.20). An dieser Stelle erfolgte eine nochmalige

Höhenlokalisation. Damit konnte die höchste Sicherheit in der Höhenlokalisation erreicht

werden [Stolke 1989]. Unter dem Operationsmikroskop, nach sauberer Darstellung des

Lig. flavum wurde dieses dann mittels Mikrodissektor perforiert. Mit Stanzen

unterschiedlicher Größe erfolgte die Resektion des Lig. flavum insbesondere nach lateral.

Sofern notwendig, konnte zusätzlich eine sparsame Resektion des Unterrandes der

Lamina und eine Unterschneidung des Gelenkes erfolgen. Der nächste Schritt war die

Austastung des Pedikels, um von lateral die Nervenwurzel mittels Nervenwurzelretraktor

über den Bandscheibenvorfall hinweg zu mobilisieren. Die Wurzel und der Duralschlauch

wurden durch den Retraktor in medialer Richtung geschützt. Der Zug auf die

Nervenwurzel wurde dosiert, um Druckschäden zu vermeiden. Freie Sequester konnten

dann unproblematisch durch Rongeure entfernt werden, subligamentäre Sequester nach

Perforation des mitunter stark ausgedünnten hinteren Längsbandes auf die gleiche Weise.

Nach Möglichkeit sollte der Annulus fibrosus nicht noch zusätzlich geschwächt werden.

Wann immer möglich, wurde auf eine Ausräumung von Nukleusgewebe verzichtet und

erst recht auf eine zusätzliche Resektion von Anulusanteilen [Krämer 1994]). Dies war

jedoch gerade in Fällen von subligamentären Bandscheibenvorfällen oder bei großen

Defekten im Bereich des hinteren Längsbandes nicht immer möglich. In dieser

Befundkonstellation wurde das Bandscheibenfach von lockeren Nukleusanteilen

bereinigt. Zur abschließenden Palpation des Situs wurden Nervenwurzelhäkchen

unterschiedlicher Länge benutzt. Duranähte bei Defekten > 3 mm konnten mit speziellen

Nahtmaterial ausgeführt werden. Andernfalls (Defekte < 3 mm) wurde der Riss mit einem

Fascienläppchen und Fibrinkleber abgedichtet. Für den Eingriff unter dem

Operationsmikroskop fanden besondere miniaturisierte, bajonettförmige Instrumente

Verwendung [Williams 1978]. Die Blutstillung konnte über bipolare Koagulation unter

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Vergleichsstudie 59

Schutz der neuralen Strukturen oder Kollagenschwämmchen vorgenommen werden. Nur

im Ausnahmefall war die Einlage einer Redondrainage erforderlich. Nach Entfernung der

Retraktoren erfolgte der schichtweise Wundverschluss (Fascien-, Subkutan- und

Hautnaht) in Einzelknopftechnik. Nach komplikationsloser Operation wurden die

Patienten ohne Korsettversorgung frühestens vier Stunden postoperativ, spätestens jedoch

am Folgetag unter krankengymnastischer Anleitung mobilisiert.

Abb. 20 Intraoperativer Situs mit vollständig eingebrachtem Caspar-Instrumentarium

3.2.5.2. Mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie (MAPN)

Der operative Eingriff wurde ebenfalls in Intubationsnarkose und in der unter Abschnitt

3.2.5.1. beschriebenen Lagerung vorgenommen.

Im Gegensatz zur mikrochirurgischen Technik blieb der Bildwandler im seitlichen

Strahlengang permanent im Operationsgebiet, d.h. er wurde nach Desinfektion des

Operationsfeldes steril mit abgedeckt. Danach wurde die Höhenlokalisation mit einer

Spinalnadel auf der Gegenseite vorgenommen. Die Nadelspitze war dabei auf das

interlaminäre Fenster gerichtet (Abb. 21). Der etwa 15 mm lange Hautschnitt wurde auf

der Seite des Befundes ca. 2 cm paramedian in Höhe der Nadeleintrittsstelle gelegt.

Sowohl die Fascia thorakolumbalis als auch die paraspinale Muskulatur wurde nun über

Dilatatoren aufbougiert bis der Arbeitskanal eingebracht werden konnte (Abb. 22). Eine

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Vergleichsstudie 60

gute anatomische Orientierung stellte die Palpation des Unterrandes der entsprechenden

Lamina dar.

Abb. 21 Höhenlokalisation und Stichinzision

Abb. 22 Einbringen des ersten Dilatators

Im Rahmen dieser Studie wurden Arbeitskanäle mit einem Außendurchmesser von

14 mm verwendet. Das Außengewinde am Arbeitskanal ermöglichte ein sanftes

„Einschrauben“ durch die paraspinale Muskulatur. In Abhängigkeit von den

anatomischen Gegebenheiten standen die Arbeitskanäle in unterschiedlichen Längen (45,

55, 65mm) zur Verfügung. Nach Anbringen des Handgriffes konnte die befundorientierte

Ausrichtung des Arbeitskanals erfolgen (Abb. 23). Da alle genannten Schritte mittels

Bildwandler kontrolliert und dokumentiert wurden, war ein Eingriff in falscher

Höhenlokalisation praktisch ausgeschlossen. Alle weiteren Arbeitsschritte fanden unter

dem Operationsmikroskop statt und entsprachen in der grundsätzlichen Technik der unter

Abschnitt 3.2.5.1. beschriebenen (Abb. 24).

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Vergleichsstudie 61

Abb. 23 Arbeitskanal mit angebrachtem Handgriff

Abb. 24 Intraoperativer Blick durch das Operationsmikroskop und schematische Illustration des Situs

Das Arbeiten unter engen räumlichen Verhältnissen (Innendurchmesser 11 mm) bedingte

eine Lernkurve und setzte Erfahrungen in der mikrochirurgischen Technik voraus.

Nach Entfernung des Bandscheibenvorfalls und Palpation des Situs wurde der

Arbeitskanal unter Drehung entfernt. Dabei war zu beobachten, wie sich die Fasern der

Muskulatur aneinanderlegten und so die Wunde verschlossen (Abb. 25).

Die Fascie wurde, wenn technisch möglich mit einer Naht verschlossen. Zum

Wundverschluss wurden Steri-Strips verwendet.

Duranähte besonders in dorsaler Lokalisation waren über die Arbeitskanäle durchführbar.

Bei Duralecks < 3mm reichte das Abdichten mit Fasciengewebe und Fibrinkleber aus.

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Vergleichsstudie 62

Abb. 25 Aneinanderlegen der Muskelfasern bei Entfernung des Arbeitskanals und kosmetisches Ergebnis

acht Wochen postoperativ

3.2.6. Kernspintomographieparameter Nach lumbalen Bandscheibenoperationen entwickelt sich in 10-40 % der Fälle ein

Beschwerdebild mit rezidivierenden Lumboischialgien, welches als

Postnukleotomiesyndrom bezeichnet wird [Allgayer 1993]. Eine Kombination von

Segmentinstabilität, narbigen Veränderungen im Epiduralraum und im operativen Zugang

ist die häufigste Ursache. Seltener, nur in 5-10 %, führt ein Rezidivprolaps zu

postoperativen Beschwerden. In zahlreichen Veröffentlichungen wurde verdeutlicht, dass

die kontrastmittelgestützte Magnetresonanztomographie (MRT) zur Beurteilung der

postoperativen Situation nach lumbaler Bandscheibenoperation heute Mittel der Wahl ist

[Fandino 1993, Hueftle 1988, Jönsson 1993, Ross 1987, Steiner 1985].

3.2.6.1. Magnetresonanztomographie

Kontrastmittelapplikation

Die Darstellung von anatomischen Strukturen und pathologischen Veränderungen hängt

bei allen Untersuchungen vom Signalkontrast zwischen den angrenzenden normalen und

pathologischen Geweben ab. Je höher der Kontrast ist, umso besser sind die

Voraussetzungen für die bildliche Auflösung anatomischer Strukturen und deren

pathologische Veränderungen. MR-Kontrastmittel verstärken den Gewebekontrast durch

eine Verkürzung der Relaxationszeiten. Am häufigsten wird das gadoliniumhaltige

Kontrastmittel Gadolinium-Diäthylentriaminpentaazetat (Gadolinium-DTPA) eingesetzt.

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Vergleichsstudie 63

Dieses ist paramagnetisch und erhöht konzentrationsabhängig die T1-Zeit. Dieses Chelat

zirkuliert extrazellulär, passiert die Blut-Hirn-Schranke nicht und wird über die Nieren in

unveränderter Form ausgeschieden [Weinmann 1984, Laniado 1984]. Pathologische

Prozesse mit gestörter vaskulärer Schrankenfunktion werden mit hoher Sensitivität

nachgewiesen. Dort reichert sich das Kontrastmittel (KM) an und führt zu einer

Signalzunahme in den T1-gewichteten Aufnahmen.

Kernspintomographie des Bandscheibenvorfalles

Wegen des guten Weichteilkontrastes kommt prolabiertes Bandscheibenmaterial in

Kernspintomogrammen sehr gut zur Darstellung. Die multiplanare Bildgebung erlaubt

zusätzlich eine exakte Zuordnung der Lokalisation, der Beziehung zur Nervenwurzel und

zum Duralschlauch (Abb.26).

Besonders postoperativ ist zur Beurteilung die Gadoliniumapplikation zur Darstellung

sinnvoll. Die gesunde Bandscheibe weist kein Kontrastmittelenhancement auf, da diese

fast avaskulär ist [Firooznia 1987]. Wenn die Gadoliniumapplikation jedoch länger als

30 Minuten zurückliegt, dann ist eine geringe Aufnahme möglich, wofür

Diffusionsvorgänge verantwortlich gemacht werden [Bundschuh 1990]. ALLGAYER

(1993) beschrieb bei 15 von 63 Patienten ein geringes Enhancement im prolabierten

Bandscheibenmaterial. Als Ursache wird das Einsprossen von Gefäßen in die degenerativ

veränderte Bandscheibe angenommen [Bundschuh 1990]. Bei sehr kleinen Befunden

können Partial-volumenartefakte durch Enhancement in epiduralem Narbengewebe eine

KM-Aufnahme vortäuschen.

Abb. 26 T2 gewichtetes MRT mit mediolateralen, nach kaudal umgeschlagenen BSV in Höhe L4/5

rechts. Links: sagittale Schnittführung Rechts: transversale Schnittführung

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Vergleichsstudie 64

3.2.6.2. Kernspintomographie der operierten Wirbelsäule

In der klinischen Routine ist die häufigste Indikation für ein postoperatives MRT das

Vorliegen eines Postdisketomiesyndromes. Als Ursache kommen ein Rest- oder

Rezidivprolaps, Stenosen, Arachnoiditiden oder epidurales Narbengewebe vor. Seltenere

Ursachen sind Instabilitäten, Nervenverletzungen oder Pseudomeningozelen.

Operationszugang

Auf der Seite des Operationszuganges kommt es durch eine Traumatisierung der

Muskulatur zu einem postoperativen Ödem. Dieses stellt sich in den nativen T1-

gewichteten Aufnahmen isointens zur Mukulatur und hyperintens in den T2-gewichteten

Aufnahmen dar. Die Kapillaren des Muskelgewebes sind normalerweise auch

undurchlässig für Gadolinium. Bei einer Schädigung tritt Gadolinium aus und führt zu

einer Signalverstärkung in den T1-Sequenzen. Nach 12 Wochen ist der Umbau in

Narbengewebe abgeschlossen, welches gut perfundiert ist und sich somit hyperintens in

den T1-gewichteten Aufnahmen darstellt [Boden 1992].

Narbengewebe epidural

Der Differenzierung zwischen perfundiertem epiduralen Granulationsgewebe/Narbe und

nicht oder geringer kontrastmittelanreicherndem Rest-/Rezidiv-BSV kommt eine große

Bedeutung zu. Das Ausmaß der epiduralen Narbenbildung ist von der Art und

Ausdehnung der Operation abhängig und wurde in bis zu 60 % der Fälle beobachtet

[Firooznia 1987, Brandt 2003].

Es gibt zahlreiche Veröffentlichungen, die belegen, dass die MRT mit Gadolinium eine

hohe Treffsicherheit (94 % von Allgayer und Trattnig, 96 % von Ross, 100 % von

Hueftle) bei der Unterscheidung von Rezidivprolaps und Narbengewebe hat [Allgayer

1993, Hueftle 1988, Ross 1990, Steiner 1989, Trattnig 1990]. Der Grund hierfür ist das

kräftige Kontrastmittelenhancement (KM) im Narbengewebe, was zu einem Signalanstieg

in T1 führt, meistens jedoch nicht im Bandscheibengewebe. Nicht immer ist anhand

dieser Kriterien eine sichere Zuordnung möglich, da in selteneren Fällen ein KM-

Enhancement in revaskularisierten Sequestern vorkommen kann [An 1994, Ross 1989].

Besonders in den frühpostoperativen Aufnahmen kann es leicht zu Fehlinterpretationen

durch eine so genannte Pseudoherniation kommen. Damit ist Granulationsgewebe oder

Ödem in der Lokalisation des operativ entfernten Bandscheibenvorfalles gemeint [Ross

1990, Ross 2000]. FLORIS (1997) beschrieb dieses Phänomen in 80 % der

kernspintomographisch nachuntersuchten Patienten. Berücksichtigt werden müssen

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Vergleichsstudie 65

außerdem die Abnahme der Intensität der Kontrastaufnahme im zeitlichen Verlauf und

mögliche Fehlinterpretationen durch Partialvolumenartefakte.

Nervenwurzel

Ein Kontrastmittel-Enhancement im Bereich der Nervenwurzeln weist auf eine

intraradikuläre Läsion hin. Im Normalfall sind die Kapillargefäße undurchlässig für

Gadolinium mit seinem Molekulargewicht von 547. Nur wenn es in Folge einer

mechanischen oder entzündlichen Alteration zu einer Gefäßläsion im Bereich der

Nervenwurzeln kommt, tritt Gadolinium aus und führt zu einer intraradikulären

Signalanhebung im T1-gewichteten MRT-Scan [Kobayashi 1993, Olmarker 1989].

Deshalb wurde im Rahmen dieser Studie bei allen 50 in Bad Berka operierten Patienten

sowohl präoperativ als auch innerhalb der Zeitspanne 24-48 Stunden postoperativ ein

MRT mit Kontrastmittelgabe durchgeführt.

3.2.6.3. Kernspintomographische Untersuchung

In der vorliegenden Studie wurden die Patienten unmittelbar präoperativ, früh-

postoperativ (innerhalb 24-48 Stunden) und sechs Monate postoperativ im MRT

untersucht. Die Untersuchungen wurden in einem Magnetresonanztomographen der Firma

Siemens (Magnetom Symphony, 1,5 Tesla) mit einer Phased-Array-Oberflächenspule

(Spine Array-Spule) durchgeführt. Bereits vor den nativen Untersuchungen wurde eine

Venenverweilkanüle gelegt, damit der Patient für die Kontrastmittelapplikation nicht aus

dem Gerät gefahren werden musste und eine identische Schichtpositionierung der nativen

und kontrastmittelgestützten Sequenzen möglich war [Hamm 1993]. Nach den nativen

Sequenzen erfolgte die Applikation von 0,2 ml/kg Körpergewicht Gadolinium-DTPA

(Magnevist, Schering) bolusförmig über das Infusionssystem. Anschließend erfolgten die

Spülung des Infusionsschlauches mit physiologischer Kochsalzlösung und sofortiger Start

der kontrastmittelverstärkten Sequenzen.

Es wurden in sagittaler und transversaler Schnittebene Spinecho- und

Turbospinechosequenzen mit folgenden Repititionszeiten (TR) und Echozeiten (TE)

verwendet:

1. Nativ: sagittal, 3 mm TR 540 ms TE 11 ms (T1)

TR 1580 ms TE 100 ms (T2)

transversal, 4 mm TR 684 ms TE 10 ms (T1)

TR 5700 ms TE 131 ms(T2)

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Vergleichsstudie 66

2. Magnevist: sagittal, 3 mm TR 540 ms TE 11 ms (T1)

transversal, 4 mm TR 684 ms TE 10 ms (T1)

Das transversale Schichtpaket wurde parallel zum Bandscheibenfach der zu operierenden

Bandscheibe positioniert und reichte bis an die Deck- bzw. Bodenplatte der angrenzenden

Bandscheibenfächer (Abb. 27).

Am Ende der Untersuchung wurde das transversale Schichtpaket T1 nativ von der Serie

mit Kontrastmittel subtrahiert, sofern keine größeren Bewegungsartefakte vorlagen und

das so genannte field of view (FOV) gleich war.

Abb. 27 transversales Schichtpaket

Der zeitliche Ablauf der Untersuchungen ist im Studienprotokoll ersichtlich (Abschnitt

3.2.3.). Die Beurteilung der Kernspintomographien erfolgte im Wesentlichen durch eine

Kollegin aus der Radiologieabteilung. Sie hatte keine Kenntnis über das jeweilig

angewandte Operationsverfahren, war also in ihrer Beurteilung unabhängig. Dadurch

sollte die Inter-Observer-Variabilität minimiert werden [Vilalta 2004]. Nicht

ausschließbar war der Faktor der Intra-Observer-Variabilität [Gasperini 2001, Kornaat

2005].

Höhenveränderung im Zwischenwirbelraum

In den sagittalen T1-gewichteten Aufnahmen wurde die mediane Schicht ausgewählt und

die Bandscheibenhöhe von Kortikalis zu Kortikalis in der Etage des Bandscheibenvorfalls

sowie der darüber liegenden Etage ausgemessen. Der Messpunkt wurde zwischen

vorderem und mittlerem Drittel platziert, weil dorsal eine partiell persistierende Corda

dorsalis eine flachbogige Deck- und Bodenplattenimpression verursachen konnte und

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Vergleichsstudie 67

Messfehler resultiert hätten [Dihlmann 2002] (Abb. 28). Es wurde der Mittelwert aus 3

Einzelmessungen bestimmt und die Differenz zwischen präoperativen und postoperativen

Werten bestimmt.

Abb. 28 Höhenmessung des Zwischenwirbelraumes

Beurteilung des Bandscheibenvorfalls und des Wurzelkontakts

In die Studie wurden nur Patienten mit einem mediolateralen Bandscheibenvorfall

einbezogen. Relatives Maß für die Größe und Ausdehnung war die Beziehung zur

ipsilateralen Nervenwurzel und zum Duralschlauch. Dabei wurde eine ähnliche Einteilung

wie die der Arbeitsgruppe von FLORIS (1997) in 4 Schweregrade verwandt (Abb. 29):

1 - kein Kontakt zur Nervenwurzel

2 - Kontakt zur Nervenwurzel

3 - Kompression der Nervenwurzel und geringe Verlagerung

4 - starke Kompression und starke Verlagerung von Nervenwurzel und Duralschlauch

Die Nervenwurzel wurde nur als verlagert eingestuft, wenn in dieser Schnittebene beide

Nervenwurzeln dargestellt waren und die Asymmetrie nicht durch andere Anomalien, z.B.

Wurzeltaschenzysten oder „conjoined nerve roots“ hervorgerufen wurde [Grane 1998].

Weiterhin wurde ermittelt, ob es sich um einen sub- oder transligamentären

Bandscheibenvorfall (Dislokationsgrad 3-5 nach KRÄMER (1999)) handelt.

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Vergleichsstudie 68

Grad 1

Grad 2

Grad 3 Grad 4

BSV

Abb. 29 Grad des Wurzelkontaktes (transversal T2-gewichtet)

In den Aufnahmen 24-48 Stunden postoperativ und nach sechs Monaten wurde ebenfalls

beurteilt, ob ein Rest- bzw. Rezidiv-Prolaps vorlag. Kriterium für ein Rezidiv war eine

epidurale Raumforderung mit fehlender oder geringfügiger Kontrastmittelaufnahme

[Allgayer 1993, Bundschuh 1990, Hueftle 1988].

Es erfolgte eine Einteilung in 4 Grade:

1 - Kein Rest-/Rezidiv-BSV

2 - Geringer Rest-BSV

3 - Großer Rest-BSV (fast wie präoperativ)

4 - Rezidiv-BSV (nur nach 6 Monaten)

Beurteilung der Nervenwurzel

Ob ein radikuläres KM-Enhancement vorlag, wurde in den transversalen T1-gewichteten

Schichten visuell mit „ja“ oder „nein“ beurteilt (Abb. 30). Es erfolgte keine

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Vergleichsstudie 69

semiquantitative Auswertung, da besonders postoperativ bei epiduralem KM-

Enhancement durch Partialvolumenartefakte falsche Pixel-Werte erzielt werden könnten

[Grane 1998].

Beurteilung des Operationszuganges

Die Kapillaren des Muskelgewebes waren normalerweise undurchlässig für Gadolinium.

Bei einer Schädigung trat Gadolinium aus und führte zu einer Signalverstärkung in den

T1-Sequenzen. Durch Vergleich der T1-gewichteten Sequenzen nativ und nach

Kontrastmittelgabe konnte man das Ausmaß der Kontrastmittelaufnahme beurteilen und

hat ein relatives Maß für die Größe des OP-Zugangstraumas. Außerdem fand sich in den

frühpostoperativen Untersuchungen ein Ödem in der Muskulatur, welches in den

transversalen T2-gewichteten Aufnahmen abgrenzbar war.

Ödem in den dorsalen Weichteilen

Als Hinweis auf das Ausmaß des Zugangstraumas wurde in den Aufnahmen 24 bis

48 Stunden postoperativ das Ödem in den transversalen Schichten T2 und die

Ausdehnung des vermehrten KM-Enhancementes transversal T1 visuell semiquantitativ

bestimmt. Bei unklaren Befunden wurden zusätzlich die subtrahierten T1-gewichteten

Aufnahmen vor und nach Kontrastmittelapplikation verglichen. Es wurde die transversale

Schicht ausgewählt, wo der Operationszugang am besten zu erkennen war.

In Anlehnung an die Arbeit von MURAMATSU (2001) erfolgte die Einteilung der

Ödemgröße in vier Quadranten von medial nach lateral (Abb. 31):

1 - minimales Ödem

2 - geringfügig

3 - umschrieben

4 - ausgedehnt

Abb. 30 Kontrastmittelenhancement im Abgang

der linken Nervenwurzel (Pfeil),

transversale T1-gewichtete Aufnahme

nach Applikation von Gadolinium

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Vergleichsstudie 70

Zur besseren Quantifizierung wurde im Zusammenhang mit dieser Studie eine weitere

Methode zur Größenbestimmung des Ödems entwickelt. Hierbei erfolgte die Bestimmung

der Winkel in Grad zwischen dem direkten Verlauf des operativen Zugangs und der

lateralen Begrenzung des Ödems (Abb. 31).

1 2 3 4

OP-Zugang Laterale Ödembegrenzung

Abb. 31 Ödem im OP-Zugang – Links Winkelmessung, Rechts Einteilung in 4 Quadranten

Serom bzw. Hämatom in den dorsalen Weichteilen

In den frühpostoperativen Aufnahmen fand sich sehr häufig ein Serom bzw. Hämatom in

den dorsalen Weichteilen. Wenn dieses in mindestens drei tranversalen Schichten

abgrenzbar war, wurde die Schicht mit der maximalen Ausdehnung gewählt und die

Größe in mm2 bestimmt (Abb. 32). Falls in mehreren Lokalisationen kleine Serome bzw.

Hämatome vorlagen, wurden diese addiert.

Eine Volumenbestimmung war in der klinischen Routine nicht möglich, da hierfür 3-D-

Sequenzen erforderlich gewesen wären.

mm2

Abb. 32 postoperatives Serom im OP-

Zugang (transversal T1 nach KM)

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Vergleichsstudie 71

Narbengewebe im Operationszugang und epidural

Postoperativ fand sich häufig ein epidurales Kontrastmittelenhancement sowie

anreicherndes Gewebe im Operationszugang. In den frühpostoperativen Aufnahmen

entsprach dieses dem Granulationsgewebe. Ausnahmen waren die Patienten mit einem

größeren Serom bzw. Hämatom. Da nach 12 Wochen der Umbau des

Granulationsgewebes in Narbenformationen abgeschlossen war, lieferte die MRT-

Untersuchung nach sechs Monaten Aussagen über das tatsächliche Ausmaß der

Narbenbildung. In der Studie wurden sowohl frühpostoperativ als auch nach sechs

Monaten die transversalen Schichten T1-gewichtet nativ und nach KM-Applikation

verglichen. Bei unklaren Befunden wurden zusätzlich die subtrahierten T1-gewichteten

Aufnahmen vor und nach Kontrastmittelapplikation zur Befundung herangezogen. Jedes

pathologische KM-Enhancement wurde als Narbengewebe eingestuft [Hueftle 1988].

Als visuelle Einteilung wurde die von GRANE (1998) verwendet:

1 - nicht relevant,

2 - gering und

3 - kräftig vorhandenes Narbengewebe epidural und in den dorsalen Weichteilen

Narbengewebe epidural wurde als kräftig eingestuft, wenn ein deutliches KM-

Enhancement epidural mit Umscheidung der Nervenwurzel auf der Seite des

Operationszuganges vorlag (Abb. 33-35).

Abb. 33 Links: nicht relevantes Narbengewebe epidural und dorsal nach 6 Monaten (T1 nach KM)

Rechts: geringes epidurales Narbengewebe nach 6 Monaten (T1 nach KM)

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Vergleichsstudie 72

Abb. 34 Kräftiges epidurales Narbengewebe nach 6 Monaten, Links: nativ, Rechts: nach KM

3.3. Ergebnisse Bei der Auswertung der präoperativen Einflussgrößen (Alter, Geschlechtsverteilung,

VAS, OSW, Paresen, sensible Defizite und Anamnesedauer) konnten keine signifikanten

Gruppenunterschiede, weder zwischen den Zentren, noch zwischen den Therapiearmen,

ermittelt werden. Dies bedeutete wiederum, dass die Randomisierung erfolgreich war.

3.3.1. Demographische Daten Im Zeitraum September 2002 bis Mai 2004 wurden zusammen 100 Patienten (48 in

mikrochirurgischer und 52 in MAPN-Technik) in beiden genannten Einrichtungen

versorgt. Da nicht alle Patienten, die zur lumbalen Bandscheibenoperation vorgesehen

waren, Bereitschaft zur Studienteilnahme zeigten, war der benötigte Zeitraum länger als

ursprünglich erwartet.

Abb. 35 Kräftiges Narbengewebe im OP-

Zugang (T1 nach KM)

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Vergleichsstudie 73

Der Altersdurchschnitt im Gesamtkollektiv betrug 44 Jahre (min 21, max 72, SD 11.7),

der Altersgipfel lag bei 41 Jahren. Die Geschlechtsverteilung zeigte einen Anteil von 40

Frauen und 60 Männer. Zwölf Prozent der Patienten waren zum Zeitpunkt der Operation

Altersrentner, elf Prozent arbeitslos. Alle anderen gingen einer beruflichen Tätigkeit nach.

Die präoperative Arbeitsunfähigkeit betrug durchschnittlich 5,2 Wochen (min 1, max 42,

SD 6,2) Alle Patienten, die präoperativ in einem Beschäftigungsverhältnis standen,

nahmen ihre berufliche Tätigkeit innerhalb von 14 Wochen wieder auf, 77 % innerhalb

von acht Wochen. Die durchschnittliche postoperative Arbeitsunfähigkeitsdauer betrug

sieben Wochen. Es fanden sich keine Gruppenunterschiede.

Fünfunddreißig Patienten waren bis zum Einsetzen der Beschwerdesymptomatik sportlich

aktiv. Zwei Patienten studierten Sportwissenschaften. Alle 35 Patienten nahmen innerhalb

von 12 Monaten ihre sportliche Betätigung wieder auf.

Insgesamt zehn Patienten schieden im Verlauf aus der Studie aus. Sieben Patienten (7 %)

mussten nachoperiert werden (Abschnitt 3.3.2.3.). Drei Patienten erschienen ohne Angabe

von Gründen nicht mehr zu den Nachkontrollen, so dass insgesamt die Daten von

90 Patienten zur Verlaufsbeurteilung der sekundären Studienparameter zu Grunde lagen.

Die Auswertung erfolgte nach der per-protocol-Analyse.

3.3.2. Klinische Daten 3.3.2.1. Segmentlokalisation und Art der Bandscheibenvorfälle

Es fanden sich Bandscheibenvorfälle bevorzugt in den unteren lumbalen Segmenten.

LWK5/SWK1 42 %, LWK4/5 51 %, LWK3/4 6 % und LWK2/3 1 % (Graphik 1).

Entsprechend den Einschlusskriterien waren nach Auszählung der Befunde in den

jeweiligen Operationsberichten 45 % freie Sequester (Grad 5 nach KRÄMER), 42 %

subligamentär sequestrierte (Grad 4 nach Krämer) und 13 % subligamentäre

Bandscheibenvorfälle (Grad 3 nach Krämer).

Graphik 1 Segmentverteilung

LWK5/SWK LWK4/5LWK3/4LWK2/3

LWK5/SWK LWK4/5LWK3/4LWK2/3

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Vergleichsstudie 74

3.3.2.2. Primärer Studienparameter - Operationsdauer

Die Eingriffe wurden in den oben (Abschnitt 3.2.5.) beschriebenen Techniken ausgeführt.

Die ANOVA erbrachte eine starke Ort-Verfahren-Interaktion (F 9,773). Daher erfolgte

die Post hoc-Testung getrennt nach den Orten. Im Magdeburger Kollektiv

(Gesamtoperationszeit bei MAPN 50,3 Min. mit SD 18,3 und bei MC 54,7 Min. mit SD

18,1) konnte kein signifikanter Unterschied der Operationszeiten zwischen MC und

MAPN gefunden werden. Anders war die Situation in Bad Berka (Graphik 2). Hier zeigte

sich ein hochsignifikanter Gruppenunterschied (p<0,0001) zugunsten der MAPN-

Technik. So betrug in Bad Berka die durchschnittliche Operationsdauer bei MAPN 33,3

Min. (SD 12,1) und bei MC 57,8 (SD 20,2).

Zur Klärung der Frage nach einer eventuellen Lernkurve (Graphik 3) in Magdeburg

wurde eine Korrelationstestung nach Pearson und auch nach Spearman zwischen

Patientennummer und Operationsdauer vorgenommen. Es fanden sich keine

Korrelationen.

Graphik 2

Operationsdauer in Bezug auf die Orte,

weiß MC, schwarz MAPN

Graphik 3

Operationsdauer in Magdeburg in

Bezug auf Patientennummer

(rot MAPN, grün MC)

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Vergleichsstudie 75

3.3.2.3. Sekundäre Studienparameter – weitere Operationsdaten

Dauer des operativen Zuganges

Auch für die Dauer des operativen Zuganges (Graphik 4a), definiert als Zeit zwischen

Beginn des Hautschnittes und der Eröffnung des Spinalkanales, erbrachte die

Varianzanalyse eine starke Ort-Verfahren-Interaktion mit einem F-Wert von 18,7. In

Magdeburg betrug die durchschnittliche Zugangsdauer bei MAPN 8,0 Min. (SD 4,4) und

bei MC 9,7 Min. (SD 3,3) ohne statistische Signifikanz. Im Bad Berkaer Kollektiv ergab

sich für den operativen Zugang bei MAPN ein MW von 3,3 Min. (SD 1,6) und bei MC

von 11,8 Min. (SD 5,4). Der Unterschied war mit p<0,001 hochsignifikant.

Dauer des operativen Wundverschlusses

Die Situation in Bezug auf den Wundverschluss (Zeit von Beginn des Rückzuges aus dem

Spinalkanal bis Ende der Hautnaht, Graphik 4b) war ähnlich nur mit einer noch stärkeren

Ort-Verfahren-Interaktion (F = 34,3). Es fanden sich auch in Magdeburg hochsignifikant

(p<000,1) kürzere Zeiten für den Wundverschluss (MAPN MW 3,7, SD 1,5 und MC MW

6,3, SD 1,9). In Bad Berka betrug die Zeit für den Wundverschluss bei MAPN 2,8 Min.

(SD 0,8) und bei MC 10,1 (SD 3,3). Auch hier war der ermittelte Gruppenunterschied

hochsignifikant (p<0,0001).

Blutverlust

In Bad Berka konnte ein durchschnittlicher Blutverlust von 20 ml (SD 23,7) bei MAPN

und von 60 ml (SD 30) bei MC mit einer Signifikanz von p<0,0001 nachgewiesen

werden. In Magdeburg betrug der intraoperative Blutverlust bei MAPN 68 ml (SD 34.6)

und bei MC 113 ml (SD 83) mit p-Wert von 0,23 (Graphik 4c).

Menge des entnommenen Bandscheibenmaterials

Bezüglich der entfernten Bandscheibenmaterialmenge (Graphik 4d) konnte keine Ort-

Verfahren-Interaktion festgestellt werden. So wurden durchschnittlich 1,4 g (min 0,3, max

5, SD 0,9) Bandscheibenmaterial pro Eingriff entfernt. Ein Gruppenunterschied konnte

weder in Magdeburg noch in Bad Berka registriert werden.

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Vergleichsstudie 76

Graphik 4 Zugangs- und Wundverschlussdauer (a und b) sowie Blutverlust (c) und Menge des

entnommenen Bandscheibenmaterials (d) in Bezug auf Orte (weiß MC, schwarz MAPN)

Intraoperative Komplikationen

An intraoperativen Komplikationen mussten fünf Duraverletzungen registriert werden.

Diese verteilten sich mit zwei auf die MAPN- und drei auf die MC-Gruppe. Kein

Verfahrenswechsel war erforderlich. Weitere intraoperative Komplikationen traten nicht

auf.

Postoperative Komplikationen

Insgesamt schieden sieben Patienten (7 %) wegen Nachoperationen aus der Studie aus.

Fünf Patienten entwickelten in Verlaufszeitraum nach beschwerdefreiem Intervall ein

echtes Rezidiv (gleiche Höhe, gleiche Seite). Diese fünf Patienten (vier aus der MC-

Gruppe, einer aus der MAPN-Gruppe) wurden in der gleichen Technik nachoperiert. Bei

den verbleibenden zwei Patienten (ein Patient mit MAPN und ein Patient

mikrochirurgisch voroperiert) trat im postoperativen Verlauf eine segmentale Instabilität

aufgrund der fortschreitenden Bandscheibendegeneration in den Vordergrund. Ein Patient

wurde arthroplastisch versorgt, der andere fusioniert. Insgesamt wurden damit aus dem

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Vergleichsstudie 77

MAPN-Kollektiv zwei Patienten und aus dem mikrochirurgischen Patientenklientel fünf

Patienten nachoperiert. Aufgrund der beschränkten Patientenzahl lassen sich hieraus

jedoch keine Rückschlüsse über die Sicherheit der angewandten Verfahren ziehen.

Es waren keine weiteren Komplikationen, wie Wundheilungsstörungen, Liquorrhoen oder

iatrogene Spondylitiden evident.

3.3.2.4. Sekundäre Studienparameter - klinisch

Neurologische Situation präoperativ und postoperativer Verlauf

Zum Zeitpunkt der Operation wiesen 82 Patienten (82 %) neurologische Ausfälle auf.

33 Patienten hatten nur sensible Defizite. Bei 49 Patienten waren sowohl motorische als

sensible Ausfälle nachweisbar. Kein Patient bot eine isolierte motorische Wurzelläsion

ohne sensible Defizite. In Zusammenfassung der individuellen motorischen und sensiblen

Ausfälle ergibt sich die radikuläre Hauptaffektion für den betreffenden Patienten. Die

motorischen Ausfälle wurden der entsprechenden Kennmuskulatur zugeordnet. So waren

die Fußsenkerparese als motorische Hauptläsion bei einer S1-Symptomatik, die

Fußheberschwäche bzw. die Großzehenheberschwäche bei L5-Affektion, die

Quadrizepsparese und die Psoasschwäche bei L4- bzw. L3-Alteration vordergründig. Die

durchschnittlichen Paresegrade und deren postoperativer Verlauf sind in der Tabelle 11

dargestellt.

Anzahl Patientn Wurzelsymptomatik Paresegrad präop. Paresegrad 12 Mo. Postop.

20 S1 3,7 5

23 L5 3,0 4,7

5 L4 3,6 4,8

1 L3 3,0 5

Tab. 11 Motorische Ausfallsymptomatik mit durchschnittlichen Paresegraden

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Vergleichsstudie 78

Kein Patient hatte präoperativ eine Kaudasymptomatik. In zwei Fällen kam es im

unmittelbar postoperativen Verlauf (< 48 Stunden) zu einer Verschlechterung der

neurologischen Situation, die sich aber im weiteren Verlauf wieder erholte. 48 Patienten

zeigten innerhalb der ersten 48 Stunden postoperativ eine Verbesserung der

Ausfallserscheinungen. Von den ursprünglich 20 Patienten mit einer motorischen S1-

Symptomatik mit einem durchschnittlichen Kraftgrad von M 3,7 präoperativ konnte am

Ende des Nachbeobachtungszeitraumes bei keinem Patienten mehr eine Fußsenkerparese

nachgewiesen werden. Dreiundzwanzig Patienten boten präoperativ eine L5-Symptomatik

mit einem durchschnittlichen Kraftgrad von M 3,0. Am Ende des 12 Monats-Verlaufes

wiesen noch sechs Patienten eine Restsymptomatik auf. Somit betrug der

durchschnittliche Kraftgrad am Ende des Nachbeobachtungszeitraumes bei L5 Läsionen

M 4,7. Die Quadricepsparese, präoperativ evident bei fünf Patienten (durchschnittlicher

Kraftgrad M 3,6), verbesserte sich auf M 4,8 (nachweisbar lediglich noch bei einem

Patienten). Die Psoasparese (präoperativ M 3) war am Ende der Nachbeobachtung nicht

mehr nachweisbar. Zusammengefasst haben sich damit bei 83 % der Patienten die

motorischen Ausfälle innerhalb der Nachbeobachtung komplett zurückgebildet.

Die bei 82 Patienten präoperativ nachgewiesenen sensiblen Defizite wurden am Ende des

Nachbeobachtungszeitraumes von 18 % der Patienten als besser und von 14 % als

unverändert eingeschätzt. Bei 68 % der Patienten bildeten sich die sensiblen Ausfälle im

postoperativen 1-Jahresverlauf komplett zurück. Signifikante Unterschiede zwischen den

beiden Kollektiven bestanden nicht.

Schmerzproblematik

Die durchschnittliche Anamnesedauer der Rückenschmerzen betrug 220 Wochen (min 0,

max 1040, SD 285). Die Selbsteinschätzung der Rückenschmerzsymptomatik durch die

Patienten ergab präoperativ einen durchschnittlichen Wert von 4,65 auf der VAS (min 0,

max. 10, SD 2,35). Es bestand kein signifikanter Unterschied in der präoperativen

Ausgangssituation hinsichtlich Anamnesedauer und VASRücken zwischen MAPN- und

MC-Kollektiv.

Die Anamnesedauer der radikulären Beinschmerzsymptomatik war mit durchschnittlich

15,6 (min 1, max 200, SD 26,6) Wochen deutlich kürzer als die der

Rückenschmerzsymptomatik. Auch hier gab es keine Gruppenunterschiede in der

präoperativen Ausgangssituation.

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Vergleichsstudie 79

Zur Auswertung wurden beide Schmerzlokalisationen zur Summen-VAS

zusammengefasst.

Summen-VAS (sekundärer Hauptparameter)

Da der primäre Studienendpunkt, die Operationsdauer, eine klare Ort-Verfahren-

Interaktion aufwies, musste zur verfahrenbezogen Auswertung des sekundären

Hauptparameters eine Trennung nach den Orten erfolgen.

In der ANOVA zeigte sich sowohl in Magdeburg als auch in Bad Berka ein starker

Haupteffekt der Zeit (F-Wert Magdeburg 87,5 und F-Wert Bad Berka 76,7). An beiden

Studienorten konnte mit beiden Verfahren über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum

die Summen-VAS signifikant gegenüber dem Ausgangswert gebessert werden (Graphik 5

bis 7).

In Magdeburg (Graphik 6) konnte in der ANOVA kein signifikant differenter zeitlicher

Verlauf der Summen-VAS zwischen beiden Verfahren festgestellt werden (Verfahren-

Zeit-Interaktion, F=0,5 und p=0,74).

Die ANOVA für die Bad Berkaer Daten (Graphik 7) ergab zwischen beiden Verfahren

signifikante Unterschiede im zeitlichen Verlauf (F=3,75). Die Post hoc-Testung zeigte

einen hochsignifikant unterschiedlichen Verlauf zu den Zeitpunkten 48 Stunden (p<0,01),

acht Wochen (p<0,01) und sechs Monaten (p<0,01) postoperativ. Zu diesen genannten

Zeitpunkten wies die MAPN-Technik geringere Werte in der Summen-VAS auf. Die

Werte glichen sich dann zum Zeitpunkt 12 Monate postoperativ wieder an (p=0,059).

Ein Einfluss der Dauer sowohl der Bein- als auch der Rückenschmerzanamnese auf die

Summen-VAS konnte durch die nichtparametrische Korrelation weder im Spearman-

noch im Pearson-Test nachgewiesen werden.

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Vergleichsstudie 80

Graphik 5 Zeitlicher Verlauf der Summen-VAS im Gesamtkollektiv (Zeitpunkt 1 präoperativ, 2 48

Stunden, 3 acht Wochen, 4 sechs Monate und 5 12 Monate postoperativ)

Graphik 6 Verlauf der Summen-VAS in Magdeburg (Zeitpunkt 1 präoperativ,

2 48 Stunden, 3 acht Wochen, 4 sechs Monate und 5 12 Monate postoperativ)

Summen VAS Magdeburg

0

2

4

6

8

10

12

14

1 2 3 4 5

zeitlicher Verlauf

VA

S W

ert

MAPNMC

Summen-VAS Gesamtkollektiv

0,00

2,00

4,00

6,00

8,00

10,00

12,00

14,00

1 2 3 4 5

zeitlicher Verlauf

VA

S W

ert

Summen-VAS

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Vergleichsstudie 81

Graphik 7 Verlauf der Summen-VAS in Bad Berka (Zeitpunkt 1 präoperativ, 2 48 Stunden,

3 acht Wochen, 4 sechs Monate und 5 12 Monate postoperativ)

Oswestry-Score

Ebenso wie bei der Summen-VAS konnte an beiden Studienorten mit beiden Verfahren

eine sich über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum erstreckende hochsignifikante

Besserung des Oswestry-Scores (Graphik 8 bis 10) gegenüber dem Ausgangswert erreicht

werden (ANOVA mit Haupteffekt der Zeit, F=144).

Die Post hoc-Testung nach den Studieorten getrennt ergaben keine signifikanten

Unterschiede zwischen den beiden Verfahren.

Summen VAS Bad Berka

0

2

4

6

8

10

12

1 2 3 4 5

zeitlicher Verlauf

VA

S W

ert

MAPNMC

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Vergleichsstudie 82

Graphik 8 Zeitlicher Verlauf des Oswestry-Scores im Gesamtkollektiv (Zeitpunkt 1 präoperativ,

2 acht Wochen, 3 sechs Monate und 4 12 Monate postoperativ)

Graphik 9 Zeitlicher Verlauf des Oswestry-Scores in Magdeburg (Zeitpunkt 1 präoperativ,

2 acht Wochen, 3 sechs Monate und 4 12 Monate postoperativ)

OSW Magdeburg

0

5

10

15

20

25

30

1 2 3 4

zeitlicher Verlauf

OSW

-Sco

re

MAPNMC

OSW Gesamtkollektiv

0

5

10

15

20

25

30

1 2 3 4

zeitlicher Verlauf

OSW

-Sco

re

OSW Gesamtkollektiv

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Vergleichsstudie 83

Graphik 10 Zeitlicher Verlauf des Oswestry-Scores in Bad Berka (Zeitpunkt 1 präoperativ,

2 acht Wochen, 3 sechs Monate und 4 12 Monate postoperativ)

Frühpostoperativer Analgetikaverbrauch

Der zusätzliche Analgetikaverbrauch (Dipidolor i.v. bzw. i.m., bei einer Basisimedikation

von 3 x 400 mg Ibuprofen innerhalb der ersten 48 postoperativen Stunden) wurde wie

oben beschrieben in Morphineinheiten (-äqivalente) umgerechnet (siehe auch Abschnitt

3.2.3.). Er betrug im Gesamtkollektiv 2,6 Morphinäquivalente [ME] (min 0, max 8,

SD 2,3).

Auch hier zeigte sich eine Ort-Verfahren- Interaktion. Im Post hoc-Test konnte nur im

Bad Berkaer Kollektiv ein hochsignifikant höherer zusätzlicher Analgetikabedarf in der

MC-Gruppe gefunden werden.

Analgetikaverbrauch zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes

Zur Ein-Jahres-Nachkontrolle benötigten 79 % der Patienten „kein“, 13 % „weniger“ und

8 % „mehr“ bzw. die „gleiche“ Menge Analgetika im Vergleich zur präoperativen

Situation. Es konnten keine relevanten Gruppenunterschiede festgestellt werden.

Weitere Ergebnisse

Im Bad Berkaer Kollektiv war der Unterschied in den postoperativen Verweildauern

zwischen den beiden Therapiegruppen statistisch hochsignifikant. Die Verweildauer der

OSW Bad Berka

0

5

10

15

20

25

30

1 2 3 4

zeitlicher Verlauf

OSW

-Sco

re

MAPNMC

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Vergleichsstudie 84

MAPN-Gruppe betrug dort durchschnittlich 3,8 Tage, die in der MC-Gruppe 4,9 Tage. In

Magdeburg ließen sich keine Gruppenunterschiede nachweisen.

68 % der Patienten erhielten eine Anschlussheilbehandlung (64 stationär, vier ambulant).

Es konnten keine signifikanten Unterschiede in den 1-Jahres-Ergebnissen hinsichtlich

OSW, VASRücken und VASBein zwischen den Patienten mit und ohne

Anschlussheilbehandlung ermittelt werden.

Die Frage „Würden Sie sich wieder mit dieser Methode operieren lassen?“, beantworteten

lediglich sechs Patienten mit „nein“ (zwei Patienten operiert mit MC, vier Patienten

operiert mit MAPN). Beide Verfahren fanden somit eine gute Patientenakzeptanz.

3.3.3. Kernspintomographische (tertiäre) Parameter

3.3.3.1. Höhenveränderung im Zwischenwirbelraum

Die 2x2x3 ANOVA ergab eine klare Zeit-Bandscheibenfachhöhen-Interaktion (F-Wert

11,6). Die Veränderungen der Bandscheibenfachhöhe waren unabhängig vom

Operationsverfahren (p=0,457).

Präoperativ betrug die durchschnittliche Höhe des operierten Bandscheibenfaches aller

Patienten 9,58 mm (SD 1,85). Innerhalb 24-48 Stunden postoperativ zeigte sich eine

Zunahme des Zwischenwirbelraumes auf 9,81 mm (SD 1,78 mm), welche hochsignifikant

(p<0,001) war. Eine gleichsinnige Veränderung wiesen die Bandscheibenfächer kranial

der operierten Etage auf (p<0,001), dargestellt in Graphik 11.

Nach sechs Monaten kam es im Vergleich zur präoperativen Ausgangssituation zu einer

hochsignifikanten Höhenabnahme (p<0,0001) auf 9,19 mm (SD 1,78) in der operierten

Etage, während die Kontrollbandscheibe unverändert zum Ausgangswert blieb (Tab. 12).

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Vergleichsstudie 85

9,00

9,50

10,00

10,50

11,00

11,50

12,00

präoperativ früh postoperativ 6 Monate postoperativ

zeitlicher Verlauf

Höh

e B

ands

chei

benf

ach

operiertes BS-Fach MAPNoperiertes BS-Fach MCkraniales BS-Fach MAPNkraniales BS-Fach MC

Graphik 11 Zeitlicher Verlauf der Höhe des Zwischenwirbelraumes der operierten Etage

Operiertes BS-Fach BS-Fach kranial der OP-Höhe

Präoperativ (gesamt) MAPN

MC

9,58 mm (SD 1,85) 9,65 mm 9,50 mm

10,73 mm (SD 2,03) 10,40 mm 10,99 mm

Frühpostoperativ (gesamt) MAPN

MC

9,81 mm (SD 1,78) 9,79 mm 9,83 mm

11,15 mm (SD 2,13) 10,60 mm 11,57 mm

nach 6 Monaten (gesamt) MAPN

MC

9,20 mm (SD 1,78) 9,29 mm 9,09 mm

10,80 mm (SD 2,01) 10,45 mm 11,17 mm

Tab. 12 Höhe des Zwischenwirbelraumes aller Patienten

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Vergleichsstudie 86

3.3.3.2. Beurteilung des Bandscheibenvorfalls und des Wurzelkontakts

Ausdehnung des Bandascheibenvorfalls bzw. Ausmaß der Wurzelverlagerung

Wie unter Abschnitt 3.2.6. beschrieben, wurde präoperativ die Größe des

Bandscheibenvorfalls über das Ausmaß der Wurzelverlagerung definiert. Die Einteilung

erfolgte in: keinen sicheren Wurzelkontakt (Grad 1), Kontakt zur Nervenwurzel (Grad 2),

Kompression (Grad 3) und Verlagerung des Nerven (Grad 4). Erwartungsgemäß wies die

Mehrzahl der Patienten (38) präoperativ eine starke Kompression oder auch zusätzliche

Verlagerung der Nervenwurzel (Grad 3 und 4) auf. Lediglich ein Patient zeigte keinen

sicheren Wurzelkontakt, wurde aber wegen der klaren klinischen Symptomatik operativ

versorgt. Ein signifikanter Gruppenunterschied in der Ausgangssituation bestand nicht.

Bei der ersten postoperativen Kontrolle nach 24 - 48 Stunden war bereits eine

hochsignifikante Verschiebung in Richtung Grad 1 und 2 zu erkennen, ohne dass ein

signifikanter Unterschied zwischen beiden Verfahren nachweisbar war. Es boten jedoch

noch neun Patienten Grad 3-Befunde und sieben Patienten Grad 4-Befunde, was

hauptsächlich durch das Vorliegen eines postoperativen Seroms bzw. Hämatoms zu

erklären ist. Diese Veränderungen bildeten sich innerhalb von 6 Monaten zurück, so dass

bei 34 Patienten (70,8 %) kein Wurzelkontakt mehr bestand. Bei drei Patienten mit noch

vorhandener Kompression der Nervenwurzel handelte es sich um einen Rezidiv- bzw.

Restbandscheibenvorfall.

Tabelle 13 verdeutlicht, dass es im postoperativen Verlauf bezüglich des Kontaktes, der

Kompression bzw. der Verlagerung der Nervenwurzel keine signifikanten Unterschiede

zwischen den Therapiearmen gab und dass beide Verfahren gleichermaßen effizient in der

Entfernung des Bandscheibenvorfalls waren.

Für die Risikobeurteilung mittels ODDS-Ratio wurden für den Zeitpunkt sechs Monate

postoperativ die Wurzelkontaktgrade 1 und 2 sowie 3 und 4 in jeweils eine Gruppe

zusammengefasst. Die ODDS-Ratio betrug 0,48 bei einem Konfidenzintervall 0,048 –

5,7. Dies entsprach zwar einer theoretischen Risikohalbierung bei der MAPN aber auf

Grund der geringen Fallzahl enthielt das Konfidenzintervall die 1 und deshalb war die

Risikoverminderung statistisch nicht signifikant.

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Vergleichsstudie 87

Beziehung zur

Nervenwurzel

Grad 1

kein

Kontakt

Grad 2

Kontakt

Grad 3

Kompression

Grad 4

Verlagerung

χ² /

Signifikanz

Präoperativ

MAPN

MC

1

0

6

5

11

12

7

8

1,20 /

0,75

Frühpostoperativ

MAPN

MC

5

8

11

10

4

5

5

2

2,1 /

0,54

6 Monate

MAPN

MC

18

16

5

6

1

2

0

0

0,54 /

0,76

Tab. 13 Beziehung zur Nervenwurzel – getrennt nach Gruppen

Nachweis von Flüssigkeit bzw. Gewebe in der Lokalisation des Bandscheibenvorfalls

Es erfolgte eine Einteilung in nicht relevantes, geringes und kräftiges (Grad 1-3) Serom

bzw. Hämatom oder Granulationsgewebe (nach sechs Monaten). Frühpostoperativ fanden

sich immerhin noch 16 Patienten mit kräftigen Veränderungen im ehemaligen BSV,

welche der hauptsächliche Grund für die noch bestehende Kompression (neun Patienten)

und Verlagerung der Nervenwurzel (sieben Patienten) waren. Nach sechs Monaten war

bei 95,8 % der Patienten (Grad 1 und 2) kein relevantes oder nur geringes Narbengewebe

nachweisbar (Tab. 14). Ein Unterschied zwischen beiden Therapiearmen bestand nicht.

Grad 1

nicht relevant

Grad 2

gering

Grad 3

kräftig

χ² /

Signifikanz Frühpostoperativ

MAPN

MC

3

8

12

11

10

6

3,3 /

0,25

6 Monate

MAPN

MC

15

15

7

9

2

0

2,2 /

0,43

Tab. 14 Flüssigkeit bzw. Gewebe in Lokalisation des ehemaligen Bandscheibenvorfalls

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Vergleichsstudie 88

Nachweis eines Rest-/Rezidivbandscheibenvorfalls

Besonders frühpostoperativ war bei der Auswertung der Kernspintomogramme nicht

immer eine sichere Aussage möglich, was ursächlich durch die eventuell noch

vorhandene intraspinale Raumforderung bedingt ist. Eine Unterscheidung in Serom bzw.

Hämatom oder Restvorfall wurde in dieser Studie anhand der oben genannten Kriterien

getroffen. Die Ergebnisse in Tabelle 15 belegten jedoch, dass nicht immer eine exakte

Zuordnung möglich war. Unter der Annahme einer sicheren Beurteilung müsste nach 24-

48 Stunden und nach sechs Monaten die gleiche Schweregradzuordnung erfolgen, was

aber nicht der Fall ist (Tab. 15). Hauptsächlich wurden postoperative Veränderungen im

ehemaligen BSV als Rest fehlgedeutet. Beispielgebend waren drei Patienten, bei denen

unmittelbar postoperativ der Verdacht auf einen großen Rest-BSV (Grad 3) bestand. Nach

sechs Monaten waren jedoch keinerlei Veränderungen mehr nachweisbar (Abb. 36).

Statistisch ließen sich keine Gruppenunterschiede sichern.

p r ä o p e r a t iv f r ü h p o s t o p e r a t iv nach 6 M o naten Abb. 36 vermeintlicher Rest-BSV nach 24 Stunden, nach sechs Monaten komplette Rückbildung (T1-

gewichtet, sagittal nach Kontrastmittel)

Grad 1 kein Rest-BSV

Grad 2 gering

Grad 3 groß

Grad 4 Rezidiv-BSV

χ² /

Signifikanz

Frühpostoperativ (gesamt) MAPN

MC

31

15

16

16

8

8

3

2

1

0

0

0

3,4 /

0,22

6 Monate (gesamt)

MAPN

MC

35

18

17

10

6

4

0

0

0

3

0

3

2,1 /

0,45

Tab. 15 Rest-/Rezidiv-BSV getrennt nach Gruppen

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Vergleichsstudie 89

3.3.3.3. Beurteilung des Operationszuganges

Zur semiquantitativen Analyse des Zugangstraumas im Vergleich zwischen

mikrochirurgischer Technik und MAPN wurde unmittelbar postoperativ die Größe des

intramuskulären Ödems sowie des Seroms bzw. Hämatoms ermittelt und nach sechs

Monaten das Narbengewebe epidural und im operativen Zugang beurteilt.

Ödem in den dorsalen Weichteilen

Die Größenbestimmung des Ödems in den dorsalen Weichteilen erfolgte über zwei

unterschiedliche Verfahren, die Quadrantenmethode und das neuentwickelte Verfahren

zur Winkelbestimmung (siehe Abschnitt 3.2.6.3.).

Die Quadrantenmethode (Graphik 12) zeigte im Chi-Quadrat-Test signifikante

Unterschiede (p=0,007) zwischen beiden Operationsmethoden zugunsten der MAPN-

Technik (siehe Tabelle 16). In der MAPN-Gruppe wiesen 11 Patienten (44 %) nur ein

minimales Ödem (Grad 1) auf, während nach dem mikrochirurgischen Eingriff nur zwei

Patienten in dieser Einstufung lagen. Ein ausgedehntes Ödem (Grad 4) fand sich bei drei

mikrochirurgisch operierten Patienten. Die Risikoabschätzung mittels ODDS-Ratio unter

Zusammenfassung von den Quadranten 1 und 2 sowie 3 und 4 in jeweils eine Gruppe

ergab bei einem Konvidenzintervall 0,2 – 1,9 ein 0,6-fach geringeres Risiko zur

intramuskulären Ödembildung bei MAPN. Da aber die 1 aufgrund der zu geringen

Fallzahl im Konvidenzintervall liegt ist diese Risikominderung statistisch nicht

signifikant.

Quadrant

1

Quadrant

2

Quadrant

3

Quadrant

4

χ² /

Signifikanz

Frühpostoperativ

MAPN

MC

11

2

12

18

8

16

0

3

11,23 /

0,007

Tab. 16 Größe des intramuskulären Ödems nach der Quadranteneinteilung getrennt nach Gruppen

Einen genaueren Vergleich beider Gruppen unabhängig von der Lage des

Operationszuganges lieferte die Bestimmung des Winkels zwischen OP-Zugang und

lateraler Begrenzung des Ödems (Abschn. 3.2.6.3., Graphik 13). Bei dieser Messung

ergab sich für die MAPN-Gruppe ein Winkel von 22,4° (min 19,1, max 25,6, SD 7,9) und

für das Patientenkollektiv mit mikrochirurgischen OP-Zugang ein Winkel von 38,6° (min

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Vergleichsstudie 90

34,7, max 42,5, SD 9,5). Der t-Test ergab mit p<0,0001) einen hochsignifikanten

Gruppenunterschied (Tab. 16).

Graphik 12 Größe des intramuskulären Ödems nach der Quadrantenmethode Graphik 13 Größe des intramuskulären Ödems nach der Winkelmethode

0 0,5 1 1,5 2 2,5

Quadranten

Ödemquadrant

Ödemquadrant

MCMAPN

0 10 20 30 40

Grad

Ödemwinkel

Ödemwinkel

MCMAPN

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Vergleichsstudie 91

Serom bzw. Hämatom in den dorsalen Weichteilen

Bei Vorliegen eines Flüssigkeitsareals (Graphik 14) in den frühpostoperativen

Aufnahmen, wurde an der Auswertekonsole die Größe in mm2 bestimmt. Die Mittelwerte

sind in Tabelle 17 ersichtlich. Der Unterschied zwischen beiden Kollektiven war ebenfalls

signifikant (p=0,0047) zugunsten der MAPN-Technik.

Seromgröße

in mm²

Ödemwinkel

in Grad

MAPN 34,10 (SD 65,3) 22,4 (SD 7,9)

MC 135,2 (SD 153,1) 38,6 (SD 9,5)

Tab. 17 Seromgröße und Ödemwinkel – Vergleich beider Patientengruppen

Graphik 14 Seromgröße im operativen Zugang

0 50 100 150

[Quadratmillimeter]

Serom

Seromgröße

MCMAPN

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Vergleichsstudie 92

Narbengewebe im Operationszugang und epidural

Bei der Untersuchung nach sechs Monaten war ein wichtiger Parameter das

Vorhandensein von epiduralem und intramuskulärem Narbengewebe. Es erfolgte die

Einteilung in nicht relevantes, geringes und kräftiges Narbengewebe, getrennt nach

epiduraler und intramuskulärer Lokalisation (Tab. 18).

Der größte Teil der Patienten hatte sowohl epidural (68,7 %) als auch in den dorsalen

Weichteilen (77,1 %) kein relevantes Narbengewebe. In beiden Lokalisationen fanden

sich jeweils drei Patienten mit kräftigen Veränderungen. Epidural gab es zwischen beiden

Gruppen keine signifikanten Unterschiede (χ²=0,9, p=0,62).

Im operativen Zugang dagegen ergaben sich signifikante Unterschiede (χ²=9,7,

p=0,0079). Bei den mikrochirurgisch operierten Patienten wiesen 14 Patienten kein

relevantes Narbengewebe auf, in der MAPN-Gruppe dagegen 23 Patienten. Die Patienten

mit kräftigem intramuskulären Narbengewebe waren ausschließlich aus der

mikrochirurgischen Gruppe. Nach der ODDS-Ratio bestand für Patienten, operiert in

mikrochirurgischer Technik ein 16,4 - fach höheres Risiko für intramuskuläres

Narbengewebe (95 % Konfidenzinterval 1,9 – 143).

Einen indirekten Hinweis auf das Vorliegen von Narbengewebe bot die Beantwortung der

Fragestellung, ob der OP-Zugang nach sechs Monaten in den Kernspintomogrammen

noch zu erkennen war. Im χ2-Test ergab sich eine Irrtumswahrscheinlichkeit p=0,002 und

somit ein ebenfalls signifikanter Unterschied zwischen beiden Patientengruppen

zugunsten der MAPN-Patienten. In diesem Kollektiv war nur noch bei einem Patienten

(4,2 %) der operative Zugang sichtbar, während in der anderen Gruppe bei immerhin 10

Patienten (41,7 %) der Zugangsweg erkennbar war.

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Vergleichsstudie 93

Narbengewebe nicht relevant gering kräftig X² /

Signifikanz

Epidural 33 12 3 0,9 /

0,62

MAPN 18 5 1

MC 15 7 2

OP-Zugang 37 8 3 9,7 /

0,0079

MAPN 23 1 0

MC 40 7 3

Tab. 18 Narbengewebe intramuskulär und epidural - getrennt nach Gruppen 3.3.3.4. Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel

Ob ein Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel in Höhe des

Bandscheibenvorfalls ipsilateral vorlag, wurde anhand der transversalen T1-gewichteten

Aufnahmen nach Kontrastmittelapplikation beurteilt (Tab. 19). Um Fehlinterpretationen

wegen möglicher Partialvolumenartefakte auszuschließen, erfolgte lediglich die visuelle

Auswertung in vorhanden oder nicht vorhanden. Technisch bedingt oder wegen

Ablehnung der KM-Applikation konnten präoperativ nur 47, frühpostoperativ 49 und

nach sechs Monaten 45 Patienten in die Auswertung einbezogen werden. Es fand sich

kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Patientengruppen (Chi-Quadrat-Test,

p=0,11). Allerdings ergab die ODDS-Ratio für die MAPN-Technik ein 1,5-fach höheres

Risiko für eine intraradikuläre Kontrastmittelaufnahme bei einem Konfidenzintervall von

0,5 – 4,7. Jedoch ist dies ohne statistische Signifikanz (1 im Konvidenzintervall). Bereits

präoperativ lag eine Anreicherung bei 13 Patienten der MAPN- und acht Patienten der

MC-Gruppe vor. Frühpostoperativ zeigte sich diesbezüglich keine wesentliche Änderung.

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Vergleichsstudie 94

Präoperativ

ja

Frühpostoperativ

ja

nach 6 Monaten

ja

MAPN 13 13 3

MC 8 10 3

Tab. 19 Kontrastmittelaufnahme der ipsilateralen Nervenwurzel

3.3.3.5. Ergebnisse der schrittweisen multiplen linearen Regression

Die für die Kernspintomographiestudie festgelegte Zielgröße war die Summen-VAS. Bei

der schrittweisen linearen Regression wurde daher die Summen-VAS als abhängige

Variable definiert. Es wurden die radiologischen Einflussfaktoren unmittelbar

postoperativ und nach sechs Monaten analysiert. Bei dem ersten Model (unmittelbar

postoperativ) gingen die Höhe des Zwischenwirbelraumes nach 48 Stunden, der

Ödemwinkel, die Seromgröße, der Wurzelkontakt nach 48 Stunden, der Rest-

Bandscheibenvorfall sowie die Kontrastmittelaufnahme der Wurzel als unabhängige

Variablen ein. Im Ergebnis blieben der Ödemwinkel und die Höhe des

Zwischenwirbelraumes als signifikante Einflussfaktoren auf die Summen-VAS 48

Stunden postoperativ übrig (R2 beider Faktoren = 0,3). Das bedeutete, die

Zwischenwirbelraumhöhe und der Ödemwinkel erklärten 30 % der Varianz der Summen-

VAS. Je kleiner die Zwischenwirbelraumhöhe desto größer war die Summen-VAS.

Umgekehrt verhielt sich der Ödemwinkel (Graphik 15).

Graphik 15 Beziehung von Ödemwinkel bzw. der Zwischenwirbelraumhöhe zur Summen-VAS (rot

MC, grün MAPN)

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Vergleichsstudie 95

Über das Verfahren der „linearen Variablenvorhersage“ ließ sich aus der individuellen

Zwischenwirbelraumhöhe und dem Ödemwinkel die Summen-VAS berechnen.

Im Diagramm (Graphik 16) fielen drei Ausreißer auf. Als Gemeinsamkeit wiesen zwei

davon die Eigenschaften – weiblich, arbeitslos, Mittelalter und Duraleck auf.

In das zweite Model gingen als abhängige Variable die Summen-VAS nach sechs

Monaten und als unabhängige Variable die Zwischenwirbelraumhöhe, der Wurzelkontakt

nach sechs Monaten sowie das epidurale und intramuskuläre Narbengewebe ein. Es

konnte kein signifikanter Einflussfaktor auf die Summen-VAS zum Zeitpunkt sechs

Monate postoperativ gefunden werden.

3.4. Diskussion Um ein neues Verfahren zur operativen Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen

zu evaluieren, war ein Vergleich mit der als Goldstandard geltenden, mikrochirurgischen

Operationstechnik zwingend erforderlich. Dieser Vergleich wurde im Rahmen einer

prospektiven, randomisierten Studie getätigt. Die Studie war bizentrisch angelegt und von

einer zusätzlichen Kernspintomographiestudie begleitet.

Als primärer Studienparameter wurde die Operationsdauer gewählt. Dies begründete sich

einerseits darin, dass die Operationszeit ein relevanter Kostenfaktor ist und andererseits

basierend auf den Erfahrungen mit der MAPN-Technik, dass in Bezug auf die

Operationsdauer Unterschiede zur mikrochirurgischen Technik zu erwarten waren. Die

Summen-VAS als individuelles globales Schmerzmaß war der wichtigste sekundäre

Outcome-Parameter. Ziel der radiologischen Begleitstudie war es, mögliche

morphologische Einflussgrößen (tertiäre Outcome-Parameter) auf die Summen-VAS zu

erfassen.

Graphik 16

Verhältnis zwischen errechneter und tatsächlicher

Summen-VAS (rot MC, grün MAPN)

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Vergleichsstudie 96

3.4.1. Operative und klinische Ergebnisse Ausgangssituation

Zur Beurteilung der präoperativen Ausgangssituation wurden das Patientenalter, die

Anamnesedauer für Rücken- und Beinschmerz, der Oswestry-Score, die Visuelle Analog

Skala differenziert nach Rücken und Beinschmerz zu Grunde gelegt. Es bestanden

diesbezüglich keine signifikanten Gruppenunterschiede.

Operationszeit

Die Operationsdauer ist ein entscheidender Parameter zur Beurteilung der Sinnhaftigkeit

neuer Verfahren. Daher war es von größter Bedeutung, dass die MAPN-Technik nicht

zeitkonsumierender ist als das mikrochirurgische Verfahren. Bei den Voruntersuchungen

zu dieser klinischen Studie fiel sogar auf, dass nach entsprechender Lernkurve die

Operationszeiten bei MAPN kürzer waren als bei Verwendung der mikrochirurgischen

Technik. Dies war ein weiteres Argument dafür, die Operationszeit als primären

Outcome-Parameter festzulegen.

Die ANOVA ergab eine starke Ort-Verfahren-Interaktion. Aus diesem Grund wurde in

der weiteren Auswertung eine Trennung der Ergebnisse zwischen Bad Berka und

Magdeburg vorgenommen. So zeigte sich in Bad Berka eine hochsignifikant kürzere

Operationsdauer bei MAPN (33,3 Min.) gegenüber 57,8 Min. bei MC. In Magdeburg war

kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Operationszeiten bei MAPN und

mikrochirurgischer Technik erkennbar. Immerhin betrug der zeitliche Unterschied bei

MAPN in Bad Berka und bei MAPN in Magdeburg 17 Minuten. So konnte auch durch

Korrelationstestung keine erkennbare Lernkurve in Magdeburg nachgewiesen werden.

Dies bedeutete wiederum, dass dieses Verfahren der MAPN nicht ohne weiteres

exportierbar ist. An dieser Stelle musste kritisch eingeschätzt werden, dass die

Problematik der „Lernkurve“ verkannt wurde. Auch in Bad Berka lagen die

Operationszeiten bei den ersten MAPN (siehe Abschnitt 2.1.2.) sogar bei 69 Minuten. Bis

zum Zeitpunkt des Studienbeginns waren allerdings in Bad Berka über 300 Patienten, in

Magdeburg 10 Patienten in dieser Technik versorgt worden. Offenbar bedarf es einer weit

höheren Anzahl von Operationen in dieser Technik, um zu einer signifikanten

Verringerung der Operationszeit im Vergleich zur mikrochirurgischen Technik zu

gelangen.

Da die Arbeitsschritte nach Eröffnung des Spinalkanales bei beiden Techniken identisch

waren, erklärte sich ein Zeitvorteil bei MAPN nur über die Dauer des operativen

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Vergleichsstudie 97

Zuganges und die Dauer des Wundverschlusses. Dies fand sich in Bad Berka statistisch

hochsignifikant bestätigt. So betrug dort die Dauer für den operativen Zugang bei MAPN

3,3 und bei MC 11,8 Minuten sowie für den Wundverschluss bei MAPN 2,8 und bei MC

10,1 Minuten. In Magdeburg konnten auch statistisch signifikante Differenzen zwischen

den Zeiten für die Dauer des Wundverschlusses zugunsten der MAPN ermittelt werden.

Die operativen Zugangszeiten wiesen in Magdeburg allerdings keine

Gruppenunterschiede auf.

An dieser Stelle sei folgendes Gedankenspiel erlaubt. Da sich gezeigt hatte, dass das

Verfahren der MAPN nicht ohne weiteres mit einem Zeitgewinn an ein anderes Zentrum

exportierbar ist, ergeben sich im Sinne einer Gegenrechnung erhebliche

Investitionskosten in Bezug auf die extrem lange Lernkurve. Trotzdem ist und bleibt die

Operationsdauer ein erheblicher Kostenfaktor. Im Bad Berkaer Kollektiv, 50 Patienten

umfassend, lag die durchschnittliche Operationsdauer bei MAPN mit 25 Minuten unter

der der mikrochirurgischen Technik. Setzt man die Kosten für eine OP-Minute mit 93,3

US-Dollar [Testimony 2004] an, so ergibt sich allein in dieser Studie, wenn alle Bad

Berkaer Patienten in MAPN-Technik operiert worden wären, eine rein theoretische

Kosteneinsparung von 58.312,5 Dollar (48.593,7 €). Nach Daten aus dem Bereich der

gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) machen minimalinvasive (endoskopische)

Eingriffe derzeit etwa einen Anteil von 5 % an allen lumbalen Bandscheibenoperationen

aus [Lühmann 2005]. Im Umkehrschluss würde dies bedeuten, dass bei rund 70.000

Bandscheibenoperationen im Jahr in Deutschland [Kast 2000] etwa 66.500 in

mikrochirurgischer Technik durchgeführt werden. Unter Verwendung der MAPN-

Technik und unter Zugrundlegung der Bad Berkaer Operationszeiten könnten dann,

ebenfalls nur rein theoretisch 155.111.250 Dollar (rund 129 Millionen €) an Kosten für

Operationszeiten pro Jahr eingespart werden. Allerdings erst nachdem eine entsprechende

Lernkurve überwunden wurde.

Weitere Operationsergebnisse und postoperative Komplikationen

In Bezug auf den intraoperativen Blutverlust konnten im Bad Berkaer MAPN-Kollektiv

hochsignifikant bessere Ergebnisse erzielt werden. Dieser Fakt war dadurch erklärbar,

dass es aufgrund der geschlossenen Wandungen des Arbeitskanals praktisch zu keiner

Blutung aus dem Zugangsbereich kam. Dies erleichterte auch die Arbeitsschritte im

Spinalkanal. Der nicht geringere Blutverlust im Magdeburger MAPN-Klientel gegenüber

der mikrochirurgischen Gruppe erklärt sich über die längere Operationszeit.

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Vergleichsstudie 98

Die entnommene Menge des Bandscheibenmaterials war mit durchschnittlich 1,4 g

zwischen beiden Therapiearmen und beiden Orten identisch. Auch bei den intraoperativen

Komplikationen (fünf Duraverletzungen) gab es keine signifikanten Verfahrens- und

Ortsunterschiede.

Im Nachbeobachtungszeitraum mussten sieben Patienten nachoperiert werden, fünf

Patienten an einem echten Rezidiv-Bandscheibenvorfall (gleiche Seite, gleiche Höhe,

nach beschwerdefreiem Intervall) und zwei Patienten aufgrund einer zunehmenden

Segmentdegeneration. Weitere Komplikationen, wie Wundinfektionen oder

Spondylodiszitiden mussten erfreulicherweise nicht registriert werden.

Neurologische Situation

Die Verbesserung der motorischen Ausfallssymptomatik konnte ebenfalls Hinweise auf

die Effektivität der operativen Entlastung der neuronalen Strukturen geben. Im

postoperativen Verlauf bildeten sich die motorischen Ausfälle bei 83 % und die sensiblen

Defizite bei 68 % der Patienten komplett zurück (siehe Abschn. 3.3.2.4.). Diesbezüglich

konnten keine Gruppenunterschiede konstatiert werden.

Schmerzsituation

Zur Erfassung der Schmerzsituation wurden einerseits die VAS und der Oswestry-Score

und andererseits der zusätzliche Analgetikabedarf innerhalb der ersten 48 postoperativen

Stunden verwandt.

Die Summen-VAS als Maß für die individuelle Gesamtschmerzbelastung war der

sekundäre Haupt-Outcome-Parameter. Zunächst konnte in beiden Therapiearmen eine

hochsignifikante und über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum anhaltende

Verringerung auf der Summen-VAS erreicht werden. Dies war wesentlich für die

Evaluierung beider Verfahren. In Bad Berka fanden sich unmittelbar postoperativ, nach

acht Wochen und sechs Monaten hochsignifikant geringere Summen-VAS-Werte in der

MAPN-Gruppe. Zum Ende des Nachbeobachtungszeitraumes näherten sich beide

Therapiearme in Bad Berka in ihren Werten wieder an. In Magdeburg gab es keine

signifikanten Gruppenunterschiede im Verlauf der Summen-VAS-Werte. Daraus konnte

der Schluss gezogen werden, dass die MAPN-Patienten in Bad Berka möglicherweise

aufgrund der kürzeren Operationszeiten bezüglich der Gesamtschmerzbelastung im

frühen (bis sechs Monate) postoperativen Verlauf von der Operationstechnik profitierten.

Wäre die geringere Gesamtschmerzbelastung bei den Bad Berkaer MAPN-Patienten der

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Vergleichsstudie 99

geringeren Invasivität des Verfahrens zu schulden, müssten die Magdeburger MAPN-

Patienten gleichfalls profitieren, was aber nicht der Fall war.

Dass sich am Ende des Nachbeobachtungszeitraumes sowohl in Bad Berka als auch in

Magdeburg beide Therapiearme soweit annäherten, dass keinerlei signifikante

Unterschiede mehr nachweisbar waren, widersprach etwas der unter Kapitel. 1.3.

formulierten Hypothese, „dass ein minimiertes Zugangstrauma zu einer geringeren

Schmerzsymptomatik mit weniger Tendenz zur Chronifizierung führt“. Es widerspiegelte

sich in den Ergebnissen ganz klar die Tatsache, dass ein kleinerer Hautschnitt nicht

zwangsläufig zu weniger Schmerz führte.

Bei der Auswertung des Verlaufes des Oswestry-Scores konnte ebenfalls bestätigt

werden, dass beide Verfahren zu einer hochsignifikanten, über den

Nachbeobachtungszeitraum anhaltenden Verbesserung führten. Es gab weder zwischen

den beiden Therapiearmen noch zwischen den Orten signifikante Unterschiede im

Verlauf.

Die Untersuchung des zusätzlichen Analgetikabedarfs innerhalb der ersten 48

postoperativen Stunden ergab hochsignifikant höhere Werte für die in mikrochirurgischer

Technik operierten Patienten in Bad Berka, was mit den längeren Operationszeiten in

diesem Kollektiv erklärbar war.

Am Ende des Nachbeobachtungszeitraumes benötigten 92 % der Patienten entweder

keine oder weniger Analgetika im Vergleich zur präoperativen Situation. Es fanden sich

keine Unterschiede zwischen den Verfahren und Orten.

Weitere Ergebnisse

Beide Operationsverfahren fanden bei den Patienten große Akzeptanz. Bis auf sechs

Ausnahmen würden sich alle Patienten wieder mit der entsprechenden Methode operieren

lassen.

Alle Patienten, die präoperativ einer beruflichen Tätigkeit nachgingen, nahmen diese

innerhalb von 14 Wochen wieder auf. Es konnten diesbezüglich keine Unterschiede

zwischen den Gruppen gefunden werden.

Wie unter Abschnitt 3.3.2.4. gezeigt, hatte die Anschlussheilbehandlung keinen Einfluss

auf die klinischen Ergebnisse. Somit blieb die Operationstechnik als Hauptfaktor für die

Ergebnisse entscheidend.

Die postoperative Verweildauer ist ebenso wie die Operationszeit ein erheblicher

ökonomischer Faktor, besonders auch unter den DRG-Bedingungen. Bezüglich der

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Vergleichsstudie 100

postoperativen Verweildauer gab es ebenfalls eine Ort-Verfahren-Interaktion. So war die

kürzere Verweildauer bei MAPN letztlich nur signifikant im Bad Berkaer Kollektiv

nachweisbar. Zugegebenermaßen war die postoperative Verweildauer ein sehr „weicher“

Parameter, der von vielen subjektiven Dingen beeinflusst wurde. Im Bad Berkaer MAPN-

Kollektiv lag die durchschnittliche postoperative Verweildauer mit 1,1 Tagen unter der

der MC-Gruppe. Da dem Autor nur verwertbares Datenmaterial aus der Schweiz in Bezug

auf die Kosten pro stationären Behandlungstag bei operierten lumbalen

Bandscheibenvorfällen vorlag, wurde dieses dem folgenden Rechenexempel zugrunde

gelegt. Ein stationärerer Behandlungstag wurde mit 3.283 Fr. = 2052 € (Neurochirurgie)

bzw. 2.288 Fr. = 1430 € (Orthopädie) berechnet [Lühmann 2005]. Bei den postulierten

66.500 mikrochirurgischen Bandscheibenoperationen pro Jahr in Deutschland, wenn diese

alle unter stationären Bedingungen und in MAPN-Technik unter Zugrundelegung der Bad

Berkaer Zahlen durchgeführt worden wären, könnten hochgerechnet bei einer kürzeren

Verweildauer von ca. einem Tag 136.458.000 € (Neurochirurgie) bzw. 95.095.000 €

(Orthopädie) stationäre Behandlungskosten eingespart werden. Hinzu kämen dann noch

die oben errechneten 129 Mill. € an eingesparter Operationszeit, so dass (rein theoretisch)

etwa 200 Mill. € durch Verwendung der MAPN-Technik nach Bad Berkaer Vorbild in der

operativen Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen in Deutschland pro Jahr

weniger von den Krankassen ausgegeben werden müssten. Wie bereits erwähnt ist dies

nur ein Rechenbeispiel, welches sehr angreifbar ist und sollte daher auch nicht

überbewertet werden. Aber dass tendenziell eine Kostenreduktion möglich ist, dürfte

unstrittig sein.

3.4.2. Literaturvergleich der operativen und klinischen Ergebnisse Die Ergebnisse im Vergleich zwischen MAPN- und MC-Technik wurden in den

vorangegangenen Abschnitten diskutiert. Aus diesem Grund erfolgt unter diesem

Abschnitt der Vergleich der Gesamtergebnisse der Studie mit Angaben aus der Literatur.

Operationsdauer

Die mittlere Operationsdauer bei der mikrochirurgischen Technik wurde in einer größeren

Studie von GOFFIN (1994) mit 60 Minuten angegeben. MURAMATSU (2001) und

FOUNTAS (2004) berichteten über eine mittlere Operationsdauer unter Benutzung der

gleichen Technik von 73,4 bzw. 70,8 Minuten. Bei der konventionell offenen Technik gab

NAKAGAWA (2003) 79 Minuten an. Bei endoskopisch unterstützten Verfahren mit

direkter Visualisation des Spinalkanales bewegten sich die in der Literatur verfügbaren

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Vergleichsstudie 101

Angaben zur Operationsdauer zwischen 60 Minuten [Brayda-Bruno 2000], 97 Minuten

[Perez-Cruet 2002], 105,7 Minuten [Muramatsu 2001] und 136 Minuten [Huang 2001].

Damit lag die durchschnittliche Operationsdauer (MAPN und MC) von 49 Minuten in

dieser hier vorgestellten Studie deutlich unter den Werten aus der Literatur.

Reoperationen, Komplikationen und intraoperative Ergebnisse

ÖSTERMAN (2003) gab die Reoperationsrate nach lumbalen Bandscheibeneingriffen in

einer Population von 35.309 Patienten in einem Zeitraum von 11 Jahren mit 14 % an. In

großen Kohorten- und Populations- basierten Studien konnte eine Revisionsrate von 5 –

19 % in einem 4 -10 jährigen Nachbeobachtungszeitraum ermittelt werden [Atlas 2001,

Ciol 1994, Bruske-Hohfeld 1990, Hu 1997, Keskimäki 2000, Malter 1998]. In kleineren

klinischen Serien bewegte sich die Revisionsrate zwischen 4 und 11 % bei einem

Nachbeobachtungszeitraum von bis zu drei Jahren [ Fountas 2004, Goffin 1994, Goald

1978, Hudgins 1983, Lewis 1987, Maroon 1986, Williams 1978]. Mit einer Revisionsrate

von 7 % im Einjahreszeitraum lag das Ergebnis der vorliegenden Studie im Rahmen der

Literaturangaben.

Intraoperative Komplikationen traten in dieser Studie lediglich in Form von

Duraverletzungen auf, die allesamt ohne weitere Konsequenzen blieben. Die Häufigkeit

betrug 5 % und liegt damit geringfügig höher als die in der Literatur verfügbare Zahl einer

großen Sammelstatistik [Oppel 1977] von 3,7 %.

Der intraoperative Blutverlust wurde von MURAMATSU (2001) bei der

mikrochirurgischen Technik mit 59,1ml und bei der Benutzung eines endoskopischen

Verfahrens mir direkter Visualisation des Spinalkanals (MED) mit 12,1ml beziffert. Die

Differenz zwischen beiden Techniken war signifikant (p<0,005). Ein ebenfalls signifikant

geringerer Blutverlust unter Verwendung der MAPN-Technik konnte in der vorliegenden

Studie in Bad Berka nachgewiesen werden. Einen deutlich höheren intraoperativen

Blutverlust unter Benutzung der mikrochirurgischen Technik gab FOUNTAS (2004) mit

186 ml an.

Bezüglich der intraoperativ entnommen Menge an Bandscheibenmaterial fand sich in der

Literatur nur eine Studie [Fountas 2004], in der in mikrochirurgischer Technik

durchschnittlich 2,1 g bei 106 Patienten entnommen wurden. Es zeigte sich dabei kein

signifikanter Einfluss auf die Langzeitergebnisse (Reoperationen und OSW). Die deutlich

größere Menge von entnommenen Bandscheibenmaterial in der Arbeit von FOUNTAS

(2004) erklärt sich über die Tatsache, dass in diesem Kollektiv neben der Entfernung der

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Vergleichsstudie 102

Sequester das Bandscheibenfach zusätzlich partiell mit ausgeräumt wurde. In der

vorliegenden Studie wurde sowohl in Bad Berka als auch in Magdeburg, wann immer

operationstechnisch vertretbar, auf eine zusätzliche Ausräumung des Bandscheibenfaches

verzichtet, um Rezidivbandscheibenvorfällen durch eine zusätzliche iatrogen Schwächung

des hinteren Längsbandes und des Anulus fibrosus nicht Vorschub zu leisten.

Im Verlauf des Nachbeobachtungszeitraumes waren in dieser Studie keine weiteren

Komplikationen zu verzeichnen. Es traten weder iatrogene Spondylodiszitiden (in der

Literatur mit 0,1 – 3,0 % angegeben [Tronnier 1992]) noch Wundheilungsstörungen (2 %

in der Literatur [Türeyen 2003]) im Verlauf auf. Auch mussten keine operationsbedingten

Nervenwurzelläsionen, in der zugrunde liegenden Literatur immerhin mit 0,84 % erwähnt

[Lühmannn 2005], registriert werden.

Weitere klinische Ergebnisse im Vergleich

Die Beurteilung der klinischen Ergebnisse nach lumbaler Bandscheibenoperation

gestaltete sich im Literaturvergleich schwierig, da unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe

zu Grunde lagen. FRYMOYER (1978) berichteten in einer retrospektiven Studie mit einer

minimalen Nachbeobachtung von 10 Jahren über 38 % schlechte Resultate. 23 %

persistierende schwerwiegende Rückenschmerzen und 45 % fortbestehende Ischialgien

fand DVORAK (1988). SALENIUS (1977) untersuchte 886 Patienten über einen

Zeitraum von sechs bis 11 Jahren nach. Er fand am Ende des

Nachbeobachtungszeitraumes 56 % gebesserte, 36 % unveränderte und 8 %

verschlechterte Patienten. DAVIS (1994) beobachtete ein 984 Patienten umfassendes

Kollektiv über einen durchschnittlichen Zeitraum von 10,8 Jahren nach. Unter

Zugrundelegung der Prolo Functional Economic Outcome Rating Scale [Prolo 1986]

konnten 89 % (Prolo-Score 8-10) gute Ergebnisse erzielt werden. Vergleichbar waren die

Bewertungsmaßstäbe von Macnab [Macnab 1990] und Stauffer-Coventry`s evaluating

criteria [Staufer 1990]. Auf Bewertungsbasis der Stauffer-Coventry-Kriterien beschrieb

LOUPASIS (1999) bei 109 Patienten am Ende des mittleren Follow up von 12,2 Jahren

bezüglich der Ischialgie 53 % exzellente, 32 % gute, 8 % unveränderte, 3 % mäßige und

4 % verschlechterte Ergebnisse. Basierend auf dem „Japanese Orthopaedic Accociation

Score for Low Back Pain“ (JOA Score) [Yorimitsu 2001] konnten hinsichtlich der

Rückenschmerzproblematik bei 131 Patienten mit einem Nachbeobachtungszeitraum von

10 Jahren bei 75 % der Patienten gute Resultate erzielt werden [Yorimitsu et al. 2001].

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Vergleichsstudie 103

Unter Zugrundelegung, dass ein VAS-Wert von 1 ein sehr gutes, ein gebesserter VAS-

Wert ein gutes bis befriedigendes Ergebnis und ein verschlechterter VAS-Wert im

Vergleich zur präoperativen Ausgangssituation ein schlechtes oder unbefriedigendes

Ergebnis darstellte, konnten über 90 % sehr gute bis befriedigende Ergebnisse in der

vorliegenden Studie sowohl in Bad Berka als auch in Magdeburg erzielt werden. Damit

bewegten sich die erreichten Operationsergebnisse in Bezug auf die klinischen Parameter

voll in den seitens der verfügbaren Literaturdaten gesteckten Grenzen.

Bei der Zusammenschau der klinischen Ergebnisse im postoperativen Verlauf bis zum

Zeitpunkt 48 Stunden fiel ein signifikant höherer zusätzlicher Analgetikabedarf im

mikrochirurgisch operierten Bad Berkaer Kollektiv auf. Diesbezüglich fanden sich keine

vergleichbaren Daten in der Literatur. Ein Grund hierfür könnte die längere

Operationsdauer (57,8 Min.) in diesem Kollektiv sein.

Im Rahmen einer schwedischen Analyse, die einen Zeitraum von 12 Jahren und ein

Patientenkollektiv mit 27.576 lumbalen Bandscheibenoperationen umfasste, konnte eine

stationäre Verweildauer von fünf bis neun Tagen ermittelt werden [Jansson et al. 2004].

Deutlich darüber lagen die postoperativen Verweildauern mit 8,1 bis 23,8 Tagen in der

Studie von MURAMATSU (2001). SCHWETLICK (1998) gab in seinem

Patientenklientel eine mittlere stationäre postoperative Verweildauer von vier Tagen an.

Dies entsprach nahezu den Ergebnissen dieser Studie mit einer durchschnittlichen

postoperativen Verweildauer von fünf Tagen im Gesamtkollektiv. Im Bad Berkaer

Kollektiv konnte eine unterdurchschnittliche Verweildauer von 3,8 Tagen erreicht

werden. Dies war im Vergleich zur mikrochirurgischen Gruppe signifikant kürzer. Eine

ebenfalls signifikant (p<0,005) kürzere postoperative Verweildauer fand MURAMATSU

(2001) bei einem Patientenkollektiv, operiert mit einem endoskopischen Verfahren mit

direkter Visualisation des Spinalkanals (MED) im Vergleich zur mikrochirurgischen

Technik.

ANDREWS (1990) und WILLIAMS (1978) bezifferten die Dauer der Arbeitsunfähigkeit

mit 5,2 Wochen, MURAMATSU (2001) mit zwei bis drei Monaten. In dem

beschriebenen Studienkollektiv betrug im Vergleich die Arbeitsunfähigkeitsdauer

maximal 14 Wochen. 77 % der in Beschäftigung stehenden Patienten nahmen ihre

berufliche Tätigkeit innerhalb von acht Wochen wieder auf. An diesen Zahlen zeigte sich,

dass die Arbeitsunfähigkeitsdauer in Deutschland und auch in Japan doch wesentlich

länger ist, als in den Vereinigten Staaten.

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Vergleichsstudie 104

YORIMITSU et al. (2001) fanden in ihrem 131 Patienten umfassenden Kollektiv 81 %

senso-motorische Ausfälle. Dies entsprach den Daten der vorliegenden Studie, in der bei

82 % der Patienten neurologische Ausfallserscheinungen festgestellt wurden. Bei 17 %

der Patienten blieben motorische und bei 32 % sensible Ausfälle in der vorgestellten

Studie als Residuen zurück. In der Studie von YORIMITSU et al. (2001) wurden 14,3 %

und 31,7 % schwerwiegende (70 -100 % Funktionsverlust) neurologische Defizite erfasst.

Zusammenfassend konnte eingeschätzt werden, dass die hier vorgestellte Studie, mit

Ausnahme der Häufigkeit der Duraverletzungen und der Dauer der Arbeitsunfähigkeit,

mit den in der Literatur verfügbaren Daten vergleichbare, zum Teil deutlich bessere

Ergebnisse lieferte.

3.4.3. Kernspintomographische Parameter In diese Studie wurden die 50 in Bad Berka operierten Patienten eingeschlossen. Ziel der

Studie war es, Einflussgrößen (tertiäre Studienparameter) auf den sekundären Haupt-

Outcome-Parameter, die Summen-VAS, zu den Zeitpunkten frühpostoperativ und nach

sechs Monaten zu finden. Zwei Modelle (frühpostoperativ und nach sechs Monaten)

wurden durch die schrittweise lineare Regression untersucht. Zum frühpostoperativen

Zeitpunkt konnte der Ödemwinkel und die Höhe des Zwischenwirbelraumes zusammen

mit einem R2 von 0,3 als Einflussfaktoren auf die Summen-VAS gefunden werden. Im

zweiten Modell zum Zeitpunkt 6 Monate postoperativ konnte kein Parameter ermittelt

werden. Dies wiederum bedeutet, dass wir mit unseren radiologisch erfassbaren

Parametern zumindest zum Endpunkt der Kernspintomographiestudie nach sechs

Monaten keine Einflussgrößen auf die Schmerzsituation finden konnten.

Präoperative Ausgangssituation

Durch die Randomisierung sollten Gruppenunterschiede bezüglich der Alters- und

Geschlechtsverteilung sowie bei den Schmerzparametern eliminiert werden. Im

präoperativen MRT wurden die Größe des Bandscheibenvorfalles indirekt über das

Ausmaß der Wurzelkompression und –verlagerung bestimmt. Gruppenunterschiede

bestanden nicht. Bei immerhin 21 Patienten konnte präoperativ ein

Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel, als Korrelat für eine evidente

Schrankenstörung [Kobayashi 1993, Olmarker 1989], gesichert werden. In der Literatur

finden sich nur wenige aussagekräftige Arbeiten zu dieser Problematik. Dass eine

radikuläre Kontrastmittelaufnahme in Zusammenhang mit einem Bandscheibenvorfall

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Vergleichsstudie 105

auftreten kann, war unbestritten. Offen bleibt die Frage nach dem prozentualen Anteil von

kontrastmittelaufnehmenden Nervenwurzeln auch in Bezug auf die Größe des

Bandscheibenvorfalles. MURAMATSU (2001) fand bei 40 Patienten mit

operationsbedürftigem lumbalen Bandscheibenvorfall 35 radikuläre

Kontrastmittelaufnahmen, TOYONE (1993) bei 17 von 25 Patienten, in der vorliegenden

Studie bei 21 von 50 Patienten. Offen bleibt die Frage, warum im vorliegenden

Patientenkollektiv (42%) im Vergleich zu den beiden genannten Arbeiten mit 87.8% bzw.

68% ein präoperatives radikuläres Enhancement in deutlich geringerer Frequenz

nachwiesen werden konnte. Möglicherweise war dies mit einem geringeren

Erfahrungsschatz der bearbeitenden Radiologin erklärbar. JINKINS (1993), TANEICHI

(1994) und TOYONE (1993) beschrieben eine gute Korrelation der radikulären KM-

Anreicherung zur klinischen Symptomatik. Dies konnte in der eigenen Studie in dieser

Form nicht nachgewiesen werden. Es fanden sich weder eine Korrelation zur

Anamnesedauer noch zur Intensität der Ischialgie (VASBein). Diese Frage müsste in einer

größeren Studie näher untersucht werden. Die selektive Darstellung symptomatischer

Nervenwurzeln ist von großer klinischer Relevanz [Toyone 1993]. Nicht selten steht der

Kliniker vor der Problematik, dass Patienten eine klare radikuläre Symptomatik haben

aber das morphologische Korrelat dazu fehlt. In diesem Zusammenhang könnte das PET-

CT neue Ansätze bieten, da dieses unter Verwendung der entsprechenden Tracer über

eine bis zu 1000-fach höhere Sensitivität verfügt [Hör 1992]. Postoperative Untersuchungen

Höhe des Bandscheibenfaches

Die ANOVA ergab eine starke verfahrenunabhängige Zeit-Bandscheibenfachhöhen-

Interaktion. Die Veränderungen der Höhe des operierten Bandscheibenfaches gegenüber

dem Ausgangswert waren in der Post hoc-Testung zu beiden Zeitpunkten relevant. Die

Höhenzunahme im Zeitraum 24 bis 48 Stunden postoperativ ist möglicherweise auf die

perioperativ vermehrte Bettruhe rückführbar, da auch die kraniale Kontrollbandscheibe

eine signifikante Höhenzunahme zum früpostoperativen Zeitpunkt zeigte. Intraoperativ

wurden durchschnittlich 1,4 g Bandscheibengewebe pro Patient entnommen. Dieser Fakt

und die fortscheitende Bandscheibendegeneration haben zu einem statistisch signifikanten

Höhenverlust nach einem halben Jahr geführt. Die Höhe des operierten

Bandscheibenfaches war zu allen drei Zeitpunkten (präoperativ, früh postoperativ und

nach sechs Monaten) verringert gegenüber dem kranial benachbarten

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Vergleichsstudie 106

Zwischenwirbelraum. Eine verminderte Zwischenwirbelraumhöhe könnte Mitursache

tiefsitzender Lumbalgien sein [van Roy 2001]. Darüber erklärte sich dann auch der

signifikante Einfluss der Zwischenwirbelraumhöhe auf die Summen-VAS. Warum dieser

Effekt nach sechs Monaten nicht nachweisbar war, blieb ungeklärt.

Operatives Zugangstrauma in den dorsalen Weichteilen

Als Versuch einer Quantifizierung des Zugangstraumas wurden die maximale Fläche

eines vorhandenen Seroms bzw. Hämatoms in den dorsalen Weichteilen sowie der

Winkel zwischen Zugangsweg und lateraler Ödembegrenzung in der Muskulatur

ermittelt. Semiquantitative Aussagen über das Zugangstrauma in der paraspinalen

Muskulatur lieferten die Ödemausdehnung in Quadrantenmethode nach MURAMATSU

(2001) und in der Winkelmethode sowie die Beurteilung des intramuskulären

Narbengewebes nach sechs Monaten.

Etwas problematisch war in Einzelfällen die Bewertung der transversalen T2-gewichteten

Aufnahmen frühpostoperativ, wenn der Patient fettig degenerierte Muskulatur aufwies.

Besser wäre zur Bewertung eine fettunterdrückte Sequenz gewesen. Bei Patienten mit

sehr geringem Zugangstrauma war es in Einzelfällen in den frühpostoperativen

Aufnahmen schwierig, den operativen Zugangsweg überhaupt zu erkennen. Hilfreich

erwies sich in diesen Fällen die Subtraktion der transversalen T1-gewichteten Aufnahmen

vor und nach Kontrastmittelapplikation.

Im Ergebnis der schrittweisen linearen Regression zum frühpostoperativen Zeitpunkt

konnte neben der Zwischenwirbelraumhöhe der Ödemwinkel als Einflussfaktor auf die

Summen-VAS ermittelt werden. Dies ließ den vorsichtigen Schluss zu, dass sich die

Größe des intramuskulären Ödems proportional zur Summen-VAS verhielt, was

insgesamt auch durchaus logisch erschien, wenn man sich die lokalen

Schmerzmechanismen vergegenwärtigte. Insbesondere die muskulären Nozizeptoren aber

auch die Nozizeptoren anderer Weichteile des Rückens wie die Ligamente, Faszien und

Gelenkkapseln werden durch starke mechanische Reize (Traumen und Überlastung)

aktiviert [Mense 1985]. Nach CESARE (1997) und SNIDER (1998) verfügen nozizeptive

Nervenendigungen über vielfältige Rezeptoren für endogen Substanzen, unter anderem

auch für Adenosin-Triphosphat (ATP) und saure Valenzen (H+). Das in Muskelzellen in

hohen Konzentrationen vorkommende ATP wird bei Läsionen freigesetzt. Da die

muskulären Nozizeptoren bevorzugt perikappilär lokalisiert sind, reichen schon geringere

Traumen zur nozizeptiven Aktivierung aus. Neben ATP werden, wie bereits erwähnt, im

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Vergleichsstudie 107

Rahmen eines muskulären Traumas infolge entzündlicher Reaktionen und ischämischer

Zustände auch saure Valenzen frei, die zu einer zusätzlichen nozizeptiven Interaktion

führen. Zwei Mechanismen sind die Folge. Einerseits werden die resultierenden

Aktionspotentiale zum ZNS weitergeleitet, wo sie in Form von Schmerz bewusst

wahrgenommen werden. Andererseits kommt es nach MOLANDER (1987) über die

lokale Freisetzung von Neuropeptiden wie Substanz P, calcitonin gene-related peptides

und Somotostatin aufgrund der erhöhten Gefäßpermeabilität zu einem lokalen Ödem. So

kann sich ein lokaler Circulus vitiosus entwickeln, der das lokale Ödem und die

gesteigerte Aktivität der Nozizeptoren über eine bestimmte Zeit aufrechterhält.

In den Post hoc-Tests fand sich ein statistisch relevanter Unterschied zwischen beiden

Patientenkollektiven. Die mit der MAPN-Technik operierten Patienten wiesen in der

frühen postoperativen MRT-Kontrolle ein hochsignifikant geringeres Ödem in der

Winkelmessung und ein ebenfalls signifikant kleineres intramuskuläres Ödem nach der

Quadrantenmethode auf. Auch die intramuskuläre Ausdehnung des Seroms bzw.

Hämatoms war in der MAPN-Gruppe signifikant geringer.

Auch nach sechs Monaten konnte ein signifikanter Unterschied bei der intramuskulären

Narbenbildung zugunsten des MAPN-Kollektivs nachgewiesen werden. Die ODDS-

Ration ergab ein 16,4–fach höheres Risko zur intramuskulären Narbenbildung für

mikrochirurgisch operierte Patienten. Nebenbefundlich war nach sechs Monaten der

operative Zugangsweg bei 10 mikrochirurgisch operierten Patienten, jedoch nur bei einem

Patienten nach MAPN erkennbar.

Epidurale Veränderungen

Wie in zahlreichen Arbeiten belegt [Allgayer 1993, Braitinger 1987, Trattnig 1990], ist

die Magnetresonanztomographie unter Verwendung von Kontrastmittel eine exzellente

Methode, um mit hoher Treffsicherheit postoperatives Narbengewebe gegenüber anderen

Strukturen wie Rest- oder Rezidivbandscheibenvorfall abzugrenzen. ROSS (1987) hatte

ausgeprägte postoperative epidurale Veränderungen mit ödematös bedingter

raumfordernder Komponente und inhomogener Struktur beschrieben, die sich erst 2-3

Monate postoperativ zurück bildeten. Um reguläre postoperative Veränderungen

intraspinal nicht als pathologische Befunde fehlzudeuten, erfolgte die Beurteilung nur in

den Kernspintomogrammen nach sechs Monaten. Zu diesem Zeitpunkt war der Umbau

des postoperativen Granulationsgewebes in Narbengewebe weitgehend abgeschlossen.

ALLGAYER (1993) beschrieb im postoperativen Verlauf eine deutliche Abnahme der

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Vergleichsstudie 108

intraspinalen Kontrastmittelintensität. Dieses Verhalten war dadurch zu erklären, dass

sich zunächst stark vaskularisiertes Granulationsgewebe in gefäßärmeres Bindegewebe

umwandelte. Die Vaskularisation kann so weit abnehmen, dass sich ein KM-

Enhancement kaum noch beobachten lässt. [Hamm et al. 1993].

Insgesamt fand sich bei 68,7 % der Patienten eine nicht relevante epidurale

Narbenbildung und nur bei 6,3 % kräftiges Narbengewebe. Es konnten keine

Gruppenunterschiede im Hinblick auf die Ausprägung des epiduralen Narbengewebes

gefunden werden. Dies war allerdings auch nicht unbedingt zu erwarten, wenn man davon

ausgeht, dass die Arbeitschritte innerhalb des Spinalkanals bei beiden Techniken identisch

waren.

Rest- bzw. Rezidivbandscheibenvorfall und Dekompression der Nervenwurzel

Zur Auswertung der Kernspintomogramme mit der Fragestellung Rest-/Rezidiv-BSV war

es sinnvoll, die Spätaufnahmen (nach sechs Monaten) zu betrachten. Frühpostoperative

Untersuchungen liefern häufig falsch positive Befunde durch so genannte Pseudohernien

[Floris 1997, Kotilainen 1994].

In den kernspintomographischen Untersuchungen nach 6 Monaten war bei insgesamt 35

Patienten (18 MAPN, 17 MC) kein Restbefund nachweisbar. Der Verdacht auf einen

geringen, jedoch klinisch nicht relevanten, Rest- bzw. Rezidiv-BSV (Grad 2) bestand bei

10 Patienten (6 MAPN, 4 MC). Bei drei Patienten aus der MC-Gruppe musste der

Verdacht auf einen Rezidiv-BSV (Grad 4) nach sechs Monaten geäußert werden.

Allerdings hatten nur zwei Patienten eine neu aufgetretene geringe radikuläre

Symptomatik (siehe Tabelle 15). Das Operationsergebnis kann nicht nur anhand der

bildgebenden Diagnostik evaluiert werden. Dies belegen eine Reihe von Publikationen, in

denen bis zu 40 % Rezidiv- oder Restbandscheibenvorfälle bei asymptomatischen

Patienten beschrieben wurden [Deutsch 1993, Floris 1997, Grane 1998].

Zur Beurteilung der Wurzelkompression durch den Bandscheibenvorfall wurde eine

Graduierung von 1 bis 4 nach FLORIS (1997) verwandt. Anhand dieses Parameters und

der Zahl von Rest- bzw. Rezidivbandscheibenvorfällen konnte gezeigt werden, dass beide

Verfahren eine signifikante Entlastung der betroffenen Nervenwurzel erreichten und dass

es keine Unterschiede zwischen beiden Techniken gab. Die Resultate korrespondierten

mit den klinischen Sekundärparametern wie Summen-VAS und Oswestry-Score.

Wegen der relativ geringen Patientenzahl je Gruppe mussten die Resultate jedoch mit

Zurückhaltung interpretiert werden.

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Vergleichsstudie 109

Beurteilung der Kontrastmittelaufnahme in der Nervenwurzel

Das Kontrastmittelenhancement in der Nervenwurzel gilt als Zeichen einer gestörten

Blut-Nerven-Schranke, z.B. als Folge mechanischer oder entzündlicher Alterationen

[Olmarker 1989, Toyone 1993]. Die Bestimmung des Kontrastmittelenhancements der

betroffenen Nervenwurzel prä- und postoperativ sollte eine Aussage über das intraspinale

Operationstrauma liefern.

Bereits präoperativ wiesen 21 Patienten Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel auf,

bedingt durch die mechanische Alteration durch den Bandscheibenvorfall selbst. Dies ist

in der Literatur beschrieben [Muramatsu 2001, Toyone 1993]. Unmittelbar postoperativ

fanden sich nur zwei Patienten mit einer neu aufgetretenen Schrankenstörung bei den

mikrochirurgisch operierten Patienten. Die Aufnahmen nach sechs Monaten zeigten in

jeder Gruppe drei Patienten mit Kontrastaufnahme in der ipsilateralen Nervenwurzel. Bei

einem von diesen Patienten war prä- und unmittelbar postoperativ kein Enhancement

abgrenzbar. Ein Rest- oder Rezidiv-BSV war nicht nachweisbar, so dass es sich

möglicherweise um eine Fehlinterpretation durch Partialvolumenartefakte gehandelt hat.

Allen fünf übrigen Patienten gemeinsam war ein ausgedehnter präoperativer BSV (Grad

4) mit Kompression und Verlagerung der Nervenwurzel, so dass aus diesem Grund die

Schrankenstörung länger bestand. Zwei dieser Patienten wiesen zudem einen kleinen

Rezidiv-BSV (Grad 2) auf. Jedoch gab nur ein Patient eine erneute Zunahme der

Ischialgie an.

Es fand sich zwischen beiden Therapiearmen kein signifikanter Unterschied in der

Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel, insbesondere nicht auf den frühpostoperativen

Aufnahmen. Da nur zwei Patienten eine neu abgrenzbare KM-Aufnahme nach 24 Stunden

aufwiesen, kann man davon ausgehen, dass das zusätzliche intraoperative Trauma an der

Nervenwurzel bei beiden Operationsmethoden relativ gering ist. Auch MURAMATSU

(2001) fand keinen Unterschied in der radikulären Kontrastmittelaufnahme zwischen

einem mirkochirurgisch operierten und einem endoskopisch versorgten Patientenklientel

(MED). Allerdings zeigte sich in der Studie von MURAMATSU (2001) eine erhebliche

Zunahme der Patienten mit radikulärer Kontrastmittelanreicherung im unmittelbar

postoperativen Verlauf. Die Ursachen hierfür bleiben offen. Möglicherweise spielten

hierbei die deutlich längeren Operationszeiten bei MURAMATSU (2001) eine Rolle.

Ein postoperativer Zusammenhang zwischen KM-Aufnahme der Nervenwurzel und der

klinischen Symptomatik wurde in der Literatur in Abhängigkeit vom jeweiligen

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Vergleichsstudie 110

Studiendesign kontrovers diskutiert. JINKINS (1993) beschrieb in seiner Arbeit, dass

postoperativ nur ein Zusammenhang bestand, wenn der Operationszeitpunkt länger als

acht Monate zurücklag. GRANE (1998) ging bei einem postoperativen Enhancement

immerhin von einer guten Korrelation zum Beschwerdebild bei 84 % der Patienten aus,

während NYGAARD (1999) keine Korrelation fand. Die Ergebnisse von NYGAARD

(1999) deckten sich am ehesten mit den hier vorgestellten Befunden.

3.4.4. Beantwortung der Fragestellungen 1. War ein postulierter Operationszeitgewinn (primärer Outcome-Parameter) bei der

MAPN-Technik in Bad Berka auch unter den Bedingungen in einer prospektiven

und randomisierten Studie nachvollziehbar?

Es konnte ein deutlicher Zeitvorteil bei der MAPN gegenüber der mikrochirurgischen

Technik in Bad Berka erzielt werden.

2. War der postulierte Operationszeitgewinn auch an ein anderes Zentrum

exportierbar?

Der Operationszeitgewinn war im Rahmen dieser Studie mit den festgelegten

Fallzahlen nicht exportierbar.

3. Lieferten beide Verfahren eine Verbesserung der Summen-VAS (sekundärer

Hauptparameter) und gab es hierbei Unterschiede zwischen den Zentren?

Im Bad Berkaer Patientenklientel konnte bis zum Zeitpunkt sechs Monate

postoperativ eine signifikante Verbesserung der Summen-VAS in der MAPN-Gruppe

erreicht werden. Beide Verfahren lieferten an beiden Studienorten eine

hochsignifikante Verbesserung der Schmerzsituation über den gesamten

Nachbeobachtungszeitraum.

4. Gab es kernspintomographisch erfassbare Einflussgrößen (tertiäre Outcome-

Parameter) auf die Summen-VAS und gab es messbare Unterschiede im

Zugangstrauma zwischen beiden Verfahren?

Der signifikant geringere Ödemwinkel bei der MAPN und die

Zwischenwirbelraumhöhe waren klare Einflussparameter auf die Summen-VAS.

Zudem zeigte sich eine signifikant geringere Größe des postoperativen Seroms bei

MAPN. Das Risiko zur intramuskulären Narbenbildung war bei der

mikrochirurgischen Technik 16,4–fach erhöht.

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Vergleichsstudie 111

3.4.5. Grenzen der Studie Die Fallzahlabschätzung wurde für den primären Studienendpunkt, die Operationsdauer,

festgelegt. Daher mussten alle statistischen Aussagen, die sich auf sekundäre und tertiäre

Parameter bezogen, zurückhaltend bewertet werden. Um Aussagen zu klinischen

Ergebnissen wie Schmerzverläufe oder auch zu radiologischen Parametern im Vergleich

der zwei Therapiearme treffen zu können, sind weitaus größere Fallzahlen erforderlich.

Keine Berücksichtung fand der individuelle psychologische Faktor. Alle Patienten

mussten zur Teilnahme an der Studie einwilligen und wurden über das jeweilige

randomisierte Verfahren aufgeklärt. Das wiederum konnte unter Umständen eine

Stigmatisierung des Patienten mit Auswirkung auf die sekundären Outcome-Parameter

zur Folge gehabt haben.

Bei der Bewertung der radiologischen Parameter galt auch zu bedenken, dass die Intra-

Observer-Variabilität bei der Befundung nicht vollständig eliminiert werden konnte

[Gasperini 2001, Kornaat 2005]. Möglicherweise spielte dies eine Rolle bei der

Beurteilung der Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel. Hier lagen die Zahlen in der

vorgestellten Studie deutlich unter denen in der Literatur.

Letztendlich, in gedanklicher Anlehnung an die Arbeit von MOSELEY (2002), bleibt

insgesamt fraglich, ob das jeweilige Verfahren überhaupt einen Einfluss auf das Outcome

hat. Hierzu würde nur eine ähnlich angelegte prospektive und randomisierte Studie,

allerdings mit einem zusätzlichen Placeboarm bei dem der Arbeitskanal nur in die

Muskulatur eingebracht werden würde und der Spinalkanal ungeöffnet blieb, bessere

Aussagen liefern. Allerdings stößt eine Studie dieser Art an die ethischen Grenzen.

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Zusammenfassung 112

Zusammenfassung der Arbeit

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Zusammenfassung 113

In dieser Zusammenfassung sollen die wichtigsten Aspekte der Arbeit zum besseren

Gesamtverständnis herausgearbeitet werden.

Ausgangspunkt der Überlegungen zur Reduktion des Zugangstraumas bei Eingriffen im

Bereich der dorsalen Wirbelsäulenabschnitte war die lumbale Bandscheibenoperation. Bei

einer Inzidenz von 87 Operationen pro 100.000 Einwohner pro Jahr [Kast 2000] kann von

jährlich rund 70.000 lumbalen Bandscheibenoperationen in Deutschland ausgegangen

werden. Diese hohe Zahl von operativen Eingriffen bezogen auf die Indikation des

lumbalen Bandscheibenvorfalls erfordert Verfahren, die einerseits zeiteffektiv und sicher

sind sowie andererseits auch die Möglichkeit einer raschen Rehabilitation des Patienten

bieten. Ein kleiner Schritt in diese Richtung sollte die Entwicklung der so genannten

„Mikroskopisch assistierten perkutanen Nukleotomie“ (MAPN) [Greiner-Perth 2002]

darstellen. Es galt, entsprechend den Forderungen der Deutschen Agentur für Health

Technology Assessment des Deutschen Institutes für Medizinische Dokumentation und

Information [Lühmann 2005] das Verfahren der mikroskopisch assistierten perkutanen

Nukleotomie mit dem heutzutage üblichen Standardverfahren, der mikrochirurgischen

Bandscheibenoperationstechnik zu vergleichen.

Die vorliegende Arbeit umfasst zwei Haupteile:

Im ersten Teil wurden klinische Vorstudien unter Anwendung des mikroskopisch

assistierten perkutanen Zugangsverfahrens unter verschiedenen Indikationsstellungen im

Bereich der dorsalen Wirbelsäulenabschnitte vorgestellt.

Der zweite Teil der Arbeit beinhaltet eine prospektive, randomisierte klinische und

kernspintomographische Vergleichsstudie zwischen der mikroskopisch assistierten

perkutanen Nukleotomie (MAPN) und der mikrochirurgischen Technik zur operativen

Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls.

Klinische Vorstudien Nach der ersten dokumentierten Operation eines lumbalen Bandscheibenvorfalls durch

HEINRICH OPPENHEIM und FEDOR KRAUSE am 23.12.1908 und der Publikation

eines einheitlichen Krankheits- und Therapiekonzeptes durch MIXTER und BARR 1934

erlebte die lumbale Bandscheibenchirurgie einen massiven Aufschwung. Die

konventionell offenen Operationsverfahren [Williams 1978] wurden nach Einführung des

Operationsmikroskopes durch die so genannte mikrochirurgische Technik [Yasargil und

Caspar 1977] abgelöst. Die mikrochirurgische Operationstechnik gilt heute als

„Goldstandard“ (siehe auch Abschnitt 1.2.).

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Zusammenfassung 114

Der Gedanke von der Minimierung des operativen Zugangstraumas zog sich wie ein roter

Faden durch die Geschichte der Bandscheibenchirurgie. So erbrachten die

endoskopischen transdiskalen Verfahren [Onik und Hijikata 1975] sowie die

endoskopischen Verfahren über einen Mittellinienzugang mit direkter Darstellung des

Spinalkanales [Destandeau 1999 und Foley 1997] eine deutliche Reduktion des

muskulären Zugangstraumas [Muramatsu 2001]. Nachteilig erwies sich die

zweidimensionale Visualisation des Operationsgebietes. Daher lag der Schluss nahe, die

Vorteile der endoskopischen Verfahren im Hinblick auf das geringere muskuläre Trauma

mit dem Vorteil der dreidimensionalen Darstellungsweise unter dem

Operationsmikroskop zu kombinieren. Im Ergebnis der Entwicklung stand die so

genannte „Mikroskopisch assistierte perkutane Zugangstechnik“[Greiner-Perth 2002]. Bei

diesem Verfahren wird über einen 15 mm langen Hautschnitt die paraspinale Muskulatur

sanft aufgedehnt bis ein Arbeitkanal eingebracht werden kann. Alle weiteren Schritte

fanden unter dem Operationsmikroskop statt und entsprachen im Wesentlichen denen der

mikrochirurgischen Nukleotomie. Im Gegensatz zum mikrochirurgischen Vorgehen

wurde bei der MAPN-Technik die paraspinale Muskulatur nicht subperiostal von den

Dornfortsätzen und Wirbelbögen abgelöst, sondern nur sanft auseinander gedehnt. Davon

war eine Reduktion des muskulären Zugangstraumas zu erwarten. Das Zugangsprinzip

der transmuskulären Dilatation wurde auch bei anderen Indikationen im Bereich der

dorsalen Wirbelsäule verwandt (siehe unten). Hauptindikation ist und bleibt die operative

Behandlung des lumbalen Bandscheibenvorfalls.

Eine retrospektive Pilotstudie unter Verwendung dieser Zugangstechnik [Greiner-Perth

2002] konnte zeigen, dass die Ergebnisse hinsichtlich der klinischen Resultate, der

Nachoperationsrate, der postoperativen Verweildauer und der Wiederaufnahme der

beruflichen Tätigkeit mit denen der mikrochirurgischen Bandscheibenoperation

vergleichbar waren. Nur die Operationsdauer der ersten 43 Patienten operiert in der

MAPN-Technik lag mit neun Minuten über dem in der Literatur angegeben Durchschnitt

von 60 Minuten bei der mikrochirurgischen Technik [Goffin 1994].

Bis Februar 2001 wurden in Bad Berka insgesamt 299 MAPN durchgeführt. Hiervon

mussten 22 Patienten (7,4 %) innerhalb eines Mindestnachbeobachtungszeitraumes von

2,5 Jahren wegen Segmentinstabilitäten und Rezidiven nachoperierte werden. Von diesen

22 Patienten wurden sechs fusioniert und sechs in mikrochirurgischer Technik und 10

mittels MAPN-Technik nachoperiert. Es gab in diesem Gesamtkollektiv bisher keine

gravierenden Komplikationen wie iatrogene Spondylodiszitiden, ventrale

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Zusammenfassung 115

Gefäßverletzungen, Wundinfektionen und Liquorrhoen. Mit zunehmender Erfahrung

verringerte sich auch die Operationszeit erheblich.

Wie bereits beschrieben, wurden nach den guten Erfahrungen unter Zugrundelegung der

mikroskopisch assistierten perkutanen Zugangstechnik die Indikationen schrittweise

erweitert [Greiner-Perth 2005].

Bei intraforaminalen (lateralen) Bandscheibenvorfällen (siehe auch Abschnitt 2.2.1.)

bot die dort beschriebene Zugangtechnik [Greiner-Perth 2003] erhebliche Vorteile

gegenüber der konventionellen Technik nach WILTSE (1988), bei der die paraspinale

Muskulatur flächig von Wirbelbögen und -gelenken abgelöst werden musste. Der

Standardmittellinienzugang zum lateralen Bandscheibenvorfall implizierte in den meisten

Serien eine partielle Laminektomie sowie eine mediale Facettektomie. Alternativ hierzu

konnten bei der im genannten Abschnitt beschriebenen mikroskopisch assistierten

perkutanen Zugangstechnik sowohl die Wirbelbögen und –gelenke als auch die

paraspinale Muskulatur geschont werden. In einer Studie mit 15 Patienten ließ sich

zeigen, dass unter Anwendung dieser neuen Zugangstechnik gute klinische Resultate

erzielt werden konnten. Die mittlere Operationsdauer betrug 43 Minuten. Direkte

Vergleichszahlen waren in der Literatur nicht zu finden. Alle klinischen Parameter, wie

VAS für Rücken- und Beinschmerz sowie der Oswestry-Index konnten im

Nachbeobachtungszeitraum hochsignifikant verbessert werden. Es gab weder

intraoperative noch postoperative Komplikationen. Ein Revisionseingriff in gleicher

Technik durchgeführt, war auf Grund eines Rezidives erforderlich.

Ein erhebliches Problem hinsichtlich des Patientenalters und der damit verknüpften

Komorbiditäten stellten die sekundären Lumbalkanalstenosen dar (siehe auch Abschnitt

2.2.2.). Die klassische Dekompression beinhaltete eine weite Resektion der Lamina, des

Processus spinosus und der interspinösen Ligamente sowie Teile der Facettengelenke

[Heron 1989, Wiltse 1976]. In einer prospektiven Studie [Greiner-Perth 2004] wurden 38

Patienten mit degenerativen Lumbalstenosen mit einem Altersdurchschnitt von

73,2 Jahren über eine weniger invasive Zugangstechnik in Form der so genannten

„mikroskopisch assistierten perkutanen Dekompression“ (MAPD) operativ versorgt.

Ausschlusskriterien waren Instabilitäten wie degenerative Olisthesen oder Deformitäten

wie degenerative Lumbalskoliosen. Alle Studienparameter wie die VAS und der Oxford

Claudication Score konnten innerhalb des mittleren Nachbeobachtungszeitraumes von

32 Monaten hochsignifikant gegenüber der Ausgangssituation verbessert werden. Als

intraoperative Komplikationen traten zwei Duraverletzungen (5,2 %) auf. Zwei Patienten

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Zusammenfassung 116

(5,2 %) mussten sich aufgrund einer Nachblutung bzw. einer Residualstenose einer

Zweitoperation unterziehen. Im Regelfall wurden die Patienten noch am Operationstag

mobilisiert. Die postoperative Verweildauer betrug vier Tage. Da bei den operativen

Eingriffen die so genannte „undercutting“-Technik angewandt wurde, blieben die operativ

bedingten Einflüsse auf die segmentale Stabilität gering, was sich auch in den

postoperativen Verläufen widerspiegelt. Insbesondere im Hinblick auf das hohe

Patientenalter und der Komorbidität war eine rasche Mobilisation der Patienten

erforderlich. Nicht zuletzt unter diesem Aspekt stellt die mikroskopisch assistierte

perkutane Dekompression eine mögliche, weniger invasive Alternative bei der operativen

Behandlung von sekundären Lumbalkanalstenosen dar.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt fanden sich nur drei Berichte über die operative Behandlung

von Lumbalkanalstenosen mit vergleichbar geringer Invasivität in der Literatur [Palmer

2002, Khoo 2002 und Greiner-Perth 2004]. Alle drei genannten Studien wiesen Mängel

hinsichtlich der eingeschlossenen Patientenzahl, des zu kurzen Nachbeobachtungszeit-

raumes und der fehlenden Kontrollgruppen auf, so dass die Aussagekraft relativiert

werden musste.

Ein weiteres Anwendungsgebiet der mikroskopisch assistierten perkutanen

Zugangstechnik im Bereich der Lendenwirbelsäule war die Exstirpation von

symptomatischen Synovialzysten (siehe auch Abschnitt 2.2.4.). Von klinischer Relevanz

waren im Wesentlichen die anterior gelegenen Zysten, die zu einer Kompression der

neuralen Strukturen führen können [Delank 2004, Franke 2002, Houten 2003, Lyons

2000, Pirotte 2003, Sauvage 2000]. Bei einem akuten Eintreten einer radikulären

Symptomatik konnte in diesem Zusammenhang von einer Einblutung in die Zyste

ausgegangen werden [Tillich 2001]. In einer Studie, welche 11 Patienten umfasste,

wurden die kernspintomographisch oder mittels Myelographie mit nachfolgendem

Postmyelo-CT gesicherten intraspinalen Zysten unter Anwendung der mikroskopisch

assistierten perkutanen Zugangstechnik entfernt. Ausschlusskriterien waren

nachgewiesene Instabilitäten wie degenerative Olisthesen. Die Operationsdauer betrug

durchschnittlich 42 Minuten, vergleichbar der bei lumbalen Bandscheibenvorfällen. Der

minimale Nachbeobachtungszeitraum betrug 12 Monate. Innerhalb des

Nachbeobachtungszeitraumes waren keine Nachoperationen erforderlich. Die klinische

Symptomatik konnte in allen Fällen gebessert werden. Sieben Patienten waren

hinsichtlich der radikulären Symptomatik komplett beschwerdefrei.

Page 121: Zur Reduktion des operativen Zugangstraumas bei dorsalen ...greinerperth.de/PDF/habil.pdf · Die Autoren interpretierten den Befund als Enchondrom. Der entscheidende Schritt zu einem

Zusammenfassung 117

Auch im Bereich der Halswirbelsäule gab es pathologische Verhältnisse durch

degenerative Segmentveränderungen bedingt, welche zu einer vorwiegend dorsalen

Einengung der neuralen Strukturen führten (siehe auch Abschnitt 2.2.3.).

Foramenstenosen oder zentrale, ligamentär verursachte Kompressionen führten zu

zervikalen Radikulopathien und Myelopathien. Eine neue minimalinvasive

Zugangstechnik im Bereich der posterioren Halswirbelsäule wurde von BOEHM und

GREINER-PERTH (2003) beschrieben. In dieser 13 Patienten umfassenden Studie

konnte gezeigt werden, dass unter Anwendung der mikroskopisch assistierten perkutanen

Zugangstechnik gute Resultate bei der posterioren zervikalen Dekompression erreicht

werden können. Je nach Lokalisation der Pathologie kam die Technik der intervertebralen

Foraminotomie oder die interlaminäre Dekompression zur Anwendung. Nach bestem

Wissen wurde in der oben genannten Arbeit das Verfahren der interlaminären

Dekompression in minimalinvasiver Technik erstmals in der Literatur beschrieben.

Ein weiterer neuer Aspekt unter Einbeziehung der mikroskopisch assistierten perkutanen

Zugangstechnik waren Spondylitiden mit ausgedehnter epiduraler Abszedierung (siehe

auch Abschnitt 2.2.5.). Unstrittig war die Herdsanierung, welche zumeist in Form eines

ausgiebigen ventralen Debridements der betroffenen Bandscheibe mit nachfolgender

Fusion erfolgte [Hadjipavlou 2000, Hopf 1998, Klockner 2003, Krodel 1991, Schinkel

2003]. Bezüglich begleitender ausgedehnter epiduraler Abszesse (definiert als mehr als

sechs Wirbelkörperhöhen überschreitend) in Kombination mit einer Spondylodiszitis gab

es in der Literatur keine klaren Behandlungskonzepte. An fünf Patienten konnte gezeigt

werden, dass die Herdsanierung in der oben beschriebenen Form mit zusätzlicher

Entlastung des epiduralen Abszesses in minimalinvasiver Technik Erfolg versprechend

war. Hierbei wurde der Spinalkanal in ein oder zwei Segmenten, je nach Ausdehnung des

Epiduralabszesses, über einen mikroskopisch assistierten perkutanen Zugang eröffnet und

der Abszess unter Verwendung eines Silikonkatheters herausgespült. So konnte einerseits

eine suffiziente Abszessentlastung erreicht werden und andererseits das zusätzliche

muskuläre Trauma begrenzt werden.

Prospektive, randomisierte klinische und kernspintomographische

Vergleichstudie Klinische und operative Ergebnisse

Im Ergebnis der Vorstudie war die mittlere Operationsdauer bei der MAPN mit neun

Minuten eine deutlich längere als bei der mikrochirurgischen Nukleotomie. Zwar hatte

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Zusammenfassung 118

sich mit fortschreitender Erfahrung der Zeitbedarf verringert aber der Beweis mit dieser

neuen Technik einen Operationszeitgewinn gegenüber der mikrochirurgischen

Nukleotomie erzielen zu können, war noch nicht erbracht. Ein alternatives

Operationsverfahren kann sich nur dann bewähren, wenn es bei vergleichbaren klinischen

Ergebnissen operationstechnische Vorteile bietet. Ein solcher Vorteil wäre eine verkürzte

Operationsdauer.

Eine weitere Überlegung bei der Suche nach einem geeigneten primären

Studienparameter ergab sich aus der Arbeit von MOSELEY (2002). Offenbar bieten

klinische Schmerz- und ADL-Scores nur eine unzureichende Sicherheit zur Beurteilung

eines operativen Verfahrens. Insofern wären objektive, von der Patientenbewertung

unabhängige Parameter, besser geeignet. Unter Einbeziehung der vorangegangenen

Überlegungen wurde als primärer Studienparameter die Operationsdauer festgelegt.

Im Zeitraum September 2002 bis Mai 2004 wurden insgesamt 100 Patienten (50 in

Magdeburg und 50 in Bad Berka) an einem lumbalen Bandscheibenvorfall operiert.

Durch die Randomisierung sollte gesichert werden, dass es keine Unterschiede in der

Ausgangssituation bezüglich Patientenalter, Anamnesedauer und Schmerzsituation

(OSW, VAS Bein und VAS Rücken) zwischen beiden Gruppen und in beiden

Einrichtungen gab. Hieraus resultierte auch, dass insgesamt 52 Patienten in MAPN-

Technik und 48 Patienten in der mikrochirurgischen Technik operiert wurden. Insgesamt

zehn Patienten schieden innerhalb des Nachbeobachtungszeitraumes aus der Studie aus

(siehe auch Abschnitt 3.3.). Der Altersdurchschnitt im Gesamtkollektiv betrug 44 Jahre.

Die Geschlechtsverteilung war 60 Männer zu 40 Frauen. Die mittlere präoperative Dauer

der Arbeitsunfähigkeit lag bei 5,2 Wochen. Es zeigte sich ein deutlicher Unterschied

hinsichtlich der Dauer der Rückenschmerzanamnese mit durchschnittlich 220 Wochen

gegenüber der Anamnesedauer der Beinschmerzsymptomatik mit 15,6 Wochen. Wie nicht

anders zu erwarten, waren die unteren Segmente der LWS mit insgesamt 93 % präsent.

An Hand der Operationsberichte betrug der Anteil der freien Bandscheibensequester

(Grad 5 nach Krämer) 45 % gegenüber 55 % von subligamentären Bandscheibenvorfällen

bzw. Sequestern (Grad 3 -5 nach Krämer, siehe Abschnitt 3.2.1.).

Bei der Beurteilung der Operationszeit ergab die ANOVA eine starke Ort-Verfahren-

Interaktion. Aus diesem Grund wurde in der weiteren Auswertung eine Trennung der

Ergebnisse zwischen Bad Berka und Magdeburg vorgenommen. So zeigte sich in Bad

Berka eine hochsignifikant kürzere Operationsdauer bei MAPN (33,3 Min.) gegenüber

57,8 Min. bei MC. In Magdeburg war kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen

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Zusammenfassung 119

den Operationszeiten bei MAPN und mikrochirurgischer Technik erkennbar. Der zeitliche

Unterschied bei MAPN in Bad Berka und bei MAPN in Magdeburg betrug 17 Minuten.

Die mittlere Operationsdauer bei der mikrochirurgischen Technik wurde in einer größeren

Studie von GOFFIN (1994) mit 60 Minuten angegeben. MURAMATSU (2001) und

FOUNTAS (2004) berichteten über eine mittlere Operationsdauer unter Benutzung der

gleichen Technik von 73,4 bzw. 70,8 Minuten. Bei der konventionell offenen Technik gab

NAKAGAWA (2003) 79 Minuten an. Bei endoskopisch unterstützten Verfahren mit

direkter Visualisation des Spinalkanales bewegten sich die in der Literatur verfügbaren

Angaben zur Operationsdauer zwischen 60 Minuten [Brayda-Bruno 2000], 97 Minuten

[Perez-Cruet 2002], 105,7 Minuten [Muramatsu 2001] und 136 Minuten [Huang 2001].

Damit lag die durchschnittliche Gesamtoperationsdauer (zusammengesetzt aus MAPN

Bad Berka 33,3 Min., MAPN Magdeburg 50,3 Min., MC Bad Berka 57,8 Min. und MC

Magdeburg 54,7 Min.) von 49 Minuten in dieser vorgestellten Studie deutlich unter den

Werten aus der Literatur.

Da die Arbeitschritte nach Eröffnung des Spinalkanals bei beiden Verfahren identisch

waren, musste die Ursache für die kürzeren Operationszeiten bei MAPN in der Dauer des

operativen Zuganges und/oder des Wundverschlusses liegen. In Bezug auf den

Wundverschluss konnten sowohl im Magdeburger als auch im Bad Berkaer Kollektiv

hochsignifikant kürzere Zeiten bei der MAPN gegenüber der mikrochirurgisch operierten

Gruppe ermittelt werden. Statistisch hochsignifikant kürzer waren die Zeiten für den

operativen Zugang bei MAPN aber lediglich in Bad Berka.

Die im Vergleich zu Bad Berka (33 Min.) längeren Operationszeiten in Magdeburg

(50 Min.) bei der MAPN-Technik sind der Lernkurve zu schulden. Ein

Operationszeitgewinn über die 50 Patienten hinweg ließ sich in Magdeburg nicht

nachweisen. Bis zum Beginn der Studie waren in Magdeburg lediglich 10 Patienten in

dieser Technik operiert worden, während es in Bad Berka zu diesem Zeitpunkt schon über

300 waren. Die mittlere Operationsdauer der im Zeitraum vom 01.01.2006 bis zum

31.12.2006 in Magdeburg mit MAPN operierten Patienten lag nunmehr auch bei 35

Minuten. Dieser Einfluss der Lernkurve wurde bei der Planung der Studie völlig

unterschätzt. Nach den heutigen Erfahrungen kann davon ausgegangen werden, dass

mindestens eine Größenordnung von 200 Operationen erforderlich ist, um einen

statistisch klaren Operationszeitgewinn unter der MAPN-Technik zu erzielen.

Im Hinblick auf den intraoperativen Blutverlust konnten auch nur im Bad Berkaer

MAPN-Kollektiv signifikant bessere Ergebnisse erzielt werden. Diese Ergebnisse waren

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Zusammenfassung 120

konkordant zu denen von MURAMATSU (2001). Der geringere Blutverlust bei

Techniken unter Verwendung von Arbeitkanälen war damit erklärbar, dass es praktisch

keine Blutungen aus dem muskulären Zugangsbereich gab, was wiederum das Arbeiten

unter dem Operationsmikroskop erleichterte. Insgesamt jedoch war der Blutverlust

hinsichtlich der geringen Mengen zu vernachlässigen.

An intraoperativen Komplikationen mussten insgesamt fünf Duraverletzungen (5 %)

erwähnt werden. Diese verteilten sich nahezu gleichermaßen auf beide Gruppen (zwei bei

MAPN, drei bei MC). Insgesamt mussten im Nachbeobachtungszeitraum sieben

Revisionseingriffe (7 %) vorgenommen werden. Davon waren fünf auf ein echtes Rezidiv

(gleiche Seite, gleiche Höhe) nach einem beschwerdefreien Intervall zurückzuführen.

Diese fünf Patienten (vier aus der MC-Gruppe, einer aus der MAPN-Gruppe) wurden in

der gleichen Technik nachoperiert. Bei den verbleibenden zwei Patienten (ein Patient mit

MAPN und ein Patient mikrochirurgisch voroperiert) trat im postoperativen Verlauf eine

segmentale Instabilität aufgrund der fortschreitenden Bandscheibendegenration in den

Vordergrund. Ein Patient wurde arthroplastisch versorgt, der andere fusioniert. Insgesamt

wurden damit aus dem MAPN-Kollektiv zwei Patienten und aus dem mikrochirurgischen

Patientenklientel fünf Patienten nachoperiert. Aufgrund der beschränkten Patientenzahl

lassen sich hieraus jedoch keine Rückschlüsse über die Sicherheit der angewandten

Verfahren ziehen.

Insbesondere sei erwähnt, dass keine iatrogen bedingten Komplikationen wie Liquorrhoen

oder Spondylodiszitiden auftraten.

82 % der Patienten wiesen sensible Defizite auf. Dies entsprach in etwa den

Literaturangaben von 81 % [Yorimitsu 2001]. Bei 68 % der Patienten waren diese am

Ende des Nachbeobachtungszeitraumes nicht mehr nachweisbar. 18 % der Patienten

stuften die sensiblen Ausfälle mit „gebessert“ und 14 % mit „unverändert“ ein. In Bezug

auf die bei 42 Patienten präoperativ festgestellten motorischen Ausfälle (siehe auch

Abschnitt 3.3.2.4.) fand sich bei 83 % der Patienten eine komplette Rückbildung. In

keinem Fall kam es zu einer Verschlechterung der neurologischen Ausgangssituation bis

zum Ende der Nachbeobachtung. Zwischen beiden Gruppen konnten erwartungsgemäß

diesbezüglich keine relevanten Unterschiede gefunden werden.

Zur Beurteilung der Schmerzproblematik im Hinblick auf die Anamnesedauer wurde

präoperativ eine Unterteilung der VAS nach Rücken- und Beinschmerz vorgenommen

und dann zur Summen-VAS (sekundärer Hauptstudienparameter) als Maß für die

individuelle Gesamtschmerzbelastung zusammengeführt. In der ANOVA zeigte sich

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Zusammenfassung 121

sowohl in Magdeburg als auch in Bad Berka ein starker Haupteffekt der Zeit (F-Wert

Magdeburg 87,5 und F-Wert Bad Berka 76,7). Dies bedeutet, dass in beiden Studienorten

mit beiden Verfahren eine hochsignifikante Verbesserung im postoperativen Verlauf

gegenüber der präoperativen Ausgangssituation erreicht werden konnte. Während in

Magdeburg zu keinem Zeitpunkt ein signifikanter Gruppenunterschied nachweisbar war,

profitierten die MAPN-Patienten in Bad Berka bis zum Zeitpunkt sechs Monate

postoperativ von einer hochsignifikant geringeren Gesamtschmerzbelastung. Dieser Fakt

war möglicherweise durch die kürzere Operationsdauer in Bad Berka erklärbar.

Ebenso wie bei der Summen-VAS konnte an beiden Studienorten mit beiden Verfahren

eine sich über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum erstreckende hochsignifikante

Besserung des Oswestry-Scores gegenüber dem Ausgangswert erreicht werden (ANOVA

mit Haupteffekt der Zeit). Die Post hoc-Tests erbrachten keine signifikanten

Gruppenunterschiede an beiden Orten.

In der frühen postoperativen Phase (bis 48 Stunden) wies die mikrochirurgisch operierte

Gruppe in Bad Berka einen hochsignifikant erhöhten zusätzlichen Analgetikabedarf auf.

Dieser Fakt ließe sich mit der längeren Operationszeit (57,8 Min.) in dieser Gruppe

erklären.

Zur Ein-Jahres-Nachkontrolle benötigten 79 % der Patienten „kein“, 13 % „weniger“ und

8 % „mehr“ bzw. die „gleiche“ Menge Analgetika. Diesbezüglich konnten allerdings

keine relevanten Gruppenunterschiede festgestellt werden.

Im Bad Berkaer Kollektiv konnte eine im Literaturvergleich (siehe Abschnitt 3.4.2.)

unterdurchschnittliche Verweildauer von 3,8 Tagen erreicht werden. Dies war im

Vergleich zur mikrochirurgischen Gruppe signifikant kürzer. Eine ebenfalls signifikant

(p<0,005) kürzere postoperative Verweildauer fand MURAMATSU (2001) bei einem

Patientenkollektiv, operiert mit einem endoskopischen Verfahren mit direkter

Visualisation des Spinalkanals (MED) im Vergleich zur mikrochirurgischen Technik.

In dem beschriebenen Studienkollektiv betrug im Vergleich die Arbeitsunfähigkeitsdauer

maximal 14 Wochen. Alle präoperativ berufstätigen Patienten nahmen in diesem

Zeitraum ihre Tätigkeit wieder auf.

Kernspintomographische Ergebnisse

Es gab in der Literatur keine prospektiv randomisierten Studien in denen

kernspintomographisch Operationsverfahren bei lumbalen Bandscheibenvorfällen

verglichen wurden. Im Rahmen von begleitenden kernspintomographischen

Untersuchungen sollte einerseits versucht werden, morphologisch erfassbare

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Zusammenfassung 122

Einflussfaktoren (tertiäre Outcome-Parameter) auf die Summen-VAS (sekundärer

Hauptparameter) zu finden und andererseits das chirurgische Zugangstrauma bei der

operativen Behandlung von lumbalen Bandscheibenvorfällen zu quantifizieren. Hierfür

wurden bei den fünfzig im Rahmen der klinischen Vergleichsstudie in Bad Berka

operierten Patienten (25 Patienten mit mikroskopisch assistierter perkutaner Nukleotomie

und 25 Patienten mit mikrochirurgischer Nukleotomie) unmittelbar präoperativ, innerhalb

der ersten 24 - 48 Stunden postoperativ und nach sechs Monaten eine

Kernspintomographie mit Gadolinium durchgeführt. Die unmittelbar postoperative

kernspintomographische Untersuchung diente der Evaluierung des direkten operativen

Traumas, während die Abschlussuntersuchung sechs Monate postoperativ Aufschluss

über die periradikuläre und intramuskuläre Narbenbildung bringen sollte.

Über die Operationsmethode wurde per Randomisierung entschieden (siehe auch

Abschnitt 3.2.2.). Die Auswertung der Kernspintomographien erfolgte durch einen

unabhängigen Radiologen. Als Parameter im frühen postoperativen MRT wurden die

Höhe des Bandscheibenfaches, der Grad der Wurzelkompression mit Beurteilung eines

möglichen Rest- bzw. Rezidivbandscheibenvorfalls, die Ausdehnung des Ödems und die

Seromgröße in der paraspinalen Muskulatur sowie die Kontrastmittelaufnahme der

Nervenwurzel erfasst. Nach sechs Monaten fanden die Höhe des Bandscheibenfaches, ein

Rest- oder Rezidivbandscheibenvorfall, die epidurale und intramuskuläre Narbenbildung

sowie die Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel als Parameter Eingang in diese

Studie.

Die ANOVA ergab eine starke Zeit-Bandscheibenfachhöhen-Interaktion. Die Post hoc-

Tests zeigten eine signifikante, methodenunabhängige Zunahme der

Zwischenwirbelraumhöhe zum frühpostoperativen Zeitpunkt und eine signifikante

Verringerung der Höhe unter den präoperativen Ausgangswert sechs Monate

postoperativ. Die vom operierten Bandscheibenfach aus kranial gelegene Bandscheibe

wurde ebenfalls ausgemessen. Auch hier zeigte sich zum frühen postoperativen Zeitpunkt

eine signifikante Zunahme der Höhe aber eine unveränderte Höhe zur Ausgangssituation

nach sechs Monaten. Die frühpostoperative Zunahme der Höhe des

Zwischenwirbelraumes war mit der perioperativen Immobilisation erklärbar. Durch die

durchschnittliche Entfernung von 1,4 g Bandscheibengewebe zuzüglich der

fortschreitenden Bandscheibendegeneration war die Abnahme der Höhe unter den

Ausgangswert zu erklären. Die Höhe des Zwischenwirbelraumes verhielt sich umgekehrt

proportional zur Summen-VAS. Eine Abnahme der Zwischenwirbelraumhöhe führte zu

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Zusammenfassung 123

einer vermehrten Schmerzbelastung. Insofern deckten sich unsere Ergebnisse mit den

Erfahrungen aus der Literatur [van Roy 2001].

Dass die Größe des intramuskulären Ödems Einfluss auf die Gesamtschmerzbelastung

hatte, erklärte sich aus den Mechanismen der Genese des traumatisch bedingten

Rückenschmerzes (siehe Abschnitt 1.3.).

Die Post hoc-Testungen ergaben ein hochsignifikant geringeres intramuskuläres Ödem

und Serom in den paraspinalen Weichteilen in der MAPN-Gruppe. Trotzdem musste

nochmals klargestellt werden, dass die kernspintomographisch erfasste, hochsignifikant

geringere Größe des Serom im operativen Zugangsbereich bei der MAPN-Technik keinen

statistisch nachweisbaren Einfluss auf die postoperative Schmerzsituation hatte.

Bei der Auswertung der frühen postoperativen Kernspintomographien wurde ein weiteres

Problem offenbar. Zahlreiche Befunde wurden als Restbandscheibenvorfall interpretiert

und standen nicht im Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik. In den meisten

Fällen waren diese als Restbandscheibenvorfälle beurteilten Befunde in der

Kontrolluntersuchung sechs Monate postoperativ nicht mehr nachweisbar. Deshalb muss

davon ausgegangen werden, dass Granulationsgewebe und tatsächliche Rest- bzw.

Rezidivbandscheibenvorfälle trotz Applikation von Kontrastmittel in der frühen

postoperativen Phase nicht sicher unterschieden werden konnten.

Anhand des Verlaufes des Grades der Wurzelkompression konnte einerseits

dokumentierte werden, dass beide Verfahren eine signifikante Dekompression der

Nervenwurzel erzielten und dass andererseits keine Unterschiede zwischen beiden

Techniken bestanden.

Die abschließende Kernspintomographieuntersuchung zum Zeitpunkt sechs Monate

postoperativ sollte vorrangig die Entwicklung der Narbensituation in Abhängigkeit vom

jeweiligen Operationsverfahren beschreiben. Dabei wurde differenziert zwischen der

Narbe im paraspinalen Muskelgewebe und der epiduralen Vernarbung. Die Ermittlung der

Narbensituation wurde semiquantitativ vorgenommen (siehe Abschnitt 3.2.6.3.). Bei der

intraspinalen, epiduralen Narbenbildung gab es keine statistisch relevanten Unterschiede,

was auch nicht zu erwarten war, da die Arbeitsschritte während der Operation nach

Eröffnung des Spinalkanales bei beiden Operationsverfahren identisch waren.

Die Post hoc-Testung zeigte, dass die intramuskuläre Narbenbildung bei Eingriffen nach

MAPN signifikant geringer war. Die ODDS-Ratio ergab ein 16,4 – fach höheres Risiko

zur intramuskulären Narbenbildung bei der mikrochirurgischen Nukleotomie. Durch die

schrittweise multiple lineare Regression konnte allerdings zum Zeitpunkt sechs Monate

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Zusammenfassung 124

postoperativ kein signifikanter Einflussfaktor auf die Summen-VAS als Zielgröße

ermittelt werden. Es war zu vermuten, dass es noch andere Faktoren geben musste, die

unbekannt waren und demzufolge auch nicht kernspintomographisch erfasst wurden.

Nach sechs Monaten war der intramuskuläre operative Zugangsweg bei 10

mikrochirurgisch operierten Patienten, jedoch nur bei einem Patienten nach MAPN noch

erkennbar.

Es konnte im Rahmen der Kernspintomographiestudie festgestellt werden, dass eine

relevante Anzahl von Patienten (42 %) eine präoperative, radikuläre

Kontrastmittelaufnahme zeigte. Dies deckte sich auch mit den Literaturangaben [Grane

1998]. Es gelang keine statistische Korrelation zwischen radikulärer

Kontrastmittelaufnahme und Anamnesedauer sowie der Summen-VAS. Die

Kontrastmittelaufnahme der Nervenwurzel war ein sichtbares morphologisches Korrelat

einer duralen Schrankenstörung.

Über die schrittweise multiple lineare Regression konnten die Höhe des

Zwischenwirbelraumes und der Ödemwinkel in der paraspinalen Muskulatur als

signifikante Einflussfaktoren auf die Summen-VAS zum frühpostoperativen Zeitpunkt

ermittelt werden. Je kleiner die Zwischenwirbelraumhöhe desto größer war die Summen-

VAS. Umgekehrt verhielt sich der Ödemwinkel.

Grenzen der Arbeit

Die Fallzahl, bestimmt für den primären Outcome-Parameter, war für Aussagen zu

klinischen Ergebnissen zu gering. Diese mussten daher mit Zurückhaltung bewertet

werden. Da die Patienten präoperativ über das, für sie ausgewählte Verfahren aufgeklärt

wurden, bestand die Möglichkeit einer Stigmatisierung im Sinne eines Bias, der Einfluss

auf die sekundären Outcome-Parameter hatte.

Eine Intra-Observer-Variabilität [Gasperini 2001, Kornaat 2005] bei der kernspintomo-

graphischen Studie konnte nicht vollständig eliminierte werden.

Spätestens seit der Publikation von MOSELEY (2002) ist fraglich, ob das jeweilige

Verfahren überhaupt einen Einfluss auf das Outcome hat. Hierzu würde nur eine ähnlich

angelegte prospektive und randomisierte Studie, allerdings mit einem zusätzlichen

Placeboarm bei dem der Arbeitskanal nur in die Muskulatur eingebracht werden würde

und der Spinalkanal ungeöffnet blieb, bessere Aussagen liefern. Allerdings stößt eine so

geartete Studie an die ethischen Grenzen.

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Zusammenfassung 125

Fazit der Arbeit Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht das mikroskopisch assistierte perkutane

Zugangsverfahren bzw. die mikroskopisch assistierte perkutane Nukleotomie. Neben

Anwendungen bei verschiedenen Indikationen im Bereich der dorsalen

Wirbelsäulenabschnitte bleibt die operative Behandlung des lumbalen

Bandscheibenvorfalls Hauptindikation für diese Verfahren. Zur Evaluierung der Methode

gegenüber der mikrochirurgischen Operationstechnik musste eine Vergleichsstudie

erfolgen. Es konnte unter Beantwortung der Eingangs gestellten Fragen gezeigt werden,

dass:

1. die erheblich kürzeren Operationszeiten (primärer Outcome-Parameter) bei

der MAPN in Bad Berka Ergebnis einer entsprechenden Lernkurve sind und

sich im kürzeren Zeitbedarf für den operativen Zugang und dem

Wundverschluss begründen.

2. dieser Operationszeitgewinn nicht ohne weiteres exportierbar ist und dass

hierfür größere Fallzahlen erforderlich sind.

3. die geringere Gesamtschmerzbelastung (wichtigster sekundärer Parameter)

nach MAPN in Bad Berka im Verlauf bis sechs Monate postoperativ auf die

kürzere Operationsdauer zurückzuführen ist.

4. die Ergebnisse, auch im Literaturvergleich, in Bezug auf die neurologischen

Ausfälle, die ADL, die Reoperations- und Komplikationsrate und die

Arbeitsunfähigkeitsdauer zwischen beiden Verfahren vergleichbar waren.

5. die Ausdehnung des intramuskulären Ödems und die Höhe des

Zwischenwirbelraumes einen signifikanten Einfluss auf die

Gesamtschmerzbelastung haben.

6. kernspintomographisch identische „intraspinale Resultate“ im Hinblick auf

die chirurgische Entlastung der neuralen Strukturen erzielt werden konnten.

7. die MAPN-Technik ein geringeres Trauma in den dorsalen Weichteilen

hinterlässt.

Wie bereits erwähnt, wurde das entsprechende Instrumentarium (so genanntes MAPN-Set) in

Zusammenarbeit mit der Firma Medicon entwickelt. In den letzten Jahren fand die Technik eine

zunehmende Verbreitung. Bis heute wird sie in mehr als fünfzig Einrichtungen, auch im Ausland

wie China, Thailand, Italien, Portugal, Ungarn, Belgien, Österreich und Holland erfolgreich

angewendet, offenbar ein Export auf rein empirischer Basis.

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Danksagung

Es gibt zwei Dinge, die diese Arbeit überhaupt ermöglicht haben. Zum einen ist es die

fachliche Unterstützung, die ich in erster Linie durch meinen ehemaligen Chef Herrn Dr.

Heinrich Böhm (Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Wirbelsäulenchirurgie und

Querschnittgelähmte der Zentralklinik Bad Berka) und durch Herrn Prof. Neumann

(Ordinarius für Orthopädie an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg) erfuhr.

Zum anderen wäre die Erstellung dieser Arbeit nicht ohne das Wohlwollen und Verständnis

meiner Familie möglich gewesen. Aus diesem Grund möchte ich nicht zuletzt meiner Frau

Annekathrin für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung des Manuskripts danken.

Was wäre eine wissenschaftliche Arbeit ohne eine solide Statistik? Daher gilt mein

besonderer Dank Herrn Prof. Awiszus und Herrn Dr. Röhl.