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165 7. Zur l'heorde der opt&sc?aeoz Abbildulzg; von M. v. Laue. Im Jahrgang 1911 der Ann. d. Phys. beweist Hr. Mandel- s t am, l) angeregt durch gewisse, auf E. Abbe zuruckgehende Be- trachtungen, 2) einen Aquivalenzsatz uber die Abbildung eiiies Korpers in den Fallen des Selbstleuchtens und fremder Beleuch- tung. Obwohl wir diesem Satz vollkommen zustimmen, mochten wir doch auf die in ihm beantwortete Frage zuruckkommen, weil ihm eine Reihe von Voraussetzungen zugrunde liegt, welche ihm von vornherein den Stempel einer Annaherung auf- driicken. Wir meinen damit hauptsachlich die Annahme einer relativ (d. h. verglichen mit der Lichtwellenlange) groben Struktur. Es gibt aber auf diesem Gebiete einen streng giiltigen Aqui- valenzsatz, giiltig fur beliebige Korper und beliebig gebaute sowie beliebig eingestellte optische Instrumente. Von diesem soll im folgenden zunaichst die Rede sein; die Mandel- s tamsche Formulieruiig des Satzes wird sich hinterher leicht als Annaherung fur bestimmte Falle daraus ableiten lassen. Damit unser Problem uberhaupt gestellt ist, mu6 gesagt werden, wie der Korper in dem einen Fall strahlen soll, d. h. mit welchen Intensitaten seine verschiedenen Teile nach den verschiedenen Richtungen leuchten sollen, und wie im anderen Falle die Intensitit des fremden Lichtes von der Richtung abhangen soll. Auch die Koharenzverhaltnisse zwischen Strah- lungen verschikdener Richtungen mit verschiedenen Ausgangs- punkten mussen angegeben werden. Es liegt auf der Hand, daf3 die Behauptung, daf3 in beiden Fallen im Wesen gleiche Bilder entstehen, nur bei bestimmten Annahmen daruber, aber nicht im allgemeinen zutreffen kann. Uber die fremde Strah- lung machen wir zu diesem Zwecke die Annahme, da0 sie von allen Seiten die gleiche ist, wie wenn sie von vollkommen 1) L. Mandelstam, Ann. d. Phys. 36. p. 881. 1911. 2) Vgl. z. B.: Die Lehre von der Bildentstehung im Mikroskop von Ernst Abbe; herausgegeben von Otto Lummer und Fritz Reiche, Brsunschweig 1910.

Zur Theorie der optischen Abbildung

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7. Zur l'heorde der opt&sc?aeoz Abbildulzg; von M. v. Laue.

Im Jahrgang 1911 der Ann. d. Phys. beweist Hr. Mandel- s t a m , l) angeregt durch gewisse, auf E. Abbe zuruckgehende Be- trachtungen, 2) einen Aquivalenzsatz uber die Abbildung eiiies Korpers in den Fallen des Selbstleuchtens und fremder Beleuch- tung. Obwohl wir diesem Satz vollkommen zustimmen, mochten wir doch auf die in ihm beantwortete Frage zuruckkommen, weil ihm eine Reihe von Voraussetzungen zugrunde liegt, welche ihm von vornherein den Stempel einer Annaherung auf- driicken. Wir meinen damit hauptsachlich die Annahme einer relativ (d. h. verglichen mit der Lichtwellenlange) groben Struktur. Es gibt aber auf diesem Gebiete einen streng giiltigen Aqui- valenzsatz, giiltig fur beliebige Korper und beliebig gebaute sowie beliebig eingestellte optische Instrumente. Von diesem soll im folgenden zunaichst die Rede sein; die Mandel - s tamsche Formulieruiig des Satzes wird sich hinterher leicht als Annaherung fur bestimmte Falle daraus ableiten lassen.

Damit unser Problem uberhaupt gestellt ist, mu6 gesagt werden, wie der Korper in dem einen Fall strahlen soll, d. h. mit welchen Intensitaten seine verschiedenen Teile nach den verschiedenen Richtungen leuchten sollen, und wie im anderen Falle die Intensitit des fremden Lichtes von der Richtung abhangen soll. Auch die Koharenzverhaltnisse zwischen Strah- lungen verschikdener Richtungen mit verschiedenen Ausgangs- punkten mussen angegeben werden. Es liegt auf der Hand, daf3 die Behauptung, daf3 in beiden Fallen im Wesen gleiche Bilder entstehen, nur bei bestimmten Annahmen daruber, aber nicht im allgemeinen zutreffen kann. Uber die fremde Strah- lung machen wir zu diesem Zwecke die Annahme, da0 sie von allen Seiten die gleiche ist, wie wenn sie von vollkommen

1) L. M a n d e l s t a m , Ann. d. Phys. 36. p. 881. 1911. 2) Vgl. z. B.: Die Lehre von der Bildentstehung im Mikroskop von

Ernst Abbe; herausgegeben von O t t o L u m m e r und F r i t z R e i c h e , Brsunschweig 1910.

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schwarzen, gleichtemperierten , den Gegenstand vijllig um- gebenden Wanden herriihrte. Ware dies wirklich der Fall, so konnten wir freilich dem Gegenstand mit unseren optischen Instrumenten gar nicht beikommen. Doch hindert nichts, vor- auszusetzen, daB wir ihm auch aus dem Objektiv des Instru- mentes solche Strahlung zusenden. Jede Konstruktion ahnlich dem Gaussschen Okular wiirde dies zulassen. Im Falle des Selbstleuchtens aber sol1 der Korper strahlen, als ware er auf der gleichen Temperatur, wie vorher die Wande. Diese An- nahmen sollen natiirlich nichts iiber die Energieverteilung im Spektrum aussagen ; besteht in beiden Fallen gleiche Abbil- dung, so muB sie offenbar fur jede Farbe einzeln bestehen. Es ist auch gar nicht notwendig, daB es sich urn wirkliche Tem- peraturstrahlung handelt; im Gegenteil ist ihre Entstehung vollig gleichgiiltig. Nur die raumliche Verteilung der Strah- lung nach den Richtungen und den Orten, von denen sie aus- geht, und ihre Koharenzverhaltnisse sollen durch unsere An- nahmen gekennzeichnet werden.

Man konnte uns vielleicht entgegenhalten , daB damit in das Problem fremde, namlich strahlungstheoretische Gesichts- punkte hineingezogen werden. Wir wurden darauf erwidern, daB alle Strahlungstheorie in letzter Linie Statistik ist (oder sein sollte) und daB das Hineinziehen statistischer Betrach- tungen hier unvermeidlich ist. Bei der bisherigen Behandlung derartiger Fragen geschah es stets durch die Unterscheidung zwischen koharenten und inkoharenten Strahlen. Als Vorzug unseres Verfahrens mochten wir hinstellen, daB es die schwie- rigen Fragen vermeidet, wie sich die Koharenz gestaltet, wenn wir die Brennflachen zweier in der Richtung ubereinstimmender Strahlenbundel niiher und naher riicken lassen oder zwei von derselben Breimflache ausgehenden Strahlenbiindeln mehr und mehr die gleiche Richtung geben. Die friiheren Behandlungs- weisen miissen, um diesen Fragen mit einigem Rechte aus dem Wege gehen zu konnen, die schon erwahnte Annahme der ,,graben" Struktur machen.

Denken wir uns den Korper und seine Umgebung gleichzeitig in der angegebenen Weise strahlend, so sehen wir mit unserem Instru- ment in eine allseitig gleiche Hohlraumstrahlung hinein und konnen bekanntlich keinerlei Umrisse von deren Begrenzung

Der eigentliche Beweis ist nun hochst einfach.

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erkennen. Wir sehen unter allen Umstanden gleichfijrmige Helligkeit. Diese setzt sich aber additiv zusammen aus den Bildern, welche der Korper nur im eigenen und nur im frem- den Licht ergeben wiirde. Und das heiBt: Beide Bilder sind zueinander komplernentur. Dies ist offenbar die genaue Fassung des zu beweisenden Satzes; sie gilt, ob wir nun auf deli Gegen- stand ,,einstellen<' oder nicht.

Ein besonderer Fall ist, daB der Gegenstand vollig durch- sichtig ist. In diesem Fall wiirde er niemals zum Selbst- leuchten zu bringen, also im eigenen Lichte niemals sichtbar sein. Nach unserem Satze daher auch nicht bei allseitig gleicher Bestrahlung. Diesen besonderen Fall hat Hr. S ieden- topf in einem Vortrage in Munchen i m Oktober 1911 genau nach der angegebenen Methode bewiesen. Es ist unter diesen Umstanden auEerordentlich verwunderlich, daB der Beweis fur den allgemeinen Fall nicht schon bekannt ist; immerhin glauben wir, durch eine Anfrage bei einer Reihe von Fach- genossen, welche auf dem Gebiete der optischen Abbildung besonders bewandert sind, zweifelsfrei festgestellt zu haben, da6 dies tatsachlich nicht der Fall ist.

Natiirlich ist der praktischen Optik mit diesem streng gultigen Aquivalenzsatz wenig gedient, weil die allseitig gleiche Beleuchtung, wenn sie sich auch grundsatzlich stets verwirk- lichec lieBe, doch als zu umstandlich nie angewandt wird. Man kann aber leicht zeigen, daB diese Bedingung fur eine nur angeniiherte, aber praktisch ausreichende Giiltigkeit des Aqui- valenzsatzes in vielen Fallen nicht notwendig ist. Wenn z. B. der Korper auffallendes Licht weder diffus, noch regular in merklichem MaBe spiegelt, wird man auf Beleuchtung yon der Seite des Objektives verzichten konnen, ohne vie1 gegeniiber der allseitigen Bestrahlung zu andern. Aber anch von den Strahlen, welche von der anderen Seite kommen, wird man alle weglassen konnen, welche nicht in das abbildende Instru- ment hineingelangen.

Wir wollen, um dies an einem Beispiel niiher auszufiihren, an die in Praxi meist vorliegenden Verhaltnisse denken, d. b. an ein nahezu ebenes, wenig spiegelndes Objekt, zu dem senk- recht das axialsymmetrische Instrument und der axialsymme- trische Beleuchtungsapparat stehen, das erstere scharf auf das Objekt eingestellt. Das Objekt habe relativ grobe Struktur.

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1st dann a (> h) eine Strecke, auf welche sich die Beschaffen- heit des Objektes erheblich andert, so genugt zu scharfer Ab- bildung eine nunierische Apertur

sin 6 > (der Rrechungsindex a19 1 vorausgesetzt; nnderenfalls bedeutet hier h nicht die Wellenlange im leeren Raum, sondern die bei dem Brechungsindex n). Zur Abbildung tragen dann ausschlie8- lich Strahlen bei, welche aus einem Kegel von dem gleichen Offnungswinkel 19. kommen , da die Richtutigsanderung durch Beugung an dem Objekt sich auf Winkel von der Ordnung A/u beschrankt, welche gegen 19- klein sind. Deshslb kiinnen wir alle anderen fortlassen, ohne daB der Aquivalenzsatz er- heblich gefiihrdet wiirde. Diese Behauptung gilt erst recht, wenn die Apertur des abbildenden Instrumentes unter dem an- gegebenen MaB bleibt; denn dann sind bei der angegebenen Beleuchtiuig immer noch weit mehr Strahlen vorhandeo, als zur Abbildung beitragen. Und wenn wir die Apertur uber dies Ma6 vergrBBern, ohne sonst etwas zu andern, so bleibt das Bild im Fall fremder Beleuchtung ungeandert, da einfach die neu hin- zukommenden Teile cles Ohjektives vom Licht nicht ausgefullt werclen, somit unbenntzt bleiben; im Fall des Selbstleuchtens treten sie allerdings in Wirkung, andern das Bild aber nur in der allgemeinen Helligkeit, weil es wegen der angenommenen groben Struktur schon vorher alle Einzelheiten zeigte. Es geniigt somit bei grober Struktur des Objektes bei allen Werten der numeriscben Apertur Beleuchtung aus einem Winkel 8, desseu Sinus gegen A/a groB ist, urn ein Bild zu erzeugen, welches zum Bild beirn Selbstleuchten komplementar ist. So finden wir hier als eine Annaherung die Mandels tamsche Form des Aiqui- valenzsatzes wieder.

Auch in den Fiillen, in welchen enge Spalte als Blenden in das abbildende Instrument eingeschaltet sind, laBt sich stets leicht angeben, wieweit man die beleuchtende Strahlen be- schranken darf, damit der Aquivalenzsatz naherungsweise gultig bleibt; man gelangt auf diese Weise zu Ergebnissen, welche mit denen von Hrn. Mande l s t am iibereinstimmen.

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Zur ich , November 1913. (Eingegangen 5. November 1913.)

Uruck YOU Metzger & Wittig in Leipzig.