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1 Wissenschaftlicher Teil. 847. Heinrich Menzel: Zur Untersuchung und Bewertung von Sauerstoffbadern. (Aus der Technischen Hochschule Dresden, Institut fur anorganische und anorganisch-technische Chemie.) Eingegangen am 27. September 1938. I. V o r b e t r a c h t u n g . Sauerstoffbader werden heute allgemein aus Natriumperborat und einem Zersetzungskatalysator zubereitet. Bei der therapeuti- schen Bedeutung der Sauerstoffbader und ihrer damit gegebenen Rolle im Arzneimittelhandel sind seit mehr als 12 Jahren Richtlinien zu deren Untersuchung und Bewertung aufgestellt und insbesondere von W. P e y e r und seinen Schulern ( D i e p e n b r o c k , I f f i n g e r S t adler u. a.) seither in einer groi3en Reihe, sich inhaltlich aller- dings vielfach uberschneidender Arbeitenl) mitgeteilt und auf die Prufung von Handelspraparaten angewandt worden. Neben anderen Punkten fordern diese Autoren, 1. da8 zu einem Bad mindestens 200 g, besser 250 oder 300 g, Na-perborat mit einem Gehalt von mindestens 10% an aktivem Sauerstoff geliefert werden; 2. da8 der Katalysator so beschaffen ist, da8 er im Verlauf von 20 Minuten als normaler Badezeit, spatestens aber in 30 Minuten den Sauerstoff aus dem Wasserstoffperoxydsalz moglichst voll- standig und zugleich moglichst gleichmaaig und stetig entwickelt; 3. da8 der entwickelte Sauerstoff feinperlig auftritt, und da8 wah- rend der Badezeit ein Teil des molekularen Sauerstoffs in naszie- rendem Zustand bzw. in feinst verteilter Form im Badewasser verbleibt. Zur Prufung der Sauerstoffbader wurden von genannter Seite sowohl die Wertbestimmung des Perborates wie die Untersuchung I) Genannt seien als letzte: Pharmaz. Zentralhalle 76, 389 (1935); 77, 237 (1936); Apoth.-Ztg. 66, 913 (1936); Chemiker-Ztg. 60, 396 (1936). Archiv urvd Berichte 1939 1

Zur Untersuchung und Bewertung von Sauerstoffbädern

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Wissenschaftlicher Teil.

847. Heinrich Menzel:

Zur Untersuchung und Bewertung von Sauerstoffbadern.

(Aus der Technischen Hochschule Dresden, Institut fur anorganische und anorganisch-technische Chemie.)

Eingegangen am 27. September 1938.

I. V o r b e t r a c h t u n g . Sauerstoffbader werden heute allgemein aus Natriumperborat

und einem Zersetzungskatalysator zubereitet. Bei der therapeuti- schen Bedeutung der Sauerstoffbader und ihrer damit gegebenen Rolle im Arzneimittelhandel sind seit mehr als 12 Jahren Richtlinien zu deren Untersuchung und Bewertung aufgestellt und insbesondere von W. P e y e r und seinen Schulern ( D i e p e n b r o c k , I f f i n g e r S t a d l e r u. a.) seither in einer groi3en Reihe, sich inhaltlich aller- dings vielfach uberschneidender Arbeitenl) mitgeteilt und auf die Prufung von Handelspraparaten angewandt worden. Neben anderen Punkten fordern diese Autoren,

1. da8 zu einem Bad mindestens 200 g, besser 250 oder 300 g, Na-perborat mit einem Gehalt von mindestens 10% an aktivem Sauerstoff geliefert werden;

2. da8 der Katalysator so beschaffen ist, da8 er im Verlauf von 20 Minuten als normaler Badezeit, spatestens aber in 30 Minuten den Sauerstoff aus dem Wasserstoffperoxydsalz moglichst voll- standig und zugleich moglichst gleichmaaig und stetig entwickelt;

3. da8 der entwickelte Sauerstoff feinperlig auftritt, und da8 wah- rend der Badezeit ein Teil des molekularen Sauerstoffs in naszie- rendem Zustand bzw. in feinst verteilter Form im Badewasser verbleibt. Zur Prufung der Sauerstoffbader wurden von genannter Seite

sowohl die Wertbestimmung des Perborates wie die Untersuchung

I) Genannt seien als letzte: Pharmaz. Zentralhalle 76, 389 (1935); 77, 237 (1936); Apoth.-Ztg. 66, 913 (1936); Chemiker-Ztg. 60, 396 (1936).

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der Wirkungsweise der Katalysatoren vorgeschlagen. Bei letzterer setzt man ein Modellbad an von einem oder wenigen Liter Wasser bei ublicher Badetemperatur, lost darin in entsprechender Menge und Reihenfolge Perborat und Katalysator, pipettiert in Abstanden von 5 Minuten aliquote Teile des Reaktionssystems ab und titriert diese nach Ansauern mit n / l o KMn04. Die SchluBtitration allein wiirde wohl uber den Vollstandigkeitsgrad der Umsetzung, aber noch nicht uber den - moglichst gleichmaBig erwunschten - zeitlichen Zer- setzungsverlauf Auskunft geben. Daher mufiten sinngemiifi und grundsatzlich in den von Zeit zu Zeit veroffentlichten Beurteilungen von Sauerstoffbadern des Handels auch auBer den Endtitrationen stets die zugehorigen Befunde der beschriebenen ,,gestaffelten Titra- tion" aufgefuhrt werden. Nachdrucklich muB aber hier hervor- gehoben werden, daB nach grundlegenden Erfahrungen der Re- aktionskinetik eine ideal-gleichmaBige und zugleich in begrenzter Zeit yollstandige HsOp-Zersetzung praktisch nie erreicht werden kann. Von seltenen Sonderfallen abgesehen, wird im homogenen System der zeitliche Umsatz anfangs stets umfangreicher sein als in den spateren Zeitabschnitten, d. h. die uber der Zeit aufgetragene Zer- setzungskurve wird, statt linear von 0 bis 100% zu verlaufen, nach nunachst steilerem Anstieg sich gegen die horizontale Achse ab- flachen.

Der Dosierung von Perborat und Katalysator auf ein solches Probebad wird von den erwahnten Autoren durchweg ein Vollbad von 200 Liter zugrunde gelegt. Dies erscheint reichlich hoch bemessen; bei normaler Wannen- und KorpergroBe sind wohl 150 Liter voll ausreichend - bei unnotig grofier Badewassermenge kommt ja die Sauerstoffentwicklung in den weit oberhalb des Korpers befind- lichen Wasserschichten letzterem gar nicht mehr zugute. Ent- sprechend miinten dann auch 150 g statt 200 g Perborat als Mindest- menge hinreichen. Dem haben in den letzten Jahren bereits W. P e y e r und M i t a r b e i t e r auch praktisch stattgegeben, in- dem sie gelegentlich solche Praparate als erstklassig oder vorzuglich beurteilten, die in verschiedenen Formaten von 150 g Perborat auf- warts geliefert werden; gelegentlich auch ein solches, das rund 190 g eines gestreckten Perborates mit 8.1 % akt. Sauerstoff enthalt, was rund 150 g reinem Perborat gleichkommt.

Dieses Verfahren der ,,gestaffelten Titration" ist zweifellos eine nachstliegende, wohlbegrundete und an Einfachheit unuhertroffene Prufungsmethode fur Sauerstoffbader, die mit einem denkbar ge- ringen Aufwand an Hilfsmitteln bequem in der Apotheke durch- gefuhrt werden kann. Sie darf jedoch nicht in ihrem Auskunfts- bereich und in ihrer Zustandigkeit uberschatzt werden. Dafi sie nicht zur erschopfenden praktischen Wertbeurteilung von Sauerstoff- badern ausreicht, geht ohne weiteres aus den folgenden Gesichts- punkten hervor.

a) Bei der bisher ublichen Untersuchungsmethode wird der Ruckgang des Permanganattiters stets unbedenklich auf eine Ge-

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wichts- oder Raummenge entwickelten Sauerstoffs ausgewertet, in der stillschweigenden Voraussetzung, da8 der verschwindende per- oxydische Sauerstoff restlos in molekularen Sauerstoff iibergeht, mit anderen Worten, da8 der akt. Sauerstoff nebenher keine anderen Reaktionen in nennenswertem Umfang einschlagt, durch die er zum Teil seiner therapeutischen Bestimmung verlorenginge. Wenn auch diese Annahme bei den meisten Sauerstoffbadern praktisch erfullt sein diirfte (abgesehen vielleicht von geringfiigigen Sauerstoffver- brauchen seitens der eigentlichen, in den Katalysatorlieferungen kata- lytisch wirksamen Substanzen), so ist sie doch keineswegs von vorn- herein selbstverstandlich. Beispielsweise habe ich an einem Pra- parat des Handels eine solche sauerstoffumsetzende Nebenreaktion in grofierem Umfang einwandfrei feststellen konnen (vgl. unten) ; und solche den Nutzeffekt eines Bades einschrankende Verluste konnen durch die Permanganattitration allein noch nicht erkannt werden.

b) Die qualitative Forderung nach der Feinperligkeit des ent- wickelten 02-Gases und nach der moglichst guten Bestandigkeit der Gasdispersion im Badewasser kann der Permanganattitration nach noch nicht beurteilt werden; aus der zeitlichen Konzentrations- abnahme des Peroxydsauerstoffs lassen sich noch keine Schliisse auf die Art der Gasentwicklung ziehen.

c) Die Versuchsbedingungen bei der ,,gestaffelten Titration" an einem Modellbad sind iiberdies in mancher Hinsicht dem praktischen Gebrauchsbad recht wenig angeglichen. Die Titriermethode setzt voraus, da8 alles in das Versuchsbad eingefiihrte Perborat entweder schon vor Zugabe des Katalysators oder wenigstens vor der ersten Probenahme nach 5 Minuten vollstandig in Losung gegangen ist; denn die Stichproben verlieren jeglichen Sinn, solange ein Teil des Praparates noch ungelost auf dem Boden liegt und sich erst nach- traglich auflost. Demnach mu8, um die Auflosung zu bewerk- stelligen, das Bad in den ersten Minuten hinreichend durchgeruhrt werden. Dies wurde aber oft nicht der praktischen Benutzungsweise der Bader entsprechen, deren Gebrauchsanweisungen vielfach vor- schreiben, da8 man nach Einbringen der Chemikalien das Bad be- steige, ohne es aber durchzuriihren. Es ist wohl gar im Interesse einer gleichmafiigen Sauerstoffentwicklung zweckma8ig und er- wiinscht, da8 nicht schon alles Perborat in den ersten Minuten ge- lost wird, sondern erst nach und nach, um einer anfangs zu leb- haften Gasentwicklung vorzubeugen, diese vielmehr gleichmafiiger uber die Dauer des Bades auszudehnen. So bezieht sich also not- wendigerweise die gestaffelte Titration auf die Umsetzungsverhalt- nisse innerhalb einer Losung, also in einem ,,homogenen System", wahrend sich das wirkliche Bad zunachst einige Zeit in einem ,,heterogenen System" (Losung + Bodenkorper) abspielt. Sind aber die Sauerstofftrager, etwa durch besondere Vorbehandlung des Per- borats, so beschaffen, da8 sie in praxi bei eingehaltener Vorschrift, ,,sich ruhig zu verhalten", in normaler Badezeit nur unvollstandig

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in Losung gehen und daher mehr oder weniger schlecht ausgenutzt werden - und solche Bader kommen im Handel vor! -, so gibt die Standardtitriermethode ihrem ganzen Zuschnitt nach einen solchen effektiven Nachteil eines Bades nicht zu erkennen.

Angesichts dieser Sachverhalte erscheint es zur sinnentsprechen- den Beurteilung von Sauerstoffbadern angebracht, die zweifellos sehr wertvolle und zweckdienliche Titriermethode noch durch andere Priifverfahren zu erganzen. Auf dies Erfordernis ist unlangst auch von P. B o h r i s c h hingewiesen worden (Pharmaz. Zentralhalle 79, 177 [1938]).

Eine an mich ergangene Anregung gab Veranlassung, zur Unter- suchung von Sauerstoffbadern ein gasvolumetrisches Verfahren heranzuziehen und diesem eine zweckma8ige praktische Ausfuh- rungsform zu entwickeln, die das Modellbad nach Moglichkeit den genannten Bedingungen des Gebrauchsbades angleicht, und die ex- perimentaltechnisch so weit durchgebildet ist, dafi sie innerhalb einer geringen Fehlerspanne von wenigen Prozenten eine quantitative Auf- stellung der Sauerstoffbilanz zula8t. Zur Wertbestimmung von Wasserstoffsuperoxyd und von Persalzen sind gasvolumetrische Methoden seit langem bekannt und gebrauchlich, ebenso zur iiber- schlagigen Orientierung iiber die Wirkungsweise von Zersetzungs- katalysatoren der Sauerstoffbader, vgl. R. W. S c h u 1 t e , 2. ges. physik. Therapie, Abt. A. 37, 101 (1929); J. H u b s c h e r , ohne Stellenangabe von B o h r i s c h zitiert; P. B o h r i s c h , Pharmaz. Ztg. 1936, 135; Pharmaz. Zentralhalle 79, 177 (1938). Eine annahernd quantitative Verfolgung des Reaktionsablaufs ist, wie mir bekannt, bisher noch nicht durchgefuhrt worden.

2. G a s v o l u m e t r i s c h e A p p a r a t u r u n d A r b e i t s w e i s e . Prinzipiell besteht das eingeschlagene Untersuchungsverfahren

darin, da8 ein Modellbad als verkleinertes Abbild eines normalen Vollbades bei der iiblichen Badetemperatur von 37O in einer ver- schlossenen Apparatur nach Druck- und Temperaturausgleich in Gang gebracht und da8 das entweichende Gas in Abstanden von 5 Minuten in getrennten Mearohren aufgefangen und gemessen wird. Ein toter Luftraum im Untersuchungsgefafi stort nicht, sofern er sich auf der Versuchstemperatur befindet, da es sich lediglich um Volumenbestimmungen, nicht um Absorptionsanaiysen handelt und der entbundene Sauerstoff ein entsprechendes Luftvolumen in die Gasbiiretten verdrangt. Aus wohlverstandlichem Grunde miissen sich die je Zeitintervall aufgefangenen Gasvolumina etliche Stunden in einem Raum annahernd konstanter Temperatur austemperieren, ehe sie in iiblicher Weise (Niveaugefafi!) abgelesen, reduziert und zur Aufstellung der Sauerstoffbilanz auf Normalverhaltnisse redu- ziert werden konnen.

Im einzelnen lassen sich Apparatur und Arbeitsweise am besten an Hand der Figur 1 erlautern.

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Fig. 1.

Eine 2-Liter-Flasche mit weitem Hals oder ein 2-Liter-Pulver- glas G - beide praktisch etwa 2,5 Liter fassend - mit moglichst ebenem Boden tragt einen gut sitzenden Gummistopfen H. Durch diesen ist ein engeres Rohr R mit seitlichem Ansatz A zur Gas- ableitung gefuhrt; Rohr R ist oben durch einen Gummistopfen S verschlossen, durch den ein geschlossener Glaskorper K von der aus der Skizze ersichtlichen Form gesteckt ist. Letzterer sol1 einer- seits mit seinem weiten, ziemlich dicht eingepafiten Teil den aus dem Thermostaten herausragenden toten Raum vermindern, mit seinem unteren Ende aber ein in das Rohr eingefiihrtes Tutchen, das die festen Reagenzien enthalt, in dem Augenblick in das Bad hinabstofien, in dem der Stopfen S das Rohr R oben verschliefit. Das ReaktionsgefaD G, beschwert durch einen um den Hals ge- legten Bleiring (nicht in Figur eingezeichnet!), wird in einen 37.0'- Thermostaten so eingestellt, dafi Stopfen H sich noch unter Wasser befindet (gasdichter Abschlufi!). Die Versuche mussen mit Ruck- sicht auf die Gasmessung bei konstanter Temperatur durchgefuhrt werden, nur kleine Raume (Ableitungsrohr und -schlauch) befinden sich dann wahrend des Versuchs aui5erhalb der Badtemperatur, aber immerhin von Beginn an unter stationaren Verhaltnissen und kon- nen daher keine groDeren Fehler veranlassen. Ein gasdichter Ab- schlui3 durch Stopfen S laBt sich noch dadurch sichern, da8 am Rohr R ein Glaszylinder 2 uber dem Gummiring M befestigt und mit Wasser gefullt wird. Diese Wasserverschliisse mogen dem

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Aufienstehenden ubertrieben vorsorglich erscheinen. Vielfache Er- fahrungen bei gasvolumetrischen Arbeiten haben uns gelehrt, da8 gut passende Gummistopfen, namentlich nach langerem Gebrauch oft nicht vollig gasdicht schlieDen, wenn sie nicht iiberdies mit Wasser abgesperrt werden! Hinsichtlich des Einbringens der festen Substanzen in das Bad ist zu beachten, daD die Gasentwicklung erst beginnen darf, wenn die obere GefaBoffnung verschlossen ist, anderenfalls konnten Gasverluste eintreten. Deshalb empfiehlt es sich, nachdem die an erster Stelle in das Bad zu gebende Substanz zunachst im Modellbad gelost worden ist, den weiteren zur Gasent- wicklung erforderlichen Stoff in einem Filterpapierschalchen durch das Rohr R, in das es knapp hineinpaDt, einzufuhren. Das Schalchen wird, wie aus der Figur ersichtlich, durch Falten eines 7-cm- Filters urn den Boden eines Praparatenglases hergestellt und am Rand in einen mit einer Rasierklinge eingeschnittenen Kork ge- klemmt. Das Paketchen wird, wie weiter zu ersehen ist, durch den Glaskorper K hinabgestofien und fallt in dem Augenblick ins Wasser, in dem Stopfen S die obere Offnung vom Rohr R verschlieDt. Da- durch werden etwaige Gasverluste vermieden. Durch den ange- brachten Kork verbleibt das Filterschalchen zunachst auf der Wasseroberflache, breitet sich aus und klappt, an einer Stelle noch vom Kork oben gehalten, herunter, so daD das Perboratpulver lang- sam von dort durch die Flussigkeit herniederrieselt und sich sehr gleichma8ig iiber den flachen Gefafiboden verteilt, ahnlich gut, wie in praxi das eingestreute Perborat uber den Boden der Badewanne.

Die weiteren Teile der Apparatur: Gasableitungsrohr, Gummi- schlauch mit Quetschhahn Q und gewinkeltem Glasrohr L, pneuma- tische Wanne W und auswechselbares Eudiometerrohr B, mit Stativklammern gehalten, dazu Niveaurohr N zur Burettenablesung, bedurfen keiner Erlauterung.

Bei der vorliegenden Arbeitsweise werden Modellbader mit 2 Liter Wasser von 37.0°, und zwar Leitungswasser, dem Gebrauch der Bader entsprechend, angesetzt; und da, wie oben bereits gesagt, 150 Liter Wasser fur ein normales Vollbad ausreichen, entspricht das Versuchsbad dem 75.Teil des ersteren, also sind die Praparate zu je der gelieferten Packungen auf 0.01 g genau abzuwiegen. Je nach den Gebrauchsvorschriften der Bader wird die erforderliche Menge Katalysator erst im Versuchsbad gelost und das Perborat sodann im Papierschalchen eingegeben, oder umgekehrt ; gegebenen- falls werden Katalysator und Perborat vermischt und gleichzeitig im Schalchen eingefuhrt. ZweckmaDig uberlaDt man nach Eingabe des einen Stoffs das EntwicklungsgefaD mit aufgesetzten Stopfen H und Rohr R etwa 10 Minuten im Thermostaten dem Temperaturausgleich und fiihrt dann erst in genannter Weise die anderen Komponenten im Paketchen bei verschlossenem Quetschhahn Q und lufterfiilltem Glasrohr L ins ReaktionsgefaD ein. Damit beginnt der eigentliche Versuch (Stoppuhr!); man offnet nunmehr den Quetschhahn, lafit das Gas in die Burette B eintreten und stellt alle 5 Minuten - unter vorubergehendem VerschlieBen von Q - die Verbindung zur nachsten Burette her.

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Je nachdem, ob die Gebrauchsanweisungen der Bader ein ofteres Umruhren des Bades oder ein ruhiges Verhalten des Badenden vor- schreiben, wird das Modellbad wahrend des Versuchs ofter umge- schwenkt oder hochstens (um etwaige ungleichmafiige Anhaufungen des Perborates auf dem GefaBboden, die bei den beschrankten Modelldimensionen nicht ganz vermeidbar sind, zu verteilen) ab und zu sacht hin- und hergeneigt. Die Versuchszeit betragt 30 Minuten, umfaBt also 6 Gasproben. Nach dieser Zeit wird das Versuchs- bad etwa 3 Minuten lang heftig durchgeschuttelt und das nunmehr entweichende Gasquantum, auf dessen Bedeutung unten naher ein- gegangen wird, gesondert aufgefangen. Bei diesem Schutteln mu8 das GefaB vorubergehend aus dem Thermostaten gehoben wer- den; etwaige dadurch verursachte Temperaturschwankungen werden durch erneutes Einstellen in den Thermostaten wieder ausgeglichen. Wenn nach erneutem Schiitteln kein weiteres Gas mehr iibergeht, wird der Versuch abgebrochen und moglichst rasch ein Teil des Bades abgemessen und nach Ansauern mit Permanganat auf unzer- setztes Hz02 titriert. Aus angewandter Perboratmenge von bekann- tem Gehalt an akt. Sauerstoff, aus unzersetztem Perborat im Bad und den nach 4 bis 5 Stunden abgelesenen und unter Berucksich- tigung des Wasserdampfdruckes auf Normalverhaltnisse reduzierten Gasproben laBt sich dann die Sauerstoffbilanz aufstellen. Die Be- rechnungsweise bedarf vor Pharmazeuten und Chemikern vom Fach keiner naheren Erlauterung.

In kritischer Betrachtung miissen dieser auf praktische Verhaltnisse und Bediirfnisse zugeschnittenen Arbeitsweise von vornherein zwei Fehlerquellen entgegengehalten werden. Einmal tritt rnit dem Einfiihren des Filterpacketchens durch das Rohr R unvermeidlich etwas kaltere Luft in den toten Raum des EntwioklungsgefaDes G ein, die bei der darauffolgenden Anwarmung und Ausdehnung einen scheinbaren Mehrbetrag an entwickeltem Gas verursacht. Andererseits ist Sauerstoff in Wasser reichlicher loslich als Luft, so daD bei beendetem Versuche nach dem Ausschutteln ein grofieres Quantum Sauerstoff gelost bleibt, als anfangs Luft im Wasser gelost war, was einen Minderbetrag in der aufgefangenen Gasmenge mit sich bringt. Von einer diesbeziiglichen Korrektur mu8 von vornherein abgesehen werden, weil einerseits Loslichkeits- daten nur von Saucrstoff unsd Luft unter Atmospharendruck und fur reines Wasser, sowie fur wenige einfache Elektrolytlosungen bekannt sind, deshalb fur 'die jeweiligen Badflussigkeiten von Fall zu Fall gesondert bestimmt werden miifiten - andererseits aber iiber dem Modellbad bei Versuchsende gar kein reiner Sauerstoff, sondern eine 02-;erdunnte Luft steht. Das war schon insofern vorauszusehen, als die bei den Versuchen gewohnlich entwickelte Gas- menge von rund 150 bis 250 ccm wesentlich kleiner ist als tder tote Gasraum im EntwicklungsgefaB (in unseren Apparaturen etwa 400 bis 450 ccm!); - und weiterhin, weil der bald nach Versuchsbeginn aufsteigende Sauerstoff sicher nicht bloBLuft vor sich her aus dem besagten totenRaum in die Gasbiiretten verdrangt, sondern sich im toten Raum bereits zunehmend und unkontrollier- bar, von Zufalligkeiten abhangig, mit Luft vermischt, so daD in den einzelnen Versuchsperioden immer 02-reicheres G3as in die Eudiometer ubergefuhrt wird, zum SchluD aber entsprechend luftverdunnterer Sauerstoff uber dem Bade lagert. Diese Voraussage ist iibrigens durch eine gesonderte Versuchs- reihe mit Gasanalysen vollkommen bestatigt worden, wie folgende Zahlen erkennen lassen:

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Insgesamt entwickelt: 174,6 n-ccm 0,; toter Raum des Versuchsgefafies: 450 ccm; entwickelte Gasmengen:

nach 5 Min. 29.9 n-ccm mit 20.7% 0,, nach 10 Min. 39.2 n-ccm mit 21.2% 02, nach 15 Min. 26.4 n-ccm mit 21.8% O,, nach 20 Min. 27.9 n-ccm mit 24.2% 02, nach 30 Min. 6.0 n-ccm mit 24.9% O,, nach Schutteln 45.2 n-ccm mit 35.6% 02, Restgas uber dem Bad 48.0% 0,.

Das Restgas mit rund 48% O,, ein Gemisch etwa von 2 Teilen Luft un,d 1 Teil Sauerstoff, steht zweifellos der Luft in seiner Loslichkeit vie1 naher als reinem Sauerstoff, so dafi der von unterschiedlicher Loslichlceit herruhrende Fehler unter den vorliegenden Versuchsbedingungen ohnehin nicht umfangreich sein kann.

Dafi daruber hinaus beide oben bezeichneten. einander entgegengerichte- ten Fehlerquellen sich weitgehend ausgleichen und im Endeffekt sich zu einer unerfafiten Sauerstoffmenge von nur wenigen Kubikzentimetern und damit von wenigen Prozenten (maximal 4 bis 5%) auswirken, wird einerseits daraus ersichtlich, dafi bei den meisten von uns untersuchten Sauerstoffbadern die Sauerstoffbilanz bis auf einen geringen Fehlbetrag der genannten Gro8en- ordnung aufging, und ada8 in den Ausnahmefallen, wo die Bilanz grofiere Fehl- betrige aufwies, tatsachlich, wie oben schon angedeutet, Nebenreaktionen des Peroxydsauerstoffs nachgewiesen werden konnten.

Um Irrtumer in dieser Richtung unbedingt auszuschliefien, wurde aufier- dem noch mit der vorliegenden Apparatur und Arbeitsweise eine moglichst einfache, rasch verlaufende und in der Gasvolumetrie gebrauchliche Zer- setzungsreaktion des Wasserstoffperoxydes quantitativ verfolgt, namlich 'die Umsetzung von H20, mit iiberschussigem Permanganat in schwefelsaurer Losung: hier blieben bei einem Volumen von wiederum 2 Liter Flussigkeit bei 200 bis 250 ccm entwickelten Gases die Minderbetrage sogar unter I%!

Somit erfullt die hier vorgeschlagene technische Untersuchungs- methode trotz der gezeigten Fehlerquellen, die sich bei exakteren Anspruchen uberdies umgehen lieaen, ohne weiteres eine Genauig- keitsforderung bis auf wenige Prozent.

3. A n w e n d u n g s b e i s p i e 1. Dem vorbeschriebenen gasvolumetrischen Untersuchungsver-

fahren - kombiniert mit dem titrimetrischen - haben wir eine Reihe Sauerstoffbader des Handels unterzogen. Zur Erlauterung der Methode an sich und der durch sie ermoglichten Feststellungen sol1 hier nur der Untersuchungsbefund an einem Praparat - Dr. Berg- manns Sauerstoffbad der Firma Li-ilwerk G. m. b. H., Dresden (250-g-Packung mit Schaumdecke, Lieferung von Oktober 1937) - als Beispiel etwas vollstiindiger wiedergegeben werden.

Inhalt der Packung: netto 202.3 g Perborat mit 10.56%;2) akt. Sauerstoff, 47.4 g Katalysator; von beiden wurde je i/75 auf das Ver- suchsbad von 2 Liter angewandt, also 0.63 g Katalystor und 2.70 g Perborat, entsprechend 0.285 g 0 2 cu 199.6 n-ccm 02.

2, Natriumperborat NaBO, . H,O,. 3 H 2 0 bzw. Na2(B,0,) . 8H,O enthiilt theoretisch 10.4% aktiven Sauerstoff; offenbar wurde die Ware absichtlich vom Hersteller leicht angewittert, daher der etwas hohere Sauerstoffwert.

Untersuchung und Bewertung von Sauerstoffbadern

a) T i t r i m e t r i s c h e U n t e r s u c h u n g. Der Reihenfolge in der Gebrauchsvorschrift folgend, wurde irn

37.0"-Modellbad erst der Katalysator gelost, dann das Perborat ein- gestreut und in den ersten Minuten bis zur volligen Auflosung des Persalzes mehrfach vorsichtig durchgeriihrt, was hier - zum Unter- schied sowohl von der gasvolumetrischen Priifung wie von der prak- tischen Gebrauchsweise des Bades - aus oben bezeichneten Grun- den unbedingt notig ist. Alle 5 Minuten wurden 100 ccm abpipettiert und titriert; nach der 30-Minuten-Probenahme wurde das Bad in- tensiv durchgeschuttelt und anschliefiend eine nochmalige Probe entnommen.

Da in 2 Liter Bad 2.70 g Perborat mit 10.56% Sauerstoff gelost sind, entspricht vor Zersetzungsbeginn, also zur Zeit 0 Minuten, einer 100-ccm-Probe ein "/io-KMnOr-Verbrauch von 17.68 ccm. In der Tabelle 1 sind kolumnenweise aufgefiihrt die Entnahmezeiten, die Permanganatzahlen je 100 ccm Bad, der unzersetzte Persalzanteil in Prozent vom Aufgewandten, die Umsatze im 5-Minuten-Interval1 und diejenigen ab Versuchsbeginn. Nebenher bemerkt ist bei solcher ,,gestaffelten Titration" die Umwertung auf 02-Gasvolumina, die in der einschlagigen Literatur durchgehend und oftmals um- standlich vorgenommen wird, vollig entbehrlich.

T a b e l l e 1.

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Vor Beginn . . 0 Min. nach . . . . 5 Min. nach . . . . 10 Min. nach . . . . 15 Min. nach . . . . 20 Min. nach . . . . 25 Min. nach . . . 30 Min.

stark geschuttelt . . . .

ccm nllo Perm. e 100 ccm Bad

17.68 9.90 5.50 3.50 2.10 1.40 0.86 0.70

Vom angew. H A

noch unzersetzt in 010

100.0 56.2 31.7 19.8 11.9 7.0 4.9 4.0

Umsatz im i-MinAnterval

in Ol0

43.8 24.5 11.9 7.9 4.0 3.0 (0.9)

Umsatz ab Versuchs-

beginn

43.8 68.3 80.2 88.1 92.1 95.1 96.0

Der integrale Zersetzungsverlauf (letzte Spalte Tabelle 1) ist uberdies im Diagramm, Fig. 2, als gestrichelte Kurve a eingetragen worden.

Nach bisherigem UrteilsmaDstab ergabe sich aus der Titrations- reihe die Feststellung, da8 das Perborat innerhalb 20 Minuten zu fast 90%. nach 30 Minuten zu iiber 95% zersetzt wird, und weiterhin, daD die Umsetzung zwar nicht streng linear innerhalb 20 oder 30 Minuten ablauft, vielmehr im ersten Zeitabschnitt am groaten ist - die abstrakte Forderung nach vollig gleichmafiigem und dabei totalem Umsatz in begrenzter Zeit vermag kein noch so idealer Katalysator zu erfullen! -, daD aber immerhin die Umsatze in den ersten drei 5-Minuten-Intervallen innerhalb einer GroDenordnung liegen.

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b) G a s v o l u m e t r i s c h e U n t e r s u c h u n g . Zuniichst wurde der Katalysator im Modellbad gelost, hernach

das Perborat eingegeben und im ubrigen ganz nach der Beschreibung im vorangehenden Kapitel verfahren. Wohlgemerkt wurde hier das Bad n i c h t durchgeriihrt, sondern nur gelegentlich leicht hin- und hergeneigt; nach 10 Minuten war alles Perborat in Losung gegangen.

In Tab. 2 sind die in den einzelnen Zeitabschnitten getrennt aufgefangenen Gasvolumina, abgelesen uber Wasser bei 731.9 mm Barometerstand und bei 16.1°,. also unter i18.3 mm Druck des trocke- nen Gases, sowie diese reduziert auf Normalverhaltnisse, weiter die im jeweiligen Zeitabschnitt bzw. von Versuchsbeginn an ent- wickelten Gasmengen in Prozenten des gesamten verfugbaren Sauer- stoffs aufgefiihrt.

T a b e l l e 2.

Rcduziert Abgelesen N ach 1 1 (0'. 760 mm)

Umgesetzt olO vom Gesamt-Sauerstoff

, I

5 Minuten. . . . . 36.8 10 Minuten. . . . . 42.9 15 Minuten. . . . . 26.9 20 Minuten. . . . . 8.0 25 Minuten. . . . . 5.1 30 Minuten. . . . . 4.8 stark geschuttelt . . 82.0

1 92*4 I 184.4 n-ccm ~ 206.5 1 entspr. 0.263 g O2

Nach dem Ausschiitteln wurden 250 ccm Bad titriert, sie ver- KMn04, entsprechend 14.8 mg unzersetztem brauchten 2.32 ccm

akt. Sauerstoff im 2-Liter-Bad, d. s. 5.3% vom eingebrachten.

S a u e r s t o f f b i l a n z : X uom Gesamt-02

Gefunden: 02-Gas . . . . . . . . . . 0.263 g 92.4 4; unzersetzt (SchluBtitration) . 0.015 g 5.3 % Summe. . . . . . . . . . . 0.278 g 97.6 %

Eingebracht : 0.285 g 100.0 % UnerfaBt: A . . . . . . . . . . . . . . 0.007 g 2.4 %

Die praktisch erfullte Sauerstoffbilanz - ungeachtet des gering- fiigigen unerfal3ten Anteils von 2.4%, entsprechend etwa 5 n-ccm, der sich ohne weiteres aus unvermeidlichen Versuchsfehlern, vor allem aus der erhohten Loslichkeit des 02-reicheren Gases in Wasser erklart! - erweist einerseits die hinreichende Zuverlassigkeit der hier entwickelten Untersuchungsmethode und zeigt zum anderen, da8 bei vorliegendem Badepraparat in normaler Badezeit der auf- gewandte Peroxydsauerstoff ohne sauerstoffverbrauchende Neben-

32.9 16.5 16.5 38.4 19.2 35.7 24.1 12.1 47 8

7.1 3.6 51.4 4.5 2.3 53.7 4.3 2.1 55 8

73.1 36.6 92.4

Untersuchung und Bewertung von Sauerstoffbadern 11

reaktionen nahezu vollstandig, zu 95%, in O2-Gas umgesetzt wird. Die gasvolumetrischen Einzelbefunde sind gleichfalls in Fig. 2

eingetragen - ausgezogene Kurve b. Bemerkenswert und nicht unerwartet sind die grofieren und

miteinander vergleichbaren Gasquanten in den ersten drei Perioden bis 15 Minuten, wahrend in der zweiten Versuchshalfte, 15 bis 30 Minuten, nur auffallig kleine Gasvolumina f r e i w i 11 i g austreten. Das gesamte his dahin aufgefangene Gas macht jedoch erst die reichliche HBlfte des Perboratsauerstoffs aus! Woher ruhrt aber die grofie, am Versuchsende durch Schutteln entbundene Gasmenge? Nicht von bisher ungelostem und erst beim Schutteln in Losung untf in Reaktion getretenem Perborat, denn nach 10 oder 15 Minuten war, wie mit Sorgfalt beobachtet, schon langst alles Perborat gelostl Ebensowenig von verspateter, durch das Schutteln ausgeloster Re- aktion des schon geldsten Persalzes! Dem widersprechen die unter ganz gleichen Arbeitsbedingungen, z x ohne Erfassung der Gasab- giinge vorgenommenen Parallelversuche, bei denen nach 30 Minuten und nach ganz vorsichtigem Durchruhren (Ausgleich von Konzen- trationsunterschieden!), au8erdem nach intensivem Durchschutteln, je 100 ccm Bad titriert wurden: vorher 1.20 ccm n/io Permanganat, nachher 1.02 ccm; A = 0.18 ccm; auf 2 Liter Bad bezogen: = 3.6 ccm Permanganat N 2.9 mg 0 2 N 2.0 n-ccm 0 2 cu etwa 1%1 Diese Titerabnahme des Bades steht also in keinerlei Verhaltnis zum aus- geschuttelten Sauerstoffquantum. Das Persalz ist vielmehr schon vor dem Schutteln fast vdstandig umgesetzt, nur bleibt der daraus ge- bildete molekulare Sauerstoff zu betrachtlichem Teil noch im Bade festgehalten, in allen Dispersitatsgraden von ubersattigter, echter Losung uber kolloiddisperse Aufteilungen bis zu feinen, dem Auge sichtbaren und schon mit merklicher Geschwindigkeit nach oben perlenden Gasblaschen. Er wird durch das Schutteln, d. h. durch Storung dieser intermediaren und metastabilen Zustande aus dem Bad in den Gasraum ubergetrieben. Diese ausgeschuttelte Gasmenge, die unter etwa Atmospharendruck solch betrachtliches Volumen von rund 80 ccm ausmacht, nimmt vorher als disperse Phase im Bad einen verschwindend kleinen Raum ein - je feiner die Aufteilung, unter um so hoherem Druck steht das Gas, um so kleiner sein spezifisches Volumen! - und gibt sich darum vorher in der gasvolumetrischen Meareihe nicht zu erkennen.

Die an sich rccht widerspruchsreiche und von mancher Polemik durchsetzte Literatur der Sauerstoffbader ist sich darin einig, da8 letztere ihre therapeutische Wirkung nicht dem ursprunglichen per- oxydischen Sauerstoff und ebensowenig etwaigen, dem Bad rasch entweichenden griifieren Gasblasen verdanken, sondern allein dem naszierenden, dem iibersattigt gelosten und dem in feinster Vertei- lung, als Gasnebelschleier im Bade auftretenden und darin merkliche Zeit verweilenden molekularen Sauerstoff. Der durchschnittliche Dispersitatsgrad (die Feinperligkeit) ist, wie eingangs ausgefuhrt, einer der wichtigsten Wertmafistabe der Sauerstoffbader; uber ihn gibt die ,,gestaffelte Titration" noch keinerlei Auskunft, und durch visuelle Beobachtung der Gasentwicklung, selbst unter VergroDerung

12 H e i n r i c h M e n z e l

und Beleuchtung, laBt er sich auch nur ganz grob qualitativ abschatzen. Die hier entwickelte gasvolumetrische Untersuchungsmethode er- scheint geeignet und berufen, diese Lucke auszufullen und eine sinn- gerechtere Bewertung der Sauerstoffbader nach dieser Richtung an- zubahnen. Je feinperliger die Gasentwicklung, um so hoher ist auch die - allerdings nur vorubergehende, scheinbare - Bestandigkeit der Gasemulsion, eine um so grofiere Gasmenge wird nach fast be- endeter Perboratzersetzung noch durch Schutteln aus dem Bad zu entwickeln sein. Das ausgeschuttelte Gasvolumen bei Versuchsende darf also als ein Kriterium fur die Gute des Bades gelten.

Nur kurz und nebenher sei angedeutet, dai3 dieses Qualitats- merkmal der Sauerstoffbader nahezu ausschlieBlich - da die Per- boratfabrikate prinzipiell wenig voneinander abweichen - von der Beschaffenheit des Katalysatorpraparates abhangt, von der Art seiner HzOz-Zersetzung und von den besonderen Eigenschaften, die es dern Bad als Dispersionsmittel des Gases in kolloidchemischer Hinsicht erteilt.

Wenn auch ,,gestaffelte Titration" und gasvolumetrischer Ver- such aus schon betonten Grunden (Bad wird bei der ersteren durch- geruhrt!) nicht streng in ihren Befunden vergleichbar sind, so fiihrt die angenaherte Gegenuberstellung der beiden Zersetzungskurven, wie in Fig. 2, zu wichtigen Feststellungen. Grundsatzlich bleibt wah- rend des Versuchs der Gasaustritt aus dem Bade, Kurve b, mehr oder weniger stark hinter der Zersetzung des eingebrachten akt. Sauerstoffs zuruck (Kurve a). Erst bei Versuchsende, nach dern Schutteln, begegnen sich die Kurven. Die Spanne zwischen beiden Grofien, also zu bestimmtem Zeitpunkt der Vertikalabstand b i d e r

Fig. 2. Fig. 3.

Kurven oder - gleichsam iiber die Zeit integriert - das von beiden Kurven eingeschlossene Feld, bezeichnet den im Bad dispergierten, therapeutisch wirksamen Sauerstoffanteil. Je naher Kurve b und Kurve a beieinanderliegen, um so geringere ,,Kapazitat" zeigt das bad fur den entwickelten Sauerstoff, und um so geringer ist, selbst bei gunstiger Kinetik der H*Os-Zersetzung, sein therapeutischer Wert zu veranschlagen. In Fig. 3 wird als Beispiel ein weniger taug- liches Badepraparat wiedergegeben, an dem uberdies die vie1 zu rasche Reaktion im Anfangsstadium zu bemangeln ist, wahrencl

Untersuchung und Bewertung von Sauerstoffbadern 13

Fig. 2 (Dr. Bergmanns Sauerstoffbad) nach Lage der Kurven eine gunstigere Aufteilung und hohere relative Bes tandigkeit des im Bade dispergierten Sauerstoffs erkennen 1aBt.

Diese Mitteilung bezweckt nicht, neben dem als Erlauterungsbei. spiel der Methode herangezogenen auch andere Sauerstoffbader naher zu beleuchten. Nur ein Praparat sei noch kurz betrachtet, weil dessen Mange1 zum Teil erst durch die gasvolumetrische Untersuchung er- kannt werden konnten. In dieser Ware wird das Perborat in granulierter, durch NaZS04 gestreckter Form mit etwa 8 bis 9% akt. Sauerstoff geliefert. Diese Salzbrocken losen sich, gleichviel ob groberes Gut, feineres Korn oder ein ungefahres Durch- schnittskorngroflengemisch zum Modellbad benutzt wird - gleich- vie1 ob letzteres nur wenig bewegt oder intensiver durch- geruhrt wird - binnen 30 oder 40 Minuten und selbst nach dem Durchschutteln n i c h t vollstandig auf, wobei gerade die Gebrauchsanweisung dem Badenden ,,ruhiges Verhalten" vor- schreibt. Daher muBte bei Untersuchung dieses Praparates in Ruck- sicht auf die Sauerstoffbilanz nach dem Ausschutteln des Gases die Flussigkeit vom ungelosten Salz abgegossen und dieser Ruck- stand3) fur sich in Saure gelost und titriert werden. So blieben - bei einer Reihe von Versuchen - unzersetzt zum SchluB bis 11% vom Gesamtsauerstoff in Losung, bis zu 19% im Ruckstand. (Im Ge- brauchsbad, wo ja nicht durchgeruhrt werden soll, ist mit ent- sprechend groBeren ungelosten Anteilen zu rechnen!) Wenn auch unter diesen Verhaltnissen, etwa durch weiterlaufende Peroxydzer- setzung wahrend des AbgieBens usw., von vornherein etwas groBere Versuchsfelder in Kauf zu nehmen waren, ergab an diesem Bad die Sauerstoffbilanz immer wieder einen unerfafiten Betrag von etwa 15 bis 20%, der unbedingt auBerhalb der Fehlergrenze lag und ver- muten lieB, dai3 ein Teil des akt. Sauerstoffs durch anderweitige Nebenreaktionen in Anspruch genommen wird und nicht als 02-Gas wiederkehrt.

Eine solche Reaktion konnte auch nachgewiesen werden. Der Katalysator in Pastillenform besteht zur Hauptsache aus Ammon- sulfat und Magnesiumsulfat (wasserhaltig) und enthalt auaerdem als katalytisch wirkende Agenzien in geringen Anteilen einige Schwer- metalle, namlich Kupfer, Eisen und wenig Chrom. Die Kombination Kupfer-Eisen ist als Katalysator der HZOz-Zersetzung bekannt. Die Losung des Katalysatorpraparates allein reagiert neutral; erst im Bad wird durch die hydrolytische Alkalitat des gelosten Perborats Ammoniak in Freiheit gesetzt (Geruch!). Weiter weiB man, daB Sauerstoff in Gegenwart geringer Mengen Kupfer Ammoniak zu Nitrit zu oxydieren vermag, so daB auch in diesem Sauerstoffbad auf eine katalytische Oxydation von NHI oder NHr-ion durch per- oxydischen oder naszierenden Sauerstoff zu schliefien war. In der

3) Isolieren, Trocknen a n d Ruckwagen des Riickstandes ware g,anz unrat- sam gewesen!

14 Untersuchung und Bewertung von Sauerstoffbadern

Tat gelang es, in den Modellbadern nach Versuchsablauf merkliche Mengen Nitrit einwandfrei nachzuweisen, und zwar durch die spe- zifische, auf andere Oxydationsmittel, wie Hz02, nicht ansprechende Diazotierungsreaktion (Sulfanilsaure iind a-Naphthylamin in essig- saurer Losung).

Ob die Nitritbildung den gesamten Fehlbetrag der Sauerstoff- bilanz deckt, wurde nicht quantitativ verfolgt. Uns geniigte die Fest- stellung, da8 hier der aktive Sauerstoff neben der Gasbildung noch andere Reaktionen eingeht, und da8 das eingebrachte Persalz ent- sprechend unvollstandig ausgenutzt wird. Ein solches fur die Be- wertung der Sauerstoffbader wichtiges Merkmal kann keineswegs mittels der gestaffelten Titration, sondern erst bei Aufstellung der Sauerstoffbilanz an Hand der kombinierten titrimetrischen u n d gas- volumetrischen Untersuchung erkannt werden.

Ich habe nicht die Absicht, mich kiinftig an der Beurteilung der Sauerstoffbader des Arzneimittelmarktes zu beteiligen. Vielmehr war es mir um das Grundsatzliche des Untersuchungsverfahrens und um dessen Verbreiterung zu tun; und ich empfehle den um eine objek- tive und unvoreingenommene Priifung der Bader bemiihten Fach- leuten und Instanzen die hier entwickelte Methodik zur Anwendung und zu weiterem Ausbau.

Meinem Assistenten, Herrn Dr.-Ing. Hans S c h u 1 z , bin ich fur seine experimentelle Mitarbeit zu bestem Danke verpflichtet.

848. K. Kindler:

Aziditat, Basizidat, Loslichkeit und physiologische Wirkung').

Eingegangen am 7. Oktober 1938.

In friiheren Vortragenl) habe ich gezeigt, dai3 man bei Auf- findung von Beziehungen zwischen chemischem Bau einer Verbin- dung und ihrer physiologischen Wirkung ihre Fahigkeit zur Reak- tion in vitro berucksichtigen mu& Denn in vielen Fallen erkennt man Zusammenhange zwischen der Starke dieser Reaktionsfahigkeit und der Starke der physiologischen Wirkung. So reizen manche Aldehyde, Senfole und organische Halogenverbindungen die Schleim- haute um so starker, je leichter sie mit Abkommlingen des Ammo- niaks oder des Wassers reagieren. Ferner nimmt sowohl die lokal-

*) (Vortrag, gehalten auf der 95. Versarnmlung der Gesellschaft Deutscher

I) Arch. Pharmaz. Ber. Dtsch. Pharmaz. Ges. 266, 19, 266 (1928); 267, 541 Naturforscher und Arzte zu Stuttgart; nebst Erganzungen.)

(1929); s. a. Forschungen und Portschritte 1934, 435.