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Zur Vergiftung von Nickel-Hydrierungskatalysatoren durch Wasserstoff Von G. RIENACKER und H. KINZA Mit 2 Abbildungen Professor Franz Rurbge zum 65. Geburtstage gewidrnet Inhriltsiibersicht Bei der Hydrierung von Zimtsaureathylester an Nickelpulver in waBrig-methanoli- scher Losung wird die maximale Aktivitat des Katalysators bei Verwendung 0,-haltigen Methanols praktisch sofort, bei Verwendung 0,-freien Methanols sehr langsam, zuin Teil inehrere Stunden nach Beginn der Hydrierung erreicht. Ausgehend von Vorstellungen EUCKENS uber die Adsorption von Wasserstoff an Nickel wird hierfiir und fur einp Rcihe einander widersprechender Angaben der Literatur eine Erklarung gegeben. Bei der Hydrierung von Zimtsaureathylester in methanolischer Losung an Nickelpulver wurden Beobachtungen gemacht, die eine Erklarung fur einander widersprechende Angaben uber die Wirkung von Sauerstoffspuren auf Nickelkatalysatoren ermoglichen. So fanden WILLSTATTER und WALDSCHMIDT-LEITZ I), dalj bei der Hydrierung von Natriumcinnamat an Nickel in flussiger Phase ( Losung) der Zutritt kleiner Mengen von Sauerstoff eine aktivierende Wirkung auf den Katalysator ausubt, wahrend SCHWAB und BRENNECKE 2) und neuerdings DANES und JIRU~) sowie DANES, CABICAR, GRUBNER, KLIER und JIRU 4, eine aulbrordentliehe Sauerstoffempfindliehkeit von auf verschiedene Weise hergestellten Nickelkatalysatoren feststellten. Bei unseren Versuchen wurde im Rahmen. einer anderen Frage- stellung Zimtsaureathylester in wailjrig-methanolischer Losung bei Zimmertemperatur an Nickelkatalysatoren hydriert, die durch ther- mische Zersetzung von Nickeloxalat im Wasserstoffstrom hergestellt worden waren. l) R. WILLSTHTTER u. E. WALDSCHMIDT-LEITZ, Ber. dtsch. chein. Ges. 54, 113 (1921). 2) G. M. SCHWAB u. W. BRENNECKE, Z. physik. Chem., Abt. B 24, 393 (1934). 3, V. DANES u. P. JIRU, Chem. listy 50, 302 (1956). 4) V. DANES, J. CABICAR, 0. GRUBNER, K. KLIER u. P. JIRU, Collect. czechosl. cheln. Commun. 21, 765 (1956).

Zur Vergiftung von Nickel-Hydrierungskatalysatoren durch Wasserstoff

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Page 1: Zur Vergiftung von Nickel-Hydrierungskatalysatoren durch Wasserstoff

Zur Vergiftung von Nickel-Hydrierungskatalysatoren durch Wasserstoff

Von G. RIENACKER und H. KINZA

Mit 2 Abbildungen

Professor Franz Rurbge zum 65. Geburtstage gewidrnet

Inhriltsiibersicht Bei der Hydrierung von Zimtsaureathylester an Nickelpulver in waBrig-methanoli-

scher Losung wird die maximale Aktivitat des Katalysators bei Verwendung 0,-haltigen Methanols praktisch sofort, bei Verwendung 0,-freien Methanols sehr langsam, zuin Teil inehrere Stunden nach Beginn der Hydrierung erreicht.

Ausgehend von Vorstellungen EUCKENS uber die Adsorption von Wasserstoff an Nickel wird hierfiir und fur einp Rcihe einander widersprechender Angaben der Literatur eine Erklarung gegeben.

Bei der Hydrierung von Zimtsaureathylester in methanolischer Losung an Nickelpulver wurden Beobachtungen gemacht, die eine Erklarung fur einander widersprechende Angaben uber die Wirkung von Sauers toffspuren auf Nickelkatalysatoren ermoglic hen.

So fanden WILLSTATTER und WALDSCHMIDT-LEITZ I), dalj bei der Hydrierung von Natriumcinnamat an Nickel in flussiger Phase ( Losung) der Zutritt kleiner Mengen von Sauerstoff eine aktivierende Wirkung auf den Katalysator ausubt, wahrend SCHWAB und BRENNECKE 2) und neuerdings DANES und J IRU~) sowie DANES, CABICAR, GRUBNER, KLIER und JIRU 4, eine aulbrordentliehe Sauerstoffempfindliehkeit von auf verschiedene Weise hergestellten Nickelkatalysatoren feststellten.

Bei unseren Versuchen wurde im Rahmen. einer anderen Frage- stellung Zimtsaureathylester in wailjrig-methanolischer Losung bei Zimmertemperatur an Nickelkatalysatoren hydriert, die durch ther- mische Zersetzung von Nickeloxalat im Wasserstoffstrom hergestellt worden waren.

l) R. WILLSTHTTER u. E. WALDSCHMIDT-LEITZ, Ber. dtsch. chein. Ges. 54, 113 (1921). 2) G . M. SCHWAB u. W. BRENNECKE, Z. physik. Chem., Abt. B 24, 393 (1934). 3, V. DANES u. P. JIRU, Chem. listy 50, 302 (1956). 4) V. DANES, J. CABICAR, 0. GRUBNER, K. KLIER u. P. JIRU, Collect. czechosl.

cheln. Commun. 21, 765 (1956).

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G . RIENHCKER u. H. KINZA, Vergiftung von Nickel-Hydrierungskatalysatoren 181

Nickeloxalat wurde durch Fallung aus Nickelacetat p. a. mit Oxalsaurelosung bei 90' C hergestellt; Mengen von jeweils 3-4 g wurden im Wasserstoffstrom bei 350 & 2" C eersetzt. Die Dauer der Erhitzung betrug vier Stunden. Das erhaltene Nickelpulver wurde unter Wasserstoff moglichst gleichmaBig in vier dunnwandige, vorher ausgewogene Am- pullen verteilt und diese abgeschmolzen, so da13 je Hydrierung etwa 250 bis 300 mg Nickel eingesetzt wurde. Die Hyd&rungen erfolgten in einer doppelwandigen, durch einen HoPPLER-Thermostaten sorgf&ltig temperierten Schuttelente bei Temperaturen zwischen 18' und 33' C. Der verwendete Wasserstoff war mit Chromschwefelsaure, Natrium- plumbit, erhitztem Platinasbest, auf -190" C abgekuhlter Aktivkohle und zur Entfernung der letzten Sauerstoff- spuren mit Eisen(I1)-acetatlosung ge- reinigt worden. Die Schuttelente wurde mit 5 ml sorgfaltig bei 1-2 Torr de- stillierten Zimtsaureathylester und 50 ml 90proz. Methanol beschickt, eine Ampulle mit Nickelpulver hinzugegeben und diese nach langdauerndem Aus- spulen der Schiittelente mit Wasser- stoff unter der Fldssigkeit zertriim- mert, wobei apparativ das Eindringen von Luft ausgeschlossen war. Die Hydrierung erfolgte mit konstanter Schiittelfrequenz unter Atmospharen- druck ; die Reaktionsgeschwindigkeit wurde durch den Wasserstoffverbrauch in einer Burette mit 0,2-ml-Teilung ge- messen.

Es ergaben sich nun aus- gepragte Unterschiede im Reak- tionsverlauf, wenn das als Lo- sungsmittel verwendete Metha- nol vor dem Versuch durch Iangeres Kochen am RuckfluB im Wassers toffs trom luft frei gemacht worden war oder wenn dies nicht der Fall war.

3 8/

L 10 20 30 t 4Omin

Abb. 1. Zeitlicher Verlauf einer Hydrierung mit 0,-haltigem Methanol

Abb. 2. Zeitlicher Verlauf einer Hydrierung mit 0,-freiem Methanol

Bei Verwendung des kauflichen, nicht luftfrei gemachten Methanols p. a. unter Zusatz von 10% destilliertem Wasser stjeg die katalytische Aktivitat des Nickels nach Beginn der Hydrierung in wenigen Minuten auf den Hochstwert, um dann allmahlich abzusinken. Das typische Beispiel eines solchen Versuchs zeigt Abb. 1, in der der zeitliche Verlauf der Hydrie- rungsgeschwindigkeit in Abhangigkeit von derversuchsdauer dargestellt ist .

Ein vollig anderes Bild ergab sich bei Verwendung von ebenfalls 90proz. Methanol, das won gelostem Sauerstoff befreit worden war. J. prakt. Chem. 4. Reihe, Bd. 7 . 13

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182 Journal fur praktische Chemie. 4. Reihe. Band 7. 1958

Tabelle 1 Verlauf e i n e r H y d r i e r u n g V O R Z i m t s a u r e a t h y l e s t e r i n waiBrigem Methano!

a) eelosten Sauerstoff enthaltend ; b) yon gelostem Sauerstoff befreit

V

.5,4 8,s

12,5 16,3 22,o 25,5 31,2 38,7 47,s 55,2 60,s 66,2 7 7 , l

-('j AV m l H / / b) t A t mln / I (min) .

0 5

1 4 24 35 45 55 70 79 89 99

109 121 129 140 153 159 166 174

I v l 1,4 291 6,1

12,6 20,3 28,O 36,4 50,O 58,6 68,5 78,5 89,O

102,2 111,7 125,5 141,7 149,3 158,Z 168,3

Av A t -

- 0,14 0,44 0,65

0,77 0,84 0,91 0,96 0,99 L O 1,05 1 9 1 1,2 1,25 1,25 1,25 1,27 1,26

0,7

Hier war die Aktivitat der auf gleiche Weise hergestellten Nickelpra- parate nach Beginn der Hydrierung nahezu gleich Null, stieg dann all- mahlich an und erreichte, mitunter erst nach mehreren Stunden, einen uber langere Zeit konstanten Hochstwert. (Abb. 2, man beachte den veranderten ZeitmaQstab.)

Diese in der Literatur der Katalyse an sich wohlbekannte Erschei- nung, die sogenannte Induktionsperiode, wurde vor kurzem auch von LANGENBECK und Mitarbeitern an einem ahnlichen System, bei der Hydrierung von Cyclohexen in benzolischer Losung an Nickel-Magne- siumoxyd-Mischkatalysatoren bcobachtet 5 ) und durch die mechanische Zerkleinerung der Katalysatorkorner infolge des Schuttelns erklart '3).

Diese Erklarung erscheint uns nicht ganz ausreichend. Die von uns beobachtete Induktionsperiode sowie das unterschied-

liche Verhalten bei Verwendung von lufthaltigem und von reinem Methanol kann aber auf Grund eines von EUCKEN ') vorgeschlagenen Mechanismus der Adsorption von Wasserstoff an Nickel gedeutet werden.

5 ) W. LANQENBECK u. A. GILLER, Z. anorg. allg. Chem. 272, 64 (1953). 6, W. LANGENBECK u. H. DREYER, J. praltt. Chem. [4] 1, 288 (1955). ?) A. EUCKEN, Z. Elektrochem. angew. physilr. Chem. 64, 108 (1950).

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G . R I E N ~ C K E R u. H. K ~ s z a , Vergiftung von Nickel-Hydrierungskatalysatoren 183

EUCKEB nahm an. da13 der bei hoherer Temperatur, d. h. iiber 100" C an Nickel adsorbierte Wasserstoff in Form einzelner Atome sehr fest an der Metalloberflache gebunden wird, demzufolge chemisch wenig reak- tionsfahig ist und die Oberflache blockiert. Bei tieferen Temperaturen, - bei Zimmertemperatur und darunter -, wird der Wasserstoff nach der physikalischen Adsorption dagegen nur locker, in Form von Atom- paaren, chemisorbiert, und nur in dieser Form adsorbierter Wasserstoff ist nach EUCKEN fur Hydrierungen bei tiefer Temperatur reaktionsfahig genug.

Die von uns sowie von anderen Autorenl) 2) 5) und 6) verwendeten Nickelpraparate sind nun im Wasserstoffstrom bei Temperaturen weit iiber 100" C hergestellt worden und sind daher an ihrer Oberflache von sehr fest gebundenem, wenig reaktionsfahigem Wasserstoff in atomarer Form bedeckt. Diese Wasserstoffatome sind eineiseits zu fest gebunden, um C=C-Doppelbindungen bei Zimmertemperatur hydrieren zu konnen, verhindern aber andererseits auch die weitere Adsorption von Wasser- stoff, so da13 insgesamt eine Vergiftung der Nickeloberflache8) eintritt. Im Laufe der Hydrierung werden diese fest gebundenen Wasserstoff- atome nur sehr allmahlich von der Nickeloberflache entfernt, und in gleichem Ma13 steigt die Aktivitat des Katalysators. Durch geringe Mengen eines starkeren Wasserstoffacceptors, als ihn die C=C-Bindung darstellt, z. B. durch molekularen Sauerstoff, wird dagegen zunachst der fest adsorbierte Wasserstoff. sehr schnell entfernt, so da13 schon nach kurzer Zeit die volle Aktivitat erreicht wird, wahrend ein Sauerstoff- iiberschuB die Nickeloberflache erneut vergiftet und dementsprechend die Aktivitat wieder herabsetzt.

Diese Deutung wird auch durch die Beobachtungen von DANES und Mitarbeitern3) 4) unterstutzt, da13 Nickelpraparate, die durch ther- mische Zersetzung von Nickelformiat im Hochvakuum hergestellt worden sind, wesentlich aktiver als ahnliche im Wasserstoffstrom dar- gestellte Katalysatoren, aber sehr empfindlich gegen kleinste Sauerstoff- spuren sind.

Die Untersuchungen werden forgesetzt.

8) Eine solche Vergiftung von Nickelkatalysatoren durch bei hoher Temperatur ad- sorbierten Wasserstoff stellten bereits s. J. JELOWITSCH u. C. M. SHABROWA, XypHm

~ ~ H ~ H ~ ~ c K o R X m m n [J. physik. Chern.] 13, 1761, 1775 (1939) fest.

Berlin, lnstitut fur Katdyseforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften xu Berlin und I . Chemisches Institut der Humboldt-Uni- versitat .

Bei der Redaktion eingegangen am 3. Mai 1958. 13*