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Forschungsinstitut zur Zukunft der ArbeitInstitute for the Study of Labor
IZA Standpunkte Nr. 75
Zutritt zur Festung Europa? Neue Anforderungenan eine moderne Asyl- und Flüchtlingspolitik
Ulf RinneKlaus F. Zimmermann
November 2014
Zutritt zur Festung Europa?
Neue Anforderungen an eine moderne Asyl- und Flüchtlingspolitik
Ulf Rinne IZA
Klaus F. Zimmermann IZA und Universität Bonn
IZA Standpunkte Nr. 75 November 2014
IZA
Postfach 7240 53072 Bonn
Tel.: (0228) 3894-0 Fax: (0228) 3894-180 E-Mail: [email protected]
Die Schriftenreihe „IZA Standpunkte” veröffentlicht politikrelevante Forschungsarbeiten und Diskussionsbeiträge von IZA-Wissenschaftlern, IZA Research Fellows und IZA Research Affiliates in deutscher Sprache. Die Autoren sind für den Inhalt der publizierten Arbeiten verantwortlich. Im Interesse einer einheitlichen Textzirkulation werden Aktualisierungen einmal publizierter Arbeiten nicht an dieser Stelle vorgenommen, sondern sind gegebenenfalls nur über die Autoren selbst erhältlich.
IZA Standpunkte Nr. 75 November 2014
ZUSAMMENFASSUNG
Zutritt zur Festung Europa? Neue Anforderungen an eine moderne Asyl- und Flüchtlingspolitik*
Die anhaltenden Asyl- und Flüchtlingsströme und der Antritt der neuen Europäischen Kommission am 1. November 2014 bieten Anlass für eine Debatte über ein Umdenken in der deutschen und europäischen Zuwanderungspolitik. Eine Abkehr vom „Festungsdenken“ ist dringend geboten. Die bisherige Abschottungspolitik ist nicht nur gesellschaftspolitisch, sondern auch ökonomisch und demografisch verfehlt. Die Potenziale von Flüchtlingen und Asylsuchenden könnten und sollten im europäischen und deutschen Interesse besser genutzt werden. Auch diese Migranten sollten frühzeitig in den Arbeitsmarkt integriert werden und könnten mittelfristig demografische Herausforderungen besser bewältigen helfen. Eine gerechtere Lastenverteilung unter den europäischen Mitgliedsstaaten bei ihrer Aufnahme ist überfällig. JEL-Codes: F22, J21, J61 Schlagworte: Zuwanderungspolitik, Asyl, Flüchtlinge, Syrien, Migration, Lampedusa Kontaktadresse: Ulf Rinne IZA Postfach 7240 D-53072 Bonn E-mail: [email protected]
* Die Autoren danken Amelie F. Constant, Holger Hinte, Annabelle Krause, Margard Ody, Markus Schöneberger und Alexander de Vivie für wertvolle Hinweise und Anregungen. Zimmermann hat einige unserer Punkte bereits in einem Artikel dargelegt, der am 6. Juni 2014 in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist („Schluss mit der Festung Europa“).
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sylsuchende und Flüchtlinge gehören zu einer Kategorie von
Einwanderern, die trotz einer erheblichen quantitativen Bedeutung im
internationalen Migrationsgeschehen nur selten genauer untersucht wird. In den
Strom der politisch Verfolgten und derer, die den schrecklichen Folgen von
Kriegen entgehen wollen, mischen sich auch Wirtschaftsflüchtlinge. Viele
politisch Asylsuchende werden später nicht anerkannt; Kriegsflüchtlinge gehen
häufig wieder in ihre Heimat zurück, wenn der Konflikt beigelegt ist.
Wirtschaftliche Motive müssen alle diese Migrantengruppen haben, denn eine
gesicherte wirtschaftliche Existenz ist für jeden Menschen zwingend
erforderlich. Deshalb können ökonomische Faktoren auch bei humanitären
Zuwanderungsfragen nicht vernachlässigt werden. Aus diesem Grunde sollte
man humanitäre Hilfesuchenden nicht das Recht und die Pflicht absprechen,
sich nach einer Übergangszeit selbst zu helfen, soweit dies möglich ist. Auch
muss es für Empfängerländer faire Lastenverteilungen geben. Die
Aufnahmeländer sollten dabei ihre Interessen prüfen: Wie können sie eigene
kurz- und langfristige Herausforderungen am Arbeitsmarkt und aus den
demografischen Veränderungen durch die Zuwanderung abmildern?
Wenn wir in diesem Beitrag eine Neuorientierung der deutschen Asyl- und
Flüchtlingspolitik zur Diskussion stellen, dann klammern wir die Fragen
geordneter Zuwanderung aus anderen Motiven, etwa der Familien-
zusammenführung oder der legalen, ausschließlich ökonomisch begründeten
Zuwanderung aus. Auch interessiert uns hier nicht, ob Asylsuchende und
Kriegsflüchtlinge auch reine Wirtschaftsmigranten sein können. Wir
unterstellen, dass zunächst geholfen werden muss und dass ein soziales Europa
und Deutschland den eigenen humanitären Standards durch wirksame Hilfe
gerecht werden wollen – und müssen. Dies schließt ein, dass eine Asyl-
berechtigung geprüft werden muss und Kriegsflüchtlinge eher einen temporären
Aufenthalt suchen, als eine permanente Zuwanderung, wenn eine Chance auf
Besserung im Herkunftsland besteht.
Wir gehen des Weiteren davon aus, dass die weltweite politische Entwicklung
und humanitäre Gründe für eine weitere Zunahme von Asylbewerbern und
Flüchtlingen sprechen. Es wird deshalb erforderlich sein, sich weiteren, bisher
ungeklärten ökonomischen Fragen zu stellen: Entspricht es europäischer
Solidarität, größere Unterschiede in der Lastenverteilung zwischen den
europäischen Staaten hinzunehmen? Wie könnte eine fairere Lastenverteilung
aussehen? Sollen Flüchtlinge und Asylbewerber an ihrer wirtschaftlichen
Grundsicherung beteiligt werden, oder will man ihnen dies versagen. Dies
schließt auch die Frage ein, wie viel räumliche Mobilität ihnen bis zur
Anerkennung gewährt werden kann. Welche Bedeutung könnte der Antritt
einer neuen Europäischen Kommission haben, die auch einen
Migrationskommissar in ihren Reihen hat? Zur Vereinfachung verwenden wir in
der Folge die Begriffe Asylsuchende und Flüchtlinge synonym.
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Während im Jahr 1992 weltweit etwa 18 Millionen Personen oder 11 Prozent
aller Migranten als Flüchtlinge gezählt wurden, war diese Zahl bis zum Jahr
2009 auf 9 Millionen oder 4 Prozent aller Migranten gesunken (Hatton, 2013).
Zuletzt ist ihre Zahl jedoch wieder stark angestiegen. Nach Angaben der
Vereinten Nationen wurden im Jahr 2013 weltweit 16,7 Millionen Flüchtlinge
gezählt (UNHCR, 2014a).
„Weltweit gab es 16,7 Millionen Flüchtlinge im Jahr 2013,
davon 86 Prozent in Entwicklungsländern“
86 Prozent dieser Flüchtlinge hielten sich in Entwicklungsländern auf. Im Jahr
2013 war Pakistan das Land, das die größte Zahl von Flüchtlingen beherbergte
(1,6 Millionen Personen). Mit etwas Abstand folgten mit dem Iran, Libanon,
Jordanien und der Türkei weitere Länder im Nahen Osten, die ebenfalls eine
größere Anzahl von Flüchtlingen aufgenommen haben (UNHCR, 2014a).
Europäische Länder tauchen in dieser Auflistung nicht auf den vorderen Plätzen
auf. Die Herkunftsländer, denen die größte Zahl von Flüchtlingen entstammt,
waren Afghanistan und Syrien mit jeweils rund 2,5 Millionen Flüchtlingen im
Jahr 2013 (UNHCR, 2014a). Die Hälfte aller Flüchtlinge war unter 18 Jahre alt
und lediglich 4 Prozent älter als 60 Jahre.
„Die Zahl der Vertriebenen ist jedoch wesentlich größer:
Die Vereinten Nationen gehen für das Jahr 2013 von
mehr als 51 Millionen Personen aus“
Aber diese Zahlen sind nur als „Spitze des Eisberges“ anzusehen. Denn
Flüchtlinge im engeren Sinn stellen nur eine Teilgruppe der unfreiwillig
vertriebenen Personen dar. So gehen die Vereinten Nationen für das Jahr 2013
weltweit von mehr als 51 Millionen Personen aus, die als unfreiwillig
Vertriebene bezeichnet werden können (UNHCR, 2014a). Darunter waren etwa
zwei Drittel (33,3 Millionen), die unfreiwillig ihrer Heimat beraubt worden sind,
sich jedoch weiter in ihrem Herkunftsland aufhalten. Zu den Ländern, in denen
sich im Jahr 2013 eine große Zahl dieser Personen aufhielt, gehören Syrien (6,5
Millionen), Kolumbien (5,4 Millionen), die Demokratische Republik Kongo (3
Millionen) und der Sudan (1,9 Millionen). Insbesondere in Syrien ist die Zahl
der Vertriebenen zuletzt enorm gestiegen.
„Europa rückt zunehmend in den Fokus
der weltweiten Asyl- und Flüchtlingsdebatte.“
Obgleich europäische Länder den nackten Zahlen zu Folge keine Hauptrolle zu
spielen scheinen, rückt Europa in jüngster Zeit zunehmend in den Fokus der
weltweiten Asyl- und Flüchtlingsdebatte. Nicht weit entfernt von den
Außengrenzen der EU toben Bürgerkriege, herrschen bürgerkriegsähnliche
Zustände und werden Menschen politisch verfolgt. Syrien ist dafür nur ein
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Beispiel – aber unter anderem hier drängt die Zeit, eine entschlossene Reaktion
Europas auf die dramatische Flüchtlingsproblematik herbeizuführen.
„Rund ein Fünftel der Bevölkerung des Libanon sind
Flüchtlinge, darunter mehr als 1,1 Millionen aus Syrien“
Denn einzelne Staaten in der Region um Syrien stehen kurz vor dem Kollaps.
Nach Angaben der Vereinten Nationen hat zum Beispiel allein der Libanon
bislang mehr 1,1 Millionen syrischer Flüchtlinge aufgenommen (vgl. Abbildung
1). Hinzu kommt im Libanon eine größere Zahl weiterer Flüchtlinge, zum
Beispiel aus Palästina und dem Irak, so dass derzeit rund ein Fünftel der
Gesamtbevölkerung des Libanon Flüchtlinge sind (UNHCR, 2014a) – mit
steigender Tendenz.
Abbildung 1: Syrische Flüchtlinge in Nachbarstaaten und in Europa (2013).
Quelle: UNHCR (2014b). * Europa ohne Türkei.
Der Libanon steht damit exemplarisch für viele Regionen der Welt, wo
Fluchtbewegungen und Migrationsdruck besonders groß sind, die Wanderungen
der Menschen aber überwiegend in der Region enden und so die bereits
bestehenden humanitären und wirtschaftlichen Probleme weiter verschärfen. Vor
allem in Nordafrika und im Nahen Osten zeichnet sich eine dramatische
Entwicklung ab. Die Zahl der Flüchtlinge ist in diesen beiden Regionen allein im
Jahr 2013 um 64,7 Prozent gestiegen (UNHRC, 2014b).
Derzeit erreicht nur ein Bruchteil der weltweiten Flüchtlinge die Grenzen
Europas. So sind zum Beispiel bislang lediglich rund 4 Prozent der syrischen
Flüchtlinge nach Europa gekommen (rund 120.000 Personen; vgl. Abbildung 1).
Dazu passt die Erkenntnis, dass nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge und
Vertriebenen Asyl beantragt. Nach Angaben der Vereinten Nationen waren dies
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Libanon Türkei Jordanien Irak Ägypten Europa*
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im Jahr 2013 weltweit rund 1 Million Personen (UNHCR, 2014a). Zu den
Ländern, in denen eine hohe Zahl von Anträgen auf Asyl gestellt wird, gehören
die Vereinigten Staaten, Südafrika sowie Deutschland.
„Die Zahl der Asylsuchenden hat sich in Deutschland
zuletzt deutlich erhöht – bleibt allerdings historisch
betrachtet weiterhin auf einem geringen Niveau“
So hat sich etwa die Zahl der Asylsuchenden in Deutschland zuletzt deutlich
erhöht. Nach aktuellen Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
waren im Jahr 2014 bis einschließlich Mai insgesamt 62.602 Asylanträge ein-
gegangen (BAMF, 2014a). Dies entspricht einem Anstieg um 61,4 Prozent im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Herkunftsländer mit den meisten Anträgen
sind Syrien, Serbien und Afghanistan.
Die Zahl der Asylanträge in Deutschland befindet sich historisch betrachtet
jedoch weiterhin auf einem vergleichsweise geringen Niveau (vgl. Abbildung 2).
Die meisten Anträge wurden im Jahr 1992 registriert (knapp 440.000). Danach
war ihre Zahl stark rückläufig und erreichte im Jahr 2007 einen Tiefststand von
rund 20.000 Erstantragstellern. Bis in das Jahr 2013 zeigt sich ein erneuter
Anstieg, der sich auch im Jahr 2014 fortsetzt. In der Betrachtung seit Beginn der
1990er Jahre stellt die Zahl für das Jahr 2013 (rund 110.000 Erstanträge) den
höchsten Wert seit dem Jahr 1996 dar.
Abbildung 2: Asylanträge in Deutschland (1990-2013).
Quelle: BAMF (2014b). * bis 1994 Erst- und Folgeanträge (danach nur Erstanträge).
Die Zahl der Asylanträge erreicht damit jedoch keine Dimension, die einen
Vergleich aushält mit dem, was den Staaten in den Fluchtregionen dieser Welt an
Lasten und Verantwortung aufgebürdet wird. So müssen etwa die Nachbarstaaten
Syriens derzeit ein Vielfaches der aktuellen deutschen Zahlen bewältigen (vgl.
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Abbildung 1). Deutschland hat sich jedoch wiederholt entschlossen, seine
Aufnahmebereitschaft für syrische Flüchtlinge auszuweiten. So wurde zuletzt im
Juni 2014 die Erhöhung des Bundeskontingents auf insgesamt 20.000 Personen
zugesichert. Hinzu kommt ein Kontingent von weiteren 5.500 Personen auf
Ebene der Bundesländer (UNHCR, 2014b).
„Deutschland ist gemeinsam mit Schweden de facto
das Hauptzielland syrischer Flüchtlinge in der EU“
Obgleich dieses Kontingent noch immer recht gering erscheint, ist Deutschland
gemeinsam mit Schweden de facto das Hauptzielland von syrischen Flüchtlingen
in der EU. Diese beiden Staaten haben seit dem Jahr 2011 zusammen rund
56 Prozent aller Asylanträge syrischer Flüchtlinge in der EU erhalten (UNHCR,
2014b). Und auch was die Höhe des offiziell zugesicherten Kontingentes für
syrische Flüchtlinge betrifft, erscheint die deutsche Bereitschaft zur Aufnahme im
europäischen Vergleich recht hoch (vgl. Tabelle 1). Mit großem Abstand führt
Deutschland die Tabelle der europäischen Länder nach dem Ausmaß der bisher
gegebenen Zusicherungen vor Österreich, Schweden und Norwegen an.
Tabelle 1: Zusicherungen zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge in Europa.
1. Deutschland 25.500
2. Österreich 1.500 3. Schweden 1.200
4. Norwegen 1.000
5. Finnland 500 6. Frankreich 500
7. Schweiz 500
8. Niederlande 250
9. Dänemark 140
10. Spanien 130
Quelle: UNHCR (2014b).
Das europäische Kontingent an Flüchtlingen aus Syrien mutet jedoch insgesamt
mehr als gering an. Eine Aufnahmebereitschaft von rund 25.000 Personen kann
angesichts der oben diskutierten Flüchtlingszahlen nur als „Tropfen auf den
heißen Stein“ bezeichnet werden. Vor diesem Hintergrund ist es wenig
verwunderlich, dass die Vereinten Nationen die europäischen Staaten sowie die
EU zu konkreten und entschlosseneren Maßnahmen auffordern, um den Schutz
und die Sicherheit syrischer Flüchtlinge zu gewährleisten (UNHCR, 2014b).
Die derzeitige Situation rund um Syrien ist jedoch vermutlich nur eine erste
Andeutung dessen, was Europa künftig zu erwarten hat. Jüngste Vorfälle im
Mittelmeer, wo vermehrt Flüchtlinge aus Nord- und Zentralafrika versuchen, sich
auf dem Seeweg nach Europa durchzuschlagen, sind weitere Indizien für eine sich
verschärfende Gesamtsituation.
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„Die sich verschärfende Gesamtsituation zeigt sich im Mittelmeer,
wo vermehrt Flüchtlinge aus Nord- und Zentralafrika versuchen,
sich auf dem Seeweg nach Europa durchzuschlagen“
So berichtet etwa Frontex, die europäische Agentur für die operative
Zusammenarbeit an den Außengrenzen der der EU (http://frontex.europa.eu),
von einem starken Anstieg der Zahl der illegalen Einwanderer, die über den
Seeweg in die EU einzureisen versuchen. Abbildung 3 verdeutlicht diesen
Anstieg, wobei anzumerken ist, dass auch schon zu Beginn des Jahres 2011 eine
Phase mit vergleichbar hohen Zahlen wie zuletzt zu verzeichnen gewesen ist.
Abbildung 3: Registrierte illegale Einwanderer in die EU (2009-2014).
Anm.: Aufteilung der Immigranten nach Weg des Einwanderns.
Quelle: Frontex; eigene Berechnungen.
Die Einwanderung von Flüchtlingen über das Mittelmeer stand zuletzt im
Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. In dieser Debatte wird jedoch nur selten
thematisiert, dass eine ganze Reihe von verschiedenen Routen existiert, auf denen
sich Flüchtlingsströme ihren Weg in die EU bahnen. Diese verschiedenen Routen
unterscheiden sich teilweise erheblich hinsichtlich der gewählten Transportmittel
und -wege, der Anzahl und Zusammensetzung der Einwanderer und der mit
ihnen verbundenen, weiteren Kriminalität (z.B. Drogenschmuggel).
Im Folgenden wird die Unterscheidung der hauptsächlichen Routen verwendet,
wie sie auch von Frontex verwendet wird. Abbildung 4 zeigt, dass insgesamt acht
hauptsächliche Routen unterschieden werden, deren Charakteristika und
Besonderheiten nachstehend beschrieben werden (vgl. auch Frontex, 2011).
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Land Meer
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Abbildung 4: Hauptsächliche Routen der illegalen Einwanderer in die EU.
Anm.: Die Staaten des Schengen-Raumes („Schengenstaaten“) sind in dieser Darstellung dunkel
eingefärbt; kooperierende Staaten sind heller eingefärbt.
Quelle: Frontex (http://frontex.europa.eu/trends-and-routes/migratory-routes-map) .
(1) Westafrika-Route: An den Küsten der Kanarischen Inseln landen vornehmlich
Boote aus dem Senegal, Mauretanien und Marokko, sowie – in quantitativ
geringerer Bedeutung – aus dem Niger, Nigeria und Mali. Jüngst scheint sich
insbesondere auf Lanzarote ein Trend zu entwickeln, bei dem noch kleinere Boote
mit weniger Flüchtlingen, dafür aber häufig in Kombination mit der Einführung
von Betäubungsmitteln, verwendet werden.
(2) Route über das westliche Mittelmeer: Flüchtlinge, die über Algerien und
Marokko in die EU einreisen, erreichen den Schengen-Raum an der Südküste der
iberischen Halbinsel, aber zunehmend auch über die spanischen Enklaven Ceuta
und Melilla auf dem afrikanischen Festland. Neben Algeriern und Marokkanern
nutzen auch viele Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Ländern diese Route.
Darüber hinaus ist der Transport von Drogen auf dieser Route in den letzten
Jahren zunehmend professionalisiert worden.
(3) Route über das zentrale Mittelmeer: Auf die Route nach Malta, auf die
süditalienische Insel Lampedusa sowie nach Sizilien begeben sich in erster Linie
Boote aus Syrien und Tunesien. Diese Boote verfügen häufig über keine
ausreichende Fahrtüchtigkeit und das vorhandene Benzin reicht oft nicht bis zum
Zielhafen aus. Aufgrund des verhältnismäßig kurzen Seeweges von Nordafrika
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werden viele, meist große und dennoch überbesetzte Boote gesichtet. Immer
wieder ereignen sich schlimme Zwischenfälle: So etwa im Sommer 2008, als mehr
als 40.000 Flüchtlinge in der Nähe von Lampedusa kenterten.
(4) Apulien und Kalabrien-Route: Flüchtlinge, die ihr Glück in diesen italienischen
Regionen suchen, starten größtenteils von den Küsten der Türkei und Ägypten.
Vor allem asiatische Flüchtlinge erhoffen sich in Italien besser bezahlte Jobs als in
ihrer Heimat und wählen daher diese Route. Es werden zunehmend mittelgroße
Jachten statt kleiner Fischerboote für den Transport verwendet. Außerdem starten
in Ägypten große Fähren, die auf den verschiedenen vorgelagerten und kleineren
Inseln Flüchtlinge aus Nordafrika und dem Nahem Osten aufsammeln. In
Küstennähe werden die Flüchtlinge dann für die restliche Strecke in kleinere
Fischerbooten umgesetzt, während die großen Fähren wenden.
(5) Route über die Balkanstaaten: Über diesen Weg versuchen illegale
Einwanderer insbesondere in die EU-Mitgliedstaaten Ungarn und Slowenien zu
gelangen. Sie stammen häufig aus dem früheren Jugoslawien oder aus asiatischen
Staaten. Letztgenannte haben die türkisch-griechische Grenze bereits zuvor
überquert und versuchen nun nach Mittel- oder Westeuropa zu gelangen.
(6) Route über das östliche Mittelmeer: In Südosteuropa werden die
Grenzgewässer zwischen der Türkei und Griechenland bzw. Bulgarien häufig
von illegalen Einwanderern genutzt. Insbesondere nach der Liberalisierung der
türkischen Einreisepolitik zu Beginn dieses Jahrtausends wurde das Land zu
einem stark frequentierten Durchreiseland für Einwanderer aus Afrika sowie aus
dem Nahen Osten in die EU. So wurde die türkisch-griechische Gewässergrenze
in den Jahren 2008 und 2009 von jeweils mehr als 40.000 Immigranten stark
frequentiert. Als Reaktion wurden die Grenzkontrollen insbesondere entlang des
Flusses Mariza seit dem Jahr 2011 intensiviert, was sich zuletzt vermutlich in der
Zunahme der Bootsankünfte an den ostitalienischen Küsten widerspiegelt. Es ist
auch zu vermuten, dass als Ausweichreaktion der Flüchtlinge nun vermehrt die
Route von der nordwestlichen Türkei nach Bulgarien genutzt wird.
(7) Osteuropa: Die EU-Ostgrenze, die von Finnland bis zur Slowakei auf einer
Gesamtlänge von rund 6.000 km verläuft, stellt eine wichtige Route dar, auf der
sich Einwanderung in die EU vollzieht. Allerdings gibt es nur wenig
aussagekräftige Daten über das tatsächliche quantitative Ausmaß. So gehen die
offiziellen Daten zwar nur von einer vergleichsweise geringen Anzahl von
Einwanderern aus (nach Angaben von Frontex wurden zuletzt nie mehr als 2.000
Personen pro Jahr gezählt), aber die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher
liegen.
(8) Route zwischen Albanien und Griechenland (zirkuläre Wanderungen): Die
quantitativ durchaus bedeutenden Flüchtlingsströme zwischen Albanien und
Griechenland ließen sich größtenteils auf saisonale Beschäftigung in der
Landwirtschaft und im Baugewerbe zurückführen. Allerdings haben verstärkte
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Kontrollen in den letzten Jahren zu einem Rückgang dieser Wanderungs-
bewegungen geführt. Außerdem ist es Albanern seit Ende des Jahres 2010
gestattet, nach Griechenland ohne Visum einzureisen, so dass die Bedeutung
dieser Route für illegale Einwanderung zuletzt eher gering war. Albaner scheinen
zwischenzeitlich andere Routen zu nutzen, um in die EU zu gelangen.
„Grenzkontrollen haben sich in der Vergangenheit nicht als
Allheilmittel erwiesen: Die Flüchtlingsströme haben sich Ausweich-
routen gebahnt und Wege gefunden, die Kontrollen zu umgehen.“
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die beschriebenen Routen viele
Gemeinsamkeiten, aber auch einige grundsätzliche Unterschiede aufweisen. Zu
betonen ist jedoch, dass sich verschärfte Grenzkontrollen in der Vergangenheit
keineswegs als Allheilmittel erwiesen haben: Die Flüchtlingsströme haben sich in
der Regel schon nach kürzester Zeit Ausweichrouten gebahnt und Wege
gefunden, die Kontrollen zu umgehen. Ähnliche Ergebnisse weisen auch Studien
in anderen Zusammenhängen auf (vgl. Orrenius, 2014, für eine Übersicht). So
belegt eine Studie von Massey et al. (2014) für die Vereinigten Staaten, dass die
enormen Ausgabensteigerungen auch unter der Regierung von Präsident Obama
nur zu einer risikoreichen illegalen Einwanderung geführt hat, Einwanderung
insgesamt aber nicht verhindert hat. Die Untersuchung ermittelt darüber hinaus in
einer kontrafaktischen Analyse, dass ohne diese kostspieligen Maßnahmen
wahrscheinlich erheblich weniger Mexikaner illegal in den Vereinigten
Staatenleben würden.
Zuletzt stand in Europa die Route der Flüchtlinge über das Mittelmeer sehr im
Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Dies lässt sich auch damit begründen,
dass die Zahl der Todesopfer, die in den ersten neun Monaten des Jahres 2014
von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) gezählt wurden, mit
rund 3.000 Personen schon mehr als viermal so hoch war wie jeweils in den
beiden Vorjahren. Es drohen zudem weitere Zwischenfälle und Katastrophen.
„Die Welt steht insgesamt womöglich am Beginn
einer neuen großen Migrationswelle.“
Denn die Welt steht insgesamt womöglich am Beginn einer neuen großen
Migrationswelle, deren Hauptursachen Kriege, Hunger, Naturkatastrophen,
Krankheit, Armut, Verzweiflung und die Verfolgung von Minderheiten sind. Vor
diesem Hintergrund ist eine Reform der europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik
überfällig. Die bisherige Politik ist vom „Festungsdenken“ geprägt – wie auch die
europäische Zuwanderungspolitik insgesamt (vgl. Zimmermann, 2005).
Der bisherige Ansatz kann jedoch die Menschen weder von der Flucht in
Richtung Europa abhalten noch eine angemessene Verteilung der Flüchtlinge
innerhalb der EU verwirklichen. Und die europäische Abschottungspolitik ist
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auch ökonomisch verfehlt. Sie versucht krampfhaft, eine strikte Trennung
zwischen Flucht und Wirtschaftsmigration bürokratisch aufrecht zu erhalten.
Stattdessen sollte die immer stärkere Verflechtung von Wanderungsmotiven und
dem eigenen Arbeitskräftebedarf berücksichtigt werden. Auch wenn die
Qualifikationen von Flüchtlingen und Asylbewerbern im Vergleich zu
Arbeitsmigranten in Deutschland im Durchschnitt etwas geringer ausfallen (vgl.
Constant und Zimmermann, 2005), so bringt doch ein beachtlicher Teil gute
berufliche Qualifikationen mit, die auf vielen europäischen Arbeitsmärkten
gesucht sind. Sie dürften auch überdurchschnittlich motiviert sein, was
beispielsweise in den Vereinigten Staaten dazu führt, dass die
Arbeitsmarktergebnisse von Flüchtlingen nach gewisser Zeit diejenigen von
Arbeitsmigranten übertreffen (Cortes, 2004). Auch Aydemir (2014) berichtet von
einer Konvergenz der Erwerbsquoten und Verdienste von Einwanderern
verschiedener Einreisekategorien etwa in Kanada oder Australien.
„Arbeitsmarkthürden und -verbote führen dazu, dass
Asylsuchende häufig mit illegalen Einwanderern gleichgesetzt
werden und ihre Potenziale nicht einbringen können“
Verbreitete Arbeitsmarkthürden und Arbeitsverbote für diesen Personenkreis
führen jedoch dazu, dass Asylsuchende häufig mit illegalen Einwanderern
gleichgesetzt werden (Hatton, 2013) und ihre durchaus vorhandenen Potenziale
nicht einbringen können. Flüchtlinge sollten für die Dauer ihrer Prüfverfahren
eine regional beschränkte legale Arbeitsmöglichkeit erhalten. Nach ihrer
Anerkennung sollte die regionale Beschränkung sogar entfallen. Damit sollten
Flüchtlinge zumindest einen Teil ihres Lebensunterhaltes selbst erwirtschaften,
statt dass sie kostspielig zur Untätigkeit gezwungen werden. Das schafft im Fall
ihrer späteren Anerkennung verbesserte Start- und Integrationschancen und im
Fall einer Rückkehr in ihre Heimat hilft es der dortigen Wirtschaft. Auch der
Übergang in ein reguläres Zuwanderungsverfahren muss für gut qualifizierte
Flüchtlinge unbürokratisch möglich werden (etwa im Rahmen eines
Punktesystems; vgl. Hinte et al., 2011). Es ist ökonomisch nicht nachvollziehbar,
dass bislang Wege versperrt bleiben, von denen europäische Staaten mittel- und
langfristig profitieren können.
„In Deutschland sind wichtige Änderungen im Asylverfahrensgesetz
und in der Beschäftigungsverordnung auf den Weg gebracht.“
In Deutschland sind in dieser Hinsicht kürzlich wichtige Änderungen im
Asylverfahrensgesetz und in der Beschäftigungsverordnung auf den Weg gebracht
worden. So wurde unter anderem der Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber und
Geduldete erleichtert. Diese dürfen nun nach drei Monaten eine Arbeit
aufnehmen. Zuvor betrug diese Frist für Asylbewerber neun Monate und für
Geduldete zwölf Monate. Diese Änderungen sollten den betroffenen Personen
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früher die Gelegenheit geben, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und ihre
Start- und Integrationschancen erheblich verbessern. Nationale Alleingänge
können das Problem, vor dem Europa als Ganzes steht, jedoch nicht lösen.
„Bisher ist für Asylsuchende der EU-Staat zuständig,
den die Flüchtlinge als erstes erreichen.“
Bisher ist für Asylsuchende jeweils der EU-Staat zuständig, den die Flüchtlinge
als erstes erreichen – das sollten also vor allem die Mittelmeeranrainer Italien,
Spanien, Portugal, Griechenland, Malta und Zypern sein. Allerdings bestätigt sich
diese Annahme in den Zahlen der Asylbewerber für das Jahr 2013 (noch) nicht,
wie Abbildung 5 verdeutlicht. Die Auflistung führen die bevölkerungsreichen
Länder Deutschland und Frankreich vor Schweden an. Italien liegt nur an fünfter
Stelle, wobei jedoch zu beachten ist, dass sich dort die Anzahl der Flüchtlinge in
den ersten neun Monaten des Jahres 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum
bereits mehr als vervierfacht hat (von knapp 30.000 auf 140.000 Personen).
Abbildung 5: Asylbewerber in der EU (2013).
Quelle: Eurostat (2014).
In Abbildung 6 werden die absoluten Zahlen der Asylbewerber im Jahr 2013 ins
Verhältnis zur Bevölkerung des jeweiligen EU-Mitgliedstaates gesetzt. Nun ergibt
sich ein abweichendes Bild. Pro Million Einwohner verzeichneten Schweden und
Malta die höchsten Asylbewerberquoten. Mit einigem Abstand folgen Österreich,
Luxemburg, Ungarn und Belgien. Deutschland belegt in dieser Auflistung für das
Jahr 2013 die siebte Position mit 1.575 Asylbewerbern pro Million Einwohner.
Gleich eine ganze Reihe von Staaten erhielt weniger als 100 Asylbewerber pro
Million Einwohner (darunter waren z.B. auch Spanien und Portugal).
951952704004405006959201070107512551495224532104485714571708225
1515017160175001889521030
2793029875
5427064760
126705
EstlandLettland
SlowenienLitauen
SlowakeiPortugal
TschechienIrland
LuxemburgKroatien
ZypernRumänien
MaltaFinnlandSpanien
BulgarienDänemark
GriechenlandPolen
NiederlandeÖsterreich
UngarnBelgienItalien
Vereinigtes KönigreichSchweden
FrankreichDeutschland
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Abbildung 6: Asylbewerber pro Million Einwohner (2013).
Quelle: Eurostat (2014).
Wie verhält sich die Zahl der Asylbewerber zur wirtschaftlichen Stärke der EU-
Mitgliedstaaten? In Abbildung 7 wird zur Beantwortung dieser Frage die Zahl der
Asylbewerber in den EU-Mitgliedstaaten ins Verhältnis zum jeweiligen
Bruttoinlandsprodukt gesetzt. Malta befindet sich in dieser Darstellung auf der
Spitzenposition. Mit einigem Abstand folgen Ungarn, Bulgarien und Schweden.
Deutschland liegt auf der achten Position.
Abbildung 7: Asylbewerber pro Mrd. € Bruttoinlandsprodukt (2013).
Anm.: Bruttoinlandsprodukt in Marktpreisen (in Mrd. €).
Quelle: Eurostat (2014); Eurostat (statistische Datenbank).
50657075809595130135200250395465470590745
9809851025
128014501575
1885190519902070
53305680
PortugalTschechien
EstlandRumänien
SlowakeiLettlandSpanien
SlowenienLitauen
IrlandKroatien
PolenVereinigtes Königreich
ItalienFinnland
GriechenlandBulgarien
FrankreichNiederlande
DänemarkZypern
DeutschlandBelgienUngarn
LuxemburgÖsterreich
MaltaSchweden
34556688111216171824252829313945465556
76129
179193
309
PortugalSpanien
TschechienEstland
IrlandSlowakei
SlowenienLettland
RumänienLitauen
Vereinigtes KönigreichFinnland
ItalienLuxemburg
KroatienNiederlande
DänemarkFrankreich
PolenGriechenlandDeutschland
BelgienÖsterreich
ZypernSchwedenBulgarien
UngarnMalta
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Welche Darstellungsform bzw. welcher Indikator der Asylbewerber-Intensität
auch immer bevorzugt wird, in den vorherigen drei Abbildungen zeigen sich
jeweils enorme Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Mitgliedstaaten. Ohne
Frage ist die derzeitige Regelung nicht mehr praktikabel und verantwortbar.
„Innerhalb der EU muss endlich ein verlässliches Quotensystem
geschaffen werden, das die Verteilung von Flüchtlingen organisiert.“
Stattdessen muss innerhalb der EU endlich ein verlässliches Quotensystem nach
objektiven und transparenten Kriterien (wie etwa die Bevölkerungszahl oder
Wirtschaftskraft) geschaffen werden, das die Verteilung von Flüchtlingen in die
einzelnen Mitgliedsstaaten angemessen organisiert. Das bereits im Jahr 2010
errichtete Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) sollte in diese
Fragen stark eingebunden sein und insgesamt mit mehr Kompetenzen ausgestattet
werden. In jedem Fall erscheint es sinnvoll, strukturelle Veränderungen in den
EU-Institutionen einzuleiten – bis hin zu einer Bündelung aller Belange bei einem
Flüchtlingskommissar, wie zum Beispiel vom deutschen Entwicklungsminister
Gerd Müller vorgeschlagen (vgl. u.a. Frankfurter Rundschau vom 14. Juli 2014).
Der Amtsantritt des neuen EU-Kommissars für Migration, Inneres und
Staatsbürgerschaft, der ehemalige griechische Verteidigungsminister Dimitris
Avramopoulos, und die Aufwertung der Migrationsthematik in seinen
Kompetenzen könnte Anlass für ein Überdenken der bisherigen
Zuwanderungspolitik bieten. Zwar war auch schon seine Vorgängerin als
Kommissarin für Inneres, die Schwedin Cecelia Malmström, für
Zuwanderungsfragen zuständig und hat sich dafür bereits stark engagiert. Doch
die Änderung der Bezeichnung des Kommissars ist womöglich ein Zeichen, dass
Zuwanderungsfragen auch inhaltlich eine Aufwertung erfahren. Die Zuordnung
von Migration zum Innenressort ist noch immer die Standardlösung in den EU-
Ländern. Dies führt jedoch dazu, dass der Fokus vor allem auf Rechtsfragen liegt
und Fragen der Integration und des Arbeitsmarktes häufig zu kurz kommen.
„Das erfolgreiche Management von Zuwanderung ist entscheidend
für Deutschlands künftige wirtschaftliche Entwicklung. Es gelingt
wohl am besten in einem eigenständigen Ministerium für Migration.“
Auch in Deutschland zeigen sich die grundsätzliche Abwehrhaltung und der
Fokus auf rechtliche Fragen unter anderem darin, dass nach wie vor das
Innenministerium für Integrationsfragen zuständig ist. So wird auf lange Sicht
das Sicherheitsthema die Debatte dominieren. Durch die Schaffung eines
„Ministeriums für Migration und Integration“ scheint auch in dieser Hinsicht ein
Befreiungsschlag möglich. Ein solcher Schritt ist notwendig, denn das erfolgreiche
„Management“ von Zuwanderung in all ihren Facetten ist entscheidend für
Deutschlands künftige wirtschaftliche Entwicklung.
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Wie kann aber innerhalb der EU ein verlässliches Quotensystem nach objektiven
und transparenten Kriterien aussehen, das die Verteilung von Flüchtlingen
angemessen organisiert? Ein Verteilungsschlüssel für Asylbewerber kann sich
selbstverständlich an bereits etablierten Kriterien orientieren. TextBox 1 stellt
derartige Kriterien in einer Übersicht dar. Die Einwohnerzahl eines Landes ist ein
Merkmal, dem eine wichtige Bedeutung in der Diskussion um eine gerechte
Lastenverteilung zukommt. Daneben spielen jedoch politische, ökonomische,
kulturelle, geografische und demografische Argumente wichtige Rollen.
„Aus ökonomischer Sicht ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ein
zentrales Kriterium zur angemessenen Verteilung der Flüchtlinge“
Aus ökonomischer Sicht ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen
EU-Mitgliedstaaten ein zentrales Kriterium. Auch die wichtigste Einnahmequelle
des EU-Haushaltes wird anhand dieses Kriteriums berechnet („BNE-
Eigenmittel“). Abbildung 8 stellt deshalb exemplarisch für das Jahr 2013 dar,
welche Auswirkungen die Anwendung dieses Kriteriums für die Verteilung der
Asylbewerber in der EU gehabt hätte. Dem tatsächlichen Anteil der Asylbewerber
in den einzelnen Staaten im Jahr 2013 werden die jeweiligen Anteile am EU-
Bruttoinlandsprodukt gegenübergestellt. Entsprechen sich beide Werte, befindet
sich das Land in Abbildung 8 auf der 45°-Linie. Dies ist z.B. für Frankreich der
Fall, das im Jahr 2013 einen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
entsprechenden Anteil an Asylsuchenden erhalten hat. Gemessen an diesem
Kriterium haben Schweden und Deutschland hingegen überdurchschnittlich viele
Asylbewerber erhalten, während ihr Anteil im Vereinigten Königreich, Italien und
Spanien vergleichsweise zu gering ausgefallen ist.
TEXTBOX 1:
MÖGLICHE KRITERIEN FÜR EIN QUOTENSYSTEM ZUR VERTEILUNG VON FLÜCHTLINGEN IN DER EU
1. Bevölkerungszahl.
2. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
3. Politischer Einfluss (z.B. Anzahl der Sitze im EU-Parlament).
4. Räumliche oder kulturelle Nähe zu bestimmten Flüchtlingsgruppen.
5. Bevölkerungsdichte bzw. demografische Engpässe.
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Abbildung 8: Anteil Asylbewerber vs. Anteil Bruttoinlandsprodukt (2013).
Anm.: Bruttoinlandsprodukt in Marktpreisen (in Mrd. €).
Quelle: Eurostat (2014); Eurostat (statistische Datenbank).
Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung eines Quotensystems sollten jedoch
auch innerhalb eines solchen Systems flexible Möglichkeiten für einzelne Staaten
geschaffen werden, sich aus anderen Gründen stärker zu engagieren. Dies könnte
etwa aufgrund demografischer Engpässe der Fall sein. Dies könnte etwa für
Schweden und Deutschland gelten. Keinesfalls muss aus Abbildung 8 geschlossen
werden, dass beide Länder „zu viele“ Flüchtlinge attrahieren. Dies müsste auch
unter dem Gesichtspunkt analysiert werden, ob nicht die Aufnahme von
Flüchlingen über ganz Europa hinweg angesichts der grossen Probleme
ausgeweitet werden sollte. Jedenfalls erscheint die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit als ein praktikables Kriterium.
„Die Ausrichtung der künftigen europäischen Asyl- und
Flüchtlingspolitik ist auch eine strategische Frage“
Ein Quotensystem schafft jedoch Verlässlichkeit für zukünftige
Herausforderungen. Denn die Ausrichtung der künftigen europäischen Asyl- und
Flüchtlingspolitik ist auch eine strategische Frage. So sollte nicht außer Acht
gelassen werden, dass zahlreiche Länder in Afrika in ihrer wirtschaftlichen
Entwicklung trotz einiger Fortschritte weiterhin am Anfang stehen. Viele dortige
Staaten sind reich an Ressourcen, aber leicht verwundbar durch Natur-
katastrophen, ethnische Konflikte, Kriege und bewaffnete Auseinandersetzungen.
Derartige Ereignisse, deren Auftreten künftig nicht unwahrscheinlicher werden
dürfte, können jeweils sehr abrupt enorme Flüchtlingsströme hervorrufen.
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%
Anteil der Asylbewerber in der EU (2013)
An
teil
des
BIP
in
der
EU
(201
3)
Deutschland
Frankreich
Schweden
Vereinigtes
Königreich
Italien
Spanien
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„Wirtschaftliche Entwicklung schafft auch die Finanzmittel,
die Migration erst bewirken. Auch deshalb bedarf es einer Öffnung
von Kanälen für zirkuläre Arbeitsmigration.“
Durch Entwicklungszusammenarbeit in Verbindung mit legalen Angeboten zur
Ausbildungs- und Arbeitsmigration kann Europa jedoch dazu beitragen, Armut
und Perspektivlosigkeit als eine Hauptursache von Flucht zu bekämpfen.
Allerdings muss nüchtern zur Kenntnis genommen werden, dass wirtschaftliche
Entwicklung auch die Finanzmittel schafft, die Migration erst bewirken. Auch
deshalb bedarf es einer Öffnung von Kanälen für zirkuläre Arbeitsmigration (vgl.
Constant et al., 2013, und Zimmermann, 2014), um den Migrationsdruck
insgesamt zu lindern.
Entwicklungszusammenarbeit ist jedenfalls wichtiger Teil einer
vorausschauenden Flüchtlingspolitik. Sie würde ihrer Aufgabe besser gerecht,
wenn der Erfolg von Maßnahmen konsequent durch wissenschaftliche
Evaluationen festgestellt wird, die einen Vergleich mit der sogenannten
„kontrafaktischen Situation“ nicht scheuen (vgl. etwa Kugler et al., 2014 und
Boockmann et al., 2014). Auf Grundlage so gewonnener Erkenntnisse sind
erfolgreiche Maßnahmen fortzuführen – und Programme mit geringem Erfolg
einzustellen. Es ist wichtig, dass nicht der Abfluss von Geld oder die schlichte
Durchführung einer Maßnahme der Nachweis ihres Erfolgs ist, sondern ihr
Bestand vor der Erfolgskontrolle durch die unabhängige Wissenschaft
(Zimmermann, 2008).
„Konkrete Forderungen bestehen in der Schaffung
eines verlässlichen Quotensystems in Europa und eines
Ministeriums für Migration und Integration in Deutschland.“
Europa ist in seinem historischen und kulturellen Reichtum das Ergebnis
vielfältiger ethnischer Wurzeln. Auf dieser Grundlage müssen jetzt die Weichen
für eine zukunftsorientierte Migrations-, Asyl- und Flüchtlingspolitik gestellt
werden. Wie jüngst in einer gemeinsamen Erklärung von führenden Arbeits-
ökonomen aus zehn EU-Ländern gefordert (Zimmermann et al., 2014), gilt es, die
freie Mobilität von Arbeitskräften innerhalb Europas zu stärken und die Vorteile
gesteuerter Zuwanderung aus Drittstaaten besser darzustellen. Denn die EU
braucht nicht etwa weniger Zuwanderung, sondern eine bessere Steuerung des
Zuzugs und zugleich eine besser abgestimmte und moderne europäische Asyl-
und Flüchtlingspolitik. Dies ist das Gebot humanitärer Verantwortung, aber dafür
sprechen auch ökonomische und demografische Argumente. Konkrete
Forderungen bestehen in der Schaffung eines verlässlichen Quotensystems mit
objektiven und transparenten Kriterien zur Verteilung von Asylbewerbern in der
EU und in der Schaffung eines Ministeriums für Migration und Integration in
Deutschland.
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Zimmermann, Klaus F., Tito Boeri, Pierre Cahuc, Werner Eichhorst, Juan F. Jimeno,
Pawel Kaczmarczyk, Martin Kahanec, Jo Ritzen, Monica Roman, Nina Smith und Alan Winters (2014): Arbeiten ohne Grenzen – Eine Agenda für Europas Zukunft. Übersetzungen
sind in 11 Sprachen abrufbar unter: http://www.iza.org/working_without_borders/
index (zuletzt abgerufen am 17. Juli 2014).
Zimmermann, Klaus F. (2014): „Circular migration,“ IZA World of Labor, Artikel Nr. 1.