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25 Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie Die Humanen T-lymphotropen Viren (HTLV) I/II mit circa 20 Millionen Infizierten welt- weit gelten als sehr „alte“, bereits seit tau- senden von Jahren zirkulierende Erreger. 1,2 Vor allem HTLV-I kann verschiedene, teils schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Der neue Test Elecsys® HTLV-I / II hilft bei ver- schiedenen klinischen Fragestellungen, ein Übertragungsrisiko zu erkennen bzw. Virus- assoziierte Erkrankungen zu diagnostizieren. Die engverwandten HTLV vom Typ I und II gehören wie auch HIV zur Familie der Retro- viren. So sind einige Parallelen zwischen diesen Viren erkennbar. Der Ursprung der HTLV-I/II wird bei Primaten vermutet, da nachweislich große Homologien im Genom der Humanen und der Simianen T-lympho- tropen Viren bestehen. Primäres Ziel der HTLV-I/II sind CD4+ T-Zellen (HTLV-I) bzw. CD8+ T-Zellen (HTLV-II). Beide Virustypen treten in wei- teren Subtypen auf. Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass sich der Subtyp bei HTLV-I auf das pathogene Potenzial des Erregers auswirkt. Die Subtypen bei HTLV-II weisen eine regionale Verteilung auf. Weltweit sind etwa 20 Millionen Men- schen infiziert. Hohe Prävalenzen weisen vor allem Japan, Westafrika, Mittel- und Südamerika sowie in Europa Rumänien und Portugal auf . 5,6 Die exakten Zahlen für Deutschland sind bislang nicht bekannt – Schätzungen des Robert Koch Instituts aus dem Jahr 2015 ergeben circa 6000 Infi- zierte. 3 Übertragungswege Die Transmission des Virus erfolgt 4-6 O durch hetero- oder homosexuelle Kontakte. O parenteral (Bluttransfusion, verunrei- nigte Spritzen). O intrauterin von der Mutter auf das Kind. O postnatal über die Muttermilch. Besonders die Infektion über die Mutter- milch spielt weltweit eine erhebliche Rolle. In Abhängigkeit von der Viruslast, der Übereinstimmung mit dem HLA-Typ zwi- schen Mutter und Kind sowie der Dauer des Stillens kann die Übertragungswahrschein- lichkeit mehr als 20 % betragen. Als weitere relevante Übertragungswege in Europa gel- ten die Bevölkerungsmigration aus ende- mischen Gebieten (HTLV-I) und der intra- venöse Drogenkonsum (HTLV-II). Klinik Klinisch bedeutsam ist vor allem HTLV-I. 1,5 Es ist direkt assoziiert mit der O lebensbedrohlichen adulten T-Zell- Leukämie (ATLL) sowie O der lebensbeeinträchtigenden Tropischen Spastischen Paraparese (TSP), auch als HTLV-I-assoziierte Myelopathie (HAM) bezeichnet. ATLL ist ein hoch-aggressives, peripheres T-Zell-Malignom mit schlechter Prognose, welches sich innerhalb von 20–40 Jah- ren bei bis zu 5 % der HTLV-I Infizierten entwickelt. Menschen, die sich bereits im Kindesalter infizieren, tragen vermutlich ein höheres ATLL-Risiko. Die ATLL stellt sich in vier unterschiedlichen Krankheits- formen dar, der sogenannten akuten, der chronischen und der schwelenden Form sowie dem Lymphomtyp. Klinisch lassen sich die akute ATLL und der Lymphom- typ als aggressiv klassifizieren, die anderen Formen als indolent. Entsprechend variiert die mittlere Überlebensrate. Sie liegt bei der akuten ATLL zwischen 4 bis 6 Monaten, bei der schwelenden Form dagegen zwischen 34 Monaten bis über 5 Jahren. Die aggressi- ven Formen der ATLL sind häufig resistent gegenüber einer Chemotherapie bzw. zeigen häufig Rezidive. Auch die indolenten ATLLs haben eine schlechte Prognose, unabhängig davon, ob sie chemotherapeutisch oder eher abwartend behandelt werden. fotolia/Аrtranq Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie | Produkte & Services Die HTLV-Infektion über die Muttermilch spielt eine erhebliche Rolle. Die Übertragungs- wahrscheinlichkeit kann mehr als 20 % betragen.

Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie - roche.de · Spastischen Paraparese (TSP), auch als HTLV-I-assoziierte Myelopathie (HAM) bezeichnet. ATLL ist ein hoch-aggressives, peripheres

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Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie

Die Humanen T-lymphotropen Viren (HTLV) I/II mit circa 20 Millionen Infizierten welt-weit gelten als sehr „alte“, bereits seit tau-senden von Jahren zirkulierende Erreger.1,2 Vor allem HTLV-I kann verschiedene, teils schwerwiegende Erkrankungen auslösen. Der neue Test Elecsys® HTLV-I / II hilft bei ver-schiedenen klinischen Fragestellungen, ein Übertragungsrisiko zu erkennen bzw. Virus-assoziierte Erkrankungen zu diagnostizieren.

Die­engverwandten­HTLV­vom­Typ I­und­II­gehören wie auch HIV zur Familie der Retro- viren. So sind einige Parallelen zwischen diesen Viren erkennbar. Der Ursprung der HTLV-I/II wird bei Primaten vermutet, da nachweislich große Homologien im Genom der Humanen und der Simianen T-lympho-tropen Viren bestehen.

Primäres Ziel der HTLV-I/II sind CD4+ T-Zellen ( HTLV-I) bzw. CD8+ T-Zellen ( HTLV-II). Beide Virustypen treten in wei-teren Subtypen auf. Derzeit gibt es keine Hinweise darauf, dass sich der Subtyp bei HTLV-I auf das pathogene Potenzial des Erregers auswirkt. Die Subtypen bei HTLV-II weisen eine regionale Verteilung auf.

Weltweit sind etwa 20 Millionen Men-schen infiziert. Hohe Prävalenzen weisen

vor allem Japan, Westafrika, Mittel- und Südamerika sowie in Europa Rumänien und Portugal auf .5,6 Die exakten Zahlen für Deutschland sind bislang nicht bekannt – Schätzungen des Robert Koch Instituts aus dem Jahr 2015 ergeben circa 6000 Infi-zierte.3

ÜbertragungswegeDie Transmission des Virus erfolgt4-6

O durch hetero- oder homosexuelle Kontakte.O parenteral (Bluttransfusion, verunrei-

nigte Spritzen).O intrauterin von der Mutter auf das Kind.O postnatal über die Muttermilch.

Besonders die Infektion über die Mutter-milch spielt weltweit eine erhebliche Rolle. In Abhängigkeit von der Viruslast, der Übereinstimmung mit dem HLA-Typ zwi-schen Mutter und Kind sowie der Dauer des Stillens kann die Übertragungswahrschein-lichkeit­mehr­als­20 %­betragen.­Als­weitere­relevante Übertragungswege in Europa gel-ten die Bevölkerungsmigration aus ende-mischen Gebieten ( HTLV-I) und der intra- venöse Drogenkonsum ( HTLV-II).

KlinikKlinisch bedeutsam ist vor allem HTLV-I.1,5 Es ist direkt assoziiert mit der

O lebensbedrohlichen adulten T-Zell- Leukämie (ATLL) sowie

O der lebensbeeinträchtigenden Tropischen Spastischen Paraparese (TSP), auch als HTLV-I-assoziierte Myelopathie (HAM) bezeichnet.

ATLL ist ein hoch-aggressives, peripheres T-Zell-Malignom mit schlechter Prognose, welches­ sich­ innerhalb­ von­ 20–40  Jah-ren­bei­bis­zu­5 %­der­ ­HTLV-I­ Infizierten­entwickelt. Menschen, die sich bereits im Kindesalter infizieren, tragen vermutlich ein höheres ATLL-Risiko. Die ATLL stellt sich in vier unterschiedlichen Krankheits-formen dar, der sogenannten akuten, der chronischen und der schwelenden Form sowie dem Lymphomtyp. Klinisch lassen sich die akute ATLL und der Lymphom-typ als aggressiv klassifizieren, die anderen Formen als indolent. Entsprechend variiert die mittlere Überlebensrate. Sie liegt bei der akuten­ATLL­zwischen­4­bis­6 Monaten,­bei­der schwelenden Form dagegen zwischen 34 Monaten­bis­über­5 Jahren.­Die­aggressi-ven Formen der ATLL sind häufig resistent gegenüber einer Chemotherapie bzw. zeigen häufig Rezidive. Auch die indolenten ATLLs haben eine schlechte Prognose, unabhängig davon, ob sie chemotherapeutisch oder eher abwartend behandelt werden.

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nqDiagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Zuwachs im Portfolio der Infektionsserologie | Produkte & Services

Die HTLV-Infektion über die Muttermilch spielt eine erhebliche Rolle. Die Übertragungs-wahrscheinlichkeit kann mehr als 20 % betragen.

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Dr. Corinna Fleckenstein Produktmanagement Serum Work Area 0621 759-3640 [email protected]

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HAM/TSP ist eine chronische, neuro-inflammatorische Erkrankung, die etwa 30  Jahre­ nach­ initialer­ Infektion­ bei­ bis­

zu­ 3  %­ der­ HTLV-Infizierten­ ausbricht.­Aufgrund der geringen HTLV-I-Prävalenz ist diese Erkrankung in Europa selten. Die Immunpathogenese der HAM/TSP ist bislang nicht eindeutig geklärt, jedoch handelt es sich um eine langsam fortschrei-tende, spastische, beidseitige Lähmung, die mit Blasen- und Darmfunktionsstö-rungen einhergeht. Der Krankheitsverlauf ähnelt häufig dem neurodegenerativer und autoimmuner Erkrankungen. Innerhalb von­10  Jahren­ sind­die­meisten­Patienten­nicht mehr in der Lage, ohne Hilfe zu lau-fen. Etwa die Hälfte ist auf den Rollstuhl angewiesen.7

Weitere klinische Auswirkungen präsentie-ren sich als HTLV-assoziierte Uveitis und anderer Manifestationen an den Augen sowie als HTLV-assoziierte infektiöse Der-matitis.

HTLV-II wird mit milden neurologischen Erkrankungen und chronischen pulmona-len Infektionen in Verbindung gebracht.8 Die Evidenz in der Krankheitspathologie ist jedoch deutlich geringer als bei HTLV-I.

Der neue Elecsys® HTLV-I/II TestElecsys® HTLV-I/II­(s.­Kasten)­ist­ein­vollau-tomatisierter­Immunoassay­der­3. Genera-tion mit rekombinant hergestellten Antige-nen p24 und gp21. Das gewährleistet einen frühen Virus-Nachweis und optimierte Spezifität.

Der Assay eignet sich O zum Spender-Screening, um ein Trans-

fusionsrisiko zu erkennen.O für das Pränatal-Screening, um das Kind

vor einer HTLV-Übertragung durch die Mutter zu schützen.

O im Rahmen der Diagnostik HTLV-asso-ziierter Erkrankungen wie ATLL, HAM/TSP, chronisch infektiöse Dermatitis, Bron-chiektasen und Uveitis.

Mit­dem­ ­Elecsys®  ­HTLV-I/II­Test­erweitert­sich das auf den Roche Systemen konsoli-dierbare infektionsserologische Portfolio auf 26 Parameter. Weitere Informationen zur Infektionsserologie von Roche sind unter www.goldrichtig-jetzt.de zu finden.

Literatur 1 Gessain A, Mahieux R: Rev Neurol (2012); 168: 257–269 2 Proietti FA et al: Oncogene (2005); 24: 6058–6068 3 www.rki.de (Epidemiologischer Bulletin 2015; Stichwort

HTLV) 4 Szczypinska EM et al: Medscape (2014); http://emedicine.

medscape.com/article/219285 [accessed April 2015] 5 Gonçalves DU et al: Clin Microbiol Rev (2010); 23: 577–

589 6 Roucoux DF, Murphy EL: AIDS Rev (2004); 6: 144–154 7 http://www.springermedizin.de/htlv-1-assoziierte-myelo-

pathietropische-spastische-paraparese/3180040.html 8 Edward L. Murphy EL et al: Emerging Infectious Disea-

ses (2004); 10(1); http://www.medscape.com/viewar-ticle/466487

Vorteile des Elecsys® HTLV-I/II Tests (Packungsbeilage, 2015)

Effizient in der DurchführungO Geringes­Probenvolumen­(30­μL)O Schnelle Ergebnisse: Testdauer 18

MinutenO Wenige Wiederholungsmessungen

durch hohe SpezifitätO Vollautomatische Durchführung auf

allen immunologischen Systemen von Roche Diagnostics.

Sichere ErgebnisseO 100­%­klinische­Sensitivität­(gemes-

sen an 1149 Proben) durch das spe-zifische Design des p24-Antigens

O Frühzeitiger Nachweis der Infektion durch hohe Serokonversionssensitivität

O Frei von Kreuzreaktivitäten durch Anti-Interferenz-Lösung: Analytische Spezifität­100 %­(gemessen­an­222­potenziell kreuzreaktiven Proben)

O Keine Grauzone: Eindeutige Diffe-renzierung von positiven und nega-tiven Ergebnissen

O Klinische­Spezifität­99,95 %­(gemes-sen­bei­11 575­Blutspendern)­bzw.­99,83 %­(gemessen­an­2399­Routineproben, inklusive Proben Schwangerer).

Bei der (seltenen) HTLV-I-assoziierten Myelopathie sind 10 Jahre nach der Infektion etwa 50 % der Patienten auf den Rollstuhl angewiesen.

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lia/S

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