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C. CXS~T,~ODOSY und E. S~uDY. Zwei Beweise des isoperimetrischen Lehrsatzes. 133 Zwei Beweise des Satzes, dab der Kreis unt~r allen Figuren gleichen Umfanges den grS~ten Inhalt hat. u C. CARATE~ODORY in Hannover und E. STuDs in Bonn, Die verschiedenen elementargeometrisehen Beweise, die Steiner fttr das isoperimetrische Problem gegeben hat~ werden unter der ausdriicklich ausgesproehenen Voraussetzung gefiihrt, dal~ es mindestens eine Figur gibt~ die unter allen be~rachteten den grSl~tmiiglichen Inhalt besitzt. Da diese Voraussetzung aber ihrerseits eines Beweises bedaff, liefern die Steinersehen Beweise nut notwendige Bedingungen und mtissen jedenfalls ergi~nzt werden, indem gezeigt wird~ dal~ filr den Kreis das Maximum des Inhal~es wirklich erreieht wird. Eine derartige Erg'~nzung des ftinften Stelnersehen Beweises ist z. B. yon F. Edler in sehr elementarer und sohSner Weise gefiihrt worden.*) In. der vorliegenden Note werden zwei ebenfaUs rein geometrische Beweise des be~reffenden Sa$zes, die abet auf ganz anderen Gedankengiingen fu~en, mitgeteilt. w Wenn n~an die fiberraschend elegante Konstruktion, die Steiner zu seinem ersten indirekten Beweise des isoperimetrisehen Satzes geffihrt hat**), geeigne~ modifiziert, so kann sie, wie wir zeigen wollen~ dazu dienen, einen direkten geometrisohen Beweis zu f[ihren, bei welehem keine be- schr~inkenden Voraussetzungen irgend weleher Art ffir die zugmnde zu legends u notwendig sind, um die Ableihlng des Resultates einwandfrei zu ermiiglichen. *) V~rvolls~ndigung tier Steinerschen elemen~argeome~rischen Beweise ffir den S~, da[~ der Kreis g~51]erenFl~cheninhal~besitzt als jede ~ndere ebene Figur gleich gro~en Umfanges, G6tt. Nachr. 1882~ p. 73. **) J. S~einer, ~es. Werke Bd. II, p. 193.

Zwei Beweise des Satzes, daß der Kreis unter allen Figuren gleichen Umfanges den größten Inhalt hat

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C. CXS~T,~ODOSY und E. S~uDY. Zwei Beweise des isoperimetrischen Lehrsatzes. 133

Zwei Beweise des Satzes , dab der Kreis un t~ r al len F i g u r e n

g le ichen Umfanges den grS~ten I n h a l t hat .

u

C. CARATE~ODORY in Hannover und E. STuDs in Bonn,

Die verschiedenen elementargeometrisehen Beweise, die S t e i n e r fttr das isoperimetrische Problem gegeben hat~ werden unter der ausdriicklich ausgesproehenen Voraussetzung gefiihrt, dal~ es mindestens eine Figur gibt~ die unter allen be~rachteten den grSl~tmiiglichen Inhalt besitzt. Da diese Voraussetzung aber ihrerseits eines Beweises bedaff, liefern die Steinersehen Beweise nut notwendige Bedingungen und mtissen jedenfalls ergi~nzt werden, indem gezeigt wird~ dal~ filr den Kreis das Maximum des Inhal~es wirklich erreieht wird.

Eine derartige Erg'~nzung des ftinften Stelnersehen Beweises ist z. B. yon F. E d l e r in sehr elementarer und sohSner Weise gefiihrt worden.*) In. der vorliegenden Note werden zwei ebenfaUs rein geometrische Beweise des be~reffenden Sa$zes, die abet auf ganz anderen Gedankengiingen fu~en, mitgeteilt.

w

Wenn n~an die fiberraschend elegante Konstruktion, die Steiner zu seinem ersten indirekten Beweise des isoperimetrisehen Satzes geffihrt hat**), geeigne~ modifiziert, so kann sie, wie wir zeigen wollen~ dazu dienen, einen direkten geometrisohen Beweis zu f[ihren, bei welehem keine be- schr~inkenden Voraussetzungen irgend weleher Art ffir die zugmnde zu legends u notwendig sind, um die Ableihlng des Resultates einwandfrei zu ermiiglichen.

*) V~rvolls~ndigung tier Steinerschen elemen~argeome~rischen Beweise ffir den S ~ , da[~ der Kreis g~51]eren Fl~cheninhal~ besitzt als jede ~ndere ebene Figur gleich gro~en Umfanges, G6tt. Nachr. 1882~ p. 73.

**) J. S~einer, ~es. Werke Bd. II, p. 193.

1~4 o. c ~ o v o ~ v und E. S~m~.

Man ftihre zun~ehst mit Steiner alas Problem iu folgendes fiber: k u f einer dutch die Gerade g begrenzten Halbebeae sotl eine Kurve you der L~nge x gefunden werdeu, deren Anfangspunkt A mit einem gegebenen, festen Punkte yon g zusammenf~llt, deren Endpunkt B auch auf g liege, und welche die Eigensehaft besitz~, dab das zwischen dieser Kurve und g liegende Fliichensttick einen mSglichst grot3en Inhal~ besitzh

Wir gehen yon einer beliebigen Kurve C o der gegebenen Halbebene aus, yon der nut vorausgesetzt wird, dal~ ihr Anfangspunk~ mi~ A zu- sammenf~Jt, ihr Endpunkt .M o auf g liegt, da~ sie sich nicht selbst schneidet~ und daf~ sic die Bogent~nge z besitz~. Es se i /o der Inhalt des zwischen C o und g tiegenc]en Fl~ichenstiickes.

Wi t betraohten die kteinste Jconvexe Kurve, welche dieses Fl~chen- stiick in ihrem Inneren enth~It. Diese Kurve besteht einerseits aus der Strecke AMo, andererseits aus einem Kurvensttlcke Co' , das nut dann mit C o zusammenFgllt, wenn C o sehoa selbst konvex ist; es sel die L~inge yon C o" mit l~, der Inhult des zwischen C o' und A M o Iiegendea Fl~chen- stfiokes mit I 0 bezeiehnet. Aus bekann~en S~tzen tiber konvexe Kurven fol ,

sind. Iffau kann also dutch eine Jahnliohkei~s~ransformation mit A a]s Atmlichkeitszentrum die Kurve C o" dutch elne Kurve Q ersetzen, deren Endpunkte A und M' auf g liegen, deren Bogenl~nge gleieh x ist und ftir welche der Inhal~ I 1 der Beziehung gentig~

Io die Kurve C I is~ nach unserer Konstruktlon konvex.

Im Falle nun~ we C~ nicht aus einem Halbkreise besteh~ wird minda~tens ein Punk~ Q auf dieser Kurve tiegen, fiir wetchea der Winket A Q M I kein l~eehter is~. Man wird dann mR Steiner die Kurve C 1 dnrch eine andere Q" erse~zen kSnnen, die man erh~R, indem man die fiber den Sehnen A Q und QM' sich befindenden Segmente starr bewegt und das Dreieck A QJM 1 dutch das entsprechencle rechtwinklige A Q'M 1' ersetz~, das die Gerade g zur Basis hat uncl mit dem friiheren gleiehschenkelig ish Dabei ha t sieh die L~inge der Kurve nicht ver'~adert, w~hrend der Inhal~ I i u m

I (1) v 0 - e)

vergr~l~er~ worden is~; bier bedeu~en r~ und r~ die L~ngen der Selden A Q und QM~, w~hrend mit ~ der Winkel AQM~ bezeichne~ worden ist. Wegen der Konvexit~t yon C~ wird ferner, wie man leieht einsehen kann, die neue Kurve keine Doppelpunk~e haben.

Die Grille (1) ~nder~ sich stetig, wenn der Punkt Q dis Kurve C~

Zwei Beweise des isoperimetrischon Lehrsatzes. 135

durclfl~uft, und erreicht ihr Maximum ffir mindestens einen Punkt dieser Kurve; es sei P der erste Punkt~ ffir welchen dies der Fall ist, wenn Q die Kurve C t in der Richtung yon A nach M 1 durchl~iuft. Wir wollen den Punk~ P ffir unsere Konstruktion zugrunde legen; sollte die erhaltene Kurve Q' nich~ konvex sein, so ersetzen wir sie dutch eine konvexe Kurve C~ yon gleicher L~nge and gr5$erem Inhalte" I~., indem wir das u wiederholen, dutch welches wit yon C O zu C 1 gelangt sind. Im Falle abet, we sehon C~' konvex ist, wollen wit diese Kurve selbst mit C~ bezeichnen.

Die eindeutig definierte Konstruktion, durch welche man yon einer konvexen Kurve C 1 zu der konvexen Knrve C~ gelangt, wollen wit die Steinersche JKonstruktion nennen. Es sell nun bewiesen werden, dab durch Wiederholen der Steinerschen Konstruktion man eine Reihe yon konvexen ]~ l l l 'ven

(2) C,, C~,..., C , . . . in inf.

erh~l~, welche den Halbkreis yon Radius Eins gleichm~iflig approximieren. Da n~mlich die Endpunk~e der Kurven (2), die wit mit

(3) 2/s ~ , - . . , M,, �9 �9 �9 in inf.

bezeichnen, insgesamt im Endlichen bleiben (ihr Abst~nd yon A is~ hSchstens gleich ~), so kann man aus ihrer Reihe eino Folge aussondern, etwa

(4) die einen und nur einen H~ufungspunkt co besitzea, d .h . gegen eo konvergieren.

Von einer gewissen Stelle ab werden die Punkte tier Reihe (4) um 8

weniger als y yon co abweichen, we ~ eine willkiirliche positive GrSBe

bedeutet. Nun betrachte man einerseits den Halbkreis, der die S~recke Ace zum Halbmesser hat, andererseits die beiden ibm konzentrischen Halbkreise, deren Abstand veto ersteren gleich e ist. Fiir jedes Dreieek

A QM, f~ir welches dot Punk~ M innerhalb des In~ervalls co -- -~, co + ~-

lieg~ und tier Punkt Q sich auSerhalb des dutch die beiden konzentrischen Halbkreise gebildeten S~reifens befindet, ist die Gr6Be

yon b~ull verschieden und besitz~ eine positive, yon Null verschiedene u n i t e Grenze ~.

Von einer gewissen, aber bestimmten Stelle ab wird also fiir die Kurven C,~, sobald sie auch nur einen einzigen Punkt aul-~erhalb des be- sagten S~reffens besitzen, die Beziehung bes~ehea

I~i+ ~ - I~ ~ ~;

136 C. C~T~ODORs und E. S~r~Y.

dieses folgt unmittelbar aus den Eigenschaften der Steinerschen Kon- s~ru~tion. Andererseits aber ist in der Reihe

jede GrSfle nicht kleiner als die vorhergehende und bleibt tinter einer endlichen Sehranke (unsere ss Figuren befinden sich n~mlich innerhatb des Kreises veto Radius z, dessen Mi~telpunkt in A lie~); also mul~ diese Reihe gegen eine bestimmte Grenze konvergieren.

Hioraus folg~, dab nut eine- endliche Anzahl der Kurven C~ einen Punlr~ auterhalb des yon uns betrachteten Streifens enthalten kiinnen; diese Kurven konvergieren demnach gleichmiil~ig gegen den Halbkreis, der dutch A und ~ geht.

Wenn man nun bedenkt, dab jede Kurve elner Halbebene, deren Endpunkte auf dem Rande dieser Hatbebene liegen, eine grSBere Bogen- liinge besitzt als eine konvexe Kurve yon derselben Eigenschaf~, die ganz im Inneren der ersten verliiuft, und dab die Kurven C,~, die im Inneren unseres halbkreisfSrmigen Streifens liegen, konvex sind und die Bogenliinge

besitzen, so kann man schlieBen, dab der innere Rand des Streifens eine kleinere, tier iiuBere Rand dagegen eine griil~ere Bogenl~nge als ~ hat. Diese Ungleiehheiten miissen fiir jeden Wer~ yon ~ gel~en, was nut dann mSglich ist, wenn tier Radias des Kreises, der A o zum Durchmesser hat, gteich Eins is~. Der Punkf; ~ ist demnaeh dureh unsere Konstruktion eindeutig bestimmt; andererseits batten wir ftir eo einen beliebigen H~ufungspunkt der Punktreihe

. . .

gewilhli; es fotgt also, dab diese Reihe nur einen einzigen H~ufungspunk~ besitzen kaun, n'~mtieh den Punkt, dessert Abs~and yon A gleich Zwel ist. Wit h~it~n also fiir unsore Schtiisse start der Reihe (4) die Roihe (3) zugrunde Iegen klinnen, was den Beweis liefert, daB" die Kurvenfolge (2) den Halbkreis yon Radius Eins gleichm~it]ig approximlert.

Von ether gewissen Stelle ab werden diese Kurven ganz innerhalb eines Halbkreises mit dem Radius (1 + ~) liegen, wobei s eine beliebige positive Zahl bedeutet~ und man schliegt daraus die Beziehung

(5) T" Wit waren abet yon ether wiilk[irlichen Kurve I o ausgegangen und

das Gleichheitszeichen in (5) gilt nach unseren SchIiissen nut dann~ wenn 1 o schon selbst ein Halbkreis war; der in Betracht kommende Satz ist also in seiner vollen Allgemeinheit bewiesen.

B o n n , den 22. Januar 1909.

C. C a r a t h g o d o r y .

Zwei Beweise des isoperime~rischen Lehrsatzes. 137

w

Angereg~ durch die vorausgehende Betrachtuug Carathgodorys babe ich .versucht, dasselbe auf aaderem Wege zu erreichen. Es handelt sich im Grunde nur darum, zu zeigen, daB. ein geradliniges :Polygon, mit einer ondlichen Zahl yon Seiten (deren keine zwei einander iiberkreuzen) einen kleineren InhaR haben mu6, als ein Kreis yon gleichem Umfaug. Um den ganz elementaren Charakter der folgenden lJ'berlegung besser hervortreten zu lassen, wird der Beweis in dieser unwesentlichen Be- sehr~inkung auseinandergesetzt.

Ein Polygon der genannten Art heiBt konvex, wean jede geradlinige Strecke, die zwei verschiedene Punkte seiner Begrenzung verbindet, ganz aus Punkten im Inneren odor auf der Begrenzung des Polygons besteht. Ist nun das vorgelegte Polygon nicht konvex, so kann man sofort ein konvexes Polygon angeben, das einen grSBeren InhaR und einen kleineren Umfang hat, als das gegebene, dessert Umfang wit gleich 2~ annehmen wollea; und da das zweRe Polygon dutch sine .&hnlichkeitstransformation wieder auf denselben Umfang 2z gebracht werden kann, wobei der Inhalt nochmals w~chst, so darf man annehmen, dal~ das zu untersuohende Polygon selbs~ schon konvex sei.

�9 Man nehme nunmehr auf der Begrenzung des konvexen Polygons einen Punk~ nach Belieben an. Dann kann man einea zweiten Punkt auf der Begrenzung derart bes~immen, dab beide zusammen den Umfang des Polygons in zwei gleiche Stiicke (yon der L~i~ge ~r) teilen. Dis V@r"~- bindungsstrecke bolder Punkte zerleg~ dana das Polygon in zwei (eben- falls konvexe) Polygone, die gleichen Inhalt haben werden, oder nicht. Im ersten Falle w~hle man unter diesen Teilpolygonen eines naeh Be- lieben aus, und erse~ze das zweite dureh das Spiegelbild des ersten, indem man als Spiegelungsaehse die konstruierte Gerade benutzt. Tritt der zweite Fall ein, so verfahre man ebenso, indem man alas inhaltskle~nere der beiden Teilpolygone ausl~scht. Aus den beiden schliel~lioh erhaRenen Polygoneu kaun man dana ein neues Polygon zusammensetzen, das den- selben Umfang (2~) hat, wie das gegebene, und dem ein gleicher odor grSBerer Inhalt zukommk Dieses neue Polygon hat dann eine Symmetrie- achse, ist aber nieht notwendig konvex. Ist es nich~ konvex, so erh~lt man aus ihm yon neuem ein konvexes Polygon yon kleinerem Umfang und grSl~erem Inhalt, und zwar ein solehes, das dieselbe Symmetrieaehse hat; und dieses Polygon kann, wie oben, durch ein zu ibm i~hnliehes Polygon yore Umfang 2z ersetz~ werden. Jetzt halbiere man dutch zwei weitere~ Punkte die beiden Sttieke, in die der Umfang des gefundenen konvexen Polygons dutch seine Symme~rieachse zerleg~ wird. Die Yer-

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bindungslinie dieser beiden Punkte steht auf der Symmetrieachse senk- recht, und zerlegt jedes der beiden zueinander symmetrischen Teilpoly- gone in zwei neue konvexe Polygone. Sind diese inhaltsgleich, so wghle man irgend eines under ibsen aus. Durch wiederhol~e Anwendung des Spiegelungsprozesses entsteht dann ein Polygon, das zwei zueinander sen~- rechte Symmetrieachsen hat, und das aus vier Teilpolygonen besteht, yon denen je zwei aufeinander folgende symmetrisch s~nd. Hat jedoch eines der zuerst genannten beiden Polygone einen grSBeren Inhalt als das andere, so unterwerfe man das grSt3ere dem Spiegehngsprozel~ und 15sche den ganzen Rest der Figur aus. In beiden F~llen ist das Ergebnis ein Polygon mit ~wei Symmetrieachsen yon gleichem Umfang uad gleichem oder grSl3erem Inhalt als das zuvor gefundene. Dieses neue Polygon kann wiederum konvex sein oder nicht, jedenfaUs abet setzt es sich aus vier konvexen Teilpolygonen zusammen, deren jedes zwei Seiten auf den Symme~rieachsen tier ganzen Figur hat, und deren jedes zu jedem symme~riseh oder kongruent ist.

Wit betrachten jetzt irgend eines der vier Teilpolygone und halbieren dutch einen passend gewghlten Punk~ die Bogenl~nge des Tells seiner Peripherie, tier nicht in die Symmetrieachsen fiillt, und der nach Obigem

die Lgnge T hat. Durch diesen Punkt ziehen wir eine Parallele zu tier

Winkelhalbierenden der beiden Symmetrieachsen tier Gesamtfigur, die in das Inhere des Teilpolygons eindringt. Diese Parallele kann die Winkel- halbierende selbs~ sein. Dann erh~lt man, auf dieselbe Art wie vorher, ein neues Polygon mit gleichem Umfang (2~) und gleichem oder grS~erem

/ / / /

/ /

/

\

Inhalt wie das zuvor gefundene, ein Polygon jedoch, das vier Symmetrie- achsen hat, yon denen je zwei auf-

einander folgende den Winkel u ein-

schliel~en. Tritt der genannte Fall nicht ein, so wird das Teilpolygon, yon dem wir ausgegangen waren, in zwei Stacke (Polygone) zerlegt, die wir kurz als das ,,dreieckige" und das ,vie ecklge S~ick unterscheiden kSn- nen: Bei beiden bildet e i n ~ T e i l der Begrenzung ein gerader oder ge-

brochener Linienzug yon der L~nge -~;

bei dem dr~4eckigen Stack kommen noch zwei, bei dem viereckigen Stack drei gerade Strecken hinzu (s. Figur).

Zwei Beweise des isoperimetrlschen Lehrsatzes. 139

Aus dem viereckigen Fl~chenstfick aber entsteht sin weiteres ,,dreieckiges" dadurch, dab man sin Dreieck hinzuffigt, das Dreieek n~imlich, das yon beiden Symmetrioachsea und der Parallelen zur Winkelhalbierenden be- stimmt wird.

In bezug auf die jetzt hergestellten ,,dreieckigen" Fl~chenst~icke, die beide konvexe Polygons sind, betrachte man dieselbe Alternative, wie zuvor. Sis k~nnen gleichg~ol]e Fl~chen haben, oder sines hat einen gr6~eren Fl~icheninhalt. Da der Winkel zwischen zweien ihrer Begrenzungs- linien, n~mlich zwischen denen, die dutch einen Linienzug (Tell der

Peripherie des Gesamtpolygons) yon der L~nge ~ verbunden sind, gerade

betr~gt and da die Summe ihrer Fl~cheninhalte gr~l~er ist als der 4 vierte Tell der Fl~che des Gesamtpolygons, so erh~ilt man dutch das Spiegelungsverfahren auch in diesem Falls sin Polygon mi~ vier Symmetrie- act~en, das aber nunmehr sine gr~l~ere Ffiiche hat, als das zuletzt kon- struierte Polygon mi~ zwei Symmetrieachsen. Das neue Polygon setzt sich aus acht konvexen Teilpolygonen zusammen, die zueinander kongruent

oder symmetrisch sind, and deren jedes zwei Seiten (die den Winkel 4 einschlieBen) auf zwei Symmetrieaehsen hat. Irgend sines dieser aeht Teilpolygons kann nun offenbar ganz ebenso behandelt werden, wie rot- her eines der vier, und sines der dann entstehenden sechzehn Teilpolygone wieder auf die gleiehe Weiss, und so welter in infinitum. Bei jedem Schritt wird die Zahl der Symmetrieacksen des gera& zu betrachtenden Gesamt- ~olygons verdop~velt, der Fl~icheninhalt abet bleibt erhalten oder er wird vergr513ert, w~hrend der Umfang derselbe bleibt. Nach einer endlichen Zahl yon Schritten hat man vor sich sin Polygon yore Umfange 2z~ das mit 2-2 ~ Symmetrieachsen ausgestattet ist, und das sicher keinen kleineren Fl~icheninhalt hat, als das urspr~inglich vorgelegte Polygon. Das gefundene Polygon besteht aus 4 .2" konvexen Teilpolygonen, deren jodes zwei Seiten

1 auf Symmetrieachsen hat, die den Winkel ~ . ~ - einschliel3en, w~ihrend 1 die Summe der L'~ngen der ilbrigen Seiten ebenfaUs gleich ~ . - ~ ist.

Hieraus folgt, dab die Difforenz zwischen den L~ngen der beiden zuerst genannten Seiten gegen Null konvergiert. Die Gesamtheit der auf zwei konzentnsehe Krelse vertellten 4 . 2 ~ :Endpunkte der Symmetrieaehsen n~hert sich mit wachsendem n einer Menge yon Punkten, die ~iberall dich~ auf einem einzigen Krsise yon einem gewissen Radius r liegen. Bei hin- reiehend groBen Werten yon n liegen dann iiberhaupt aUe Punkte, die der Peripherie des Polygons angehSren, in beliebiger N~he der Peripherie des genannten Grenzkreises. Der konstante Umfang 2 z der aufeinander

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fo]genden Polygone mi~ 2 - 2 ~ Symme~rieachsen is~ no~wendig entweder gleich dem Umfange 2r~r des Grenzkreises oder grSI3er als dieser Umfang; es ist also r ~ 1. Der Inhalt der Polygone dagegen konvergiert gegen den Fl~icheninhalt r~r des Grenzkreises. Es is~ also der Fl~icheninha]t des ursprfinglich gegebenen Polygons ~ z, u n d e s bleibt nur tibrig, alas Gleichhei~szeichen in dieser Ungleichhei~ auszuschalten, dami~ tier Beweis volls~ndig sei.

Nehmen wir also an, es w~ire r = 1, und der Fl~cheninhal~ des ge- gebenen Polygons w~ire gleich ~. Dann m~igten aIie aufeinander folgen- den Polygone inhaltsgleieh sein. Ein Zuwuchs des Inhalts yon einem Polygon zum n~chsten tritt aber nur dann nicht ein, wean die konstruierte ,,Parallele zur Winkelhalbierenden" mit dieser Geraden selbst identisch is~, und wenn sie augerdem das gerade betrach~ete Teilpolygon in zwei in- haltsgleicl~e S~acke zerlegk Sollte also ein Polygon mit Mi~telpunkt nur um solche.z.handel~ es sich ja nach Ausf~ihrung der beiden ers~en Schri~te s ~ e ~ vom Umfsnge 2~ den ]Jl~chen- inhal~ ~ haben~ so mtiBte ein yore Nittelpunkt ausgehender Sek~or mi~

dem Zentriwinkel ~-~ ~- f~r jeden Wert der ganzen Zahl n einen yon der

Lage des Sektors unabh~ngigen Fls haben und auSerdem auf der Peripherie des Polygons ein S~ck yon konstanter Bogenlfinge ab- schneiden. Beides wird sofor~ als unmSglich erkannt; es mu$ also in der Folge der kons~ruierten Polygone schlie$1ich ein Anwachsen des Inhaltes eintreten; und damit ist der behauptete Satz nunmehr volls~ndig er- wiesen.*)

Die angewendete SchluBweise 1~1~ sich in der Art ab~indern, dab nich~ nur die beiden zuerst konstruierten Polygone, wie man wohl kurz sagen darf~ ,,konvex gemacht" werden, sondern auch alle folgenden. Dami~ beschleunig~ man die Konrergenz des Verfahrens, und an Stelle der Un- gleichheit r ~ 1 erh~l~ man die Gleichung r = 1.

E. S tudy .

*) Dureh geelgne~e Wahl des ursprfinglichen Polygons und des zuerst an- genoramenen Punktes kann man bewirken, dab ein Anwachsen des Inhaltes bei elner beliebigen endHchen Z~hl aufeinander folgender Teilungen nich~ stattfindet. Dann abet mu$ ein An~vachsen des Inhalbes bei jedem wei~eren Schni~b ein$reten.