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Münchner Merkur Nr. 131 | Montag, 11. Juni 2018 Telefon (089) 53 06-410 [email protected] Telefax: (089) 53 06-86 57 3 Im Blickpunkt Blutspende für die Forschung: Die wichtigsten Fragen und Antworten rum die klare Flüssigkeit aus Wasser, Ei- weißstoffen und Salzen, die bei der Blut- gerinnung abgesondert wird. Die Proben werden tiefgefroren und so bis zur Un- tersuchung gelagert. Die Untersuchung findet an der Fakultät für Physik der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching bei München statt. Wie lange dauert die Blutspende? Nur wenige Minuten. Bitte planen Sie aber etwa 20 bis 30 Minuten ein, damit genug Zeit für das Aufklärungsgespräch und das Ausfüllen des Fragebogens bleibt. Was passiert mit persönlichen Daten? Natürlich werden auch bei dieser Studie Vorschriften über die ärztliche Schwei- gepflicht und den Datenschutz eingehal- ten. Die Daten werden von Mitarbeitern Wie viel Blut wird entnommen? Bei der Spende werden zehn Milliliter Blut abgenommen – etwa zwei Esslöffel. Wer kann Blut spenden? Jeder, der nicht an Krebs erkrankt ist. Andere Erkrankungen (etwa Herz-Kreis- lauf-Erkrankungen, Diabetes, Allergien, Asthma) schließen eine Teilnahme nicht aus. Darf ich als Schwangere Blut spenden? Leider nein, da für Schwangere besonde- re Auflagen zur Teilnahme an Studien gelten. Was muss ich zur Spende mitbringen? Nichts Besonderes. Achten Sie auf Kleidung, bei der sich die Arme gut freimachen lassen, da das Blut in der Armbeuge entnommen wird. Bitte trinken Sie vor und nach der Blutspende genügend! Muss ich zur Blutspende nüchtern sein? Nein! Sie werden bei der Blutabnahme gefragt, wann Sie gegessen haben. Wie läuft die Blutspende konkret ab? Vor der Blutspende erhalten Sie eine Teil- nehmerinformation mit einer detaillier- ten Beschreibung des Projekts und wer- den von einem Mitarbeiter der Studie über Nutzen und Risiken aufgeklärt. Da- nach werden Sie gebeten, eine Einwilli- gungserklärung zu unterschreiben und einen Fragebogen auszufüllen, in dem Informationen zum Alter, Geschlecht, zu derzeitigen Erkrankungen und zur Medi- kation enthalten sind. Danach wird Ih- nen durch ausgebildetes klinisches Per- sonal Blut entnommen. Was passiert mit dem Blut? Direkt nach der Entnahme wird das Blut in Plasma und Serum getrennt; Plasma ist der flüssige Bestandteil des Blutes, Se- des Klinikums der Ludwig-Maximilians- Universität erhoben und verschlüsselt („pseudonymisiert“) und an Forscher des Instituts für Laser-Physik der LMU München weitergegeben. Das heißt, dass weder Ihr Name noch Ihre Initialen oder das exakte Geburtsdatum im Verschlüsselungscode erscheinen. Ihre Daten werden nur für Auswertungen im „Lasers 4 Life“-Projekt genutzt. Bekomme ich die Ergebnisse zu meiner Blutuntersuchung mitgeteilt? Da sich die untersuchte Methode in der Erprobungsphase befindet, kann Ihnen das Ergebnis leider nicht mitgeteilt wer- den. Was, wenn ich meine Einwilligung zur Teilnahme doch zurückziehen will? Dann werden die bis dahin noch nicht verbrauchten Anteile der Blutprobe vernichtet. Die Suche nach „Fingerabdrücken“ einer Krebsart Zwei Esslöffel Blut im Kampf gegen Krebs „LASERS 4 LIFE“-PROJEKT ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................ Zehn Milliliter Blut unter einem Super-Laser: So lässt sich künftig erkennen, ob ein Mensch an Krebs erkrankt ist. Was nach Science-Fiction klingt, kann in wenigen Jahren Realität sein, sagen Forscher des Max-Planck- Instituts in Garching. Hier arbeitet ein ganzes Team an dieser medizinischen Zukunftstechnologie. VON BARBARA NAZAREWSKA München – Professor Ferenc Krausz ist ein Mann klarer Worte. Aber manchmal gerät selbst er, Direktor am Max- Planck-Institut für Quanten- optik, ein bisschen ins Schwärmen. Und zwar dann, wenn er seinen Rechner auf- klappt und über ein Herz- blut-Projekt spricht. Dieses Projekt heißt „Lasers 4 Life“ – und Blut spielt hier in der Tat eine entscheidende Rolle. Denn: Nur zwei Esslöffel des besonderen Saftes könnten die Medizin in zehn bis 15 Jahren nahezu revolutionie- ren. Nun muss man wissen, dass Krausz und sein Team an einer neuen Art der Krebs- früherkennung arbeiten nämlich mittels Laser. Kon- kret bedeutet das: Ein Patient bekommt zehn Milliliter Blut abgenommen, diese Probe kommt unter einen soge- nannten Ultrakurzpuls-Laser, das unsichtbare Infrarotlicht des Lasers durchdringt das Blut, und wenige Minuten später steht die Diagnose. Noch ist das ein Wunsch- traum – und bis zu seiner Er- füllung müssen die Forscher eine Menge Arbeit leisten: Erst mal müssen sie nämlich die spezifischen Muster un- terschiedlicher Krankheiten im menschlichen Blut identi- fizieren: die „Infrarot-Finger- abdrücke“. Allein das ist eine Mammutaufgabe. „Die Gesunden spielen da- bei eine große Rolle“, sagt Krausz. Denn man müsse he- rausfinden, welche „Finger- abdrücke“ typisch für sie sind. Und da jeder Mensch ein bisschen anders ist, wird es nicht ganz einfach, zu defi- nieren, wo Gesundheit endet – und Krankheit beginnt. Aber: Je mehr gesunde Men- schen eine kleine Blutprobe zu Forschungszwecken abge- ben (siehe Kasten), umso schneller kommt man ans Ziel. Der Weg dahin sieht so aus: Jede Blutprobe wird gelasert. „Dabei verwenden wir einen Laser, der extrem kurze Lichtblitze aussendet“, er- klärt Krausz. Die Blitze regen die Moleküle im Blut an. Was wiederum dazu führt, dass diese kleinsten Teilchen in Schwingung geraten und Lichtwellen aussenden. Jede Lichtwelle ist eindeutig durch ihre Frequenz charakterisiert – und die kann man messen. Wenn sich jetzt eine Welle verändert, hat sich auch et- was im Körper verändert. Die Frage ist nur: Was konkret? Dem müssen Krausz und sein Team nun auf die Spur kom- men. Da man sich einem großen Ziel in kleineren Etappen nä- hert, begann das Projekt zu- nächst mit Krebskranken: und zwar am Brustzentrum (Professor Nadia Harbeck) der Ludwig-Maximilians- Universität München, kurz LMU, sowie an den LMU-Kli- niken für Urologie (Professor Christian Stief) und Pneumo- logie, also Lungenheilkunde, sowie an der Asklepios Klinik Gauting (Professor Jürgen Behr). Dr. Gerald Schulz von der Urologie am Standort Groß- hadern war von Anfang an dabei. Seine Vision: die Ver- besserung der Prostatakrebs- vorsorge. Und: „Die sichere Unterscheidung zwischen ag- gressivem Prostatakrebs von weniger aggressiven Vorstu- fen.“ An der Uniklinik betreute er Männer, die an Prostata- krebs erkrankt waren und de- nen für das „Lasers 4 Li- fe“-Projekt Blut abgenommen und untersucht wurde. Da- raus ergaben sich dann erste Hinweise auf den „Fingerab- druck“ dieser Krebsart. „Inte- ressant wäre ein solches Ver- fahren in Zukunft womöglich auch für Patienten nach einer Prostatakrebs-Behandlung“, sagt Dr. Schulz. Denn: „Hier könnten die Laser helfen, durch den Bluttest das Zu- rückkommen der Erkrankung oder sogar das Ansprechen auf eine Therapie zuverlässig vorherzusagen.“ Dr. Schulz ist jedenfalls da- von überzeugt, dass in sol- chen Tests die medizinische Zukunft liegt – insbesondere aus einem Grund: „Blut ist re- lativ einfach zu bekommen“, sagt er. Ein ungefährlicher Piks, kein chirurgischer Ein- griff, im Prinzip also null Risi- ko. Wenn man es aber jetzt noch schaffte, bei – vermeint- lich – Gesunden via Bluttest Krebs sicher zu diagnostizie- ren, das wäre freilich der ganz große Durchbruch. Das wissen auch die For- scher des Max-Planck-Insti- tuts – und arbeiten an einer großen Datenbank. „Jeder Mensch hat im Blut einen molekularen Fingerabdruck“, sagt Molekularbiologin Dr. Mihaela Zigman, die von Kol- legen auch „Molekül-Detekti- vin“ genannt wird und beim „Lasers 4 Life“-Projekt die Zusammenarbeit zwischen Medizinern und Physikern koordiniert. Erhebliche Ab- weichungen vom „gesunden Fingerabdruck“ deuten auf ei- ne Krankheit hin. Die Krux ist aber: Krankheit ist eben nicht gleich Krankheit. Und keines- falls darf es zu Verwechslun- gen kommen, etwa bei einem fast identischen „Fingerab- druck“ einer Erkältung und eines Tumors. „Wir müssen also für jede Krankheit einen eigenen Fingerabdruck klar definieren“, sagt Professor Krausz. „Dazu ist ein Ver- gleich mit gesunden Men- schen erforderlich.“ Nur so ließen sich Veränderungen feststellen, die eine Krankheit verursacht habe. Deshalb haben die Wissen- schaftler jüngst 100 Blutpro- ben in der Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft gesammelt: 100 Blutproben von 100 Menschen, die nicht an Krebs erkrankt sind. „Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Krausz. Die Forscher brau- chen tausende solcher Pro- ben – weltweit. Diesen Don- nerstag starten sie nun eine Blutspendeaktion in Mün- chen (Hinweis unten). Ein kleiner Schritt in eine große Zukunft. Machen auch Sie mit! Die Blutspendeaktion für die Forschung findet diesen Donnerstag und Freitag, 14. und 15. Juni, jeweils von 8 bis 20 Uhr in München statt: in der Frauenklinik an der Mai- straße 11. Jeder, unabhängig vom Alter, der nicht an Krebs erkrankt ist, kann vorbei- kommen, um sich für das „Lasers 4 Life“-Projekt Blut abnehmen zu lassen. Voran- meldung nicht erforderlich! Die Blutabnahme: Redakteurin Barbara Nazarewska ließ sich zu Forschungszwecken piksen und spendete Blut. Die Röhrchen: Blutproben für den Hochleistungslaser. Die Aufbereitung der Blutproben: Bevor das Blut gelasert wird, macht Dr. Cristina Leonardo die letzten Handgriffe. Der Super-Laser: Unter diesem Hochleistungsgerät wird das Blut untersucht. Doktorand Marinus Huber justiert gerade den Laser. FOTOS: NAESER (2) / HAAG (2) DEM TUMOR AUF DER SPUR Wächst im Körper ein Tu- mor, hinterlässt er auch im Blut Spuren. Weltweit ar- beiten nun Forscher da- ran, diese „lesbar“ zu ma- chen. Damit wollen sie den Krebs früher aufspü- ren – schon dann, wenn Betroffene noch keine Be- schwerden haben. Was verändert sich im Blut? Eine Krebserkrankung ver- ändert den Stoffwechsel – und damit die Zusammen- setzung der Moleküle im Blut. Vor allem aber: Die DNA, also das Erbgut, von Tumorzellen unterscheidet sich von der DNA gesunder Zellen. Im Blut finden sich manchmal ganze Tumor- zellen. Häufiger sind dort allerdings Bruchstücke von Krebszellen. Diese entste- hen, wenn die bösartigen Zellen zerfallen, was vor al- lem bei größeren Tumoren passieren kann. Die Bruch- stücke werden im Blut ab- transportiert. Auch intakte Tumorzellen geben winzige DNA-Stücke ab, die im Blut zirkulieren. Wie will man das nutzen? Dazu gibt es viele Ansätze. Der Garchinger Super-La- ser (siehe Haupttext) ver- sucht zum Beispiel, alle Krebsspuren gleichzeitig zu erfassen, statt nach ein- zelnen Veränderungen zu suchen. Andere Tests zie- len darauf ab, einen An- stieg spezieller Eiweiße im Blut nachzuweisen, soge- nannte Tumormarker. Da- zu gehört etwa der „PSA- Test“, der Prostatakrebs früher aufspüren soll. Ziel vieler Forscher ist es heute aber, auf mehrere Krebsar- ten gleichzeitig zu testen. Zusammengefasst werden Tests auf Krebsspuren im Blut oft unter dem Schlag- wort „Liquid Biopsy“, also „Flüssigbiopsie“. Der Be- griff ist an die Biopsie, die Entnahme von Gewebe, angelehnt, die bei einem Krebsverdacht meist nötig ist. Bluttests können diese bislang nicht ersetzen. Gibt es schon Ergebnisse? Ja. Erst vor wenigen Tagen machte ein neuartiger Blut- test Schlagzeilen, der beim Treffen der amerikani- schen Krebsgesellschaft „ASCO“ in Chicago vorge- stellt worden ist (wir be- richteten). Es handelt sich um einen Test, der auf die winzigen DNA-Stückchen abzielt, die Tumorzellen ins Blut abgeben. Die ers- ten Ergebnisse der Studie, die Forscher in Stanford und Cleveland durchge- führt haben, klingen viel- versprechend: Bei Krebs der Bauchspeicheldrüse, Eierstöcke, Leber und Gal- lenblase wurde die Erkran- kung bei vier von fünf Be- troffenen tatsächlich er- kannt. Insgesamt zeigte der Test zehn Krebsarten rela- tiv zuverlässig an. Wo liegen die Grenzen? An der Studie haben mehr als 1600 Menschen teilge- nommen. Davon waren zum Studienstart 749 nicht von Krebs betroffen, bei 878 war die Erkrankung kurz zuvor entdeckt wor- den. Insgesamt war die Zahl der per Test festge- stellten Krebsfälle aller- dings gering. Eierstock- krebs zum Beispiel wurde in der Studie nur bei zehn Frauen festgestellt – das re- lativiert die Treffsicherheit von rund 90 Prozent, die der Test bei dieser Krebsart laut Studie erzielt hat. Bei „Lymphomen“ lag die Ge- nauigkeit bei 77 Prozent, bei „Myelomen“ waren es 73 Prozent, bei Lungen- krebs nur noch 59 Prozent. Auch die Autoren der Stu- die räumen darum ein, dass noch viel Arbeit vor ihnen liegt. ANDREA EPPNER

Zwei Esslöffel Blut im Kampf gegen Krebs - attoworld.de · raus ergaben sich dann erste Hinweise auf den „Fingerab-druck“ dieser Krebsart. „Inte-ressant wäre ein solches Ver-fahren

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Münchner Merkur Nr. 131 | Montag, 11. Juni 2018

Telefon (089) 53 [email protected]

Telefax: (089) 53 06-86 57 3Im Blickpunkt

Blutspende für die Forschung: Die wichtigsten Fragen und Antwortenrum die klare Flüssigkeit aus Wasser, Ei-weißstoffen und Salzen, die bei der Blut-gerinnung abgesondert wird. Die Probenwerden tiefgefroren und so bis zur Un-tersuchung gelagert. Die Untersuchungfindet an der Fakultät für Physik derLudwig-Maximilians-Universität (LMU)München und am Max-Planck-Institutfür Quantenoptik in Garching beiMünchen statt.

Wie lange dauert die Blutspende?Nur wenige Minuten. Bitte planen Sieaber etwa 20 bis 30 Minuten ein, damitgenug Zeit für das Aufklärungsgesprächund das Ausfüllen des Fragebogensbleibt.

Was passiert mit persönlichen Daten?Natürlich werden auch bei dieser StudieVorschriften über die ärztliche Schwei-gepflicht und den Datenschutz eingehal-ten. Die Daten werden von Mitarbeitern

Wie viel Blut wird entnommen?Bei der Spende werden zehn MilliliterBlut abgenommen – etwa zwei Esslöffel.

Wer kann Blut spenden?Jeder, der nicht an Krebs erkrankt ist.Andere Erkrankungen (etwa Herz-Kreis-lauf-Erkrankungen, Diabetes, Allergien,Asthma) schließen eine Teilnahme nichtaus.

Darf ich als Schwangere Blut spenden?Leider nein, da für Schwangere besonde-re Auflagen zur Teilnahme an Studiengelten.

Was muss ich zur Spende mitbringen?Nichts Besonderes. Achten Sie aufKleidung, bei der sich die Arme gutfreimachen lassen, da das Blut in derArmbeuge entnommen wird. Bittetrinken Sie vor und nach der Blutspendegenügend!

Muss ich zur Blutspende nüchtern sein?Nein! Sie werden bei der Blutabnahmegefragt, wann Sie gegessen haben.

Wie läuft die Blutspende konkret ab?Vor der Blutspende erhalten Sie eine Teil-nehmerinformation mit einer detaillier-ten Beschreibung des Projekts und wer-den von einem Mitarbeiter der Studieüber Nutzen und Risiken aufgeklärt. Da-nach werden Sie gebeten, eine Einwilli-gungserklärung zu unterschreiben undeinen Fragebogen auszufüllen, in demInformationen zum Alter, Geschlecht, zuderzeitigen Erkrankungen und zur Medi-kation enthalten sind. Danach wird Ih-nen durch ausgebildetes klinisches Per-sonal Blut entnommen.

Was passiert mit dem Blut?Direkt nach der Entnahme wird das Blutin Plasma und Serum getrennt; Plasmaist der flüssige Bestandteil des Blutes, Se-

des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität erhoben und verschlüsselt(„pseudonymisiert“) und an Forscherdes Instituts für Laser-Physik der LMUMünchen weitergegeben. Das heißt,dass weder Ihr Name noch Ihre Initialenoder das exakte Geburtsdatum imVerschlüsselungscode erscheinen. IhreDaten werden nur für Auswertungen im„Lasers 4 Life“-Projekt genutzt.

Bekomme ich die Ergebnisse zu meinerBlutuntersuchung mitgeteilt?Da sich die untersuchte Methode in derErprobungsphase befindet, kann Ihnendas Ergebnis leider nicht mitgeteilt wer-den.

Was, wenn ich meine Einwilligung zurTeilnahme doch zurückziehen will?Dann werden die bis dahin noch nichtverbrauchten Anteile der Blutprobevernichtet.

Die Suche nach

„Fingerabdrücken“

einer Krebsart

Zwei Esslöffel Blut im Kampf gegen Krebs„LASERS 4 LIFE“-PROJEKT ............................................................................................................................................................................................................................................................................................................................

Zehn Milliliter Blut untereinem Super-Laser: So lässtsich künftig erkennen,ob ein Mensch an Krebserkrankt ist. Was nachScience-Fiction klingt,kann in wenigen JahrenRealität sein, sagenForscher des Max-Planck-Instituts in Garching. Hierarbeitet ein ganzes Teaman dieser medizinischenZukunftstechnologie.

VON BARBARA NAZAREWSKA

München – Professor FerencKrausz ist ein Mann klarerWorte. Aber manchmal gerätselbst er, Direktor am Max-Planck-Institut für Quanten-optik, ein bisschen insSchwärmen. Und zwar dann,wenn er seinen Rechner auf-klappt und über ein Herz-blut-Projekt spricht. DiesesProjekt heißt „Lasers 4 Life“ –und Blut spielt hier in der Tateine entscheidende Rolle.Denn: Nur zwei Esslöffel desbesonderen Saftes könntendie Medizin in zehn bis 15Jahren nahezu revolutionie-ren.

Nun muss man wissen,dass Krausz und sein Team aneiner neuen Art der Krebs-früherkennung arbeiten –nämlich mittels Laser. Kon-kret bedeutet das: Ein Patientbekommt zehn Milliliter Blutabgenommen, diese Probekommt unter einen soge-nannten Ultrakurzpuls-Laser,das unsichtbare Infrarotlichtdes Lasers durchdringt dasBlut, und wenige Minutenspäter steht die Diagnose.

Noch ist das ein Wunsch-traum – und bis zu seiner Er-füllung müssen die Forschereine Menge Arbeit leisten:Erst mal müssen sie nämlichdie spezifischen Muster un-terschiedlicher Krankheitenim menschlichen Blut identi-fizieren: die „Infrarot-Finger-abdrücke“. Allein das ist eineMammutaufgabe.

„Die Gesunden spielen da-bei eine große Rolle“, sagtKrausz. Denn man müsse he-rausfinden, welche „Finger-abdrücke“ typisch für siesind. Und da jeder Menschein bisschen anders ist, wirdes nicht ganz einfach, zu defi-nieren, wo Gesundheit endet– und Krankheit beginnt.Aber: Je mehr gesunde Men-schen eine kleine Blutprobezu Forschungszwecken abge-ben (siehe Kasten), umsoschneller kommt man ansZiel.

Der Weg dahin sieht so aus:Jede Blutprobe wird gelasert.„Dabei verwenden wir einenLaser, der extrem kurzeLichtblitze aussendet“, er-klärt Krausz. Die Blitze regendie Moleküle im Blut an. Waswiederum dazu führt, dassdiese kleinsten Teilchen inSchwingung geraten undLichtwellen aussenden. JedeLichtwelle ist eindeutig durchihre Frequenz charakterisiert– und die kann man messen.Wenn sich jetzt eine Welleverändert, hat sich auch et-was im Körper verändert. DieFrage ist nur: Was konkret?Dem müssen Krausz und seinTeam nun auf die Spur kom-men.

Da man sich einem großenZiel in kleineren Etappen nä-hert, begann das Projekt zu-nächst mit Krebskranken:und zwar am Brustzentrum(Professor Nadia Harbeck)der Ludwig-Maximilians-Universität München, kurzLMU, sowie an den LMU-Kli-niken für Urologie (Professor

Christian Stief) und Pneumo-logie, also Lungenheilkunde,sowie an der Asklepios KlinikGauting (Professor JürgenBehr).

Dr. Gerald Schulz von derUrologie am Standort Groß-hadern war von Anfang andabei. Seine Vision: die Ver-besserung der Prostatakrebs-vorsorge. Und: „Die sichereUnterscheidung zwischen ag-gressivem Prostatakrebs vonweniger aggressiven Vorstu-fen.“

An der Uniklinik betreuteer Männer, die an Prostata-krebs erkrankt waren und de-nen für das „Lasers 4 Li-fe“-Projekt Blut abgenommenund untersucht wurde. Da-raus ergaben sich dann ersteHinweise auf den „Fingerab-

druck“ dieser Krebsart. „Inte-ressant wäre ein solches Ver-fahren in Zukunft womöglichauch für Patienten nach einerProstatakrebs-Behandlung“,sagt Dr. Schulz. Denn: „Hierkönnten die Laser helfen,durch den Bluttest das Zu-rückkommen der Erkrankungoder sogar das Ansprechenauf eine Therapie zuverlässigvorherzusagen.“

Dr. Schulz ist jedenfalls da-von überzeugt, dass in sol-chen Tests die medizinischeZukunft liegt – insbesondereaus einem Grund: „Blut ist re-lativ einfach zu bekommen“,sagt er. Ein ungefährlicherPiks, kein chirurgischer Ein-griff, im Prinzip also null Risi-ko. Wenn man es aber jetztnoch schaffte, bei – vermeint-

lich – Gesunden via BluttestKrebs sicher zu diagnostizie-ren, das wäre freilich der ganzgroße Durchbruch.

Das wissen auch die For-scher des Max-Planck-Insti-tuts – und arbeiten an einergroßen Datenbank. „JederMensch hat im Blut einenmolekularen Fingerabdruck“,sagt Molekularbiologin Dr.Mihaela Zigman, die von Kol-legen auch „Molekül-Detekti-vin“ genannt wird und beim„Lasers 4 Life“-Projekt dieZusammenarbeit zwischenMedizinern und Physikernkoordiniert. Erhebliche Ab-weichungen vom „gesundenFingerabdruck“ deuten auf ei-ne Krankheit hin. Die Krux istaber: Krankheit ist eben nichtgleich Krankheit. Und keines-

falls darf es zu Verwechslun-gen kommen, etwa bei einemfast identischen „Fingerab-druck“ einer Erkältung undeines Tumors. „Wir müssenalso für jede Krankheit eineneigenen Fingerabdruck klardefinieren“, sagt ProfessorKrausz. „Dazu ist ein Ver-gleich mit gesunden Men-schen erforderlich.“ Nur soließen sich Veränderungenfeststellen, die eine Krankheitverursacht habe.

Deshalb haben die Wissen-schaftler jüngst 100 Blutpro-ben in der Generalverwaltungder Max-Planck-Gesellschaftgesammelt: 100 Blutprobenvon 100 Menschen, die nichtan Krebs erkrankt sind. „Aberdas ist nur ein Tropfen aufden heißen Stein“, sagt

Krausz. Die Forscher brau-chen tausende solcher Pro-ben – weltweit. Diesen Don-nerstag starten sie nun eineBlutspendeaktion in Mün-chen (Hinweis unten). Einkleiner Schritt in eine großeZukunft.

Machen auch Sie mit!Die Blutspendeaktion für dieForschung findet diesenDonnerstag und Freitag, 14.und 15. Juni, jeweils von 8 bis20 Uhr in München statt: inder Frauenklinik an der Mai-straße 11. Jeder, unabhängigvom Alter, der nicht an Krebserkrankt ist, kann vorbei-kommen, um sich für das„Lasers 4 Life“-Projekt Blutabnehmen zu lassen. Voran-meldung nicht erforderlich!

Die Blutabnahme: Redakteurin Barbara Nazarewska ließsich zu Forschungszwecken piksen und spendete Blut.

Die Röhrchen: Blutprobenfür den Hochleistungslaser.

Die Aufbereitung der Blutproben: Bevor das Blut gelasertwird, macht Dr. Cristina Leonardo die letzten Handgriffe.

Der Super-Laser: Unter diesem Hochleistungsgerät wird das Blut untersucht. Doktorand Marinus Huber justiert gerade den Laser. FOTOS: NAESER (2) / HAAG (2)

DEM TUMORAUF DER SPUR

Wächst im Körper ein Tu-mor, hinterlässt er auch imBlut Spuren. Weltweit ar-beiten nun Forscher da-ran, diese „lesbar“ zu ma-chen. Damit wollen sieden Krebs früher aufspü-ren – schon dann, wennBetroffene noch keine Be-schwerden haben.

Was verändert sich im Blut?Eine Krebserkrankung ver-ändert den Stoffwechsel –und damit die Zusammen-setzung der Moleküle imBlut. Vor allem aber: DieDNA, also das Erbgut, vonTumorzellen unterscheidetsich von der DNA gesunderZellen. Im Blut finden sichmanchmal ganze Tumor-zellen. Häufiger sind dortallerdings Bruchstücke vonKrebszellen. Diese entste-hen, wenn die bösartigenZellen zerfallen, was vor al-lem bei größeren Tumorenpassieren kann. Die Bruch-stücke werden im Blut ab-transportiert. Auch intakteTumorzellen geben winzigeDNA-Stücke ab, die imBlut zirkulieren.

Wie will man das nutzen?Dazu gibt es viele Ansätze.Der Garchinger Super-La-ser (siehe Haupttext) ver-sucht zum Beispiel, alleKrebsspuren gleichzeitigzu erfassen, statt nach ein-zelnen Veränderungen zusuchen. Andere Tests zie-len darauf ab, einen An-stieg spezieller Eiweiße imBlut nachzuweisen, soge-nannte Tumormarker. Da-zu gehört etwa der „PSA-Test“, der Prostatakrebsfrüher aufspüren soll. Zielvieler Forscher ist es heuteaber, auf mehrere Krebsar-ten gleichzeitig zu testen.Zusammengefasst werdenTests auf Krebsspuren imBlut oft unter dem Schlag-wort „Liquid Biopsy“, also„Flüssigbiopsie“. Der Be-griff ist an die Biopsie, dieEntnahme von Gewebe,angelehnt, die bei einemKrebsverdacht meist nötigist. Bluttests können diesebislang nicht ersetzen.

Gibt es schon Ergebnisse?Ja. Erst vor wenigen Tagenmachte ein neuartiger Blut-test Schlagzeilen, der beimTreffen der amerikani-schen Krebsgesellschaft„ASCO“ in Chicago vorge-stellt worden ist (wir be-richteten). Es handelt sichum einen Test, der auf diewinzigen DNA-Stückchenabzielt, die Tumorzellenins Blut abgeben. Die ers-ten Ergebnisse der Studie,die Forscher in Stanfordund Cleveland durchge-führt haben, klingen viel-versprechend: Bei Krebsder Bauchspeicheldrüse,Eierstöcke, Leber und Gal-lenblase wurde die Erkran-kung bei vier von fünf Be-troffenen tatsächlich er-kannt. Insgesamt zeigte derTest zehn Krebsarten rela-tiv zuverlässig an.

Wo liegen die Grenzen?An der Studie haben mehrals 1600 Menschen teilge-nommen. Davon warenzum Studienstart 749 nichtvon Krebs betroffen, bei878 war die Erkrankungkurz zuvor entdeckt wor-den. Insgesamt war dieZahl der per Test festge-stellten Krebsfälle aller-dings gering. Eierstock-krebs zum Beispiel wurdein der Studie nur bei zehnFrauen festgestellt – das re-lativiert die Treffsicherheitvon rund 90 Prozent, dieder Test bei dieser Krebsartlaut Studie erzielt hat. Bei„Lymphomen“ lag die Ge-nauigkeit bei 77 Prozent,bei „Myelomen“ waren es73 Prozent, bei Lungen-krebs nur noch 59 Prozent.Auch die Autoren der Stu-die räumen darum ein, dassnoch viel Arbeit vor ihnenliegt. ANDREA EPPNER