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(Aus dem neurologischen Forschungsinstitut Breslau.) Zwei Fiille yon Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. Von Erich Beck. Mit 21 Textabbildungen. (Eingegangen am 29. Dezember 1938.) Die Neurofibromatose beansprucht das Interesse des Neurologen in erster Linie durch diejenigen Erscheinungsformen, welche die zentralen Teile des Nervensystems in Mitleidenschaft ziehen. Man hat diese Formen mit dem Namen der ,,zentralen Neurofibromatose" belegt, einer im Jahre 1897 yon Mossd und Cavalid gepr~gten Bezeichnung, die weite Verbreitung gefunden hat, obwohl die ZugehSrigkeit zur Neuro- fibromatose gerade des yon Mossd und Cavalid beschriebenen Falles strittig ist. Im hiesigen Institut konnten in diesem Jahre zwei weitere F~lle yon zentraler Neurofibromatose anatomisch untersucht werden, fiber die an dieser Stelle berichtet werden soll. Fall 1 bot anatomisch ein sehr charakteristisches Bild, wi~hrend Fall 2 bei klassischem Haut- befund Ver~nderungen am Zentralnervensystem zeigte, die im Rahmen der Neurofibromatose als ungewShnlich anzusehen sind. Fall 1. Krankengeschichte. W.D., mi~imlich, geb. 26.5.03, Beruf: Koch. Uber ~hn- liche Erkrankungen in der Familie ist nichts bekannt. 1924 wegen ,,Blinddarm- entzfindung und perforiertem Ulcus duodeni" operiert; Ni~heres darfiber war nicht zu erfahren. 1928 im Anschlul3 an eine Verbriihung der FiiBe wegen Ischias be- handelt. Im April 1928 eine steinerne Kellertreppe heruntergestiirzt und mit dem Rticken aufgeprallt; heftige Schmerzen im SteiBbein und in der linken Schulter. In den n~ehsten Tagen zunehmende Schmerzen in der ganzen linken Seite und Kaltwerden der H~nde; die Schmerzen traten bei Witterungswechsel am starksten ~uf. Leichte Ermiidbarkeit der Beine. Anfang 1929 suchte D. den Arzt auf; er hatte Schmerzen in der linken Schulter, und das rechte Bein war schw~cher ge- worden. Am 28.4. 30 plStzliche Verschlimrnerung der Beschwerden. Im M~rz 1931 wurde D. im Krankenhaus der Landesversicherungsanstalt Schlesien in Breslau beobachtet. Dort stellte man nach dem neurologischen Befund die Diagnose eines Tumors in H6he des unteren Halsmarkes. Ophthalmoskopisch land man am rechten Fundus einen oben auBen art den Opticus grenzenden runden weiBen Fleck; man deutete diesert Befund mit Wahrscheinlichkeit als markhaltige Nervenfasern. Die Lumbalpunktion ergab eine starke Eiweil3vermehrung und leichte Zellver- mehrung, Wa.R. ~. Am 28.11.36 wurde D. auf die neurologische Abteilung des Wenzel-Hancke- Krankenhauses in Breslau aufgenommen. Hier gab er an, dab sich im Ansehlul3 an die 1931 ausgeftihrte Lumbalpunktion sein Zustand verschlechtert habe; er

Zwei Fälle von Neurofibromatose mit Befallensem des Zentralnervensystems

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(Aus dem neurologischen Forschungsinstitut Breslau.)

Zwei Fiille yon Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems.

Von

Erich Beck.

Mit 21 Textabbildungen.

(Eingegangen am 29. Dezember 1938.)

Die Neurof ibromatose beanspruch t das In teresse des Neurologen in ers ter Linie durch diejenigen Erscheinungsformen, welche die zent ra len Teile des Nervensys tems in Mit le idenschaf t ziehen. Man h a t diese F o r m e n mi t dem N a m e n der , ,zentralen Neurof ib romatose" belegt, e iner im J a h r e 1897 yon Mossd und Cavalid gepr~gten Bezeichnung, die weite Verbre i tung gefunden hat , obwohl die ZugehSrigkei t zur Neuro- f ib romatose gerade des yon Mossd und Cavalid beschr iebenen Fal les s t r i t t ig ist. I m hiesigen I n s t i t u t konn ten in diesem J a h r e zwei wei tere F~lle yon zent ra ler Neurof ibromatose ana tomisch un te r such t werden, fiber die an dieser Stelle ber ich te t werden soll. Fa l l 1 bot ana tomisch ein sehr charakter i s t i sches Bild, wi~hrend Fa l l 2 bei k lass ischem H a u t - befund Ver~nderungen a m Zen t ra lne rvensys tem zeigte, die im R a h m e n der Neurof ibromatose als ungewShnlich anzusehen sind.

Fall 1. Krankengeschichte. W.D., mi~imlich, geb. 26.5.03, Beruf: Koch. Uber ~hn-

liche Erkrankungen in der Familie ist nichts bekannt. 1924 wegen ,,Blinddarm- entzfindung und perforiertem Ulcus duodeni" operiert; Ni~heres darfiber war nicht zu erfahren. 1928 im Anschlul3 an eine Verbriihung der FiiBe wegen Ischias be- handelt. Im April 1928 eine steinerne Kellertreppe heruntergestiirzt und mit dem Rticken aufgeprallt; heftige Schmerzen im SteiBbein und in der linken Schulter. In den n~ehsten Tagen zunehmende Schmerzen in der ganzen linken Seite und Kaltwerden der H~nde; die Schmerzen traten bei Witterungswechsel am starksten ~uf. Leichte Ermiidbarkeit der Beine. Anfang 1929 suchte D. den Arzt auf; er hatte Schmerzen in der linken Schulter, und das rechte Bein war schw~cher ge- worden. Am 28.4. 30 plStzliche Verschlimrnerung der Beschwerden. Im M~rz 1931 wurde D. im Krankenhaus der Landesversicherungsanstalt Schlesien in Breslau beobachtet. Dort stellte man nach dem neurologischen Befund die Diagnose eines Tumors in H6he des unteren Halsmarkes. Ophthalmoskopisch land man am rechten Fundus einen oben auBen art den Opticus grenzenden runden weiBen Fleck; man deutete diesert Befund mit Wahrscheinlichkeit als markhaltige Nervenfasern. Die Lumbalpunktion ergab eine starke Eiweil3vermehrung und leichte Zellver- mehrung, Wa.R. ~ .

Am 28.11.36 wurde D. auf die neurologische Abteilung des Wenzel-Hancke- Krankenhauses in Breslau aufgenommen. Hier gab er an, dab sich im Ansehlul3 an die 1931 ausgeftihrte Lumbalpunktion sein Zustand verschlechtert habe; er

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habe danach ein halbes Jahr im Bett zubringen mfissen. Dann sei es ihm bis zum Anfang des Jahres 1936 wieder ertri~glich gegangen, wenn auch sehr wechselnd und grol~enteils vom Wetter abh~ngig, hn Januar 1936 verst~rktea sich die Sehmerzen wieder, das Gehen wurde schwerf~lliger, die Beine waren abwechselnd ,,wie fest- geklemmt". Bald traten auch Schmerzen im rechten Arm und eine Schwgehe desselben auf. Voriibergehend Stuhlbeschwerden und Erschwerung der Miktion. Im Herbst 1936 SehstSrungen, wohl im Sinne eines voriibergehenden zentralen Skotoms. Nie Kopfschmerzen, nie Erbrechen. Bei der Aufnahme im Wenzd- Hancke-Krankenhaus erhob man folgenden Befund: Allgemeinbe/und: Uber die Haut verstreut einige nicht druckempfindliche Tumoren von Erbsen- bis Kirsch- gr01~e und yon weicher, zum Tell auch derber Konsistenz, die mit der dariiber- liegenden Haut lest verwachsen, auf der Unterlage jedoch gut verschieblich sind. Keine N~vi, keine Pigmentflecke. hn Gesicht Acne st~rkeren Grades. Auf der Kopfhaut und am Nacken starke Folliculitis. Geringgradige linkskonvexe Kypho- skoliose im Bereich der mittleren Brustwirbels~ule. Neurologischer Be/und: Augen: Geringer Strabismus divergens links (Amblyopie des linken Auges !) ; rechter Bulbus kommt beim Blick n~ch links nicht ganz in die Endstellung; grobschl~giger Nystag- mus beim Blick nach rechts, angedeuteter Nystagmus beim Blick nach oben und nach links; Pupillen o. B. ; beim Nahesehen treten die Bulbi nur in geringe Kon- vergenzstellung, dabei geringe Verengerung der Pupillen. Visus rechts 6/12, links 2/60. Fungus: Beiderseits Stauungspapille von 5--6 D; am rechten Augenhinter- grund grol~er weiBer Degenerationsherd neben dem 0pticus. Gesichts/eld im Parallel- versuch nicht eingeschr~nkt. Cornealre/lex rechts abgeschw~cht. Periphere Facialis- parese mit Tic rechts. Geringes Abweichen des Kiefers n,~ch rechts. M~l~ige doppel- seitige InnenohrschwerhSrigkeit, rechts ~ links. (~brige Hirnnerven o .B. TrSR und RPR beiderseits gesteigert. Deltare/lex links ~-, rechts ;~ ; M. deltoideus rechts faradisch unerregbar und willkfirlich nicht innervierbar, fibrilli~re Zuckungen. i~[ayerscher Grundgelenksre]lex beiderseits nicht sicher ausl6sbar. Spastischer Fingerbeugereflex beiderseits + . BDR periostal rechts ~ links § cutan in den oberen Quadranten -~, in den mittlere~t und unteren nicht sicher ausl6sbar. Cre- masterre/lex beiderseits ~. PSR links + , rechts gesteigert, Patellarklonus rechts. ASR rechts = links ~-. Babinski beiderseits fraglich, Rossollimo beiderseits -~. Bei den Lage- und Zeigeversuchen schweres Aktionswackeln. Astasie und Abasie. Sensibilitiit ffir die Ober]liichenqualitiiten im Bereich der distalen Unterschenkel- abschnitte herabgesetzt, in diesem Gebiet auch Erkennen auf die Haut geschrie- bener Zahlen gestSrt; die Ful]sohlen bleiben yon dieser Sensibilit~tsstSrung frei. Vibrationsemp/indung tiber beiden KnScheln und fiber der rechten Kniescheibe herabgesetzt. Bewegungsemp/indung an den Zehen leicht herabgesetzt, besonders rechts. Andeutung von skandierender Spretche. Stimme heiser. Psyche und Intellekt aul3er einer gewissen allgemeinen Abstumpfung o. B. Laryngoskopie: Art der Kehl- kopfhinterwand, subglottisch, also schon mehr in der Trachea sitzend, befindet sich ein etwa bohnengrol~er, oberfl~chlich nicht ulcerierter Tumor, der einen v61- ligen Stimmbandschlul~ verhindert; starke Verdickung yon Taschenbi~ndern und Arygegend; keine R6tung. Blutbild o. B., Wa.R. im Blut ;3. Die RSntgenau/nahme des Sch~dels bei aufliegender rechter Kopfseite (Abb. l) zeigt Verschattungen yon Schrotkorn- bis KleinfingernagelgrSl~e in der Frontal-, Temporal- und Parietal- gegend, ferner zentral gelegen eine gro~e kalkdichte Verschattung, die in Form und Lage mit dem Plexus chorioideus des Seitenventrikels fibereinstimmt; Sella etwas abgeflacht und erweitert, Proc. clin. postt, entkalkt. Die Aufnahme bei antero- posteriorem Strahlengang best~tigt, dab die zentral gelegene kalkdichte Verschat- tung der Gegend des rechten Seitenventrikels angehSrt. - - Die klinische Diagnose lautete ,,Multiple Geschwulstbildungen am Zentralnervensystem bei Neurofibro- matose". Wegen der rapid zunehmenden Stauungspapille war der Versuch einer Entlastungstrepanation indiziert, (tie am 14.6.37 ausgefiihrt wurde; bis zu dieser

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Zeit war ein operatives Eingreifen im Bereich des Sch~dels wegen der Folliculitis nieht mSglich gewesen. Von einer gtinstigen Beeinflussung des Krankheitsbildes durch die Entlastung war nichts zu bemerken. Vielmehr wurden Visus und HSr- vermSgen immer sehlechter, und Ende 1937 war D. praktisch blind und taub. Auch das Allgemeinbefinden verschlechterte sich in den n/~chsten Monaten zu- sehends. D. klagte dauernd fiber Schmerzen im ganzen KSrper, besonders in der linken Schulter und im Kopf. Anfang 1938 entwickelte sieh eine vSllige Paraplegie

A bb. 1. Fa l l 1. R6ntgenbi ld des Sch~dels bei auf l iegender r e ch t e r Kopfsei te . u yon Schrotkorn- bis Kleinfingernagelgr6/~e in tier Fronta l - , Tempora l - nnd :Parietalgegend. Zen t ra l l iegt eine in F o r m und Lage m i t dem Plexus chorioideus des rech ten Sei tenvent r ike ls i ibe re ins t immende ka lkdich te Verscha t tung . An der Sella le ichte Hi rndrnckersche inungen .

der Beine mit unwillkiirlichen Beugezuckungen der unteren Ext remi~ten und eine zunehmende ]~eugekontraktur ill Hfift- und Kniegelenken. Die Heiserkeit nahm immer mehr zu. Im Februar 1938 begann D. apathisch und schl/ifrig zu werden; er sprach damals kaum noch verst~ndlich und verschluckte sich h~ufig. Es entwickelte sich eine Bronchopneumonie, und am 23. 2.38 erfolgte unter den Zeiehen zunehmender Kreislaufschw/~che der Exitus letalis.

Autopsie. Gehirn. Die Innenwand der Dura der reehten Seite, besonders an der Kon-

vexit~t, ist mit zahlreichen derben Knoten besetzt, yon denen die meisten Steck- nadelkopfgrSl]e nicht oder nur ~enig tiberschreiten, w~llrend einzelne gut kirseh- groI3 sind. Einige Knoten sitzen auch an der Falx cerebri und am rechten Ten- torium r Die grSl3ten dieser Tumoren haben sieh mit tiefen Eindellungen

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in die Gehirnoberfl/~che eingegraben. An der Dura der linken Seite ist kein patho- logischer Befund zu erheben. Die weichen Hirnh~ute erscheinen normal. Die Windungen des Gehirns sind stark abgeplattet. Im Bereich des rechten Schl/~fen- lappens ist die Gehirnoberfl/~che etwas vorgetrieben und ha t ein 15cheriges, zer- fetztes Aussehen (die Hirnoberfliiche war an dieser Stelle an der Dura adhi~rent).

Bei der Betrachtung des Gehirns v o n d e r Basis her bemerkt man im rechten Kleinhirnbriickenwinkel einen gut walnungroBen knolligen Tumor von derber Kon- sistenz und gelblich-schw/irzlieher Farbe. Ein gleicharti- ger, gut kirschkerngroger Tumor sitzt im linken Klein- hirnbrfickenwinkel. Augerdem finden sich einige kleine KnStchen an der linken Glossopharyngeus-Vagusgruppe, ein erbsengroner Tumor am rechten Trigeminus und ein etwas kleinerer am linken, ferner ein kleinstecknadelkopf- Abb. 2. Fall 1. In tier groger Tumor am rechten Trochlearis, zwei hirsekorngrone Parietalrinde liegt eine Tumoren am rechten Oculomotorius und eine gering- graue mandelffrmige

Partie yon sehr derber gradige Anschwellung am linken Oculomotorius. Die Konsistenz. Basalgef/ige sind zart und ohne Anomalien.

Bei dem Versueh, das in 10%igem Formalin anfixierte Groghirn in Frontal- schnit te zu zerlegen, stiefl das Messer in dcr Tiefe der rechten Hemisph/~re auf einen har ten Widerstand, und es stellte sich bei der wei- teren Zerlegung heraus, dan der Plexus chorioideus des rechten Seitenventrikels in eine fast knochen- harte, weinlieh gl~nzende Masse umgewandelt war, (tie den leicht erweiterten Ventrikel nahezu vSllig ausffillte; eine ann/~hernd normale Plexusstruktur war nur an den der Ventrikelwandung unmit te lbar anhaftenden Teilen erkennbar. Die fibrigen Plexus chorioidei waren makroskopisch unveri~ndert. In der Wand des 3. Ventrikels fand sich ein gut steck- nadelkopfgrones KnStchen yon ziemlich derber Konsistenz. Der linke Seiten- und der 3. Ventrikel waren von normaler Weite und Konfiguration; der 4. Ventrikel ha t te dureh den rechtsseitigen Klein- hirnbriickenwinkeltumor eine geringgradige Zusam- mendr/ingung erfahren, ferner war der rechte Klein- hirnbriickenarm etwas komprimiert und ausgezogen. Der linke Kleinhirnbriickenwinkeltumor ha t te auf die Konfiguration des 4. Ventrikels und der an- ~renzenden Hirnteile keinen nennenswerten EinfluB. Im Anschnit t weisen die beiden Kleinhirnbriicken- winkeltumoren einen Aufbau aus derben, sich ge- genseitig durchflechtenden Ziigen auf; stellenweise sind kleine, schw/~rzlich erseheinende Blutungen zu sehen. In der Rinde des Parietalhirns liegt eine Abb. 3. Fall 1. GroBer g r a u -

~ 'aue, scharf gegen die Umgebung abgesetzte Partie rStlicherTumor an derVentral- seite des mittleren Halsmarks,

yon ungef/ihrer GrSne und Form einer Mandel dersichtief in dasselbe hinein- (Abb. 2), die yon sehr fester Konsistenz ist. Beim gepreBt hat. Zerschneiden war ein starkes Knirsehen zu hSren.

Riickenmarlc. Das Riickenmark ist in seiner ganzen Ausdehnung von zahl- reichen, im allgemeinen hirsekorn- bis kirschkerngroBen Tumoren besetzt, die meist yon den hinteren, zum Tell aber auch von den vorderen Wurzeln ausgehen. An der Vorderseite des mit t leren Halsmarks liegt ein, soweit sich feststellen lien, yon

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der 6. vorderen Cervicalwurzel der rechten Seite ausgehender grau-r6tlicher Tumor, der in Gr6Be und Form ungefiihr einer mittleren Feige entspricht (Abb. 3). Quer- schnitte zoigen, daB der Tumor das Rfickenmark zu einer schmalen, etwa 2 mm dieken Sichel komprimiert hat (vgl. Abb. 5). Auf Querschnitten durch das unterste Cervicalmark sieht man eine sich auf das 8. Cervicalsegment beschrKnkende Spalt- bildung, die sich im wesentlichen im Gebiet yon Seiten- und Hinterhorn einer Seite ausdehnt. Im oberen Lumbalmark, das bei /iul3erer Betrachtung deutlich aufgetrieben erschien, liegt ein zentraler, sich besonders nach der einen Riicken. markshalfte zu ausdelmender Tumor (vgl. Abb. 10); auf der haupts~chlich betrof- fenen Seite des Rfickenmarks sind Einzelheiten der Zeichnung des Graus auf dem Querschnitt nicht mehr erkennbar.

Allgemeinsektion. Als Todesursache ergab sieh eine ausgedehuto Bronchopneu- monie beider Unterlappen. Leider wurde vers~umt, auf den Befund am Kehlkopf

Abb. 4. Fall I. Kirschgroi3es Neurinofibrom im K6rper des 3. Lendenwirbels (intravertebraler Teil eines sog. Sanduhrtumors).

genauer zu achten. Die Serosa des Dfinndarms, besonders des Jejunums, ist yon einer groBen Anzahl stecknadelkopf- bis kirchkerngroBer derber weilMicher Knoten besetzt; vereinzelt sitzen solehe Knoten auch an der Serosa des Dickdarms; auf ihre histologische Natur wird weiter unten eingegangen werden. Die fibrigen inneren Organe bieten nichts Erw~hnenswertes. Die Grenzstr/~ngc sind makroskopisch unver/~ndert.

Von peripheren Nerven wurden beiderseits die Plexus brachiales und lumbo. sacrales freigelegt. Dabei fand sich am rechten N. ulnaris, unmittelbar nach dem Austritt aus dem Plexus, eine kleinkirschkerngroi3e Anschwellung, die nach proximal und distal ohne scharfe Grenze in den normalen Umfang des Nerven iiberging. Bei der Freilegung des linken Plexus lumbosacralis trat ein seitlich am 3. Lendenwirbel sitzender fast hiihnereigrofler, gelblichweil3er Tumor zu Tage, dessen distales Ende ohne scharfe Grenze in den zwischen 2. und 3. Leudenwirbel austretenden Spinalnerven iiberging, w~hrend das proximale Ende unmittelbar der Seite des Wirbelk6rpers aufsaB. Beim Aufmeil]eln des K6rpers des 3. Lendenwirbels zeigte sich, dab sich der Tumor in das Innere des Wirbels fortsetzte, dort yon gl/inzend- wei$em Aussehen war und einen Raum yon etwa Kirschgr6Be ausfiillte (Abb. 4).

Itistologiseher Befund. Zur histologischen Untersuchung wurden nach kurzer Anfixierung

in Formal in auller den makroskopisch pathologischen Teilen auch aus den makroskopisch unverd/ichtigen Gebieten des Zent ra lnervensys tems

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zahlreiche B16cke herausgeschnitten und nach den in der Neurohisto- pathologie fiblichen Methoden verarbeitet. In den B16cken aus dem Ri~ckenmark finden sich in den verschiedensten Hghen so zahlreiche teils extra-, zum kleineren Teil auch intramedull~r entwickelte kleinere Tumoren yon neurofibromatgsem oder neurinomatSsem Bau, dab sie im Folgenden grSgtenteils nieht besonders erw/~hnt werden kgnnen. Ferner sieht man in zahlreiehen Rfiekenmarkspr/iparaten eine gering- ffigige Verdickung der Pia, am ausgesproehensten im Hinterstrangs- gebiet, stellenweise auch eine Vermehrung der Pialzellen sowie in der Pia zahlreiehe Chromatophoren.

Ein Quersehnitt (lurch das oberste Cervicalmark zeigt im Kresyl- violetthild stellenweise in den Randbezirken sowie in der Eintrittszone der einen hinteren Wurzel eine leichte Vermehrung der Zellglia, ferner fiber den ganzen Querschnitt verteilt einzelne Gliah~ufchen. Gelegentlich sieht man in dieser Hghe auch Zellen mit einem grogen, unregelm~gig gestalteten Kern, der eine deutliehe Kernmembran aufweist, sp~rlieh Chromatin enthMt, einen Nucleolus erkennen l~gt und yon einem reich- lichen Mantel unscharf begrenzten, mit Kresylviolett sich zart rosa anf~rbenden Protoplasmas umgeben ist; eine herdfgrmige Anh~ufung yon etwa 12 ebensolcher Zellen liegt im mittleren Brustmark an der Basis tines Hinterhorns. Auf diese Zellen wird bei der Besprechung der Befunde am Gehirn noch genau eingegangen werden. Im obersten Cervicalmark findet man auger den geschilderten Ver~nderungen ziemlich gleichm~gig fiber den ganzen Querschnitt verteilt vereinzelt feintropfiges intra- eeltul~r gelegenes Fet t (Scharlachrotf~rbung nach Herxheimer); grob- tropfiges Fet t liegt im vorderen ~ugeren Anteil des Hinterseitenstranges der Seite, auf der auch die Gliavermehrung zu sehen ist. Die Mark- scheiden sind diffus gelichtet (Markscheidenf~trbung nach Spielmeyer), ohne dab eine Bevorzugung bestimmter Areale zu konstatieren w~re.

Der dem mittleren Halsmark ventral anliegende Tumor besteht, wie man schon bei LupenvergrSgerung erkennt, aus Partien verschiedenen Kern- reichtums, die sich meist deutlich gegeneinander absetzen, wodurch eine landkartenartige Felderung entsteht (Abb. 5). Am meisten in die Augen fallen Partien, die sich aus einer relativ grogen Anzahl l~nglicher zigarettenfgrmiger Kerne mit feinkgrnig verteiltem Chromatin zusammen- setzen. Die Kerne sind in Bogen und Wirbeln angeordnet, zum Teil mit ausgesprochener Phalanxstellung. Zwischen den Kernen, die sich im Thioninbild deutlich violett anfi~rben, liegt eine feinstreifige, im Thionin- bitd rosaviolett, im van Gieson-Bild braunrStlieh sieh anf/~rbende Grund- substanz; einzelne Ziige der Zwischensubstanz weisen im van Gieson-Bild eine leuehtend rote F~rbung auf. Ein Zelleib ist an den meisten Zellen nicht abgrenzbar, nur einzclne Kerne weisen im Thioninbild an den beiden Polen einen spitz zulaufenden Protoplasmasaum auf, d e r n u r so zart rosa gef/irbt ist, dab man ihn gerade noch in seinen Umrissen

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erkennen kann. In anderen Abschnitten linden sich Zellkerne nur in sp~r- licher Anzahl; sie sind hier nur zum geringen Tell l~nglich, zum gr61~eren Teil sind sie rundlich und weisen dann einen st~rkeren Chromatingehalt auf. Auch um diese Zellen ist nur in seltenen Fgllen die Andeutung eines Protoplasmaleibes zu erkennen. Die so aufgebauten Gebiete tiberwiegen gegeniiber den zuerst beschriebenen, die inselartig in die kernarmen Gebiete eingesprengt sind. Es handelt sich demnach um ein Neurino- fibrom mit typischem Aufbau aus fibrill/~ren und retikul~ren Partien mit

Abb. 5. Fa l l 1. Mi t t l e re s I I a l s m a r k . Das R t i c k e n m a r k i s t d u r c h den v o r i h m l iegenden T u m o r zu e iner s c h m a l e n s i che l f6 rmigen Lamel le z u s a m m e n g e d r t i c k t , in de r E inze lhe i ten der Q u e r s c h n i t t s s t r n k t u r n i c h t m e h r e r k e n n b a r s ind. Der T u n m r b i e t e t infolge seines Aufbaues aus k e r n r e i c h e r e a ( f i b r i l l a r e n ) u n d k e r n ~ r m e r e n ( re t icu laren) Bez i rken das fttr

N e u r i n o f i b r o m e typ i s che l a n d k a r t e n a h n l i c h e Anssehen. LupenvergrSBorung . van G ie son -Fhrbung .

13berwiegen der letzteren. Kernteilungsfiguren sind nirgends vorhanden. Der Tumor ist frei yon Markscheiden, jedoch enth/~lt er vereinzelt Achsen- zylinder (Bielschowsky-Bild), welche keine bestimmte Verlaufsrichtung aufweisen. Mit Hortegas 4. Variante impr~gnieren sich keine Gliafasern. Im Perdrau-Bild lassen sich zahlreiche Fibrillen darstellen, die in den fibrill~r gebauten Partien sehr dicht gelagert sind, und deren Verlauf mit der gichtung der Zellziige iibereinstimmt. Ganz vereinzelt sind zwischen die Tumorzellen mit feintropfigem Fett beladene Zellen eingestreut. Das Riickenmark liegt dem Tumor als schmale bogenfSrmige mit der Kon- kavitgt nach dem Tumor sehende Lamelle an (vgl. Abb. 5), in der die Struktur des Rtickenmarksgraus kaum mehr angedeutet ist. Die Vorder- hornzellen, die dem konkaven Rand anliegen, sind sehr dunkel gefarbt (Nissl-Bild), die Nissl-Granula sind grSfttenteils verbacken. Der Kern

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erseheint nicht so ehromatinarm wie normalerweise, jedoeh ist in ihm das Kernk6rperehen wohl abzugrenzen. Die Zellen der Intermedi/~rzone sowie die Gierkesehen Zellen sind aueh bei st/~rkerer Vergr6Berung kaum mehr zu erkennen. Man sieht zwar einzelne Zellelemente, die den Zellen der Intermedi/~rzone oder den Gierkesehen Zellen entspreehen k6nnten, doeh zeigen sie kaum noeh eine Andeutung ihrer normalen Lagerung. Ungef/~hr in der Mitte der Riiekenmarkssiehel liegt ein quer ausgezogener Ependymstreif, der dem ZentrMkanal des l~fiekenmarks entsprieht. Inner- halb des ganzen Riiekenmarksquersehnittes erseheint die Zellglia ver- mehrt, aueh beobachtet man versehiedentlieh Gliah/~ufehen. Auf dem Markseheidenbild ist das Mark diffus geliehtet. Auffallend ist im van Gieson-Bild der Reiehtum an kleinen Gef/~gen, die eine gewisse Wandfibrose aufweisen.

Dureh das unterste Halsmark erstreekt sieh die bei der Besehreibung des Sektionsbefundes erw/~hnte SpMtbildung. Sie hat eine yon vorn naeh hinten 1/tngsovale Gestalt und beschr~nkt sieh im wesentliehen auf das Seitenhorn und die Basis des Hinterhorns einer Rfiekenmarksh/~lfte. Am Rande des Defektes sieht man an den Markseheiden und Aehsen- zylindern Zerfallserseheinungen, jedoeh sind in der n~heren Umgebung desselben nirgends mit Seharlaehrot f/~rbbare Substanzen naehweisbar. Verstreut liegen Fettk6rnehenzellen im Hinterseitenstrang der gleiehen Seite, ferner kommen ganz vereinzelt auf dem fibrigen Quersehnitt ein- zelne FettkSrnehenzellen vor. Die Markseheiden sind fiber dem ganzen Quersehnitt geringgradig geliehtet. Mit Hortegas 4. Variante ist am Rande der Spaltbildung keine Fasergliose, jedoeh eine, allerdings nur geringe Vermehrung der Zellglia naehweisbar. In derselben Riieken- marksh6he liegt auf der Gegenseite in dem Winkel zwisehen vorderer Commissur und Vorderhorn ventromedial yon der hier erst aus wenigen Zellen bestehenden Clarkeschen S/~ule in der Gegend der Aufsplitterung der Arteria suleoeommissuralis (s. unten) ein kleiner Tumor yon neurino- mat6sem Bau, der im Bielsehowsky-Bild zahlreiehe Aehsenzylinder, im Spielmeyer-Bild in ungef~hr entspreehender Menge Markseheiden ent- h/fit; es handelt sieh um ein eehtes Neurinom, da man bier zweifellos eine Neubildung yon Aehsenzylindern und auffallenderweise aueh von Markseheiden vor sieh hat. In der Fissura spinMis anterior erkennt man die l~ngsgetroffene Art. sulei (einen Ast der Art. spinalis ant.) und den Anfangsteil der Art. suleoeommissuralis, die die Fortsetzung der Art. sulei bildet. Zu beiden Seiten der Art. sulei sind mehr oder weniger 1/tngsgetroffene Biindelehen yon Markfasern zu sehen, die sich entlang der Arterie his fast zum l~bergang in die Art. suleoeommissuralis ver- folgen lassen. In dieser Gegend finden sieh zwei gr6Bere Markmassen, in denen die Markseheiden wirbelf6rmig angeordnet sind (Abb. 6). Bei st/irkerer Vergr61lerung erweisen sieh die Markseheiden als etwas d/inner als die gew6hnliehen diekkalibrigen Markfasern der Riiekenmarkswurzeln

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und zeigen keine Fischflossenstruktur. In dem dazugeh6rigen Biel- schowsky-Bild sind zwischen wirblig angeordneten liinglichen Kernen zahlreiche Achsenzylinder gelegen (echtes Neurinom). Es sei vermerkt, dab sich in keinem der soeben beschriebenen Tumoren eine Phalanx- stellung der Kerne nachweisen 1/il3t.

Abb. 6. Fall 1. Un te r s t e s l t a l s m a r k . I n der F issura spinalis ant . (Fa) ve r lhuf t die l~ings- get roffene Ar t . sulci, zu deren be iden Sei ten m e h r oder weniger l~ngsgetroffene Biindelchen yon Markfasern zu sehen sind, die sich en t l ang der Ar t e r i e bis fas t zu deren ~ b e r g a n g in die Ar t . sulcocommissural is ver fo lgen lassen. I n dieser Gegend l inden sich zwei grSi]ere Mark- massen (M), in denen die Marksche iden wirbel fSrmig angeordne t sind. Ca Coim~lissura ant .

VergrSl3erung 40fach. Marksche idenfa rbung nach Slalelmeyer.

Auch im unteren Brustmar]c ist im dorsalen Abschnitt der Fissura spinalis anterior ein kleiner neurinomat5ser Tumor gelegen (Abb. 7), der ebenfalls in Zusammenhang mit der Art. sulci stehen diirfte; leider wurde diese auf dem Gefrierschnitt verschoben und l~uft nicht mehr entlang der Fissura spinalis anterior, sondern zieht schr~g eine kurze Strecke fiber dieselbe hinweg. Zwei weitere noch kleinere Neurinome linden sich innerhulb des Rfickenm~rks. Auch in dieser HShe liegen sic,

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ebenso wie im untersten Halsmark, in der Commissur ventromedial yon der Clarkeschen S~ule. Auch sic enthalten in reiehlicher Zahl Mark- scheiden (Abb. 8) und Achsenzylinder. Neben diesen Tumoren erkennt man kleine Arterien, die offenbar Teile der Art. suleocommissuralis dar- stellen. Au6er diesen Be- funden ist im unteren Brust- mark noeh Folgendes yon Interesse. An Stelle des Zentralkanals sieht man ver- sprengtes Ependym, inner- halb dessen zahlreiche quer- getroffene diinnkalibrige Markseheiden nachweisbar sind. Das Septum posterius is] im unteren Brustmark nieht abgrenzbar ; die In- cisura spinatis posterior fehlt vollkommen. Start ibrer is] die Riickenmarksubstanz leieht vorgewSlbt. Von einer hinteren Wurzel ausgehend sitzt deren intramedulls An]ell unmittelbar benaeh- bart ein stecknadelkopf- gro6er Tumor, der yon nou- rinomatSser Struktur is]; eine Phalanxstellung der Kerne is] jedoeh nieht in ihm erkennbar. An seinem s Ende enths dieser Tumor zwei sehmale sichel- fSrmige Partien, die in ihrem Bau ]nit der w e i ~ e n S u b - Abb. 7. Fal l 1. Un te re s B r u s t m a r k . I m dorsa len

Abschni t t tier F issura spinalis ant . l iegt ein kleines stanz des Riickenmarks Neur inom (N~), das in Z u s a m m e n h a n g mi t de r Ar t .

sulci (As) s tehc~ diirfte, die jedoch auf denl Gefrier- iibereinstimmen, wie ] n a n schni t t ve r schoben wurde . Ven t romed ia l yon tier

Clarkeschen S~ule (CS) zwei kleine in t r amedu l l~ re besonders gut im Spiel- Neur inome (N2 und Na). An tier Ar t . sulci be f inde t meyer-Bild erkennt; der sich noch ein lnikroskopisch kleines Neur inoin (N4).

Vergr61~erung 22fach. Bielschowsky-Bild.

eigentliche Tumor enth~lt jedoeh keine Markseheiden und nur ganz vereinzelte Aehsenzylinder. Auf dem Querschnitt durch die hier beschriebene RiiekenmarkshShe sind die Markscheiden diffus gelichtet, besonders in den Randpartien, w~ihrend die Makroglia eine leiehte Vermehrung zeigt.

Im untersten Brustmark findet sieh auf der einen Seite, und zwar ventral ein Tumor (Abb. 9), der sieh mikroskopiseh als ein Neurinofibrom

Z, f. d. g. Neut . u. Psych. 164. 50

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yon fast rein fibrill~rem Bau erweist. Der Tumor ist frei yon Mark- scheiden und enthi~lt nur vereinzelt Achsenzylinder, die sich nur auf kurze Strecken verfolgen lassen. Mit Hortegas 4. Variante sind keine Gliafasern darstellbar. In dem der Fissura spinalis ant. anliegenden Abschnitt enthMt auch dieser Tumor eine schmale sichelfSrmige Partie, die in ihrem Bau der weil3en Substanz des Rtickenmarks entspricht; eine

Abb. 8. Fal l 1. Zeigt die be iden i n t r amedu l l~ r en Neu r inome (N2 und Na) yon Abb. 7 bei s t~ rkere r Vergr613erung; sie en tha l t en zahl re iche wi rbe l f6 rmig angeordne te Markscheiden. Der Z u s a m m e n h a n g mi t e inem Gef~l~ (Art. sulcocommissural is) k o m m t bei dieser F~ rbung n ich t e inwandfre i zu r Dars te l lung. E Versprengtes E p e n d y m m i t zahlre ichep querget rof fenen Markfasern . C S Zellen der Clarkeschen S~ule. I m In te rmed ih rzone . Ca Commissura ant .

VergrSi3erung 100fach. Marksche idenf~rbung nach Spie lmeyer .

ebensolche, etwa doppelt so dicke Lamelle liegt der ersteren gegenfiber in geringer Entfernung yon der Peripherie des Tumors. Der Tumor ist in die Rfickenmarkssubstanz hineingeprel3t und hat diose komprimiert, so dab der Gesamtquerschnitt nur gering vergr6Bert ist. Die Zeichnung des Riickenmarksgraus ist entsprechend der Kompression deformiert, jedoch in allen Einzelheiten noch gut erkennbar. Die Vorder- und vor allem die Seitenhornzellen zeigen zum Teil das Bild der primiiren Reizung Nissls. Die Abgrenzung des Tumors gegen die Riickenmarkssubstanz ist iiberall scharf. Im Riickenmarksweil3 sieht man einzelne Gliasternchen sowie in der Nachbarschaft des Tumors progressiv ver/~nderte Glia,

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Dutch das obere Lendenmark erstreckt sich der beim Sektionsbefund erw~hnte intramedull~r gelegene und im wesentlichen nach der einen Seite des Riickenmarks zu entwickelte Geschwulstknoten (Abb. 10); er ist gegen die Umgebung scharf abgesetzt. Das Ependym des Zentral- kanals scheint innerhalb dieses Tumors zu liegen, da es auch bei genauer Untersuchung nicht abgrenzbar ist. In seiner grSI]ten Ausdehnung nimmt der Tumor eine Fl~che yon etwa 1/a des Riickenmarksquerschnittes

A b b . 9. F a l l 1. U n t e r s t e s B r u s t m a r k . N e u r i n o f i b r o m a m R i t c k e n m a r k , 4 a s d i e Q u e r - s c h n i t t s z e i c h n u n g d e f o r m i e r t h a t . I n d e n i n n e r e n u n t e r e n u n d d e n ~ul~eren o b e r e n A n t e i l e n s i c h e l f 6 r m i g e B e z i r k e y o n R i i c k e n m a r k s s u b s t a n z i n n e r h a l b d e s T u m o r s (s. H i n w e i s l i n i e n , R).

L l l i ) e n v e r g r S S e r u u g . M a r k s c h e i d e n f ~ r b u n g n a c h Spielmeycr.

ein, in weiter kranial oder caudal gefiihrten Schnitten verliert er rasch an GrSi3e. Er setzt sich aus rundlichen bis ovalen Kernen zusammen, yon denen einige eine deutliche Kernmembran erkennen lassen. Sie sind chromatinarm und enthaltcn zuweilen ein nucleotusartiges Gebilde. Die Kerne sind yon einem sich mit Thionin zart rosa anf~rbenden Proto- plasmaleib umgeben, der bei zahlreichen Zellen deutliche Blepharoplasten enth/~lt. Die Zellen liegen zum Tell in epithelartiger Anordnung; da- zwischen befinden sich reichlich kernarme Bezirke, in deren Mitre oft ein Gef/~l~ liegt. Viele dieser Gef~Be zeigen eine leichte Fibrose ihrer Wandung. An einzelnen Stellen haben die Kerne eine gewisse Tendenz, sich mit ihrer Achse nach dem Gef~l~lumen zu einzustellen, doch ist diese Tendenz nicht sehr ausgesprochen. Nirgends sieht man Forts/itze der Zellen. Kernteilungsfiguren sind nicht vorhanden. Es handelt sich um

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ein typisches ausgerei/tes Ependymom. Eine bindegewebige Kapsel ist im van Gieson.Bild nicht zu erkennen. Der Tumor hat das eine Hinter- horn und das Gebiet der Clarkesehen Siiule nach dorsal verdr~ngt und etwas komprimiert. Die Ganglienzellen in der Nachbarsehaft des Tumors zeigen teilweise Verklumpung und am Rande der Zelle Auflockerung der Nissl-Granula. Innerhalb der Tumorzellen ist kein Fet t nachweisbar,

Abb. 10. Fall 1. Oberes L e n d e n m a r k . I n t r a m e d u l l ~ r e r schar f gegcn dic U m g e b u n g abge- se tz te r T u m o r (Ependymon) . Die re ichl iche Durchse t zung rnit kerna lanen Bezirken, die h~ufig ein Gef~13 umgeben , is t deut l ich e rkennba r . An e iner h in t e r en ~Vurzel ein h i rsekorn- groi3es Neur inof ibrom. Auf der Seite des in t r amedu l l~ ren T u m o r s sind Einzelhei ten der

R i i ckenmarksquerschn i t t sze ichnung n ich t m e h r e rkennbar . LupcnvergrSf lerung. van Gieson- F h r b u n g .

desgleichen linden sich keine Fettk6rnchenzellen zwischen den Tumor- zellen. In den ~uBeren Abschnitten sieht man zwischen den Tumorzellen Achsenzylinder (Bielschowsky-Bild), die zum gr613ten Teil Degenerations- erscheinungen aufweisen, und die nur auf kurze Strecken zu verfolgen sind ; im Zentrum sind nur vereinzelte auf kurze Strecken zu verfolgende Achsenzylinder nachweisbar. In den Randpartien und ganz vereinzelt aueh im Zentrum finden sich auch Markscheiden, doch stehen diese an Zahl gegen die Achsenzylinder zuriick, wohl bedingt dureh die grSBere Resistenz der Achsenzylinder. Im Inneren dos Tumors, meist peri- vascular gelegen, trifft man gelegentlich Mastzellen. Im Hinterseiten- strang der Riickenmarksseite, in der der Tumor gelegen ist, befindet sich reichlicher grobtropfiges Fett.

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Ein nahezu in gleicher H6he wie der vorige durch das obere Lenden- mark gefiihrter Schnitt zeigt in dem einen hinteren Quadranten des Riickenmarksquerschnittes einen fast die ganze Ausdehnung desselben einnehmenden Tumor (Abb. 11), der in seinem Aufbau mit den bereits beschriebenen Neurinofibromen im wesentlichen iibereinstimmt; aus- gesprochene Phalanxstellung der Kerne, bzw. wirblige Anordnung der- selben ist allerdings nur selten zu beobaehten, und zwar haupts/~ehlich in den nach der Mitre des Riickenmarksquerschnittes zu liegenden Teilen.

Abb. 11. Fall 1. Oberes L e n d e n m a r k . Neur inof ibrom in c in t ra h in te ren Q u a d r a n t e n des Ri ickenmarksquerschn i t t s ; nach zent ra l zu eine lockerer gebau te Pa t t i e , die mikrosko-

pisch reichlich f leckfSrmig vc r t e i l t e s Bindegewebe cnth~lt . Lupcnvergrb l le rung . v a n Gieson .Fi~rbung.

Medial schliel]t sich an diesen Tumor eine zweite Zellanh/~ufung mit zum Tell unscharfen Grenzen an, die sich zum Tell ebenfalls aus 1/~nglichen zigarettenfSrmigen Kernen, zum grSSeren Tell jedoch aus mehr fund- lichen kleineren Kernen mit sehr diehtem Chromatingerfist aufbaut. Mit ihren letzten Ausls reicht diese zweite Zellanh/~ufung bis beinahe zur Basis des Hinterhorns; sie enth/~lt reichlich fleckfSrmig verteiltes Bindegewebe, wie das van Gieson.Bild erweist. Die Gef/~$e des Riicken- marks, sowie die des zuerst besehriebenen Tumors zeigen nieht selten eine Fibrose ihrer Wandung.

Der yon dem 3. lumbalen Spinalnerven der linken Seite ausgehende Tumor bietet auf Pr/~paraten sowohl aus den innerhalb des Wirbel- kSrpers wie aus den am Stamm des Nerven entwickelten Teilen mikro- skopisch das typische Bild des Neurinofibroms; er hat eine deutlich abgesetzte bindegewebige Kapsel, weist jedoch sonst in seinem Aufbau

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nur eine sehr geringe Bindegewebsbeteiligung auf (van Gieson-Bild). Ganz vereinzelt enth/ilt er Markscheiden; zahlreicher als 1Y[arkscheiden, jedoch auch nur in geringer Menge ~ind imBielschowsky-Bild Achsen- zylinder nachweisbar, die keine bestimmte Anordnung oder Verlaufs- richtung erkennen lassen und nur auf kurze Strecken zu verfolgen sind.

Von den Tumoren der Hirnnerven wurden der des rechten N. octavus, der des rechten N. trigeminus und die beiden Tumoren des rechten N. oculomotorius histologisch untersucht. Der rechtsseitige Octavustumor ist ein Neurinofibrom mit stellenweise sehr starker Bindegewebsbeteili- gung, so da6 man an einzelnen Stellen eine fast rein fibromatSse Struktur vor sich hat. Die Partien mit neurinomatSsem Charakter haben beinahe durchweg retikul~ren Bau. Nut an wenigen Stellen finden sich Partien mit wirbliger oder bogenfSrmiger Anordnung l/inglicher Zellen, die eine Andeutung yon Phalanxstellung aufweisen, eine typische Phalanx- stellung der Kerne ist nur in ganz vereinzelten Abschnitten zu sehen. Einzelne Partien des Tumors sind sehr gef/il~reich, und zwar weisen die Gef/~l~e hier zum Teil eine leichte Fibrose und hyaline Degeneration ihrer Wand auf. An anderen Stellen linden sich gro6e blutgeffillte Hohl- r/~ume sowie Blutungen ins Gewebe, ferner im Zentrum des Tumors kleinere nekrotische Bezirke. Der Zellgehalt ist stellenweise betr/ichtlich. An der Peripherie linden sich an einer Stelle Schichtungskugeln, die sich nach van Gieson teils leuchtend rot, teils dunkelblauschwarz fiirben. - - Die Tumoren am rechten Oculomotorius und am rechten Trigeminus sind gleichfalls Neurinofibrome, jedoch mit wesentlich geringerer Binde- gewebsbeteiligung.

Vom Gro[3hirn wurden zur allgemeinen Orientierung aus 6 verschie- denen Gebieten ~bersichtsbilder nach Spielmeyer gef/irbt. An diesen Pr/i, paraten fanden sich keine Abweichungen yon der Norm, insbesondere auch nicht die in der Literatur gelegentlich bei Neurofibromatose be- schriebenen Plaques fibromy61iniques (C. Vogt), (Bielschowsky und Henneberg, Gamper).

Au6erdem wurden aus allen Gebieten des Gehirns zahlreiche B15cke herausgeschnitten und teils in Celloidin oder Paraffin eingebettet, teils in Gefrierschnitten verarbeitet. Alle diese Pr~parate enthalten Herde yon Zellen, wie sie bereits bei der Besprechung der Befunde des Rfickenmarks erw/~hnt wurden, in dem sie aber nur ganz vereinzelt und nur aus wenigen Zellexemplaren bestehend vorkamen. Im Gehirn dagegen sind sie auf~er- ordentlich zahlreich und zum Teil yon betr/ichtlicher Gr51~e. In den verschiedenen Schichten der Rinde sind diese Her@ etwa gleich h/iufig verteilt, w/ihrend man Sie im Mark nur ganz vereinzelt trifft. In den einzelnen HirnblScken ist ihre H~ufigkeit nicht fiberall gleich. Auf manchen Schnitten muB man ziemlich ]ange suchen, um einen solchen Herd zu finden, in anderen Pr/~paraten sind sie ungemein zahlreich und in einem einzigen Gesichtsfeld oft in grofler Menge zu linden. Die Zellen

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haben einen hellen bl/~schenf6rmigen Kern, der meist chromatinarm ist und ein, zwei oder auch gelegentlich drei Kernk6rperehen enth/~lt. Die Form und Gr6Be des Kernes ist bei den einzelnen Zellen sehr verschieden. Die kleineren Zellen haben meist einen rundlichen, manchmal auch einen ovalen oder nierenf6rmigen Kern, die grSBeren Exemplare haben neben ebenso gestalteten Kernen oft auch stark gelappte oder ganz unregel- m/~Bige Kerne. In den kleineren Kernen ist das Chromatin dichter gedr/~ngt. Ein Protoplasmaleib ist an fast allen Zellen zu erkennen; derselbe f/~rbt sich mit Thionin oder Kresylviolett mehr oder weniger intensiv rosa und zeigt nach der Peripherie zu eine ganz unscharfe Be- grenzung. Die kleineren Zellen sind auch in diesem Punkte der normalen Gha Khnlicher, indem bei ihnen der Protoplasmaleib nur sehr schmal ist und sich nur ganz zart anfs einige Kerne lassen einen Protoplasma- leib sogar iiberhaupt nicht mit Sicherheit erkennen. SchlieBlich sind am Aufbau der Herde auch solche Zellen, oft in gr66erer Zahl beteiligt, die yon normaler Glia nicht zu unterscheiden sind. Bei den gr66eren Zellen der Herde ist der Zelleib oft sehr grol~ und f/~rbt sich mit basischen Anilin- farben intensiv rosa. Er ist niemals scharf abzugrenzen; bei den dichter zusammenliegenden Zellen entsteht dadurch oft der Eindruck einer Riesenzelle mit zahlreichen Kernen. Nicht selten sind die Kerne so gelagert, dab man eine Riesenzelle mit durchweg ganz exzentrisch gelagerten Kernen vor sich zu haben glaubt. Kernteilungsfiguren sind innerhalb der Her@ nicht zu beobachten. In einzelnen, jedoch keines- wegs in allen Herden liegt ein k6rniges Pigment, das im Nissl-Bild griinlich, im Cajal-Bild und bei Silberf/~rbungen tiefschwarz erseheint; es scheint mindestens zum Teil auch intracellul/~r zu liegen. Die Hortega- sche Mikrogliaf/~rbung, die bei Schnitten eines Blockes angewandt wurde, liel~ eine Beteiligung der Mikroglia am Aufbau der Herde nicht erkennen. An Schnitten eines Hirnrindenblockes wurde auch die Holzer- sche Gliafaserf/~rbung ausgefiihrt; dabei waren Gliafasern innerhalb der Her@ nicht darstellbar (yon den Zellherden im Neostriatum, die eine gewisse Sonderstellung einnehmen, wird weiter unten die Rede sein.) ])esgleichen lieBen sich mit der Ca]al-Methode keine Forts/~tze an den Zellen der Herde darstellen. Eine tats/~chliche oder scheinbare Ver- mehrung yon Markscheiden innerhalb der Her@ war mit der Spielmeyer- Methode nicht nachweisbar. In der Rinde des Temporallappens fand sich ein ungew6hnlieh gro6er, etwa kreisf6rmig begrenzter Herd, der die 2 , 3. und teilweise auch noch die 4. Schicht der Rinde einbezog; in seinem Innern weist er eine Zone auf, die fast frei yon Zellen ist, wo- durch der Eindruck eines Kraters entsteht. Oft liegen die beschriebenen atypischen Zellen auch einzeln oder nur zu 2 oder 3 zusammen in der im iibrigen normalen Hirnsubstanz. Die Herde finden sich haupts/~chlich im Grol~hirn; im Kleinhirn, yon dem allerdings nur zwei kleinere B15cke untersucht wurden, liel~en sie sich nicht auffinden, desgleichen nicht in

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der Brficke. In aul3erordentlicher H/~ufung kommen sic im Neostriatum vor, worauf noch n/iher eingegangen wird.

In einzelnen HirnblScken ist in den Gef/iBwandzellen reichlich grob- kSrniges Pigment gelegen, das bei allen angewandten F/irbemethoden schwarz erscheint und die Eisenreaktion gibt. Zahlreiche Gef/il3e in den Pr/~paraten aus dem Gehirn haben eine teils geringe, tells sehr erhebliche fibrSse oder hyaline Degeneration ihrer Wandung. In einem der Rinde

Abb. 12. Fall 1. F ron ta lh i rn . VSllige Aufhebung der Cytoarch i tek ton ik . W u c h e r u n g yon Gliazellen, die mikroskopisch zum Tell m i t den ,,groilen Zel len" tier in tier t t i r n r i nde be- schriebencn He rde ident isch sind; Gmlppierung der Zellen zu einzelnen Nestez~. VergrSi3erung

31fach. Hortegas 4. Var ian te .

des Frontal]appens entnommenen Block ist in einer fiber zwei Gyri reichenden Partie die Cytoarchitektonik vollkommen aufgehoben (Abb. 12). Statt dessen erblickt man eine Wucherung yon Zellen, die eine deutliche Gruppierung in einzelne Nester erkennen lassen. Zum grol3en Teil unterscheiden sich die einzelnen Zellexemplare nicht yon normaler Glia, andererseits aber findet man unter ihnen auch in grol3er Zahl atypische Zellen, die meist den Charakter der in den bereits be- schriebenen Herden vorkommenden ,,groflen Zellen" aufweisen. Ferner kommen vereinzelt Zellen vor, die mit ihrem grol3en bl/ischenfSrmigen Kern mit reichlichem, gut begrenztem ann/ihernd dreieckigen oder ovalen Protoplasmaleib, der sich mit Kresylviolett in einem dunkel.violetten Ton f/~rbt, sehr an Ganglienzellen erinnern; doch ist der Zelleib plumper als bei solchen, auflerdem lassen sich keine Nissl-Granula darstellen.

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Man k6nnte allerdings daran denken, dab diese Zellen regressiv ver/inderte bodenst/indige Ganglienzellen sind. Innerhalb dieser Zellnester trifft man vereinzelt Mastzellen. Mit Hortegas 4. Variante und noch deutlicher mit der Holzer-Methode lassen sich in dem ver~nderten Bezirk zahlreiche Gliafasern darstellen, deren Ursprung jedoch nicht mit Sicherheit zu ermitteln ist. Das Markscheidenbild nach Spielmeyer zeigt schwero Zerfallserscheinungen der Markscheiden, besonders an den Radi/~rfasern, stellenweise sogar eine vSllige ZerstSrung derselben. An den vorhandenen Markscheidenresten sieht man, da6 ihr Verlauf Bin ganz ungeordneter ist, so daI3 yon einer eigentlichen Myeloarchitektonik nicht gesprochen werden kann. Die Markscheiden ziehen hauptsi~chlich zwischen den Zellinseln hindurch. Im Bielschowsky-Bild zeigt sich, da6 der Bezirk yon zahlreichen Achsenzylindern durchzogen ist, die ebenfalls einen ganz ungeordneten, oft einen wellenfSrmigen Verlauf haben. Fet t ist weder intra- noch extracellul/ir nachweisbar. Mit der Globus-Ca]al-Methode liel3en sich keine Forts/itze an den Zellen darstellen.

Ein Schnitt (lurch die Stammganglien in HShe des Beginns der Corpora mamillaria zeigt im dorsalen Abschnitt des Putamens, auf dem Wege der Striae auf den ventra|en Anteil des Nucleus caudatus fibergreifend eine aui3erordentliche H/iufung yon atypischen Zellherden, die hinsicht- lich der Zellform im wesentliehen mit den bereits beschriebenen Herden iibereinstimmen, nur dal3 (lie Kerne hier meist chromatinreicher sind als in den anderen Herden. Manche Gesichtsfelder sind yon diesen Herden ganz eingenommen, die Cytoarchitektonik ist in den erw/ihnten Gegen- den des Neostriatums meist vollkommen aufgehoben. Im iibrigen Putamen fin(len sich verstreut Zellherde derselben Art wie im iibrigen Him. Im Holzer-Bild sieht man im Bereich der st~rksten Wucherungen eine dichte Fasergliose yon anisomorpher Glia. Der Tractus opticus erscheint im Nissl-Bild schon bei schwacher Vergr56erung dunkel, bei starker Vergr6$erung 1/~6t er eine massenhafte Durchsetzung mit Astro- cyten und Gitterzellen erkennen; das Markscheidenbild nach Spielmeyer zeigt einen erheblichen kugeligen und scholligen Markzerfall, das Biel- schowsky-Bild einen starken Ausfall der Achsenzylinder. Im Scharlach- rotbild nach Herxheimer ist der Tractus opticus yon dicht gelagerten Fett- kSrnchenzellen durchsetzt.

Von dem Knftchen in der Wand des 3. Ventrikels wurden nur Paraffin- schnitte angefertigt, die mit H/imatoxylin-Eosin und nach van Gieson gef/~rbt wurden; es handelt sich um ein subependymdr entwickeltes Astro- cytom, das reichlich Verkalkungen aufweist. Mikroskopisch i s t aul3erdem in der Wand des 3. Ventrikels eine geringfiigige Proliferation des Epen- dyms nachweisbar, aui3erdem eine dichte periventrikul/~re Fasergliose (Holzer-Bild).

Aus dem rechten Schl/ifenlappen wurde yon der Stelle der Entlastungs- trepanation ein grSl3erer Block entnommen. Bei mikroskopischer

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Betrachtung sieht man im Nissl-Bild eine stellenweise sehr starke Vermeh- rung der Zellgtia sowie einige grSl3ere Erbleichungsherde. An einer Stello sind Herde der beschriebenen ,,grol3en Zellen" in dichte~er H/iufung zu sehen. An einer anderen Stelle liegt ein besonders grol3er, etwa 1/2 ram im Durchmesser betragender solcher Herd, der in seinen inneren Teilen in reichlicherer Zahl auch liingliche Zellkerne aufweist. Vereinzelt linden sich um die GefitBe Lymphocyteninfiltrate. Nirgends lie6 sich ein

Abb. 13. Fall 1. Pa r i e t a lh i rn (vgl. Abb. 2). Konzen t r i sch gesch ich te te r Aufbau aus e inem inneren (meningeomatSsen) und e inem ~ul3eren (angiomatSsen) Tell. Der men ingeomatSse

Tell enth~lt zahlre iche Verka lkungen und Schichtungskugeln . LupenvergrSi3erung. v a n G~ieson-F~rbung.

Anhalt dafiir gewinnen, dab sich das Gehirn in seiner Reaktionsweise auf das Trauma der Trepanation yon dem Verhalten eines normalen Gehirns unterschied.

Die mandelf6rmige verhdrtete Partie in der Parietalrinde zeigt bei LupenvergrSBerung (Abb. 13) einen konzentrischen Aufbau aus zwei verschieden gebauten Anteilen. Der ~u~ere Tell enthMt zahlreiche Gefi~6e mit stark verdickter Wandung, die sich im van Gieson-Bild leuchtend rot anf~rben. Die innere Partie hat zum gr6~ten Teil ein zerfetztes Aus- sehen und erscheint aus im van Gieson-Bild rot gef~rbten Platten und Schollen zusammengesetzt, zwischen denen sich eine gelblich gefarbte Masse befindet, die einen zelligen Aufbau zu haben scheint. Bei st/~rkerer VergrSl3erung erkennt man, dab es sich bei den Gef~6en der /~uBeren Partie um angiomatSs gewucherte, hyalin degenerierte Capillaren handelt.

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Die Abgrenzung dieser Partie gegen die Hirnsubstanz ist unscharf; auBer einer stellenweise zu konstatierenden m~Bigen Vermehrung der Glia sind im umgebenden Gehirn keine Vers feststellbar; die Ganglienzellen, die man nur in sp~rlicher Zahl antrifft, weisen normale Verh~ltnisse auf. Bei sts VergrSBerung erkennt man, dab die zentrale Partie aus epithelartig angeordneten Zellen mit kleinen rund- lichen bis l~nglichen Kernen, die yon mittlerem bis stellenweise auch ziemlich reichlichem Chromatingehalt sind, zusammengesetzt ist. Die Kerne liegen in einer im van Gieson-Bild br~unlichen Grundsubstanz, ein Zelleib ist nicht deutlich abzugrenzen. Sie haben die Tendenz sieh in bogen- oder wellenfSrmigen Zfigen anzuordnen, vereinzelt ist sogar eine ausgesprochen wirbelfSrmige Gruppierung zu beobachtcn. Zwischen die Zellziige sind zahlreiche kugelartige Gebilde yon geschichtetem Bau ein- gelagert, die zum Tell noch einzelne, wohl als Zellkernreste anzusprechende Gebilde enthalten, und die sich im van Gieson-Bild leuchtend rot, zum Teil auch dunkelblauschwarz, im Nissl-Bild grfinlich anf~rben. AuBer- dem sieht man, besonders an einer Stelle, unregelms zackig begrenzte Platten, die im van Gieson.Bild dunkelweinrot, stellenweise auch bl~ulich- schws im Nissl-Bild ganz zart griinlich, bzw. dunkelblau erscheinen, und die einen zelligen Aufbau nicht erkennen lassen. Die beiden geschil- derten Anteile der vers Gehirnpartie sind nicht fiberall scharf gegeneinander abgegrenzt. Auf anderen Schnitten durch das in Frage kommende Gebiet, besonders solchen, die mehr einen Flachschnitt durch die ~uBeren Partien darstellen, hat man zum Teil einen rein angiomatSsen Bau vor sich, w~hrend in tiefer gefiihrten Schnitten im allgemeinen der zuletzt geschilderte meningeomatSse Bautypus vor- herrscht. Sehr schSn kommt der angiomatSse Bau auf einem Biondi-

Bild zur Darstellung; die meningeomat6sen Partien zeigen im Biondi- Bild einen groBen Reichtum an bogen- und wellenfSrmig verlaufenden Bindegewebsfibrillen. Die angiomatSsen Partien liegen sicher intra- cerebral, w~hrend sich die meningeomatSsen Partien offenbar extra- cerebral entwickelt haben und lediglich durch die Art der Schnittfiihrung zun~chst den Eindruck intracerebraler Lagerung erwecken.

Vom Plexus des rechten Seitenventrikels wurde ein Stfick entkalkt und nach Celloidineinbettung verarbeitet. In den nach van Gieson

gef~rbten Pr~,paraten f~llt schon bei LupenvergrSI~erung (Abb. 14) der ungeheure l%ichtum an runden oder unregelm~ig geformten geschich- teten Gebilden auf, die leuchtend rot gef~rbt sind. Bei st~rkerer Ver- grSBerung erkennt man, da6 diese Gebilde zum Tell typische Schichtungs- kugeln sind, wie man sie in Psammomen findet, und dab andere yon ihnen in ihrem Innern ein Lumen erkennen lassen; man hat den Eindruck, dab es sich bei diesen letzteren um hyalin degenerierte Gefs handeln kSnnte. Dazwischen liegen in einer im van Gieson-Bild gelblich gef~rbten Grundsubstanz ls bis rundliche Kerne yon mittlerem Chromatin-

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gehalt, um welche ein deutlicher Zelleib nicht nachweisbar ist; sie zeigen teilweise eine Anordnung in bogenf6rmigen Ziigen oder ausgesprochenen Wirbeln. Die /iuBere Begrenzung des Plexus wird durch eine dicke, faserige im van Gieson-Bild leuchtend rot gef/~rbte Kapsel gebildet. An einer Stelle des Pr/iparates liegen einige zottige Gebilde, die einen ein- schichtigen Belag aus kubischen, epithelartig angeordneten Zellen auf- weisen, und sich yon einem normalen Plexus chorioideus nur dadurch

Abb. 14. Fal l 1. Plexus chor ioideus des rech ten Sei tenventr ike ls . AuBerordent l ich zah l re i cbe geschichte te Gebilde, die teilweise typ ische P s a m m o m k u g e l n sind, tei lweise in ih rem I n n e r n ein L u m e n e rkennen lassen. Dazwischen Ziige yon Zellen (auf de r Abbi ldung n ich t

gu t he rvor t re tend) . Lupenvergr61]erung. van Gieson-Fi~rt)ung.

unterscheiden, dab sich in ihrem Innern eine Zellwucherung yon der ebenbeschriebenen Art entwiekelt hat, die jedoch nur yon geringer Aus- dehnung ist; Schichtungskugeln sind in ihr nicht nachzuweisen. Gleiche Ver/~nderungen wie die zuletzt erw/~hnten zeigt in geringem Grade aueh der Plexus chorioideus des linken Seitenventrikels, der auch Schichtungs- kugeln enth/ilt.

Die Tumoren der Dura mater erweisen sich bei mikroskopiseher Unter- suchung als Meningeome, die ziemlich faserreieh sind und nur vereinzelte Psammomkugeln enthalten. Auf fast allen B16cken aus dem Gehirn, auf denen die Leptomeningen im Pr/iparat zu sehen sind, erscheinen in diesen die Meningeajzellen vermehrt, zum Teil in sehr erhebliehem Grade : an einzelnen Stellen ist diese Vermehrung der Meningealzellen so stark und yon so eigenartigem Gepr/~ge, dab man Bilder vor sich hat, die als

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ausgesproehener Tumor, und zwar, wie aus dem Folgenden hervorgeht, als Meningeom, angesprochen werden mfissen. Die rundlichen, ovalen oder 1/~nglichen Kerne yon mittlerem Chromatingehalt sind zum Teil epithelartig angeordnet, zum Teil sind sie in einer faserigen Grund- substanz gelegen und ordnen sich an einzelnen Stellen zu bogen- oder wellenf6rmigen Zfigen und konzentrisch geschichteten Wirbeln an. Die Abgrenzung gegen die Hirnsubstanz ist scharf. Kernteilungsfiguren sind

Abb. 15. Fa l l 1. K i r s chke rng ro l l c r Tu ino r in der X le inh i rn r i nde , der in se inem I n n e r n zwei Verka lkungszor ten au fwe i s t . E in ige gr6Dere g l io t i sche t I e r d e in der N a c h b a r s c h a f t .

Lupenvergr61]erung. Nissl-Fhrbul)g.

nicht nachweisbar. Nicht selten trifft man in diesen Tumoren Psammom- kugeln, welehe fibrigens aueh gelegentlich einzeln oder zu wenigen Exemplaren zusammenliegend in im fibrigen nicht nennenswert ver- anderten Bezirken der Leptomeningen vorkommen.

An einer Stelle der Kleinhirnoberfls sieht man eine etwa kirsch- groBe Zellanh/iufung, die nur etwas fiber das Niveau der Kleinhirnrinde hervorragt, und die in die Kleinhirnsubstanz fibergeht (Abb. 15). Die Zellanh/~ufung setzt sich, wie man bei st/irkerer Vergr66erung erkennt, aus rundlichen oder ovalen Kernen zusammen, die einen m/~l~igen Gehalt an kSrnig verteiltem Chromatin haben und im Nissl-Bild einen Proto- plasmaleib nicht erkennen lassen; sie zeigen keine nennenswerte Poly- morphie und liegen in regelm/~l~igen Abst/~nden beieinander. An einzelnen Stellen sind die Kerne mehr lgnglich, zigarettenfSrmig und dann zum

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Teil fischzugartig angeordnet. Stellenweise dringt der Tumor an die Kleinhirnoberfl~che vor, um sich subpial weiter auszubreiten. In der einen H~lfte des Tumors befinden sich lochartige Defekte, die etwa den Durehmesser eines Schrot- bzw. Hirsekorns haben, und die offensichtlich erst sekund~r bei der Verarbeitung entstanden sind; dem Messer setzte sich an diesen Stellen bei der Anfertigung der Celloidinschnitte ein deut- licher Widerstand ontgegen, und es war ein starkes Knirschen zu hSren. Am Rande des ldeineren dieser Defekte liegen zahlreiche konzentrisch geschichtete Gebilde, die einen zelligen Aufbau nicht erkennen lassen, und die sich im Nissl-Bild grfinlich, im van Gieson-Bild carminrot, zum Teil auch braunschwarz anf~rben. Ferner sieht man, im Innern des Defektes gelegen plattenartige, zackig begrenzte Gebilde, die sich in gleicher Weise wie die eben erw~hnten Schichtungskugeln anf~rben, und die einen Aufbau aus irgendwelehen Formelementen nicht erkennen lassen. Am Rande des gr66eren der beiden Defekte liegen ebenfalls zahlreiche Schichtungskugeln, jedoch keine der erw~hnten platten- artigen Gebilde. Vielfach findet sich im Innern des Tumors in Gruppen zusammen liegendes, grobk6rniges Pigment, das im Nissl-Bild schwarz erscheint. Der Tumor ist reich an Gliafasern (Holzer-Bild), die an ein- zelnen Stellen dichte Kn~uel bilden. Auch in der angrenzenden Klein- hirnsubstanz sieht man eine deutliche Fasergliose. In der Umgebung des Tumors liegen einige gr613ere gliotische Herde, dagegen waren typische Herde ,,gro6er Zellen" im Kleinhirn nicht nachweisbar. Als histologische Diagnose des Tumors darf man aus dem Charakter und der Anordnung der Zellen sowie der starken Fasergliose ein, allerdings recht zellreiches Astrocytom annehmen. In der Umgebung des Tumors ist stellenweise auf l~ngere Strecken eine sehr starke Verminderung oder vSlliges Fehlen tier Purkin]e-Zellen, eine Vermehrung der Bergmann-Glia sowie eine Gliavermehrung in der Molekularschicht zu konstatieren, w~hrend die K6rnerschicht diffus gelichtet ist.

Auf Pr~paraten durch die Briicke l~13t sich auBer einer geringffigigen Ependymproliferation in der Wand des Aqu~dukts kein besonderer Befund erheben; insbesondere finden sich keine Herde ,,grol3er Zellen". Ein Schnitt durch die Oblongata in HShe der Schleifenkreuzung zeigt im Nissl-Bild vereinzelt Gliah~,ufchen und Herde ,,gro6er Zellen". Die Pia enthMt zahlreiehe Melanophoren. Im Gebiet der Kleinhirnseitenstrang- bahnen, besonders der einen Seite, sind die Markscheiden leicht gelichtet. Eine geringe Anh~ufung von Fettk6rnchenzellen findet man beiderseits ventral yon der absteigenden Trigeminuswurzel; in dem gleichen Gebiet kann man mit der Globus-Ca]al-Methode eine Vermehrung faserbildender Astrocyten und einzelne Riesenformen derselben nachweisen, besonders auf der einen Seite. Perdrau- und Bielschowsky-Bil4 zeigen keine beson- deren VerhMtnisse; in den Gebieten der Marklichtungen l~6t sich ein Ausfall yon Achsenzylindern nicht mit Sicherheit feststellen. Ein Schnitt

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Zwei F/~lle von Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. 771

durch die Oblongata in H6he der gr6i]ten Ausdehnung der Haup to l ive bietet gegenfiber den eben geschilderten Befunden nichts Neues; in den dorsalen Teilen ist die Zellglia vermehr t (Nissl-Bild).

Von den Tumoren der Haul, sowie der Serosa des Darmes wurden je ein Exemplar histologisch un te rsuch t ; es handel t sich u m Neurino- fibrome. Der am rechten N. ulnaris kurz hinter dem Aust r i t t desselben aus dem Plexus brachialis liegende Tumor ist mikroskopiseh ein typisches Neurinofibrom yon fast ausschlie61ich faszikuli~rem Bautyp. Die Zellen- zwischensubstanz f~rbt sich im van Gieson-Bild zum gr61]ten Teil gelblich- br/~unlich, zum geringen Teil auch leuchtend rot an. Markscheiden u n d Achsenzylinder enth~lt der Tumor nu r vereinzelt und fast nu r in den Rundbezirken. E r ha t sich im wesentlichen zwisehen den einzelnen B/indeln des N. ulnaris entwickelt, die im Markscheidenbild naeh Spiel- meyer keine VerSnderungen zeigen. Das Perdrau-Bild erweist das Vor- handensein zahlreicher Bindegewebsfibrillen, deren Verlauf mi t der

R i c h t u n g der Zellziige i ibereinst immt.

Fall 2. Krankengeschichte. R. K., m/~nnlich, geb. 7. 10. 1880, ohne Beruf. (Jber Nerven-

krankheiten oder /ihnliche Hauterscheinungen wie bei K. ist in dessen Familie nichts bekannt (Angaben der Ehefrau des Bruders des K.). K. soll im ganzen l l Gesehwister gehabt haben. Ein Bruder starb dutch Suieid. K. war von Kind- heit an schwachsinnig. Er kam mit 35 Jahren nach der Heft- und Pflegeanstalt Brestau-Herrnprotsch, weft er J~rgernis mit Kindern erregte. War dann bis 1937 in Breslau-Herrnlzrotsch und kam 1937 ins Chglflensehe Siechenhaus in Breslau. In den ersten Monaten des dortigen Aufenthaltes benahm er sich geordnet; er lief noch herum und besorgte sich zum Tell selbst. Um die Jahreswende 1937/38 trat eine Verschlechterung ein; K. wurde bettl~gerig und konnte nicht raehr gehen. Der Appetit war sehr sehlecht. Mit den anderen Kranken unterhielt sich K. nicht mehr, sondern zeigte ein ausgesprochen ablehnendes Verhalten. Zuletzt stellte sich ein schnell zunehmender Kr/ifteverfall ein, auch trat mehrmals am Tage Er- brechen auf. Am 15.1.38 Verlegung nach der Heft- und Pflegeanstalt IYord in Breslau, Einbaumstrafle 1. Dort lag er initiativelos im Bert, hatte keinen Konnex mit der Umgebung,/iugerte keine Wiinsche; er mugte v611ig besorgt werden. Eine psychische Exploration war nicht durchfiihrbar, da K. kaum antwortete. Wenn er dann nach vielen Aufforderungen einmal eine Antwort gab, war diese g~nzlich dement. K6rperlieh wurde folgender Befund erhoben (vgl. dazu Abb. 16): Klein, sehr stark reduzierter Allgemeinzustand. ttydrocephale Sch/~delform. Hoehgradige rechtskonvexe Kyphoskoliose. Multiple erbsen- bis pflaumengroile Geschwiilste der Haut am ganzen K6rper, besonders am Rumpf. Die Tumoren sind yon mittel- weicher bis derber Konsistenz und oft sehmutzig-br/~unlich verf/~rbt; Druckempfind- lichkeit nieht sicher zu beurteilen, scheint aber nicht zu bestehen. ~ber die linke Lendenseite erstreckt sich ein ausgedehnter scharf und glattrandig begrenzter Pigment/leck, der nach vorn bis knapp handbreit vor den Nabel, nach hinten bis zur Wirbels/~ule reicht. Augerdem fiber den ganzen K6rper verteilt noch einige kleinere glattrandige Pigmentflecke. Auffallend ist an der iibrigen tIaut die schmut- zige Farbe, besonders an den Extremit/~ten. Die beiden Kleinfinger weisen eine

1 Fiir die freundliche Uberlassung von Krankengeschiehte und Sektions- material mSchte ich nicht versiiumen, dem leitenden Oberarzt, Herrn Dr. Kasperek, auch an dieser Stelle meinen verbindliehsten Dank auszusprechen.

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Sehnenverdickung und -verkiirzung im Sinne der Dupuytrainschen Kont rak tu r auf; der linke ist im Endglied abgewinkelt versteift. Innere Organe, soweit untersuchbar, o.B. Neurologischer Be/und: Augenbewegungen nach allen Richtungen, soweit K.

der Aufforderung folgt, frei; Nystag- mus scheint nicht zu bestehen. Pupil- len beiderseits eng, entrundet , reagie- ren wenig ergiebig auf Lichteinfall, ausreichendeVerengerung beim Nahe- sehen. Ophthalmoskopisch beider- seits von temporal ausgehende pri- m~ire Opticusatrophie, kein akuter Stauungs- oder DruekprozeIL Ubrige Hirnnerven soweit priifbar o. B. A rm- reflexe beiderseits o .B. BDR bei- derseits periostal und cutan o .B. PSR rechts ~-, links nur sehlecht auslSsbar. ASR links ~ rechts. An- gedeuteter Fuflklonus rechts, deut- licher Babinski links. Sensibili~t soweit priifbar o. B. Aufforderungen zu den Lage- und Zeigeversuchen be- folgt K. kaum; wenn er gelegentlich Kniehackenversuche ausfiihrt, ist bei- demeits eine leichte Ataxie zu beob- achten. Astasie und Abasie. Sprache leise und unverst~.ndlich, K. will offenbar nicht sprechen.

Da man Verdacht auf einen intra- kraniellen Prozel~ hat te , wurde K. am 26. 1.38 auf die neurologische Abteilung des Wenzel-Haneke-Kran- kenhauses in Breslau verlegt. Dort erhob man im wesentlichen den- selben Befund wie in der eben ge- nann ten Anstalt. Der Gang war, werm aueh i~ul~erst miihsam, mit Unterstfi tzung Iiir wenige Schrit te mSglich, dabei Fallneigung nach rechts und hinten. Blutbild o.B. Wa.R. im Blut ~ . Das R6ntgenbild des Sch~dels bei aufliegender rechter Kopfseite zeigte eine sehr niedrige Stirn und eine au~erordentlich steil abfallende vordere Sch~delbasis. Die

Abb. 16. Fall 2. Typische Recklinghausensche SeHa war durch eine ftache Mulde Krankheit. Multiple~Iauttumoren; grol~er, fiber dielinkeLendenseite ziehender, imwesentlichen yon 12 mm L~nge und 3 mm Tiefe glattrandiger Pigmentfleck; starke Kypbosko- repr~sentiert. Sehr groBe StirnhSh- liose. Man sieht die Fallneigung nach rechts, w•hrend eine Tendenz, nach hinten zn fallen, len, auffallend grol3e KeilbeinhShle.

auf diesem Bride nicht erkennbar ist. Im Bereich der hinteren Sch~del- grube in der Gegend der Lambdanah t

einige kleinere kalkdichte Verschattungen yon SandkorngrSl~e und kleiner. Im Wenzel- Hancke.Krankenhaus sah man einen operativen Eingriff nicht als indiziert an, daher erfolgte am 9 . 2 . 3 8 Rtickverlegung nach der Heil- und Pflegeanstalt Nord, wo am 1.3.38 unter den Zeichen zunehmender Kreislaufschw~che der Exitus letalis eintrat .

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r r Zwei FMle yon Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervens 3 stems. 773

Autopsie. Gehirn. Bei ~iul3erer Betrachtung bietet das Gchirn auBer ciner mM3igen

Arteriosklerose der Basalgef~Be keinen krankhaften Befund. Das Gehirn wird in 10%igem Formalin anfixiert. Das Grol3hirn wjrd in Frontalschnitte zerlegt, die hinteren Hirnteile werden an den Austrittsstellen der Nn. oculomotorii vom Gro[L hirn abgetrennt und in Querschnitte zerlegt. Die Seiten- sowie der 3. Ventrikel sind symmetrisch mittelstark erweitert; am Plexus choriodeus des rechten Seitenventrikels be- finden sich zwei reiskorngroBe Cysten. Im oralen Abschnitt des Mittelhirns liegt im media- len Tell der Substantiae nigrae beider Seiten in einer Ausdeh- nung, die etwa dem Durchmes- ser einer Erbse entspricht, eine symmetrisch ausgebildete Zone leicht gelblich-br~unlicher Tin- gierung, die yon zahlreichen ziemlich derb erscheinenden weiBen Ziigen durchsetzt und yon einem intensiv br/iunlich- rStlich gefi~rbten Ring umge- ben ist (Abb. 17); der Bezirk verliert sich nach kranial und caudal sehr rasch mit unsehar- fer Grenze.

Auf Querschnitten dutch Briicke saint Kleinhirn sieht man im Mark der rechten Klein- hirnhemisph~re nahe dcm Wurm einen ctwa kirschgroBen Bezirk yon schwiirzlich-r6tlicher Ver- fiirbung (Abb. 18), der sich in seiner Konsistenz nicht yon

Abb. 17. Fall 2. Ft'ontalsohnitt ,lurch die linke ]-tiril- der umgebenden Kleinhirnsub- hcmisphii.re inHShc des oralenAbs('hnittes dcsMittel- stanz unterseheidet, und Her hirns, lm mcdialcn Tell der Subst.antia nigra sieht

man cinc Zone gclbli~'h-brSunli('hcr Tingierung, die sich gegen Has gesunde Ge- yon zahh'cichen ziemlich derb crs('hcinenden weifl- webe nirgends abgrenzen l~Bt. lichen Ziigen dur(.h,~ctzt und yon einem intensiv

bvgtunlich-r/3t|ich geffirl)tcnRing umgebenist. MAl3ige _h_m l~bergang des AquiiAukts ErwciterungdesVcntrikclsystems. l)ercntsprcchendc in den 4. Ventrikel springt in Schnitt dutch die andere llemisphi~re I)ot cinvSllig"

identisehes Bild, lcidcr war jedoch dcr Imthologischc den sich 6ffnenden 4. Ventrikel Bezirk dieser Seitc bercits zu histologis('hcn Zwc('ken ein kleinerbsengro6er Tumor yon vcrarbcitet worden. glatter Oberfl~che vor, der eine trichterfBrmige H6hle von etwa 1 cm L~tnge enthMt, die gegen das oralc Ende des Mittelhirns zu mit dem leicht erweiterten Aqu~dukt kommuniziert. Die Passage vom 3. zum 4. Ventrikel ist frei.

R'~ckenmark. An der Cauda equina findet sich eine, 3 Caudawurzeln in sich auf- nehmende kirschkerngrol3e Anschwellung yon derber Konsistenz. hn iibrigen ist das Rfickenmark saint seinen Hiillen sowohl bei iiuf3erer Betrachtung wie auf Quer- schnitten ohne krankhaften Befund.

AUgemeinsektion. Als Todesursache ergab sich auch in diesem Falle eine doppelseitige Bronchopneumonie. Die Serosa des Diinndarms war mit zahlreichen

z. f. d. g. Ncur. u. Psych. 164. 51

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stecknadelkopf- bis kirschkerngroBen derben weiBlichen Knoten besetzt; in wesent- lich geringerer Menge befanden sich solche Knoten auch an der Serosa des Dick- darms. Der fibrige Sektionsbefund bot keine besonderen Verh/~Itnisse.

Abb. 18. Fall '2. Im Mark der rechten KleinhirnhemisphfLre liegt, in den Wurm iibergehend, ein kirschgrotler Bezirk schw~rzlich-rftlicher Verfgrbung.

Histologischer Befund. Vom Riickenmark wurden BlScke aus 3 verschiedenen H6hen unter-

sueht, yon der Oblongata ein Block oberhalb der Pyramidenkreuzung und ein solcher in HShe der grSBten Ausdehnung der Hauptolive; mit Aus- nahme einer geringen Gliose auf dem letzterw/~hnten Schnitt lieB sich in keinem dieser Pr/~parate ein yon der Norm abweiehender Befund erheben.

Aus dem Gehirn wurden auBer den makroskopisch verdi~chtigen Partien noch 9 andere B15eke aus verschiedenen Bezirken der Rinde und aus den Stammganglien, ferner ein l~bersichtsschnitt durch das Klein- h im samt Oblongata untersueht. In der Wand des 3 .Ventrikels ist stellen- weise eine geringe Ependymproliferation nachweisbar. I m Putamen kommen diffus verstreut groBe Gliazellen vor, teilweise mit rundliehem, teilweise mit bogenfSrmigem Kern, der relativ chromatinarm ist. I m Pallidum ist reiehlieh bri~unliches Pigment nachweisbar. I m fibrigen war in den Sehnitten aus dem GroBhirn kein bemerkenswerter Befund zu erheben.

Die verf~rbten Partien der beiden Substantiae nigrae bieten auch mikroskopisch ein einander sehr/thnliches Bild, das man wohl als iden- tiseh bezeiehnen darf, da die geringen zu beobachtenden Verschieden- heiten auch dureh die jeweilige Lage des. unters~/chten Schnittes bedingt sein kfnnten. Leider vcurden yon den pathologiSchen Partien im engeren

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Zwei F~lle von Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. 775

Sinne nur Kresylviolett-, H~,matoxylineosinf~rbung und (von der rechten Seite) Hortegas 4. Variante erhalten; bei den Pr~paraten mit den anderen Spezialfiirbungen sind die pathologischen Partien selbst wegen der yon kranial nach caudal sehr geringen Ausdehnung derselben nicht mehr

Abb. 19a und b. Fal l 2. T u m o r e n de r r e ch t en (Abb. 19a) und l inken (Abb. 19b) Substan- t ia nigra. Anht~ufung yon me i s t l~nglichen, z u m Tell aueh rundl ichen K e r n e n yon m i t t l e r e m Chromat ingeha l t , die eine ausgesprochene Tendenz zur A n o r d n u n g in i h r e r L~ngsachse

para l le len Ziigen zeigen. Vergr61~erung 220fach. Kresy lv io le t t .

getroffen. Es handelt sich um eine Anhaufung yon meist l~nglichen (piloide Astrocyten), teilweise auch rundlichen Kernen (Abb. 19a und b) yon mittlerem Chromatingehalt, um die im Kresylviolettbild ein deut- licher Protoplasmaleib nicht erkennbar ist. Die Kerne liegen in ziemlich regelmKl3igen, relativ groBen Abstiinden beieinander und zeigen eine aus- gesprochene Tendenz, sich in zu ihrer Ls parallelen Ziigen an- zuordnen. Vereinzelt linden sich Riesenzellen mit mehreren teils rund- lichen, tells lappigen oder auch rundlichen Kernen und einem sp~rlichen, mit Kresylviolett zart rosa gefiirbten Protoplasmaleib. Die nur in geringer Zahl vorhandenen GefK6e weisen eine, zum Teil sehr starke hyaline Degeneration ihrer Wandung auf; einzelne Capillaren zeigen ferner Endothelproliferationen der Intima. Die Grenze der Zellanhii, ufungen gegen die Nigra bzw. das Markweil3 ist scharf. Innerhalb der Sub- stantiae nigrae trifft man auch aul3erhalb der Ganglienzellen in Mikroglia- zellen melanotisches Pigment. Schon im Kresylviolett- und Hgmatoxylin- eosinbild t r i t t hervor, da$ die beiden Zellanhgufungen sehr faserreich sind; Hortegas 4. Variante zeigt ein dichtes Netz yon Gliafasern, au6er- dem eine starke Fasergliose im angrenzenden Gewebe. Aus dem m~6igen Zellgehalt, de~sehr geringen Polymorphie and dem Charakter der Zell- kerne, sowie aus dem Reichtum an Gliafasern diisfte man auch ohne die iiblichen Spezialfi~rbungen zu der Diagnose eines fibrill~ren (piloiden) Astrocytoms berechtigt sein.

51"

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Das im Kleinhirn gelegene br/iunlich-schw~rzlich verf/trbte Areal baut sich aus nicht sehr dicht in regelm/~Bigen Absti~nden liegenden Zellen auf (Abb. 20). Die meist gleich grol~en Kerne sind tells 1/ingsoval, teils 1/inglich mit abgerundeten Ecken (zigarettenfSrmig), tells aus- gesprochen spindelfSrmig; sie enthalten durchschnittliche Chromatin- mengen. Der Protoplasmaleib, de rnur gelegentlich, besonders an den Kernpolen angedeutet ist, f/irbt sich mit Kresylviolett zart rosa. GrSl3ten- teils sind die Zellen in sich gegenseitig durchflechtenden bogenfSrmigen

Abb. 20. Fa.ll 2. K l e i n h i r n t u m o r yon Abb. 18. A n h ~ u f u n g yon l / tnglichen Kerne i l m i t t l e r e n Chromat ingehu l t s , d ie s ich zu s ich gegense i t i g du rch f l ech t enden bogen fS rmigen Ziigen an- ordneil ; in deln T u m o r einzelne Riesenzel len. VergrSl3erung 95fach. Kresy lv io ]e t t .

Ziigen angeordnet; die quergetroffenen Kerne erscheinen rundlich und etwas dunkler als die 1/~ngsgetroffenen Exemplare. In einigen Abschnitten liegen zwischen den Zellziigen kleine rundliche, ovale oder leicht ein- gekerbte Kerne in lockerer maschenartiger Lagerung. Vereinzelt trifft man Riesenzellen mit einem grol~en, mit Kresylviolett rStlich-violett gefi~rbten Protoplasmaleib und 2, 3 oder mehr Kernen, die rundlich, oval oder unregelm/~l~ig geformt sind, und deren Chromatingehalt etwa dem der anderen Tumorzellen entspricht. Der Tumor w/~chst in die L/~ppchen des Kleinhirnwurms ein; in den betroffenen L/~ppchen sind die KSrnerzellen stark gelichtet, Purkinje-Zellen trifft man nur noch ganz vereinzelt und dementsprechend ist die Bergmann-Glia vermehrt. An einzelnen Stellen dringt der Tumor an die Kleinhirnoberfl/~che vor, um sich zwischen den L/~ppchen auszubreiten, mit denen er gelegentlich durch Zfige 1/~nglicher Zellen verbunden ist, die im wesentlichen den anderen

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Zwei F/file von Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. 777

Tumorzellen entsprechen (Abb. 21). Zwischen dem extracerebellar gelegenen Teil des Tumors und der Molekularschicht tier Kleinhirnrinde tiegt eine lest mit der Kleinhirnrinde, locker mit dem Tumor in Zusammen- hang stehende Schicht, die im Kresylviolettbild homogen erschein~, w/~hrend sie im Silberbild (Bielschowsky-Fs Hortegas 4. Variante) sowie im Holzer-Bild fiberwiegend aus tangential verlaufenden zarten Fibrillen besteht. Vereinzelt trifft man in dieser Schicht Zellkerne, und

Abb. 21. Fal l 2. Ausbre i tung des T u m o r s (T) an de r Kleinhirnoberfl~tche. Der ~Iolekular- schicht des Kle inhi rns (M) fcst au fge lage r t is t eine honlogen ersche inende Schicht (S), die n u r sp~rlich Zellen (As t rocy ten nnd Mikroglia) enth~l t . Diese Schich t s t eh t m i t dem T u m o r durch Ziige l~nglicher Zellen in Verb indung . B Bergmann-Gl ia . K K6rnersch ich t .

F a s t v511iges Fehlen de r Purk in je -Ze l l en . VergrSi lerung l l 0 f a c h . Kresy lv io le t t .

zwar einerseits kleine dunkle Kerne ohne erkennbaren Protoplasmaleib (Mikroglia), andererseits aueh mittelgroBe 1/~ngliche oder rundliche ehromatinarme Kerne, die zuweilen tin nueleolusartiges Gebilde ent- halten und als Astrocyten anzusprechen sind; sic liegen mit ihrer Aehse im allgemeinen parallel zur Kleinhirnoberfl/~che. ])as Perdrau-Bild zeigt, daf~ der Tumor stellenweise sehr reich an Capillaren ist, eine Be- teiligung yon Bindegewebe am Aufbau des Tumors selbst ist jedoch nicht naehzuweisen. Mit der Globus-Cajal-Methode lassen sich an einem Teil der Tumorzellen Forts~tze darstellen, und zwar handelt es sich dabei um Astrocyten, bei den 1/~nglichen Zellen um piloide Astrocyten. Das Holzer- Bild des Tumors bringt eine dichte anisomorphe Fasergliose zur Dar- stellung. Vereinzelt trifft man innerhalb des Tumors Achsenzylinder,

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Markscheiden enth/ilt er dagegen nur in den an die Kleinhirnsubstanz grenzenden Randbezirken. Sowohl in dem intra- wie besonders in dem extracerebellaren Teil des Tumors finden sich in grSBerer Zahl Rosen- thalsche Fasern. Auf Grund der Beschreibung handelt es sich um das typische Bild der Tumorart, die yon Bergstrand als ,,sog. Astrocytom des Kleinhirns" bezeichnet wurde. Zum Schlul3 sei noch erw/~hnt, dab man auch in vom Tumor entfernten Gebieten der Kleinhirnrinde ste]lenweise eine Lichtung der K/Srnerschicht, Verminderung oder auf einzelne Strecken v611iges Fehlen der Purkin]e-Zellen und eine dementsprechende Vermehrung der Bergmann-Glia beobachten kann.

Von dem in der Wand des Aquiidulcts gelegenen Knoten wurden nur Paraffinschnitte (H/imatoxylineosinf/~rbung) angefertigt. Es handelt sich um einen m/il3ig zellreichen Tumor, der sich aus teils rundlichen, teils 1/~nglichen, auch leicht gelappten oder gekerbten Kernen yon mittlerem Chromatingehalt zusammensetzt. Die Kerne zeigen keine nennenswerte Polymorphie, Kernteilungsfiguren kommen nicht vor. Ein Protoplasma- leib um die Kerne ist nicht erkennbar. Innerhalb des Tumors befinden sich einige besonders kernarme Bezirke. Der Gehalt an Blutgef/il3en ist gering. Die Zellenzwischensubstanz erscheint leicht faserig oder wellig. Auf Grund der Kernstruktur, der relativen Kernarmut, des Fehlens yon Kernpolymorphie und Kernteilungsfiguren, des geringen Gehaltes an Blutgefi~13en und der faserigen Grundsubstanz mug man die Diagnose ,,Astrocytom" stellen. Die yon dem Tumor ausgehende trichterfSrmige HShle weist im Nissl-Bild eine Wandauskleidung aus zahlreiehen ziemlich grol3en, chromatinarmen Gliazellen auf, die schon auf Grund ihres Ver- haltens im Nissl-Bild der Astrocytenreihe zuzurechnen sind.

Von den Hauttumoren wurde ein Exemplar histologisch untersucht. Der Tumor besteht aus dichtgelagerten spindelfSrmigen Kernen, zum Teil mit geringen Einziehungen, die in einer zart welligen, im van Gieson- Bild rStlichen Zwischensubstanz liegen und zum Tell fischzugartig an- geordnet sind, zum gr6geren Teil jedoch eine bestimmte Anordnung ver- missen lassen. Die Kerne zeigen keine wesentliche Polymorphie und nur m/il3igen Chromatingehalt. Kernteilungsfiguren sind nicht vorhanden. Auf Grund der Zellform wie des typischen, nach van Gieson sich r6tlich anf/irbenden Zwisohengewebes ist man zu der Diagnose eines Fibroms berechtigt. Der Tumor hat sich im wesentlichen im UnterhautzeUgewebe entwickelt und ist gegen das Corium zu deutlich abgegrenzt. Von den an der Serosa des Dfenndarms befindlichen Knoten wurde ebenfalls ein Exemplar histologisch untersucht. Es handelt sich gleiehfalls um ein Fibrom. Der Tumor enth/~lt zahlreiche strotzend mit Blur gefiillte Capillaren.

Epikrise. Die grol3e Verschiedenheit der beiden F/~lle 1/il3t es als geeignet er-

scheinen, sie in den meisten Punkten gesondert zu besprechen; nur

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Zwei F~lle yon Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. 779

die Kleinhirnver~nderungen sollen am SchluB gemeinsam abgehandelt werden. Bei Fall 1 ist bemerkenswert, dab die Intelligenz trotz der zahl- reichen und schweren Ver~nderungen am Zentralnervensystem zun~chst auBer einer gewissen allgemeinen Abstumpfung keine wesentliche Ein- bu~e erlitten hatte. Leider lieB sich fiber die im Alter yon 21 Jahren erfolgte Operation wegen ,,Blinddarmentzfindung und perforiertem Ulcus duodeni" nichts N~heres in Erfahrung bringen, so dal~ nicht entschieden werden kann, ob hier nicht Ver~inderungen im Sinne der Neurofibro- matose vorgelegen haben, wie sie ja nicht selten beschrieben werden (Oberndor/er u. a.).

l~ber das anatomische Substrat der ophthalmoskopischen Ver~nderung am rechten Augenhintergrund lassen sich auch nur Vermutungen iiuBem, da bei der Sektion die entsprechenden Teile des Auges nicht mitentfernt worden sind. W~hrend man 1931 die Ansicht aussprach, es kiinne sich um markhaltige Nervenfasern handeln, wurde im Wenzel-Hancke-Kranken- haus yon anderer Seite ein Degenerationsherd in der Retina angenommen. MSglicherweise handelte es sich um einen Tumor der Retina, was bei einer I%urofibromatose nichts UngewShnliches wKre, worauf unter anderem van der Hoeve hingewiesen hat. Die Ansicht, es kSnne sich um markhaltige Nervenfasern handeln, wurde vielleicht noch dadurch best~rkt, daB diese bei Neurofibromatose als relativ hiiufig vorkommend beschrieben worden sind (Fischer). Einen ~hnlichen ophthahnoskopischen Befund beschrieben Roger, Altiez und Paillas bei einer 64j~hrigen Frau mit rudimentS, rerNeurofibromatose derHaut als,,Neuroectodermome r~tinien".

Der enormen Vielzah| und Vielf~ltigkeit der Erscheinungen am Zentralnervensystem steht die nur sehr sp~irliche Manifestierung des Krankheitsbi|des an der Haut gegenfiber (nur wenige Tumoren yon geringer GrSBe, keine Naevi, keine Pigmentflecke). Ob die Hauttumoren nicht sogar erst gegen Ende der Krankheit aufgetreten sind, ist nicht sicher zu entscheiden ; in dem Untersuchungsprotokoll yon 1931 ist jedenfalls fiber irgendwelche Befunde an der Haut nichts erw~hnt. In der Literatur sind relativ oft Recklinghausen-Fiille berichtet, die bei zahlreichen Ver- ~nderungen am Zentralnervensystem nur geringe (Hoerner, d'Andrade und Basow, Maas, Mamoli u.a.) oder gar keine Hauterscheinungen hatten (Bielschows]cy und Henneberg, Beck u.a . ) ; doch sind anderer- seits auch mindestens ebensoviel F~lle beschrieben, die neben zahlreichen Vers im Zentralnervensystem auch sehr zahlreiche Haut- vers aufwiesen (Foerster und Gagel, Gamper, Guillain, Pen/ield und Young u.a.) , so dab es nicht angiingig erscheint, hieran irgend- welche Oberlegungen zu knfipfen als hSchstens die, daB der Grad der Auspr~gung des Krankheitsbildes an der Haut in keiner erkenntlichen Beziehung zu Menge und Art der zentralen Ver~inderungen steht.

Auch fiber den Kehlkopfbefund sind sichere anatomische Angaben nicht mSglich, da bei der Sektion versehentlich nicht darauf geachtet

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wurde. Henneberg und Koch (Fall l) beschreiben ein yon den Nn. recur- rentes ausgehendes Rankenneurom der Trachea. An dieser Stelle sei beziiglich der Darmtumoren unserer beiden F~lle, die im Rahmen dieser Arbeit weniger interessieren, nur kurz vermerkt, dal~ sie bei der Neuro- fibromatose ein keineswegs seltener Befund sind.

Die Hoffnung, dem Patienten durch eine subtemporale Entlastung helfen zu kSnnen, war yon vornherein sehr gering, da man ja schon klinisch mit einer Vielzahl yon Tumoren rechnete. So ist es nicht allzu ver- wunderlich, dab eine gtinstige Wirkung der Entlastungstrepanation nicht zu verzeichnen war. Auch im Fall Ayala und Sabatucci war eine sub- temporale Entlastung erfolglos (Exitus 1 Monat danach); in dem Fall yon Orlando und Moyano konnte sie den Visusverfall nicht aufhalten, doch starb der Patient erst 2 Jahre nach der Entlastungstrepanation.

Die multiplen Meningeome sind geradezu ein charakteristischer Bestandteil eines yell ausgepr~gten zentralen Recklinghausen, woriiber die Literatur sehr zahlreiche Angaben enthitlt (Foerster und Gagel, Maas, Orzechowski und Nowicki, Verocay u.a.) . Auffallend an unserer Beob- achtung ist, dal] an der Dura der linken Sch/idelh/~lfte nicht ein einziger Tumor saB. Auch sonst war die rechte Seite des Gehirns mehr befallen als die linke: der rechte Kleinhirnbrtickenwinkeltumor war wesentlich grSBer als der linke, der Plexustumor befand sich im rechten Seiten- ventrikel, die Augenhintergrundsveriinderung war ebenfalls rechts. Man k6nnte sich vorstellen, dab die embryonale StSrung, die man ja fiir die Entstehung der Neurofibromatose annimmt, die rechte Seite mehr betroffen babe ais die linke.

Wende,a wir uns nun den Verhi~ltnissen im Rfickenmark zu. Der ve t dem Halsmark gelegene Tumor zeigt das histologische Bild des Neurino- fibroms in seltener Reinheit und Ausgepri~gtheit. Charakteristisch ist der Wechsel yon fibrilliiren und retikuli~ren Partien, so da~ eine aus- gesprochen ,,landkartenartige Felderung" (Antoni) zustande kommt. In zwangloser Weise erkliirt der Tumor die rechtsseitige Deltal~hmung.

Interessant sind die beiden Neurinofibrome am Riickenmark, die in ihrem Innern schmale Bezirke yon Rfickenmarkssubstanz enthalten, denn diese Tumoren haben sich wenigstens zum Teil auch intramedull~r entwickelt. Bezfiglich der im untersten Hals- und unteren Brustmark im Gebiet der Art. sulci bzw. sulcocommissuralis entwickelten kleinen Tumoren ist zuniichst yon Wichtigkeit, dab sie offenbar yon Gef~B- herren ihren Ursprung genommen haben. Dies erscheint mir fiir die Genese der sog. zentralen Neurinome yon groBer Bedeutung, da es sich bei dies~n wenigstens zum Tell um Bildungen handeln kSnnte, die yon Gef~Bnerven ihren Ursprung nehmen, und die dann also nut ihrem Sitz, nicht aber ihrer Genese nach als ,,zentral" anzusprechen wi~ren. Die unzweifelhafte Neubildung yon Achsenzylindern charakterisiert die Tumoren als ,,echte Neurinome". UngewShnlich ist, dab hier auch

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Zwei F~lle yon Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. 78i

Markscheiden in den Tumoren vorhanden sind. Solche kleinen Neuri- nome im Bereich der Art. sulci oder ihrer Verzweigungen lieBen sich an einem zwar nur kleinen Material yon Rfickenmarken nicht Recklinghausen- Kranker nicht nachweisen, dagegen waren sie in ganz ~hnlicher Art bei 2 weiteren F~llen yon Neurofibromatose anzutreffen. Die die Art. sulei begleitenden und sie umflechtenden Markfasern weichen yon dem normal- histologischen Bilde ab. Auch in normalen Rtickenmarkspr~paraten findet man zwar gelegentlich einzelne Markscheiden im Gebiet der Art. sulci, doch sind das im allgemeinen nur wenige Fasern, w~hrend es sich ja hier um recht ansehnliche Biindel handelt. Der Sanduhr- tumor im Bereich der Lendenwirbels~ule ist eine bei der Neuro- fibromatose durchaus typische Erscheinung; ~hnliche F~lle beschrieben unter anderem Guleke sowie Schnyder. Das Ependymon im Lendenmark ist ebenfalls im Rahmen der Neurofibromatose ein keineswegs auBer- gew6hnliches Vorkommnis. Ependymome bei Neurofibromatose be- schreiben Kernohan und Parker, Orzeehowski und Nowicki (,,aus der Wucherung der Ependymzellen hervorgegangene Neuroepitheliome"), Ostertag, Pen/ield und Young, Beck u.a . H~ufig wird auch Proliferation des Ependyms in den W~,nden ~on Ventrikeln, Aqu~dukt und in der Gegend des Riickenmarkszentralkanals erw~hnt.

Die Spaltbildung im untersten Halsmark ~hnelt sehr der bei einem anderen Fall yon zentraler Neurofibromatose yon Beck beschriebenen Spaltbildung im Riickenmark; auch bier zeigt die H6hlenbildung keinen progressiven Charakter, keine Randfibrose und nut eine sehr geringe Randgliose, wodurch sie sich yon typischer Syringomyelie unterscheidet. Syringomyelitische H6hlen werden im Rahmen der Neurofibromatose recht h~,ufig beschrieben (d'Antona, Kernohan und Parker, Maas, Oster- tag, Worster-Drought, Dickson und McMeuemey u. a.), auch hydromye- litische H6hlen werden erw/~hnt (Katzenstein).

Wir kommen nun zu dem fiir eine zentrale Neurofibromatose charakte- ristischsten Befund am Zentralnervensystem, den Herden yon ,,gro6en Zellen", mit welchem nichts vorwegnehmenden Nanmn man sie vor- liiufig vielleicht noch am besten bezeichnet, da ihre Natur noch nicht genug gekl~rt ist. An ihrer Zugeh6rigkeit zur Gliareihe wird freilich kaum noch gezweifelt. Fiir diese Annahme bietet gerade unser Fall eine aus- gezeichnete Stiitze, da man in don Herden alle Ubergangsformen yon ganz atypischen Zellen bis zu normaler Glia finder, so dab man annehmen mul~, dab die Glia beim Aufbau der Herde eine mehr als nur begleitende Rolle spielt. I m tibrigen stimmen die Herde hinsichtlich Form und Aufbau im wesentlichen mit den in der Literatur vorliegenden Beschreibungen iiberein. Hervorgehoben sei nur noch, dab sich mit der Ca]al-Methode keine Zellforts~tze darstellen liel3en, dab ferner in den Herden keine Mark- scheidenvermehrung nachweisbar war, und dab Gliafasern mit der Holzer- Methode nicht darzustellen waren auBer in den Herden des Neostriatums,

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die eine gewisse Sonderstellung ein~ehmen. Nieuwenhuijse land in einem Fall in der Umgebung der Herde und teilweise in denselben eine Vermehrung der Markscheiden; er gewann bezfiglich dieser Bilder den Eindruck, ,,dab die prs nackten Nervenfasern sich bier abnormaliter mit Myelin umhiillt haben". Auch Bielschowsky und Henne- berg haben bei ihrem Fall eine Markfaservermehrung im Gebiet der Herde konstatieren kSnnen. Dal~ es sich dabei jedoch nicht um eine tats~ichliche, sondern nur um eine scheinbare Vermehrung handele, dafiir ffihrte Biel- schowsky an, dab man sich nicht vorstellen kSnne, ,,dab ein so labiler Gewebsbestandteil, wie es die Markscheide der zentralen Nervenfaser ist, in einem pathologisch als krankhaft oder minderwertig gekennzeichneten Rindengebiet eine quantitative Zunahme durch den krankhaften ProzeB selbst erfahren soll". Das Bild lieBe sich vielmehr wohl damit erkl~ren, da{~ im Bereich der Markfaserfilze die gliSse Grundsubstanz eine Ent- wicklungshemmung erfahren habe. Es handele sich auch nicht um eine gesetzm~Bige Erscheinung; Bielschowsky nennt hier die F~ille von Henne- berg und Koch und'von Maas, wo sich die Herde ira Markscheidenpri~parat sogar als helle Fl~cke markierten. Auch bei Struwe und Steuer (Fall 3) fielen die Herde in den tieferen Schichten bei schwacher VergrS~erung als helle F!ecke uuf; bei st~rkerer VergrS~erung sah man einige Mark- scheiden hindurc!~, iehen. In ihrem Fall 5 konnten Struwe und Steuer im Markscheidenpr~parat nach Spielmeyer nach vorheriger prims Brom- ammoniumfixierung ebensolche Bilder der Herde erhalten wie Nieuwen- huijse, dagegen nicht mehr an dem ls Zeit in 10%igem Formol fixierten Material. Bezfiglich des Vorhandenseins yon Gliafasern in den Herden gehen die Angaben der Literatur ebenfalls auseinander. Bielschowsky fand im Falle Maas, den er selbst nachuntersuchte, eine ,,Proliferation der faserigen Glia", auch Orzechows]ci und Nowic]ci konnten bei ihrem Fall in den Herden Gliafasern nachweisen, ebenso konnte Gagel in einem Fall mit der Holzer-Methode feine Fasern innerhalb der Herde darstellen. Keine Gliafasern waren dagegen im Falle Bielschows]cy und Henneberg nachweisbar. Struwe und Steuer beschreiben in ihrem Fall 5 in mit der Hortegaschen Sodasilhermethode gefs Pr~iparaten zahl- reiche ,,fraglos aus dem Herd entspringende Fasern"; ob es sich dabei um Gliafasern handelte, muB freilich dahingestellt bleiben.

Bemerkenswert ist die aul~erordentliche H~ufung yon Herden im 1Yeostriatum. Auch in] Fall Bielschowsky und Henneberg waren im Neo- striatum auffallend viel Herde zu beobachten, jedoch ohne die Cyto- und Myeloarchitektonik wesentlich zu stSren, wiihrend in unserem Fall die Cytoarchitektonik in den betroffenen Gebieten des Neostriatums vielerorts vSllig aufgehoben ist (Markscheidenpriiparate der in Frage stehenden Gegend liegen nicht vor). Im Gegensatz zu diesen Befunden steht der Fall yon Orzechowski und Nowic]ci, bei dem in den Basalganglien Herde vollkommen fehlten, w~hrend sie in der Rinde sehr zahlreich waren.

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Zwei F/tlle yon Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. 783

Das Vorkommen yon Herden im Riickenmark ist in der Literatur nur selten erw/~hnt (Bielschowsky und Henneberg, Orzechowski und Nowicki), und sie waren in diesen F/~llen, wie ja auch in dem unsrigen, im Riicken- mark nur in sehr sp/irlicher Anzahl zu beobachten. Desgleichen wurden in Oblongata, Kleinhirn und Mittelhirn sehr viel seltener und auch ganz wesentlich weniger Herde gefunden als in den Endhirnanteilen. l~berhaupt keine Herde wies der Fall Aya~a und Sabatucci auf, obgleich dieser sehr genau auch daraufhin untersucht wurde. Auch unser Fall 2 war frei yon Herden ; lediglich im Putamen trifft man verstreut einige gro6e Gliazellen an, die man in gewisse Parallele zu den ,,grol3en Zellen" der Herde bringen k6nnte. Doch war der Gehirnbefund ja auch sonst keineswegs typiseh. Pollak hat bei seinem Fall, in dem sich bei typischem Hautbefund der Recklinghausenschen Krankheit ira Gehirn ein Tumor bindegewebiger Natur fand, sonst am Gehirn auch mikroskopisch nicht die geringsten Ver/~nderungen nachweisen k6nnen. Ira Falle Gamper waren nur in der Oblongata I4erde vorhanden. In vielen F/~llen der Literatur ist fiber das Vorkommen yon Herden nichts erwii, hnt; das liegt sicher zum Tell daran, dab nur die Gegenden mikroskopisch untersucht vcurden, die auch makroskopisehe Ver/inderungen aufwiesen, also meist irgendwelche einze]ne Tumoren.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dab aus 10 in der hiesigen Sammlung befindlichen Gehirnen mit einseitigen Kleinhirnbriickenwinkel-Neurinofibromen je 3--7 kleinere B16cke in Kresylviolettpr~paraten untersucht wurden, wobei sich keinerlei den Herden yon ,,groI3en ZeUen" auch nur ~hnlicho Befunde erheben liel3en. Ostertag erw~hnt gelegentlich: ,,Bei eigenen Untersuchungen wie in der Literatur sind bei einseitiger Acusticus-Neurofibromatose bislang keine versprengten Spongioblastenhaufen nachgewiesen worden." Freilich sind die an unserem Ma- terial erhobenen negativen Befunde nicht dutch geniigend genaue Durchforschung der betreffenden Gehirne gestiitzt; sie sollen daher noch durch die Untersuchung gr6Berer Bl6cke nachgeprfift werden. AuBerdem sei vermerkt, dab die Herde yon ,,groflen Zellen" offenbar eine spezielle Eigentfimlichkeit einer zentralen Neuro- fibromatose sind. Pollak sowie Wohlwill geben an, dab sie bei der mikroskopischen Untersuchung yon Gehirnen Recklinghausen.Kranker (Zahlen sind nicht angegeben) keinerlei Abweichungen yon der Norm gefunden h/~tten.

Den Zellherden verwandt ist die Gliawucherung im Frontallappen, die sich allerdings yon den Herden durch ihre groBe, bandf6rmige Aus- dehnung und die schweren Ver/~nderungen an Markscheiden und Achsen- zylindern unterscheidet. Eine eigentliche Progression scheint freilich auch hier nicht zu bestehen, worauf vor allem der negative Ausfall der Fettf/~rbung hinweist. Eine /~hnliche Bildung, und zwar ebenfalls ira Stirnhirn, hat Gamper bei seinem Fall beschrieben. Interessant ist das subependym/~re Astrocytom in der Wand des 3. Ventrikels, da Astro- cytome ira Bereich des Grol3hirns bei Neurofibromatose relativ selten beschrieben werden (Pen/ield und Young, E. Sachs). Astrocytome des Riickenmarks erw/ihnen Kernohan und Parker, sowie Worster-Drought, Dickson und McMenemey. Auf die Verh~ltnisse hinsichtlich des Kleinhirns

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wird weiter unten eingegangen werden. Beachtenswert ist die teils angiomat5se, teils meningeomatSse Bildung im Parietalhirn. AngiomatSse Tumoren sind bei der Neurofibromatose bekannt (Foerster und Gagel, Orzechowski und Nowicki, Penfield und Young).

Die histologische Deutung des Befundes am Plexus chorioideus des rechten Seitenventrikels l~Bt keinerlei Zweifel darfiber zu, dab es sich um ein vom Plexus ausgehendes Psammom handelt. Der Grad der Ver- kalkung und der Gehalt an Psammomkugeln sind auffallend hoch. Einen dem unseren rSntgenologisch und anatomisch s Fall, der jedoch nicht eine so starke Verkalkung und weit weniger Psammomkugeln zeigte, beschreiben Tschernysche][, Kopylow und Terian bei einem 10j~hrigen, nicht an Neurofibromatose leidenden Knaben. Im Rahmen der Neurofibromatose sind Beobachtungen, die der unseren ~hneln, nicht ganz selten, wenn auch die Ausdehnung des Prozesses in den bisher beschriebenen F~llen weit geringer war. Orzechowski und Nowicki er- w~hnen in ihrem Fall einen ,,kleinen Knoten yon neuromatSser Struktur" im Plexus chorioideus des 3. Ventrikels und einen Tumor im Plexus chorioideus des 4. Ventrikels, den sie als Psammom bezeichnen, wozu sie noch weiter bemerken: ,,In Rficksicht darauf, dal~ die Zellen des Knotens direkt in das Ependymepithel der Basis des 4. Ventrikels fiber- gingen und dab wahrscheinlich an der Neubildung auch die Epithelzellen des Geflechtes teilnahmen, sind wir geneigt, auch die Herkunft dieses Knotens aus dem Nervenepithel anzunehmen". Fall 2 yon Henneberg und Koch hatte ,,ein stecknadelkopfgroBes Fibrom" im Plexus chorio- ideus des 4. Ventrikels; ferner war der Plexus chorioideus des linken Unterhorns ,,stark verdickt und yon sehr derber Konsistenz" - - eine histologische Beschreibung wird jedoch nicht gegeben. Turner und Gardner fanden in ihrem Fall 2 im rechten Seitenventrikel einen vom Plexus ausgehenden kleinen kugeligen Tumor yon meningeomatSser Struktur. Beck konnte einen vom Plexus des 3. Ventrikels ausgehenden Tumor beschreiben, der in zwei Partien gegliedert war, yon denen die eine meningeomatSse, die andere neurinomatSse Struktur zeigte.

Wir kommen nun zu den Befunden an den Meningen. Dabei ergab sich als Nebenbefund eine groBer Reichtum au Melanophoren; dieselbe Beobachtung machten Bielschowsky und Henneberg sowie Mamoli. Die mikroskopische Untersuchung der Meningen des Gehirns lehrte, dab die in denselben vorhandenen Meningeome nichts anderes darstellen als an einzelnen Stellen besonders vorgeschrittene Stadien eines Prozesses, der sich fiber die gesamten Leptomeningen ausdehnt. ~hnliche Bilder haben offenbar Pen]ield und Young an der Dura spinalis gesehen; sie schreiben dazu: ,,The structure could hardly be considered typical of a dural tumor. These cell clusters were considered to be in the stage of reaction and possibly a forerunner of neoplastic growth."

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Fall 2 bot klinisch ein klassisches Vollsyndrom der Recklinghausen- schen Krankheit : massenhaft Hauttumoren, Pigmentierungen, Kypho- skoliose, Schwaehsinn. Kyphoskoliose ist eine sehr charakteristische Erscheinung bei der Neurofibromatose und so h~ufig bei derselben beschrieben, dal~ Kienb6ck und R6sler in ihrer Zusammenstellung der Kasuistik der neurofibromatSsen Knochenver~nderungen ausdriicklich darauf verzichten, Kyphose und Skoliose bei den einzelnen F~llen be- sonders zu erwiihnen. Stalmann land in 43% seiner F~lle eine Kypho- skoliose, Brooks und Lehmann unter 7 Fs ausnahmslos eine Skoliose, Adrian allerdings fand Kyphoskoliose nur in 7 % der F~lle. Hingewiesen sei auch auf die bei Fall 2 bestehende Kleinfingerverkrfimmung. Challiol teilte den Fall eines 16j~hrigen an Neurofibromatose leidenden M~dchens mit, die eine beiderseitige Verkiirzung der Palmaraponeurose und eine linksseitige Verkiirzung der Aehillessehne hatte. Klinger fand in einer Sippe yon 184 Mitgliedern (yon denen der Autor selbst 84 untersuchte), in der 3 Schwestern und deren Mutter an Neurofibromatose litten, 9mal das Vorkommen yon Kleinfingerverkriimmung, ohne da6 allerdings die damit behafteten gleichzeitig auch eine Neurofibromatose hatten.

Nicht selten beobachtet man im Rahmen der Neurofibromatose prim/~re Opticusatrophie, teils einseitig (Maas, Ty2nenko), teils doppel- seitig (Fuchs, Gamper, Glaubersohn). Wenn man klinisch eine prim/~re Optieusatrophie bei einem Recklinghausen-Patienten feststellt, wird man sieh freilieh auch fragen mfissen, ob dem nieht vielleicht ein Gliom des N. optieus oder des Chiasmas zugrunde liegt. Chiasmagliome sind ja bei Neurofibromatose relativ h/~ufig (Bueno und Llombart, Busch und Christensen, Cushing, Kessel, Osten/eld), wie andererseits die F/~lle yon Chiasmagliom h/~ufig Zeichen einer (meist rudiment/~ren) Neurofibro- matose der Haut zeigen (6 F/~lle - - im Jahre 1930 - - unter im ganzen 18 F/~llen yon Cushing). Diese Tumoren betreffen in der Mehrzahl Kinder, eigentiimlicherweise scheint es sich dabei meist um M/~dehen zu handeln. Kessel sah ein Gliom des Chiasmas (nicht dureh Operation oder Autopsie verifiziert) bei gleichzeitiger Neurofibromatose bei einer 44j/~hrigen Frau; Goldstein und Wexler besehreiben ein ,,Spongioneuroblastom" im linken N. opticus einer 52j/~hrigen an Neurofibromatose leidenden Frau.

So eharakteristiseh in unserem Fall 2 das klinische Bild war, so wenig typisch ist der Sektionsbefund. Noeh einmal betont sei, da6 sieh nicht Neurinofibrome, sondern lediglich Fibrome fanden, so da6 man also nicht yon ,,Neurofibromatosis", sondern hSchstens yon einer , ,Fibromatosis" spreehen kann. Hirnnerven- und Riiekenmarkswurzeln waren mit Aus- nahme des kleinen KnStehens an der Cauda v611ig frei. Die fiir zentrale Neurofibromatose so charakteristischen Zellherde im Gehirn wurden hier vermi6t. Dagegen waren an vier Stellen des Gehirns, und zwar in den hinteren Hirnteilen, Geschwfilste vorhanden, die s/~mtlich als Astrocytome zu klassifizieren sind.

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Die beiden symmetrisch in den Substantiae nigrae ausgebildeten Astrocytome sind das Eigentiimlichste unseres Falles 2. Eino solche Erscheinung ist bei der Neurofibromatose, soweit mir bekannt, noch nicht beobachtet worden, diirfte aber auch fiir sich allein ein ungew6hnliches Vorkommnis sein. Eine Erkl/~rung kann nicht gegeben werden, wenn man sie nicht ganz allgemein in dem Millbildungscharakter der Neurofibro- matose erblicken will, womit freilich auch nicht viel gesagt ist.

Bei dem Astrocytom des Aqu/~dukts handelt es sich urn eine ganz ausgereifte Gesehwulst, die sicher keinen Zusammenhang mit einem der beiden Nigratumoren hat, die tibrigens aueh ihrerseits nicht miteinander zusammenh/~ngen. Auch Gamper beschreibt bei seinem Fall einen Tumor des Aqu/~dukts, den man auf Grund der Besehreibung als Astroeytoma fibrillate ansehen mull. Bei dieser Gelegenheit sei noch erw~hnt, dab Turner und Gardner bei ihrem Fall 4 einen zentral gelegenen Tumor der Oblongata in H6he der Pyramidenkreuzung besehreiben, den sie als piloides Astroeytom diagnostizieren; oberhalb dieses Tumors war um den Zentralkanal eine leiehte Ependymproliferation nachweisbar, aulter- dem war die mittlere Sch/~delgrube praktiseh ausgefiillt dutch ein sehr grolles Meningeom. Dieser Fall bet selbst keine eigentliehen Zeiehen einer Neurofibromatose, geh6rte jedoeh interessanterweise der yon den genannten Autoren besehriebenen Familie an, in der eine H/~ufung yon Neurofibromatose mit vornehmlichem Befallensein aueh des Zentral- nervensystems zu beobachten war. In weiterem Sinne mull der Fall als~ wohl doeh zum Formenkreis der Recklinghausensehen Krankheit gereehnet werden. Ob es sich bei dieser wirklich um eine streng abgegrenzte noso- logische Einheit handelt, wird freilich gerade dureh solehe F~lle mindestens fraglieh gemaeht. Die allgemeiner gehaltene Klassifizierung unter die ,,Entwicklungsst6rungen mit blastomat6sem Einschlag" (Bielschowsky) erscheint bei solchen F/~llen als besonders gliieklieh gew~,hlt.

Es seien nunmehr die Kleinhirnver/~nderungen unserer beiden F/~lle besproehen. Beziiglieh der regressiven Ver/~nderungen der Purkinje- Zellen mull man wohl in erster Linie daran denken, dall sic durch den Druck der Tumoren, insbesondere der Kleinhirnbrfickenwinkeltumoren zu erkl/~ren sind. J~hnliche Befunde besehreiben Orzechowski und Nowicki; aueh sie sind der Ansieht, dall es sieh mit gr6llerer Wahrscheinlichkeit nicht um eine ,,angeborene Atypie", sondern vielmehr um sekund/~re, dutch Kompression bedingte Ver/~nderungen handele.

Der intraeerebellare Tumor des Falles 2 ist ein klassisches ,,sog. Astroeytom des Kleinhirns" (Bergstrand). Die Differentialdiagnose gegen das Spongioblastoma polare ist vor allem dureh den Gehalt an Gliafasern zu stellen:* Sehr auffallend ist. die Tatsaehe, diese Tumorart, die im all- gemeiMerr.einen spezifisehen Kleinhirntumor-des jugendliehen Alters dar- stellt, bei einem 58j/~hrigen Mann zu finden, wobei freilieh nieht iibersehen werden darf, dall es sich hier ja nicht um eine solit/~re Erkrankung des

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Zwei Fglle yon Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. 787

Kleinhirns handelt, sondern nur um eine Teilerscheinung einer sich auch sonst manifestierenden E n t w i c k l u n g s s t 6 r u n g . - Unter Bergstrands 56 F/~llen von Astrocytom des Kleinhirns sind nach dem 25. Lebensjahr nur 12 F/ille, nach dam 50. Lebensjahr keiner verzeiehnet. In der Literatur fiber Neurofibromatose sind Kleinhirntumoren einige Male erw/~hnt. Ayala und Sabatucci beschreiben zwei kleine Tumoren im Kteinhirn ihres Falles, in denen man an einer Stelle ,,zahlreicha, in verschiedener Richtung getroffene BlutgefaBe mit verdickten und leieht verkalkten W/~nden" land; ,,auch zwischen diesen Gef/~Ben bemerkt man im neoplastisehen Gewebe mehr oder weniger volumin6se Schollen freier Kalksubstanz" (was eine gawisse Parallele zu dam kleinen Astrocytom der Kleinhirn- rinde unseres Falles 1 bildet). Eine exakte histologische Deutung der beiden Tumoren war nicht m6glich, da die in Frage kommenden B16cke in toto nach Kulschitzky-Pal verarbeitet worden waren. Die Autoren kommen zu der Annahme, dab es sich ,,urn Glioblastome yon einer besonders gutartigen Form und yon sehr langsamer Entwicklung gehandelt habe". Pen/ield und Young fanden bei ihrem Fall im Klainhirn zahlreiche Gebiete herdf6rmiger Gliose dicht unterhalb der Pia; in einem Gebiet beobachteten sie ,,a collection of astroeytes of such a character, tha t one would do well to call it an astrocytoma". Harbitz beschrieb ain Glio- blastoma multiforme ,,mit viel spindelfSrmigen Zellen" im Unterwnrm des Kleinhirns bei einem Fall yon Neurofibromatose. Da mir die Arbeit nur im Referat zug/~nglich war, kann keine n/~here Stellung zu diesem Befund genommen warden; man k6nnte daran denken, dab es sich auch in diesem Fall um ein Astrocytom oder um ein Spongioblastoma polare gehandelt habe. Ein echtes Glioblastoma multiforme im Kleinhirn wtirde naeh den im hiasigen Inst i tut gemachten Erfahrungen (Gagel) wohl jedenfalls ein Unikum darstellen.

Zusammenfassung. 1. Mitteilung yon Krankengeschichte und pathologisch-anatomisehem

Bafund zweier F~lle yon Neurofibromatose, die schwere Ver~nderungen am Zantralnervensystem bieten.

2. Fall 1 waist bei sp/~rlichem Hautbefund am Zentralnarvansystam aine Fiille verschiedenartiger Krankheitsarscheinungen auf, die zum Teil fiir die zentrale Naurofibromatose sehr charakteristisch sind.

3. Fall 2 hat bei klinisch klassisch ausgepr~gtem Bilde dar l~eckling- hausensehen Krankheit am Zantralnervensystem nur relativ wenige, jadoch sehr eigentiimliche Ver~nderungen: Zwei symmetrisch in beiden Sul~stantiaa nigrae ausgebildete Astrocytome, ein :Astrocytom des Aqu~dukts und ein Astrocytom des K~einhirns; au6erdem ein kleines Fibrom an der Cauda equina.

4. Besprechung der Untersuchungsergebnisse.

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788 Erich Beck:

L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s .

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Page 42: Zwei Fälle von Neurofibromatose mit Befallensem des Zentralnervensystems

Zwei F/~lle von Neurofibromatose mit Befallensein des Zentralnervensystems. 789

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Der Freundlichkeit yon Herrn Prof. Staemmler (Breslau) verdanke ich den folgenden Nachtrag:

Bei einer systematischen Untersuchung yon 600 Rfickenmarken aus dem laufenden Sektionsmaterial habe ich in fiber 50 F/illen markhalt ige Gef/if3nervenbfindel gefunden, die yon der Pia durch den vorderen L/ingsspalt in die graue Substanz hineinziehen und die sich hier ver- zweigenden Blutgef~Be begleiten. Dieses GeffiSnervensystem fasse ich als etwas sicher Normales auf. Es entspricht durchaus den yon Herrn Beck wiedergegebenen Abbildungen. Unter diesen 50 F/~llen waren 12, die eine kn/~uelartige Anordnung der Nervenfasern, ganz /~hnlich wie in den Abbildungen 7 und 8 yon Herrn Beck zeigten. In keinem dieser F/~lle bestand eine Rfickenmarkserkrankung oder eine sonstige Erkran- kung der peripheren Nerven, im besonderen kein Recklinghausen. Ob diese Kn/iuel etwas Normales sind oder an der Grenze zum Krankhaf ten stehen, vermag ich vorl~ufig nicht zu entscheiden.

N/~heres ist zu ersehen aus meiner im Druck befindlichen Arbeit ,,l~ber markhaltige Gefii6nervenbfindel in Pia und Rfickenmark" in dieser Zeitschrift.

Z. f. d. ft. Neur . u. P sych . 164. 52