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Die Belousov-Zhabotinskii Reaktion Das Redox-System Bromat / Malonsäure: Die klassische oszillierende Reaktion A+B+ ...... + X,Y , ............. P+Q+ ...... Reaktanten verschwinden I Zwischenprodukte konnen entweder eine stationare Konzentrotior erreichen oder oszillieren entstehen IPro t energieliefernde Gesarntrea ktion Siehe: a) R.J. Field, Chemie in unserer Zeit 1973 , 7 , 171-176 . b) R.J. Field, F.W. Schneider, Chemie in unserer Zeit 1988 , 22 , 17-29 . c) H. Degn, J. Chem. Educ. 1972 , 49 , 302-307 . Voraussetzung für Oszillationen: das System muss sich weit entfernt vom thermodynamischen Gleichgewicht befinden Konzentrationsschwankungen von Zwischenprodukten werden von der Gesamtreaktion als Energiequelle getrieben Die mathematische Beschreibung erfordert ein System von nichtlinearen Differentialgleichungen Oszillierende Reaktionen sind wichtige Modellsysteme im Zusammenhang mit den Phänomenen "Selbstorganisation", "Wachstum" und "Musterbildung" 1 Oszillation der Br -Konzentration Generelle Formulierung

Zwischenprodukte IProdukte tn.ethz.ch/~nielssi/download/1. Semester/Allgemeine Chemie...Die Belousov-Zhabotinskii Reaktion Die "stehende" Variante: Entwicklung von räumlichen Strukturen

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Page 1: Zwischenprodukte IProdukte tn.ethz.ch/~nielssi/download/1. Semester/Allgemeine Chemie...Die Belousov-Zhabotinskii Reaktion Die "stehende" Variante: Entwicklung von räumlichen Strukturen

Die Belousov-Zhabotinskii ReaktionDas Redox-System Bromat / Malonsäure: Die klassische oszillierende Reaktion

Oszillierende Reaktionen

Richard J. Field und Oszillierende chemische Friedemann \x! Schneider Reaktionen und nichtlineare

Dynamik

Die Forschung auf dem Gebiet oszillieren- der chemischer Reaktionen ha t i n den ver- gangenen fiinfzehn Jahren dramatisch zu- genommen. Der Grund fur diese Aktivita- ten ist das spezifische Interesse an der Chemie (Verhalten und Mechanismus) oszillierender chemischer Reaktionen so- wie an der Verkniipfung von diesen Oszilla- toren mit den Eigenschaften nichtlinearer Differentialgleichungen und der Theorie von Prozessen fern vom chemischen Gleichgewicht, wie sie z. 13. Zuni Verstand- nis lebender Systeme - u. a. charakterisiert durch Selbstorganisation, Musterbildung, Wachstum - entscheidend sind. Die Belou- sov-Zhabotinskii-Reaktion diente bei die- sen Untersuchungen als experimentelles Modellsystem. Dariiber hinaus ist es heute jedoch moglich, chemische Oszillatoren im DurchfluBriihrreaktor auf Grund der Be- ziehung zwischen Bistabilitat und Oszilla- tionen systematisch zu entwerfen.

Tm Jahre 1973 berichtete einer der Autoren (R. J. F.) in dieser Zeitschrift uber das Verhal- ten und die Bedeutung oszillierender chemi- scher Systeme [I]. Seitdem haben das Inter- esse und die Aktivitat auf diesem Gebiet enorm zugenommen [2,3,4], und die Zeit ist reif, iiber die intensive und interdisziplinare Forschungstatigkeit der vergangenen 15 Jahre und ihre Ergebnisse zu berichten.

Oszillierende chemische Reaktionen sind im- mer komplex. Eine groik Anzahl chemischer Spezies ist daran beteiligt, die grob in drei Kategorien eingeteilt werden konnen: Reak- tanten, Produkte und Zwischenprodukte (vgl. Reaktionsgleichung I). Wahrend einer normalen chemischen Reaktion nehmen die Konzentrationen der Reaktanten stetig ah, die Konzentrationen der Produkte stetig zu. Die Konzentrationen der Zwischenpro- dukte erreichen niedrige, verhaltnismal3ig konstante, quasi-stationare Werte, da ihre Bildungsgeschwindigkeit im wesentlichen gleich ihrer Zerfallsgeschwindigkeit ist. Na- turlich mussen bei einer osziliierenden che- mischen Reaktion die Konzentrationen der

Reaktanten ebenfalls ah- und die der Pro- dukte zunehmen. Dagegen zeigen die Kon- zentrationen intermediarer oder katalytisch aktiver Spezies zeitliche Schwankungen, wahrend die Gesamtreaktion dem Gleichge- wicht zustrebt. Diese Oszillationen treten ge- legentlich uber mehrere Grogenordnungen, z. B. zwischen 10- " und molar, auf.

Dieses allgemeine Schema wird durch die Reaktionsgleichung I wiedergegeben. A + B + ...... + X , Y ,.............

lousov-Zhabotinskii(B2)-Reaktion bekannt. Dieser Name stammt von den beiden russi- schen Wissenschaftlern [6], die diese Reaktio- nen entdeckt und charakterisiert haben [4]. Die am leichtesten zu beobachtenden Oszil- lationen bei der BZ-Reaktion sind die auftre- tenden Farbumschlage und Anderungen des Redoxpotentials, welche auf periodische An- derungen des Verhaltnisses zwischen oxi- dierter und reduzierter Form des katalysie- renden Metall-Ions zuruckzufuhren sind.

P + Q + ...... (1)

Reaktanten verschwinden

I

Zwischenprodukte konnen entweder eine stationare Konzentrotior erreichen oder oszillieren

entstehen IProdukte t energieliefernde Gesarntrea ktion

Die treibende Kraft der beobachteten Oszilla- tionen der Zwischenprodukte und kataly- tisch aktiven Spezies ist die im Reaktionsver- lauf stetig abnehmende Freie Energie. Neben den einfachen Oszillationen kann eine Reihe verwandter Phanomene auftreten. D a m ge- horen Multistabilitat, Hysterese, Erregbar- keit, Wanderwellen und aperiodische Oszilla- tionen, die Beispiele fur deterministisches Chaos sein kvnnen.

Die Belousov-Zhabotinskii- Reaktion

Gegenwartig am besten bekannt und verstan- den [5] ist cine Klasse chemischer Oszillato- ren, deren Triebfeder die Oxidation einer or- ganischen Verbindung im stark sauren, wag- rigen Medium durch das Bromat-Ion, BrO;, darstellt [3] . Diese Oxidation wird dabei nor- malerweise durch ein Metall-Ion katalysiert, das in zwei Oxidationszustanden vorliegen kann. Solche Redoxkatalysatoren, die sich nur durch eine Oxidationsstufe unterschei- den, sind zum Beispiel die Systeme Ce(III)/ Ce(IV), Mn(II)/Mn(III) oder Fe(phen):+/ Fe(phen):+ *. Die chemischen Oszillatoren dieser Gruppe sind unter dem Namen Be-

Cbemie In unserer Zeit / 22. Jahrg. 1988 / Nr. 1 0 V C I i Erlugsgesellschafi nrbH, D-6940 Weinheim, 1988 0 0 ~ 9 - 2 ~ ~ 1 / 8 ~ / C 1 0 2 - ~ 0 1 7 $ 32.50iO

Abbildung 1 zeigt die mit einer Platinelek- trode gemessenen Oszillationen des Redox- poteniials im System BrO, - CH,(COOH)2 - Ce(III)/Ce(IV) - H,SO,. Die& System stellt die klassische BZ-Reaktion dar und ist immer noch Gegenstand intensivster Un- tersuchungen [5, 81. Die Oszillationen des Redoxpotentials verlaufen parallel zu den Farbschwankungen der Reaktionslosung. Sie werden dadurch verursacht, dai3 das kataiysierende Cer-Ion abwechselnd durch Bromat vom farblosen Cer(II1) zum gelben Cer(1V) oxidiert und durch Malonsaure, CH,(COOH),, von Cer(1V) zu Cer(II1) re- duziert wird. Die Farbumschlage kiinnen durch Zugabe eines Redoxindikators, x. B. Fe(phen):', intensiviert werden, der auch fur sich allein als Katalysator dienen kann. De- taillierte Vorschriften zur experimentellen Durchfiihrung der BZ-Reaktion findet man

"Fe(phen):+ bezeichnet den Eisenkomplex mit dem Liganden ortho-Phenanthrolin:

17

Siehe: a) R.J. Field, Chemie in unserer Zeit 1973, 7, 171-176. b) R.J. Field, F.W. Schneider, Chemie in unserer Zeit 1988, 22, 17-29. c) H. Degn, J. Chem. Educ. 1972, 49, 302-307.

Voraussetzung für Oszillationen: das System muss sich weit entfernt vom thermodynamischen Gleichgewicht befinden

Konzentrationsschwankungen von Zwischenprodukten werden von der Gesamtreaktion als Energiequelle getrieben

Die mathematische Beschreibung erfordert ein System von nichtlinearen Differentialgleichungen

Oszillierende Reaktionen sind wichtige Modellsysteme im Zusammenhang mit den Phänomenen "Selbstorganisation", "Wachstum" und "Musterbildung"

1

Oszillation der Br–-Konzentration

Generelle Formulierung

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Die Belousov-Zhabotinskii ReaktionEin "Rezept"

Siehe: a) R.J. Field, Chemie in unserer Zeit 1973, 7, 171-176.

2

N

NFe

3

2+ / 3+

Das Redoxpaar Ferroin (Fe(+II)) / Ferriin (Fe(+III)) dient als Katalysator und Redox-Indikator

Die Gesamtreaktion (nicht abgeglichen):

BrO3– + CH2(COOH)2 BrCH(COOH)2 + CO2

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Die Belousov-Zhabotinskii ReaktionDie "stehende" Variante: Entwicklung von räumlichen Strukturen

Siehe: Chemistry Comes Alive! Vol. 8, 2006, J. Chem. Educ. software

3

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Die Belousov-Zhabotinskii ReaktionDas Abgleichen der Gesamtreaktion

4

Br(+V)O3– + C(–II)H2(C(+III)OOH)2 Br(–I)C(0)H(C(+III)OOH)2 + C(+IV)O2

Br(+V) + 6e– Br(–I)

C(–II) C(0) + 2e–

C(–II) C(+IV) + 6e–

2 C(+III) 2 C(+IV) + 2e–

1 zu 1 gekoppelt4e– fehlen

1 zu 2 gekoppelt3 C aus dem gleichenEdukt; liefern insgesamt 8e–

× 2

2 BrO3– + 3 CH2(COOH)2 2 BrCH(COOH)2 + 3 CO2

2 BrO3– + 3 CH2(COOH)2 + 2H+ 2 BrCH(COOH)2 + 3 CO2 + 4 H2O

Red:

Ox:

Ox:

Ox:

Abgleichen der H- (H+) und O-Atome