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ANREIZ FUR INNOV I ENeues Wissen entsteht nicht nur durch bffentliche, sondern auch private Forschung. Um den Erfinder vor
Nachahmern zusch.itzen bieten Rechtsstaaten dieMbglichkeit der Patentierung. Die Verfahren sind aberge
rade bei Entwicklungen vongrenzuberschreitender Bedeutung nicht immereinfach.
Patentanwalt Or. Dirk Franke im Gesproch.
Aka-Blatter: Die Piratenpartei Schwedens im Europaischen Parlament erregte Aufsehen mit der Forderung nachganzlicher Abschaffu ng des Patentwesens. Innovationen wurden gehemmtstatt gefordert. Von horrenden Kostenfur Bu rokratie und Rechtsstreit ist dieRede. Hast Du bereits Angst um DeinenJob?Franke: Es gibt in jedem Parlament einige wenige Parlamentarier, die durch sehr provokanteForderungen versuchen, die Aufmerksamkeitder Offentlichkeit zu erregen. Da durch ein starkes Rechtssystem, einsrhlietlkh des Patent- undMarkenrechts, aber auch Wettbewerbsrechts, dieInnovationsleistung einer Gesellschaft nachweislich gelordert wird, bin ich zuversichtlich, dassder Beruf des Patentanwaltes nicht abgeschafftwerden wird.
Worin besteht der entscheidende Mehrwert von Patenten fu reine Gesellschaft?Patente belohnen ihren Inhaber durch ein zeitlichbefristetes und raumlkh begrenztes Nutzungsmonopol. Sie erfOllen gleichzeitig eine wichtigeInformationsfunktion mit der Offenlegung derErfindung als Anreiz fOr weitere Innovationen.Von der Innovationsforderung und dem Wissenszuwachs profitieren Entwickler wie Verbrauchergleirhermaten.
In der Praxis findet man immer wiederBerichte uber .Patentsrhlarhten", beidenen Wettbewerber versuchen, sichdurch Patente gegenseitig zu blockieren,wodurch hohe Kosten und jahrelangeRechtsstreite entstehen konnen. Muss
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man diese Effekte als sozusagen .inharenten Systemfehler" hinnehmen?Ma~geblicher Sinn und Zweck eines technischenSchutzrechtes ist es, den unberechtigten Drittendaran zu hindern, das geistige Eigentum des Anmelders bzw. Erfinders zu plagiieren und ihn damit um die FrOchte seiner Entwicklungsarbeitenzu bringen. Hierdurch werden Raubkopierer undPlagiatoren in ihre Schranken verwiesen. EineGesellschaft, in der zeitlich begrenzte Monopolrechte als Belohnung fur Innovationsleistung vomGesetzgeber verunmogidu werden, haben nharente Wettbewerbsnachteile gegenOber Staatenmit entwickelten Rechtssystemen. Ais BeispielefUr unregulierte Staaten, in denen Patentschutznicht vorhanden ist, sind der Kosovo und auchzahlreiche afrikanische Staaten, z. B. Somalia, zunennen. In diesen tandem ist keine Innovationsleistung erkennbar.
In diesem Kontext fallt auch der Begriffder .Irviabatenre", bei denen Trivialitaten patentiert werden, wie beispielsweise die Geste zur Entsperrung desTouchscreens bei Apple-Geraten.ln denMedien werden derartige Faile gerneaufgegriffen. Handelt es sich dabei umAusnahmen?Die Bezeichnung .Jrvialparent" ist ein politischerAusdruck, der bisher zu Recht keinen Eingang indie Sprache des professionellen Patentwesensgefunden hat. Trivial ist das, was man ex postfacto als naheliegend bezeichnen konnte. jedorhwird die Erfindungsleistung am Zeitpunkt derVollendung des Schoptungsahes gemessen, damit erfinderische Tatigkeit vor den Patentamternanerkannt werden kann. Triviale Gegenstande
konnen deshalb nicht durch ein Patent geschUtztwerden.
Wie sollte ich als kleiner Unternehmeroder Erfinder herangehen, um meineErfindung mit einem Patent zu schutzen?Sofern Dein Unternehmeneininnovatives Unternehmen ist, dessen wesentliche verrnogenswertein einem fertig entwickelten innovativen Produktoder neuartigen Prozess liegen, solltest Du vorder Veroffentlichung der Idee bzw. vor dem Inverkehrbringen des innovativen Produktes einen Patentanwalt aufsuchen, der Deine Idee durch dasEinreichen geeigneter SchutzrechtsanmeldungenschUtzen kann.
In Deutschland gibt es mehr als 2.500zugelassene Patentanwalte in Kanzleien.Wie wahle ich den richtigen Patentanwalt fur mein Vorhaben aus?Die Auswahl des richtigen Patentanwaltes ist einfach, aber nicht leicht. Letztlich suchst Du einenAnwalt, der im Beruf tuchtig ist, kompetent inseinem Fachbereich und dabei gleichzeitig einevernUnftige Preispolitik betreibt, d. h. bei seinerArbeit nicht nur an sein Honorar denkt. Wie beianderen Beratungsdienstleistungen empfiehltes sich grundsanlkh. im Vorfeld Gesprsrhe mitanderen Mandanten des Anwaltes zu fUhren undinsbesondere auch auf Empfehlungen zufriedener Kunden zu horen.Meide zudem Anwalte, die in teuren Glas- undStahl-Architekturgebauden residieren, denn hierzahlst Du fUr die Buroraume und Reprasentanzbereits einen Premiumaufschlag. Eine GarantiedafUr, dass sie auch eine Premiumleistung erhalten, ist damit in aller Regel jedoch nicht verbunden.
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PATENTSCHRIFT
JOR ZELTNERll'l FlltMA: NlTRNBERGER UI.TRAMARIN·~·AnRIK.
VERFAHRE lUR HERSTELLUNG EINER ROTH ENULTRA ARINFARBE.
Das Patentrecht hat in Deutschland eine lange Tradition. Hiereine 1877 durch das Kaiserliche Patentamt ausgestellte Patentschrift auf eine Methode zur Farbherstellung.
Wie kann sich ein Laie den grundlegenden Prozess der Patentieru ng vorstellen? Wie lange dauert ein solcher Prozess in etwa?Nach der Einreichung einer Patentanmeldungdurchlauft diese ein Erteilungsverfahren vor demjeweiligen Patentamt. Am Ende des Erteilungsverfahrens wird dann, sofern bestimmte HUrdenUberwunden worden sind, insbesondere soferndie Erfindung neu ist undauf einer erfinderischenTatigkeit beruht, ein Patent erte ilt. Das Erteilungsverfahren dauert in der Regel zwei bis vier Jahre,in Einzelfallen kann die Verfahrensdauer aucherheblich langer se in.
Das bisherige europasrne Patent wirdzwar zentral beim Iuropaisrhen Patentamt beantragt und dadurch erteilt,gilt allerdings nicht automatisch fur diegesamte EU. Die erforderliche Patentierung in mehreren tandem ist sehr teuer.Viele hoffen daher auf das lange geplante einheitliche EU-Patent mit Gultigkeitin der gesamten Iuropaschen Union.Fur wie wahrscheinlich haltst Du diebaldige Einfuhrung des .IuropaschenPatents mit einheitlicher Wirkung"?Das EU-Patent ist eine beschlossene Sache undwird den Anmeldern demnarist zur VerfUgungstehen. Allerd ings ist es le ider voraussichtlichnicht so, dass durch ein Einheitspatent im Vergleich zum bisherigen europaisrhen Patent mitVa lidierungsmoglichkeit in allen EU-Landern dieKosten gesenkt werden konnen.Da die nationalen Patentamter keinen GebUhrenabschlag fur ein Patent mit Einheitswirkungim Vergleich zu einem validierten europaisrhenPatent akzeptieren werden, wird das Einheitspatent um ein Vielfaches teurer als beispielsweise
116.Jahrgang Heft IV /2014
Durch ein zeitlich und raumlkh besrhrankes Nutzungsmonopol und die daraus erwarteten Gewinne soil dem Forscherder Anreiz geboten werden, Investitionen zu tatigen.
ein europaisdies Patent, welches lediglich inden wichtigsten Industriestaaten in Europa, d.h. in Deutschland, Frankreich und Gro~britanni
en, gegebenenfalls noch in Italien und Spanien,validiert wird. In der Regel werden europaisrhePatente nur in wenigen landern validiert, so dassspatestens seit Ratifizierung des Londoner llbereinkommens und dem Wegfall zahlreicher llbersetzungserfordernisse die Kosten Uberschaubarsind.
Wird ein EU-Patent den Patentierungsprozess nicht derart erschwerenund verteuern, dass kleine und mittlereUnternehmen kaum mehr Chancen haben, ihre Anspruche gegenuber konkurrierenden Konzernen zu behaupten?Aile Unternehmen werden nach wie vor die Moglichkeit haben, entweder ein europasches BUndelpatent oder uber nationale Erteilungsverfahren meh rere nationa Ie Schutzrechte in Eu ropazuerhalten. Beide Varianten sind im Vergleich zumEinheitspatent kostengU nstiger. Da zudem aufgrund der einheitlichen Wirkung des EU-Patentesdieses Schutzrecht im Wege eines zentralisiertenNichtigkeitsverfahrens leichter vernichtet werdenkann, ist letztlich die Frage, ob gro~ere Unternehmen das EU-Patent praterieren werden.Sofern letzteres nicht eintritt, wird das EU-Patentzwar existent werden, aber bedeutungslos bleiben.
Zum Abschluss ein gewagter Blick in dieZukunft: Was wird die gro~te veranderung im Patentwesen in den narhsten15-25 lahren sein?Eine Veranderung des Patentwesens in der narhsten Zukunft (15-25 Jahre) sehe ich in der progressiv steigenden Zahl an Patentanmeldungen,
DasEuropaisthe Patentamt hat (wieauch das Deutsche Patent- und Markenamt) seinen Sitz inMUnchen.
die von chinesischen Unternehmen in Europaund Deutschland eingereicht werden. China istaus der Ro lle eines Plagiators inzwischen entschlUpft und ist invi el en Be re ichensogar Innovationsmotor. Viele miite lstandische Unternehmenhaben China leider vie l zulangeuntersrhant
Das Interview fuh rte Sebastian Grundstein alsRedakteur der Akadem ischen Blatter.
Jg. 1973, ist AH beim VDSt Bonn. Derpromovierte Chemiker und Patentanwaltmit langjahriger Erfahrung im Bereichdes gewerblichen Rechtschutzes ist
Partner der Kanzlei Franke &PartnerPatent- und Rechtsanwalte inMUnchen.
BESCHAFTIGU NGSZAH LENBeim Deutschen Patent- und Markenamt sind derzeit ca. 2.500 Bedienstetebeschaftigt. Das Europaische Patentamtbeschaftigt ca. 3.900 Mitarbeiter alleine inMUnchen, nochmals ca . 2.900 Mitarbeiterin DenHaag, 290 in Berlin und etwa 110 inWien bzw. BrUssel.Insgesamt gibt es rund 11.000 registriertePatentarwate als zugelassene Vertreteram turooalsrhen Patentamt, wovon etwadrei Viertel in Kanz leien beschaftigt sindund ein Viertel in Unternehmen. Deutschland ist im europasthen Vergle ich mitknapp 4.000 Patentarwa lten das Land mitder am Abstand gro~ten Zah\ an Patentanwalten.