Anthocyane sind glykosidische, wasserlösliche 2-
Phenylchromenolderivate, die in keiner höheren Pflanze fehlen;
Sie bedingen die rote, violette, blaue oder auch blauschwarze
Färbung von Blüten, Blättern und Früchten
Die Aglykonkomponenten der Anthocyane bezeichnet man als
Anthocyanidine.
Anthocyane
Der Grundtyp ist das Pelargonidin, das in seinem 3,4′,5,7-
Hydroxylierungsmuster dem Kämpferol in der Flavonolreihe
entspricht. Die Einführung weiterer Hydroxylgruppen in den B-
Ring führt zum Cyanidin (3′,4′-Dihydroxy) und zum Delphinidin
(3′,4′,5′-Trihydroxy). Daneben gibt es partiell methylierte
Derivate.
Die als Farbstoffe von Bluten und
Früchten häufig auftretenden
Anthocyanidine und ihre
Absorptionsmaxima in Lösung
(in Methanol; 0,01 HCl)
o
Zimtsäurederivate
Phenylpropane
di-OH o-OH degeneriert
Cinnamoylketide
Lignane
flüchtige
Phenyl-
propanoide
Cinnamoyl-CoA
+1x
MaCoA
+ 2x
MaCoA
+ 3x
MaCoA
Kaffee-
säure-
derivate
Cumarine Phenol-
glyko-
side
Gallo-
und
Ellag-
tannine
Tannine
I.
Diaryl-
heptanoid
Styryl-
pyrone
Stylbene
(C6C2C6)
Chalkone
Flavonoide
(C6C3C6)
Anthocyanine
Katechine
-
Leuco-
anthocya-
nidine
Pro-
anthocyanidine
Tannine
II.
Phenoloide (Shikimatweg)
Enzyme:
CHS Chalkonsynthase
CHI Chalkonflavanonisomerase
F3H Flavanon-3-hydroxylase
FS Flavonsynthase
ISF Isoflavonsynthase
FLS Flavonolsynthase
DFR Dihydroflavonolreduktase
LAR Leukoanthocyanidinreduktase
LDOX Leukoanthocyanidindioxygenase
Biosynthese
Als Zuckerkomponenten treten Glucose, Galactose und Rhamnose häufig, Xylose und
Arabinose seltener auf.
Anthocyane führende Drogen können als sog. Schmuckdrogen verwenden, um
Teemischungen ein dem Auge gefälligeres Aussehen zu verleihen. Das antioxidative
Potential der Anthocyane – Einnahme mit der Nahrung zwischen wenigen
mg bis 100 mg/Tag – eine Rolle bei der Vorbeugung verschiedener Krankheiten spielt.
Antioxidanzien I
Während des aeroben Stoffwechsels werden im lebenden Organismus ständig
freie Radikale [reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und reaktive
Stickstoffspezies (RNS)] wie Superoxidanion-(O2•−-), Peroxyl-(ROO•-), Alkoxyl-
(RO•-), Hydroxyl-(HO•-) und Nitroxid-(NO•-)Radikale gebildet. Sie können
zahlreiche zelluläre Strukturen (Biomakromolekule wie DNA, Proteine,
Kohlenhydrate, Membranlipide) schädigen und Mutationen auslösen. Freie
Radikale spielen bei der Pathogenese von Ischämien, Hypoxien, malignen
Tumoren und degenerativen Erkrankungen (z. B. Arteriosklerose, Diabetes,
chronische Entzündung) eine Rolle und sind am Alterungsprozess beteiligt.
Die Entgiftung von ROS/RNS erfolgt über enzymatische und
nichtenzymatische Mechanismen. Die enzymatische Entfernung der
Sauerstoffradikale übernehmen Enzyme wie die Superoxiddismutase, Katalase
und Glutathionperoxidase.
Nichtenzymatisch abgefangen werden Sauerstoffradikale durch
verschiedene Antioxidanzien wie Vitamin C und E (α-Tocopherol),
Carotinoide und durch phenolische Pflanzenstoffe wie
Phenolcarbonsäuren, Flavonoide, Polyphenole. Sie kommen in
Nahrungsmitteln (z. B. Gemüse, Früchte) und in Arzneipflanzen vor.
Bei Vorliegen metabolischer Störungen sowie durch Zigarettenrauch,
Luftverschmutzung, UV-Strahlung werden ROS im Überfluss gebildet,
sodass die Kapazität der enzymatischen Inaktivierungsmechanismen
überschritten wird. Zur Verhütung oxidativer Schäden wirken neben
Enzymen Antioxidanzien als Radikalfänger. Ihre Zufuhr mit einer
ausgewogenen Ernährung trägt zur Verhütung kardiovaskularer
Erkrankungen und von malignen Tumoren bei und soll gefördert
werden.
Antioxidanzien II
Frische Heidelbeeren Myrtilli fructus recens (Ericaceae)
Vaccinium myrtillus L.
Ph. Eur.
blauschwarz, gerunzelt, haben rötliches
Fruchtfleisch und zahlreiche Samen in 4–5
Fächern. Heidelbeeren
sind geruchlos und schmecken säuerlich-süß,
schwach zusammenziehend.
Enthält: Anthocyane (PhEur: mindestens 0,3%)
Verwendung: zur Herstellung von hochprozentigen
anthocyanhaltigen Präparaten mit einem Gehalt
von 34–36% Anthocyanen. Sie haben eine antioxidative,
vasoprotektive und entzündungshemmende Wirkung
und werden zur Therapie von Brüchigkeit und
veränderter Permeabilität der Blutkapillaren sowie in der
Ophthalmologie bei Netzhauterkrankungen verwendet
Schwarze Johannisbeere Ribes nigrum (Grossulariaceae)
Ribis nigri fructus
Inhaltsstoffe: Anthocyane (bis zu 2 %,
unter anderem Cyanidin-3-glucosid,
Cyanidin-3-rutinosid und Delphinidin-3-
rutinosid), Flavonolglykoside mit den Haupt-
komponenten Isoquercitrin, Myricetin-D-
glucopyranosid und
Rutosid, ferner Fruchtsäuren (ca. 3,5 %),
unter anderem Äpfel-, Citronen- und
Isocitronensäure, Vitamin C, Hydroxy-
zimtsäurederivate, Invertzucker (6-8 %) und
Pektine.
PHARMAKOLOGIE:
Tierversuche konnten harntreibende und blutdrucksenkende Effekte nachgewiesen
werden; die Flavonoide vermindern die Durchlässigkeit der Kapillaren und die
Prostaglandinbildung. Die oligomeren Proanthocyanidine und eventuell auch die
Anthocyanidine der Früchte wirken wahrscheinlich antimikrobiell und antioxidativ.
Klatschmohnblüten Papaver rhoeas L. (Papaveraceae)
Papaveris rhoeados flos
Ph. Eur.
Hauptalkaloid: schwach giftige
Rhoeadin (0.06%), Allocryptopin,
Berberin, Coptisin, Papaverin,
Roemerin und Sinactin sowie Depside,
Schleimstoffe, Gerbstoffe, Meconsäure
und Mecocyanin.
Wirkung: mild beruhigend,
erweichend,
schleimlösend.
Man findet den Klatschmohn verbreitet in
Getreidefeldern. Zur Begrünung von Ödflächen
wird er auch angesät.
Inhaltsstoffe
Kornblumenblüten Cyani flos (Asteraceae)
Centaurea cyanus L.
Inhaltsstoffe:
Anthocyane (Centaurocyanin=Succinylcianin),
Flavonoide (Apigenin-glykoside),
Polyacetilene.
Herkunft: Nahezu ausschließlich aus
der Sammlung aus Wildvorkommen.
Droge: Die getrockneten, ganzen, vom
Blütenboden und Hüllkelch abgetrennten
Strahlenblüten und in geringem Maße
auch vom Fruchtknoten abgetrennten
Röhrenblüten von Centaurea cyanus L.
Feldritterspornblüten Calcatrippae flos (Ranunculaceae)
Consolida regalis
Droge: Die getrockneten Blüten
Herkunft: Auf Äckern und an Wegrändern des
gemässigten Europas. Kalkliebend. Importe als
Wildsammlungen Osteuropas.
Inhaltsstoffe
Anthocyanglykoside: oft mit Delphynidine als
Aglykon;
Flavonolglykoside: Glykoside mit Kämpferol-
und Quercetin als Aglykon
Alkaloide: toxische Norditerpenalkaloidester,
Delphinin
Die Farben der Anthocyane hängen
vom pH-Wert der Lösung ab. Das
Flavyliumkation 1 ist nur bei niedrigen
pH-Werten (pH <1) stabil. Mit
zunehmendem pH-Wert finden
verschiedene Farbwechsel statt, um
schliesslich im
alkalischen Bereich (pH >8) unter
Ringoffnung in die gelben Chalkon-
Phenolatanionen 5 (mehrere Formen
denkbar) überzugehen. Auf diesem
Farbwechsel beruhen die künstlichen
Umfärbungen von Blüten. Die vielen
Farbvariationen kommen v. a. dadurch
zustande, dass die Glykoside nicht
einfach im Zellsaft gelöst sind, sondern
dass
vielmehr Glykosidmetallchelate (mit
Fe(III)- und/oder Al(III)-Ionen, z. B. 6,
die Farbträger zahlreicher roter,
violetter und
blauer Blüten und Früchte sind
Die Farben der Anthocyane
Farbreaktion von Flavonoiden mit reduzierenden Mitteln –
Bildung von Anthocyanidine (Flavonoidbestimmung nach Ph. Eur.)
Flavone und Flavonole und deren Glykoside bilden bei Reduktion mit
Magnesium (oder Zink) in Salzsäure tiefrote Anthocyanidine mit
Absorptionsmaxima bei 510–541 nm.
Flavanone (Dihydroflavone und Dihydroflavonole) geben unter den gleichen
Bedingungen tiefrote bis violettrote Lösungen.
Pflanzliche Gerbstoffe sind wasserlösliche, schwach
sauer reagierende, phenolische Verbindungen mit in
der Regel einem Molekulargewicht zwischen 500 und
3000 Dalton. Heute sind Gerbstoffe mit einem Molekulargewicht
bis 20.000 Dalton bekannt.
Man unterscheidet
zwischen den Catechingerbstoffen oder kondensierten
Proanthocyanidinen und den hydrolysierbaren
Gerbstoffen oder Gallotanninen
Gerbstoffe
Warum heissen sie Gerbstoffe?
zum Gerben tierischer Haut und zur Lederherstellung verwendet wurden
Polyphenole haben die Fähigkeit zur vielzähnigen (multidentaten)
Wechselwirkung mit anderen Molekülen, insbesondere Proteinen. Bei niedriger
Proteinkonzentration assoziiert das Polyphenol an einer oder mehreren Stellen
der Proteinoberfläche und bildet einen „Monolayer“, der weniger hydrophil ist
als das Protein selbst. Bei hoher Proteinkonzentration wird eine relativ
hydrophobe Oberfläche durch Verknüpfung verschiedener Proteinmolekule mit
den vielzähnigen Polyphenolen (Komplexbildung Polyphenol-Protein) gebildet.
In beiden Fällen folgt anschliessend Aggregation und Eiweisfällung.
Gerbstoffe können an Proteine über irreversible Bindungen (kovalente
Bindung) und reversible Bindungen (z. B. Wasserstoffbruckenbindung,
hydrophobe Wechselwirkung) gebunden werden. Kovalente Bindungen werden
in erster Linie bei der Gerbung gebildet. Wasserstoffbrücken entstehen
zwischen den Polyphenolen und der Säureamidbindung der Peptidketten sowie
anderen polaren Gruppen. Hydrophobe Wechselwirkungen entstehen z. B.
durch Assoziation von Arylresten der Gerbstoffe mit anderen Substanzen, wie
am Beispiel Gallotannin und Coffein dargestellt ist.
Wirkungen der Gerbstoffe I
Anwendungsgebiete der Gerbstoffdrogen sind: unspezifische Durchfälle,
Entzündungen des Mund- und Rachenraumes sowie Entzündungen des
Genital- und Analbereichs.
Die mit dieser Anwendung in Zusammenhangstehende auffallende Wirkung der
Gerbstoffe wird in der Literatur auch als adstringierende (zusammenziehende)
Wirkung beschrieben.
Arzneistoffe mit adstringierender Wirkung werden daher in erster Linie lokal auf
Oberflächen von Schleimhäuten angewendet. Die Wirkung bei diesen
Indikationen wird meist der Ausbildung einer Koagulationsmembran
zugeschrieben. Die Gerbstoffe sollen mit den Proteinen in den obersten
Schichten der Schleimhaut wasserunlösliche Assoziate bilden, die das Gewebe
oberflächlich abdichten und so reizmildernd, entzündungswidrig und
sekretionshemmend wirken.
Neuere biologische und pharmakologische Untersuchungen geben Hinweise
auf spezifische Gerbstoffwirkungen wie:
• antisekretorische und peristaltikhemmende Wirkung,
• antimikrobielle Wirkung (insbesondere auf gramnegative Keime)
• entzündungshemmende Wirkung (Hemmung der Hyaluronidase
und/oder Degranulierung von Mastzellen;
Hemmung der humanen Leukozytenelastase),
• Antitumorwirkung (Einfluss auf die Interleukin-1-Produktion bzw.
der selektiven In-vitro-Hemmung der Proteinkinase C),
• antivirale Wirkunghemmen
(Hemmen das Wachstum von Herpes-simplex-Viren; einige Ellagitannine
sind wirksame Hemmer der HIV-Vermehrung),
Wirkungen der Gerbstoffe II
• Zahnbelaghemmung (hemmen die Entstehung von Zahnbelag (Plaque),
indem
sie die Glucosyltransferase von Streptococcus mutans, einem
in der Mundhöhle des Menschen vorkommenden
Bakteriums, inaktivieren. Dieses Enzym katalysiert die
Bildung von Dextranen, die auf den Zähnen abgelagert
werden und dadurch dem Bakterium die Anheftung an
den glatten Zahnoberflächen ermöglichen,
• antihypertensive Wirkung (Hemmung des ACE
Angiotensinkonversionsenzyms),
• antioxidative Wirkung, Radikalfängereigenschaften (in dem sie reaktiven
Sauerstoff (z. B. Superoxidradikalanionen, Hydroxylradikale, Peroxide) unter
Bildung stabiler
Radikale abfangen. Beispiele dafür sind die Hemmung der Lipidperoxidation,
der Lipoxygenase und der Xanthinoxidase.
Wirkungen der Gerbstoffe III
Hydrolysierbare Gerbstoffe
(Gallotannine)
Hydrolysierbar sind diese Gerbstoffe deshalb, weil sie
Ester darstellen. Als Alkoholkomponente fungiert d-
Glucose oder ein anderer Zucker einschließlich der
Cyclite, als Säurekomponente Gallussäure,
Gallussäuredepside, wie z. B. m-Trigallussäure,
oder C-C-verknüpfte Diphen- oder auch
Triphensäuren.
Qualitative Nachweisreaktionen
Gallotannine geben die folgenden Farbreaktionen:
• Eisen(III)-Salze geben in alkoholischer Lösung
blaue Färbungen.
• Bariumhydroxidlösung verfärbt Tanninlösung grün;
bei Vorliegen höherer Konzentrationen bilden sich
grünliche Niederschläge. Die Reaktion wird von
allen
phenolischen Stoffen mit vizinalen
Trihydroxygruppierungen gegeben.
• Lösungen von Eiweißen, z. B. Gelatinelösung,
geben Niederschläge.
Monomere Bausteine der
kondensierten Proanthocyanidine
sind (+)-Catechine und (–)-
Epicatechine. Man unterscheidet
sie durch die Zahlen 1–8, wobei
der Buchstabe B symbolisiert,
dass Dimere mit 4→8 (B1–B4)
bzw. 4→6 (B5–B8) Verknüpfungen
vorliegen.
Catechingerbstoffe (kondensierte Proanthocyanidine,
nichthydrolysierbare Gerbstoffe)
Neben den einfach verknüpften
B-Typen, die in der Natur sehr
häufig anzutreffen sind, gibt es
auch doppelt verknüpfte PA (A-
Typen).
Enzyme:
CHS Chalkonsynthase
CHI Chalkonflavanonisomerase
F3H Flavanon-3-hydroxylase
FS Flavonsynthase
ISF Isoflavonsynthase
FLS Flavonolsynthase
DFR Dihydroflavonolreduktase
LAR Leukoanthocyanidinreduktase
LDOX Leukoanthocyanidindioxygenase
Biosynthese
Erhitzen mit verdünnten Mineralsäuren in organischen Lösungsmitteln
ruft Rotfärbung hervor
Eisen(III)-Ionen bilden mit kondensierten PA in alkoholischer Lösung
aufgrund des Vorliegens phenolischer Gruppen grüne Färbungen.
Gehaltsbestimmung (nach Ph. Eur.)
Zur Gehaltsbestimmung der Gerbstoffe verwendet die
Ph. Eur. die Phosphorwolframsäure-Hautpulver-Methode.
Dabei wird zunächst der Gesamtgehalt an Polyphenolen
mit Phosphorwolframsäure gemessen. Anschließend wird
der Gerbstoffanteil durch Adsorption an Hautpulver entfernt
und die Konzentration der nicht adsorbierten Phenole
erneut mit Phosphorwolframsäure ermittelt. Der
Gerbstoffgehalt ergibt sich als Differenz der beiden photometrisch
ermittelten Werte. Das Verfahren wird mit Pyrogallol
geeicht und der Gerbstoffgehalt als Pyrogallol berechnet.
Gehaltsbestimmung – Proanthocyanidine
Das Prinzip der Proanthocyanidinbestimmung beruht auf der Reaktion der
Proanthocyanidine mit Säure, wobei der „obere Molekülteil“ in Form eines
Anthocyanidin-Kations und der „untere Molekülteil“ als Flavan-3-ol
abgespalten wird. Procyanidine (z. B. Procyanidin B2) ergeben rotgefarbtes Cyanidin,
Pelargonidine orangerote und Delphinidine violette bis blaue Farben, was zur
spektrophotometrischen Quantifizierung verwendet werden kann.
I. Catechingerbstoffen
oder kondensierten
Proanthocyanidinen
• Ratanhiae radix
• Tormentillae rhizoma
• Hamamelidis folium
II. Hydrolysierbaren Gerbstoffen
oder Gallotanninen
• Galla
• Tannin
• Cotini folium
III. Komplexe Gerbstoffe
• Quercus cortex
Galle Quercus-Arten (Fagaceae); Rhus-Arten
(Anacardiaceae)
Eichen-Arten
Gallen sind pflanzliche Wachstumsabnormitäten, deren
Bildung durch einen tierischen Organismus veranlasst
wird. Sie stellen eine Wachstumsreaktion auf die vom
fremden Organismus ausgehenden Reize dar. Türkischen Gallen wird
durch die Eiablage von Gallwespen auf den Vegetationspunkt der
austreibenden Knospen kleinasiatischer Quercus-Arten hervorgerufen.
Anstelle normaler Triebe bilden sich kugelige, 1,5–2,5 cm große
Wucherungen, deren sich die Larven als Behausung und Nahrung
bedienen. Chinesische Gallen stammen von Rhus semialata, sie werden
durch den Stich von Blattläusen hervorgerufen und erreichen eine Länge
von bis zu 8 cm. Gallen und deren galenische Zubereitungen werden
medizinisch kaum mehr gebraucht. An deren Stelle verwendet man das
in den Gallen zu 40–75% enthaltene Tannin.
Tannin-Tanninum Ph Eur
Der Zusammensetzung nach ist Tannin ein komplexes Gemisch unterschiedlich
hoch galloylierter Glucosemoleküle, wobei im Mittel auf jedes Zuckermolekül 6–9
Gallussäurereste entfallen. Die Gerbstoffe des Tannins leiten sich von der β-
Penta-O-galloylglucose ab, mit der die restlichen Gallussäuremoleküle esterartig
verknüpft sind.
ein Gemisch aus
Estern der Glucose
mit Gallussäure und
3-Galloylgallussäure
• wird aus Gallen gewonnen
• mit Wasser extrahiert Aus
diesem Rohextrakt
schüttelt man die
adstringierend wirkenden
Prinzipien mit einem Ether–
Ethanol-Gemisch (4:1)
Tannin wird äußerlich als Lösung oder als Spülung (1%ig) sowie als Pinselung (20%ig)
verwendet, um empfindliche Haut oder Schleimhäute unempfindlich zu machen: bei
Schleimhautkatarrhen und Infektionen, zur Stillung kleiner lokaler Blutungen und als
Schutzmittel gegen Sonnenbrand. Innerlich als Antidiarrhoikum.
Hamamelisblätter Hamamelidis folium (Hamamelidaceae)
Zaubernuss Hamamelis virginiana
Ph Eur
In Blättern und Rinde Gerbstoffe mit einem
Gesamtgehalt zwischen 8 und 12%
(Blätter PhEur: mindestens 3,0%
• Catechingerbstoffe (Proanthocyanidine),
wenig Gallotannine,
daneben
• Flavonoide;
• organische Säuren (Chinasäure, Kaffeesäure, Gallussäure);
• ätherisches Öl (0,01–0,5%).
Hamamelisrinde enthält:
• Gallotannine (Hamamelitannine) und Proanthocyanidine
• wenig Flavonoide und ätherisches Öl, Polysaccharide.
Wirkungen. Adstringierend, entzündungshemmend, lokal
hämostyptisch und antiviral.
Eichenrinde – Quercus cortex (Fagaceae) Stiel-Eiche, Trauben-Eiche, Flaum-Eiche Quercus robur, Q. petraea, Q. pubescens
Ph Eur
aus der getrockneten Rinde frischer, junger Zweige
von Quercus sp.
Inhaltsstoffe. 8–20% Gerbstoffe PhEur:
mindestens 3.0%
• hydrolysierbare Gerbstoffe (Ellagitannine);
• Catechingerbstoffe (Proanthocyanidine);
• komplexe Gerbstoffe (Flavanoellagitannine,
Procyanodinoellagitannine);
• Triterpene.
Wirkung. Adstringierende und antivirale Wirkung.
Anwendungsgebiete. Eichenrinde verwendet man als 10–20%iges
Dekokt für Umschläge und als Badezusatz bei entzündlichen
Hauterkrankungen, ferner zur lokalen Behandlung leichter Entzündungen
im Mund- und Rachenbereich sowie im Genital- und Analbereich und
innerlich bei unspezifischen, akuten Durchfallerkrankungen.
A Rinde (quer); Periderm (1);
Sklerenchymring (3) an der
Grenze zwischen primärer (2)
und sekundärer (4) Rinde,
vorwiegend aus Steinzellen
bestehend (primäre Rinde
ohne Sklerenchymfasern,
aber mit Steinzellnestern);
B Kork rotbraun; Zellen flach,
vielschichtig.
C Borke (1 bis 4); erstes
Periderm (1); primäre Rinde
(2) mit braunen
Gerbstoffeinlagerungen in
der Borke; Sklerenchymring
(3); innerstes Periderm der
Borke (4); sekundäre Rinde
(5).
D Sekundäre Rinde (quer);
Bastfaserbündel in
tangentialen Reihen
angeordnet, sekundäre
Markstrahlen ein- bis
zweireihig;
Qercus cortex - Mikroskopische
Merkmale
E Bastfaserbündel von Zellen
mit Calciumoxalatkristallen
sekundäre Markstrahlen, 1 bis 2
Zellen breit.
F Steinzellnest mit braunem
(Gerbstoffe) und schwarzem
Lumen (Luft); Zellwände
getüpfelt.
G Sekundäre Rinde (längs
tangential);
Kristallkammerfasern; Enden
der Fasern abgerundet, spitz
zulaufend; sekundäre
Markstrahlen (Pfeil) bräunlich,
einreihig, 5 bis 10 Zellen hoch.
H Sekundäre Rinde (längs
radiär); Siebröhren (Pfeil) mit
zusammengesetzten
Siebplatten gut
erkennbar; viele
Calciumoxalatdrusen, meist in
senkrechten Reihen
angeordnet.
Qercus cortex - Mikroskopische
Merkmale II
Getrocknete Heidelbeeren - Myrtilli fructus siccus (Ericaceae)
Heidelbeeren Vaccinium myrtillus
Ph Eur
Inhaltsstoffe
• 5–10% Gerbstoffe (PhEur: mindestens 1,0%)
Catechingerbstoffe z. B. die Procyanidine B1–4
sowie polymere Proanthocyanidine;
• Anthocyane
• Flavonoidglykoside, Pterostilben, organische
Säuren,
Zucker, Pektin und Vitamine.
Wirkung und Anwendung
Adstringierend. Anwendung bei unspezifischen,
akuten Durchfallerkrankungen sowie zur lokalen
Therapie leichter Entzündungen der Mund- und
Rachenschleimhaut.
Ratanhiawurzel - Ratanhiae radix (Krameriaceae)
Ratanhia Krameria triandra
Ph Eur
Inhaltsstoffe
• Bis 15% (PhEur: mindestens 5.0%)
Catechingerbstoffe
• lipophile Neo- und Norneolignane, Dineolignane,
Benzofuranderivate.
Wirkung. Adstringierend, antimikrobiell und antioxidativ.
Für die antimikrobielle und antioxidative Wirkung sind
neben den Gerbstoffen auch die Lignane verantwortlich.
Anwendungsgebiete. Lokale Behandlung leichter Entzündungen der Mund- und
Rachenschleimhaut. Die Anwendung erfolgt vorzugsweise als Tinktur (Ratanhiae
tinctura PhEur 6), für Pinselungen oder zum Einmassieren im Mund- und Rachenraum
bei Zahnfleischentzündungen, Zungenrhagaden und Stomatitis; mit Wasser verdünnt
auch zum Gurgeln.
Tormentillwurzelstock - Tormentillae rhizoma (Rosaceae)
Blutwurz Potentilla erecta
Ph Eur
Inhaltsstoffe:
• 15–22% (PhEur: mindestens 7,0%) Gerbstoffe.
Catechingerbstoffe (Proanthocyanidine) und
Ellagitannine;
• Triterpene, darunter Tormentosid;
• Flavonoide und Phenolcarbonsäuren.
Wirkung. Adstringierend. Weiter sind u. a. antimikrobielle, antivirale,
antiinflammatorische und antioxidative Wirkungen ähnlich wie bei anderen
Gerbstoffdrogen nachgewiesen worden.
Anwendungsgebiete. Unspezifische, akute Durchfallerkrankungen, leichte
Schleimhautentzündungen im Mund und Rachenraum. Die PhEur führt auch eine
Tormentilltinktur auf.
Perückenstrauch Blatt Cotini folium (Anacardiaceae)
Perückenstrauch Cotinus coggygria
Inhaltsstoffe:
• Hydrolysierbare Gerbstoffe (Gallotannine)
• Flavonoide (Quercetin-, Kämpferol-,
Myricetin-Glykoside)
• Anthocyane
Verwendung
Lokale Behandlung den Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut. Die
Anwendung erfolgt als Tinktur oder Extrakt (alkoholisch/wässerig).
Teeblätter - Theae folium (Theaceae)
Tee Camellia sinensis
Teeblätter (Theae folium) bestehen aus
den fermentierten (schwarzer Tee) oder
unfermentierten (grüner Tee) Blättern
von Camellia sinensis.
Anwendung. Tee ist weltweit das
beliebteste coffeinhaltige
Genussmittel und kann aufgrund
des Gerbstoffgehaltes auch als
Antidiarrhoikum eingesetzt
werden.
Schwarzer Tee (ca. 80% der Weltproduktion) entsteht
durch Fermentierung.Die Blätter werden angewelkt, gerollt
(orthodoxe Methode) oder maschinell zermahlen,
zerrissen und gerollt, bei hoher Luftfeuchtigkeit während
einigerStunden fermentiert (enzymatisch katalysierte
Oxidationen) und dann getrocknet. Dabei entstehen
Aromastoffeund die charakteristische Farbe des
Schwarztees. Werden die Blätter sofort nach der Ernte
erhitzt (Enzyminaktivierung) und anschließend gerollt und
getrocknet, erhält man grünen Tee.
Inhaltsstoffe:
• Flavanderivate und ihre 3-O-Gallate
• Proanthocyanidine und Gallussäureester
von Proanthocyanidinen;
• Gallotannine, Ellagitannine (nur sehr
kleine Mengen);
• Flavonole und Flavonolglykoside;
• Phenolcarbonsäuren (u. a. Chlorogen-,
Kaffeesäure).
Weitere Inhaltsstoffe des Tees sind:
• Purinalkaloide
• Saponine, Aminosäuren, flüchtige
Aromastoffe.
Wirkung:
• antiviral, antibakteriell
• Adstringierend
• antioxidative Wirkung,
• Hemmung karzinogenaktivierender Enzyme,
• Abfangen reaktiver Zwischenstufen
karzinogener Stoffe,
• Hemmung der Nitrosierung,
• Beeinflussung der Signaltransduktion,
Zellkommunikation und der Proliferation.
A Zahlreiche lange, gerade
oder gebogene, einzellige,
dickwandige Deckhaare
(„Rattenschwanzhaare“;
auf beiden Blattseiten).
B Blattepidermis mit welligen
Zellwänden und
anomocytischen
Spaltöffnungen (manchmal
auch anisocytischen); Spaltö
ffnungen meist auf der unteren
Epidermis.
C Langes, einzelliges,
dickwandiges Deckhaar,
gerade oder gebogen, mit
gestreifter Textur der
Cuticula (typisch für Deckhaare
der Rosaceae).
D Deckhaare mit Cuticularknö
tchen; Zellinhalt der Deckhaare
teilweise braun gefärbt.
Agrimoniae herba -
Mikroskopische Merkmale
E Oxalatkristall im zweireihigen
Palisadengewebe
(Blattquerschnitt bifacial).
F Drüsenhaar mit vielzelligem,
einreihigem Stiel und einem
vierzelligen Köpfchen; auf Blatt
und Stängel.
G Dickwandige, getüpfelte
Quaderzellen im
Stängelgewebe einzeln oder in
Gruppen.
H Drüsenhaar mit kurzem,
einreihigem Stiel und einem
kugeligen, einzelligen Köpfchen;
Stiel ein- oder auch mehrzellig.
Agrimoniae herba -
Mikroskopische Merkmale