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Austenitbildung und -stabilität in9-12% Chromstählen
– ein Anwendungsbeispiel für ThermoCalc
Ulrich E. Klotz
EMPAEidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt
Dübendorf, Schweiz
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Anwendung von 9-12% Chromstählen
• Typische Stähle für den Kraftwerksbau (Rotoren für Gas- und Dampfturbinen, Boiler, Rohrleitungen, etc.)
• Werkstoffe mit guter Kombination von Festigkeit und Zähigkeit erforderlich
• Hohe thermische und mechanische Belastung über lange Zeiten (> 100.000h)
• Zeitabhängige Verformung (Kriechen) und Phasen-umwandlungen möglichGasturbinenrotor (Kompressor)
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Typische Legierungselemente
• Ferritbildner: Cr, Mo, W, V, Nb• Austenitbildner: Ni, Mn, N, C• Karbo-Nitridbildner: V, Nb, C, N• Typische Zusammensetzung (Beispiele)
X12 CrMoV 12 1: 12Cr 1Mo 0.5V 0.1CHCM 12A: 12Cr 0.5Mo 2W V Nb Cu CNf616 (P92): 9Cr 0.5Mo 1.8W V Nb C E911: 10Cr 1Mo 1W 0.7Ni V Nb C N
• Mo- und W-haltige Legierungen sind anfällig für intermetallische Phasen (Sigma, Laves)
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Typische Wärmebehandlung
• Zweistufige Wärmebehandlung• Lösungsglühen 1050-1150°C• Abschrecken (Luft, Öl, H2O)
=> Martensitbildung• Anlassen (600-780°C)
=> Ausscheidungshärtung mit V, Nb (Karbo-)Nitriden
• Gefüge aus angelassenem Martensit mit Karbo-Nitriden
• Metastabiler Zustand nach der Wärmebehandlung=> Phasenumwandlungen
im Betrieb möglich
LG
Anlassen
Temperatur
Zeit
A1
A3
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Legierungsentwicklung
• Komplexer Anforderungskatalog der Anwender– Höhere mechanische und physikal. Eigenschaften– Langzeit-Eigenschaften im Betrieb – Preis, Verfügbarkeit– Schweissbarkeit– Kompatibilität mit anderen Werkstoffen– Prüfbarkeit mit ZfP-Methoden– ...
• Feinfühlige Abstimmung der Legierungselemente• Einsatz von TCC zur Zeit- und Kostenersparnis
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Tendenzen der Legierungsentwicklung
• Rein stickstofflegierte Stähle– Höhere Oxidations- und Korrosionsbeständigkeit– Stabilere und feinere Ausscheidungen– Co für austenitische Erstarrung notwendig
• Vermeidung von W, moderater Mo-Gehalt– Geringere Anfälligkeit für intermet. Phasen
• Höherer Ni- und/oder Mn-Gehalt– Austenitische Erstarrung– Vermeidung von δ-Ferrit
• Beispiel: Fe - 11Cr 4Co 3Ni 1.8Mo V Nb N
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Neuartiges Legierungskonzept
• Stickstofflegierter 10% Cr-Stahl mit V- und Nb-Zusatz
• Übliche zweistufige Wärmebehandlung
• Anlassen zwischen A1- und A3-Temperatur
• Rel. lange Anlassdauer• Mikrostruktur aus Austenit
und Anlass-Martensit• Zusammensetzung:
10Cr 3-6Co 3-5Mn 2-4Ni1.2Mo 0.5V 0.05Nb 0.1N
LG
Anlassen
Temperatur
Zeit
A1
A3
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Phasendiagramm
• Sehr tiefe A3-Temperatur (ca. 710°C)
• A1-Temperatur unterhalb RT• Anlasstemperatur 600-650°C• Austenitanteil 30-40% nach
dem Anlassen• Bildung intermetallischer
Phasen unterhalb 550°C• Einsatztemperatur ≥ 550°C• Ferrit und VN in Form von
Anlass-Martensit
Fe - 10Cr 6Co 3Mn 4Ni 1Mo 0.5V 0.05Nb 0.14N
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Mikrostruktur im vergüteten ZustandLG: 1175°C/1.5h/Luft Anlassen: 600°C/20h/Luft
0.3 µm
γ
α'
VNγ
α'
1 µm
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Austenitbildung beim Anlassen
• Austenitbildung entlang der martensitischen Struktur
• Anreicherung von Mn, Ni und N im Austenit
• Streuung bei kurzen Anlass-zeit infolge Keimbildung
• Gleichgewichtszustand nach 20h bei 600°C erreicht
• Exp. Gleichgewichtsanteil ca. 30 Vol.% Austenit
• ThermoCalc-Werttendenziell etwas zu hoch
Anlasstemperatur 600°C
0
5
10
15
20
25
30
35
40
0.1 1 10 100 1000Anlassdauer, [h]
Charge 1Charge 2
Gleichgewichts-Austenitgehalt
nach ThermoCalc
Aus
teni
tgeh
alt,
[Vol
.%]
Fe - 10Cr 6Co 5Mn 2Ni 1Mo 0.5V 0.05Nb 0.14N
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Einfluss des Mn:Ni - Verhältnisses
• Geringer Einfluss auf die A3-Temperatur
• Mn födert die Bildung von Sigma-Phase
• Bei hohen Mn-Gehalten Zerfall von Austenit in Sigma-Phase und Ferrit
0Mn 7Ni 7Mn 0Ni
Fe - 10Cr 6Co xMn yNi 1Mo 0.5V 0.05Nb 0.14N
• Mn-Gehalte über 3 Gew.%sind kritisch wegen der Bildung von Sigma-Phase
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Einfluss des Mn:Ni - Verhältnisses
• Starker Einfluss der Anlasstemperatur auf den Austenitgehalt
• Mn steigert den Austenitgehalt merklich
• Mn reichert sich stärker im Austenit an als Ni
• Knick bei 575°C infolge Bildung von Sigma-Phase
Fe - 10Cr 6Co xMn yNi 1Mo 0.5V 0.05Nb 0.14N
0Mn 7Ni 7Mn 0Ni
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Austenitstabilität nach dem Anlassen
• Austenit zeigt Tendenz zur Martensitbildung
• Ziel: stabiler Austenit beim Abkühlen nach dem Anlassen
• Dilatometrische Messung der MStart -Temperatur
• TCC ergibt etwas höhere MS-Werte– höherer Austenitgehalt– geringere Anreicherung
der Austenitbildner
MS [°C]= 635 – 474[C + 0.86N -0.15Nb] – 17Cr – 33Mn – 21Mo – 17Ni – 39V
Fe - 10Cr 6Co 5Mn 2Ni 1Mo 0.5V 0.05Nb 0.14N
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Einfluss des Mn:Ni - Verhältnisses
• Einfluss von Mn und Ni auf die Austenitstabilität
• MS-Temperatur steigt mit steigender Anlasstemperatur– Zunahme des Austenit-
anteils– Geringere Anreicherung
von Mn und Ni• Mn stabilisiert Austenit
stärker als Ni• Minimum der MS-Temperatur
bei ca. 3Mn:4Ni
Fe - 10Cr 6Co xMn yNi 1Mo 0.5V 0.05Nb 0.14N
0Mn 7Ni 7Mn 0Ni
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Zwischenbilanz
• Mit TCC berechneter Austenitanteil und MS-Temperatur sind eher zu hoch
• Bildung intermetallischer Phasen (Sigma, Laves) sollte erst unterhalb 550°C erfolgen
• Variation weiterer Legierungselemente (Cr, Co, Mo, W) ergibt optimierte Legierungszusammensetzung:Fe - 10Cr 3-6Co 3-5Mn 2-4Ni 1.2Mo 0.5V 0.05Nb 0.1N
• Experimentelle Überprüfung der berechneten Ergebnisse mit Langzeitversuchen
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Experimentelle Ergebnisse
• Anlassversuche langer Dauer (800h bei 600°C bzw. 625°C)
• Erwartung: langsame Zunahme des Austenitgehalts
Aber:• Bildung von Sigma-Phase
(gelb) und Cr-Nitrid (pink)• Destabilisierung des Austenits
(Anstieg von MS)• Martensitische Umwandlung
beim Abkühlen=> Ausgeprägte VersprödungSTEM-EDX Elementverteilungsbild
grün: Mn + Ni, pink: Cr, gelb: Mo
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Zusammenfassung
• TCC hilfreich für die Optimierung der Legierungszusammensetzung
• Bei kurzen Anlassdauern tendenziell richtige Ergebnisse für Austenitgehalt und -Stabilität
• Vorhersage von Sigma-Phase und Cr-Nitrid mit SSOL-Datenbank noch nicht korrekt
• Andere Datenbanken (FE-2000) besser geeignet?• Modellierung der Phasenreaktionen mit Dictra?!
– Voraussetzungen? / Ansatz?
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Erstarrungsverhalten
• Einfluss von Mn und Ni auf das Erstarrungsverhalten
• Austenitische Erstarrung notwendig, um N in der Schmelze zu halten
• Was bewirkt der Austausch von Mn mit Ni?
• Ni fördert die austenitischeErstarrung und vermeidet δ-Ferrit
• Ni steigert die Auflösungs-temperatur von VN
0Mn 7Ni 7Mn 0Ni
Fe - 10Cr 6Co xMn yNi 1Mo 0.5V 0.05Nb 0.14N