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„Work-Life-Balance“ war gestern – Arbeitszeit ist LebenszeitDr. Sabine Manzel hat in einer Masterarbeit die anderen Erwartungen der Generation Y und die Anforderungen an die Mitarbeiterführung in der Zahnarztpraxis untersucht

er hat nicht – ebensowie ich – oft davon ge-

träumt, „Leben und Ar-beiten“ in ein ausgewogeneresVerhältnis zu bringen? Als „Work-Life-Balance“ zum Motto der Jün-geren wurde, erkannten sich vie-le von uns wieder und meinten, da-mit ein tiefes Verständnis für die„Generation Y“ zu haben, ja, imGrunde irgendwie dazuzugehö -ren. Schließlich wurde ja nur dasverbalisiert, was wir schon immerselbst wollten.

Nicht ohne Weiteres nachvoll-ziehbare Veränderungen im Ver-halten von Mitarbeiterinnen – wo-zu die Bereitschaft gehört, bei at-mosphärischen Störungen sehrschnell den Arbeitgeber zu wech-seln – weckten mein existenziel-les Interesse, über diese Gene-ration mehr zu erfahren. Ich ent-schied, eine Masterarbeit darü-ber zu schreiben („Generation Y– Konsequenzen für die Mitar-beiterführung in der Zahnarzt-praxis“), und kam zu Einsichtenund Erkenntnissen, die ich ger-ne an Kolleginnen und Kollegenweitergeben möchte.

Kurz und knapp lassen sich dieNachkriegsgenerationen etwa sozusammenfassen: „leben, um zuarbeiten“ (bis 1955 Geborene) –„arbeiten, um zu leben“ (1955-1980) – „leben beim Arbeiten“ =„Work-Life-Blending“, gilt für dienach 1980 geborene Generation Y.Wer diesen Wandel der prinzipi-ellen Einstellungen übersieht,könnte sehr bald vor immensenProblemen bei der Gewinnungvon Mitarbeitern stehen. Bereitsin fünf Jahren macht diese Bevöl -kerungskohorte etwa 50 Prozentder Arbeitnehmerschaft aus.

Diese Generation ist wie kaumeine frühere beschrieben und un-terschiedlich benannt worden:„Millennials“, „Digital Natives“,„Net Generation“ „Generation@“, „Cyber Kids“- aber auch hu-morvoll „Generation Helicopter“oder „Generation Nintendo“ undin China „Kleine Kaiser“. Der Be-griff „Generation Y“ oder „Gen Y“,stimmt nicht nur, weil die Vor-gängergeneration „X“ hieß, son-dern auch und vor allem wegender Doppeldeutigkeit: Y wird imEnglischen Why = Warum ausge-sprochen. „Warum“ ist ein Schlüs-selwort zum Verständnis dieserBevölkerungskohorte.

Diese jungen Menschen sindin einem Lebensumfeld auf-gewachsen, in dem alleelementaren Fragenbeantwortet warenb e z i e h u n g s -weise zu seinschienen.D i e s eG e -

neration konnte und kann sich vollauf die oberste Stufe der Maslow -schen Bedürfnispyramide (sie-he Grafik) konzentrieren, nämlichdie Selbstverwirklichung.

Die Maslowsche Bedürfnispy-ramide geht davon aus, dass eseine Hierarchie der Bedürfnissegibt, die im Zeitablauf beziehungs -weise je nach dem Grad der Ab-sicherung der elementaren Be-dürfnisse aufeinander aufbauen.Zunächst geht es um die Befrie-digung der Grundbedürfnisse,dann der Sicherheitsbedürfnis-se und der sozialen Bedürfnisse,schließlich um die „Ich“-Bedürf-nisse und letztlich um die Selbst-verwirklichung. Die Darstellungbringt sehr anschaulich zum Aus-druck, dass die Dominanz der phy-siologischen Bedürfnisse am An-fang so groß ist, dass alle anderenBedürfnisse zurückstehen odernicht wahrgenommen werden.Wenn alle elementaren Bedürfnis -se aber befriedigt sind, dann gehtes schwerpunktmäßig um dieSelbstverwirklichung.

Die Angehörigen der Generati-on Y leben nicht nur im „Pent-house“ der Maslowschen Be-dürfnispyramide, sie sind auchdie erste Generation, die mit di-gitaler Technik und seit der Schul-zeit mit dem Internet aufgewach -sen ist. Sie leben, denken und ar-beiten in der realen und zugleichin einer virtuellen Welt. Sie gehennicht wie ihre Eltern „ins“ Inter-net, sie leben „im“ Internet (Kers -tin Bund: „Glück schlägt Geld“).

Der Schwerpunkt meiner Mas -terarbeit liegt auf der Betrach-tung der Zahnmedizinischen Fach-angestellten (ZFA), der Verwal-tungs- und Prophylaxeassisten-ten (ZMV und ZMP). Zusätzlichzu eigener Recherche habe icheinen Fragebogen erstellt, des-sen Beantwortung in drei Schul-klassen des OberstufenzentrumsGesundheit in Berlin-Wedding inmeiner Anwesenheit unvorberei-tet und unbeeinflusst erfolgte.Die Fragebögen wurden von al-len ZFA-Auszubildenden ausge-füllt und ohne Kommentar abge-geben, lediglich wurden verein-zelt Verständnisfragen beant-wortet.

Eine wichtige Erkenntnis ausder Masterarbeit betrifft die Prä-senz der Praxen. Um diese jun-gen Menschen als Mitarbeiter zu

gewinnen und zu halten, ist eserforderlich, sie dort abzu-

holen, wo sie sind: in ih-rer digitalen Welt. Da -

für ist eine ersteVoraussetzung,

dass der eige-ne Interne-

tauftrittd e r

Praxis ständig aktualisiert wird.Junge Menschen orientieren sichnicht mehr in den klassischen Me-dien, sondern in Internet-Foren,Plattformen, Jobbörsen sowie imBereich Social Media. Das Ziel,diese jungen Menschen für einen

längeren Zeitraum als Mitarbei-ter zu halten, erfordert Einstel-lungs- und Verhaltensänderun-gen vieler Chefs.

Soweit ein erster kurzer Über -blick. Die Arbeit schließt mit einerlängeren Liste von Empfehlungen

Ausgabe 10/15Praxis aktuell©

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Meine schönste Entscheidung.

D ie Autorin dieses Beitrags, Dr.Sabine Manzel, MSc., ist Zahn -

ärztin und Zahntechnikerin und hat ei-nen Master of Science in Parodonto -logie und Implantattherapie erwor-ben. Nach dem Abitur erfolgte die Aus -bildung zur Zahntechnikerin, anschlie -ßend das Studium der Zahnmedizinan der Freien Universität Berlin. Im Mai1993 erfolgte die Niederlassung in ei-gener Praxis für Zahnheilkunde inBerlin-Zehlendorf.

In den Jahren 1997/1998 absol -vierte Manzel eine Hypnoseausbil-dung, 1999 folgte die Promotion ander FU Berlin. 2004 übernahm sie diePräsidentschaft des internationalenForums für innovative Zahnheilkunde„ZUM“ Zahn und Mensch (interdis-ziplinärer Arbeitskreis von Zahnärz -ten, Zahntechnikern und Hochschul-professoren).

Von 2004 bis 2006 erfolgte eineAusbildung am LVI – Las Vegas-In-stitute/USA mit praktischen Arbeits-kursen (Full Mouth Rekonstruktionnach funktionellen und ästhetischenGesichtspunkten, Komplettbehand-lung deutscher Patienten in Neva-

da). Seit 2009 ist Manzel regelmä -ßig in diesen Bereichen als Referen-tin tätig. Sie bildet sich vielfältig undaktiv bei namhaften Referenten undExperten fort.

Von Mai 2012 bis September2014 absolvierte Sabine Manzel einStudium zum Master of Science in Par-odontologie und Implantattherapieder Deutschen Gesellschaft für Par-odontologie (DGP) an der Dresden In-ternational University (DIU).

Kontakt zur Autorin unter [email protected].

Checkliste für den ZahnarztJa teils-teils unnötig

Ist Ihre Website zeitgemäß? ❏ ❏ ❏

Sind Sie auf Internetportalen präsent? ❏ ❏ ❏

Verfolgen Sie Arztbewertungen? ❏ ❏ ❏

Nehmen Sie Rat von Mitarbeitern ernst? ❏ ❏ ❏

Führen Sie durch Vorbild? ❏ ❏ ❏

Kennen Ihre Mitarbeiter Ihr ehren- ❏ ❏ ❏amtliches Engagement und Ihre eigene Weiterbildung?

Identifizieren sich Ihre Mitarbeiter ❏ ❏ ❏mit Ihnen und mit Ihrer Praxis?

Bieten Sie Teilzeitmodelle, ❏ ❏ ❏Home Office, Sabbatical etc. an?

Hat Ihre Praxis eine klare ❏ ❏ ❏Pausenregelung?

Sind Sie bereit, ein tägliches ❏ ❏ ❏Feedback zu geben?

Sind Sie offen für Mitarbeiter aus ❏ ❏ ❏anderen Ländern und Kulturen?

Ergreifen Sie Maßnahmen ❏ ❏ ❏gegen Mobbing?

Haben Sie eine Praxisphilosophie? ❏ ❏ ❏

Arbeiten Sie an Corporate Design, ❏ ❏ ❏unverwechselbarem Profil der Praxis und Employer’s Branding?

Bieten Sie Ihren Mitarbeitern ❏ ❏ ❏Weiterbildungsmaßnahmen an?

Haben Sie Kontakt zu Schulen, ❏ ❏ ❏helfen Sie bei der Berufsorientierung?

Selbst-verwirklichung

Individualbedürfnisse

Soziale Bedürfnisse

Sicherheitsbedürfnisse

Physiologische Bedürfnisse

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