Az. RO 7 K 17.163
Verkündet am 25. Januar 2018 ***** stv. Urkundsbeamtin
Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg Im Namen des Volkes
In der Verwaltungsstreitsache ***** ***** vertreten durch den 1. Vorsitzenden ***** ***** - Kläger - bevollmächtigt: Rechtsanwälte ***** *****
gegen
Freistaat Bayern vertreten durch das Landratsamt ***** ***** - Beklagter - beigeladen: ***** ***** bevollmächtigt: Rechtsanwälte ***** *****
beteiligt: Regierung der Oberpfalz als Vertreter des öffentlichen Interesses Emmeramsplatz 8, 93047 Regensburg
wegen
immissionsschutzrechtlicher Genehmigung (Windkraftanlage) erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 7. Kammer, unter Mitwir-kung von
Präsident Mages Richter am Verwaltungsgericht Straubmeier Richter am Verwaltungsgericht Dr. Motsch ehrenamtlicher Richterin Zellner ehrenamtlichem Richter Baumgartner
Das Urteil wird aufgrund des Beschlusses vom 26.03.2018 berichtigt: Regensburg, den 26.3.2018 Verwaltungsgericht Regensburg ***** stv.Urkundsbeamtin
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aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. Januar 2018 folgendes
U r t e i l :
I. Der Bescheid des Beklagten vom 30.12.2016 in der Gestalt des Bescheids vom 26.4.2017 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Ver-fahrens je zur Hälfte.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleiche Höhe leistet.
Tatbestand :
Der Kläger wendet sich als anerkannter Naturschutzverband gegen die immissionsschutz-
rechtliche Genehmigung einer Windkraftanlage (WKA).
1. Der Beigeladene beantragte erstmals mit einem am 7.8.2009 beim Beklagten eingegan-
genen Schreiben die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer WKA. Am
18.5.2011 ging der Behörde ein förmlicher Genehmigungsantrag für die Erteilung einer
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Wind-
kraftanlage des Typs Enercon E-82 E2 (Nabenhöhe 108,98 m, Rotordurchmesser
41,0 m, Leistung 2,3 MW) auf dem Grundstück FlNr. 289 der Gemarkung W***** im Ge-
meindebereich der Stadt E***** zu. Dem Antrag war u. a. ein vom 6.4.2011 datierendes
Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (saP) beigefügt, in dem die
Auffassung vertreten wurde, bei Beachtung der in dieser Ausarbeitung vorgeschlagenen
Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen ließen sich keine vorhabensbedingten, von
§ 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) erfassten Beeinträchtigungen feststellen.
Die Einwände, die eine Fachkraft für Naturschutz des Landratsamts am 13.9.2011 ge-
gen dieses Gutachten erhob, zogen eine am 5.12.2011 erstellte Ergänzung dieser Aus-
arbeitung nach sich. In einer amtsinternen Stellungnahme vom 26.9.2013 merkte die
Fachkraft für Naturschutz an, die Qualität der dem Gutachten vom 6.4.2011 zugrunde
liegenden Untersuchungen orientiere sich in keinster Weise an den „Hinweisen zur Pla-
nung und Genehmigung von Windkraftanlagen“ vom 20.12.2011 (AllMBl 2012 S. 34;
sog. Windkrafterlass Bayern 2011, nachfolgend „WKE 2011“); die Ergänzung vom
5.12.2011 beruhe auf keinen zusätzlichen Untersuchungen vor Ort, sondern erörtere nur
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theoretische Gesichtspunkte. Da ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bezüglich der re-
levanten Großvogelarten nicht ausgeschlossen werden könne, bedürfe es zusätzlicher,
in enger Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde durchzuführender Untersu-
chungen nach den Vorgaben des WKE 2011.
Vom Beigeladenen wurde nachfolgend eine Unterlage zur speziellen artenschutzrechtli-
chen Prüfung des ***** vom 25.4.2016 vorgelegt. Im Rahmen von erhobenen Einwen-
dungen wurden auch von dritter Seite fachliche Stellungnahmen zum Artenschutz abge-
geben, u.a. vom Büro CINIGRA vom 20.9.15. Dieses Büro hat zusätzlich eine Unterlage
„Schwarzstorch-Monitoring Landkreis ***** 2016 – 2018, Teilgebiet *****“ vom 29.9.2016
vorgelegt, die im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) erstellt wurde. Die
UNB hat am 26.10.2016 auf Grund der vorliegenden Unterlagen eine naturschutzfachli-
che Stellungnahme dahingehend abgegeben, dass dem Vorhaben aus naturschutzfach-
licher Sicht nicht zugestimmt werden könne, da für den Wespenbussard und den
Schwarzstorch ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko gegeben sei. Anmerkungen zum
Rotmilan seien unterblieben, da nach Einschätzung der UNB die Argumente im Hinblick
auf den Wespenbussard und Schwarzstorch hinreichend für eine Ablehnung der WKA
seien. Mit Schreiben vom 27.10.2016 hörte der Beklagte den Beigeladenen zur geplan-
ten Ablehnung des Vorhabens an. Mit Schreiben vom 30.11.2016 nahm der Bevollmäch-
tigte des Beigeladenen hierzu Stellung und legte eine weitere Stellungnahme des Büros
***** vom 28.11.2016 und eine „Plausibilitätsprüfung der artenschutzrechtlichen Belan-
ge“ durch das Büro für ökologische Studien S***** GmbH vom 29.11.2016 zu den be-
nannten Ablehnungsgründen vor. Eine weitere Stellungnahme der Unteren Naturschutz-
behörde zu diesen Unterlagen erfolgte nach Aktenlage nicht.
2. Mit Bescheid vom 30.12.2016 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 4.4.2017
erteilte der Beklagte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für das Vorhaben un-
ter verschiedenen Inhalts- und Nebenbestimmungen, u.a. zum Artenschutz. Insoweit ist
unter Nr. C.5.2.3 des Bescheids festgelegt, dass zum Ausschluss eines signifikant er-
höhten Tötungsrisikos für Fledermäuse parallel zur Aktivitätserfassung im Rahmen eines
Gondelmonitorings ein Abschaltalgorithmus in Kraft zu setzen ist. Unter bestimmten me-
teorologischen Bedingungen ist im Zeitraum vom 1.4. bis zum 31.8. die Anlage eine
Stunde vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang abzuschalten, im Zeitraum vom 1.9.
bis 31.10. drei Stunden vor Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang. In Nr. C.5.3 ist fest-
gelegt, dass zur Vermeidung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos für den Wespen-
bussard die Windkraftanlage in der Zeit vom 1.5. bis 31.8. von Sonnenaufgang bis Son-
nenuntergang abzuschalten ist. In den Gründen des Bescheids wird ausgeführt, ein sig-
nifikant erhöhtes Tötungsrisiko hinsichtlich der Vogelarten Schwarzstorch und Rotmilan
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werde nicht gesehen. Spezies dieser Vogelarten seien im Untersuchungsraum zwar ge-
sichtet worden, jedoch nicht in einem Umfang, der für einen Verbotstatbestand i.S.d.
§ 44 BNatSchG sprechen würde. Die Plausibilitätszweifel der Unteren Naturschutzbe-
hörde hinsichtlich des Schwarzstorches könnten nicht nachvollzogen werden.
3. Am 27.1.2017 erhob der Kläger als anerkannter Naturschutzverband gegen den Ge-
nehmigungsbescheid vom 30.12.2016 Anfechtungsklage und bezog mit Schriftsatz vom
26.4.2017 einen Änderungsbescheid vom 4.4.2017 in das Klageverfahren ein. Zur Be-
gründung wurde ausgeführt, die Klage sei nach § 2 Abs. 1 Umweltrechtsbehelfsgesetz
(UmwRG) zulässig und begründet. Die Genehmigung stelle eine Entscheidung über die
Zulassung eines Vorhabens i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3
Nr. 1 des Gesetzes über eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) dar, da eine Pflicht
zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen könne. Im Rahmen der
Zulässigkeit genüge die bloße Möglichkeit einer Durchführungspflicht. Diese sei nicht
auszuschließen. Die Anlage stünde mit anderen Anlagen in engem Zusammenhang
i.S.d. §§ 3 c Satz 5, 3 b Abs. 2 UVPG. Der Kläger werde durch die Entscheidung in sei-
nen satzungsmäßigen Aufgaben berührt, da Belange des Umweltschutzes tangiert wür-
den, die der Kläger lt. § 2 Nr. 2 a seiner Satzung schützen wolle. Dort mache er sich die
Ziele des Naturschutzes aus §§ 1, 2 BNatSchG zu eigen. Die Klage sei nach § 4 Abs. 1
UmwRG begründet, da eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalles zur Feststellung
der UVP-Pflichtigkeit und eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung i.S.v. § 9 UVPG
nicht durchgeführt worden seien. Dem Kläger stehe als Verband auch ein Klagerecht
nach § 42 Abs. 2 Halbsatz 2 VwGO zu. Die Klagebefugnis ergebe sich dabei allein aus
seiner prokuratorischen Rechtsmacht bei der Geltendmachung von Vorschriften des
Umweltrechts, die ihren Ursprung im Unionsrecht hätten. Der Kläger verweist insoweit
auf die Aarhus-Konvention und Rechtsprechung des EuGH. Zudem ergebe sich unmit-
telbar aus § 44 BNatSchG eine subjektive Rechtsposition, die durch einen Umweltver-
band geltend gemacht werden könne. Die Klage sei auch begründet, da die Genehmi-
gung § 44 Abs. 1 BNatSchG verletze. Schwarzstorch, Wespenbussard und Rotmilan
gehörten zu den streng geschützten Arten, da sie im Anhang A der Verordnung (EG) Nr.
338/97 aufgeführt seien. In allen Gutachten sei der maßgebliche Bereich um die WKA
als deren Lebensraum ausgemacht. Insoweit sei das Tötungsrisiko bei Errichtung der
WKA signifikant erhöht. Ebenso sei § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verletzt, da sich die lo-
kale Population in der jeweiligen Vogelart durch die Störung während der Fortpflan-
zungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeit verschlechtern werde. Auch
§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG sei verletzt. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die
WKA nicht der Windenergienutzung i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB diene. Hier müsse
das Windrad nach den Auflagen regelmäßig abgeschaltet werden, so dass der Betrieb
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wohl unwirtschaftlich sei. Jedenfalls sei zu berücksichtigen, dass unter Beachtung der
nur mäßig optimalen Windlage im entsprechenden Gebiet der Artenschutz im Außenge-
biet höher zu bewerten sei. Zudem sei der Klage jedenfalls nach §§ 1, 11 Abs. 2 Um-
weltschadensgesetz (USchadG) stattzugeben.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landratsamtes ***** vom 30.12.2016 in der Fassung des Be-
scheids vom 4.4.2017 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die streitgegenständliche WKA werde nicht in der Anlage 1 des UVPG aufgeführt und
damit nicht vom Anwendungsbereich des UVPG erfasst. Ein enger Zusammenhang
gem. § 3 b Abs. 2 Satz 1 UVPG mit anderen Anlagen bestehe nicht. Die Anlagen des
„Windparks E*****“ lägen 3 km von der streitgegenständlichen WKA entfernt und seien
nicht mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Anlagen verbunden. Auch werde
der Windpark von einem anderen Betreiber betrieben bzw. sei von anderen geplant
worden. Eine Verletzung von § 44 BNatSchG liege nicht vor. Dem Beklagten liege ein
Gutachten zur speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung vor, das mit der Unteren Na-
turschutzbehörde abgestimmt sei (§ 13 Abs. 2 Satz 2 der 9. BImSchV). Zweifel bezüg-
lich der Plausibilität des Gutachtens bestünden nicht. Hinsichtlich des Wespenbussards
könne das signifikante Tötungsrisiko durch die im Bescheid genannten Abschaltzeiten
minimiert werden. Das Umweltschadensgesetz komme hier nicht zur Anwendung.
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Klage abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des BayVGH vom 14.03.2017 (Az. 22 B 17.12)
wurde zunächst vorgebracht, die Klage sei offensichtlich unzulässig, da der Kläger keine
Klagebefugnis geltend machen könne. Der Anwendungsbereich des UmwRG sei nicht
eröffnet und eine Klagebefugnis auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 UmwRG scheide evi-
dent aus. Es fehle an einer Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG. Die Anlage
unterliege offensichtlich weder einer UVP-Pflicht noch einer UVP-Vorprüfungspflicht
nach dem UVPG. Es sei auch das einfache immissionsschutzrechtliche Genehmigungs-
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verfahren durchgeführt worden. Eine drittschützende Rechtsverletzung gem. § 64 Abs. 1
BNatSchG scheide bereits grundlegend aus, da es sich bei der streitgegenständlichen
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht um eine Entscheidung nach § 63
Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 und Abs. 2 Nrn. 5 bis 7 BNatSchG handele. Auch die Möglichkeit ei-
ner Rechtsverletzung aus Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU (sog. UVP-Richtlinie)
und aus Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Aarhus-Konvention ergebe sich
nicht. Auch bestehe keine Veranlassung zu einer unmittelbaren Anwendung des Art. 9
Abs. 3 der Aarhus-Konvention. Eine Klagebefugnis könne nach der Entscheidung des
BayVGH auch nicht mit dem Erfordernis einer europarechtskonformen Auslegung des
§ 42 Abs. 2 2. Halbsatz VwGO begründet werden. Auch das USchadG sei nach dessen
§ 1 USchadG eindeutig nicht anwendbar. Nach Setzung einer Frist nach § 87b Abs. 1
Satz 1 VwGO durch das Gericht mit Verfügung vom 5.5.2017 zur Klagebegründung bis
24.5.2017 sei der in der am 2.6.2017 bei Gericht eingegangenen Klagebegründung er-
folgte Tatsachenvortrag als verspätet zurückzuweisen.
4. Am 27.1.2017 erhob der Beigeladene Klage gegen die unter Nrn. C.5.2.3 bis 5.2.5 ent-
haltenen „Inhalts- und Nebenbestimmungen“ zum Abschaltalgorithmus während des
Gondelmonitorings sowie zur zeitweisen Abschaltung der Anlage zum Schutz des Wes-
penbussards in Nr. C 5.3 (Az. RO 7 K 17.166).
5. Der Beigeladene hat am 28.4.2017 die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ge-
nehmigung beantragt. Mit Beschluss der Kammer vom 17.7.2017 (Az. RO 7 S 17.727)
wurde der Antrag abgelehnt. Nach der anwendbaren Neufassung des UmwRG zum
2.6.2017 (BGBl. I S. 1298) sei die Klage zulässig. Die Erfolgsaussichten der Klage seien
im Hinblick auf artenschutzrechtliche Verbotstatbestände offen, die Interessenabwägung
falle zu Lasten des Beigeladenen aus. Die Beschwerde hiergegen blieb erfolglos
(BayVGH, B.v. 27.11.2017 – Az. 22 CS 17.1574 - juris). Auf die Einzelheiten der Gründe
der Beschlüsse im einstweiligen Rechtsschutz wird verwiesen.
6. Mit Schriftsatz vom 15.1.2018 nahm der Beigeladene im Klageverfahren zu den Ausfüh-
rungen in den Eilbeschlüssen, insbesondere des BayVGH im Beschluss vom
27.11.2017 ergänzend Stellung. Auch nach der Neufassung des UmwRG zum 2.6.2017
fehle es dem Kläger an der Klagebefugnis. Die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1
UmwRG (n.F.) sei nicht einschlägig. Die am 26.1.2016 erhobene Anfechtungsklage ha-
be den Eintritt der Bestandskraft nicht hindern können, da sie von Anfang an offensicht-
lich unzulässig gewesen sei. Wenn man der Auffassung folge, dass auch eine offen-
sichtlich unzulässige Klage den Eintritt der Bestandskraft hemmen würde, müsse die
Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG im Hinblick auf rechtsstaatliche An-
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forderungen und Gründe des Vertrauensschutzes jedenfalls einschränkend dahin aus-
gelegt werden, dass das UmwRG n.F. in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UmwRG n.F.
nur dann anwendbar sei, wenn die Bestandskraft infolge eines zulässigen Rechtsbehelfs
noch nicht eingetreten ist. Überdies falle die Genehmigung nicht unter § 1 Abs. 1 Satz 1
Nr. 5 UmwRG n.F.. Entscheidend für dessen Anwendbarkeit sei, dass es sich bei dem
streitgegenständlichen Vorhaben gerade um ein anderes als ein in den Nummern 1 bis
2b genanntes Vorhaben handele. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG n.F. umfasse jedoch gerade
Zulassungsentscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 6 UVPG. Der angefochtene Verwal-
tungsakt sei eine in § 2 Abs. 6 UVPG genannte Zulassungsentscheidung und unterfalle
damit § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG n.F., vorausgesetzt dessen weitere Tatbestandsmerkma-
le seien erfüllt, was im zugrunde liegenden Fall aber zu verneinen sei. Weiter wird aus-
geführt, anstatt der Anwendbarkeit des aktuell gültigen Windkrafterlasses 2016 (vom
19.7.2016, in Kraft ab 1.9.2016 – nachfolgend WKE 2016) müsse von der Anwendbar-
keit des zuvor gültigen WKE 2011 ausgegangen werden. Zwischen der Einreichung der
letzten Ergänzung des *****-Gutachtens am 26.4.2016 und dem Inkrafttreten des neuen
WKE 2016 am 1.9.2016 lägen über vier Monate, in denen eine Entscheidung über den
Antrag möglich gewesen wären. Die UNB habe dieses Gutachten als fachlich fundiertes
Gutachten bezeichnet. Es sei rechtsmissbräuchlich, dann die Genehmigungserteilung
bis zum Inkrafttreten des neuen WKE hinauszuzögern. Das seitens der Beigeladenen
eingereichte saP-Gutachten genüge den Anforderungen der Anlage 6 des WKE 2011.
Jedenfalls stelle das *****-Gutachten eine hinreichende fachliche Grundlage dar, so dass
eine Abweichung von den Anforderungen des WKE 2016 gerechtfertigt wäre. Im Übri-
gen beruhe Anlage 5 des WKE 2016 nicht auf aktuellen landesweiten fachlichen Er-
kenntnissen und Erfahrungen. Die erhöhten Anforderungen an Beobachtungszeiten sei-
en fachlich nicht begründet, inhaltlich unklar, entsprächen nicht dem Stand der Wissen-
schaft und seien unverhältnismäßig. Die Arbeitshilfen des LfU, auf die verwiesen werde,
seien auch erst im Juni 2017 veröffentlicht worden. Sowohl der WKE 2016 im Allgemei-
nen als auch die Anlage 5 des WKE 2016 im Speziellen seien unwirksam. Das Fehlen
einer Übergangsregelung stelle einen verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden
Eingriff in die Eigentumsfreiheit dar. Ein Verstoß gegen § 44 Abs. 1 BNatSchG als um-
weltbezogene Rechtsvorschrift im Rahmen des § 2 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwRG n.F. sei
nicht gegeben, andere verletzte umweltbezogene Rechtsvorschriften seien auch nicht
ersichtlich. Art. 82 BayBO sei vorliegend nicht anwendbar. Mit Schreiben vom 5.4.2014
habe der Beklagte dem Beigeladenen gegenüber ausdrücklich bestätigt, dass die einge-
reichten Unterlagen vollständig seien. Der Beklagte habe dabei schlicht angegeben,
dass allenfalls bloße Nachforderungen oder zusätzliche Unterlagen durch die Fachbe-
hörden angefordert werden könnten. Jedenfalls ergebe sich aus dem gesamten Verhal-
ten des Beklagten, dass die Prüffähigkeit und damit die Vollständigkeit der Antragsunter-
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lagen bindend festgestellt worden und der Beklagte stets von der grundsätzlichen Prüf-
fähigkeit der Antragsunterlagen ausgegangen sei. Das Schreiben vom 5.3.2014 entfalte
daher Regelungswirkung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und des Sachverhalts wird auf die
Gerichtsakten in diesem Verfahren und in den Verfahren RO 7 S 17.727 und RO 7 K 17.166,
auf die vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Die Klage ist zulässig.
Eine fehlende Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO steht der Zulässigkeit der Ver-
bandsklage des Klägers nicht entgegen.
Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbe-
helfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-
Rechtsbehelfsgesetz) in der Neufassung vom 23. August 2017 (BGBl 2017, 3290) -
nachfolgend UmwRG n.F. - kann der Kläger als anerkannte Vereinigung i.S.d. § 3
UmwRG n.F. gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG n.F. Rechtsmittel
einlegen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, wenn
die weiteren in den § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 und Satz 2 UmwRG n.F. genannten
Voraussetzungen erfüllt sind.
a) Die hier angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide stellen
Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG n.F. dar. Denn nach § 1 Abs. 1 Satz 1
Nr. 5 UmwRG n.F. ist das Gesetz anzuwenden auf Rechtsbehelfe gegen „Verwaltungs-
akte oder öffentlich-rechtliche Verträge, die durch andere als die in den Nrn. 1 bis 2b
UmwRG genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften
des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der europä-
ischen Union zugelassen werden“. Bei der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der unter Anwendung umwelt-
bezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, hier z.B. u.a. des Bundesnaturschutz-
gesetzes, das Vorhaben zulässt.
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Der Auffassung der Klägerseite, dass vorliegend § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG n.F. einschlä-
gig ist und nicht § 1 Abs. 1 Nr. 5 UmwRG n.F. ist nicht zu folgen. Da die einzelne Wind-
kraftanlage nicht UVP-vorprüfungspflichtig ist und auch nicht in Zusammenschau mit
anderen Anlagen (Kumulation) die Grenze einer Vorprüfungspflichtigkeit bzw. einer
UVP-Pflichtigkeit erreicht, kann nach § 3b UVP-Gesetz i.V.m. Ziffer 1.6 der Anlage 1
zum UVP-Gesetz keine UVP-Pflichtigkeit bestehen. Der Einwand, gerade im Hinblick auf
evtl. kumulierende Vorhaben müsse eine weitere Vorprüfung vor der eigentlichen UVP-
Vorprüfung stattfinden, überzeugt nicht. Das Gericht verweist zur Begründung auf die
Gründe des Beschlusses des BayVGH vom 27.11.2017 im Eilverfahren, juris Rn. 27 bis
30, denen das Gericht folgt. Durchgreifendes hiergegen wurde nicht mehr vorgebracht.
b) Die genannte Neufassung des Gesetzes ist hier anwendbar, da nach der Überleitungs-
vorschrift in § 8 Abs. 2 UmwRG n.F. das Gesetz für Rechtsbehelfe gegen Entscheidun-
gen nach §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 6 UmwRG n.F. gilt, die (Nr. 1.) am 2. Juni 2017
noch keine Bestandskraft erlangt haben.
Vorliegend hat die streitgegenständliche Genehmigung als Entscheidung nach § 1
Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG durch die vorliegende Klage am maßgeblichen Stichtag
2. Juni 2017 noch keine Bestandskraft erlangt. Soweit insoweit eingewendet wurde, die
vorliegende Klage habe die Bestandskraft nicht hindern können, da sie nach der Ent-
scheidung des BayVGH vom 14.3.2017 (Az. 22 B 17.12 - NVwZ - RR 2017, 554) unzu-
lässig bzw. offensichtlich unzulässig gewesen sei oder zumindest Gründe des Vertrau-
ensschutzes dem entgegenstehen, folgt dem das Gericht nicht.
(Formelle) Bestandskraft tritt grundsätzlich erst ein, wenn gegen einen Verwaltungsakt
keine ordentlichen Rechtsmittel mehr gegeben sind, insbesondere wenn die dafür vor-
gesehenen Fristen verstrichen sind oder eine nicht mehr anfechtbare Entscheidung über
einen ordentlichen Rechtsbehelf ergangen ist. Rechtsprechung und Literatur machen in-
soweit aber Einschränkungen. Streitig ist insbesondere, ob auch eine unzulässige bzw.
eine offensichtlich unzulässige Anfechtungsklage den Suspensiveffekt auslöst. Rich-
tigerweise ist nach Offensichtlichkeit bzw. Evidenz zu differenzieren. Aus Gründen der
Rechtsklarheit und Rechtssicherheit kann bei nicht eindeutiger Rechtslage der Eintritt
der aufschiebenden Wirkung nicht davon abhängig sein, dass ggf. über mehrere Instan-
zen geklärt wird, ob ein Rechtsbehelf zulässig ist oder nicht und ihm damit eine auf-
schiebende Wirkung zukommt. Liegt der Mangel der Zulässigkeit dagegen auf der Hand,
ist die aufschiebende Wirkung zu versagen, andernfalls tritt sie ein (vgl. z.B. Schmidt in
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Eyermann, VwGO, 14. Aufl. Rn 12 ff zu § 80 VwGO; Haasen in Brandt/Domgörgen,
Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, 4. Aufl. 2018, S. 375).
Dies zugrunde legend war die streitgegenständliche Genehmigung noch nicht bestands-
kräftig, insbesondere war bis zur Änderung des UmwRG mit Wirkung vom 2.6.2017 die
vorliegende Klage nicht wegen fehlender Klagebefugnis offensichtlich unzulässig.
Zwar unterfielen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen wie die vorliegende für
nicht UVP-pflichtige oder UVP-vorprüfungspflichtige Vorhaben nicht dem Anwendungs-
bereich des UmwRG a.F.. Die Frage, ob Umweltverbänden bei Entscheidungen, die un-
ter Anwendung europarechtlich verankerter umweltbezogener Rechtsvorschriften erge-
hen (wie vorliegend), dennoch im Hinblick auf europarechtliche Regelungen ein Klage-
recht zukommt, war aber in Rechtsprechung und Literatur nicht eindeutig geklärt. Teil-
weise wurde beispielsweise ein Klagerecht unmittelbar aus Art. 9 Abs. 2 i.V.m. Art. 6
Abs. 1 oder aus Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention abgeleitet, teilweise aus einer eu-
roparechtskonformen Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO. Zwar hat der BayVGH mit Ur-
teil vom 14.3.2017 (Az. 22 B 17.12 - juris) eine Klagebefugnis eines anerkannten Um-
weltverbandes gegen eine (nicht UVP-vorprüfungspflichtige) einzelne Windkraftanlage
unter eingehender Prüfung eines Klagerechts unter verschiedenen rechtlichen Aspekten
verneint. Der BayVGH hat in dieser Entscheidung aber die Revision zugelassen. Dies
zeigt, dass der BayVGH insoweit die Rechtslage noch nicht als abschließend geklärt
angesehen hat. Das OVG Magdeburg hat in seiner Entscheidung vom 3.1.2017 (Az. 2 M
118/16 - juris) dagegen entschieden, dass eine anerkannte Umweltvereinigung gericht-
lich gegen eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gem. § 45 Abs. 7
BNatSchG vorgehen könne und dabei die Antrags- bzw. Klagebefugnis unter Bezug-
nahme auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8.11.2016 (Rechts-
sache C-243/15 – juris) unmittelbar auf Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention gestützt.
Das OVG Magdeburg hat hier ebenfalls die Revision zugelassen. Der 14. Senat des
BayVGH hat in seinem Urteil vom 28.7.2016 (Az. 14 N 15.1870 – juris) eine Antragsbe-
fugnis anerkannter Umweltvereinigungen in einem Normenkontrollverfahren gem. § 47
Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Verweis auf das unionsrechtliche Effektivitätsgebot bejaht.
Ebenso wurden in der erstinstanzlichen Rechtsprechung teilweise aus Unionsrecht ab-
geleitete Klagerechte anerkannter Umweltverbände in diesen Fällen bejaht (vgl. VG Re-
gensburg, U.v. 25.4.2017 – Az. RO 4 K 16.87 – unveröffentlicht; VG Neustadt (Wein-
straße) vom 9.5.2017, Az. 3 L 504/17 NW – juris, VG Osnabrück, U. v. 27.2.2015 - Az. 3
A 5/15 – juris). Strittig war in diesen Fällen u.a., ob ein Verfahren zur Öffentlichkeitsbe-
teiligung für ein Klagerecht erforderlich ist.
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Festzustellen ist daher, dass die Frage eines Klagerechts in diesen Fällen von der
Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet wird und eine höchstrichterliche abschließen-
de Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht und den Europäischen Gerichtshof bis-
lang nicht erfolgt ist. Von einer offensichtlichen Unzulässigkeit der vorliegenden Klage
bis zum Zeitpunkt der angesprochenen Änderungen des UmwRG kann demnach nicht
ausgegangen werden. Der von Seiten des Beigeladenen vorgebrachte Umstand, dass
gegen die Entscheidung des BayVGH vom 14.3.2017 kein Rechtsmittel eingelegt und
das Urteil rechtskräftig wurde, hat keine Bedeutung für andere Verfahren.
Auch die Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Anpassung des Umwelt-
Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an Europa- und völkerrechtlicher Vor-
gaben vom 29. Mai 2017 (vgl. z.B. BT-Drs 18/9526; 18/12146), mit dem § 1 Abs. 1
Satz 1 Nr. 5 in der nunmehr vorliegenden Fassung in das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz
eingefügt wurde, sprechen für dieses Ergebnis. Ziel der Änderung des UmwRG war,
Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention im deutschen Recht vollständig umzusetzen und
die Möglichkeit der umweltrechtlichen Verbandsklage auszuweiten. Dass das UmwRG in
der bis dahin geltenden Fassung mit Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention nicht im Ein-
klang stand, hat auch der BayVGH in seiner Entscheidung vom 14.3.2017 (a.a.O.) fest-
gestellt. Der erweiterte Anwendungsbereich sollte nach den Gesetzesmaterialien alle
Entscheidungen erfassen, zu denen im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes be-
reits ein Rechtsbehelfsverfahren anhängig ist oder noch anhängig gemacht werden kann
(vgl. BT-Drs. 18/12146, S. 3, 16).
Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der Regelung in § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG n.F.
nicht durchgreifend entgegen. Von den Neuregelungen des UmwRG sind danach Ent-
scheidungen betroffen, die noch nicht bestandskräftig sind. Es handelt sich demnach um
einen Fall der sog. unechten Rückwirkung, da gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene
Sachverhalte erfasst sind. Auf nicht abgeschlossene Sachverhalte kann der Gesetzge-
ber grundsätzlich einwirken. Das Vertrauen des Beigeladenen in die bestehende
Rechtslage hat im Hinblick auf die geltenden europarechtlichen Regelungen, insbeson-
dere der bis zur Gesetzesänderung unzureichenden Umsetzung der Aarhus-Konvention
durch den deutschen Gesetzgeber, und aufgrund der angesprochenen uneinheitlichen
Rechtsprechung sowie der höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärten Rechts-
fragen zu einem europarechtlich abgeleiteten Klagerecht von Umweltverbänden nur ge-
ringes Gewicht.
c) Die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UmwRG n.F. sind vorliegend erfüllt. Nach
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG n.F. muss die Vereinigung geltend machen, dass die
- 12 -
Entscheidung Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können,
widerspricht. Dies ist vorliegend der Fall, nachdem der Kläger sich darauf beruft, die
Genehmigung würde gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände in § 44
Abs. 1 BNatSchG verstoßen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 muss die Vereinigung weiter
geltend machen, in ihrem satzungsmäßigen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele
des Umweltschutzes durch die Entscheidung oder deren Unterlassung berührt zu sein.
Der Kläger trägt vor, in seinen Aufgaben nach § 2 Nr. 2a seiner Satzung berührt zu sein.
Dort mache er sich Ziele des Naturschutzes aus den §§ 1, 2 BNatSchG zu eigen. Der
Schutz der biologischen Vielfalt, insbesondere der Erhalt wildlebender Populationen,
sind Belange des Umweltschutzes, die in § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG auf-
geführt sind. Darunter fällt auch der Artenschutz. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG ist
vorliegend nicht einschlägig. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG muss schließlich die Ver-
einigung bei Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5
UmwRG zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.
Auch dies ist der Fall. Insoweit ist auf § 1 Abs. 4 UmwRG abzustellen. Die Artenvielfalt
ist in § 2 Abs. 3 Nr. 1 Umwelt-Informationsgesetz (UIG), auf den § 1 Abs. 4 Nr. 1
UmwRG verweist, ausdrücklich benannt.
Nach alledem ist die Klage zulässig.
2. Die Klage ist auch begründet.
Die Begründetheit der Klage des Beigeladenen setzt nach § 2 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UmwRG
n.F. bei angefochtenen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 UmwRG n.F. voraus,
dass die Entscheidung gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für die-
se Entscheidung von Bedeutung sind, und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zie-
len gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Umweltbezogene Rechts-
vorschriften im Sinne des UmwRG n.F. sind nach § 1 Abs. 4 UmwRG n.F. Bestimmun-
gen, die sich zum Schutz von Mensch und Umwelt auf (Nr. 1) den Zustand von Umwelt-
bestandteilen im Sinne von § 2 Absatz 3 Nr. 1 des Umweltinformationsgesetzes (UIG)
oder (Nr. 2) Faktoren im Sinne von § 2 Absatz 3 Nummer 2 des UIG beziehen.
a) Die streitgegenständliche Genehmigung verstößt gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 5
BauGB (Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft) als umweltbezogene Rechts-
vorschrift, der Verstoß berührt Belange, die zu den satzungsmäßigen Zielen des Klägers
gehören.
- 13 -
aa) § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB als verletzte Norm dient u.a. dem Schutz der „natürli-
chen Eigenart der Landschaft“ und stellt eine umweltbezogene Rechtsvorschrift im Sin-
ne des § 2 Abs. 4 Nr. 1 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG dar. Die Landschaft ist ein in
§ 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG ausdrücklich genannter Umweltbestandteil (vgl. auch BayVGH, B.v.
27.11.2017 – 22 CS 17.1574 – juris Rn. 72).
bb) Der Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft gehört auch zu den Zielen, die der
Kläger als Umweltverband nach seiner Satzung fördert (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwRG
n.F.). Die Bewahrung der Funktionen der bayerischen Wald- und Kulturlandschaften, ih-
re Verbesserung und die umwelt- und naturschutzfachlich positive Weiterentwicklung ist
in § 2 Nr. 1 Sätze 1 und 3, Nr. 2.a. und Nr. 2.b. der Satzung des Klägers ausdrücklich
als Ziel genannt, in Nr. 2 b. Satz 3 ist der Bau und Betrieb von Windrädern in Wald und
Kulturlandschaften und deren aus Sicht des Vereins negative Auswirkungen u.a. auf die
landschaftsästhetische Funktion ausdrücklich erwähnt.
cc) Der Umstand, dass der Kläger sich im Rahmen seiner Klage erstmals nach dem Be-
schluss des BayVGH im Eilverfahren vom 27.11.2017 und damit weder innerhalb Klage-
begründungsfrist nach § 4a Abs. 1 Sätze 1 und 3 UmwRG a.F. bzw. § 6 Satz 1 und 4
UmwRG n.F. noch innerhalb der nochmals mit Schreiben des Gerichts vom 5.5.2017
gesetzten Frist nach § 87 b Abs. 1 Satz 1 VwGO bis 24.5.2017 auf diese Umstände be-
rufen hat, führt nicht dazu, dass die Verletzung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4
BauGB im Rahmen der Umweltverbandsklage dem Vorhaben nicht mehr entgegen ge-
halten werden könnte, wie der Beigeladene einwendet.
Insoweit ist maßgeblich auf § 87 b Abs. Sätze 2 und 3 VwGO abzustellen, die auch im
Rahmen des Erfordernisses einer fristgebundenen Klagebegründung bei einer Umwelt-
verbandsklage entsprechend gelten (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 2 UmwRG a.F., nun § 6 Satz
3 UmwRG n.F.). Nach § 87 b Abs. 3 Satz 3 VwGO gelten die Zurückweisungsmöglich-
keiten bzgl. Tatsachen und Beweismittel nach § 87 b Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, wenn
es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Betei-
ligten zu ermitteln. So liegt der Fall hier. Die Frage der bauplanungsrechtlichen Zuläs-
sigkeit des Vorhabens bzw. der insoweit zu beurteilende Sachverhalt ist anhand der
vorgelegten Behördenakten, der vom Beigeladenen eingereichten Antragsunterlagen
(Vorhabensbeschreibung, Karten, landschaftspflegerischer Begleitplan etc.) und sonsti-
gen dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln (z.B. Luftbilder aus dem
Bayernatlas der Vermessungsverwaltung) ohne großen Aufwand zu ermitteln.
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dd) Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche WKA
nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB baurechtlich privilegiert ist. Das streitgegenständliche
Vorhaben unterfällt gemäß Art. 82 Abs. 1 BayBO nicht dem Privilegierungstatbestand
des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB sondern ist als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2
BauGB bauplanungsrechtlich zu beurteilen.
Aufgrund einer Höhe von 149,98 Meter im Sinne des Art. 82 Abs. 2 Satz 1 BayBO ergibt
sich ein nach Art. 82 Abs. 1 BayBO erforderlicher Mindestabstand des 10-fachen der
Anlagenhöhe von knapp 1,5 km zu nach Art. 82 Abs. 1 geschützter Wohnbebauung. In-
nerhalb dieses Mindestabstands liegt die Ortschaft Ki*****. Die Ortschaft stellt nach dem
Luftbild und auch nach der Auskunft des Beklagten eindeutig einen Bereich nach § 34
BauGB dar, in dem Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind. Dies wurde
vom Beigeladenen auch nicht bestritten.
ee) Die Übergangsvorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO greift nicht zugunsten des Beigela-
denen ein, da zum maßgeblichen Stichtag 4.2.2014 dem Landratsamt kein vollständiger
Genehmigungsantrag vorlag.
Nach der Rechtsprechung des BayVGH (vgl. B.v. 31.7.2017 – 22 ZB 17.1033; B.v.
29.11.2016 - 22 CS 16.2101; B.v. 16.9.2016 – 22 ZB 16.304) gehören zu den Unterla-
gen, die einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag beizufügen sind (§ 10
Abs. 1 Satz 2 BImSchG, § 4 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV), im Hinblick auf § 4 Abs. 2
Satz 1 der 9. BImSchV auch die Unterlagen, die zur Prüfung erforderlich sind, ob dem
Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände (§ 44 Abs. 1 BNatSchG) entgegen-
stehen. Die Vollständigkeit des Genehmigungsantrags setzt nur „zur Prüfung“ erforderli-
che Unterlagen, nicht aber notwendig solche Unterlagen voraus, die bereits die Geneh-
migungsfähigkeit des Vorhabens belegen; es ist „also nicht erforderlich, dass ein vorzu-
legendes Gutachten der Prüfung in jeder Hinsicht standhält und keine weiteren fachli-
chen Fragen aufwirft. Fachliche Einwände und ein fachliches Nachhaken stehen der
Annahme der Vollständigkeit solange nicht entgegen, als die fragliche Unterlage eine
fachliche Prüfung überhaupt ermöglicht“. Auch „vereinzelte Mängel“ einer Unterlage, die
fachliche Einwände aufwerfen und ein fachliches Nachhaken erfordern, kann die Voll-
ständigkeit der Unterlagen in Frage stellen. Die Vollständigkeit von Unterlagen im Sinne
von Art. 83 Abs. 1 BayBO fehlt, wenn wegen – unter Umständen nur „einzelner“ - Män-
gel eine fachliche Prüfung nicht möglich ist.
Ein vollständiger Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung
muss eine zur Beurteilung betreffend das Vorliegen artenschutzrechtlicher Verbotstatbe-
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stände geeignete spezielle artenschutzrechtliche Prüfung auf einer aktuellen und aus-
führlichen Ermittlung aller Vogelarten enthalten. Die Vollständigkeit der Antragsunterla-
gen erfordert in der Regel die Vorlage einer saP, die eine Prüfung anhand der Vorgaben
des Windenergie-Erlasses ermöglicht (vgl. BayVGH, B .v. 31.7.2017 - 22 ZB 17.1033 –
juris Rn. 17). Nach der Rechtsprechung des BayVGH (U.v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875, 22
B 14.1876 - BayVBl 2017, 271; U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736/738 -
Rn.41) sind die im Windkraft-Erlass aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung ar-
tenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände als ein „antizipiertes Sach-
verständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht
im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden. Von diesen Vorgaben
darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden.
Jedenfalls dann, wenn eine saP wesentlichen Anforderungen des Windenergie-Erlasses
nicht genügt, kann anhand dieser Unterlagen grundsätzlich nicht festgestellt werden, ob
ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt ist.
So liegt der Fall hier. Zum nach Art. 82 Abs. 1 BayBO maßgeblichen Stichtag 4.2.2014
lag keine prüffähige Unterlage zur artenschutzrechtlichen Problematik vor. Die Vertrete-
rin der Unteren Naturschutzbehörde hat in der mündlichen Verhandlung nochmals ihre
Einschätzung in ihrer Stellungnahme vom 26.9.2013 bestätigt, dass das von der Beige-
ladenen vorgelegte Gutachten vom 6.4.2011 und die Ergänzung vom 5.12.2011 keine
prüffähige Unterlage zu den artenschutzrechtlichen Belangen darstellte. Insbesondere
fehlten Aussagen zu den Großvögeln, obwohl sie bereits auf Brutplätze des Schwarz-
storches bei W***** in einer Entfernung von 2,2 km hingewiesen hatte und es zusätzli-
che häufige Sichtungen gegeben habe. Auch auf bekannte Vorkommen des Fischadlers
und des Rotmilan sei nicht ausreichend eingegangen worden, wobei bekannt gewesen
sei, dass diese Vögel den Raum nutzten. Nach alledem ist es plausibel und nachvoll-
ziehbar, dass die UNB mit Schreiben vom 26.9.2013 eine Untersuchung nach den Vor-
gaben des Windkrafterlasses vom 20.12.2011 gefordert hat. Der Umstand allein, dass
die UNB dort von „zusätzlichen“ oder „ergänzenden“ Untersuchungen spricht, wie der
Beigeladenen einwendet, ist für sich genommen nicht entscheidend. Die Vertreterin der
UNB führt in ihrer Stellungnahme vom 26.9.2013 vielmehr ausdrücklich aus, dass Er-
gebnisse aktueller Untersuchungen zu Großvögeln im Naturraum fehlten und das Gut-
achten (saP vom 6.4.2011) in der vorgelegten Form nicht aussagekräftig sei. Entspre-
chendes ergibt sich aus der internen Stellungnahme der UNB vom 3.4.2014. Hier wird
unter Bezugnahme auf das Erfordernis zusätzlicher Untersuchungen zu Großvogelarten
ausdrücklich ausgeführt, die Antragsunterlagen seien nicht vollständig. Die im Jahr 2011
vorgelegte Untersuchung entsprach demnach weder den Vorgaben des WKE 2011 noch
stellte die Unterlage sonst im Hinblick auf Großvögel eine taugliche fachliche Prüfungs-
- 16 -
grundlage dar. Eine weitere saP des Büros ***** wurde dann vom Beigeladenen erst im
Jahr 2016 eingereicht. Eine prüffähige Unterlage im Sinne der Rechtsprechung des
BayVGH zur artenschutzrechtlichen Problematik lag nach alledem am 4.2.2014 nicht
vor, so dass die Genehmigungsunterlagen zum maßgeblichen Stichtag nicht vollständig
waren.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Beklagten vom 5.3.2014
an den Beigeladenen, in dem auf Anfrage des Beigeladenen mitgeteilt wurde, dass „aus
Sicht der verfahrensleitenden Stelle nunmehr alle notwendigen Unterlagen vorliegen“.
Dem Schreiben kommt nach Überzeugung des Gerichts keine Bedeutung dergestalt zu,
dass damit durch Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG verbindlich die Voll-
ständigkeit der Antragsunterlagen festgestellt wurde. Diesem Verständnis steht entge-
gen, dass ausdrücklich auf die Sicht der verfahrensleitenden Stelle abgestellt wurde und
dass aus dessen Sicht „nunmehr alle notwendigen Unterlagen vorliegen“, was wohl da-
hingehend zu verstehen ist, dass zu allen einschlägigen Fachthemen überhaupt Unter-
lagen eingereicht wurden. Die Vorlage von Unterlagen zu allen Fachthemen reicht nach
den obigen Ausführungen aber gerade nicht aus, um prüffähige Unterlagen i.S.d. Art. 83
BayBO anzunehmen.
Für dieses Verständnis des Schreibens spricht vor allem, dass ausdrücklich der Vorbe-
halt erfolgte, dass die abschließenden Stellungnahmen der Bauverwaltung und der UNB
ausstehen und die Nachforderung von Unterlagen nicht ausgeschlossen ist, falls diese
Dokumente Unstimmigkeiten aufweisen sollten. Gegenstand der Nachforderung kann
aber nicht nur die bloße Behebung bestehender Mängel an sich prüffähiger Unterlagen
sein, sondern auch die Nachforderung erst prüffähiger Unterlagen sein (so auch
BayVGH im Eilverfahren, a.a.O., juris Rn. 70). Dabei ist auch der Sachstand des Verfah-
rens zum Zeitpunkt des Schreibens vom 5.3.2014 in den Blick zu nehmen, wie er sich
der verfahrensleitenden Stelle zu diesem Zeitpunkt darstellte. Ausgangspunkt war die
Stellungnahme der UNB vom 26.9.2013, in der die UNB ausgeführt hat, dass die saP
vom 6.4.2011 in der vorgelegten Form nicht aussagekräftig sei und zusätzliche Untersu-
chungen nach den Vorgaben des WKE 2011 in enger Abstimmung mit der UNB not-
wendig seien. Der Beigeladene hat dann eine Stellungnahme „Bewertung der natur-
schutzfachlichen Stellungnahme der UNB vom 26.9.2013“ des Erstellers der saP mit Da-
tum vom 24.10.2013 eingereicht, der allerdings keine neuen Erhebungen nach dem
WKE 2011 zugrunde lagen. Diese Stellungnahme wurde der UNB mit e-mail vom
9.12.2103 (Bl. IV/15 Ordner Fachstellen) und dann nochmals mit der Bitte um Stellung-
nahme mit Schreiben vom 4.2.2014 (Bl. IV/47 Ordner Fachstellen) zugeleitet. Zum Zeit-
punkt des Schreibens an den Beigeladenen am 5.3.2014 lag der verfahrensleitenden
- 17 -
Stelle noch keine Stellungnahme der UNB zu der Unterlage vom 24.10.2013 vor. Diese
erging erst am 3.4.2014, von der UNB wurde mitgeteilt, dass die Nachforderungen vom
26.9.2013 bestehen bleiben, die Antragsunterlagen nicht vollständig und Untersuchun-
gen nach dem WKE 2011 in Abstimmung mit der UNB erforderlich seien. Die verfah-
rensleitende Stelle konnte daher zum Zeitpunkt des Schreibens vom 5.3.2014 nicht da-
von ausgehen, dass die saP in der vorgelegten Form prüffähig ist.
Gegen die Annahme einer verbindlichen Feststellung der Antragsunterlagen im Schrei-
ben vom 5.3.2014 spricht schließlich auch, dass zum Zeitpunkt des Schreibens die
Übergangsregelung des Art. 83 Abs. 1 BayBO weder in Kraft noch verabschiedet war,
sondern erst mit Gesetz vom 17.11.2014 (GVBl S. 478) eingeführt wurde. Es bestand
demnach weder Anlass zu diesem Zeitpunkt, im Hinblick auf Art. 83 Abs. 1 BayBO ver-
bindlich über das Vorliegen vollständiger Antragsunterlagen zu entscheiden (in einem
ähnlichen Fall ebenfalls im Hinblick auf diesen Umstand zweifelnd BayVGH, B. v.
30.6.2017, 22 C 16.1554 – juris Rn. 42) noch gab es Klarheit über die diesbezüglichen
Anforderungen. Es gab zwar bereits politische Absichtserklärungen zu einer Vertrauens-
schutzregelung im Hinblick auf die Behandlung der sog. 10-H-Regelung im Ministerrat
am 4.2.2014, die Einzelheiten und Anforderungen für das Eingreifen einer Übergangsre-
gelung blieben jedoch dem Gesetzgebungsverfahren vorbehalten.
Nach dem Wortlaut des Schreibens vom 5.3.2014, im dem nur auf die Sicht der verfah-
rensleitenden Stelle und nicht auf das Landratsamt als Genehmigungsbehörde insge-
samt abgestellt wurde, sowie aufgrund des Vorbehalts der verfahrensleitenden Stelle im
Hinblick auf die ausstehende Stellungnahme der UNB war nach alledem aus objektiver
Empfängersicht nicht davon auszugehen, dass im Schreiben vom 5.3.2014 verbindlich
festgestellt wurde, dass prüffähige Unterlagen im Sinne des Art. 83 Abs. 1 BayBO, ins-
besondere auch in naturschutzrechtlicher Hinsicht, vorlagen. Dass die zuständige Abtei-
lungsleiterin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass das Landratsamt damals
von der Vollständigkeit der Antragsunterlagen ausgegangen sei, ändert daran nichts und
steht auch im Widerspruch zu den nachfolgenden Forderungen des Landratsamtes nach
Vorlage einer saP, die den Anforderungen des WKE 2011 entspricht.
Unabhängig davon würde die verbindliche Feststellung der Vollständigkeit der Antrags-
unterlagen gegenüber dem Beigeladenen keine Regelungs- bzw. Bindungswirkungen für
den Kläger entfalten, nachdem dem Beigeladenen das Schreiben vom 5.3.2014 nie mit
Bekanntgabewillen bekannt gegeben wurde. Der Umstand, dass der Kläger zum Zeit-
punkt des Schreibens vom 5.3.2014 noch nicht als Naturschutzverband anerkannt war,
- 18 -
ist im Hinblick darauf, ob ein Verwaltungsakt ihm gegenüber Regelungswirkung hat,
nicht entscheidend.
Soweit im Genehmigungsbescheid vom 30.12.2016 und im Änderungsbescheid das
Vorhaben genehmigt wurde und in den Gründen ausgeführt wurde, dass zum maßgebli-
chen Stichtag 4.2.2014 vollständige Antragsunterlagen i.S.d. Art. 83 BayBO vorlagen,
mag darin eine Entscheidung auch über das Vorliegen vollständiger Antragsunterlagen
zum 4.2.2014 liegen, diese Bescheide sind vorliegend aber gerade angefochten.
ff) Das Nichteingreifen der Übergangsregelung in Art. 83 Abs. 1 BayBO führt gemäß Art. 82
Abs. 1 BayBO zu einer „Entprivilegierung“ der gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB grund-
sätzlich privilegierten WKA. Es liegt damit ein sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2
BauGB vor. Als sonstiges Vorhaben beeinträchtigt es die natürliche Eigenart der Land-
schaft und ihren Erholungswert als öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1
Nr. 5 Alt. 4 BauGB, indem aus einer landwirtschaftlichen, durch ein Landschaftsschutz-
gebiet umgebenden Fläche ein Grundstück mit gewerblicher Nutzung werden soll mit ei-
nem Baukörper (Mast und Rotorblätter), der außergewöhnlich hoch (knapp 150 Meter)
und weithin sichtbar ist.
Insgesamt ist damit festzustellen, dass durch die streitgegenständliche Genehmigung
die umweltbezogene Rechtsvorschrift des § 35 Abs. 3 Nr. 5 Alt. 4 BauGB verletzt wird
und dadurch Belange berührt sind, die zu den satzungsmäßigen Zielen des Klägers ge-
hören.
Die Klage ist demnach nach § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwRG begründet.
§ 7 Abs. 5 UmwRG n.F. steht der Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung
nicht entgegen, da sich nicht ergibt, dass durch eine Entscheidungsergänzung oder ein
ergänzendes Verfahren der materielle Fehler behoben werden könnte.
b) Die weiteren Fragen, insbesondere ob die streitgegenständliche Genehmigung im Hin-
blick auf den Schwarzstorch, den Rotmilan oder den Wespenbussard gegen das arten-
schutzrechtliche Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG als umweltbezogene
Rechtsvorschrift i.S.d. § 2 Abs. 4 Nr. 2 UmwRG verstößt und ob insoweit eine ausrei-
chende fachliche Beurteilungsgrundlage gemäß Windkraft-Erlass vorliegt oder zur Frage
der Verletzung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände im Rahmen der Drittanfech-
tungsklage eine Beweiserhebung durch das Gericht erforderlich ist (vgl. dazu BayVGH
im Eilverfahren unter Rn. 60 bei juris) können demnach dahingestellt bleiben.
- 19 -
Nach alledem waren die Bescheide aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 159 S. 2 VwGO. Nachdem der
Beigeladene einen Klageabweisungsantrag gestellt hat und damit unterlegen ist, waren ihm
anteilig die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht im Sinne des § 124 a
Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwal-tungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Mo-nats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regens-burg).
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfach-
anschrift: Postfach 340148, 80098 München).
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsge-richtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwal-
- 20 -
tungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Mages Straubmeier Dr. Motsch Präsident Richter am VG Richter am VG
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 15.000,-- Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsge-richtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwal-tungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachan-schrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustel-lung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Mages Straubmeier Dr. Motsch Präsident Richter am VG Richter am VG
Az. RO 7 K 17.163
Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg In der Verwaltungsstreitsache ***** vertreten durch den 1. Vorsitzenden ***** ***** - Kläger - bevollmächtigt: ***** *****
gegen Freistaat Bayern vertreten durch das Landratsamt ***** ***** - Beklagter - beigeladen: ***** ***** bevollmächtigt: ***** ***** beteiligt: Regierung der Oberpfalz als Vertreter des öffentlichen Interesses Emmeramsplatz 8, 93047 Regensburg
wegen
immissionsschutzrechtlicher Genehmigung (Windkraftanlage) erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 7. Kammer, ohne mündliche Verhandlung
am 26. März 2018 folgenden
B e s c h l u s s :
- 22 -
In dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 25. Januar 2018 ist in Ziffer I. des Tenors das Datum „26.4.2017“ durch das Da-tum „4.4.2017“ zu ersetzen.
Gründe:
Gemäß § 118 Abs. 1 VwGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrich-
tigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Über die Berichtigung kann ohne
vorgängige mündliche Verhandlung entschieden werden. Der Berichtigungsbeschluss wird
auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt (§ 118 Abs. 2 VwGO). Der verkündete Ur-
teilstenor des Urteils vom 25. Januar 2018 enthält im Ziffer I. versehentlich als Datum des
angefochtenen Änderungsbescheids den 26.4.2017 statt richtig den 4.4.2017. Es wurde
versehentlich das Datum des Antragsschriftsatzes des Klägers verwendet. Dementspre-
chend war der Berichtigungsbeschluss zu erlassen. Eine Anhörung der Beteiligten war nach
der vorliegenden Sachlage entbehrlich, insbesondere ergibt sich nicht, dass in eine erworbe-
ne Rechtsstellung der Beteiligten eingegriffen wird.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde gegeben. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wo-chen nach Bekanntgabe des Beschlusses beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).
Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungs-gerichtshof eingeht (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München).
In Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ist die Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwal-tungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Straubmeier Bedane Dr. Reiter Richter am VG Richter am VG Richter