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Page 1: Beiträge zur Chemie des Schwefels. VIII. Über das Wasserstoffpentasulfid H2S5 und das Wasserstoffhexasulfid H2S6

Beitrage zur Chemie des Schwefels. VIII1)

Uber das Wasserstoffpentasulfid H2S5 und das Wasserstoffhexasulfid H2S6

Von F. F E H ~ R und M. BAUDLER

(Mit 4 Abbildungen)

Professor Otto Hahn gewidmet

Inhaltsiibcrsicht Die in der Literatur befindlichen Angaben iiber die Existenz der hoheren Scbwefel-

wasserstoff -Verbindungen H,S, und H,S, werden kritisch uberpruft. Es zeigt sich, daB bisher weder eindeutige Beweise fur die Existenz von definierten Verbindungen der an- gegebenen Zusammensetzungen erbracht, noch die betreffenden Substanzen in reiner Form dargestellt worden sind. Eine vergleichende ramanspektroskopische und chemisch- analytische Untersuchung der Zusammensetzung des rohen Wasserstoffpersulfids (dar- geskllt aus Xatriumpolysulfidlosung und Salzsaure) ergibt, daO dieses Produkt von den bisher bckannten Polyschwefelwasserstoffen nur H,S,, jedoch kein H,S, und H,S, enthitlt. Daneben kann mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen betrachtlichen Gehalt an H,S, und H,S, gesclilossen werden. Die aus diesen Versuchen anntihernd bekannten RAMAN- Spektren von H,S, und H,S, ermoglichen eine systematische Lenkung der priiparativen Arbeiten zur Anreicherung und Reindarstellung dieser Substanzen. Es w i d ein besonders milde arbeitendes Hochvakuumdestillationsverfahren zur Abtrennung von Wasserstoff- pentasulfid und Wasserstoffhexasulfid aus dem rohen Wasserstoffpersulfid beschrieben. Bei diesem wird durch einen sehr kurzen Destillationsweg und die Vorrichtung zu nur vorubergehender Erwarmung des Ausgangsproduktes der neben der Destillation gleich- zeitig stattfindende KrackprozeB von H,S, und H,S, zu niederen Schwefelwasserstofferl (H,S, bis H,S,) weitgehend zuruckgedrangt. Der Kachweis, daB es sich bei einigen der erhaltenen Fraktionen tatstichlfich urn die definierten chemischen Verbindungen H,S, und H,S, handelt, wird neben den chemkchen ha lysen durch eingehende Diskussion der RAMAN-Spektren erbracht, indem gezeigt wird, daB diese sich von den Spektren aller anderen Schwefelwasserstoff -Verbindungen (H,S, H,B,, H,S,, H,S,, H,S,, H,S,) sowie des gelosten Schwefels eindeutig unterscheiden. Es werden die RAMAN-Spektrcn, die Dichten sow ie einige andere Eigenschaften von reinem Wasserstoffpentasulfid und Wasserstoffhexasulfid mitgeteilt.

1) VII. lllitteilung: F. FFZ&R u. E. HEUEB, 2. snorg. Cbem. 055, 185 (1947).

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F. F E R ~ R u. M. BAUDLER, nbcr des Wasserstoffpentasulfid H,S, usw. 133

Einleitung Aus der Reihe der Polyschwefelwasserstoff -Verbindungen sind das

Wasserstoffdisulfid H2SZ2), das Wasserstofftrisulfid H2S33) und das Wasserstofftetrasulfid H2Sd4) durch zahlreiche Untersuchungen in ihren chernischen und physikalischen Eigenschaften weitgehend bekannt. Es interessierte nun die Frage, ob das Vermiigeri des Schwefels, derartige ,,Poly"verbindungen zu bilden, noch weiter geht, d. h. ob noch schwefel- reichere Wasserstoffverbindungen existenzfahig und in reinem Zustand darstellbar sind.

In der Literatur finden sich fur das Auftreten hohergeschwefelter Wasserstoffpolysulfide bereits zwei Hinweise : MILLS und ROBINSON 5 ,

berichten iiber eine Verbindung H,S,, die sie durch Umsetzung von Arnmoniumpentasulfid mit wasserfreier Ameisensaure erhalten haben, wahrend WALTON und WHITFORD 6, aus einem Knick in der Loslichkeits- kurve von Schwefel in H,S, auf eine Substanz H,S, schlieoen. Alle diese Autoren konnen jedoch mit den ihnen zur Verfugung stehenden Mitteln keine eindeutigen Beweise fiir die Existenz der von ihnen an- genommenen hoheren Polyschwefelwasserstoff -Verbindungen erbringen, noch gelingt es ihnen, die betreffenden Substanzen in reiner Form dar- zustellen. Als einzige Stutze fur die angegebenen stiichiolnetrischen Formeln teilen sie Analysenergebnisse mit, die aber in der Reihe der Polyschwefelwasserstoffe stets mit Vorbehalt zu bewerten sind, da sie iiur Aussagen uber die Bruttozusammensetzungen der Praparate, aber keine Angaben iiber die tatsachlich vorliegenden Blolekiilsorten machen '). MILLS und ROBINSON haben tliese Mehrdeutigkeit ihrer Ergebnisse offenbar auch selbst empfunden und bezeichnen es lediglich als ,,un- wahrscheinlich", da8 ihre Produkte kein Wasserstoffpentasulfid sind. Es schien uns daher notwendig, die Frage nach der Existenz von hoheren Polyschwefelwasserstoffen, insbesondere H,S, und H,S,, erneut experi-

2 , I. BLOCH u. F. H ~ H N , Ber. dtsch. chem. Ges. 41, 1971, 1975 (1908); F. HOHN, Dissertation Munchen 11908; J. H. WALTON u. L. B. PARSOXS, 5. Amer. chem. SOC. 43 11, 2539 (1921); K. H. BUTLERU. 0. &ass, J. Amer. chem.Soc. 62 11,2184 (1930); F.FEHER U. &I. BAUDLER, Z. anorg. Chem. 263, 170 [1947).

3, I. BLOCH u. F. HOHN, loc. cit.; F. HOHN, loc. cit.; J. H. WALTON u. 2. B. PAR- SOX, loc. cit.; E'. F E H ~ R u. M. BAUDLER, Z. anorg. Chem. 264, 261 (1947).

4, F. F E H ~ R u. M. BAUDLER, 2. anorg. Chem. 264, 289 (1947). s, H. MILL^ u. P. L. ROBINSON, J. chem. Soc. London 1928, 2326. g, J. H. WALTON u. L. WHITFORD, J. Amer. chem. SOC. 46 I, 601 (1923).

-

So kann z. R. ein der Zusammensetzung H,Ss entsprechender Analyaenwert ebenso gut auf das Vorhandensein von reinem Wasserstoffpentasulfid wie auf das Vor- liegen einer kquimolekularen Mischung von H,S, und HzS6 oder einer Schwofellosung in niederen Polyschwefelwasserstoffen hinweisen.

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mentell zu prufen. Zu ihrer Bearbeitung zogen wir von vornherein neben den chemischen Schwefelbestimmungen die ramanspektro- skopische Untersuchungsmethode heran, da dieselbe bereits bei der Identifizierung und Reindarstellung der niederen Polyschwefelwasser- stoffe ein ausgezeichnetes analytisches Hilfsmittel gewesen ww s), das spezifisch auf die einzelnen chemisch so ahnlichen Verbindungen an- spricht .

Eine unmittelbare ramanspektroskopieche Untersuchung der von den genannten Auboren beschriebenen Produkte erwies sich als un- moglich. Wahrend die nach der Vorschrift von MILLS und ROBINSON dargestellten Pentasulfid-Praparate durch Verunreinigungen mit Thio- carbonsauren so instabil sind, daB sie sich bei der Belichtung schon naah wenigen Xekunden unter starker H,S-Abgabe zersetzten, konnte die von WALTON und WHITFORD in einer Lijsung von Schwefel in H,S, beobachtete Hexasulfidbildung bei unserenversuchen iiberhaupt nicht be- obachtet werden. Frisch dargestellte H,S3-Pr5parate losen bei den in Frage kommenden Temperaturen bis zur Sattigung wesentlich geringere Schwefelmengen, als zur quantitativen Bildung von H,S, erforderlich sind 9). Aul3erdem zeigen schon friiher durchgefuhrte ramanspektro- skopischeUntersuchungen an Schwefellosungenin H,S, , H,S3und H2S410), daB der Schwefel in derartigen Losungen stets physikalisch gelost vorliegt und nicht unter Bildung von hoheren Homologen chemisch reagiert, was auch damit in Einklang steht, da13 man durch Hochvakuurndestil- lation einer Trisulfidlosung das reine Losungsmittel (ramanspektro- skopisch und chemisch identifiziert ) wieder zuruckgewinnen kann.

Es war daher notwendig, die Darstellung von Wasserstoffpenta- sulfid und Wasserstoffhexasulfid - falls diese Verbindungen uberhaupt existierten - unabhangig von den in der Literatur befindlichen Angaben auf anderem Wege zu versuchen. Da samtliche bisher bekannten reinen Polyschwefelwasserstoffe durch Destillation bzw. Krackdestillation des rohen Wasserstoffpersulfids gewonnen werden, lag die Vermutung nahe, da13 dieses Produkt moglicherweise auch noch unbekannte, hohere Homologe enthiilt. Urn hieruber einen niiheren Anhaltspunkt zu ge-

e ) F. F E H ~ R u. M. BAUDLER, Z. Elektrochem. 47, 844 (1941); Z. anorg. Chem. 254, 251, 289 (1947).

*) Die von den Autoren beobachtete wesentlichgrii5ere Schwefelaufnahmekann nach unserer Erfahrung nur dadumh erklart werden, daD stark gealterte H,S,-Pr&parate be- nutzt wurden, die bekanntlich sehr vie1 mehr Schwefel bis zu der Zusammensetziing H,S, Iiisen kijnnen. Wegen Alterung von H,S,-Priiparaten siehe F. F E ~ R u. M. BAUDLER, 2. anorg. Chem. 264, 254 (1947).

I*) F. FEH~R u. Bi. BAUDLER, Z. anorg. Chem. 254, 254, 292 (1947).

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winnen, unterzogen wir dasselbe einer systematischen ramanspektro- skopischen und chemisch-analytischen Untersuchung.

Die Zbsammensetzung des rohen Wasserstoifpersulfids 11) Das rohe Wasserstoffpersulfid (im folgenden auch kura als ,,Rohol"

bezeichnet), die Muttersubstanz der Polyschwefelwasserstoffe, die bei der SSiurezersetzung von whserigen Alkalipolysulfidlosungen entsteht 12),

hat die wechselnde analytische Zusammensetzung H2S,,, bis H2S6,5 , je nachdem, ob es aus niedriger oder hoher geschwefelten Alkalipoly- sulfiden hergestellt wird. BLOCH und HOHN~) 3, destillierten als erste das viskose gelbe 0 1 bei 12 mm Hg und erhielten neben einem schwefel- reichen Riiakstand die beiden leichten Fraktionen H2S, und H,S,. In neuerer Zeit gelang aul3erdem durch Hochvakuumdestillation unter besonders milden Bedingungen die Abtrennung von H,S,4). Diese Ergebnisse scheinen bei Berucksichtigung des analytischen Schwefel- gehaltes des Produktes zunachst dafiir zu sprechen, dafi das Rohol neben diesen niederen Polyschwefelwasserstoffen noch-grol3ere Mengen von gelostem Schwefel enthlilt. Jedoch steht damit die Beobachtung im Widerspruch, dal3 sich frisch hergestelltes Wasserstoffpersulfid vollstlindig in Benzol lost, wlihrend Schwefel unloslich darin iet und alte, teilweise zersetzte Produkte, die nachweisbar grol3ere Mengen von gelostem Schwefel enthalten, ebenfalls nich% mehr vollstandig in Benzol loslich sind13). Danach kann der hohe Schwefelwert des Rohols nur auf einem betrachtlichen Gehalt an hoheren Polyschwefel- wasserstoffen beruhen, der im folgenden unmittelbar spektroshpisch nachgewiesen werden soll.

Tabelle 1 zeigt die RAMAN-Frequenzen von rohem Wasserstoff- persulfid (analytische Zusammensetzung H2S5,5, dargestellt aus ?%2s4,5-

LosungI4)) in Gegeniiberstellung zu den Frequenzzahlen der bis jetzt bekann$eh reinen Polyschwefelwasserstoffe und des gelosten Schwefels 15).

u) Die in diesem Abschnitt mitgeteilten Ergebnisse liegen bereits seit 1943 vor, SO dai3 sie schon teilweise bei den Arbeiten uber die Darstellung von H2S33) und H,S43 mit verwendet wurden. Sie sollen aber erst an dieser Stelleausfiihrlich besprochen werden.

le) K. W. SCHEELE, Von der Luft und dem Feuer. 1777; I. BLOCH u. F. HOHN, Ber. dtsch. chem. Ges. 41, 1961 (1908).

la) I. BLOCH u. F. Horn, Ber. dtsch. chem. Ges. 41, 1971, 1975 (1908). 14) Sieh Versuchsbeschreibung S. 147. 16) Die Frequenzwerte des gelosten Schwefels sind den RAmAx-Spektren von

Schwefcllosungen in niederen Polyschwefelwaaseratoffen (P. S.) entnommen (siehe weiter oben). Sie stimmen innerhalb der l7e'ehlergrenze mit denen von Schwefelltisungen in CS, (siehe K. W. F. KOHLRAUSCE, Hand- u. Jahrbuch d. cbemiechen Physik 9 VI, S. 394) iiberein.

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183 (2)

215 (2) 242 (0)

466 (7)

485 (7)

882 (1) 2513 (2)

508 (9)

882 ( 3 ) 2513 (5)

Tabelle 1 21 in cm-l

207 (5)

I H,S, , S geloat in P.S.

188 (4) 152 (8) 184 (1)

217 (8) 245 (2) 434 (2)

I 473 (8) 484 (8) ~ 484 (7)

1 I 882 (2)

2513 (4) 882 (1)

2513 (2)

520 (0)

Ein Vergleieh der Spektren zeigt, da13 im rohen Wasserstoffpersulfid die charakteristische Disulfidlinie 508 cm-1 nicht auftritt, so da13 H2S2 in dem Produkt nicht enthalten sein kannI6). Statt dessen sind zwei etwas tiefer liegende Frequenzen bei 485 und 466 em-1 zu beobachten. von denen die hiihere mit der stiirksten Linie des Trisulfid- und Tetra- sulfidspektrams ubereinstimmt. Wasserstofftrisulfid kann jedoch im Rohol nicht enthalten sein, weil dann auch die andere intensive H2S,- E'requenz 207 cm-1 beobachtbar sein iniiGte, was nicht der Fall ist. Die Ubereinstimmung der Linien des Tetrasulfidspektrums (484,183 em-l) mit einzelnen Frequenzen des Rohijls weist dsgegen auf einen merklichen Gehalt des Produktes an H2S, hin17). Die eharakteristische Linie des gelosten Schwefels bei 473 em-' ist im Spektrum des rohen Wasserstoff- persulfids i k h t zu beobachten, und auch das Intensitiitsverhiiltnis der

16) Bevor drr RAMna-Effekt zur Identifizierung einzclner Polyschwcfelwasscrstoffc in Mischungen angewandt wurde, war durch Modellversuche an H,S,-H,S,-H,S,-Mischungen wrschiedener Konzentration festgeskllt worden, daB die Spektren der reinen Verbin- dungen durch die Mischungspartner nicht verandert werden. Ein derartiger Effekt iet auch bei der Anwesenheit von hoheren Homologen nicht zu erwarten, da die Spektren von Schwefellosungen in niederen Polyschwefelwasserstffen ebenfalls strenge Additivitat drr Brerjuenzen der reinen Komponenten zeigen , u d der elementare Schwefel das hochste Homologe in der Reihe der Polyschwefelwasserstoffe i a t .

17) Im Laufe der Versuche zeigte sich, daB die Frequenzen des H,S, auch im Spek- trum des reinen €I& enthalten sind, so dalj die obige Beweisfiihrung nicht ganz zwingend zu scin scheint. Jedoch lassen sich auch die lntensitatsanderungen der Rohollinien mit wechselndem SchwefelgehtPt der Praparat,e (siehe weiter unt.en) nur unter der Bnnahme eines betrachtlichm H,S,-Gehaltes Ferstehen.

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F. FEH~R u. 11. Bsuimm, Gbcr clns ~~~~=eis tuf fpentasu l f id H,S, us\+. 137

vie1 Liiiieii ii:i iiiecliigeii FI eqiierizgel)iet id iin Scliuefel- mid Rohol- spelitiimi 50 vcr schieden, dafJ eleiiieritarer Schwefel in Ubereinstimlliung irnt den L o s l i c ~ ~ k ~ i t s ~ ~ e ~ ~ l l ~ ~ e n in Kenzol als nachweisbarer Bestandteil d e ~ : fi.ibch he~pestelltc~ii PI oduktes ausscheidet . Die Liriien 148, 215, 242, 466 cm-l lioniieii deiiinach weder bisher bekaiiniten l'olyscliu efel- WRSECI sto-tfcn. noeh elemental eizl Schtt efel zugeordiiet werclen ; sie iiiu sseii dab cr zwangslan f ig 11 oh el en W E L ~ er st offpol ysulfid -Verbindungen angehoi en.

Um ciiieii Xnhaltspuriht uber die Zns~~~r.lnierisetzun~en der in Frage koiuineideii Siihstn117 en zu gc-winncii und gleichzeitig iEir e Spelitren nioglicbst weit heraii.-chaleri zu lionnen, 11 urdcn die RAMAN- Ppebtren 1011 RohOIcw vei scliie- deiieri Scli5t efelgelialtes iiiiteiii- mder vcrghcbeiil~). Xbb. 1 zeigt eine sch eim tische Cber siclit tiher die eihalteneii Spelitren. S1)alte '2 elithalt deli ex~;eiimentcll gefun- tleiieii AnaJyseii\.r eit J9) . 1% alirerid Spalte 3 die a m diesem uber- sclilapsiixdig Iierechncte Xu- h:iniinensetzung airgiht, uiiter der vci einfaclieridcii, d i e r iiirht ganz zutrcffendcn diiiiahiiie, dal3 jedes l?iocli&t inir z v ei ieiiie Poly- sehx cfelwasserstoffe eritlinlt .

Abb. 1. Raxax-Spcktren v o n IVasser- s t o f f p e r s u 1 f i d - P r R p n r a t c n V E r -

8 o h i e tl P 11 e i t S c 11 w e f e lg c h a 1 t u s

Sus Abh. 1 i s t die g r d e &inlichlieit :cllei- Spektrcii trotz des z . T. I echt uriter scliiediiclieii Schwefelgehaltee der PI aparate ersic.lit11ch. In cter Reilie tler~ Polyschwefelu asserstoffe ist jcdoch voii voriihereiii zii er m ai ten, tlaO die l3Eigeiischafteo der hiher en Glielicdcr iiiitereinaiider iri>mcr ahulicher M ercleii uiid sich in zuneliinentlem MaGe denen des elenicntaieii Sch\\ efels ii&herii. Blleli Praparaten genwiasarri siiid die 1;eiden chai~aliteristischea Linien des T~asaerstoffper~~ilfids bei 485 und 4 M ( w - ~ . Die tiefere (466 zeigt jedoch eirieii tleutlichen Gang

Is) Die crforderlicheii €'rap ir<xtc nurdeii durch Saurezersetzuiig ~ o i i Alkali~,olj - sulfideri wechaclmlen Pch~~efelgehaltes (Xa,S,,,, Sa,S,, I\;L2S,, Ka&, Xa2SL, Ka,S1,,) tl?rgrstellt; siehr S. 147.

18) Es Iiandult m h urn den Wrrt f i n den bci drr Zersetzung iiach H2Sx i H , S - ( 5 - 1) 8 gebildutcii Kiiclistandschnrf~l, uelrher iiach drr \ on F. FBHER, B. TLLPAS 11. E. HEUCR fur I'dj x h \ \ efehnsscrstoffe ausgearbcitctcii .,Pnl\ermethode" bestimmt nurdc ; is. aiiorg. Cheiu. '755, 316 (1943).

2. anorg. Chemi?. Bd. 258. 10 d

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1 :Is Zeitschrift fiir ariorgnnische Chrmic. Btrntl 258. 191ij

in dcr Abriali~ne ihver Jntensitat r r u t nicdrigerein Schwefelgchnlt des Roliol< n a3 itlit tier Tatsache in Eiiililaiig stelit da l j im ieirieii H2S4 imi die holieie F r e c p m (481 ci1i-1) allein zii Iieubditeii ibt. Glciclr- 1:tafentl dainit steigt the Intensitat, der T h i e 183 cn7-l (iiiittelste der. staIkeren Linien iiii riied~iqrii pi eqiiri~zgebiet) e t w x ail. Bernerkens- weit dabei i h t a h . tlnl.3 diese Fieqiietii ,mn;iclist bir zii einein etv n der For inel H ,8, eiitsyieuhenden Svhu-efelg!ehalt sch ier wild, rind ihre Intensitat eist d a m navh nieclr jgeren Schwefel 11 hin 1% iedcr be- traciitlich 7unimiiit in iTbeicin,timniurig darnit. e~ dicse Fretpeiiz i r u lI,S,-Spektruiii mit tler. Inteiisitat (1) aiifti itt. Ku'ncli Aussngc des Ra MA u-Spektruins ciit h a It a J so da s 1 ohc Wascerst offpwhiil fit1 aufier J~~n,iserstoiftetrasulfitl, tlas kwvormgt in lrirlitei en Rolivlen ail- Na ,Y, und Xa,S,,, vorkooimt. mit 2;'oIler T$7alii scheinlicltheit rroch zwei meiteie

l i ~ cfeln assei xtoff -Verbiiidungeii, die den ZUM n)inei1-

, uind H,S, enispieclien. Die iiiutiiiaUlichen Spektren dieser Verbindungen Ja5beii sic ihreii char abteristischen Chundzilgeri bereits mgehen. fur die eIen prapsiatiT-en Vcrsiiclie roi i Be- deutuiig i i t : l h s H2s6 S1)ektiuin besitzt x n e~ gleiclistarlie. rchaife %'I equenzeri h i 4x5 niid 4iiti ci~i-1 neben T-ier Linicn 1111 uieclrigen Gcbict, von dencn die drci tieferen ariiiaheriid pleiche Inteiisitat haben. Trii

111 tritt die Lime 185 en-1 ebeufJl5, aber we-erithcli breiter ierier :tiif, w,ihiend glcichzeitig die nictlrigeri Frqueiizcii,

msbc-under e 183 ~ 1 x 1 - l . pegenulwr c k n i H,S,-Spekti itrn kicdeutcnd ge- s c h ~ d c h t iinc2. ITasseI stoffdisidf , t i und Wassei stofltiisuificl sintl i i t t

1 ohen Wassri stofipeirulfid navlr Aussape des R~nran--Spcktrunis riioho rlii ekt elithalten, soiidcrn werden aus diesem erst beim Erliitzeri (lurch eineri KK :1cliprozeI3 gr1)ildet 2')).

anch das aul3ere \'exhalten der r(ih\.1efelieicheren i i PJ otluktm be1 oizugt hohere

JTasqei stoffpolysu lfidc a l z W~tsserstoiftetrasLilfid enthnltcn sind. 8ie sind iriterisiver gellr gefirbt u n d niei1ilic.h viikoyer als die bisliei. he- hil i i tei i Polj sclin efcln a-Lerstoffe uiid bedzen infolge ihrcs gcringei en 1)mipfdritc~hrh eitieii wcniger unatngeuehmen Geruoli WIP diere.

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Versu ehe zur Is oliei ung von Wasserstoffpentasulf id und Wasserstoffhexasulfid

Nachdem die ramanspektroskopische Analyse des rohen Wasaer- stoffpersulfids gezeigt hatte, da13 daseelbe hohere Polysehwefelwasser- stoff -Verbindungen enthglt, versuchten wir, die einzelnkn Substanzen aus dem Rohol zu isolieren. Die im folgenden beschriebenen Versuche zur Gewinnung von reinem H,S, und H,S, zeichnen sich durch eine enge Wechselwirkung zwjschen der chemisch-praparativen Arbeitsweise und der ramanspektroskopischen Untersuchungsmethode aus. Von allen anfallendcn Praparaten wurden laufend Rmuh--Aufnahmen an- gefertigt. So war es moglich, einerseits die Spektien der reinen Ver- bindungen, die aus den orientierenden Roholversuchen noell nicht sicher und vollstgndig bekannt waren, irnmer weiter herauszuarbeiten, indem die Intensitatsanderungen der einzelnen Linien init zunehmender Rein- heit der Substanzen verfolgt wurden. Andererseits konnten die ver- wendeten Trennungsverfahren dauernd auf ihre Wirksamkeit kon- trolliert und dementsprechend so lange abgeandert werden, bis die Frequenzen von Verunreinigungen, die im Laufe der Versuche als solche erkannt worden waren, irn Spelrtrum der Endprodukte nicht mehr auf t r at en.

Zuiilichst wurde versucht, die reinen FolFschwefclwasserstoffe aus dem Wasser- stoffpersulfid durch fraktionierte liristallisation abrutrennen. Es.lassen sich aber beim AbkuhIen des Rohols bis auf -80" C lreine kristaIlisierbaren Fraktionen erhalten. Die Eraparate werden vielmehr im ganzen immer blasser, triiber und zaher und erst'arren schliel3lich in fliissiger Luft, zu einer weiBen, hornartigen Masse, aus der sic beim Er- warmen langsain wieder plastisch und ohne definierten Schmelzpunkt fliissig werden.

Die Abtrennung des H,S, urid H,S, muflte daher in Analogie zu der dcs H,S, auf dcm Wege der Dcstillation versucht werden. Dabei kanien von vornherein riur extrem milde Versuchsbedingungen (hohes Vakuum, niedrige Temperatur und moglichst kur zer Destillationsweg) in Betracht, da die hoheren Polyschwefelwasserstoffe niit zunehmender Kettenliinge immer leichter zu schwefelarmeren Homologen gekrackt wcrden 21).

Die nach einer Reihe von Vorversuchen rnit Eifolg eingesetzte Destillationsapparatur zeigt Abb. 2. Sie ist eine speziell fur den vor- liegeriden Zweck weiterentwickclte Form der Dunnschicht -Anordnung,

zt) I. nr,ocH 11. F. HOHX, Bcr. dtsch. chem. Ges. 41, 1977, 3976 (1908); P. FEHBR u. &I. B A U m E R , z. anorg. Cbem. 258, 170 (1947); 254, 251 (1947).

8. anorg. Chemic. Bd. 258. 10 B

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die bei der Isolierung des H,S, beniitzt wurdeZ2). Wegen ihres besonders kifrzen Destillationsweges\und der Vorriclitung zu nur vorubergehender Erwarmung des Ausgangsproduktes diirfte sie auch fur die Fraktio- nierung nnderer hochempfindlicher Substamen allgemein anwendbar sein.

l m einzelnen besteht die Apparatur, die in ihrer senkrechten Ausdehnung 38 em lang ist, aus zwei Teilen, die durch cinen grol3cn Mittelschliff zusammengehalten werden. Der untere von beiden enthalt vor diem dw dicke Heizrohr, das auf seinem obcren Ende die tellerformig flach eingebuchtete Heizflache H tra@. Gegen diese spritzt wahrend

der Destillation aus dem dicht unterhalb endenden engeren Rohr eine in Cmlauf gehaltene Heizfliissigkeit von 100” C. Der obere Teil tragt die Kondensations- flachen W und K und ist uber den Schliff Z iind fiinf hintereinandergeschaltete Kondensationsfallen (siehe Abb. 3) mit der Hochvakuumanlage (zweistufige R,ontgen-(llpumpe, dreistufige Quecksilberdampf- pumpe. MAc-LEon8ches-Manometer) verbund’en. Das R’ohol flieBt aus eineln Tropftrichter durch die Ein-

Abb. 2. K u r s w c g - D e s t i l l a - t i o n s a p p a r a t u r fur die Abt rennung v o n H,S, und H,S, a u s d e m rohen

Wassers tof fpersu l f id

schmelzung G tropfenweise aiif den Heizteller der Appa- ratur. Hier verdampfm aupenblicklich seine fluchti- gen Bestandteile, die an der auBeren Wand TV, in . der Kuppel li und den ange- schlossenen Fallen frak- tioniert koiidensiert werden. Entsprechend dcr Eintropf- geechwindigkeit des Wasser- stoffpcrsiilfids wird der Destillationsriickstand ent- weder sohneller oder lang- Abb.3. F a l l e A zur samer durch frisch zuflienen- Kondensat ion des des Rohijl von der Heizflache H,S, verdrangt, flieBt rasch auf

der Oberflache des Heizrohres herunter und gelangt in den angeschlossenen Ruok- standskolben. Die an der Wand W’ kondensierten Anteile des Destil!ates werden durch die Sammelrinne S, in die auf Zimmertcmpcra tm befindliche, geschlossene Vorlnge Fi3) (in Abb. 2 einfachheitshalber nicht mit gezeichnet) .abgeleikt. Diese Fraktion 11 ist die schmefelrsichste, da der Destillationsweg zwischen H und W be- sonders kusz ist. Die in der KuppeI R kondensierte Fliissigkeit enthalt die an Schwefel niicbst armere Fmktion I. Sic l&uft uber S, durch den Schliff R in die auf 45’ C erwarmte Falle A (in Abb. 2 ebenfalls nicht mit gezeichnet, siehe aber Abb. 3 ) a t . Diese ist in der in Abb. 3 ersicktlichen Weise mit einem lrlei~er: Sackchen S versehen, um ein Zuriick- t’licRcn yon Kondensat aus dem nach oben gebogenen Verbindungsstuck d znr niichsten

22) Siehe Anmerkung 4, dort genaue Beschreibung der Apparatur und ihrer Wirkungs-

23) Wegen Benennung der Vorlagen siehe Versuchsteil. weise.

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F. F E H ~ R .u. M. BAUDLER, fjber das Wasserstoffpentasulfid H,S, usw. 141

Falle in das Innere von A zu verLinderna4). Das Seckchen ist etwas schrtig angeblasen, damit sein Inhalt beim Entleeren von A vor der Hmptfraktion abgegossen werden kann.

An A schlielt dic mit flussiger Luft gekiihIte Falle'B (gleiche Form wie A , nur ohne Sackchen) an, in welcher samtliche bei der Destillation gebildeten niederen Produkte ausgefroren werden. B ist uber drei ebenfalls mit flussiger Luft gekiihlte Ausfriertaschen, in denen etwa bei der Destillation freiwerdender Schwefelwasserstoff sowie die Dampfe aus der Pumpe zuriickgehalten werden, mit der Hochvakuumanlagb verbunden, die w&,brend der Destillation ein konstantes Vakuum von mm H g aufrecht zu halten gestattet.

Schon nach den ersten Versuchena5) kohnte in den Vorlagen A und F eine betrachtliche Anreicherung an Produkten festgestellt werdeh, deren analytischer $chwefelgelialt in der Nahe der theoretischen Zu- sammensetzungen H,S, bzw. H,S, lag. So wurde z. €3. bei Versuch 2 in A ein Praparat erhalten,' dessen Analysenwert der Zusammensetzung 26)

81% H,S, + 19'% H,S, entsprach. Das RAMAN-Spektrum desselben zeigte im hoheren Frequonzgebiet eine starke, etwas diffuse Linie bei 485 cm-1, wkhrend gleichzeitig die in reinem H,S, mit der Intensitat (4) beobachtete Frequenz 3.83 em-l ganz schwach zu erkennen war. Dieser Befund sprach 'eindeutig fur das Vorliegen eines stark arlgereicherten H,S,-Praparates, in dem H,S, nur noch als Verunreinigu.ng auftrat. Bei Versuch 4 fie1 in P ein Produkt der Zusammensetiung 77 % H,S, + 23 % H,S, an, dessen Spektrum in analoger Weise auf das Yorliegen eines stark angereicherten H,S,-Prliparates schliel3en lie13. Damit war die Wirksamkeit des beschriebenen Destillationsverfahrens fiir die Ab- trennung von H,S, und H,S, aus dem rohen Wasserstoifpersulfid er- wiesen, und die Aufgabe der folgenden Versuche bestand darin, durch geringfiigige AbrindeIung der Destillationsbedingungen die Anreicherung an H,S, und H,S, noch weiter - nach Moglichkeit bis auf 100% - zu treiben.

Wahrend schon bei Versuch 5 in F ein 99proz. H,S,-Praparat er- halten wurde2'), bereitete die Gewinnung von reinem H,S, zuniichst grol3ere Schwierigkeiten. Der Grund dafiir lag im Auftreten von gro-

24J Bei den Vorversuchen war wiederholt beobachtet worden, da13 sich in dem nach oben gebogcnen, nicht mehr erwkrmten fhergangsstiick von Vorlage A zur nechsten Falle B einige 'Iropfen schwefelarmeren Kondensetes niedcrschlugen, die in das Innere von A zuriickflossen und die dort angesdmmelten Produkk merklich verunreinigten.

26) Genaue Beschreibung der Versuchsdaten und des Destilla~ionsv~Baufes siehe S. 148.

26) Die angegebenen Zusammensetzungen sind im folgenden stets aus den Analysen- werten unter der Annahme berechnet, da13 die Praparate nur zwei reine Polyschwefel- wasserstoffe entbalten. Sie konnen daher nur als orientierende Abschatzungen gewertet werden.

*') Das Ra_vns-Spektrum wird weiter unt mmenhang mit den Spektren der anderen erhaltenen Fraktionen ausfiihrlich

____.

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142 Zeitschrift fur anorganische Chemie. Band 258. 1949

Beren Mengen H,S4Z8), die im Ausgangs-Rohol nicht enthalten sind, aber durch einen KrackprozeD gebildet werden, der in Konkurrenz zum normalen Destillationsvorgang auch unter den beschriebenen, extrem milden Versuchsbedingungen stattfindet. Sie wirkten sich auf die An- reicherung vop H,S, insofern sehr storend aus, als sich das H,S, teilweise zusammen mit dem H2S5 an den luftgekuhlten Stellen der Apparatur, insbesondere in der Kuppel K und dem Einleitungsrohr von A , nieder- schlug und damit die €I,S,-Fraktionen verunreinigte. Diese vorzeitige Kondensation von H2S, konnte schliel3lich dadurch unterbunden werden, daI3 die betreffenden Apparaturteile wahrend der Destillation durch aufgelegte heil3e Tkcher (etwa 60" C), spater durch Anblasen mit Heil3- luft auf hoherer Temperatur gehalten wurden, bei welcher allein erst eine Kondensation von H,S, stattfindet. Auf diese Weise wurde bei Versuch 6 in A ein 93proz. H,S,-Praparat erhalten, wahrend in Versuch 7 eine Anreicherung bis auf 99 % H2S5 erreicht wurde.

Bei den iibrigen Versuchen wurden in A und P ebenfalls an hoheren Polyschwefelwasserstoffen stark angereicherte Fraktionen erhalten, deren Zusammensetzung mit wechselndem Schwefelgehalt des Aus- gangs-Rohols und verschiedener Versuchsdauer erheblich variierte. Allgemgin konnen auf Grund einer grofieren vergleichenden Versuchs- reihe folgende Zusammenhange aufgezeigt werden : Geht man bei der Destillation von einem schwefelreicheren Rohol (Analysenwert iiber 82 % S, dargestellt aus Xa,S4,,) aus, das von vornherein bevorzugt H,S, enthiilt, so wird das Hexasulfid in der Vorlage P stark angereichert, und es kiinnen leicbt Destillate mit einem Hexasulfidgehalt von nahezu 100 % gewonnen werclen. I n der Falle A ist gleichzeitig nur eine schwache Kondensation zu beobachten, und das dort angesammelte pentasulfid- reiche Kondensat ist stets mit wechselnden Mengen Hexasulfid (b' IS zu 40 %) verunreinigt. Setzt man dagegen schwefelarmere Rohole (79 bis 81 % S, dargestellt aus Na,S,,,) zur Destillation ein, die vorwiegend aus Ieichteren Polyschwefelwasserstoffen, insbesondere H2S,, bestehen, so ist der Versuchsverlauf ein viillig anderer. In A sammelt sich wesentlich mehr Destillat an als in P, und bei wirksamer Verhinderung einer vor- zeitigen Kondensation von H2S430) konnen in A sehr reine Pentasulfid- fraktionen erhalten werden. Die gleichzeitig in F anfallenden Kondensate besitzen analytische Schwefelwerte, die haufig ebenfalls in der NBhe des theoretischen H,S,-Wertes liegen . Die ramanspektroskopische Unter-

28) Auch das in B angesarnmelte Kondensat bestand zufolge seines RAMAN-Spektrums

2@) H. KLUG, Dissertation Gottingen 1948. ao) Eiehe weiter oben.

zum wesentlichen Teil aus H,S, neben H,8, und H,S,.

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P. F E H ~ R u. M. BAUDLER, tfber das Wasserstoffpentasulfid H8SS usw. 143

suchung dieser Produkte zeigt jedoch (siehe weiter unten), da13 sie neben H,S5 auch betrachtliche Mengen H2S6 und H,S, in anniihernd aqui- molekularem Verhaltnis enthalten, wodurch der auf H2S5 stimmende Analysenwert vorgetauscht wird.> Da13 sich in -8' das H,S6 aus dem Rohol wiederfindet, ist ohne weiteres verstiindlich. Der zunachst iiber- raschende H,X,-Gehalt der Produkte wird vermutlich dadurch ver- ursacht, da13 die Wand W der Apparatur durch das Anblasen der KuppelK mit Heialuft nicht mehr genugend mit erwarmt wird, um bei Vorhandensein grooerer Tetrasulfid- Konzentrationen eine Konden- sation von H,S, an dieser Stelle vollstandig zu unterbinden. Au13er- dem sieden die leichteren Rohiile auf dem Heizteller durch eine Art Siedeverzug gelegentlich heftig auf, wobei kleinere Spritzer u. U. bis an die gegeniiberliegende Wand W gelangen konnen, so dai3 eine gerirxge Menge des in F festgestellten Tetrasuktids moglicherweise direkt aus dem Rohol stammt 31). Die Destillationsdauer wirkt sich auf die Zusammensetzung der Endprodukte in dern Sinne aus, dall bei sehr langsamer Zugabe des Rohols (Versuchsdauer langer als 2 Stunden bei 75 em3 Rohol), d. h. bei sehr langem Verweilen desselben auf der Heizflache, der Krack- prozell im Vergleich zum normalen Destillationsvorgang stark be- giinstigt wird, was an der Zunahme des Falleninhaltes B (niedere Homo- loge) festgestellt werden kann. Andererseits darf das Rohol nicht zu rasch von dem Heizteller verdrangt werden, da es sonst unter Umstanden nicht auf die erforderliche Destillationstemperatur erwarmt wird. Zu- sammenfassend konnen also das Wasserstoffpentasulfid und das Wasser- stoffhexasulfid mit Hilfe des beschriebenen Destillationsverfahrens aus dem rohen Wasserstoffpersulfid abgetrennt werden. Dabei ist es jedoch vorlaufig noch nicht moglich, beide Substanzen in einem Destillations- vorgang nebeneinander vollig rein zu erhalten. Vielmehr miissen Rohole verschiedenen Schwefelgehaltes zur Destillation eidgesetzt werden, je nachdem, ob die Gewinnung reiner H2S5- oder H,S,-Pr&parate an- gestrebt wird.

Um den eindeutigen Nachweis zu erbringen, da13 es sich bei den erhaltenen Substanzen tatsachlich um die definierten chemischen Ver- bindungen H,S5 und H,S, handelt, dnd in Abb. 4 die RAMm-Spektren einiger Fraktionen nach ihrem Schwefelgehalt geordnet in schematischer Darstellung wiedergegeben.

Das bei Versuch 7 in Vorlage A erhaltene 99proz. Wasserstoffpentasulfid-Priiparat besitzt (abgesehen von den S-H-Frequenzen) folgendes RaMm-Spektrum :

182 (00); 486 (7).

31) Versuche, dieses gelegentliche Aufsieden durch Vorwiirmung und Vorentgasung des Rohols vor Eintritt in die Heizapparatur zu unterbinden, sind im Gange.

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144 Zeitschrift fiir anorganische Chemie. Band 258. 1949

In diesem treten sowohl die charakteristische Disulfidlmie 508 om-l als auch die intensive Trisulfidfrequenz 207 em-1 nicht auf, so daB diese beiden Substanzen in dem betreffenaen Praparat nicht enthalten sein kdnnen. Die Frequedzen des H,S, (183, 484 cm-l) finden sich dagegen in dem Spektrum degi Pentasulfid-Praparates wieder. Dasselbe unterscheidet sich aber sowohl im Intensit&tsverhltnis als aqch in der Struktur der einzelnen Linien von dem Tetrasulfidspektrum auf so eindeutige Wcise, dalj eine Identitiit beider trotz der gleichen Frequenzholien schon auf den ersten Bliak mit Sicherheit aksgeschlossen werden kann. Wahrend die Linie 484 em-1 im H,S,-Spektrum stets intemiv undscharf begrcnzt beobachtet wird, tritt sie bei allen H,S,-Priiparaten wesentlich schwacher und charakteristisch bandenartig verbreitert auf. Gleichzritig ist die Frequeha 183 em-l, die im reinen H,S, als mittelstarke, scharfe Linie beobachtet wird, im H8S,-Spektrum so schwach und diffus, daB sie nur als verwaschener Schatkn erkAnnt werden kann se). Zudem entspricht die beobachtete hreinstimmung der Frequenzhohen des H,S,- und H,S,-Spektrums durchaus der Erwartung, da allgemein die RAMAN-Spektren der hoheres

Polyschwefelwasserstoffe unterein- ander immer hhnlicher werden (die Frequenz 484cm-l tritt schon als starkste des H$,-Spektrurns auf und findet sich ebendo wie die Linie 183 cm-1 in den Spektren aller bisher bekannten Polyschwefel- wasserstoffe bis H,S,33) wieder).

Auf Grund des spektro- skopischen Befundes kann daher in dem bei Versuch 7

Abb- 4. RAMAN-Spektren einiger durch in Vorlage A angesammelten Des t i l l a t ion g e wonnen er Fra ktionen Destillat ein nachweisbarer

Gehalt an niederen Poly- schwefelwasserstoffen (H,S, bis H,S,) mit Sicherheit aubgeschlossen werden. Da das Produkt einen der stochiometrischen Zusammen- setzung H,S, entsprechenden Schwefelgehalt besitzt (79,04 yo S), konnen dann auch hohere Polysulfide oder elementaxer Schwefel nicht darin enthalten sein. Damit ist bewiesen, da8 das betreffende Praparat reines Wasserstoffpentasulfid ist.

Das Spektrum des bei dem gleichen Versuch in Vorbge E angefal- lenen Produktes, das seiner Bruttozusammensetzung nach ebenfalls nahezu 100proz. H,S, sein sollte, zeigt dagegen mit seiner grol3eren Linienzahl den typischen Habitus eines Mischspektrums. Die fur reines H,S5 ungewohnlich grol3e Intensitiit der Linie 183 cm-1 sowie ein Ver- gleich mit dem Spektrum des 99proz. Hexasulfid-Praparates lassen darauf schlieGen, da13 das betreffende Kondensaf; neben Wasserstoff-

32) Bei einer Reihe von Aufnahmeri konnte diese Frequenz iiberhaupt nicht be-

aber die Darstellung und Eigenschaften von H,S, und H,S, wird demniichst oba chtet werden.

an gleicher Stelle bericbtet werden.

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F. FEHI~R u. M. BAUDLER, uber das Wasserstoffpentasulfid H,S, usw. 145

pentasuuid groBere Mengen Hexasulfid und Tetrasulfid enthalt , wie schon weiter oben bei der Bespreckung der Destillat'ionsversuche er- wiihnt wurde. Dagegen zeigt die Ubereinstimmung des Pentasulfid- spektrums mit den Spektren der 93- und 8lproz. H,S,-Destillate (Ver- such 6 , Falle A bzw. Versuch 2, Falk A ) , daG auch diese Fraktionen recht reines Wasserstoffpentasulfid sind.

Das ~.uwah--Spektrum des in Versuch 5 erhaltenen 99proz. Wasserstoffhc'xasulfid- Priiparates zeigt (abgesehen von den S-H-Frequenzen) folgende Linien:

148 (1); 183 (2); 215 (1); 246 (0); 467 (6); 486 (7) .

Die Frage, ob dasselbe ein Mischspektrum ist oder einer definierten Verbindung H,S, angehort, kann in analoger Weise wie beim Pentasulfidspektrum folgendermaBen dis- kutiert werden: Die charakteristischen Linien des H,S, und H,S, (508 bzw. 207 cm-1) treten im Spektrum des Hexasulfid-Priiparates nicht auf, so dai3 das Vorliegen dieser beiden Verbindungen mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Die dern Tetrasulfid und Pentasulfid gemeinsamen Linien (486 und 183cm-1) sind dagegen zum Teil mi$ betriichtlicher Intensitht zu beobachten, was jedocb nach den bei der Diskussion des Pentasnlfidspektrums gevconnenen Erfahrungen kein zwingender Beweis fur eine Ver- unreinigung mit groBeren Mengen dieser Substanzen zu sein braucht. Das beobachtete Hexasulfidspektrum zeigt vielmehr mit seinen beiden intensiven Frequenzcn 467 und 485 cm-1, von denen die hohere merklich scbiirfer begrenzt ist als im Pentasulfidspektrum, und deren Intensitiitsverhdtnis bei verschiedenen Priiparatsn stets konstant gefundeq wurde, den deutlichen Charakter des Schwingungsspektrums einer reinen Substanz. E$ unterscheidet sich in charakteristischer Weise von den Rma-Spektren allei niedered Polyschwefelwassersinffe (H,S, bis H,S,) ebenso w ie von denen der kdrzlich untersuchten hoheren Homologen H,S, und HeSs3S), die im niedrigen Frequenzgebiet nur einzelne, aderordentlich schwache, kaum erkennbare Linien besitzen.

Alle diese Substanzen konnen daher in dem bei Versuch 6 in Vor- lage P angefallenen Destillat nicht in spektroskopiscl; nachweisbarer Menge enthalten sein. Daraus folgt, da13 dasselbe entsprechend aeiner analytischen Zusanimensetzung (82,43 % S) reines Wasserstoffhexa- sulfid ist und all6 Frequenzen des angegebenen RAMAN-Spektrums der definierten Verbindung H,S, zuzuordnen sind.

Die iibrigen in Abb. 4 schematisch wiedergegebenen Spektren lassen sich ohne weiteres durch entsprechende aerlagerung der Frequenzen des reinen Wasserstoffpentasulfids und Wasserstoffhexasulfids deuten.

I

Eigenschaften des Wasserstoffpentasulfids und Wasserstoffhexasulfids Das Wasserstoffpentasulfid und WasserstoffhexaeuMid Uuntergcheiden

sich als hohere Glieder einer chemisch-homologen Beihe voneinander nur durch eine quantitative Abstufung einzelner Eigenschaften, die qualitativ bei beiden Verbindungen gleich sind. Beide Substanzen sind

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146 Zeitschrift fur anorganische Chemie. Band 258. 1949

_-___

182 (00)

485 (7) 8% (0)

2513 (2)

bei Zimmertemperatur kraftig gelb gefarbte Fliissigkeiten, die etwas dickfliissiger als Olivenol sind. Die Farbe des Hexasulfids ist noch etwas intensiver gelb, und seine Viskositat ist merklich grolter als die des Pentasulfids. Beide Verbindungen besitzen den fiir Polyschwefel- wasserstoffe charakteristischen Geruch nach Kampfer und Dischwefel- dichlorid, und ihre Dampfe reizen die Augen- und Nasenschleimhaute, wobei diese Eigenschaften beim H,S, infolge seines hoheren Dampf - druckes starker ausgepragt sind als beim H,S,. Beriihrung mit Quarz- pulver, elkalihaltigen GlasgefaGen, Holz, Papier usw. fiihrt eine Zer- setzung in Schwefelwasserstoff und. Schwefel herbei, bei der eine Zu- nahme der Stabilitat mit steigender Kettenlange beobachtet werden kann. In Benzol losen sich beide Substanzen ebenso wie die niederen

Tabelle 2. 2: in cm-l

H,S,

148 (1) 183 (2) 215 (1) 246 (0) 467 (6) 485 (7) 882 (0)

2513 (2)

Polyschwefelwasserstoffe ohne Zersetzung, wo- bei die Loslichkeit vom H,S, dber das H,S, zum H,S, stark abnimmt. Beim Abkuhlen in einer Kohlensaure-Kaltemischung zeigen das Pentasulfid wie auch das Hexasulfid in Ana- logie zum H8S4 keinen definierten Schmelz- punkt, sondern erstarren allmahlich zu hell- gelben, glasigen Massen. Bei Atmospharen- druck oder im Wasserstrahlvakuum sind beide Verbindungen nicht unzersetzt destillierbar. Die nach der Senkkorpermethode bei 15" C bestimmten Dichten sind : DZss, = 1,660; DES6 = 1,699. Die RAMAN-Spektren der reinen

Substanzen zeigen folgende Brequenzen in cm-l (Tab. 2). Sie werden dem- nhhs t im Rahmen einer allgemeinen Strukturdiskussion der Poly- schwefelwasserstoffe im Hinblick auf die Konstitution der einzelnen Verbindungen naher diskutiert werden. Die Spektren von Schwefel- lasungen in H,S, und H,S,'~etzen sich - ebenso wie bei den niederen Homologen - additiv aus den Frequenzen der reinen Polyschwefel- wasserstoffe und des gelosten Schwefels zusammen, so daD auch hier keine chemische Reaktion unter Bildung von schwefelreicheren Verbindungen festgestellt werden kann. Nach Aussage der RAMAN- Spektren von gealterten H,S,-Praparaten wandelt sich reines Wasser- stoffpentasulfid allmghlich freiwillig in Wasserstoffhexasulfid und noch hohere Homologe urn, bevor eine vollstiindige Zersetzung in Schwefel- wasserstoff und Schwefel eintritt 34).

Vgl. die Alterung von H,S,-Priiparaten, F. FEHI~R u. M. BAUDLER, 2. anorg. Chem. 254, 254 (1947).

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F. F E H ~ u. M. BAUDLER, Ober das Wasserstoffpentasulfid H,S, usw. 147

Beschreibung der Versuche

Die Zusammensetzung des rohen Wasserstoffpersulfids

Alkalipolysulfidlosungen: Na,S,,,-Usung: Nach BLOCH und HOHF~~) werden 500 g Na,S - 9H,O mit 250 g Schwefelblumen in einem 2-l-Rundkolben 3 Stunden lang unter Gufigem Umschiitteln auf dem Wasserbad erwarmt. Das Na,S schmilzt in seinem Kristallwasser und lost den Schwefel unter Farbvertiefung bis auf einen Riickstand von etwa 20g auf. Die erkaltete Schmelze wird mit 400 om3 Wasser verdiinnt, rasch von Schwefelresten und etwaigen Verunreinigungen a6gesaugt und mit 130 cm3 Wasser zu 1 Liter aufgefiillt. Gut verschlossen und im Dunklen aufbewahrt ist die Usung einige Tage haltbar.

Na,S,-liisung: Dargestellt aus 480 g Na,S * 9H,O und 192 g Schwefel analog der Na,S,,,-Liisung. Jedoch werden schon vor dem Erwarmen auf dem Wasserbad 500 cma H,O zugesetzt, da sonst die Schmelze beim Erkalten nicht flfissig bleibt, sondern erstarrt. Spiiter wird dafiir nicht weiter verdiinnt.

Na,S,-liisung: Darstellung aus 480 g Ka,S * 9H,O, 128 g Schwefel und 500 cm3 Wasser (siehe Na,S,-Usung).

Na,S,,,-Liieung: Nach der Vorschrift von BUTLER und MA ASS^^) aus 725g Na,S x 9H,O, 150 g Schwefelblumen und 500 om3 Wasser dargestellt. Nach dem Filtrieren wird die Lijsung nochmals mit 275 cm3 H,O verdiinnt.

Na,S,-Usung : Dargestellt aus 480 g Na,S 9H,O, 64 g Schwefel und 500 cm3 Wasser.

Na,S,,,-Lijsung: Aus 480g Na,S * 9H,Q, 32g Schwefel und 500 cm3 Wasser dar- gestellt .

Robes Wasserstoffpersulfid : Die Siiurezersetzung samtlicher Alkalipoly- sulfidliisungen wird auf die gleiche Weise in Anlehnung an das von HOHN~') beschriebene Verfahren folgendermal3en durchgefiihrt: In einem 5-l-Filtrierstutzen, der mit Eis- Hochsalzmischung auf - 15 bis - 20" C abgekiihlt ist, befinden sich 2 1 konz. Salzsaure (spez. Gew. 1,19) und 2 1 feingemahlenes Eis. Unter starkem Riihren liil3t man im Verlauf von 1-11/, Stunden die Alkalipolysulfidlosung aus einem Scheidetrichter zutropfen, wobei das AusfluuOrolzr zweckmiil3ig etwas in die Fliissigkeit eintaucht. Wahrend der Umsetzung verwandelt sich die wiisserige Schicht in eine milchig-weiBe Schwefelemulsion, wahrend sich das gebildete Wasserstoffpersulfid als gelbes 01 am Boden absetzt. Von &it zu Zeit ist auf sorgfaltige Kiihlung der Reaktionsmischung zu achten, da die Um- setzung stark exotherm verliiuft und die gebildeten Wasserstoffpolygulfide sich in was- serigem Medium schon bei geringer lokaler Temperaturerhohung stiirmisch unter H,S- Abgabe zersetzen. Nach Beendigung der Reaktion wird das Wasserstoffpersulfid von der wasscrigen Schicht im Scheidetrichter getrennt, in einen sorgfaltig vorbehandelten

I. BLOCFI u. F. HOHN, Ber. dtsch. chem. Ges. 41, 1961 (1908); VANINO, Hand- buch der praparativen Chemie I, 5.80.

s6) K. H. BUTLER u. 0. MAASS, J. Amer. chem. SOC. 53 11, 2184 (1930). 39) F. HOHN, Dissertation .Miinchen (1908).

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ERLENMEYER-Kolben abgelassens8) und mit P,o, getrocknet. In QuarzgefaDen und in einem kuhlen R a m aufbewahrt sind die Produkte einige Stunden unverkndert haltbar.

Die Ausbeuten an rohem Wasserstoffpersulfid sind bei der Zersetzung der einzelnen Alkalipolysulfide sehr verschieden. Aus 1 1 Na,S,,,-Lijsung wurden 161 cm3 Rohol er- halten, was einer Gesamtausbeute an Schwefel von 87 YO der Theorie und einer Ausbeute- erhohung von 11 % gegenuber der Literaturs') entspricht. Die Ausbeuten bei den niedriger geschwefelten Alkalipolysulfiden sind demgegeniiber wesentlich geringer. So werden aus der gleichen Menge Na,S,-Liisung 32 cm2 und aus Xa,S,,,-Lijsung nur 13 cm3 Wasserstoff- persulfid erhalkn. Der Grund dafur ist, daB mit abnehmendem Schwefelgehalt der Alkalipolysulfide der Schwefelwert der daraus gebildeten Wasserstoffpersulfide nicht in gleichem Ma& abfallt, so daB immer mehr Mole Alkalipolysulfid zur Bildung eines Mols Wasserstoffpersulfid benotigt werden.

Versuehe zur Isolierung von Wasserstoffpentasulfid und Wasserstoffhexasrilfid Versucho mit der in Abb. '2 gezeigten Destil1ationsapparat.ur. Vakuum bei allen

Versuchen l W 4 mm Hg. Vcrsuch 1: Eingesetzt 75 cm3 Rohol (79,13 '36 S); Heizflussigkeit: Wasser von

100" C; Kohol verhaltnismaBig rasch zugetropft, Destillationsdauer ll/z Std. Wahrend der Destillation starke Kondensation in der Kuppel K und der Falle A, etwas schwiichere in Vorlage F zu beobachten.

Ergebnis: In A 9 cms, in 3' 3 cm3 gelbes Kondensat, in B 1,5 cm3 deutlich hcllcr gefarbtes Produkt. Analyse Destillat A : 76,49 % S, Zusammensetzung**) 51 % H,S, + 49 96 H2S,. Destillat F nicht naher untersucht. Analyse Destillat B : 72,26 % S, also H,S, mit etwas H,S,. RAMAN-Spektrum von Kondensat A konnte nicht aufgenommen werden, weil sich das I 'rdukt beim Filtrieren durch eine Quarzfritte zersetzte.

Versuch '2: Eingesetzt 70 cm3 Rohol (81,O5 X 8); Heizfliissigkeit bei allen fol- genden Versuchen: Wasser von 100" C; Kuppel K und Einleitungsrohr von Falle A bei diesem und den spatercn Versuchen mit GO" C hci%nTuchern erwarmt. ZufluBgeschwindig- keit des Rohols und Destillationsdaucr wie Eei Versuch 1.

Ergebnis: In A 1'0 cm3 kraftig gelbes Kondensat, in F 8 cm3 etwas dunkler gcfarbtcs Produkt, in B 3 cm3 hellere Substanz. Analyse Destillat A : 78,03 % S, Zusammensetzung 81 % H2S, + 19 '5 H,S,. Destillat F nicht naher untersucht.. Analyse Destillat B: 73,33 X S, also naheau reines H2S4 (theor. i3,84 Sb S). RAMAN-Spektrum von Kondensat A aufgenommen.

Versuch 3: Eingesetzt 100 cm3 Rohol (81,34 % S); Destillationsdauer 21/* Std. Ergebnis: In A 5 om3, in F 7 cm3 intensiv gelb gefarbtes Kondensat, in B 5 om3

helleres und griinstichigeres Produkt. Ahalyse Destillat A : 8O,40 % S, Zusammensetzung 86 YO H2S5 + 14 % H,S,. Kondensat F nicht naher untersucht. Analyse Destillat B: 73,41 YO s, nahezq reines H,S,. Es konnte kein einwandfreies RAMAN-spektrum von Kondensat A aufgenommen werden, weil sich die Substanz beim Belichten zersetzte.

Die Polyschwefelwasserstoffe sind so empfindliche Substanzen, daB schon die Alkalitit des Ulascs genugt, um ihre Zersetzung in Schwefelwasserstoff und Schwefel einzuleiteu. Alle GlasgefaBe, mit denen die Substanzen in flussiger oder dampffijrmiger Form in Beruhrurig kommen, miissen daher vorher durch Ausspiilen mit he ikr konz. Salzsaure ,,neutralisiert" und anschlieDend sorgfaltig getrocknet werden. Messungen, bei denen es auf auBcrste Reinheit der Priiparate snkommt, sind aus diesem Grundc zweckmaBigerweise in QuarzgefaBen durchzufuhren.

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F. FEHER u. M. BAUDLER, cber daa Waaserstoffpentasulfid H,S, usw. 149

Versuch 4: Eingcsetzt 65 cma Roh6l (8:2,33?6 S); Destillationsdauer 23//4 Stcl. Rohiil also t-erhaltnismaDig langsam zugctropft. Kondenmtion in F flott., in A nur schr schwach.

Ergebnis: In 4 1 cm3 normal ausschendes Kondcnsat., in F 11 om3 suhr kriiftig gelb gefiirbks Produkt, in R 3 cm3 wvrsentlich hellcrcs, griinstichigcs Dcstillrtt. Analysc Kondensat A: 80,03 Ojb 6 , Zusammcnsetzung 70 SO H,S, + 30 96 H,S,. Analyst! Kon- d e n d t F: .83,05 96 S, Zusammcnsetxung 77 oh H,S, + 23% H,S,. ~uaummcnsetzung \-on R auf Grund ramanspektroskopischcr Analyst!: H,S, 4- H,S,. Von Kondensat P R.maax-Spktrum aufgenommen.

Vertluch 5: Eingesetzt 70 em3 Rohijl (82,91 Sb S), Dustillat.ionsdauer 2% Std. Flotte Koiidonsatioii in P, niir sehr schwache in -4.

Ergebnis: In d 2 em3, in F 14,8 em3, in B 9 cm3 Kondensrtt. Andysc KondenHat A: 80,30 7; S, Zusammenset,zung 63 % H& + 37 Y H,S,. Analyse Kondensat F: 82,43 % 8, 99proz. His,. RaMax-Spektrum Ton Kondensat F aiifgcnommcn.

Versuch 6: Eingcsctzt 75 cms Rohol(81,OlX S); Dauer der hst i l la t ipn 13i4 Std. Ergebnis: In A 4 5 cm8, in P 14 cmS, in B 7 cm3 Destillat. -4nalyse Kondenstlt A:

'i8,65 X S, iusammensetzung 93 % H,S, + 7 % H,S,. Xnalysc Kondensat F: 80,42 3; S, Zustrmmensetzung 59 O/o R,S, + 41 R H,S,. RaM.nx-Spektren von Kondensat A und F 9ufgenommen.

,. Versuch 7: Eingesetzt 75 cm8 Rohol (79,OO % S, theoretischer H,S,-Wcrt); L)e&illationsdauer 2 Std.

Erkebnis: In A 6 em3, in F JO cm3 Kondensat. Anclyse Kondensat A : 79,04 '76 S, !t9p(proz. H,S,. Analytlc Kbndensat F: 78,90 % 8, ebcnfalls 99 So H,S,. Von bcidcn Frak- tionen R.AnraN-Spckt.rcn aufgenommen.

Versuch 8: Eingeaetxt 75 cms Rohijl (80,W $6 S); kstillationsdaner 2 Std. Ergebnis: In A 3cm3, id F 15 cm3 Kondenmt. Analysc Kondensat A: 79,62X S,

Zusammensetzung 82 '% H,S,'+ 18 X H,S,. Analyse Kondensat 3: 79,78 Yo S, Zusam- mcnsetzung 79 'YO H,S, + 21 % €I$,. RAXAN-Spctktrum Ton Kondensat F aufgenommen.

Gottingen, Anorganisch-Chemisches institut der Universitiit.

(Bci der Hedaktion eingegengen am 20. Oktober 1948.)


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