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Z. anorg. allg. Chem. 606 (1 991) 7-16 J.A.Barth, Leipzig

Beitrage zur Chemie des Siliciums und Germaniums. XL [I]

Die Bildung von Alkalimetallsilanylen, MSi,H,,+, (M = Na, K), - eine neue Methode zur Knupfung von Silicium-Silicium- Bindungen ausgehend von SiH, und Natrium oder Kalium F, FEHER t, M. KRANCHER und M. FEHER*

KO 1 n , Institut fiir Anorganische Chemie der Universitat

Professor Marianne Baudler zum 70.Geburtstage gewidmet

I n h a1 t s ii b e r s i c h t. Die Reaktion von Monosilan mit aktiviertem Natrium oder Kalium wurde un- ter verschiedenen Versuchsbedingungen untersucht. Bei der Umsetzung mit Natrium entstanden in allen Fallen Usungen, welche ein Gemisch von Natriumsilanylen, NaSi,Hz,+l (n = 1-4), enthielten. Mit Kalium wurde jedoch, wie bereits berichtet 12, 31, zunachst nur KSiH, isoliert. Erst bei der Umsetzung des Kaliumsilyls mit iiberschussigem SiH4 bildeten sich die den Natriumsilanylen entsprechenden Kali- umverbindungen, KSinH2n+l (n = 1-4). Alle erhaltenen Substanzen wurden indirekt durch gaschro- matographische Untersuchung ihrer Reaktionsprodukte mit Benzylchlorid, durch acidimetrische Titra- tion nach der Hydrolyse und direkt durch 'H-NMR-Spektren charakterisiert. Es konnte gezeigt werden, daR sich, ausgehend von SiH4, mit Hilfe von Natrium oder Kalium Silicium-Silicium-Bindungen kniipfen lassen.

Contributions to the Chemistry of Silicon and Germanium. XL. The Formation of Alkali Metal Silanyls, MSi,,H,+, (M = Na, K) - A New Method for the Formation of Silicon-Silicon Bonds from SiH, and Sodium or Potassium

A b s t r a c t . The reaction of monosilane with activated sodium or potassium was studied under va- rious conditions. With sodium a solution containing a mixture of sodium silanyls+ NaSinH2"+' (n = 1 -4), was obtained in each case. However, with potassium always KSiH3 was isolated as described earlier [2, 31. Only the reaction of KSiH, with an excess of SiH4 yielded potassium silanyls, KSinH2,+( (n = 1-4), analogous to the sodium compounds. All derivatives were indirectly characterized by gas- chromatographic investigation of their reaction products with benzyl chloride, by alkalimetric titration after hydrolysis, and directly by their 'H NMR spectra. It could be shown, that silicon-silicon bonds may be built up from SiH4 by means of sodium or potassium.

Key w o r d s : Sodium silanyls - potassium silanyls - alkali metal silanyls - silanyls - sodium di- silanyl - potassium disilanyl - alkali metal disilanyl - disilanyls - 2-sodium trisilanyl - 2-potas- sium trisilanyl - trisilanyls - 2-sodium isotetrasilanyl - 2-potassium isotetrasilanyl - tetrasilanyls - formation of silicon-silicon bonds

Einleitung

Im AnschluB an unsere Arbeiten uber das Kaliumsilyl[2, 31 wurde versucht, die dort gewonnenen Erfahrungen und Arbeitsmethoden auf die Darstellung von Natriumsilyl,

* jeweils Korrespondenzautor

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NaSiH,, zu ubertragen. Deshalb wurde die Reaktion von Monosilan rnit verschiedenen aktivierten Natriumformen systematisch untersucht. Im Gegensatz zum Kaliumsilyl wur- de die analoge Natriumverbindung in der Literatur bisher nur selten erwahnt [4,5,6]. Ein Grund dafur ist die geringe Reaktivitat des Natriums gegenuber dem Monosilan, was zu sehr hohen Reaktionszeiten und auRerdem zu schlechten Ausbeuten fuhrte [5 ,6] . Nur bei Verwendung einer Natriumdispersion und Monoglyme (1,2-Dimethoxyethan) als Lxj- sungsmittel fanden Hagenmuller et al. [4] wesentlich gunstigere Reaktionsbedingungen. Sie setzten innerhalb von 6 Tagen etwa 3,14g SiH, rnit iiberschussigem Natrium zu ei- nem Produkt rnit einem Verhaltnis Na : Si = 1 : 1 um; die Ausbeute bezogen auf das ein- gesetzte Monosilan lag zwischen 15% und 18%.

Jedoch in keiner der genannten Arbeiten wurde das Natriumsilyl isoliert oder direkt nachgewiesen; es wurde entweder durch die Analyse der Hydrolyseprodukte oder durch Bestimmung der bei der Darstellung und bei der Hydrolyse gebildeten Wasserstoffmenge und schlieljlich durch Umsetzung der Reaktionsldsung mit Alkylhalogeniden auf die An- wesenheit von NaSiH, geschlossen. Speziell bei der zuletzt genannten Umsetzung bildete sich in einer bisher unverstandlichen Reaktion neben dem Alkylsilan auch SiH, [ 5 ] . Dies deutet mdglicherweise darauf hin, dalj in der ursprunglichen NaSiH,-haltigen Liisung noch weitere, bisher nicht identifizierte, Siliciumverbindungen enthalten waren.

In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb versucht, unter Anwendung des fur Kali- umsilanyle entwickelten und dort ausgetesteten Verfahrens [2,3,7] - Derivatisierung der Alkalimetallsilanyle rnit Benzylchlorid und anschlieljende gaschromatographische Ana- lyse der Benzylsilane - sowie durch 'H-NMR-Spektren, die Darstellungsbedingungen zu optimieren und das Natriumsilyl sowie andere eventuell vorhandene Natrium-Silici- um-Verbindungen nachzuweisen.

Im Verlauf der Untersuchungen zur Darstellung von Natriumsilyl zeigte sich, daR ne- ben dem Hauptprodukt, NaSiH,, immer auch verschiedene hohere homologe Natrium- silanyle entstehen. Deshalb wurde in Erghzung dazu versucht, die entsprechenden Kali- umsilanyle, KSi,H,,+,, durch die analoge Reaktion aus SiH, und Kalium aufzubauen. Erste Hinweise auf die Bildung dieser Verbindungen fanden bereits Burger et. al. [8], sie machten dazu aber keine detaillierten Angaben. In praparativem Marjstabe sind die Ver- bindungen KSi,H,,+, (n L 2) bisher nur durch Umsetzung von KSiH, rnit hdheren Sila- nen, Si,H,,+, (n 2 2), zuganglich [1, 71.

Analysenmethode

Die in den Reaktionsgemischen vorhandenen Natriumsilanyle sowie eventuell gebil- detes Natriumhydrid wurden zunachst ebenso wie die entsprechenden Kaliumverbindun- gen [2, 3, 71 durch Derivatisierung rnit Benzylchlorid nach den Gleichungen

MSinH2"+, + C6H5CH2Cl -+ C6HSCH2SinHZn+l + MCI

MH + CaHsCHzCI + CaHsCH, + MCI (M = Na, K)

in verdampfbare Verbindungen uberfiihrt und anschliefiend gaschromatographisch ana- lysiert. Durch die quantitative Auswertung der Gaschromatogramme konnte die molare

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Zusammensetzung der Silanylgemische eindeutig bestimmt werden. Die Gesamtmenge der gelosten Alkalimetallverbindungen wurde in einer nicht derivatisierten Probe nach der Hydrolyse maI3analytisch bestimmt (Einzelheiten s. Abschnitt Experimentelles).

Ergebnisse und Diskussion

I. Versuche zur Darstellung von Natriumsilanylen

Zunachst wurde die in der Literatur [4] beschriebene Umsetzung von Monosilan mit dispergiertem Natrium in Monoglyme bei -30 "C wiederholt. Im Unterschied zur Arbeit von Hagenmuller u. Mitarb. wurde jedoch eine frisch hergestellte Natriumdispersion an- statt der kauflichen und ein wesentlich groI3erer Reaktionskolben (4 1) verwendet. Bereits nach drei Tagen war die Reaktion mit der Umsetzung von 8,6 g Monosilan beendet (s. Ab- schnitt Experimentelles). Die filtrierte Ldsung enthielt insgesamt 5 1,5% des eingesetzten Monosilans in Form von Natriumsilanylen. Es zeigte sich, daI3 im Gegensatz zu den Lite- raturangaben [4] nicht nur NaSiH, sondern daneben auch hohere Homologe (NaSi,H,,+ ,) und NaH gebildet wurden. Die Auswertung des Gaschromatogramms er- gab folgende Zusammensetzung der Reaktionslosung: NaH 25,l Mol-070, NaSiH, (1) 48,3 Mol-Yo, NaSi,H, (2) 25,4 Mol-070 und NaSiH(SiH,), (3) 1,2 Mol-070. Das abweichen- de Ergebnis ist darauf zuruckzufiihren, daI3 in den publizierten Versuchen [4] die Zusam- mensetzung der erhaltenen Produkte nur elementaranalytisch bestimmt wurde. Betrach- tet man die von uns erhaltene Produktverteilung, so zeigt sich, daI3 eine elementaranalyti- sche Untersuchung dieser Usung auch ein Verhaltnis Na : Si von 1 : I ergeben hatte, obwohl nicht nur NaSiH, in der Usung vorhanden war. Die beobachtete Verkiirzung der Reaktionszeit, sowie die fast dreimal so groI3e Ausbeute ist vermutlich auf die Verwen- dung einer frisch hergestellten Natriumdispersion anstelle der kauflichen zuriickzufiih- ren. Im Unterschied zu den Literaturangaben veranderte sich die Zusammensetzung der Ldsung bei Raumtemperatur im Laufe einiger Wochen nicht.

Im Folgenden wurde untersucht, inwieweit hderungen der Reaktionsbedingungen das Ergebnis beeinflussen. Dazu wurden in mehreren Versuchen die Reaktionstempera- tur, das Losungsmittel und die metallische Phase verandert. Die Reaktionsprodukte wur- den jeweils nach ihrer Derivatisierung mit Benzylchlorid gaschromatographisch be- stimmt. In Tab. I sind die Ergebnisse der einzelnen Versuche zusammengestellt. Es zeigte sich, dal3 neben Natriumsilyl(1) (Hauptprodukt) immer auch die hoheren Natriumsila- nyle 2 und 3, sowie teilweise auch NaSi(SiH,), (4) entstanden waren. Bei Reaktionen in Monoglyme wurde unabhangig von den iibrigen Versuchsbedingungen immer ungefahr doppelt soviell wie 2 (Molverhaltnis) gefunden; bei der Reaktion in Diglyme (Diethylen- glykoldimethylether) verschob sich das Mischungsverhaltnis etwas zu Gunsten von 1. GroBere Natriumhydridmengen fanden sich in der Wsung nur dann, wenn die Reaktion wie im Versuch von Hagenmuller u. Mitarb. [4] bei tiefer Rmperatur durchgefiihrt wurde. Die Reaktionszeiten vergleichbarer Ansatze differierten kaum, sie waren bei Raumtemperatur jedoch deutlich kiirzer als bei -30 "C. Die Gesamtausbeuten an Natri- umsilanylen lagen bei Umsetzungen bei Raumtemperatur zwischen 54% und 60% bezo- gen auf das eingesetzte Monosilan und waren damit etwas haher, als bei tiefer Tempera-

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Tabelle 1 nyll6sungen

Zusammensetzung der unter verschiedenen Versuchsbedingungen erhaltenen Natriurnsila-

Metallische Phase Dispergiert in Reaktionskolben Wsungsmittel Menge

Reaktionsternperatur Reaktionszeit Umgesetztes SiH, Ausbeute bez. auf SiH4 Zusammensetzung der Usung (Mol-%)

NaH NaSiH3 (1) NaSiH2SiHl (2) NaSiH(SiH3)2 (3) NaSi(SiH3)] (4)

Na-Dispersion Paraffin61 41 Monoglyme 250 ml -30 "C 1 2 h

8,6 g 51,5%

Na-Dispersion Paraffin61 0,5 1

Monoglyme 60 ml RT

46h

2,o g 54,670

Na-Dispersion Diglyme 0,5 1

Diglyme 60 ml RT

44 h

1,6g

60%

2,1 25,l - 48,3 68,2 18,6 25,4 28,6 11,7

1,2 3 s 1,6 - Spur -

Na auf A-Kohle -

0,5 1

Monoglyme 60 ml

RT 43 h

2,1 g 59%

- 65,O 30,4 4 4

Spur

tur. Die Gesamtmenge des umgesetzten Monosilans hangt unter den gegebenen Versuchs- bedingungen vom Volumen des verwendeten Reaktionskolbens ab. Alle erhaltenen Lo- sungen veranderten sich bei Raumtemperatur iiber langere Zeit nicht.

Die in Erganzung zu den genannten Umsetzungen in Monoglyme und Diglyme durch- gefuhrten Versuche, Natriumsilanyle durch Reaktion von Monosilan oder Disilan mit Natrium in einem unpolaren Losungsmittel darzustellen, fuhrten nicht zum Ziel. Zwi- schen dispergiertem Natrium und Monosilan fand in Toluol gar keine Reaktion statt; bei der Umsetzung mit Disilan wurde nur eine geringe Gasentwicklung (Monosilan) beob- achtet, daneben entstand Polysilen, der groljte Teil des eingesetzten Disilans blieb unver- andert zuruck (s. Abschnitt Experimentelles).

11. Versuche zur Isolierung der erhaltenen Natriumsilanyle

Um die in den Reaktionslosungen vorhandenen Natriumsilanyle in Substanz zu isolie- ren, wurde das Ltisungsmittel im Vakuum in eine Vorlage abkondensiert. Beim Aufkon- zentrieren der Liisung begann sich bald ein farbloser, gelartiger Niederschlag abzuschei- den; diese Abscheidung setzte sich auch dann fort, wenn das Einengen unterbrochen wur- de. Der Niederschlag wurde abzentrifugiert und als Natriumhydrid identifiziert. Die Losung enthielt deutlich mehr 3 und 4, jedoch weniger 1 und 2 als vor dem Einengen (s. Tabelle 2). Das Ausmalj der Anderung in der Zusammensetzung war stark von der Ge- schwindigkeit, mit der die Losung eingeengt wurde, von der Endkonzentration an Natri- umsilanylen und von der Zeit abhangig, welche die Liisung vor der Analyse bei dieser Endkonzentration belassen wurde. Wurde das Abkondensieren des Ltisungsmittels nicht unterbrochen, sondern bis zur Trockne eingeengt, so blieb ein gelblicher Feststoff zuriick, welcher aus Natriumhydrid und Polysilen bestand. Es hatte offenbar eine vollstandige Zersetzung der primar bei der Umsetzung von Monosilan mit Natrium entstandenen Na-

F. FEHER u. a., Die Bildung von Alkalirnetallsilanylen 11

Tabelle 2 Vertinderungen in der Zusarnrnensetzung beirn Einengen einer Natriumsilanylldsung

Ausgangslasung eingeengte Ldsung Mol-To rnmol Mol-% mmol

NaSiH3 65,O 6 1 25,7 1,3 NaSi2HS 30,4 2 3 16,l 0 4

NaSi(SiH3), Spur - 27,9 1,4 NaSiH(SiH& 4,6 0,4 30,3 13

NaSi,Hz,+ I 100 9,4 1 00 5,o (n = 1-4)

triumsilanyle 1,2,3 und 4 stattgefunden. Auch Versuche, durch Zugabe anderer Losungs- mittel die Natriumsilanyle aus der Reaktionslosung auszufallen, fuhrten zu ahnlichen Veranderungen der Zusammensetzung.

Obwohl es uns nicht gelang, die gebildeten hoheren Natriumsilanyle, NaSi,H,,+ , (n = 1-4), in Substanz zu isolieren, besteht die Moglichkeit, durch entsprechende Umsetzungen - wie am Beispiel der Derivatisierung mit Benzylchlorid gezeigt - zu trennbaren und gegebenenfalls auch praparativ interessanten neuen Verbindungen mit Si- licium-Silicium-Bindungen zu kommen.

111. 'H-NMR-Spekten der Natriumsilanyle

Um die aus den gaschromatographisch nachgewiesenen Benzylsilanen hergeleiteten Strukturen der gebildeten Natriumsilanyle zusatzlich abzusichern, wurden 'H- NMR-Spektren aufgenommen. Abbildung 1 zeigt die relevanten Ausschnitte aus dem Spektrum der Ldsung eines typischen Natriumsilanylgemisches. Die aus dem Spektrum entnommenen Daten sind in Tab. 3 zusammengestellt. Die 'J(SiH)-Kopplungskonstante konnte wegen des ungunstigen Signal/Rauschverhaltnisses nur fur das NaSiH, aus dem Spektrum entnommen werden. Die gefundenen spektroskopischen Daten zeigen die be- reits bei den Kaliumsilanylen gefundenen Tendenzen [I, 8,9]. Gegenuber den unsubstitu- ierten Silanen sind die Signale von Protonen, die an natriumsubstituierte Siliciumatome gebunden sind, hochfeldverschoben, solche, die an nicht alkalimetallsubstituierte Sili- ciumatome gebunden sind, jedoch tieffeldverschoben. Wie in den Spektren der reinen Si- lane ist die zunehmende Hoch- bzw. Tieffeldverschiebung innerhalb der homologen Rei- he NaSi,H,,+, mit steigendem n auf eine zunehmende Substitution der a- bzw. PWasser- stoffatome durch SiH,-Gruppen zuruckzufuhren [ 101. Beim Vergleich der fur die Natriumsilanyle gefundenen Daten mit Literaturwerten mu13 die beobachtete Liisungs- mittelabhangigkeit der Werte berucksichtigt werden. Fur die Aufnahme der 'H- NMR-Spektren der Natriumsilanyle wurde wie fur die entsprechenden Kaliumsilanyle [ 1, 81 als Lilsungsmittel ein Gemisch aus Monoglyme und Benzol(1 : 1) verwendet; es wurde gegen Benzol gemessen und auf TMS umgerechnet. Wie erwartet, zeigen die 'H- NMR-Spektren der Natrium- und der Kaliumsilanyle grol3e Ahnlichkeiten. Deutliche Unterschiede sind nur fur die Resonanzsignale der durch das Alkalimetall substituierten Siliciumatome zu beobachten: Wie aufgrund der unterschiedlichen Elektronegativitat von Natrium und Kalium zu erwarten ist, sind die entsprechenden Protonensignale in den

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0

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b b C C

d

Abb. 1 gemessen gegen Benzol als innerer Standard und umgerechnet auf TMS.

%belle 3 'H-NMR-Daten der Natriumsilanyle. Gemessen in Benzol/Monoglyme (1 : 1) gegen Benzol als innerer Standard und auf 6,,, = 0 m m umnerechnet. KoDDlunmkonstanten in Hz

H-NMR-Spektrum einer Natriumsilanylldsung in Monoglyme/Benzol (1 : l ) , RT, 90 MHz,

NaSiH, A3-System Singulett 6 = 1,92 ppm

' J S , H = 87 HZ NaSiHzSiH3 AzX3-System

Quartett 6 = 1,67 ppm 'Ifiplett 6 = 3,68ppm

'JHH 5,6Hz NaSiH(SiH3)? Ad(-System

Heptett 6 = 0,93 ppm ( 5 Signale sichtbar) Doublett 6 = 3,79ppm

3 J H H = 5,6Hz NaSi(SiH3)3 A9-System

Singulett 6 = 3,84ppm

Natriumverbindungen etwas zu tiefem Feld verschoben, gleichzeitig ist die J(SiH)- Kopplungskonstante fur NaSiH, (87 Hz) grofier als die fur KSiH, (76 Hz) [l]. Die Reso- nanzsignale fur die ubrigen Protonen und die 3J(HH)-Kopplungskonstanten stimmen

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fur die entsprechenden Natrium- und Kaliumverbindungen praktisch uberein. Die Auf- spaltungen im Protonenspektrum beweisen die Struktur der einzelnen Natriumsilanyle eindeutig. Auffallig ist, da13 wie bei den Kaliumsilanylen [I, 8,9] auch hier von den mogli- chen Isomeren der Tri- und Tetrasilanyle nur 2-Natriumtri- und 2-Natriumisotetrasilanyl gebildet werden.

IV. Versuche zur Darstellung von Kaliumsilanylen

Da sich einerseits im Verlaufe unserer Untersuchungen gezeigt hatte, darj sich bei der Umsetzung von Monosilan rnit Natrium eine Reihe hdherer Natriumsilanyle bilden, und andererseits die praparativ interessanten Silane - und damit auch ihre Derivate - aus- gehend vom Monosilan nur durch Pyrolyse zuganglich waren [ 1 I], erschien es lohnend, auch einen Weg zur Darstellung der Kaliumsilanyle aus den Ausgangsstoffen Monosilan und Kalium zu suchen. Friihere Untersuchungen haben ergeben, daB sich bei der Reak- tion von Monosilan rnit Kalium das erste Glied der homologen Reihe KSi,H,,+, in Rein- substanz gewinnen laBt [2, 31. Deshalb wurde die Reaktion des Kaliumsilyls mit uber- schussigem Monosilan naher untersucht (s. Abschnitt Experimentelles). Es zeigte sich, daI3 sich Kaliumsilyl rnit Monosilan zu einer Reihe hoherer Kaliumsilanyle umsetzt. Die Bildung der einzelnen Verbindungen im Verlaufe der Umsetzung ist aus der Abb. 2 zu er- sehen; es ergab sich eine Abhangigkeit der Konzentration der gebildeten Substanzen und der Gesamtausbeute von der Konzentration der vorgelegten KSiH,-Liisung. Bei der Ver- wendung einer sehr verdiinnten Liisung war die Reaktionsgeschwindigkeit zwar geringer, dafur aber die Gesamtausbeute an Kaliumsilanylen besser, aurjerdem entstanden wesent- lich mehr Kaliumdisilanyl und 2-Kaliumtrisilanyl, jedoch kein Kaliumisotetrasilanyl. Da bei der beschriebenen Reaktion das Verhaltnis von verbrauchtem Monosilan und gebilde- tem Wasserstoff immer etwa 1 : 1 war, und da sich in fruheren Untersuchungen gezeigt hat, darj hohere Silanyle nicht rnit Monosilan reagieren (keine Wasserstoffentwicklung) [7], ist davon auszugehen, daB folgende Reaktionsgleichung zu Grunde liegt:

KSiH, + S i H p KSi2HS + Hz

12 24 36 48 h 20 40 60 80 100 h

Abb. 2 Reaktionsverlauf der Umsetzung von SiH, mit a) 0,62 M bzw. b) rnit 0,08 M KSiH3-Losung 111

Monoglyme. Zeitliche Anderung der Anteile (Mol-To) einzelner Kaliumsilanyle bezogen auf die Gesamt- menge an Kaliumsilanylen.

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Die hoheren Homologen entstehen vermutlich durch Zerfallsreaktionen des Disilanyls, wofiir auch das Auftreten von Kaliumhydrid und Polysilen spricht.

V. Zusammenfassung Die vorliegenden Untersuchungen haben gezeigt, dal3 es moglich ist, rnit Hilfe von

Natrium oder Kalium aus Monosilan Siliciumverbindungen rnit Si-Si-Bindungen auf- zubauen. Dieser Darstellungsweg ist praparativ interessant, da die Ausgangsstoffe kom- merziell erhaltlich sind im Unterschied zu den fur andere Verfahren immer benotigten, nur schwer zuganglichen hoheren Silanen.

Experimentelles Alle Arbeiten wurden unter Anwendung der Spritzen- und Durchstichkappentechnik 112, 131 in ei-

ner Atmosphare von hochreinem Stickstoff durchgefiihrt. Die verwendetenen LCisungsmittel waren ge- trocknet und mit Inertgas gesattigt.

G a s c h r o m a t o g r a p h i s c h e Tr e n n u n g e n wurden an einem Gaschromatographen (Varian, Typ 3 700), ausgerustet mit einer 114'' Stahlsaule (2,4 m Unge) durchgefuhrt. Als Tragergas diente Heli- um (GasdurchfluR 30 ml/min), als Tragermaterial wurde Chromosorb P-AW 80- 100 mesh, beschichtet mit 20% Silicongummi SE 30, verwendet. Neu gepackte bzw. stark belastete Saulen wurden vor der Ver- wendung mit Triethylamin und nachfolgend rnit Phenyltrichlorsilan behandelt. Die Detektion erfolgte mit einem Warmeleitfahigkeitsdetektor. Die Temperatur des Detektors betrug 250 "C, die der Heizdrahte 280 "C und die des Einspritzblocks 200 "C. Der Saulenofen wurde rnit 10 "C/min von 50 "C auf 210 "C aufgeheizt.

'H- N M R - s p ek t r o s k o p i s c h e U n t e r s u c h u n g e n wurden rnit dem Kernresonanzspektrome- ter KIS 2 (90 MHz) der Firma Spektrospin AG durchgefiihrt. Eine an Natriumsilanylen ungefahr 0,5 M Liisung in Monoglyme wurde mit dem gleichen Volumen Benzol verdiinnt, das Spektrum wurde gegen Benzol als innerer Standard gemessen und die chemischen Verschiebungen auf aTMS = 0 ppm umgerech- net.

A n a 1 y t i s c h e U n t e r s u c h u n g e n. Zur Derivatisierung wurde die Natriumsilanyllosung rnit Hil- fe einer Spritze in einer kleinen rnit Stickstoff gespiilten Ampulle auf die stochiometrisch fiinffache Men- ge an Benzylchlorid gegeben. Die Usung entfarbte sich augenblicklich, und es fie1 NaCl aus, welches ab- zentrifugiert wurde. 50-70 p1 der klaren Usung wurden gaschromatographisch untersucht. Die Zuord- nung der Peaks und die quantitative Auswertung erfolgte wie bei den Kaliumsilanylen 12, 31. Zur Bestimmung der Gesamtmenge an Natriumverbindungen wurde eine genau abgemessene Probe der nicht derivatisierten Usung durch Zugabe von wenig Wasser hydrolysiert und rnit 0,l N Salzsaure gegen Me- thylorgane titriert.

N a t r i u m d i s p e r s i o n. 200 g Natrium wurden in 180 ml Paraffin01 in der friiher beschriebenen Apparatur [3] unter Riihren rnit einem Magnetriihrer in einem Ultraschallbad (35 kHz) in der Warme dispergiert. Die Dispersion war bei Raumtemperatur unter LuftausschluR iiber einen langeren Zeitraum stabil.

N a t r i u m s i 1 a n y 1 e. Fur die Umsetzung nach [4] wurden ca. 7 g dispergiertes Natrium abfiltriert, rnit Monoglyme ausgewaschen und rnit 250 ml Monoglyme in einen 4 1 Reaktionskolben gegeben. Der Kolben wurde nach dem Abkiihlen auf -30 "C an einer Inertgasanlage bis auf den Partialdruck des Lii- sungsmittels evakuiert und rnit Monosilan gefiillt (Uberdruck ca. 50 mm Hg). Die Natriumdispersion wurde wahrend der Reaktion, deren Fortschreiten am Druckabfall verfolgt werden konnte, rnit Hilfe ei- nes Magnetriihrers geruhrt. Zunachst nahm der Druck stark ab. Nachdem sich ein konstanter Unter- druck eingestellt hatte, wurde noch einmal rnit Monosilan auf leichten Uberdruck aufgefiillt. Die erneute Druckabnahme war nicht mehr so stark wie die erste. Das Ende der Reaktion war nach drei Tagen (kon- stanter geringer Unterdruck) erreicht. Die Umsetzung wurde abgebrochen, als die aus dem Verbrauch des Monosilans resultierende Druckabnahme durch die vom gebildeten Wasserstoff verursachte Druckerho- hung fast kompensiert war. Daher war die insgesamt verbrauchte Monosilanmenge beim Vorliegen eines Natriumiiberschusses in erster Linie von der Grolje des verwendeten Reaktionskolbens abhangig. Bei Verwendung eines 4 1 Kolbens wurden 8,6 g (0,27 Mol) Monosilan verbraucht. Nach Abziehen des gebil- deten Wasserstoffs und einer Spur von nicht umgesetztem Monosilan wurde die Liisung filtriert. Die

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erhaltene Liisung war schwach gelb gefarbt und 0,54 molar an Natriumverbindungen (Zusammenset- zung s. Tab. 1).

Alle Versuche zur Optimierung der Versuchsbedingungen (Usungsmittel, reaktive Natriumphase und Reaktionstemperatur, s. Tabelle 1) wurden in einem 500 ml Kolben mit 3 g Natrium in ca. 60 ml Lij- sungsmittel analog zum oben beschriebenen Verfahren durchgefuhrt. Wahrend fur die Umsetzung bei Raumtemperatur die gleiche Natriumdispersion wie fur die Reaktion bei -30 "C verwendet wurde, konnte fur die Versuche in Diglyme das Natrium direkt im Usungsmittel dispergiert werden. Natrium auf Aktivkohle wurde nach einer Literaturvorschrift [14] hergestellt.

Fur Reaktionen in unpolaren Liisungsmitteln wurden 0,45 g Natrium in 25 ml Toluol dispergiert und dann entweder rnit Monosilan oder rnit einkondersiertem Disilan (0,5 ml) umgesetzt. Im ersten Fall war innerhalb von sechs Tagen gar keine Reaktion feststellbar. Im zweiten Fall setzte beim Auftauen des Disi- Ians eine leichte Gasentwicklung (Monosilan) ein, nach 24 h wurden neben einer erheblichen Menge von nicht umgesetztem Disilan nur wenig Polysilen gefunden.

E i n e n g e n d e r N a t r i u m s i l a n yl l o s u ngen. Die Reaktionslosungen wurden unter starkem Ruhren ohne Erhitzen eingeengt, indem das Lbsungsmittel i. Vak. in eine Vorlage kondensiert wurde. So wurden z. B. 20 ml einer 0,47 M Natriumsilanylldsung in ca. 30 Minuten auf 1 /4 des Volumens eingeengt und vom entstandenen Niederschlag (NaH) abfiltriert. Die verbliebene LLisung wurde rnit Benzylchlorid umgesetzt und die erhaltenen Produkte gaschromatographisch analysiert.

K a 1 i u m s i 1 a n y 1 e. 24 ml einer 0,62 M KSiH3-Usung in Monoglyme (1 4,9 mmol) wurden in ei- nem 500 ml Kolben vorgelegt. Dann wurde der Kolben evakuiert und mit SiH4 gefullt. Nach jeweils zwolfstundiger Reaktion unter starkem Ruhren (die Ldsung trubte sich) wurde die Reaktionlosung mit flussigem Stickstoff eingefroren, der gebildete Wasserstoff abgepumpt und durch SiH4 ersetzt. Zur Kontrolle des Reaktionsverlaufs wurde in regelmaBigen Abstanden in einer kleinen abzentrifugierten Probe die Menge der vorhandenen Kaliumsilanyle nach Derivatisierung mit Benzylchlorid gaschromato- graphisch bestimmt (s. Abbildung 2). Nach 48 h fand praktisch keine Reaktion mehr statt. Das uber- schussige Monosilan wurde in die Vorratsflasche zuriickkondensiert und sein Verbrauch durch Dif- ferenzwagung bestimmt. Insgesamt wurden 510 mg (1 6 mmol) SiH, verbraucht und gleichzeitig 352 ml (1 5,7 mmol) Wasserstoff entwickelt. Die abfiltrierte Reaktionslosung war noch 0,50 M an Kaliumverbin- dungen (81 To der eingesetzten Kaliummenge) und enthielt die Verbindungen: KH (Spur), KSiH, (56,3 Mol-To), KSizHS (34,O Mol-To), KSiH(SiH& (7,4 Mol-To) und KSi(SiH,), (2,3 Mol-To). Durch Verdunnen der Liisung rnit Benzol im Verhaltnis 1 : 1 lien sich etwa die Halfte des nicht umgesetzten Kali- umsilyls ausfallen, wahrend die Kaliumsilanyle vollstandig in Usung blieben. Insgesamt wurde 47,l To des nicht zuruckgewonnenen KSiH, und 41,8070 des verbrauchten SiH4 in die Kaliumsilanyle KSi,H2,+, (n = 1-4) uberfuhrt. Der feste Ruckstand bestand aus Kaliumhydrid und Polysilen.

Um zu priifen, welche Rolle die Konzentration der vorgelegten KSiH3-Liisung spielt, wurde die be- schriebene Umsetzung rnit einer wesentlich verdunnteren Ausgangslosung wiederholt. Es wurden wieder 14,9 mmol KSiH, (1 86 ml 0,08 M Usung) eingesetzt und wie oben angegeben rnit Monosilan umge- setzt. Die Reaktion lief in den ersten Stunden rnit ahnlicher Geschwindigkeit ab wie in konzentrierterer Losung, wurde dann aber langsamer und war erst nach 100 h beendet (s. Abbildung 2). Auch hier war der Monosilanverbrauch (1 5,O mmol) wieder ungefahr gleich der gebildeten Wasserstoffmenge (14,s mmol), insgesamt aber etwas niedriger als im ersten Versuch. Die filtrierte Liisung enthielt diesmal noch 91,2070 des eingesetzten Kaliums; die Ausbeute an Kaliumsilanylen betrug 58,OTo bezogen auf das vorgelegte KSiH3 bzw. 67,5To bezuglich des verbrauchten SiH4. Die Losung enthielt folgende Kaliumverbindun- gen: KH (Spur), KSiH, (36,5 Mol-To), KSizHS (52,5 Mol-To) und KSiH(SiH& (1 1 ,O Mol-To), KSi(SiH,), war nicht nachweisbar. Wie die entsprechenden Natriumsilanyle lienen sich auch die Kaliumverbindun- gen nicht durch Einengen der Reaktionslosung isolieren. Wegen der groBen Verdiinnung, in der gearbei- tet wurde, konnte hier das iiberschiissige KSiH, nicht durch Zugabe von Benzol ausgefallt werden. Der entstandene Feststoff bestand wieder aus Kaliumhydrid und Polysilen.

Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie fur die Forderung dieser Arbeit.

Literatur

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Bei der Redaktion eingegangen am 20. Juni 1991.

Anschr. d. Verf.: Dr. M. KRANCHER und Dr. M. FEHER, Inst. f. Anorg. Chem. d. Univ., GreinstraBe 6, W-5000 Koln 41, Bundesrepublik Deutschland


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