Besser gesund
Ein Projekt der Charité - Universitätsmedizin Berlin
im Rahmen des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung,
gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
bei Atemwegserkrankungen
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im April 2014 veröffentlichte die Weltgesundheits-
organisation WHO einen Bericht mit dem Titel
„Antimikrobielle Resistenz: Globaler Report über
Surveillance-Maßnahmen“. Basierend auf den Daten
aus 114 Ländern wird dort umfassend aufgezeigt,
dass sich weltweit Bakterienstämme ausbreiten,
die gegen eines oder mehrere gängige Antibiotika
unempfindlich sind. Das bedeutet, dass die Keime mit
diesen Medikamenten nicht mehr behandelt werden
können. Damit rückt der Bericht eine Problematik
in den öffentlichen Fokus, die uns am Institut für
Hygiene und Umweltmedizin der Charité seit
Jahren beschäftigt und der wir nur mit Ihrer Hilfe
und Ihrem Verständnis begegnen können.
Denn Antibiotikaresistenzen stellen eine wachsende
Gefährdung für die Gesundheit dar.
Der Gebrauch von Antibiotika – insbesondere der so
genannten Breitspektrum-Antibiotika – ist mit der
Entwicklung von antimikrobiellen Resistenzen
assoziiert. Aus diesem Grund sollten die Medikamente
nur nach sorgfältiger Abwägung des Arztes
verschrieben werden. Erfahrungen haben gezeigt,
dass die rationale Anwendung von Antibiotika die
Entstehung von Resistenzen reduzieren kann.
Bei über 80 Prozent der (unkomplizierten)
Atemwegsinfektionen ist eine Antibiotikatherapie
wirkungslos. Hinzu kommt, dass die Behandlung
negative Begleiterscheinungen nach sich ziehen kann,
etwa eine Veränderung des Gleichgewichts der
Mikroorganismen im Darm. Ein weiterer Grund,
Antibiotika nur einzusetzen, wenn es wirklich
angebracht ist. Andere Medikamente wie abschwel-
lende Nasentropfen und Hausmittel wie Hustentees
oder Erkältungsbäder haben sich bei Atemwegs-
infekten bewährt. Sie lindern die Beschwerden und
machen Sie – auch langfristig gesehen – zumeist
„besser gesund“ als der kurzfristige und häufig
unnötige Einsatz von Antibiotika. Auf den folgenden
Seiten möchten wir Ihnen vermitteln, wie Sie bei
Erkältungskrankheiten schnell und gut wieder gesund
werden. Außerdem informieren wir Sie über das
Thema Antibiotika und Antibiotikaresistenzen.
In Zusammenarbeit mit Ihrem behandelnden Arzt
oder der Ärztin wollen wir die Antibiotikagabe in
Berlin reduzieren und verbessern, mit dem Ziel, die
Häufigkeit antibiotikaresistenter Keime zu verringern.
Wir würden uns freuen,
wenn Sie uns dabei unterstützen!
Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,
InhaltInfektionen der Atemwege – Ein Massenphänomen 3
Die vielen Gesichter von Atemwegsinfektionen 5
Tröpfchen und Hände – So steckt man sich an 10
Besser gesund – Das hilft bei Atemwegsinfekten 13
Antibiotika – Eine medizinische Revolution 17
Antibiotikaresistenz – Ein globales Problem 22
Entstehung und Förderung resistenter Erreger 24
Weniger, gezielter, kürzer – Der richtige Umgang mit Antibiotika 26
Antibiotika verantwortungsvoll einsetzen – Das können Sie selbst tun 28
Entfalten Sie den Umschlag und erhalten Sie einen
Überblick über wichtige Fakten zu Atemwegs-
infektionen, Antibiotika und Antibiotikaresistenzen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. med. Petra Gastmeier
Direktorin des Instituts für Hygiene und
Umweltmedizin der Charité
Diese Materialien wurden ohne Unterstützung
der pharmazeutischen Industrie erstellt.
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Lara, freie Designerin aus Berlin
30 Jahre alt, drei Kinder zwischen 6 Monaten und 6 Jahren
Es ist schon nervig, dass die Kinder aus dem Kindergarten so viele Keime
nach Hause bringen. Die Halsschmerzen, den Schnupfen und das leichte
Fieber habe ich diesmal von Cara. Ein Antibiotikum lasse ich mir
deshalb nicht verschreiben – anders als bei der Streptokokken-Angina
von Annatevka. Dort waren Antibiotika nötig. Eine ganz gewöhnliche
Erkältung wie die jetzt bekomme ich mit Inhalieren, Salbeitee und heißer
Milch mit Honig in den Griff – ganz ohne Medikamente.
– Ein Massenphänomen Was da bei Lara gerade im Anflug ist, wird umgangssprach-
lich gerne als Erkältung bezeichnet. Im medizinischen
Fachjargon gehören die Erkältungskrankheiten zu den
Atemwegsinfektionen. Wie der Name sagt, fasst dieser
Begriff alle Erkrankungen zusammen, die durch einen
Infekt der Atemwege mit Viren, Bakterien oder Pilzen
hervorgerufen werden. Grundsätzlich können diese krank-
heitserregenden Mikroorganismen jeden Bereich der
Atemwege befallen.
Wenn Nase, Nebenhöhlen, Mittelohr, Rachen, Gaumen-
mandeln und/oder Kehlkopf betroffen sind, sprechen Ärzte
von einer oberen Atemwegsinfektion. Die akute Bronchitis,
der Keuchhusten sowie die Lungenentzündung (Pneumonie)
und die „echte“ Grippe (Influenza) als Sonderformen
gehören hingegen zu den unteren Atemwegsinfektionen.
Sie verlaufen oft schwerer als ein Infekt der oberen Luftwege.
Infektionen der Atemwege
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Atemwegsinfektionen kann man mit Fug und Recht
als Massenphänomen bezeichnen. Es gibt sie überall
auf der Welt und kein Mensch ist vor ihnen gefeit.
So zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass
Kinder durchschnittlich vier- bis achtmal im Jahr
unter einer „Erkältung“ leiden. Erwachsene werden
jährlich zwei- bis viermal von einem solchen grippalen
Infekt heimgesucht.
In Industrienationen wie Deutschland sind akute
Atemwegsinfektionen aber nicht nur die häufigste
Erkrankung überhaupt, sondern auch einer der
Hauptgründe für Krankschreibungen. Allein im Jahr
2009 gingen hierzulande über 1,5 Millionen Episoden
von Arbeitsunfähigkeit auf das Konto von Schnupfen,
Halsweh & Co.
Dass diese Infektionen so weit verbreitet sind,
hat anatomische Gründe. Denn anders als Knochen,
Nieren oder Blutgefäße, die gut geschützt im
Inneren des Körpers liegen, stehen Mundraum, Nase,
Nebenhöhlen, Rachen, Kehlkopf, Luftröhre und
Bronchien in direktem Kontakt mit der Außenwelt.
Und damit auch mit Krankheitserregern, die über
die Atemluft problemlos in die Atemwege gelangen
können. Zwar gibt es dort sehr effektive Mechanismen,
um solche Eindringlinge zu bekämpfen – wie das
zähe Sekret, das die Schleimhäute, die den Atemtrakt
auskleiden, produzieren. Und trotzdem kann es Keimen
gelingen, diese Barriere zu überwinden und so
einen Infekt auszulösen.
Diese Rate gilt ebenso für die unkomplizierte Bronchitis. Lungenentzündungen hingegen
sind in bis zu 90 Prozent der Fälle durch Bakterien bedingt. Zu den häufigsten Auslösern von
Erkältungskrankheiten gehören Rhino-, Adeno-, Coxsackie-, Parainfluenza- und Respiratory-
Syncytial-Viren. Insgesamt kommen über zweihundert unterschiedliche Viren als potenzielle
Erreger in Betracht. Gelingt es den Keimen, in die Zellen der Atemwege einzudringen und
sich dort zu vermehren, führt dies zu einer lokalen Entzündung, die dann letztlich die
Beschwerden hervorruft.
Die vielen Gesichter von Atemwegsinfektionen
Atemwegsinfektionen ist der Sammelbegriff für eine
ganze Reihe verschiedener Erkrankungen. Abhängig
davon, wo die Entzündung sitzt, werden die einzelnen
Krankheitsbilder unterteilt und auch benannt. Bei
der Bronchitis sind das also die Bronchien, bei der
Rhinitis die Nase, bei der Sinusitis die Nasenneben-
höhlen. Allerdings bleibt es die Ausnahme, dass ein
Infekt auf einen einzigen Bereich begrenzt bleibt.
Mit den Krankheitsbezeichnungen drücken Ärzte also
aus, welcher Teil der Atemwege hauptsächlich für
die Beschwerden des Patienten verantwortlich ist.
Beziehungsweise welche Teile. Denn oft handelt es sich
um Mischformen, die zwei oder mehr Abschnitte des
Atemtrakts betreffen, wie etwa bei einer Rhinosinusitis.
Die wichtigsten und häufigsten akuten
Atemwegsinfektionen sind:
Rhinitis (Schnupfen)
Plötzliche Niesattacken, eine juckende, laufende Nase,
geschwollene Nasenschleimhäute, die das Atmen
erschweren, oft auch ein beeinträchtigter Geruchssinn
– ob jung oder alt, mit dem gewöhnlichen Schnupfen
macht jeder Mensch ab und an Bekanntschaft. Als
Verursacher der akuten Rhinitis, so der medizinische
Fachbegriff, kommt eine Vielzahl von Viren in Frage,
allen voran die Rhino- und die Adenoviren. Der
Schnupfen kann sowohl Auslöser als auch Folge von
Infektionen in benachbarten Abschnitten der Atemwege
sein, etwa der Nasennebenhöhlen oder des Rachens.
Akute Rhinosinusitis und
Nasennebenhöhlenentzündung
Eine akute Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis)
entwickelt sich oft aus einem Schnupfen und wird
dann als Rhinosinusitis bezeichnet. Der Grund ist,
dass die geschwollenen Nasenschleimhäute die
Belüftung und den Sekretabfluss der Nebenhöhlen
beeinträchtigen. Das erleichtert es Krankheitserregern,
sich dort auszubreiten. Schmerzen und Druck im
Stirn- und Oberkieferbereich, die sich beim Vorbeugen
verstärken, ein Stauungsgefühl im Gesicht, eine
verstopfte Nase, aus der Sekret läuft, und Geruchs-
unempfindlichkeit sind die Hauptsymptome dieser
Atemwegsinfektion, die ebenfalls meist durch Viren
ausgelöst wird. Klingen die Beschwerden nach einigen
Tagen zunächst ab, um sich dann wieder zu verstärken,
spricht das allerdings für eine bakterielle Infektion.
80%Etwa
aller akuten oberen
Atemwegsinfektionen werden
durch Viren verursacht.
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Grippaler Infekt
Wenn Ärzte von einem grippalen Infekt sprechen,
meinen sie das, was die meisten Menschen unter
einer gewöhnlichen Erkältung verstehen. Also eine
durch Viren bedingte akute Infektion der oberen
Atemwege, die häufig mit einem Kratzen im Hals
beginnt und nach ein paar Tagen in die typischen
Erkältungsbeschwerden übergeht: Husten, Heiserkeit,
Halsschmerzen und Schnupfen. Häufig klagen die
Betroffenen auch über Kopfschmerzen, haben leichtes
Fieber und fühlen sich müde und schlapp.
Influenza (Grippe)
Während grippale Infekte in der Regel harmlos sind
und nach einer guten Woche wieder abklingen,
nimmt die echte Grippe (Influenza) bei 20 Prozent
der Betroffenen einen ungleich schwereren Verlauf
– mit plötzlich einsetzenden Symptomen wie hohem
Fieber, Kopf-, Hals-, Muskel- und Gliederschmerzen,
Schüttelfrost und trockenem Husten. Oder anders
gesagt: Man fühlt sich schlagartig richtig krank.
Vor allem bei kleinen Kindern, Senioren, schwangeren
Frauen und Menschen mit Grunderkrankungen kann
die durch Influenza-Viren ausgelöste Grippe sogar
eine Behandlung im Krankenhaus notwendig machen.
Pharyngitis und Tonsillopharyngitis
Eine Halsentzündung (Pharyngitis) äußert sich durch
Halsschmerzen, die sich beim Schlucken in der Regel
noch verstärken. Die Rachenschleimhaut ist sichtbar
gerötet und oft haben die Betroffenen auch Fieber.
Ebenfalls häufige Begleiter sind andere „Erkältungs-
beschwerden“ wie Husten oder Schnupfen. Wenn
die Rachenmandeln mit entzündet sind, sprechen
Ärzte von einer Tonsillopharyngitis. Hinter diesen
Atemwegsinfektionen stecken wiederum zumeist Viren,
vor allem bei Erwachsenen. Bei Kindern hingegen
sind 15 bis 30 Prozent der akuten Tonsillopharyngitiden
durch Bakterien bedingt, insbesondere durch
A-Streptokokken. Zu den Anzeichen einer solchen
Streptokokken-Angina zählen hohes Fieber, stark
geschwollene, gelblich belegte Mandeln, schmerzhaft
geschwollene Lymphknoten unterhalb des Ohrs sowie
das Fehlen von Husten und Schnupfen.
Otitis media (Mittelohrentzündung)
Die Otitis media entwickelt sich in der Regel während
oder kurz nach einem anderweitigen viralen Infekt
der oberen Atemwege wie einem Schnupfen oder
einer Halsentzündung. Während Erwachsene sehr
selten an einer akuten Mittelohrentzündung leiden,
gehört sie bei Säuglingen und Kleinkindern zu den
häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt.
Hauptsymptom sind plötzlich einsetzende, heftige
Ohrenschmerzen mit Hörstörungen. Hinzu kommt
ein allgemeines Krankheitsgefühl, das bei kleinen
Kindern oft im Vordergrund steht – mit Beschwerden
wie Fieber, Durchfall und Erbrechen.
Laryngitis (Kehlkopfentzündung)
Heiserkeit bis hin zum Stimmverlust und trockener,
bellender Husten sind die charakteristischen
Beschwerden einer akuten Kehlkopfentzündung, die
oft im Zusammenhang mit einer Rhinitis, einer
Pharyngitis oder einer Bronchitis auftritt. Genau wie
diese Atemwegsinfekte wird auch die Laryngitis
meist durch die typischen „Erkältungsviren“ verursacht.
Ist der obere Teil der Luftröhre mit entzündet, was
häufig vorkommt, sprechen Ärzte von einer Laryngo-
tracheitis. Bei einer akut stenosierenden Laryngitis
schwillt die Kehlkopfschleimhaut stark an, so dass es
zu bellendem Husten, hörbar erschwertem Einatmen
und Luftnot kommen kann. Diese auch Krupp-Syndrom
genannte Erkrankung betrifft in erster Linie Kinder
im Alter von sechs Monaten bis drei Jahren. Bei
Erwachsenen tritt sie nur selten auf.
Pneumonie (Lungenentzündung)
In Deutschland erkranken jedes Jahr 400.000 bis
600.000 Erwachsene an einer ambulant erworbenen
Pneumonie. Bei bis zu 90 Prozent der Patienten wird
diese Infektion des Lungengewebes durch Bakterien
verursacht. Typisch für eine Lungenentzündung sind
akut einsetzende Beschwerden wie eine beschleunigte,
angestrengte Atmung, Husten und Fieber, die von
Abgeschlagenheit, Schwindel, beschleunigtem Puls-
schlag, Erbrechen und Schmerzen im Brustkorb begleitet
sein können. Eine bakteriell bedingte Pneumonie
muss umgehend mit Antibiotika behandelt werden.
Akute Bronchitis
Eine akute Bronchitis, die häufigste untere
Atemwegsinfektion, beginnt mit trockenem, oft auch
schmerzendem Husten, der von Symptomen wie
Schnupfen, Heiserkeit, Kopfschmerzen und Fieber
begleitet sein kann. Nach ein paar Tagen produziert
die entzündete Schleimhaut des von der Luftröhre
bis in die Lungenbläschen reichenden Bronchial-
systems dann vermehrt zähflüssigen Schleim, den
die Betroffenen abhusten. Die unkomplizierte
akute Bronchitis wird meist durch Viren verursacht.
Wenn aber Patienten mit chronisch obstruktiver
Lungenerkrankung (COPD) eine Bronchitis entwickeln,
stecken öfter Bakterien hinter der Infektion.
24.283
19.14
7
5.453
4.696
3.804
3.517
3.324
2.835
2.625
1.491
Häufigkeit von Atemwegsinfektionen
Anzahl der Atemwegsinfektionen, die im
1. Quartal 2009 bei allen AOK-Patienten
in Brandenburg diagnostiziert wurden
akut
e Bro
nchiti
s
akut
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tion
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akut
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Otitis
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akut
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Lary
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Pneum
onie
8 | 9
Akute Rhinosinusitis und Nasennebenhöhlenentzündung
• Schmerzen im Stirn- und Oberkieferbereich
• Stauungsgefühl im Gesicht
• verstopfte Nase und Geruchsunempfindlichkeit
Mittelohrentzündung (Otitis media)
• plötzlich einsetzende, heftige Ohrenschmerzen
• Hörstörungen
• allgemeines Krankheitsgefühl
Rhinitis (Schnupfen)
• plötzliche Niesattacken
• juckende, laufende Nase und Geruchsunempfindlichkeit
• geschwollene Nasenschleimhäute
Akute Bronchitis
• trockener, oft schmerzender Husten
• Begleitsymptome wie Schnupfen, Heiserkeit, Kopfschmerzen und Fieber
Pharyngitis und Tonsillopharyngitis
• Halsschmerzen, schmerzhaftes Schlucken
• gerötete Rachenschleimhaut, geschwollene Mandeln
• Fieber
Laryngitis (Kehlkopfentzündung)
• Heiserkeit bis zum Stimmverlust
• trockener Husten
Karol, Architekt aus Berlin
56 Jahre alt, alleinstehend
Nasskaltes Matschwetter auf Baustellen und meine eigene Nachlässigkeit, mir
keinen Schal umzubinden, haben mal wieder dafür gesorgt, dass meine Nase
läuft, mein Kopf schmerzt und es im Hals kratzt. Vor drei Jahren fing so auch
meine Lungenentzündung an, bei der ich dann Antibiotika genommen habe.
Die ging zwar schnell weg – der Durchfall, die Blähungen und Bauchschmerzen
sind mir aber noch in lebhafter Erinnerung. Jetzt gönne ich mir trotz Termin-
stress etwas mehr Schlaf, trinke heißen Tee gegen den Hustenreiz und achte
auf Anzeichen einer Lungenentzündung. Dann erst nehme ich Antibiotika.
Und in ein paar Tagen bin ich erholt und gesund auf den Baustellen unterwegs.
Ohne Medikamente, aber mit Schal.
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Wie verlaufen akute Atemwegsinfektionen?
– So steckt man sich an
Bakterien lassen sich mit Antibiotika abtöten oder
in ihrem Wachstum hemmen. Arzneimittel, die
Gleiches vermögen, gibt es hingegen für die meisten
Erkältungsviren nicht. Das bedeutet: Der Arzt kann
bei den akuten Atemwegsinfektionen, die durch Viren
bedingt sind, – also in über 80 Prozent der Fälle
– nur sehr wenige Medikamente verordnen, die das
Übel an der Wurzel packen und die Ursache beseitigen.
Doch ist eine Verordnung in der Regel auch gar
nicht notwendig. Denn der Körper verfügt selbst
über äußerst wirksame Mechanismen, mit denen er
sich gegen die Keime zur Wehr setzt.
Dringen Krankheitserreger in die Atemwegszellen
ein, springt das Immunsystem sofort an, setzt
verschiedene Botenstoffe frei und schickt eine Armee
von Abwehrzellen vor Ort. Dadurch kommt es zu
einer Entzündung, die mit Entzündungszeichen wie
Rötung, Schwellung, Erwärmung, Schmerz und
einer gestörten Funktion des betroffenen Gewebes
einhergeht. Diese Entzündungsreaktion bewirkt
einerseits die wenig erfreulichen Symptome, unter
denen man bei einem Atemwegsinfekt leidet.
Gleichzeitig ist sie der entscheidende Schritt, um
die Keime zu bekämpfen und letztlich zu vernichten.
Fieber hilft dem Immunsystem dabei, noch effektiver
zu arbeiten. Und auch die für Erkältungskrankheiten
so typische verstärkte Schleimproduktion dient
dazu, die Krankheitserreger aus den Atemwegen
zu entfernen.
Deshalb heilen akute Atemwegsinfektionen bei
ansonsten gesunden Menschen in der Regel von
selbst wieder aus – also ohne dass man dazu
Medikamente einnehmen müsste. Was der Körper
aber braucht, um mit den Viren fertigzuwerden,
ist Zeit. Zwar stimmt die Regel „Eine Woche kommt
sie und eine Woche geht sie“ nicht ganz, doch
sieben bis zehn Tage vergehen im Normalfall schon,
bis bei Erkältungskrankheiten die Beschwerden
vollständig abgeklungen sind. Mitunter können diese
auch bis zu vier Wochen anhalten.
Tröpfchen und Hände
Im Herbst und Winter fangen sich in unseren Breiten
mehr Menschen einen Atemwegsinfekt ein als im
Frühling und im Sommer. Ein Grund dafür ist, dass
in der kalten Jahreszeit die Schleimhäute von Nase,
Rachen und Kehlkopf auskühlen. Das verringert
dort die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheits-
erregern und kann so eine Infektion begünstigen.
Gleiches gilt übrigens auch, wenn man sich in
übermäßig klimatisierten Räumen aufhält.
Atemwegsinfekte werden vor allem über Tröpfchen-
infektion weitergegeben. Wenn eine erkrankte Person
hustet oder niest, versprüht sie winzige Tropfen, in
denen sich unzählige Erreger befinden, die andere
dann einatmen. Übertragungsweg Nummer zwei ist
die Schmierinfektion. Hier gelangt beim Husten,
Niesen oder Naseputzen infektiöses Sekret auf die
Hände und damit auch auf alles, was wir anfassen –
ob Telefon, Treppengeländer, Stuhllehne oder Türklinke.
Von dort kommen die Keime über die Hände dann
weiter auf die Schleimhäute ihres neuen Wirts. Halten
sich also viele Menschen mit ausgekühlten, infekt-
anfälligen Schleimhäuten in geschlossenen Räumen
auf, haben Erkältungsviren leichtes Spiel. Darüber hinaus
fördert ein geschwächtes Immunsystem, etwa bedingt
durch Stress, Schlafmangel, extreme körperliche
Anstrengung oder eine Grunderkrankung, die
Anfälligkeit für Atemwegsinfekte. Auch das Rauchen,
vorangegangene Infektionen und eine eingeschränkte
Belüftung des Atemtrakts, beispielsweise durch
Nasenpolypen, können das Erkrankungsrisiko erhöhen.
Adenoviren, die zu den häufigsten Erregern von Atemwegs-
infektionen gehören, haben eine Größe von etwa
80 Nanometern. Sie sind so klein, dass sie nur mit dem
Elektronenmikroskop sichtbar gemacht werden können.
Bakterien wie Escherichia coli messen hingegen bis zu
2 Mikrometer, was 2 Tausendstel Millimeter entspricht.
Viren und Bakterien
Virus
Adenoviridae
Bakterium
Escherichia coli
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Diese Frage beschäftigt sicherlich so manches genervte
Erkältungsopfer und wurde auch in zahlreichen
wissenschaftlichen Studien unter die Lupe genommen.
Die Antwort lautet: Unter normalen Umständen
nein. So zeigen Übersichtsarbeiten, die diverse
Untersuchungsergebnisse zusammenfassen, dass alle
Patienten mit Schnupfen oder akuter Rhinosinusitis
gleich lang krank sind – unabhängig davon ob sie ein
Antibiotikum bekommen oder nicht. Und auch bei
einer akuten Bronchitis klingen die Symptome mit
einer Antibiotikatherapie nicht oder höchstens
marginal schneller ab als ohne.
Hat man sich einen Atemwegsinfekt eingefangen,
lindern Antibiotika also in den meisten Fällen weder
die Symptome, noch helfen sie dabei, schneller wieder
fit zu werden. Was schlicht daran liegt, dass diese
Medikamente gegen Viren, die 80 Prozent dieser
Infektionen verursachen, nicht wirken. Allerdings führt
eine virale Entzündung der Atemwege häufig dazu,
dass sich Bakterien dort ebenfalls festsetzen.
Ursächlich behandeln lassen sich virale Atemwegsinfektionen bis heute nicht. Hat es einen
erwischt, dann gilt es, ein paar unangenehme Tage mit Schnupfen, Husten, Halsweh und
eingeschränktem Wohlbefinden so gut wie möglich hinter sich zu bringen. Glücklicherweise
gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Erkältungsbeschwerden zu lindern, angefangen
mit Medikamenten über bestimmte Verhaltensregeln bis hin zu bewährten Hausmitteln, auf
die schon die Großeltern setzten.
Besser gesund – Das hilft bei Atemwegsinfekten
Schmerzmittel der Wahl bei Erkältungs-
krankheiten sind die so genannten nichtsteroidalen
Antirheumatika (NSAR). Mit diesen Medikamenten
– bekannteste Vertreter sind Paracetamol und
Acetylsalicylsäure (Aspirin) – lassen sich Kopf-, Glieder-
und Halsschmerzen für einige Stunden ganz
beseitigen oder zumindest deutlich lindern. Darüber
hinaus besitzen sie eine fiebersenkende Wirkung.
Auf andere Symptome von akuten Atemwegsinfekten
haben die NSAR keinen Einfluss. Wichtig zu wissen
ist, dass Kinder und Jugendliche wegen der Gefahr
schwerwiegender Nebenwirkungen keine Arzneimittel
einnehmen dürfen, die Acetylsalicylsäure enthalten.
Werde ich denn nicht schneller
wieder gesund, wenn der Arzt mir
ein Antibiotikum verschreibt?
Eine solche bakterielle Superinfektion, wie Mediziner
sagen, macht manchmal eine Behandlung mit
Antibiotika notwendig. Wenn eine Erkältungskrankheit
länger als sieben bis zehn Tage andauert, sollten
die Patienten deshalb immer zum Arzt gehen.
Gleiches gilt, wenn die Beschwerden schon ausgeprägt
sind und noch stärker werden, sowie bei Fieber über
38,5 Grad. Denn dann könnte es sich um eine
Lungenentzündung handeln. Neben hohem Fieber
sind eine beschleunigte, angestrengte Atmung, Luftnot,
Brustschmerzen und Abgeschlagenheit Anzeichen
dieser Krankheit, die in bis zu 90 Prozent der Fälle
durch Bakterien hervorgerufen wird und dann mit
Antibiotika behandelt werden muss. Auch andere
Atemwegsinfekte wie die Streptokokken-Angina
können eine Antibiotikatherapie erforderlich machen.
Für die meisten Patienten mit Erkältungskrankheiten
reicht aber eine rein symptomatische Behandlung
vollkommen aus, um in einer guten Woche wieder
gesund zu sein.
Sekretolytika oder Expektorantien dienen dazu, den
zähen Schleim in den Atemwegen flüssiger zu
machen, ihn so zu lösen und damit das Abhusten
zu erleichtern. Der therapeutische Effekt chemisch
hergestellter Expektorantien ist zwar nicht belegt,
doch viele Patienten mit Erkältungskrankheiten
und akuter Bronchitis sagen, dass sie sich subjektiv
besser fühlen, wenn sie diese Medikamente nehmen.
Für pflanzliche Expektorantien wie Efeu-, Thymian- und
Primelwurzel-Extrakte konnte auch wissenschaftlich
nachgewiesen werden, dass sie die Symptome von
akuten Atemwegsinfektionen reduzieren.
Die Schleimlöser können aber nur dann gut wirken,
wenn man genügend trinkt. Von pharmazeutischen
Hustendämpfern, die den Hustenreiz unterdrücken,
raten Ärzte hingegen ab. Eine gute Alternative dazu
sind gesüßte Hustentees, Hustenbonbons und
– insbesondere bei Kindern über einem Jahr – Honig.
Mit einem Teelöffel vor dem Schlafengehen wird
die Nacht für die Kleinen ruhiger.
Sekretlöser und Hustenstiller
Schmerzmedikamente
Hier ein Überblick über Medikamente und
Maßnahmen, die Ihnen helfen, bei einem akuten
Atemwegsinfekt besser wieder gesund zu werden:
Einige dieser symptomatischen Therapien haben ihren Nutzen in großen Patientenstudien
unter Beweis gestellt. Bei anderen wurden solche aufwändigen und teuren Untersuchungen
bislang nicht durchgeführt oder lieferten keine eindeutigen Ergebnisse. Das bedeutet aber
keineswegs, dass diese Mittel unwirksam sind. Und es nützt dem Patienten ja bereits, wenn
er sich nach dem Gurgeln mit Salbeitee oder der gerade getrunkenen heißen Zitrone rein
subjektiv wohler fühlt.
mit Antibiotikagabe ▶ 7 – 10 Tage
7 – 10 Tageohne Antibiotikagabe ▶
Dauer einer viralen Atemwegsinfektion
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Inhalationen mit Wasserdampf werden von vielen
Erkältungspatienten als angenehm empfunden.
Dieses alte Hausmittel ist also heute noch
empfehlenswert. Auch wenn wissenschaftlich kein
Nutzen nachweisbar ist, kann man bei der Inhalation
zusätzlich ätherische Öle wie Eukalyptus oder Kamille
benutzen. Äußerlich angewandt – entweder als
Einreibung oder Brustwickel – erweitern Öle aus
Pfefferminz, Kiefern- und Fichtennadeln, Kampfer oder
Eukalyptus die Bronchien und wirken so symptom-
lindernd, etwa bei einer akuten Bronchitis.
Bei Kindern unter zwölf Jahren ist dabei allerdings
Vorsicht geboten, da die Einreibungen einen Krampf
der Stimmritze mit nachfolgender Atemnot
auslösen können.
Bei einem akuten Atemwegsinfekt braucht Ihr Körper
vor allem eines: Ruhe. Denn das hilft dem Immun-
system dabei, die Krankheitserreger möglichst schnell
und effektiv zu bekämpfen. Bei Fieber empfehlen
Ärzte, ein Weilchen das Bett zu hüten. Ansonsten
genügt es aber, einfach mal einen Gang runter-
zuschalten. Stress und körperliche Anstrengungen,
sei es beim Sport oder bei der Gartenarbeit, sollten
Patienten mit Erkältungskrankheiten vermeiden.
Gegen einen entspannten Spaziergang an der
frischen Luft gibt es aber keine Einwände, sofern Sie
sich dafür fit genug fühlen.
Wichtig für die Selbstheilungskräfte ist auch,
genügend zu schlafen. Auf Rauchen und Alkohol
sollte man verzichten.
Kartoffelwickel, Gurgeln mit Salbeitee, warme
Milch mit Honig, die heiße Badewanne – wer kennt
sie nicht, die klassischen Hausmittel bei Erkältungs-
krankheiten. Zwar ist ihre Wirksamkeit nach streng
wissenschaftlichen Kriterien nicht belegt. Demgegen-
über steht aber, dass sich diese Behandlungs-
methoden teils schon seit Jahrhunderten bewährt
haben. Hinzu kommt, dass die Hausmittel innerhalb
von Familie und Freundeskreis weitergegeben werden.
Das verschafft ihnen einen gefühlten Nutzen, denn
Ratschläge und Unterstützung von seinen Nächsten zu
bekommen, tut wohl jedem Kranken gut. Geborgen
zu sein, den Eindruck zu haben, dass sich jemand
um einen kümmert, trägt viel dazu bei, sich besser
zu fühlen.
Genügend zu trinken ist bei Erkältungskrankheiten
wichtig und hilfreich, weil das den Abfluss des Sekrets
aus den entzündeten Atemwegen unterstützt. Bei
Fieber sollte man ganz besonders auf eine ausreichende
Flüssigkeitszufuhr achten, da der Körper durch das
Schwitzen und die beschleunigte Atmung mehr
Flüssigkeit verliert. Ob Kaltes oder Warmes können
Sie selbst entscheiden, je nachdem, was sich
angenehmer anfühlt und besser schmeckt.
Hausmittel
Ausreichend trinken
Inhalationen
und Einreibungen
Nasentropfen
und Nasenspülungen
Ruhe und
Schonung
Abschwellende Nasentropfen und -sprays helfen
Schnupfengeplagten beim Durchatmen. Sie sind
vor allem abends sinnvoll, weil es sich mit freier
Nase erholsamer schläft. Auch bei einer akuten
Rhinosinusitis verschaffen diese Medikamente
den Kranken Erleichterung. Allerdings sollten sie
höchstens fünf bis sieben Tage am Stück benutzt
werden, da sonst ein Dauerschnupfen entstehen kann.
Diese Gefahr besteht bei Kochsalz-Nasentropfen
nicht. Viele Erkältete empfinden es als angenehm,
ihre Nasenschleimhaut mit diesen Mitteln
zu befeuchten.
Nasenspülungen mit Salzlösungen empfehlen
Ärzte lediglich bei einer akuten Sinusitis und dann
für maximal eine Woche.
Nehmen Sie eine
Infektion der Atemwege
zum Anlass, sich und
Ihrem Körper eine
Auszeit zu gönnen. Denn
damit machen Sie den
entscheidenden Schritt,
um schon bald wieder
ganz gesund zu sein.
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Florian, selbstständiger Start-up Unternehmer, Modebranche
26 Jahre alt, Freundin, keine Kinder
Bei den vielen rotzenden Nasen vor einigen Tagen im Meeting war
es klar, dass ich mir eine Erkältung einfange. Als Unternehmer kann ich
es mir kaum leisten, krank zu sein. In zwei Tagen muss ich im Flieger
nach Mumbai sitzen, da will ich wieder fit sein. Deshalb nehm ich jetzt
ein Antibiotikum, der zweite Arzt hat es mir dann doch verschrieben.
Er wollte ja eigentlich nicht, wegen diesen resistenten Keimen. Falls die
alten Antibiotika wirklich nicht mehr wirken, sollen die Forscher eben
neue entwickeln.
Antibiotika – Eine medizinische Revolution
Der im Londoner St Mary’s Hospital arbeitende Bakteriologe warf die
verunreinigte Kultur aber nicht wie sonst üblich weg, weil er bemerkte,
dass der Bakterienrasen rund um den Schimmelpilz verschwunden war.
Offenbar sonderte Penicillium notatum eine Bakterien abtötende
Substanz ab, die Alexander Fleming Penicillin nannte. Zwölf Jahre
später reinigten der Physiker Howard Walter Florey und der Chemiker
Ernst Boris Chain den Stoff auf, am 24.08.1940 wurde er dann als
wirksames Therapeutikum vorgestellt. 1945 brachten die Leistungen
den drei Forschern den Medizin-Nobelpreis ein.
Nach langer Suche hatten Ärzte jetzt endlich eine Waffe in der Hand,
mit der sie bakteriell bedingte Infektionskrankheiten bekämpfen und
besiegen konnten.
Die nach Ansicht vieler Experten bedeutsamste
Entwicklung der Medizin verdankt die Menschheit
einem Zufall. Denn der Schimmelpilz Penicillium
notatum, den Alexander Fleming im September
1928 auf einer seiner Bakterienkulturen fand,
war versehentlich dorthin geraten.
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Allerdings wirkt Penicillin nicht gegen alle Bakterien. Deshalb wurden seit seiner
industriellen Einführung in den 1940er Jahren zahlreiche neue Antibiotika entwickelt,
die es ermöglichen, Infektionen durch die unterschiedlichsten Bakterien erfolgreich zu
behandeln. Diese Medikamente haben unzähligen Menschen das Leben gerettet und
Krankheiten wie Diphtherie, Syphilis, Scharlach, Typhus, Wundinfektionen, Lungen- oder
Hirnhautentzündungen, denen Ärzte einst hilflos gegenüberstanden, viel von ihrem
Schrecken genommen. Oder kurz gesagt: Antibiotika haben die Medizin revolutioniert.
Bakteriostatische Antibiotika hemmen das
Wachstum und die Vermehrung von Bakterien, die
dann vom Immunsystem vollends eliminiert
werden. Bakterizide Substanzen hingegen töten
die Bakterien ab. Allerdings sind die Grenzen hier
bei manchen Antibiotika fließend und hängen von
deren Konzentrationen ab.
Ihre Wirkweise wird maßgeblich vom Angriffspunkt
bestimmt. Beta-Lactam-Antibiotika stören den
Aufbau des Peptidoglykangerüsts, einem Bestandteil
der bakteriellen Zellwand. Auf diese Weise sorgt
diese Antibiotikaklasse, zu der neben den Penicillinen
auch die Cephalosporine und die Carbapeneme
gehören, dafür, dass in der Zellwand „Löcher“ entstehen,
die das Bakterium vor allem in der Wachstumsphase
absterben lassen. Glykopeptide wie Vancomycin
hemmen ebenfalls die Peptidoglykansynthese,
allerdings über einen anderen Mechanismus.
Weitere Antibiotika unterbinden die Produktion von
Eiweißen in den so genannten Ribosomen, die sich
im Innern der Bakterienzelle befinden. Auch hier gibt
es mehrere Substanzklassen, die an verschiedenen
Stellen in diese so genannte Proteinbiosynthese
eingreifen, wie die Makrolide, die Tetrazykline, die
Aminoglykoside oder die Lincosamide.
Gyrasehemmer (Chinolone) verhindern die Verviel-
fältigung des Erbmaterials, indem sie dafür sorgen,
dass die spiralförmige DNA nicht entdreht wird.
Dieser Prozess ist aber unbedingt notwendig, damit
Bakterien sich vermehren können.
Antibiotika lassen sich nach unterschiedlichen
Gesichtspunkten einteilen, angefangen von ihrer
chemischen Struktur über ihre biologische Herkunft
bis hin zu ihren therapeutischen Anwendungsgebieten.
Wie wirken Antibiotika?
Wirkweise von Antibiotika
Einführung der Antibiotikaklassen/-substanzen und Resistenzentwicklung
Bakterien besitzen Zellstrukturen wie eine schützende
Zellwand, Zellplasma, in denen sich ihr Erbgut
befindet, eine eigene „Maschinerie“, um Proteine
herzustellen, und einen eigenen Stoffwechsel.
Antibiotika greifen genau diese Strukturen an, je nach
Antibiotikaklasse an unterschiedlichen Stellen.
Manche Wirkstoffe schädigen die Zellwand, andere
verhindern die Produktion von Eiweißen im Inneren
der Bakterien.
Unter der Wirkung von Antibiotika werden wichtige
Zellstrukturen geschädigt und lebensnotwendige
Prozesse unterbunden. Deshalb sterben die Bakterien
ab oder können sich nicht weiter vermehren.
1930
1950
1970
1990
2010
Beta-Lactame/Penicilline
Tetrazykline
Chloramphenicol
Aminoglykoside
Glykopeptide
Sulfonamide
Makrolide
Rifamycine
Streptogramine
Lincosamide
Fluorchinolone
Carbapeneme
Zeitpunkt der Einführung
volle Wirksamkeit
Resistenzentwicklung
(Erste resistente Bakterien wurden gefunden.) Oxazolidinone
zyklische Lipopeptide
Glycylcycline
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Weitere häufige unerwünschte Effekte, die bei
bestimmten Antibiotika beziehungsweise Antibiotika-
gruppen auftreten können, sind allergische Reaktionen
mit Hautausschlägen, Rötungen und Juckreiz,
Kopfschmerzen, Schwindel, Störungen des Geruchs-
und Geschmacksempfindens, Entzündungen der
Mundschleimhaut, ein Anstieg der Leber- und der
Harnstoffwerte im Blut sowie Veränderungen des
Blutbilds. Bei Frauen ziehen die Medikamente auch
die Scheidenflora in Mitleidenschaft, was häufig zu
Pilzinfektionen der Vagina führt.
Jedes Antibiotikum beziehungsweise jede Substanz-
klasse hat ein eigenes Wirkspektrum. Das heißt,
es hilft gegen bestimmte Bakterien und gegen andere
nicht. Dies liegt einerseits an den jeweiligen Angriffs-
punkten, andererseits hängt es damit zusammen,
dass die Bakterienarten sich in ihrem Aufbau und
ihrem Stoffwechsel teils deutlich unterscheiden.
Breitspektrum-Antibiotika bekämpfen eine Vielzahl
von Bakterien, Schmalspektrum-Antibiotika nur manche,
wie beispielsweise die so genannten grampositiven
Bakterien. Das bedeutet keineswegs, dass Letztere
weniger wirksam sind. Gezielt gegen ein bestimmtes
Bakterium eingesetzt, ist ein Schmalspektrum-
Antibiotikum ebenso effektiv wie die Breitspektrum-
Antibiotika und hat oft weniger Nebenwirkungen.
Antibiotika mit einem sehr breiten Wirksamkeits-
spektrum gehören in der Regel zu den Reserve-
Antibiotika, die für die Behandlung lebensbedrohlicher
Infektionen im Krankenhaus vorgesehen sind.
Ob breit oder schmal, gegen Virus-Infektionen sind
alle Antibiotika machtlos. Viren besitzen weder
eine Zellwand noch Ribosomen und nicht einmal
einen eigenen Stoffwechsel. Um sich zu vermehren,
schleusen sie ihre Erbinformationen in fremde Zellen
ein, deren Erbgut sie dann umprogrammieren.
Weil den Antibiotika somit jeglicher Angriffspunkt
fehlt, können sie bei viralen Infektionen nicht wirken.
Welche Nebenwirkungen haben Antibiotika?Das können Antibiotika
Das können Antibiotika nicht
Wie für alle Medikamente gilt für die Antibiotika: Keine Wirkung ohne Nebenwirkungen!
Antibiotische Wirkstoffe unterscheiden nicht zwischen „bösen“ und „guten“ Bakterien.
Das heißt, sie töten auch die Bakterien in unserem Darm ab, die für eine funktionierende
Verdauung wichtig sind. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass bei einer
Antibiotikatherapie die Vielfalt der Keime im Darm verloren geht. Bedingt durch die
(Zer-)Störung der Darmflora, gehören Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall,
Blähungen, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen zu den häufigen
Nebenwirkungen von Antibiotika.
Viren bestehen aus Proteinen und Nukleinsäuren.
Sie haben keinen eigenen Stoffwechsel und
können sich auch nicht selbstständig vermehren.
Um sich zu vermehren, benutzen sie die „Zell-
maschinerie“ ihrer Wirtszelle. Da sie keinen eigenen
Stoffwechsel besitzen und vollkommen anders
aufgebaut sind als Bakterien, bieten Viren den
Antibiotika keinerlei Angriffspunkte.
Antibiotika schädigen weder die Struktur eines
Virus, noch unterbinden sie deren Vermehrung.
Unter einer Antibiotikatherapie können Viren daher
unbeeinträchtigt weitere Wirtszellen befallen.
Ein natürliches Verhältnis zwischen
Anaerobiern und Enterobakterien ist ein
Kennzeichen einer „normalen” Darmflora.
Die Gabe eines gegen Enterobakterien
wirksamen Antibiotikums tötet diese
Bakterien ab. Deshalb können sich die
anaeroben Bakterien ausbreiten.
Antibiotika, die gegen Anaerobier wirken,
verschieben das Verhältnis in die andere
Richtung. Dieser Verlust der bakteriellen
Diversität erklärt die antibiotikatypischen
Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt.
Besonders stark gefördert wird dadurch auch
die Ausbreitung resistenter Keime.
Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl
gelegentlicher und seltener Nebenwirkungen, die
sich von Antibiotikum zu Antibiotikum unterscheiden.
Welche das sind, weiß der Arzt oder der Apotheker
und ist auch auf der Packungsbeilage angegeben.
Alles in allem werden Antibiotika von den meisten
Menschen zwar relativ gut vertragen. Um Neben-
wirkungen zu verhindern, sollten sie aber trotzdem
immer nur dann eingesetzt werden, wenn es aus
medizinischer Sicht wirklich notwendig ist.
Viren & Antibiotika
Auswirkungen von Antibiotika auf die Darmflora
VOR DER ANTIBIOTIKAGABE
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NACH DER ANTIBIOTIKAGABE
anaerobe Bakterien antibiotikaempfindliche Enterobakterien resistente Enterobakterien
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Ob beim Hausarzt oder auf der Intensivstation –
Antibiotika sind für die moderne Medizin unabdingbar.
Doch die wirksamste Waffe bei bakteriellen Infektionen
droht, mehr und mehr stumpf zu werden. Denn weltweit
breiten sich Bakterienstämme aus, die gegen eines
oder mehrere der gängigen Antibiotika resistent sind.
Das bedeutet, dass die Medikamente ihre Fähigkeit,
diese Keime abzutöten oder im Wachstum zu hemmen,
verloren haben.
Ein im April 2014 erschienener Bericht der Weltgesund-
heitsorganisation WHO beschäftigt sich eingehend mit
der globalen Bedrohung durch Bakterien, die gleich
gegen mehrere Antibiotika unempfindlich sind. Darin
geht man davon aus, dass allein in Europa jährlich
25.000 Todesfälle durch Infektionen mit solchen
multiresistenten Krankheitserregern verursacht
werden. Tendenz steigend.
Die wohl größten Sorgen bereiten Fachleuten derzeit
Enterobakterien wie Klebsiellen und Escherichia coli,
die zu den normalen Darmbewohnern des Menschen
gehören. So ist zum Beispiel der Anteil der Klebsiella-
pneumoniae-Stämme mit einer kombinierten Resistenz
gegen Cephalosporine der dritten Generation, Amino-
glykoside, Fluorchinolone und neuerdings auch gegen
Carbapeneme in der gesamten EU zwischen 2009
und 2012 deutlich angestiegen. In einigen Ländern,
beispielsweise in Griechenland, liegt die Rate dieser
Problemkeime bei über 50 Prozent. Auch in Deutsch-
land haben die antibiotikaresistenten Enterobakterien
dramatisch zugenommen. 1995 betrug der Anteil der
E.coli-Bakterien, die gegen Ciprofloxacin unempfindlich
sind, nur 5,5 Prozent. 2010 waren es dann 32,1 Prozent
– ein Sprung um mehr als 25 Prozentpunkte.
Antibiotikaresistenz – Ein globales Problem
Antibiotika sind für die Medizin unverzichtbar. Sie ermöglichen es, durch Bakterien
bedingte Infektionen erfolgreich zu bekämpfen, und retten damit unzähligen Menschen
das Leben. Allerdings droht diese Wunderwaffe an Schlagkraft zu verlieren. Denn
rund um den Globus gibt es immer mehr bakterielle Krankheitserreger, gegen die eines
oder gleich mehrere der gängigen Antibiotika keinerlei Wirkung mehr haben. Jeder
Einsatz von Antibiotika kann diese so genannte Resistenzentwicklung weiter befördern.
Deshalb ist es enorm wichtig, die so wertvollen Medikamente möglichst verantwortungs-
voll einzusetzen und auch richtig anzuwenden. Entscheiden Sie sich daher gemeinsam
mit Ihrem Arzt dafür, Ihre Erkältung nur dann mit Antibiotika zu behandeln, wenn es
auch nötig ist. Das heißt bei begründetem Verdacht oder Nachweis einer bakteriellen
Infektion. Damit schonen Sie Ihre Gesundheit und helfen dabei, die Antibiotikaresistenzen
in Deutschland und global einzudämmen.
Dr. Janine Zweigner,
Institut für Hygiene und Umweltmedizin,
Charité – Universitätsmedizin Berlin
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Bakterien sind äußerst anpassungsfähige
Lebewesen. Sie vermehren sich sehr schnell und
vervielfältigen währenddessen auch ihr Erbgut,
die DNA. Dabei kommt es natürlicherweise zu
Veränderungen der Erbinformationen.
Diese zufälligen Mutationen können dazu führen,
dass ein Bakterium Eigenschaften und Fähigkeiten
entwickelt, die die Wirkung eines bestimmten
Antibiotikums abschwächen oder vollständig
ausschalten. Hier gibt es verschiedene Mechanismen.
Manche Bakterien produzieren Enzyme wie die
Beta-Lactamasen, die das Antibiotikum zerstören
beziehungsweise chemisch inaktivieren. Andere
Keime verhindern, dass der Wirkstoff in sie
eindringen kann, pumpen ihn sofort aus ihrem
Inneren wieder heraus oder verändern das Angriffs-
ziel des Antibiotikums so, dass es dort nicht mehr
binden kann.
Abschnitte im Erbgut, die ein Bakterium
unempfindlich machen, werden Resistenzgene
genannt. Einige Bakterien sind von Natur aus
damit ausgestattet. Andere bekommen sie erst,
denn Resistenzgene können sowohl innerhalb einer
bakteriellen Art als auch über die Artgrenzen
hinweg auf andere Keime übertragen werden.
Erwirbt ein Bakterium mehrere solcher Resistenz-
faktoren, entsteht ein multiresistenter Erreger.
Dass Antibiotikaresistenzen entstehen, ist also ein
ganz natürlicher, durch genetische Veränderungen
bedingter Vorgang. So paradox es klingen mag, kann
aber jeder Einsatz von Antibiotika dazu führen, dass
dieser Prozess noch gefördert und beschleunigt
wird. Denn unter ihrem Einfluss kommt es zu einer
so genannten Selektion. Bakterien, die gegen das
Antibiotikum empfindlich sind, werden abgetötet
oder in ihrem Wachstum gehemmt. Die resistenten
Bakterienstämme hingegen überleben den Angriff
und können sich ungehindert vermehren.
Grundsätzlich ist ein antibiotikaresistenter Keim nicht
pathogener als sein nicht resistenter Artverwandter.
Je nachdem, um welches Bakterium es sich handelt,
können beide gleichermaßen Krankheiten wie Lungen-
entzündung, Harnwegsinfekt oder Wundinfektionen
hervorrufen. Steckt hinter der Infektion aber ein
Erreger, der gegen ein Antibiotikum unempfindlich
ist, kann der Patient mit diesem Medikament nicht
mehr behandelt werden. Bei multiresistenten
Bakterien bleiben gleich mehrere Antibiotika
beziehungsweise Antibiotikaklassen wirkungslos.
Bis dann eine wirksame Alternative gefunden ist,
kann unter Umständen einige Zeit vergehen. Zeit,
in der sich die Keime ausbreiten, was die
Behandlung zusätzlich erschwert.
Bei multiresistenten Erregern müssen Ärzte oft zu
einem Reserveantibiotikum greifen. Doch auch gegen
diese Mittel sind immer mehr Bakterien resistent.
Verschärft wird die Situation dadurch, dass in den
letzten zehn Jahren kaum noch neue Antibiotika
entwickelt wurden. Bei der Vorstellung des im April
2014 erschienenen Bericht der Weltgesundheits-
organisation WHO warnt Keiji Fukuda eindringlich vor
den Folgen der weltweiten Zunahme von Antibiotika-
resistenzen. Es drohe, so der Generaldirektor für
Gesundheitssicherheit, „eine postantibiotische
Ära, in der gewöhnliche Infektionen und kleine
Verletzungen, die für Jahrzehnte behandelbar waren,
wieder tödlich sein können“.
Warum sind resistente Bakterien so problematisch?
Veränderungen des Erbguts können bewirken,
dass einige Bakterien unempfindlich für ein
oder mehrere Antibiotika werden.
Verbreitung von Resistenzen
Diese Bakterien überstehen den Einsatz von
Antibiotika, gegen die sie resistent sind, ohne
Schaden zu nehmen. Die nicht resistenten
Bakterien hingegen werden abgetötet oder an
ihrer Vermehrung gehindert.
Die unempfindlichen Bakterien überleben,
vermehren sich und geben die Resistenzgene
an andere Bakterien weiter. Antibiotika führen
also zu einer Selektion, bei der nicht resistente
Bakterienstämme absterben, während sich
die resistenten Stämme ausbreiten.
Entstehung und Förderung resistenter Erreger
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PATIENT
ERR
EGER
ANTIBIO
TIK
UM
optimale
Verordnung• Art der Infektion
• Ort der Infektion
• mikrobiologischer
Befund
• Resistenzspektrum
• Ablauf der Krankheit
• krank machende
Erregereigenschaften
• Alter
• Grunderkrankungen
• Vorbehandlungen
• Allergien
• Beruf / Lebensumfeld
• Auslandsaufenthalt
• Abwehrschwäche
• klinische Diagnostik
• Wirkungsspektrum
• Behandlungsdauer
• notwendige Dosierung
• Verteilung im Körper
• Nebenwirkungen
• Verabreichungsform
• Wechselwirkungen mit
anderen Medikamenten
Weniger, gezielter, kürzerFachleute sind sich einig: Um die Wirksamkeit der
verfügbaren Antibiotika zu erhalten und damit das
von der WHO skizzierte Schreckensszenario einer
postantibiotischen Ära abzuwenden, ist es unab-
dingbar, mit diesen so wichtigen Medikamenten
verantwortungsvoll umzugehen. Das bedeutet vor
allem, dass sie ausschließlich dann eingesetzt
werden, wenn es wirklich notwendig ist. Gegen Viren,
die – abgesehen von der Lungenentzündung – etwa
80 Prozent der Atemwegsinfektionen verursachen,
können Antibiotika nichts ausrichten. Wer sie trotz-
dem einnimmt, wird also nicht schneller oder besser
gesund, sondern fördert nur die Entstehung
resistenter Bakterien.
Die Zahl der Antibiotikaverordnungen bleibt in
Deutschland seit 20 Jahren weitgehend konstant.
Kontinuierlich angestiegen ist der Anteil der
Reserveantibiotika an diesen Verordnungen – von
12,7 Prozent im Jahr 1991 auf 46,5 Prozent 2009.
Ihre oft unangebrachte Gabe bei bakteriellen
Infektionen, die mit einem gezielt eingesetzten
Schmalspektrum-Antibiotikum genauso gut oder
sogar effektiver behandelt werden könnten, führt
ebenfalls zu einem Selektionsdruck. Und damit
zu einer Resistenzentwicklung gegenüber diesen
sehr breit wirkenden Antibiotika. Darüber hinaus
kann auch eine zu lange Therapie mit einem Anti-
biotikum oder eine Unterdosierung die Selektion
resistenter Bakterien begünstigen.
Wie Experten schätzen, sind hierzulande die Hälfte
der Antibiotikaverordnungen in der ambulanten
medizinischen Versorgung wahrscheinlich überflüssig.
Oder aber die Medikamente werden nicht adäquat
angewendet. Sowohl der Arzt als auch Sie als Patient
können gemeinsam für den richtigen Umgang mit
Antibiotika sorgen und so verhindern, dass sich
gefährliche Problemkeime entwickeln und ausbreiten.
– Der richtige Umgang
mit Antibiotika
Braucht mein Patient Antibiotika? Und wenn ja,
welches, für wie lange und in was für einer Dosierung?
Um hier zur besten Lösung zu kommen, muss der Arzt
eine ganze Reihe von Faktoren berücksichtigen. Dazu
gehören der Ort der Infektion und die Beschwerden,
die ihm Rückschlüsse auf den auslösenden Erreger
ermöglichen. Wichtige Hinweise gibt dem Arzt hier
auch das Alter des Patienten, was er arbeitet, wo
er lebt und ob er in letzter Zeit im Krankenhaus
oder im Ausland war. In südeuropäischen Ländern
beispielsweise sind multiresistente Bakterien häufiger
als bei uns. Ein Aufenthalt dort erhöht deshalb die
Wahrscheinlichkeit, dass solche Keime die Infektion
verursachen. Für eine gezielte Therapie kann unter
Umständen eine mikrobiologische Bestimmung des
Erregers notwendig sein.
Dann gilt es ein Antibiotikum auszuwählen, das
spezifisch gegen die Bakterien wirkt, die die Infektion
auslösen. Neben dem Wirkungsspektrum spielt
dabei auch eine Rolle, ob der Patient Allergien hat
oder unter Grunderkrankungen leidet. Bei der
Behandlungsdauer lautet das Prinzip: So kurz
wie möglich und so lang wie nötig. All das zeigt:
Die Antibiotikatherapie ist eine komplexe Angelegen-
heit. Deshalb gibt es Entscheidungsmodelle, die
den Arzt dabei unterstützen, die individuell optimale
Verordnung für jeden seiner Patienten zu finden.
Die optimale Antibiotikatherapie
Entscheidungsmodell des Arztes
zur optimalen Antibiotikatherapie
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Initiative Zündstoff Antibiotikaresistenz: Ein Zusammenschluss der
führenden deutschen Fachgesellschaften auf dem Gebiet der Infektiologie.
www.zuendstoff-antibiotika-resistenz.de
Europäischer Antibiotikatag: Eine europäische Initiative für die Gesundheit.
http://ecdc.europa.eu/de/EAAD/Pages/Home.aspx
Gesundheitsinformationen.de (Website des Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen): Antibiotika richtig anwenden und Resistenzen vermeiden.
http://www.gesundheitsinformation.de/antibiotika-richtig-anwenden-und-
resistenzen.2321.de.html?part=meddrei-ci
Robert-Koch-Institut: Antibiotikaresistenz.
http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Antibiotikaresistenz/Antibiotikaresistenz.html
Infektionsschutz.de (eine Website der Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung BZgA): Atemwegsinfektionen.
http://www.infektionsschutz.de/krankheitsbilder/atemwegsinfektionen
WHO: Antimikrobielle Resistenz: Globaler Report über Surveillance-Maßnahmen 2014.
http://www.who.int/drugresistance/documents/surveillancereport/en
GERMAP 2012: Antibiotikaverbrauch und die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen
in der Human- und Veterinärmedizin in Deutschland.
http://www.paul-ehrlich-gesellschaft.de/print/econtext/germap
Faktencheck Antibiotika: Ein Informationsportal der Initiative für gute
Gesundheitsversorgung (INIgG) der Bertelsmann Stiftung.
https://antibiotika.faktencheck-gesundheit.de
Therapieempfehlungen der Arzneimittelkommission der
deutschen Ärzteschaft 2013: Atemwegsinfektionen.
http://akdae.de/Arzneimitteltherapie/TE/A-Z/index.html
NotwendigkeitVertrauen Sie Ihrem Arzt. Wenn er sagt, dass
Sie kein Antibiotikum brauchen, hat das auch
seine Berechtigung.
VerordnungGreifen Sie niemals auf eigene Faust zu Antibiotika,
sondern nur, wenn Ihr Arzt es verschreibt. Ebenso
wenig dürfen Sie Ihr Antibiotikum an jemand anderen
weitergeben – selbst dann nicht, wenn dessen
Beschwerden Ihren eigenen sehr ähnlich erscheinen.
RegelmäßigkeitHalten Sie sich an die vorgegebenen Einnahme-
zeiten. Nur dann ist gewährleistet, dass der
Wirkspiegel des Antibiotikums immer hoch genug
bleibt. Dreimal täglich bedeutet alle acht Stunden,
zweimal am Tag alle zwölf Stunden.
DauerNehmen Sie Ihr Antibiotikum so lange ein, wie
der Arzt Ihnen sagt. Auch wenn Sie sich besser
fühlen, ist es wichtig, die Behandlung bis zum
Ende fortzusetzen.
Antibiotika verantwortungsvoll einsetzen
Weitere Informationen zu Atemwegsinfektionen, Antibiotika und dem vernünftigen
Umgang mit diesen Medikamenten sowie zur Problematik der Resistenzentwicklung
finden Sie hier:
WechselwirkungenWegen möglicher Wechselwirkungen muss Ihr
Arzt vor einer Antibiotikatherapie wissen, ob Sie
noch andere Medikamente nehmen. Wenn Sie
schwanger sind oder stillen, sollten Sie das dem
Doktor ebenfalls vorab sagen.
EinnahmeSchlucken Sie das Antibiotikum mit Wasser.
Vor allem Milch, aber auch Fruchtsäfte, Kaffee und
Alkohol können Aufnahme und Wirkung mancher
Präparate beeinflussen.
EntsorgungGeben Sie Antibiotikareste bei den Sammelstellen
der lokalen Müllentsorger oder in der Apotheke ab.
Eine Entsorgung über den Hausmüll oder die Toilette
belastet die Umwelt.
– Das können Sie selbst tun
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Institut für Hygiene und Umweltmedizin
Nationales Referenzzentrum für
Surveillance von nosokomialen Infektionen
Direktorin: Prof. Dr. med. Petra Gastmeier
Charité Campus Benjamin Franklin (CBF)
Prof. Dr. med. Petra Gastmeier
Hindenburgdamm 27
12203 Berlin
Tel.: (030) 84 45 - 36 80
Fax: (030) 84 45 - 36 82
E-Mail: [email protected]
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Text: Ulrich Kraft
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