Transcript
Page 1: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

Das gasfarmige KobaIt(lll)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

Von HARALD SCHAFER und KURT KREHL

(Mit 5 Abbildungen)

Inhaltsiibsrsicht Wirkt bei hoherer Temperatur Chlor auf festes oder schmelzfliissiges Kobalt(I1)-

chlorid ein, so enthalt die Gasphase neben C1, und CoCI, auch CoCI,. Das Gleichgewicht

2 COCI, + Cl, = 2 COCI,

wurde untersucht. Im Zusammenhang hiermit wurden ferner die CoC1,-Sattigungs- drucke uber festem und iiber fliissigem Bodenkorper mit der Mitfiihrungsrnethode ge- messen.

Nichtkomplexe Kobalt(II1)-Verbindungen - wie CoF,, CoCl,, Co,(SO,), * 18 H,O usw. - sind nur unter besonderen Versuchsbedin- gungen erhaltlich. Als sehr starke Oxydationsmittel neigen sie dazu, in Kobalt( 11) -Verbindungen uberzugehen.

Bekanntlich sind ungewohnliche Oxydationsstufen durch Komplex- bildung stabilisierbar. Im hohen MaBe gilt das auch fur das dreiwertige Koball.

Ein weiterer Weg zur Stabilisierung von Oxydationsstufen, die unter gewohnlichen Bedingungen nicht bestandig sind, besteht in der Ausnutzung der R e a k t i o n s e n t r o p i e . Beim Nachweis von Sub- verbindungen (z. B. SiO, AlF, AI,S usw.) hat man in den letzten Jahren hiervon haufiger Gebrauch gemacht. Ganz allgemein ist diese Moglich- keit dann gegeben, wenn die betreffende Reaktion bei hoher Temperatur mit einer Molzahlzunahme in der Gasphase verhuft. Das gleiche Prinzip kann unter gewissen Voraussetzungen auch zur Stabilisierung hohe re r O x y d a t i o n s s t u f e n benutzt werden. Auf dieser Grundlage beruht die Bildung des gasformigen Chrom(1V)-chlorids bei der Einwirkung von Chlor auf festes Chrom(II1)-chlorid bei z. B. 700" Cl).

I) H. A. DOERNER, Chemistry of the Anhydrous Chlorides of Chromium. Bur. of Mines, Techn. Paper 577 (1937); H. v. WARTENBERG, 2. anorg. allg. Chem. 250,122 (1942).

Page 2: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

26 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 268. 1952

In der vorliegenden Arbeit whd gezeigt, da13 in prinzipiell gleicher Weise die Existenz von gasformigem Kobalt(II1)-chlorid nachgewiesen werden kann :

2 COCI, + c1, = 2 COCI,.

Die Gleichgewichtslage dieser Reaktion wird untersucht. Als Vorarbeit hierzu mul3ten die CoCl,-Sattigungsdrucke uber festem und uber flussi- gem Kobalt( 11)-chlorid neu gemessen werden 2).

A. Die Arbeitsweise bei der Messung der Gleichgewichtsdrucke

Alle Messungen wurden mit Hilfe einer M i t f u h r u n g s a n o r d - n u n g durchgefuhrt. Die von FISCHER und G E W E H R ~ ) angegebene Arbeitsweise, bei der das aus dem Reaktionsraum austretende Gleich- gewichtsgas niit einem Hilfsgasstrom in ein Auffangrohr gespult wird, hat sich auch hier wieder bewahrt. Im ubrigen war die Anordnung

mit geringen hderungen 4, die gleiche wie fruher bei der Untersuchung der Um- setzung von Eisenoxyd mit Chlorwasser- stoff 5 ) .

Als T r a g e r g a s diente bei der Messung der CoC1,-Sattigungsdrucke z. T. Chlorwasserstoff und z. T. Stickstoff. Der Chlorwassers toff wurde im Kwpschen Apparat aus Ammonchlorid und Schwefelsaure entwickelt. Er enthielt weniger als 0,075 VoI.-% Luft. Diese durch Wasser nicht ab- sorbierbaren Anteile wurden nach jeder Neufiillung des KIPPschen Apparates bestimmt.

Der verwendete 0 s r a m - S t i c k s t of f erwies sich beim uberleiten uber gliihendes Kupfer als frei von Sauerstoff.

Das Chlor (vgl. Atschnitt C ) wurde einer Stahlflasche entnommen und zur Reinigung bei

Abb. 1. A n o r d n u n g z u r V e r - etwa -70" C kondensiert 8 ) . Dieses GefaB mit fliissi- f l i i s s i g u n g u n d z u r E n t - gem Chlor befand sich wahrend der Messung in

n a h m e v o n C h l o r einem Kaltebad, dessen Temperatur so geregelt

2, Ober die vorliegende Untersuchung wurde bei der Chemikertagung in Koln bereits kurz berichtet. Vortragsreferat vgl. Z. angew. Ch. 63, 485 (1951).

8 ) W. FISCHER u. R. GEWEHR, Z. anorg. allg. Chem. 209, 17 (1932). 4) I m Gegensatz zu friiher tauchte der Kolben fur die Gasabmessung in ein Wasser-

bad, zur Konstanthaltung der Temperatur. Zur Dichtung der Hahne diente te i den Messungen mit Chlor Siliconfctt (Silicone Compound, DC4 ; Dow Corning Corporation, Midland, Michigan). Diese Fettung wurde taglich erneuert. Gegen HCI war das Silicon- fett dagegen uicht bestandig. Hier wurde Ramsay-Fett benutzt.

6 ) H. SCHHFER, Z. anorg. Chem. 259, 53 (1949), Abb. 1. B, Vgl. L. MOSER, Die Reindarstellung von Gasen, Stuttgart 1920, S. 49.

Page 3: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

H. SCHAFER u. K. KREHL, Das gasformige Kobalt(II1)-chlorid 27

wurde, dafi der Chlordruck etwas mehr als Atmospharendruck betrug (etwa -30" C). Als Chlorquelle hat sich diese Anordnung sehr gut bewahrt (vgl. Abb. 1).

Als Hilf sgas wurde in allen Fallen Chlorwasserstoff (Reinheit wie oben) verwendet, mit einer Stromungsgeschwindigkeit von 17 cm3/Minute.

Bei der Abmessung d e s T r a g e r g a s v o l u m e n s diente fur Chlorwasserstoff 9Oproz. Schwefelsaure als Sperrfliissigkeit, weil Schwefelsaure dieser Konzentration ein Loslichkeitsminimum fur Chlorwasserstoff besitzt. Bei den Messungen rnit Stickstoff oder mit Chlor wurde konzentrierte Schwefelsaure als Sperrfliissigkeit benutzt. In allen Fallen kam die Sperrfliissigkeit auch im oberen GefaB nur mit der jeweils zur Messung

a)zurhnstellungdes Gleiflgwi&$ von unlen

\\\\\\\\\\\\\\\\\ \\\\\ \\\'. \ \ \ >L \ \ \ \ '. \ ' \ \ V L C

b p finsrelluflg dfs Glekhytwidfs van oben 5 cm ~er i s id ip logede f&~~~~ is~ l l ennd der Messmy angedeuier I

Abb. 2. G l e i c h g e w i c h t s b i r n e n a u s Q u a r z g l a 8 (mafistabgerecht) A = Auffangrohr, B = Einfiihrung des Thermoelements, C = Kupferkorper, D = Kera- mikrohr des elektr. Rohrenofens, E = Elektrische Zusatzheizung, F = Fiillkorper,

G = Quarzschliff, H = Kapillare

dienenden Gasart in Beriihrung 7). Das abgemessene Gasvolumen (1,176 Liter ging uber Stromungsmesser und Manometer durch ein Trockenrohr mit wasserfreiem Eisen(II1)- chlorid und gelangte schliel3lich zur Gleichgewichtsbirne.

Diese Gle ichgewichtsb i rne (Abb. 2a) bestand aus Quarzglas. Ihre Form schlofi Storungen durch thermische Gasentmischung aus. Das in den Gleichgewichtsraum ein- gefiihrte K o b a l t ( I 1 ) - c h l o r i d wurde durch Entwasserung von CoCI, * 6 H,O, reinst - zuerst bei niedriger Temperatur im Vakuum und anschlieBend bei -600" im HC1-Strom - hergestellt ". Die CoC1,-Bodenkorpermenge betrug etwa 35 g. Die Gleichgewichts- birne lag in der ,,konstanten Zone" eines elektrischen Robrenofens. Sic war auBerdem von einem Kupferausgleichskorper umgeben. Innerhalb der Birne betrugen die Tem-

Auf diese Weise wurden Fehler durch die erhebliche Loslichkeit der Gase in konz. H,S04 vermieden. Nach L. W. WINXLER (Ausgewahlte Untersuchungsverfahren 11, Stuttgart 1936, S. 39) lost 98,5proz. H,S04 bei 20" und Pel, = 1 a t das 1,64fache ihres Volumens an Chlorgas.

Zur Bestimmung des Mefikolbenvolumens wurde - wie bei den Mitfiihrungs- messungen - HC1-Gas damit abgemessen und seine Menge durch Titration bestimmt. Reproduzierbarkeit & 0,3%.

9, Hierbei wurde auch ein sehr geringer Fe-Gehalt des CoCl,-Prapar? ts als FeCI, ver- fliichtigt.

Page 4: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

28 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 268. 1952

peraturunterschiede nicht mehr als 1". Wahrend einer MeBreihe konnte die Temperatur auf f 2 " konstant gehalten werden. Die Eichung der Pt/Pt-Rh-Thermoelemente er- folgte mit Hilfe der Schmelzpunkte von Pb, Zn, Sb, Al, Ag, Cu und NaCI. Die Nebenlot- stellen hatten stets Null Grad.

Das vom Tragergas mitgefuhrte Kobaltchlorid schlug sich im Auffangrohr nieder. Es wurde im Wageglaschen mit Schwefelsaure in das Sulfat verwandelt und gewogen. Gewichtskonstanz im elektrischen Ofen bei 450'.

Der Gle i chgewich t szus t and zwischen Bodenkorper und Gas- phase stellte sich vollstandig ein. Die mitgefuhrte CoC1,-Menge war die gleiche, unabhangig davon, ob das Tragergas mit einer Geschwindig- keit von 9, 17 oder 33 em3 in der Minute uber den Bodenkorper stromte. Man variierte ferner bei den Messungen unterhalb des CoC1,-Schmelz- punkts die Oberflache des Bodenkorpers : Bei einigen MeSreihen wurde der Reaktionsraum rnit grobgepulvertem CoC1, vollig angefiillt, vor anderen MeBreihen jedoch wurde das CoC1, zusammengeschmolzen und seine Oberflache so wesentlich verkleinert. Das Ergebnis der Mes- sungen wurde hierdurch nicht beeinflufit.

Da M A I E R ~ ~ ) hohere CoC1,-Sattigungsdrucke gemessen hat als wir (vgl. spater), wurde der Nachweis, daS bei unseren Mitfuhrungsmessungen wirklich Sattigung erreicht wurde, noch dadurch erhiirtet, dafi das Gleich- gewicht von hoherer Temperatur her eingestellt wurde. Vor der Gleich- gewichtsbirne befand sich in diesem Falle ein weiterer Raum rnit Ko- balt(I1)-chlorid, dessen Temperatur rnit einer elektrischen Zusatz- heizung um 70" hoher gehalten wurde, als die Temperatur des anschlie- fienden Gleichgewichtsraumes (vgl. Abb. 2 b). Bei diesen Messungen destillierte CoC1, in den Gleichgewichtsraum und schlug sich dort in groBen Kristallen nieder. Das den Gleichgewichtsraum verlassende Gas hatte die gleiche Zusammensetzung wie bei der Gleichgewichtseinstellung ,,von unten".

Bei allen Messungen ging man so vor, daB bei einer bestimmten Temperatur 6 Einzel- messungen hintereinander ausgefuhrt wurden. Dabei betrug die Stromungsgeschwindig- keit des Tragergases je Messung in zeitlicher Reihenfolge 17, 33, 9, 17, 33, 9 om3 in der Minute. Vor der ersten Messung und zwischen den Einzelmessungen (wahrend der Neu- fullung des GasmeBkolbens) wurde uber eine zweite Leitung weiter Gas uber den Boden- korper geschickt, und zwar mit der gleichen Geschwindigkeit wie bei der anschlieI3enden Messung. Da ein systematischer EinfluB der Stromungsgeschwindigkeit nicht zu erkennen war, wurden die sechs Einzelmessungen zu einer MeBreihe zusammen gefaBt und hierfur der Mittelwert berechnet. Die maximalen Abweichungen der Einzelwerte vom Mittel- wert einer MeBserie b e w e n 3 6 % .

lo) C. G. MAIER, Vapor pressures of the common metallic chlorides and a static method for high temperatures, Bureau of Mines, Techn. Paper 360 (1925).

Page 5: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

H. SCHAFER u. K. KREHL, Das gasformige Kobalt(II1)-chlorid 29

B. Die Sattigungsdrucke iiber festem und iiber flussigem Kabalt(I1)-chlorid

Nach Ausfuhrung der Mitfuhrungsmessungen hat man Bur Berech- nung der Sa ttigungsdrucke folgende Mef3groBen zur Verfugung :

T, .Z P (Barometerstand, korrigiert), Mole Tragergas und Mole CoCl, (berechnet aus der gewogenen CoS0,-Menge). Daraus folgt

Mole CoC1, . Z P pCOC1s = Mole Tragergas + Mole CoCG

Die folgende Tabelle 1 bringt die so gewonnenen Ergebnisse.

Erwartungsgemafi liefert Stickstoff als Tragergas die gleichen Er- gebnisse wie ChIorwasserstoff.

Tabelle 1 S a t t ig u n gs d ru c ke ii b e r CoCl,-B o d e n kor per

.~ ~

To K

925 937 946,5 956 957 957 957 980 989

1007 1010

1019 1030 1048 1052 1070 1073

0,64 1,44 1,73 2,04

2,OB 2,13 4,40 4,92 8,82

10,24

11,30 14,93 21,42 21,25 28,30 32,93

2,075

-

Tragergas

HCl HCl HCl K? Nz HC1 HCl HCI HCl HCl HCl

HCl HCI

HCI HCl HC1

Nz

._____

Bodenkorpc

kompakt pulvrig kompakt pulvrig kompakt k o m p a k t p u 1 Y r i g pulvrig pulvrig kompakt

(pulvrig)

fliissig fliissig ffiissig fliissig fliissig fliissig

G1eichgew.- Einstellung von unten 1' von oben 4

I' I' f 4, t t t t 1' 4, t ? f 4 f t .f

MeBreihe Nr.

2 28 27 14 13 12

4 25 5

16 6

3 29 15 I

26 7

Durch mathematische Auswertung wurden die Konstanten fur die allgemeine Gleichung lg P = a + b * ermittelt. Dabei ergab sich

Page 6: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

30 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 268. 1952

f u r festes CoC1, als B o d e n k o r p e r : a = 12,91 & 0,56;

Sublimationswarme = 55,l & 2,5 kcal (bei 690" C)ll).

b = -12,04 & 0,54 = 12,91--12,04 l03/T 'g p ~ ~ ~ ~ s , f es t , mm

F u r flussiges CoCl, a l s B o d e n k o r p e r erkielt man: a = 9,G7 & 0,50; b = -6,77 0,52

= 9,67 - 8,77 . 10g/T Ig pcocIg,rliiss., mm Verdampfungswarme = 40,l 5 2,4 kcal (bei 770" C)ll).

Die Abb. 3 bringt die Ergebnisse in der Darstellung von lg Pcoc,, gegen 1/T. Die eingezeichneten Geraden entsprechen den berechneten Glei- chungen.

Die von M A I E R ~ ~ ) im vorliegenden Temperaturbereich auf s t a t i s c h e m Wege er- haltenen Drucke sind in die Abb. 3 mit aufgenommen worden. Sie sind wesentlich hoher

Abb. 3. S a t t i g u n g s d r u c k e i i b e r CoC1,- B o d e n k o r p e r

als die von uns gemessenen Druckr. MAIER hat seine Messungen jedoch bis zu einer Temperatur von 1092°C fortgesetzt und die von ihm oberhalb -1000" C gemes- senen Werte fugen sich unseren - entsprechend extrapolierten - Er- gebnissen vie1 besser an. Die MAIERschen Ergebnisse stammen von einer einzigen Fullung der MeBbirne. Eine etwa mit dem Bodenkorper eingefuhrte, fluchtige Verunreinigung wiirde sich bei allen MeBpunkten auswirken, bei den kleineren Drucken jedoch

relativ starker in Erscheinung treten. Die von ihm beobachteten Spuren von Chlor deuten auf cine solche Verunreinigung hin.

Der S c h m e l z p u n k t d e s K o b a l t ( I 1 ) - c h l o r i d s wird in der Literatur mit 724"12) und 735 & 7" el3) angegeben. Eigene Abkiih- lungsversuche ergaben den Schmelzpunkt zu 740 & 2" C.

11) Die Sublimationswarme des N C', gibe K. K. KELLEY [Bur. Min. Bull. 383 (1935). Contr. to the Data on Theor. Met. 111. The Free Energies of Vaporization and Vapor Pressures of Inorg. Subst.] auf Grund der Messungen von C. G. M A I E R ~ ~ ) an zu 54 700-3,07 T - 1,56 * 10" T2 cal. Dieser Wert ist ungefahr von gleicher GroBe wie der oben fur CoCI, gefundene. Dennoch sind die oben ermittelten Warmetonungen auf- fallend hoch. Die V e r d a m p f u n g s e n t r o p i e des CoC1, crgibt sich (bei 770'C) zu 31,l & 2,3 el. Fur ZnC1, hat man zwar rnit 28,G cl einen ahnlich hohen Wert gefunden, bei anderen Lichloriden (MgCl,, MnCl,, FeCI,, PbCI,, CdCI,) liegt die Verdampfungs- entropie mit 19 bis 24 cl dagegen normal (Daten vgl. KELLEY).

12) A. FERRARI u. A. BARONI, Atti Accad. Lincei [GI 7, 650 (1928). 13) H. BASSETT u. W. L. BEDWELL, J. chem. SOC. London 1931, 2479, 24%.

Page 7: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

H. SCHAFER u. K. KREHL, Das gasformige Kobalt(II1)-chlorid 31

Ausfuhrungsweise; 20 g CoCl,. 2 H,O wurden im HC1-Strorn entwassert und im Quarztiegel unter Einleiten von HCl und dann von Argon geschmolzen. Die Abkuhlungs- kurven wurden unter Argon aufgenommen. Dabei wurde die Schmelze geriihrt.

Berechnet man den Schmelzpunkt mit Hilfe der oben angegebenen Gleichungen fur die CoC1,-Sattigungsdrucke iiber festem und iiber flussigem Bodenkorper, so findet man 736 & 5" C in befriedigender ifbereinstimmung mit dem direkt beobachteten Wert.

C. Das Gleichgewicht 2 CoCI, + C1, = 2 CoCl, Unsere Mitfiihrungsmessungen haben gezeigt, dalj Kobalt(I1)-

chlorid im Chlorstrom erheblich fluchtiger ist, als bei Anwendung von Chlorwasserstoff oder Stickstoff als Tragergas. Dies veranschaulicht die Abb. 414). Man mulj an- nehmen, da13 in C1,-Atmosphare neben dem Kobalt(I1)-chlorid noch e in hoheres K o b a l t - chlor id in d e r Gasphase existiert. Der Bodenkorper besteht jedoch aueh in Chlor- atmosphare aus Kobalt(I1)- chlorid : CoC1, besitzt in HC1- und in CI,-Atmosphare (1 at) den gleichen Schmelzpunkt, und das bei den Mitfuhrungsmes- sungen mit C1, im Auffangrohr niedergeschlagene Kondensat ist CoCl,, ohne Beimengung eines hoheren Chlorids 15).

Neben den xahlreichen Komplexverbindungen des d r e i we r t i g e n K o b a 1 t s kenn t man auch einige Verbindungen, in denen das Kobalt die Ox y - d a t i o n s s t u f e 4 besitzt16). Aus

-I_

P

t ' I /

1 l" Bodenkorper CoCh fluss : c/, - HGI oder ff,

Abb. 4. m g - A t . Co, m i t g e f i i h r t d u r c b 46,776 M i l l i r n o l e G a s (Anfang)

la) Auf der Abb. 4 wurde die Lage des CoC1,-Schrnelzpunkts angedeutet, obwohl bei dieser Art der Darstellung eine Unstetigkeit nicht deutlich in der Reihe der MeBpunkte zutage tritt. Vgl. dagegen Abb. 3.

l5) Diese Beobachtungen verdanken wir der Mitarbeit von Herrn GUNTHER BREIL. W. KLEMM u. E. Huss, Z. anorg. Chem. 258, 221 (1949); hier auch weitere

Literamr.

Page 8: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

32 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 268. 1952

unseren MeBresultaten 1aBt sich nicht ableiten, ob CoCl,, Co,Cl, oder CoC1, in der Gasphase vorliegt. Hierfur waren Messungen rnit Variation von PclI und PCoClzgas erforderlich. Entropiebetrachtungen und andere tfberlegungen sprechen jedoch dafur, daB die Bildung von CoC1, bei unseren Versuchstemperaturen am wahrscheinlichsten ist.

Die Ausfuhrung der Messungen mit Chlor geschah ebenfalls in der im Abschnitt A geschilderten Weise. Wieder bestand jede MeBreihe aus 6 Einzelmessungen. Auch hier anderte eine Variation des Gasstromes (9 ,1733 cm3/Min.) das Ergebnis nicht systema- tisch. Die in den Tabcllen 1 und 2 angefiihrten Nummern der MeBreihen") zcigen ferner, daB die Temperatur der MeBreihen absichtlich systemlos variiert wurde und daB die Messungen mit Chlorgas zwischen die MeBreihen mit HCl (N,)-Triigergas eingefugt wurden.

Bei der Auswertung der Mitfuhrungsmessungen mit Chlor wurde zunachst fur jede MeBtemperatur die Summe Pcocl, + Pcocl, be- rechnet. Neben den bei jeder Messung gewonnenen GroBen T, ZP, Mole CILAnIang und ZMole (CoCl, 4- CoCl,) benotigt man hierzu noch die bei der Bildung von CoCI, verbrauchte Chlormenge. Es geniigt, wenn diese GroBe rnit guter Naherung bekannt ist; sie wurde aus der Differenz der ausgleichenden Kurven auf Abb. 4 ermittelt. Fur jede Temperatur erhalt man so einen Durchschnittswert Iur die mitgefuhrten Mole CoCl,. Damit ergibt sich

und

und schliel3lich

Mole C1, Ende = Mole C1, Anlangl*) - Mole COCI,~~)

.Z MoleEnde = Mole CIzEnde + Mole (CoCl, + CoCI,) **)

Mole (CoC1, + CoC1,) .,E P Z Mole PCOCl, + PCOCI, =

Diese Ergebnisse bringt die Tabelle 2. AnschlieBend wurden rnit Hilfe der im Abschnitt B gewonnenen

Gleichungen die Pcoc,s-Sattigungsdrucke uber festem und flussigem CoC1,-Bodenkorper berechnet, fur die bei den Messungen rnit Chlor vor- liegenden Temperaturen. Damit und rnit der Summe Pcoc,, + PcoCIs nach Tabelle 2 erhalt man Pcoc18. Hieran anschliellend wurde die Massenwirkungskonstante fur die Gusphasenreaktion

2 CoCl, gas = 2 CoCl, ga8 + c1,

KCOCI. = PkoC1*/P:oCl, * pc,, ermittelt. Die so gewonnenen Werte findet man in der Tabelle 3.

Pc,, wurde hierbei aus ZP - (Pcocl, + PcocI,) berechnet.

l') Insgesamt wurden 30 MeBreihen ausgefuhrt. Die MeBreihe 8 wurde wegen Un-

18) MeSgroBe. IB) Wie beschrieben als angenaherter Were aus Abb. 4 entnommen.

dichtigkeit der Apparatur nicht ausgewertet.

Page 9: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

H. SCHAFER u. K. KREHL, Das gasformige Kobalt(II1)-chlorid 33

0,62 1,15 1,19 2,lO 2,13 3,24 5,45

11,6 14,7 19,o 24,7 31,3

Tabelle 2 PcocI, + Pcorl, i iber CoC1,-Bodenkorper i n C1,-Atmosphare

(P,,.-Gleichgewichtsdruck vgl. T a b e l l e 3)

0,72 1,02 1,17 1,28 1,71 2,33 3,Ol 4 3 6 3 871 833 773

To K

~-

918 937 938 956,5 957 971 989

1019 1031,5 1045 1059,5 1073

To K

918 937 938 956,5 95 7 971 989

1019 1031,5 1045 1059,5 1073

~ C O C l * + PCOCI, mm

_______

1,34 2,17 2,36 3,38 3,84 5,57 8,46

16,4 21,o 27, l 33,3 38,6

Bodenkorper

pulvrig kompakt pulvrig kompakt kompakt pulvrig pulvrig

fliissig fliissig fliissig fliissig fliissig

Tabelle 3

Gleichgew .- Einstellung von u n t e n t von oben4

- ~~~ ~ _ _

t f t 4 1' 1' t t f t t

MeBreihe Nr.

t 10

19 30 21 17 11 20 18

9 23 22 24

P C l 1 mm

726,O 733,3 732,9 724,6 735,9 728,s 724,2 724,5 717,l 717,6 707,5 703,9

KCOCI. . lo4 (mm)

18,6 10,7 13,2 5 J 8 3 7,1 4,2 2,36 2,56 2,53 1,71 0,77

Die mathematische Auswertung lieferte die Konstanten der Glei-

a = --10,8, f 0,6 b = 7,4, & 0,6

chung lg K = a + b - 10S/T:

Z. anorg. sllg. Chomie. Bd. 268. 3

Page 10: Das gasförmige Kobalt(III)-chlorid und seine thermochemischen Eigenschaften

34 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 268. 1952

Fur den Vorgang 2 CoCI,,,, = 2 CoCl,,,, + C1, und eine mittlere Temperatur von 1000" K betragt hiernach die R e a k t i o n s w a r m e -33,s rf.: 2,7 keal und die R e a k t i o n s e n t r o p i e -36,3 f 2,7 el.

Abb. 5. D i e A b h a n g i g k e i t v o n KcocI, = P:o,-I,/P&ocI, . Pclp v o n d e r T e m p e r a t u r

Die Abb. 5 bringt die MeSwerte in der ub- lichen Darstellung von 19 KC0Cl3(,,) gegen l/T. Die eingetragene Ge- rade entspricht der oben angegebenen, be- rechneten Gleichung.

Durch Kombina- tion der im Abschnitt B fur die CoC1,-Satti- gungsdrucke iiber festem und uber flussi-

gem CoC1, abgeleiteten Gleichungen mit der Beziehung fur KGoct8 er- halt man Pcoc,, uber flussigem oder festem CoC1,-Bodenkorper fur jeden gewahlten Chlordruck und jede Temperatur.

Versuche zur Abscheidung des festen Kobalt(II1)-chlorids aus der Gasphase sind im Gange. nber die Fluchtigkeit verschiedener weiterer Chloride (NiCl,, MnCI,, AgCI) im Chlorwasserstoffstrom und im Chlorstrom wird nachstens berichtet.

Stuttgart, Institut fu r Ph ysikalische Chernie der Metalle anh Max- Planck-Institut fur Metallforschung.

(Bei der Redaktion eingegangen am 9. November 1951.)


Recommended