8/18/2019 Das Kunstlied
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Das Kunstlied (klavierbegleitetes Sololied, Klavierlied)
Das deutsche Kunstlied im engeren Sinne entwickelte sich in der Musik des 19. Jahrhunderts
mit den Hauptvertretern Franz Schubert, Robert Schumann, Johannes Brahms und HugoWolf.
Franz Schubert erweiterte den herkömmlichen Begriff des Kunstliedes in hohem Maße. Das
bisher vorherrschende Strophenlied wird von ihm erweitert zum variierten Strophenlied, aberebenso finden sich gänzlich durchkomponierte Lieder in seinem Schaffen. Das begleitende
Klavier emanzipierte sich vollständig vom Sänger und schuf so einen reicheren Gegenpart zurMelodie. Für Schuberts Lieder ist typisch, dass er meist eine charakteristische melodische
Figur (Motiv) wiederholt. In höchster Steigerung ist dies im Gretchen am Spinnrade zu hören,
in dem permanent das gleichmäßige Drehen des Spinnrades in der Klavierstimme dargestelltwird. Seine beiden großen Liederzyklen Die schöne Müllerin (1823) und Winterreise (1827)
auf Texte von Wilhelm Müller zählen zu den Höhepunkten der Liedliteratur und sindPrüfstein für jeden männlichen Interpreten, obwohl auch große Sängerinnen wie Christa
Ludwig, Brigitte Fassbaender oder Christine Schäfer die Winterreise beeindruckend
aufgeführt haben. Der posthum erschienene Schwanengesang umfasst Lieder aus Schuberts
letzter Schaffenszeit.
Seine Lieder wurden schließlich so bekannt, dass man das deutsche Wort Lied in andere
Sprachen übernommen hat (französisch: Le lied , englisch: The lied ). Damit wird spezifisch
das Kunstlied bezeichnet, das durch Schubert eine enorme Aufwertung erfuhr. Die Vertonung
eines Liedes erhält neuen schöpferischen Wert.
Robert Schumann schuf neben zahlreichen Liedern, die sehr eng an der literarischen Vorlage
komponiert waren, die bedeutenden Zyklen Dichterliebe op. 48 und Frauenliebe und -leben op. 42. Sein Liederkreis op. 39 über Gedichte von Joseph von Eichendorff ist genauso wie die
Myrten op. 25 eine inhaltlich nicht unmittelbar zusammenhängende Sammlung von Liedern.
Johannes Brahms hat die Form des Zyklus um Die schöne Magelone bereichert und darüber
hinaus eine große Anzahl an Liedern geschrieben. Hugo Wolf komponierte ebenfalls stark am
Text orientiert. Er bezeichnete seine Lieder auch als Gedichte für eine Singstimme und
Klavier . 1888 gelang ihm der Durchbruch mit seinen Mörike-Liedern. Ein spanisches Liederbuch und ein italienisches Liederbuch gehören ebenso zu seinen Werken wie zahlreiche
einzelne Lieder.
Eine Weiterentwicklung ist das Lied und der Liederzyklus mit Orchesterbegleitung
(Orchesterlied ), z. B. Gustav Mahlers Das Lied von der Erde und Lieder eines fahrendenGesellen. In diese Gruppe zählen auch Alexander von Zemlinskys Lyrische Symphonie und
im weitesten Sinne Arnold Schönbergs großdimensionierte Gurre-Lieder (für Sprecher,
Gesangssolisten, Chor und Orchester). Bedeutende Schöpfer spätromantischer Kunstlieder
sind des weiteren Richard Strauss, Hans Pfitzner, Max Reger, Richard Wetz, Joseph Haas,Othmar Schoeck und Yrjö Kilpinen. Das Kunstlied findet auch Nachahmer im Ausland, z. B.
in Gabriel Fauré, Claude Debussy, Maurice Ravel, Modest Mussorgski, Sergei Rachmaninow,Leonard Bernstein, Charles Ives und Benjamin Britten, und verbreitet sich zunehmend als
eigenständige Kompositionsform.
8/18/2019 Das Kunstlied
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Merkmale des Kunstliedes
Formal unterscheidet man:
Einfache StrophenliederMelodie und Begleitung sind in jeder Strophe dieselbe. Die so erzeugte
Gesamtstimmung erstreckt sich über das ganze Lied. Beispiel: Der Zauberer , W. A.
Mozart. Stimmungswechsel haben keinen Einfluss auf die strophische Anlage.
Variierte StrophenliederMelodie und Begleitung ändern sich in bestimmten Strophen. Beispiel: Der
Lindenbaum aus dem Zyklus Winterreise , Franz Schubert. Stimmungswechsel habennur einen geringen Einfluss auf die strophische Anlage (z. B. Wechsel von Dur nach
Moll, Ausschmückung von Strophen, Ergänzung durch einen kleineren neuen Teil)
Durchkomponierte Lieder
Dem Geschehen folgen stets neue Melodie und Begleitung. Beispiele: Mit der Njanja
aus dem Zyklus Kinderstube, Modest Mussorgski, Der Erlkönig op.1 von FranzSchubert. Stimmungswechsel des Textes haben Einfluss auf die musikalische
Gestaltung, der musikalische Strophenaufbau geht verloren.
Der Unterschied des Kunstliedes zum Volkslied besteht hauptsächlich darin, dass derKomponist des Kunstliedes bekannt ist, das Volkslied hingegen ohne Autor existiert.
Vertonungen von Lyrik sind für Kunstlieder charakteristisch. Sie werden auf Grundlage einerschriftlichen Fixierung gesungen, Volkslieder dagegen mündlich tradiert. Kunstlieder werden
von ausgebildeten Sängern interpretiert, weil die Anforderungen für die Stimme gegenüber
einem Volkslied generell deutlich höher sind.
Zuweilen kommt es vor, dass Volkslied und Kunstlied ineinander übergehen. Franz SchubertsLied Der Lindenbaum aus seinem Zyklus Winterreise wurde z. B. durch eine
Männerchorfassung von Friedrich Silcher, welche die dramatische Molltrübung in einer
Strophe schlicht überging, als das Volkslied Am Brunnen vor dem Tore bekannt.