DEN TIGER REITEN? BILDUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG IN DER DIGITALEN WELT Dr. Michael Kaden Bad Honnef, 04.09.2017
Quelle/Rechte: By Vilbelerin (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)] via Wikimedia Commons.
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Gliederung I. Den Tiger beobachten (Digitalisierung und
Transformation)
II. Den Tiger reiten (Kompetenzorientierte Ansätze: „Bildung in der digitalen Welt“ + Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung“)
III. Offenheit als Ansatz (drei Beispiele)
I. Den Tiger beobachten (Digitalisierung und Transformation)
Mooresches Gesetz Das mooresche Gesetz (englisch Moore’s law; deutsch „Gesetz“ im Sinne von „Gesetzmäßigkeit“) besagt, dass sich die Komplexität integrierter Schaltkreise mit minimalen Komponentenkosten regelmäßig verdoppelt; je nach Quelle werden 12 bis 24 Monate als Zeitraum genannt.[1]
Unter Komplexität verstand Gordon Moore, der das Gesetz 1965 formulierte, die Anzahl der Schaltkreiskomponenten auf einem integrierten Schaltkreis. Gelegentlich ist auch von einer Verdoppelung der Integrationsdichte die Rede, also der Anzahl an Transistoren pro Flächeneinheit. Diese technische Entwicklung bildet eine wesentliche Grundlage der „digitalen Revolution“.
By Courtesy of Ray Kurzweil and Kurzweil Technologies, Inc. [CC BY 1.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/1.0)],
via Wikimedia Commons
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Quelle: Mirosch Gerber/NetBusiness Consulting AG - http://bit.ly/MnYMLT.
Digitalisierung Kopierbarkeit
Medien Dinge
1996 2004 2008 2010
Fernsehen
Radio
Presse
Netzbasierte digitale Medien
Fern-sehen
Radio
Presse
Internet
Mobil
Fern-sehen Radio
Presse Inter-net
Mobil
Digitale Medien
Games Fahrzeuge Internet of Things etc.
Fernsehen Presse Radio
Analog, Kanäle getrennt, Einweg
Analog + digital, Kanäle getrennt, Einweg
Analog + digital, Kanäle getrennt, Rückkanal
Digital, Kanäle verschmelzen und sind bidirektional K
onvergenz
Wie vollzieht sich Veränderung?
Redefinition/Neudefinition (Technologie ermöglicht radikal
neuartige Aufgaben )
Modification/Änderung (Technologie ermöglicht Momente der
Neugestaltung)
Augementation/Erweiterung (Technologie ist direkter Ersatz mit funktionaler
Änderung)
Substitution/Ersetzung (Technologie ist direkter Ersatz
ohne funktionale Änderung)
Um
gest
altu
ng
Verb
esse
rung
S A
R M
Das SAMR-Modell
"Ruben R. Puentedura's Blog". hippasus.com. Aufgerufen 03.09.2017.
Beharrung: Rieplsches Gesetz* Das so genannte Rieplsche Gesetz der Medien besagt, dass kein gesellschaftlich etabliertes Instrument des Informations- und Gedankenaustauschs von anderen Instrumenten, die im Laufe der Zeit hinzutreten, vollkommen ersetzt oder verdrängt wird.
Neue, höher entwickelte Medien haben die alten nie verdrängt: Mit der Einführung des Hörfunks z.B. starb die Tageszeitung nicht aus, sondern sie spezialisierte sich auf stärkere Hintergrund-berichterstattung und lokale Ereignisse. Seit den 1990ern wird das „Rieplsche Gesetz“ im Zusammenhang mit der digitalen Revolution diskutiert. Quelle https://de.wikipedia.org/wiki/Rieplsches_Gesetz (14.08.2017)
Record label of His Master's Voice EG 962 by "Whispering" Jack Smith (1898-1951). This recording of "Ich küsse Ihre Hand, Madame"
(In Dreams I Kiss Your Hand, Madame) was recorded and originally issued in Germany in 1928. Picture source: the collection of Fredrik
Tersmeden, Lund, Sweden. - Public domain
Beschleunigung: Pervasive computing*
Der Begriff Pervasive computing (aus engl. pervasive, ‚durchdringend‘, ‚um sich greifend‘, und computing, ‚Informatik‘, ‚EDV‘) bzw. Rechnerdurch-dringung bezeichnet die allesdurchdringende Vernetzung des Alltags durch den Einsatz „intelligenter“ Gegenstände. Mit Pervasive Computing sind weitreichende Folgen für die Gesellschaft verbunden. Im Wesentlichen sind fünf Lebensbereiche bzw. Themen besonders betroffen: • Datenschutz (Privacy): Wo endet die Freiheit des Einzelnen, Daten zu sammeln? • Sicherheit (Security): Wer ist für Sicherheitsmängel verantwortlich? • Unbeherrschbare Komplexität (Unmastered Complexity): Wer ist verantwortlich,
wenn ein technisches System versagt? • Freie Meinungsäußerung (Freedom of Speech): Wo gerät dieses Grundrecht mit
anderen Rechten in Konflikt? • Geistiges Eigentum (Intellectual Property): Wo verläuft die Grenze zu Information
als öffentlichem Gut?
*https://de.wikipedia.org/wiki/Pervasive_computing (15.08.2017)
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Globus: DLR (cc-BY 3.0)
Chancen und Risiken der Transformation
„smart or dark planet“
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small data big data
UK: Forschung über „existenzielle Risiken“ Unter solchen, im Englischen X-risks genannt, versteht man hypothetische zukünftige Ereignisse, die eine globale Katastrophe auslösen könnten, die schlimmstenfalls die Auslöschung der Zivilisation oder der Menschheit zur Folge haben könnten. Die Bedrohungen lassen sich unterscheiden in anthropogene, also vom Menschen gemachte (Atomkrieg, Klimawandel), und non-anthropogene (Asteroideneinschlag, Vulkanausbrüche, Invasion durch feindlich gesinnte Außerirdische). Zu diesen ist noch eine weitere Bedrohung hinzugekommen, die derzeit wohl meistbeachtete, aufgrund derer die Untersuchung von X-risks in den vergangenen zehn Jahren auch erst zur wirklichen Wissenschaftsdisziplin wurde: die Bedrohungen durch die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI).
Diese zehn Bedrohungen nehmen X-risk-Forscher ernst: 1. Künstliche Intelligenz übernimmt die Macht Wahrscheinlicher Zeitpunkt: 2075 Priorität: sehr hoch 2. Pandemien werden zur Bedrohung für die Menschheit Wahrscheinlicher Zeitpunkt: heute Priorität: sehr hoch 3. KI-gesteuerte Waffen reißen die Kontrolle an sich Wahrscheinlicher Zeitpunkt: jederzeit Priorität: (noch) niedrig 4. Ein Atomkrieg führt das Ende der Zivilisation herbei Wahrscheinlicher Zeitpunkt: jederzeit Priorität: niedrig bis mittel 5. Extreme Klimaveränderungen zerstören alle Infrastruktur Wahrscheinlicher Zeitpunkt: jederzeit Priorität: niedrig bis mittel
6. Ein Asteroid schlägt auf der Erde ein Wahrscheinlicher Zeitpunkt: 50 bis 100 Mio. Jahre Priorität (im Jahr 2017): niedrig 7. Das Leben, wie wir es kennen, ist nur eine Simulation Wahrscheinlicher Zeitpunkt: unbekannt Priorität: sehr niedrig 8. Ein Mangel an Nahrung verursacht ein Massensterben Wahrscheinlicher Zeitpunkt: 2050 Priorität: hoch 9. Ein Vakuum verschlingt das Universum Wahrscheinlicher Zeitpunkt: streng genommen jetzt Priorität: niedrig 10. Ein Tyrann untergräbt die globale Stabilität Wahrscheinlicher Zeitpunkt: jetzt Priorität: mittel
Quelle: Richard Benson: Zehn realitätsnahe Szenarien, wie die Welt untergehen könnte, In: WIRED, 19.05.2017
II. Den Tiger reiten (Kompetenzorientierte Ansätze: „Bildung in der digitalen Welt“ + Orientierungsrahmen für den „Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung“)
KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“
Erarbeitung einer Strategie der Kultusministerkonferenz zur „Bildung in der digitalen Welt“ bis Ende 2016 unter Einbeziehung der verschiedenen KMK-Ausschüsse Handlungsfelder 1. Bildungspläne und Unterrichtsentwicklung, curriculare
Entwicklungen, 2. Aus-, Fort- und Weiterbildung von Erziehenden und
Lehrenden, 3. Infrastruktur und Ausstattung, 4. Bildungsmedien, Content, 5. E-Government, Schulverwaltungsprogramme, Bildungs- und
Campusmanagementsysteme, 6. Rechtliche und funktionale Rahmenbedingungen.
Strategie (Entwurf –
Version 1.0) Anhörung/
Fachgespräche Redaktion Strategie
(Version 2.0) Gremien
Version 1.0 Handlungsfeld 1: Bildungspläne und Unterrichtsentwicklung, curriculare Entwicklungen Version 2.0 Veränderter Bildungsauftrag für die schulische Bildung in der digitalen Welt zentral: Verbindlicher Kompetenzrahmen
1. Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren 2. Kommunizieren und Kooperieren 3. Produzieren und Präsentieren 4. Schützen und sicher Agieren 5. Problemlösen und Handeln 6. Analysieren und Reflektieren
Bildung in der digitalen Welt und Fachlichkeit
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356. KMK 08.12.2016
http://bit.ly/2hojKKU
Zentrale Zielsetzungen der Strategie, die auf der Prämisse basiert, dass das Lehren und Lernen in der digitalen Welt grundsätzlich dem Primat des Pädagogischen folgen muss, sind im schulischen Bereich u.a. • die Definition der Kompetenzen, die für eine aktive, selbstbestimmte Teilhabe
in einer digitalen Welt erforderlich sind und seitens der Länder fachintegrativ in ihren Lehr- und Bildungsplänen sowie Rahmenplänen, beginnend mit der Primarstufe, umgesetzt werden. Die Länder beziehen sich dabei auf einen Kompetenzrahmen, der für Schülerinnen und Schüler, die zum Schuljahr 2018/19 eingeschult werden oder in die Sekundarstufe I eintreten, bis zum Ende ihrer Pflichtschulzeit verbindlich gemacht wird.
• die systematische Einbeziehung von digitalen Lernumgebungen in die Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen, wobei die Vereinbarung getroffen wird, dass – zumindest in den weiterführenden Schulen – bis 2021 jede Schülerin und jeder Schüler jederzeit, wenn es aus pädagogischer Sicht im Unterrichtsverlauf sinnvoll ist, eine digitale Lernumgebung und einen Zugang zum Internet nutzen kann.
• die konsequente Förderung der Kompetenzbildung bei Lehrkräften, die ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag in einer „digitalen Welt“ verantwortungsvoll erfüllen, als integrale Aufgabe der Ausbildung in den Unterrichtsfächern sowie den Bildungswissenschaften über alle Phasen der Lehrerbildung hinweg.
• der Aufbau einer länderübergreifenden bundesweiten Bildungsmedieninfra-struktur (einschl. offen lizensierter Bildungsmedien/OER). -> Datenschutz und Datensicherheit
Kompetenzen für nachhaltige Bildung in der digitalen Welt
1.1.4. Relevante Quellen identifizieren und zusammenführen 2.4.4. Kulturelle Vielfalt in digitalen Umgebungen berücksichtigen 5.5.1. Funktionsweisen und grundlegende Prinzipien der digitalen Welt kennen und verstehen 6.1.2. Interessengeleitete Setzung, Verbreitung und Dominanz von Themen in digitalen Umgebungen erkennen und beurteilen 6.1.2. Interessengeleitete Setzung, Verbreitung und Dominanz von Themen in digitalen Umgebungen erkennen und beurteilen 2.4.3. Ethische Prinzipien bei der Kommunikation kennen und berücksichtigen 6.2.2. Chancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und ggf. modifizieren 6.2.6. Potenziale der Digitalisierung im Sinne sozialer Integration und sozialer Teilhabe erkennen, analysieren und reflektieren 4.4.1. Umweltauswirkungen digitaler Technologien berücksichtigen 5.3.1. Eigene Defizite bei der Nutzung digitaler Werkzeuge erkennen und Strategien zur Beseitigung entwickeln 5.3.2. Eigene Strategien zur Problemlösung mit anderen teilen 4.3.3. Digitale Technologien für soziales Wohlergehen und Eingliederung nutzen
Verortung kompatibler Kompetenzen „Bildung in der digitalen Welt“
Kernkompetenzen des Orientierungsrahmens Globale Entwicklung Kompetenzrahmen Bildung in der digitalen Welt 1.1.4. Relevante Quellen identifizieren und zusammenführen 2.4.4. Kulturelle Vielfalt in digitalen Umgebungen berücksichtigen 5.5.1. Funktionsweisen und grundlegende Prinzipien der digitalen Welt kennen und verstehen 6.1.2. Interessengeleitete Setzung, Verbreitung und Dominanz von Themen in digitalen Umgebungen erkennen und beurteilen *********************************************************************************** 6.1.2. Interessengeleitete Setzung, Verbreitung und Dominanz von Themen in digitalen Umgebungen erkennen und beurteilen 2.4.3. Ethische Prinzipien bei der Kommunikation kennen und berücksichtigen 6.2.2. Chancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschied-lichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und ggf. modifizieren 6.2.6. Potenziale der Digitalisierung im Sinne sozialer Integration und sozialer Teilhabe erkennen, analysieren und reflektieren ********************************************************************************* 4.4.1. Umweltauswirkungen digitaler Technologien berücksichtigen 5.3.1. Eigene Defizite bei der Nutzung digitaler Werkzeuge erkennen und Strategien zur Beseitigung entwickeln 5.3.2. Eigene Strategien zur Problemlösung mit anderen teilen 4.3.3. Digitale Technologien für soziales Wohlergehen und Eingliederung nutzen
Zuordnung kompatibler Kompetenzen
Prävention – Instruktion – Konstruktion
Souveränität / (Global+Digital) Citizenship
Lernen mit/über Medien(-charakter von Dingen und Beziehungen) Lernen mit/über Umwelt(-bezug von Dingen und Beziehungen) Lernen mit/über Waren(-charakter von Dingen und Beziehungen)
Quelle: http://www.umweltschutz.zh.ch
4Ks der digitalen Welt • Kommunikation • Kollaboration • Kritisches Denken • Kreativität
III. Offenheit als Ansatz (drei Beispiele)
OER (Open Educational Resources)
Das UNESCO-global OER-Logo ist von Jonathas Mello (Jonathasmello) unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 3.0 nicht portiert“ lizenziert.
„(OER sind) Lehr-, Lern- und Forschungsressourcen in Form jeden Mediums, digital oder anderweitig, die gemeinfrei sind oder unter einer offenen Lizenz veröffentlicht wurden, welche den kostenlosen Zugang sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen erlaubt. Das Prinzip der offenen Lizenzierung bewegt sich innerhalb des bestehenden Rahmens des Urheberrechts, wie er durch einschlägige internationale Abkommen festgelegt ist, und respektiert die Urheberschaft an einem Werk.”
UNESCO, Juni 2012, „Pariser Erklärung“
Lernmittel + offene Lizenz = OER
*zitiert nach: Deutsche UNESCO-+Kommission, Was sind Open Educational Resources? Bonn 2013
Beispiel 1
1. Retain/Speichern 2. Reuse/Verwenden 3. Revise/Anpassen 4. Remix/Kombinieren 5. Redistribute/Verbreiten 5R-Framework von David Wiley
CC By Sunshine Connelly. Original image CC By
Informationsstelle OER: sieben Institutionen für Information, Transfer und Vernetzung zu OER
Das Team von OERinfo. Foto: Sonja Borski, CC BY 4.0
Beispiel 2
• Konsument → Prosument • Upcycling • Überwindung von Obsoleszenz
Die Maker-Bewegung Einbeziehung von Hacker- spaces, offene Werkstätten oder FabLabs in Bildungs- prozesse
Beispiel 3
http://www.buergerschaffenwissen.de/
Citizen Science/Bürgerforschung
• Partizipation/Teilhabe
Kontakt: Dr. Michael Kaden [email protected] #mkaden