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Berichterstatter sehr wohl beizutrelen, welche es fur eine praaktische Anwendong geeignet halten. Versuche, welcbe ich rnit einem abnlicben Inslrumeat angestellt babe, sind ziemlich befriciligend ausgefallen, und ich glaube, dass bei einer sorgsnmen Aiisfiihrung der Vorriehtung sich gute Resultate erhalten lassen. Sfatt einer Wacbskerze muss die Plamme einer A r g an d’schen Lampe VOII

hekannter Dimension gewjihlt wrerden, deren Helligkeit man leicht durch denuelben Apparat, nur mit nnderen Fliissigkeiten von constanler Parbe und Undurchsichtigkeit, priifen und selbst con- stant machen kann.

Was den Prioritatsstreit des Hrn. D o n n 6 und D i e n betritTt, so mache ich darauf aufmerksam, dass in Bd. XXIX. S. 490 von P o g g e n d o r IP’s Annalen ein Instrument, Lamprotometer, be- schrieben ist, welches bestimmt war, die relativen Helliglreiten mit eioander zu vergleichen , fur das B e cz e l i u s CJahresbericRt Rd. S d . S. 24) eine den1 D i e n’schen Inslrumente sehr iihnliche Vorrichtung vorschliigt. R. F. Md.

Lie big, iib. die Fettbildung im Thierkorper.

LX. D ie E’e 11 b i 1 d ti ng im T h i e r k orp e r.

Von J. LIEBIG.

(Vom Verfasser in einem Separatabdruclr an3 den Annalen der Chemie mitgetheilt.)

In dem Bd. VIII. der Ann. de chim. el de phys., neue Reihe, p. 112%) haben die HBrn. D u m a s , B o u s s i o g a u l t und P a y en die Meinungen zusammengestellt, au denen sie uber den Ursprung des Feltes im Thierliorper gelangt sind, und meinc Ansichten damit verglichen. Ein neuer Vorfnll veranlasst mich, diesen Gegeostnnd nochmals zur Sprache zu bringen und die mir unterleglen irrigen Voraussetzungen und falschen Schliisse zu bericbtigen, obwohl ich ganz entscblossen mar, diesen Slreit, der in der Art und Weise, wie er gePiihrt wurde, kein Resul- tilt IiePern konnte, nicht wieder atifzunebmen. Ich will hier zuerst, i n treuer Uebersetxung, die Stellen geben, worin die Herren

8. dies, Jooro. Bd. XXX. 65.

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Dumas , B o u s s i n g a u l t und P a y e n mich WideFlegt zu ha- ben glauben, und meine Berichtigungen foIgen lassen.

,,Die Brnge, welche den Gegenstaiid dieser Abbandiung ausmacht, gab in letzter Zeit Veranlassung zu lebharter Besprechung in Folge der Meinungsverschiedenheit, die sich zwischen uns und Herrn L i e bi g erhob. Bis jetzt haben wir alle Ursache, unsere Meinung sls die deo Thatsachen am ntichsten entspre- chende zu betrachten, was man verstehen wird, menn man die folgende Zusammenstellung der von Brn. L i e b ig vorangestellten Argumente durcbgeht.

i) Wir haben behauptet cauanck], dass die Kriuter, das Putter und im Allgemeinen die Nahrung der Grasfresser fette Materien in belnerklicher Menge cde yuelque imp or la?^) ent- halten. Qerr L i e b i g , welcher dau Gegentheil angenommeo hatle, scheint jetzl uber diesen Punct einig mit ons m sein.

2) Wir h,aben gesagt, dass der Mais, der so giinstig fur das Fettmachen des Gefliigels ist, 7-9 p.C. eines fixen Oels ent- hiilt. Hr. h i e b i g , der anfanglich angenommen hatte, dass der Mais noch nicht l/looo Oel enthalte, hat spater beinahe so vie1 wie wir darin gefunden.

3) Als Grundsatz belrachtet Hr. L i e b i g die grasfressen- den Thiere als die eigentlichen Fefterzeuger. Er cilirt sls Beispiel dieser Art die Wallfische und Meerschweine u n d fragt sich, ob ihnen die Seepflanzen die ungeheuren Mengen Fett hltten liefern konnen , welche der Korper dieser Cetaceen enthalt. Alle Naturforscber wissen aber, dass diese Thiere Fleiscbfresser s ind , was beweist, daw die Ansammlung von Fett nicht aus- schliesslich an vegetabilische Nahrung gebunden is!.

4) Hr. L i e big betraehtet das Wachs ala unfiihig, felte SBuren zu liefern, nnd er zog daraus den Schluss, dass wir Un- recht batten, das Wachs als den mZiglichen Ausgangsyunct der thieriscben Fette anzusehen. Hr. l r e w y bat gezeigt, diiss das Wachs leicht in Talgsiiure und Margarinsiiure umgewandelt wird, und Hr. G e r h a r d t hat bewiesen, dasa diese Substanz mit SalpeterRIure genau die nilmlichen Producte giebt wie die anderen fctlen Kiirper.

6 ) Hr. h i e b i g nabm an, dasg das Fett der Graefresser sich auf Kostcn dea Fibrins, Albumins, Caseins, des Gummi’s, d. h. aw allen Bestandtheilen ihres Blutes ode€ ihrer Nahreng

Journ. f. prrkt. CheUie. XXX. 8. 29

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erzeugen kann. Wir glauben, dass er diese Meinang aufge- geben hat.

6 ) Hr. b i e b i g betracbtete den Zucker und die Starke Piir fahig, sich durch ein Austreten von Sauerstoff i n ein neutrales Fett zu verwandeln. Wir konnen diese Meinung nicht tbeilen, unil wenn der Zucker eine Rolle spielt in der Fettbildung, so limn diess, nach uns, nur in sofern geschehen, als er zur Er- zeugung aon felten Suuren dient, iihnlich wie raus ihm Phocen- saure in dem Kartoffelfuselol entsteht.

7 ) Rr. L i e b i g , in Folge der Discussion, betrachtet jetzt den Zucker als die Hauptquelle von Fettsubstanz in den Gras- fressern und er seb t voraus, dass sie aus diesem Zucker neu- &ales Felt eraeugen. Wir nehmen i m Gegentheil nn, dass sich der Zucker nur i n denPflanzen inFett verwandelt, welche mit diesem Zucker nur die fetten Sauren machen, die in ihrem Putter entbalten sind.

8) Endlich hatteHr. L i e b i g zu beweisen gesucht, indem er die Versuche von Einetn von uns, die einen andern Zweck hatten, combinirte, dass die Bjldung der Butter unnbhiingig sei von den in der Nahrung enthaltenen Petfen Substanzen. Die directe ErPahrung, die wir oben angefiihrt baben , beweist das Gegent beil.

Alles ausammengenommen, haben wir also bewiesen , dass die fetten Subslanzen in der. Wahrung der GrasPresser gana nach der Ansicht der HHrn. Ti e d em a n n und G m e 1 i n eine wichtige Rolle i n den Erscbeinungen der Fettbildung uiid der Bildung der Butter in der Milch spielen. Wir glauben bewiesen zu haben, dass das Fibrin, Albumin, Casein keine Art von Antheil an diesen Erscheinungen nebmen. Es bleibt zu wissen ubrig, ob unter eiuigen Umstinden der Zucker eine Rulle iibernimmt, nicht aher, inilem er Sauerstoff verliert, sondern durch die Wir- kung einer Giihrung und durch die Erzeugung gewisser fetten Siiuren; bis jetzt sehen wir in den Erfahrungen der Landwirthe nichts, was diese Mitwirkung rechtpertigt.

Aus dem Gesiohtspuncte der allgemeinen Physiologie haben wir nicbts gefunden, was uns veranlassen konnte, anzunebmen, dass die felten Substanzen eich in dem Blute der Grasfresser in Folge einer unvollkommenen Verbreniiung der Nahrungsmittel bil- den, wie Hr. L i e b i g meint, welcher die Fettbildung als dns

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Resultat einer unvollkommenen Respiration, verbunden mit irgend einem L'eberschusse von Nahrung, ansieht. F u r uns scheint die unumgiingliche Bedingung des Fettwerdens die Zufuhr von Fett oder von Stoffen zu sein, die im Darmconal Felt abgeben. Wenn fur die Vollendung der Rrscheinung es nBthig erscheiiit, dass die Respiration verlangsamt und beschriinkt ist, so ist es deswegen, damit die fetten Substanzen nicht verbrannt werden, und nicht um ihre Bildung zu bedingen.

Die Erfahrung wird uns lehren, ob die Bildung des Fettes der des Chylus, wie wir glauben, vorausgeht, oder ob sie, wie Hr. L i e b i g annimmt, vor sich geht, nachdem der Chylus in's Blut iibergegangen ist, in Folge einer unvollkommenen und ge- hinderten Respiration, einer unvollkommenen Sauerstoffung des Rlutes. Diess ist als Ertdurtheil der wa'nre Ausdruck beider Systeme; die Zukrinft wird Richter daruber sein."

I n dem Obigen sind nun eben so viele Irrthumer, Unwahr- heiten und falsche Unterlegungen wie Worte, und es bedarP einer Appellation an die Zukunft nicht, um diess auP die iiber- zengendste Weise darzuthun.

Ich bemerke zuvorderst zu 1) in Beziehung auP die Gegen- wart von fetten oder von in Aether loslicher. Stoffen in ICrLu- tern, Wurzeln oder Samen, dnss Tausende von Analysen von Pflanzen , Pflanzentheilen und Pflanzenextracten , von Samen, Wurzeln und Iir6utern vorliegen, in denen unter dem Nnmen von Blattgrun, Wachs, Harz und Fett die durch Aether daraus ausgezogenen Materien aufgefuhrt sind.

Ich halte es fur durchaus unmoglich, dass irgend ein Chemi- ker, diesen Thatsnchen gegeniiber, die Rleinung, die mir nnterlegt wird, hegen oder gar aussprechen konnte, dass in den Krautern oder dem Fultcr der Thiere diese in Aether loslichen Substan- zen fehlen sollen j es konnte mir nicht in den S i n n liornmen, das Gegentheil von einer Ansicbt zu behaupten, die in dem Munde der MHrn. D., B. u. P. nichts Anderes war als der Aus- druck einer unliiugbaren, wohlbeliannten Thatsache, deren Ent- deckung ihnen gar nicht angehort.

ad 2). I n Bcziehung auP den Mafs waren mir nur die Analysen von G o r h a m und L e s p e s bekannt, in denen lceio Fett oder kein in Aekher loslicber Bestandtbeil aufgelhhrt ist,

29 3:

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Mir zuzutrsuen, dass rnir bei der Untersuchung eine Samens, der i n I000 Theilen 70 bis 90 Theile Oel enthiilt, dieser Oel- gehalt entgehen kiinne, scheint mir die Leichtgliiubigkeit etwas zu weit getrieben zu sein. Die Wahrheih ist, dass der Mais ein feltes Oel enthiilt, dessen Menge ubrigens auf die Hiilfte von derjenigen Quantitiit berabgesetzt werden muss, welche die HHrn. D., B. und P. darin gefunden haben wollen.

Ad 3) und 5 ) muss ich hier des Vorfalls erwahnen, auf den ich im Kingange angespielt habe, er ist in der That Veranlas- sung gewesen, auf den Streit fiber die Fettbildung nochmrls i n diesen Annalen zuriickznkommen.

I m Maiheft der Annnles de chirnie, also vor etwa sechs Monaten, las ich zu meinem grossen Erstaunen die sonderbare Ansicht, die rnir in Beziebung auf die Nahrung der Wsllfische und Meerschweine, so wie uber die Rolle rinterlegt wurde, welche das Fibrin, Albumin und Casein i n dem Feftbildungsprocesse spiele; es schien rnir weder wurdig noch angemessen, mich auf eine Zurechtweisung weiter einzulassen , da ich die Erfuhrung gemacbt hatte, dass die bei der Academie in Paris versuchten ErlRuterungen und Berichtigungen nur zu neuen falschen Unter- legungen gefiihrt hsben, die sich , sobdd der gute Wille z u m Versflndnisv feblt, obne personliches Entgegetitreten nicht ver- hindern lassen.

I n Folge einer Miltheilung uber die Bildung des Waehses bei den Bienen erhob sich in der Sitzung der Academie vom 18. Sept. eine Discussion, an welchcr Hr. M i I n e E d w a r d s Aritheil nahm. Derselbe bediente sich i n einer Gegerirede Polgender Pbrase : ,,Nichts in der Wissenschaft scheint rnir dcmnach zu der Meinung zu berechligen, rnmit Hm. L i e b i g xu ylauben, dass das Fibrin in Felt ubergehen k6nne.ic

Diese Phrase scbien mir cin Beweis zu sein, dass die in dem Maibefte der Annntes de chimie rnir unterlegte falsche Meinung den Zweck, zu welchem sie dienen sollte, wirklich erreicbt habe. Es ist, wenn es darum gilt, Recht zu behalten, ein gsnz gewijhnlicher didelitisoher Kunstgriff, die Meinung eines Andern zu verdrehen und ibr durch erdichtete Vordersiitze SO

viele Irrthiimer einzuverleiben, dass es nachber ganz leicht ist, sie zu widerlegen. Aus den Aeusserungen der HHrn. D., B.0. P a y e n and M i l n c E d w a r d s musste jeder Unbefangene ent-

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nehmen, dass ich behaupfet und vertheidigt babe, das Pett ent- stuntie a m Pi6rira, Al6~7nin und Cuseih, denn w l r e diese Mei- nung nicht aufgestellt untl verlheidigt worden, so wiirde ja eine Widerlegung derselben keinen S i n n und keine Grundlage geheht hahen.

DR ich n u n ganz im Gegenlheile hehnuptet, was man so viele Muhe anwenilet, um e3 vergessen zu machen, dess das Fett BUS den sticlislotfffeien Besfantltheilen der Nahrung abxu- leilen sei, 80 h n d ich mich veranlasst, Hrn. M i I n e IC d w a r d s dnriiber zu schreiben, ihn auP meine eigentiiche Ansicht sue- merksam xu machen und zu bitten, in einer der nHchsten Sitzunzen iler Acailcmie zu segen, ditss ich den Ursprung des Fettes niemals in dem Fibrin, Albumin und Casein gesricht hsbe.

fr,s s h d mir ganz Prei, der Acailetnie, so wie ich sonst gethan, zu schreiben wid eine formelle Zuriicknahme nnzu- sprechen, allein ich wollte neue und unsngenehme Discussionen nicht hervorrufen ; durch meinen Brief an Hrn. E d w n r d s glaubte ich in einem Worte den Gegenstand auP die freund- lichste Weise beseitigen iu IGnnen.

Hr. Ed wards, meiner ausdriicklichen Erkliirung und Interpretation entgegen, nimmt meinen Brief fiir einen AngritT und vertheidigt sich, indem er mir und der Acailemie BUS ganx falsch ztisammenge- stelken Phrasen meines Buches advocatorisch zu beweiseu suctit, was er sich berueen fiihlte , in einer andern Sitzung zu widerlegen.

Ich selze die von Hrn. Ed w a r d s citirten Stellen BUS den Cvmpl. rend. der Sitzung vom 30. Oct. p. 927 vol1st:indig her und lnsse sodann meinen Brief an i h n unverkurzt folgen, mit dem Theil also, den er fur gut Panil, der Acsdcmie vorzuenthalten.

,,\Venn ich (Hr. E d w a r d s ) segte,dnsn, nach Hrn. L i e b i g , Pelt atis stinlislodhaltipen Msterien (Hr. E 11 w a r d s sagte aur B'i6ri71) entstehen Bonnte, SO geschsh diess, weil:

$3. 161 tier I'ranxijsischen (S. 158 der deutsctien) Aiisgnbe seines Ruches ir:h Ian: Wenn rim Alkali (iias Natron) fehlt, 80

k n n n pich durch Umsalz tier Proteingehilile nur Fett u n d Hnrn- stoff biltlen; deriken wir unw (Ian Fett nach der emyiriwhen Formel C,, H,, 0 xusammengeaetxt, so hsben wir beim Hin- zutreten von Wnsser und Spuerstoff zu den Elementen des

Meine Absicht ist aber vollig gescheitert.

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Proteiins, die Bestandtheile des Pcttes, der Kohlensiiure unc! des B arnstoffes.

,,S. 102 fand ich ferner: Wenn die Thiere auP Kostel: stick- fitoffhaltiger Nahrungsrnitfel Pelt werden, so nehmen n u r ge- wisse Ttieile an Volumen zu etc.

,,E. 94 schien mir . zuletzt die I'liiyliclikeit der Verwand- l u n g rlcs Fibrins in Fett auP eine nicht minder evidente Weise i:ci.vorzi~gehen, wenti Hr, 1, ie b i g sagt:

,; ,.h n u n tler Kohlens'otT d e r fetten Bestaniltheile des Thier- kijryiers v n n den Nahrungsmitteln stammt, intlem es keine an- dere Qiielle gieht, die i h n lieferii kijiii!te, so ist klnr, i n der Voraii$setzuiig, das Felt eritslehe HI]* Alhumiri , Fibrin oiler Ca3~,in, daw tiir j e 120 A q . Kohlenstnlf, die sich a13 Felt ab- gelagert hshen, 26 Aeq SnilersroB ailsfreten miissen; tvenn das Felt aus Amylort errtstetit, so wurden ails diesem 90 Aeq., a m dem Xuclier 100 Aeq. Snuerstof ahgeschieden werilen mussen etc. . . . M n q r i u n da* Fett i r i Folge der Zersetzung des Fibrins oder A l h u m i r i s der eigetitlichen Blu~bestnndtheile gebildet wer- deri, mag es. ails Aniylnn , Ziicker oder Gutnmi entstehen, tlas Resultat tier Zersetzurtg muss begleikt sein von eincr Ausschei- d u n g von Sauerstolf."'L

,,Atis diesen Stellen, fugt Br. E A m a r d s hinzu, musste ich nothwendig glaliben, d a w Hr. L i e b i g die illiiylichkedt der Bildung des Fettes ilurch Desoxydation des Fibrins, ganz wie diess beim Amylon peschieht, engenornmen hahe, rind ich gestelie, dass ich sie selbst heufe noch nicht nnders zu inter- pretiren weiss.l'

Ich komrne nuf die nRhere Erliiuterung des letzten Citates in meinem Briefe zorfick, kasn aber mein Erstaunen nicht unter- driicken, dnss Stellen, aus denen sich folgern hew, dass ich an die flliiglichkeit der Erzeugung von Fett aus den sticlistolihalti- gen Tbierbestartdtheilen glaube, mir als Ausdruck e h e r Theorie, welche einer Widerlegung werlh zu actiten war, unterlegt wer- den konnten.

Ich habe es aber riicbt nur fur mijglich gehalten, dass Fett aus den Proteingebilden erzeugt werden kUnne, sondern ich babe suck, diese Mijgliehlieit vollstiindig dargetban, indem ich zeipte, S. l58, dass das Prote'in plus 8 At. Wasser die Elemente von Choloidinsiiure (voo Fett) und Allantoin oder Harnsiiure und

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Hamstoff enfhalt , dass ferner (S. 164) Protein plus Wasser plus Sauersfoff iri Hamstoff, Fett und Kohlensdure sich um- aetzen kann.

Alle diese Entwickelungen sind in dem zrveiten Theile mei- nes Buches enihalfen, \YO ich in Zusammenstellungen von For- meln den Process der Umsetzung anschaulich zu machen sucbte; sie beeiehen sich, wenn von Erzeugung von Fett hierbei die Rede ist, auf die Bildung und Umsetzung der Galle. Meinen theoretischen Ansichfen uber die Bildung des Feftes halte ich ein gsnzes Capitel i m erslen Theil gewidmet, was mit diesen Formeln ausser aller Verbindung ist.

S. 97 bemerkte ich : ,,In einigen Krankheiten erleiden nach- weisbar die amylonartigen Stoffe die Veriinderungen nicht , die sie befahigen , den Respirationsprocess zu unterhalten oder in Felt uherzugehen. In dem Diabetes mellilus wird das Amylon nicht weiler als in Zueker verwaritlelt, der, ohne Vermendung zu finden, aus dein Korper enlfernf rvird. Wir finden ferner i n antferen Krankbeiten, bei Leherenlzihdungen E . B., das Blut reich an Oel und Fett, und rnit der Vorstellung, dass unter ge. wissen Bedingungen maiiche Bestatldlheile tler G d l e in Fett me- tamorphosirt merden, steht die Zusammensefzung der Gnlle nicbt i n Widerspruch.cc

Ilie erste Stelle, welche Hr. E d w a r d s p. 164 tler f'ranz. A i i s p h e cifirt, hexiehf sich auP die Galle, allein er hnt fur gut befuiiden , den Vordersatz binwegzulassen.

,,Zur Erzeugung tier Galle i m Thierkiirper gehort unter allen Urnsfiritleii eirie gewisse Menge Natron ; ohne Gegenwart einer Natronverhindurig kann sich keine Galle hiltlen. IYenn das Alkali (das Natronj felilt e k "

Vor der xweiten der von Hrn, E. citirten Stellen heisst es: ,,Die im Uebersctiusse zugcfuhrten Blu[besliintlfheile werden zu Pleisch, zu Restandtheileit der Gehiltle ; Amylon und die stick- Aton'freien Malerien verwandeln nich i n Felt. I.Venn die T/tin.e auf ' Koslrn stickslofffieier Arahrurcgsmittel fidlt Zcerdvn so nrlimen nur yewirse l l i c i l e an Vo[urnen zu . . . . Das Vo- lumen der Leher einer gemiirtelen Gnris wird in diesem Fnlle griinser, in Folge einer Erweiterung der Zelleu, welcho aus-

gefullt sind tfurch Fett."

Dieser heisst:

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I n der Pranzavischen Ausgabe steht allerdings durcti einen Druckfehler anstatt sdckstofffreier , stickstoff haltiger [mof9.3), allein aus dem ganzen Zusammenbang crgiebt sich ein Gegen- aatz, zu dem das Wort slicksfo/j%zltig gar nicht passt; alleiti solche Dinge mussten herhaltcn.

Wie es Hr. Ed w a r d s fiir miiglich halten konnte, mir die Meinung zuzuschrciben, dass durch Desoxydation des Fibrins, eines Korpers, welcher 17 p. C. Stickstoff enthiilt, Fett, worin der Slickstoff als Beatantitheil ginxlich fehlt, entstehen kiinne, i s t mir viillig unbegreiflich.

Der Brief an Hrn. Ed \v ard s laiitet wie Folgt: ,,Erlauben Sie mir, von Ihrer JJnprfheilhhkeit die Ver-

bes~eriing einer Phrase aiizusprechen, die Sie in der Sitzung vom 18. Sept. geAussert hahen, in Uinsicht auf eine Ansicht iiher die Fellhildiing im Tbierkorper, welche ich niemals gclehrt habe. Sie sapcri p. 645 der Compt. rend.: il'ich(s in der Wissen- schnfl schririt rnir dc~mnach zu tier 3leinuny su beiechliyen, mil H i m L i e b i g zu glauben, class das Fibrin in Felt iibcr- y h r n ltiinne. I c h hahe mir Mijhe gegehen, urn i n meiriem Biwhe ilerl Uryirime. tier Meinirrig aiibiilinilen , die Sie mir leihen, deriri jeder Unhef'angene fitliiet S. 88 his 103, tlass icb mich hemiihl hahe, darzu~hiin, dass die slicksloffl'reien Reatwid- theile des Orgaiiismus ails tien slivkstofffreien Restandtheiten der Nrrtirung enkpririgen. P. 91 iler Pranz. (S. 85 der deufachen) Ausgahe sagte ich: ,,l)ern nntQrlichen Gange der Naturforsc:hiing gemdsn, ersoliXessen wir ruvkwiirts BUS den geriossenen Nnh- rurigatnitleln the entstantlencn Gehiliie, aus den sticksloffttaltigen Pflanzendoffen die stit:k~to!Thalligen Bestandtheile des BluleN, uiid

e s . ist diesem Garige volliz angemessen, die Beziehungen der dckstofff le irn Nahriingwitlel xu den stickstofffreien Bes.irrid- theilen des Thierliorpers Pestzirstelleii ; ein enger Zusammerihang zwischen beideri knnn nicht verkannt werden. Vergleiehen wir i n der That die Zuaammensetzung des Amylons uiid dcr Zucker- arten mi( der i1e.q Ferles, so etc.""

,,Nwhiiem icli !iun zeigte, dass der Bucker und das Amylon die n3rnlichcn Verlililtriisse an Kohlenstoff und Wasserstoff wie die fet(en Kiirper enthalten und nur in dem Sauerstotfgehalte von einander abweichen, an welchem Zucker und Amylon reicher sind, so schloss ich hieraoe, dass dns Fett sich aua dem Zucker

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durch ein Austreten von Sauerstoff bilde, der sich von dem Hiirper des Thieres in der Form von Kohlensaure oiler CVasser trenne. Um mich noch klarer zu machen i n Beziehung r u e das, was ich unter dem Austreten des Snuersfoffes verstehe, zeigte ich S. 100, dass die Giihrung oder die Spaltung eines Kijrpers in Kohlensatire und eine sauerstoffarme Substanz ganz gleich- bedeutend sei einem Austreten von einem Theile ibres Sauerstoffes und einer Verbrennung von einem Theile der Substanz aue Kosten dieses Sauerstoffes."

,,Icb sagte zuletzt ferner (gewiss ntir fiir diejenigen, welche meine Ansicht nicht zu theilen geneigt wiiren) S. 93: Welche Rnsicht man sich auch uber die Erzeugung des Fettes bilden mag (die meinige war unzweitleutig atiseiriandergesetzt) . . . . ,, fio muss man nothwendig schliessen, dnss die verzehrten Nah- rungsnriltel eineri Theil ihres SsuerRtoffes sbgegeben haben, deiin sonst kiinnte keins derselben i n Fett ubergehen; ich gab soilann, urn den Unlerschied in dem Souers(offgeha1te zu zeigen, die Forrneln der stickstoffbaltigen und stickstofffreien Nahrungsmit- tel, die, verglichen mit dem Fett, fur die namliche Proportion Kohlenstoff weit mehr Sauerctoff enthalten, und zog zuletzt den ganz allgemeinen Gchluss (fur diejenigen, welche meine An- sicht uber den Ursprung des Feltes nicht zu theilen geneigt wlren) , dass selhst in der Voraussetzurig , das Fett cnfstunde aus Fibrin, Albtilqin und Casein, diese Bildung nicht stattlinden konne, ohne ein Austreten von Sauerstoff."

,,Meine allgerneiiie Proposition war , dass jede Ablmgerung von Kohlenstotf (von Fett) im Korper abhiingig sei von einem Missverhiiltniss zwisehen dem aufgenommenen Kohlenstoff und Sauerstoff, ein Satx, der unbezweifelbar ist."

,,Nach dem Ohigen ist es mehr als wahrscheinlich, dass lhnen mein Bueh urihekannt geblieben ist, ich bitte deshalb urn Erlaubniss , es Ihnen durch meinen Verleger iibersenden zu durfen. Ieh bitte Sie urn die Gunst, lhre Meinung bGrichligen zu wollen, in dem Augenblicke, wo ich allen Grund habe, es fur wahrscheinlich zu halten, dass das Fibrin die Elemente zur Btltfung tles Fettes liefern kann, denn rinch einer Entdeckung, welche Hr. Dr. W urz , ein sehr ausgezeichrieter junger Cbe- miker i n Strassburg, neuerlichst gemacbt hat, verwandelt eich

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das Fibrin, wenn es unter Wasser fault, zum grosserr Theil i n BultersauTe und in Ammoniak."

,,Indem ich mich an Ihre Rechtlichkeit wende, wollen Sie aus diesem Schritt entnehmen, dsss ich den Pesten Willen habe, eine iiffentliche Discussion zu vermeiden, in deren Gefolge wir die wichtigsten wissenschaftlichen Fragen in den Koth gezogen sehen. Diesec W e g , den ich nur mit grossern Widerwillen einschlrge, bleiht mir immer offen stehen. Gewiss findcn Sie diese Ausdrucke nicbt urigereclit oiler am falschen Platze, wenn ich Ihre Aufrnerkssmkeit a u l die Art und Weise lenlte, welche gebrsucht wurde, urn den Schein des Liicherlichen auf meine Meinungen zu werPen."

,,Sie erinnern S ich , dass nach der Ansicht und Behaup- tung der HHrn. D u m a s , B o u s s i n g a u l t und P a y e n die in dem ThierkSrper sich anhHufenifen Fettrnassen nicht i n dem Orgaitismus erzeugt , sondern von A ussen xngefutirt wiirden, dass sie als solche, niirnlich als Fett, in den Pflanzen priieuis- tirten. Ich habe diese Ansicht hestritten, unil hierruf bezieht sich die Phrase i n meinem Brief an die Acaiiernie (in der 14. Sitzung voin 2. August):

,Jch kiugne die Geyentcarl ?:on Tlcrnn Cl'ltuile de poissonj und son Wallralh Chlanc de baleine) in iten Seepflnnzen.('

,,Ich bitte wohl zu heachten, days ich weder von Meer- schweinen, rioch von Wallfischen, soridern von der Priiexistenz von Thrrn und Wa1lraf.h in den Seepflanxen, gesprochen habe. Vergleichen Sie nun jetzt damit, was Hr. P a y en nus dieser Phrase gemacht ha t ~ A n n o l . de cl&n. el de phys. T. V l I I . p. ri12): ,,,.Hr, L i e b i g citirt als Beispiele dieser Arten (gras- fressender Thiere) die Wallflsche und Meerschweine, aber die SaturPorscher wissen, dass diese Thiere Pleischfresser sind, was heweist etc." L'

,,Ferner sagt Hr. P s y e n C o m p t . 1'. iVr. 12: ,,,, Der EinwiirP, den Hr. L i 9 b i g von dem Fettwerden der Wnllli~che und Meer- schweine durch Pflanzen genommcn hat, die aie i r i rler Wirklichkeit nicht genossen, fiillt von seibst . .. etc.'' Was liisst sich nun, ich bitte Sie , gegen eine Rolche Uiiehrcnhalliglieit segen, die sich selbst nicht srheut, mit Argumenten Pnrotfe zu machen, die unsere zehnjiihrigen Kinder in den Schulen lernen."

J. L.

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Liebig, iib. die Fettbildung im Thierkorper. 459 Der vorhergehende Brief mag, wie es scheint, Rrn, Ed-

w a r d 8 ubereeugt haben , dass ich, von den stickstoffhaltigen Bestandtheilen des Blutes ausgehend, keine Tbeorie der Fett- hildung zu begrunden gesucht habe. Di Citate beweisen, wie e r sagf, dass ich an die Miiylichkeil [pos I ibihtc! geglaubt habe, dass Fibrin, Albumin und Casefn an der Bildung von Fett Antheil nelmerb kihnten. Mein Glaube an die Mijglichkeit (die s ich i n Formeln beweisen ldast) wurde also von diesea Herren von der Acadeinie zu eincr Theorie gestempelt, werlh genug, u m in Erwiigiing gezogen und widerlegt zu werden. I n dem Worte unmvylich, als dem Gegentheil von miiglich, in dem Sinne \vie es yon Hrn. E d w a r d s von der Ereeugung einer stickstofffreien Substanz (von Fett z. B.) aus einer stickstoff- tialtigeii ( BUS Fibrin ) gebraucht wird , lie$ eine so zweifel- lose Sicherbeit und Kenntniss der Vorg:inge im Thierkiirper, dass man es nur hedauern kann, dieses Wort hier angewandt zu sehen.

I n der kurzen Zeit der Discussion uber Ernshrung und Fettbiltlung hahen die HHrn. D., B. untl P. viele Ansichren, die sie fur unmiiglicla erkliirten, spiiter ganz wahrscheinlich gefun- den, j a niariche tlieser unmoglicben Ansichten sind von ihnen zuletzt 11s bewiesene Wahrheiten anerkannt worden. Der Glaube an eine Mo,alichkeit Iiiest sich nicht angreifen oder widerlegen, eben weil er nicht zu vertheidigen ist, aber wie bemerkt, alle diese Dinge sintf, wie es scheint, herbeigexogen worden, urn die Acailcmie uber meine watire Vorstellung uber die Erzeugung des E’ettes irre xu machen.

Ich gehe zur Besprechung von Ng. 4 des ResumB’s der HHrn. D u m a s , B o u s s i n g n u l t u. P a y e n iiber. Nachdem ich diese Herren darauf auherksam gemachl hatte [ , , h i d. Ch. u. ph. Bd.XLV. 1203, dass dieRr$iuter und d a s Futter der Kuhe keine Butter enthalleii , sondern ein krystallinisches Wachs , vcrschie- den von dem Bienenrvrtchs, welches die gr5sste Aehnlirhkeit mit der Siibstanz besitze , die Hr. A v e q u i n von den Bliittern des Zuckerrohrs gesammelt habe u n d welche Ar. D u m a s Cerode benannt hat, so erklsrten sie i n der Acadcmie CCompt. r. Nr. 7. p. 3183: dass ibnen dils Vorhantiensein dieses Wachses in den Pflanzen sehr wohl kekannt geweseu sei und sie jetzt annahmen, die feelten Siiuren i n dem Kiirper der Thiere ent-

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460 Liebig, iib. die Fettbildung im Thierkorper.

stiinden aus dem Wachs, in Folge einer Oxydation, die es wiihrend der Blutcirculalion erleide. In einem Zeitraume von meniger als 14 Tagen w a r die Basis der frrnzlisischen Felt- bildungstheorie eine gana andere peworden, die fetten KUrper priiexistirlen also nicht mehr in den Pflanzen, sondern sie wrren darh in der Form von cinem Wachs enthallen, das je nach dem Zushnde der Oxydntion sich ,,in Stearinssure oder Oel- siiure verwandelte." DRS Stearin In der Nnhrung des Men- schen vermandelle Rich in Margarin und Olein, die in seinem Korper bleiben, das Oel in dem Samen des MaSs verwandelte sich i n dem Karper der Garis in Margarin. Z u diesen Wider- spruchen iind rein erdachten Umwandlungen ltam noch , dass ich das Wachs, w a s die Kiihe verzehrt hatten, unveriindert i n den Faeces mit allen seinen Eigenschaften wieder fanil. Es ist schwer, hemerkte ich dagegen CC. T . Nr. $4. p. 66.51, zu begreifen, wie das Cerosie, dns einen so hohen Schmelxpunct hat und nicht verseifbar ist, i n die Blutrirculation iihergehen liann [nach A v e g u i n , Ann. de clz. el dc pliyo. T. LXXV schmilzt das Cerosie bei 82' ond erleidet n w h Urn. U n m a s durch kochende concentrirte Ralilauge (p. 223) keine Veriinderuilg).

Darauf enlgegneten i n k diese awgezeichiieten Chemiker, dass ich sehr Unrecht habe, das Bienenwachs Fur unverseifiar xu halten, denn seine Verseilbarkeit sci eine sehr alte Erfah- rung , utid gerade zu rechter Zeit hahe tIr. L e IV y gerunden, dass sich das Bienenivachs i n Marparinsiiim und Stearinshure verwandeln lasse. Allein ich habe kein Wort von Bienenivachs geeagt, R'iemand bat es bis jetzt i n den Pflanzen als Bestanti- theil naohgewiesen, und zur Vervollstiindigiing des Wunders s ind dann zuletzt alle Versuche des Rrn. L e w y fnlsch gerunden worden, denn aus Bienenwachs liisst sich weder Margarinaiiure, noch Stearinsffore darntellen. Die Versuche des Hrn. G e r h H r d t , aus welchen sich kein Schluss mf die Natur des Wachses cielien liisst , sitid iiherdiess iiur Wiederholungen von deoen den Hrri. R o n a I d s ~ die viele Monate vorher in dem hiesigen Labora- torio gemacht worden waren.

Aber auch rngenommen, dass dns Wachs Piihig sei, diirch einen Oxydalionsprncess in Fett uherzugehen, wie liesse sich n u n die Er- eeugung des Wactises aus Zucker i n dem Kiirper der Bierieo erkliren B

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Liebig, iib. die Fettbildung im Thierkorper. 461

Hierauf war sngleich die folgende sinnreiche Antwort da (C. r. Nr. d4. p . 665): ,,Mit den Bienen verhiilt es sich wie mit einer Amme. Wenn diese letzterc in ihrer Nahrung daa Fett und Protein findet, welche zur Milchbildung notbig sind, so erzeugt sie fur den Siiugling die Milch und ihre Gesund- heit erhiilt sich. Wenn ihr aber die fette und albuminaee Nah- rung entxogen wird, so fiihrt sie okne ZweifeC fort, Luilch zu erceugezz, allein in diesem Palle geschieht es auf Kosten ihrer eignen Subdanz, dass sich Milch erzeugt."

Alles diess ist hochst merkwiirdig, man sieht sich in einen Kreis verselzt, der lieinen Anfang und kein Ende hat. In der Kuh sol1 das Fett nus Wachs entstehen, und in den Bienen, die mit Ziicker gefuttert werden, sol1 aich ihr Fett in Wachs verwandeln !

Gegen Nr. 6 hemerke ich, dass ich die Erzeugung dea Fettes im Thierkorper abgeieitet babe von Zucker und Amylon, im Allgemeinen von den stickstofffreien Nahrungsmitteln, wid da das Pelt angesehen werden kann als eine Verbindung von einer Petten Siiure mit Glyceryloxyd und letzteres keinen Stickstoff eiitbiilt, so karin es meiner Ansicht nach aus lieiner andern Quelle stammen. Ueber die Erzeugung von Fett in den Pflanzen liabe ich big jelzt kein Wort drucken lassen. Meine Bemerkuog, dass sich in den fetten Korpern Kohlenstoff und W,aaserstoff in dem constanten Verhaltnisse einer gleichen Anzahl von Aequi- valenten dieser Elemente befindet, hat Hrn. D u m a s zur AuP- stellung eines schonen Gesetzes iiber die Constitution einer Reibe von fetten Siiiiren gefiihrt, wofiir er in sot'ern erkeantlicber hiitte sein kiinuen, menn er sicb etwas niiher an die Wahrheit meiner Entwickelungen gehalteri hiitte.

Zu Nr. 7 ist der Anrang bemerkenswerth ; die BHrn. D., B. u. P s y e n sagen: ,,Motis. L i e b i g , par suite de la dis- cussion, wyarde aujourd'hud Ce sucre comrne la principale source tie rnat3t.e grasse pour Ies Aerbicores;" also erst heute, im Mai 1843, in Folge der Erleuchtungen, die mir von den BHrn. D., B. und P. geworden sind, betrachte ich den Zucker als die Hauptquelle der Fettbildung. Mein Buch ist in Frankreich im October 1842 erschienen, in Deutschland erachien es im April desseIben Jahres. Als Reclamation wiire alles dieaes oicht des Erwiihnens werth, allein da ich einmal begonneo habe, das Ver-

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462 L i e b ig , iib. die Fettbildung im Thierkorper.

fahren der drei Alliirten zu charakterisiren, so muss ich schon daraut' zuruckgehen, was sie im Jabre 184'2 und Anfang 1843 fur Meinungen hatlen. In den Ann. de chim. et de phys. 3e Skie, T. IV. p. 208 liest man in einer Anmerkung ZII meiner Abhandlung iiber die stlckstoffhaltigen Nahrungsmittel wie Polgt :

,,HP. L i e b i g glaubt, dass die grasfressenden Thiere Felt erxeugen aus Zueker oder Xmylon, wabrend die HHrn. D u m a s und B o u s s i n g au 1 t a h allgemeine Regel Pestsetssen, dass die Tbiere, welcher Art sie auch seien, weder Felt noch iryend einen organischen Nahrungsstof .erseugen und dass sie alle ihre Nahrungsmittel , gleichgiillig ob zuckerige , amylonartige, Pette oder sticlistoffhaltige, dem Pflanzenreiche entlehnan."

,,Wiire die Behauptung des Hrn. L i e bi g richtig, so wurtle die von den H H r n . D u m a s und B o u s s i n g a u l t gezogene all- gemeine Formel aus der chemischen Slatik beider Reiche falsch sein."

Vergleichen wir nun damit, was diese Herren am 13. Febr. 1843 {C. r. 17. 349) sagen : ,,Seitilem man weiss, dass das Kartoffelfuselol i n dem Branntwein des Weiatraubenmarkes, im Getreidebranntwein und in dem Branntwein, der aus den Riibcn- zuckermelassen gewonnen wird, zugegen ist, scheint die Ge- wissheit, dass dieses Oel ein Product der Giihrung ist, voll- kommen zu, sein."

,,Es ist deshnlb miiglich , dass in dem Verilauungsacte der Zucker in ein gleiches oder mehr verdichtetes Oel (einen Al- kohol der Aetbal-, der Margarinsiiure etc.) iihergeht und i n dieser Weise an der Bildung des Fettes bei den Grasfressern Anlheil nimmt ; chemisch gesprochen , steht wenigstens dieser Ansicht nicht das Geringste entgegen.'(

,,Es ist deshalb nicht moglich, die Anhiiufung von Felt in den Carnivoren anders zu erkliiren, sls durch die Annahme, dass es ihnen durch die Herbivoren zugefiihrt w i r d . Aber wenn es sich um letztere handelt, angenommen, dass sie das in den Pflanzen vorhandene Fett zii ibrem Nutzen verwenden, so l imn man voraussetzen , dass sie eine yewisse Quantildt erzeugen, millelst Liner besomiern Gahrimg des Zuckeru, welcher einen l'heil iltrer Nahrung ausmacht.Lc

Diem ist n u n buchstiiblich die Vorstellung, die ich iiber die Fettbildung zu begriinden gesucht babe, eine Ansicht, welche

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von den BHrn. D., B. ond P. mit so grosser Heftigkeil beklmpPt wurde. Man wird bemerken, dass bei dieser Gelegenheit die Ansicht, dass das Kartoffelfuselol ein Product der Giihrung sei, von den franzosischen Chemikern angenommen wird. Ich batte vor drei J h r e n diese Meinung ausgesprochen, und in meinem Aufsatz iiber die Fettbildung [Ann. d. Ch.u. Ph. Bd. 4.51, welchen ich genannten Herren lange vor der oben erwiihnten Sitzung vom 13. Febr. zusandte, findet man S. 123 folgende Stelle: ,,Es verhiilt sich damit (der Praexistena des Fettes in den Pflan- Zen) wie mit der Ansicht des Hrn. P a y e n , dass das Fuselol der Kartoffeln fertig gebildet in den Kartoffeln eiithalten sei j jetzt, nachdem*man gefunden hat, dass die letzten Sirupe von der Bereitung des Riibenzuckers in der Branntweinbrennerei eine reichliche Quanlitlt Fuselol liefern , wird wohl Xiemand mebr an seiner Bildung i n dem Processe der Giihrung zweifeln IrSnneti."

Hr. P a y en schrieb mir namlich am 11. April 1841, nach- dem ihm meine Ansicht uber die Erzeugung des Kartoffelfusel- 01s bekannt gemorden war, Folgendes: ,,Ich habe kiirzlich Ge- legenheit gehabt, die Priiexistenz des Kartoffelfuseliils zu be- wahrheiten ; es geniigt, 5 Kilogr. Kartoffelstarke mit 10 Litern Alkobol auszuwaschen nnd den Alkohol abzudestilliren ; die gewonnenen Riickstande lieperten 2y2 Gr. Kartoffelfuseliil, wel- ches eine fette krystalliniscbe Materie beigemischt enthielt."

I c h habe diese Mittheilung damals der Bekanntmachung nictrt werth gehalten, weil es gar keines Beweises fur ihre Unrichligkcit bedurfte, denn zwei und ein halbes Gramin Kar- toffelfuseloi, gelost in 10 Litern Alkohol , konnen bei der De- stillation nicbt iin Riickstande bleiben, ja, wenn diese 10 Liter Alkohol mit drei Viertel Pfund Fuseliil absichtlich versetzt werden, so bleibt nach der Destillation kein Milligramm Fuselol zuriick.

In Beziehung auf die erwiihnte allgemeine Regel der che- mischen Statik der beiden Reiche beinerkte ich gegen Hrn. D u m a s [Ann. d. Ch. u. Ph. Bd. 45. ' S . i P 4 j unter anderem Folgendes: ,,So wenig wie sich also in dem Kiirper der fleisch- fressenden Thiere Milchzucker bilden kann (die Hundemilch enthiilt nach S i m o n keineu Milchzucker) , so weiiig kann sich Fett in ihrem Organismus erzeugen, eben weil sie ausser Fett kein stickstofffreies Nahrungsmiltel geniessen."

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Nachdem Hr. D u m a s dicse Phrase in meinem Aufsatze gelesen hatte cs. C. f'. vom 6. Murz), sagte er in der Sitzung vom 3. April (C. r, 667) Folgendes:

,,Ich habe i n meinem vorjjihrigen Cursus an der Ecole de mideeine nach bis jetzt ungedruckten Versuchen, die mir mit- getheilt wurden nnd iiber die ich dss Detail in der niichsten Sitzung geben werde, angenommen, dass sich der Milchzucker durch eine besondere Art von Giihrung aus dem Rohrzucker bilden kiinne. Ich habe daraus naturlicherweise gefolgert, (189s

hierauf sein Ursprung in der Milch der Grasfresser berohe, und dass die Milch der Fleischfresser keinen Milchzucker enthal- ten kiinne."

Da n u n die niichste Sitzung und viele darauf folgende vor- iibergegangen sind, ohne dass uns Hr. Dumas die merkwurdige Umwandlung des Rohrzuckers in Milchzucker im Detail be- schrieben hat, so muss sie wohl auf einer Tiiuschung beruht haben, denn bis jetzt ist es nnr umgekehrt gelnngen, den Milch- eucker nitmlich in Traubenzucker umzumandcln. Diese Mit- theilung hatte offenbar nur den Zweck, sich vorliiufig in den Besitz der Entdeckuog zu setzen, dass i n der Milch der Fleisch- Presser der Milchzncker fehle, denn wjirc es blos om die That- srche zu thun gewesen, so liesse sich nicht einsehen, warurn er nicht ganz einfach sich begnugte, die Angabe von S i m o n , die ihm wohl bekannt war, zu citiren.

Dem 8. Artikel des ResumB's stehen die eigenen Versucbe des Hrn. B o u s s i n g a u 1 t (Ann. de cli. et de phys. T. L X X X I . p. 763, welche gans ohne vorgefasste Meinungen angestellt sind , ganz entscheidend entgegen ; es sind neuerdings viele Versuche von Pllryfai r gemacht worden, die kcinen Zweifel darhber lassen, dass die im Organismus der Muh erzeugte Butter mehr wie die zehnhche Quantitiit der in ihrer Nahrung ent- haltenen, i n Aether loslichen Materien betriigt. Ich halte es zuletEt fur interesssnt genug, eine Stelle aus einem Briefe vom 22. Juni 1843 des Hrp. D e m e s m a y , eines der ausgeaeich- netsten Riibenzuckerfabricanten in Temp1 euve bei Lille, mitzu- tl eilen, da sich hieraus die wichtigsten Schlusse und Anwendun- genergeben: ,,DieHErn. D u m a s , B o u s s i n g a u l t u. P a y e n nehmen an, dass sich die Batter ferrig gebildet in den Pflanzen befinde, und geben dabei au, dass sich mehr Bulter erzeuge,

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wenn in der Fiitlerung der Riihe die KartotTeln durch Runkel- riiben ersetzt werden, welche nach ihrem eignen Gestandniss nicht mehr Felt wie die Kartoffeln enthalten! Sie haben darauf aufmerksam gemscht, dass i n den Faeces eine gewisse Quan- titiit der i n der Nahrung enthaltenen, in Aether loslichen Ma- terien wieder austritt, und mir ist es i n meiner langen Praxis noch nicht voraekommen, dass am Ende der Milchgewinnong die Kuh nicht 20-30 Kilogr. mehr Talg enthalte als im Anfang des Kalbens."

,,Seit einigen Monaten habe ich 2-3 IEilogr. Oelltuchen, wel- che 10-15 p. C. Oel enthalten, durch ein gleiches Gewicht Hiiben- zucker-Melasse ersetzt, und obwohl die Milch- und Butteraus- beule sich im Anfang verminderte, weil der Magen der Kiihe anfanglich die Melasse nicht gut verdaute, so douerte es doch nicht lange, dass sich die alte Quantitiit wiedcr einstellte, j a es wurde hiiufig nach etwas mehr gewonnen."

,,Ohne mich auF eine theoretische Auseinandersetznng ein- zulassen, karrn ich auf d n s Bestimmteste versichern, dass ich niemals eine so schnelle Mastung und eine sn reichliche Milch- eraeugung erzielt habe, als seit der Zeit, wo ich die Oelkuchen durch eine zuckerige Msferie ersetzte.'c

,,Diese Versuche sind angestellt mit 8 Milchkiiheo und nit SO Kiihen, welche in MLstung standen."

Zum Beschlusse dieser langen Note wird mau sich erin- nern, dass in der Zwischenzeit Hr. P e l o u z e die schooe Ent- decliung der Erzeugung der Buttersaure durch Giihrung gemacht hat, und alle theoretischen Discussionen uber die Fettbildung haben ein Ende durch die folgende Erltlarung tler HIIrn. D u mas und E d w a r d s in den Compt. rend. vom 18. Sept. 1543:

,,Aber die Thatsachen, welche wir auseinandergesetzt haben, scheinen uns klar zu zeigen, dass unter dem Eintluss einer Fiit- terung, die aus reinem Bonig bestand, die Bienen mirklich PVachs erzeugen."

,,Die Erzeugung des Wachses geschieht hiernach in Folge eines wahren Secretionsprocesses, und i n dieser Rexiehung miissen die Ansichten iilterer Nsturforscher, welohe Einer Yon uns (Hr. D u m a Y) angenommen hatte, verwort'en werden. Die schone Beobacktung des Hrn. H u b e r iiber die Verwardlung des Zuk-

30 Jouni. f. prakt. Chemie. -YXX. 8.

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kers in Wachs findet somit ihre Bestiitigung, und wir schiitzen uns gliicklich, die Zweifel beseitigt zu haben etc."

Gegen diese Erfahrung hat, wie man sich leicht denken kann, Hr. P a y en a u l dasLebhafteste protestirt und die Erkla- rung abgegeben, dass er den Ochsen und Kiihen dasVerm6gen vorbehalten wissen wolle, aus Blstfgriin und Cerosie Talg und Bulter zu erzeugen, eine Fiihigkeit, die diesen Thieren, so wie Br. P a y e n sagt, nach gennuen und entscheidendeu Versuchen, welche seit 25 Jnhren mit Tausenden von Thiereo von i h m nickt gemacht worden sind (C. T. Sitzung vom 18. Septem- ber, p. 640), zukommt! Mit den eigenen Versuchen des Brn. P a y e n verhiilt es sich wie mit seiner Darstellung des Kar- loffelfusel6ls aus Kartoffelstiirkemehl; er n immt zuerst eine Ansicht als richtig an und geslattet alsdann seinen Versuchen, ganz entscheidende Beweise dafiir zu liefern. Wiire ein anderer Chemiker z. B. gliicklich genug gewesen, BUS Kartolrelstiirkemehl direct und ohne Giihrung Fuse161 dsrzustellen, ich glaube dass liein Beweis in der Welt fiibig gewesen wiire, diesen von der Bildung desselben durch Giihrung und seiner Nichtexistenz in den Kartoffeln zu iiberzeugen.

Alle excliisiven Grundsiitze, so wie sie aul ein ungleiches Productionsvermogen in den verschiedenen Thierclassen bezogen werden, verlieren ihrer Allgemeinbeit halber allen Werth. Einem fleischfressenden Thier geht die Fihigkeit, Fett in seinem Or- ganismus zu erzeugen, nicht ab, aber es erzeugt aus seiner gewohnlichen Nahrung kein Fett, weil die Stoffe darin fehlen, die sich zur Urnwandlung i n Felt eignen. So hat man Iange die HiypursBure als einen cbarakteristischen Bestandlheil des Harns vieler Herbivoren angesehen j aher i n einer neueren Untersu- chung, die ich daruher anstelltc, hat sich ergeben, dsss der Rarn des Menschen, welcher gemischte Nahrung geniesst, als nie Iehlenden Bestandtheil die niimliche Siiure enthllt, wie in der nichslen Zeit ntiher belegt werden soll.


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