Digitalisierung studentischer Partizipation. Moderne Demokratietheorien und hochschulpolitische Praxis in Österreich
Master Thesis
eingereicht von Lisa Fuchs
0347142
zur Erlangung des akademischen Grades
Master of Science
eingereicht an der Donau Universität Krems
am Department für Politische Kommunikation
im Rahmen des
Universitätslehrgangs Politische Kommunikation
Sommersemester 2009 bis Wintersemester 2010/11
betreut durch
Dr. Christoph Bieber
Wien, Februar 2011
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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Eidesstattliche Erklärung
Ich, Lisa Fuchs, geboren am 18. April 1985 in Steyr, erkläre,
1. dass ich meine Master Thesis selbständig verfasst, andere als die angegebenen
Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfen
bedient habe,
2. dass ich meine Master Thesis bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form
als Prüfungsarbeit vorgelegt habe,
3. dass ich, falls die Arbeit mein Unternehmen betrifft, meinen Arbeitgeber über Titel,
Form und Inhalt der Master Thesis unterrichtet und sein Einverständnis eingeholt
habe.
Wien, am 28. Februar 2011
____________________
(Lisa Fuchs)
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
3
Abstract
Die Arbeit widmet sich dem Entstehungsprozess digitaler Partizipationsmöglichkeiten von
Studierenden in Österreich. Anhand dreier moderner Demokratietheorien wird das
Spannungsfeld hin zur praktischen Umsetzung diskutiert. Die Wahl der Österreichischen
HochschülerInnenschaft im Jahr 2009, bei der E-Voting erstmals in Österreich zur
Anwendung kam, die teilweise digital durchgeführten Urabstimmungen unter den
Studierenden über Sachfragen und die Protestbewegung unibrennt werden als Beispiele
herangezogen.
Die Untersuchung zeigt, dass die verschiedenen theoretischen Modelle der Beteiligung in
der Praxis keine optimalen Ergebnisse erzielen.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort.................................................................. 8 2 Einleitung................................................................9 3 Digitale Demokratie .............................................. 12 4 Die kompetitive Demokratietheorie ...................... 14 4.1 Kommunikation im kompetitiven Modell ......................................................................15 4.2 Digitale Demokratie im kompetitiven Modell ..............................................................16 4.3 Die kompetitive Demokratie am Beispiel der ÖH-Wahl 2009 ................................17 4.3.1 Entstehungsprozess der Idee elektronischer Wahlen in Österreich......................... 17 4.3.2 Struktur und Durchführung der ÖH-‐Wahl ............................................................................ 18 4.3.3 Durchführung der elektronischen Wahl ................................................................................ 19 4.3.4 Im Vorfeld der Wahl: Pro E-‐Voting........................................................................................... 23 4.3.5 Im Vorfeld der Wahl: Contra E-‐Voting.................................................................................... 24 4.3.6 Ergebnisse der ÖH-‐Wahl 2009................................................................................................... 27 4.3.7 Reaktionen und Evaluierung des E-‐Votings ......................................................................... 29 4.3.8 Ausblick: E-‐Voting in der Zukunft?........................................................................................... 32
4.4 Ableitungen...............................................................................................................................33
5 Die pluralistische Demokratietheorie....................34 5.1 Kommunikation im pluralistischen Modell...................................................................34 5.2 Digitale Demokratie im pluralistischen Modell ...........................................................35 5.3 Die pluralistische Demokratie am Beispiel studentischer Urabstimmungen ...36 5.3.1 Die Entstehung studentischer Mitbestimmung über Sachfragen ............................... 36 5.3.2 Die gesetzliche Grundlage für eine Urabstimmung........................................................... 38 5.3.3 Die einzige bundesweite Urabstimmung............................................................................... 38 5.3.4 Urabstimmungen auf Papier ....................................................................................................... 40 5.3.5 Digitale Urabstimmungen ............................................................................................................ 41
5.4 Ableitungen...............................................................................................................................43
6 Die partizipatorische Demokratietheorie ..............45 6.1 Kommunikation im partizipatorischen Modell............................................................46 6.2 Digitale Demokratie im partizipatorischen Modell ....................................................46 6.3 Partizipatorische Demokratie am Beispiel unibrennt...............................................47 6.3.1 Die Entstehung der unibrennt-‐Bewegung ............................................................................ 47 6.3.2 Organisationsstruktur der unibrennt-‐Bewegung.............................................................. 48 6.3.3 unibrennt online............................................................................................................................... 49 6.3.4 unibrennt als Protest 2.0 .............................................................................................................. 54
6.4 Ableitungen...............................................................................................................................56
7 Conclusio...............................................................59 8 Bibliographie......................................................... 61 8.1 Wissenschaftliche Literatur ................................................................................................61 8.2 Andere Quellen........................................................................................................................63 8.2.1 Presse .................................................................................................................................................... 63 8.2.2 Gesetzestexte ..................................................................................................................................... 65 8.2.3 Protokolle und Berichte ................................................................................................................ 66 8.2.4 Ausschließliche Internetquellen ............................................................................................... 66
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Die Architektur der elektronischen ÖH-Wahl ........................................................ 22
Abb. 2: Wahlbeteilung bei der ÖH-Wahl 2009 inklusive E-VoterInnen ............................. 28
Abb. 3: Austrian Internet Monitor: Ausstattung der österreichischen Haushalte .............. 52
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung
Abs Absatz
AG AktionsGemeinschaft (ÖVP-nahe Studierendenorganisation)
AG Arbeitsgruppe bei der Audimax-Besetzung
ALB Alternative Basisliste (ehemalige linke Studierendenorganisation)
APA Austria Presse Agentur
Art Artikel
Audimax Auditorium Maximum (größter Hörsaal einer Universität)
BM:I Österreichisches Bundesministerium für Inneres
BM:WF Österreichisches Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
BRZ Bundesrechenzentrum (IT-Dienstleister der Österreichischen
Bundesverwaltung)
BV Bundesvertretung der Studierenden (Organ der ÖH, das die
MandatarInnen, ReferentInnen der Exekutive, Vorsitzenden der
HochschülerInnenschaften an den Universitäten, der Pädagogischen
Hochschulvertretungen und der Fachhochschul-Studiengangsvertretungen
inkludiert)
B-VG Österreichisches Bundes-Verfassungsgesetz
ebd. Ebenda
EMRK Europäische Menschenrechtskonvention
et al. et alii/aliae/alia (und andere)
E-Voting Electronic Voting (elektronische Wahl)
FEST Fraktion engagierter Studierender (Klub von Fachhochschul-
StudiengangsvertreterInnen innerhalb der BV)
FH Fachhochschule
FLÖ Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs
FPÖ Freiheitliche Partei Österreichs1
FV Fakultätsvertretung
GRAS Grüne & Alternative StudentInnen2
Hg. HerausgeberIn
1 Zwar müsste die Bezeichnung FLÖ im Text korrekterweise im Plural formuliert werden (z.B.: Die FLÖ sind in der ÖH vertreten.), im Sprachgebrauch der Organisation wird allerdings der Numerus Singular verwendet (z.B.: Die FLÖ ist in der ÖH vertreten.). 2 Zwar müsste die Bezeichnung GRAS im Text korrekterweise im Plural formuliert werden (z.B.: Die GRAS sind in der ÖH vertreten.), im Sprachgebrauch der Organisation wird allerdings der Numerus Singular verwendet (z.B.: Die GRAS ist in der ÖH vertreten.).
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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HSG Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden (Hochschülerinnen-
und Hochschülerschaftsgesetz)
HSWO Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlordnung
idgF in der gültigen Fassung
JKU Johannes Kepler Universität Linz
KSV Kommunistischer StudentInnenverband (vor der Spaltung 2006)
KSV-KJÖ Kommunistischer StudentInnenverband – Kommunistische Jugend
Österreichs (nach der Spaltung 2006)
KSV-LiLi Kommunistischer StudentInnenverband – Linke Liste (nach der Spaltung
2006)
LSF Liberales Studentinnen und Studenten Forum
MUW Medizinische Universität Wien
NGOs Non-Governmental Organizations
ÖH Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (im
Sprachgebrauch der ÖH häufig Österreichische HochschülerInnenschaft)
ÖH Uni Graz Selbstbezeichnung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der
Karl-Franzens-Universität Graz
ÖH Uni Wien Selbstbezeichnung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der
Universität Wien
OTS Originaltextservice der APA
ÖVP Österreichische Volkspartei
SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs
StV Studienvertretung
Uni Universität
UV Universitätsvertretung (Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der
Universität)
vgl. vergleiche
VSStÖ Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs
WU Wien Wirtschaftsuniversität Wien
ZA Zentralausschuss der ÖH (ehemalige Bezeichnung der BV)
z.B. zum Beispiel
ZP Zusatzprotokoll
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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1 Vorwort
Mein Dank gilt all jenen, die mir das Studium der Politischen Kommunikation und die
Umsetzung der vorliegenden Master Thesis ermöglicht und mich dabei unterstützt haben.
Allen voran seien hier Lehrgangsleiter Peter Filzmaier sowie mein Betreuer Christoph
Bieber erwähnt.
Außerdem danke ich meiner guten Freundin und jahrelangen Weggefährtin Nina
Abrahamczik für das sprachliche Lektorat und ihr politikwissenschaftliches Feedback
sowie meinem Vorgesetzten im Zeitraum des Lehrgangs, Georg Brockmeyer, der mir als
Kommunikationschef der Wirtschaftsagentur Wien den Weg zum Masterlehrgang
Politische Kommunikation geebnet hat und mir in diesem Fachbereich tagtäglich vor
Augen geführt hat, wie dieser in der Realität umzusetzen ist. Ich danke meinen Eltern
Marianne Fuchs und Horst Hinterreitner ebenso wie meinen engen FreundInnen dafür,
dass sie in der Intensiv-Zeit des Verfassens der Arbeit meine soziale Inaktivität akzeptiert
haben.
In finanzieller Hinsicht danke ich dem Renner-Institut, der Wirtschaftsagentur Wien und
der datenwerk innovationsagentur gmbh für ihre monetären Anteile an meinem
Stipendium für den Masterlehrgang.
Und nicht zuletzt sei hier das Kollektivarbeitskonzept „Studierzimmer“ lobend erwähnt –
eine Schreibgemeinschaft Gleichgesinnter mit konsultativem und freundschaftlich
überwachendem Charakter. Danke Andi, Andi, Hannes, Ingrid, Kathi, Markus, Nina,
Pascal und Vinz.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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2 Einleitung
„Keine Sorge, die schönsten Sachen im Leben gehen auch nach wie vor nur offline.
Aber alles was die digitale Demokratie angeht, wollen wir mal auf den Kopf stellen und neu denken.“
(Heuermann/Reinhard 2009, 9) Tatsächlich, das Web stellt alles auf den Kopf. Es mischt sich plötzlich in die
Medienlandschaft ein: Zeitungen und Zeitschriften kreieren Websites, legen Facebook-
Profile an, lassen Applikationen für iPhones und iPads programmieren, twittern die
neuesten Meldungen, bieten Podcasts an, stoßen in den Inseratenmarkt mit
Bannerschaltung vor, binden Videocasts ein und verlinken all das noch miteinander.
Fernsehstationen stellen ihre Sendungen online zur Verfügung, lassen die ZuseherInnen
über das Programm mitentscheiden, rufen zum Voting per Mausklick für die besten
DiskutantInnen beim Polit-Talk auf, beantworten in Live-Sendungen per Mail, Twitter und
Facebook eingelangte Fragen. Radiosender veröffentlichen ihre Playlists, Musikwünsche
werden über Social Networks eingefangen und die ModeratorInnen rufen On-air dazu auf,
sie als friends auf Facebook zu adden.
Das Web mischt sich plötzlich in die Politik ein: Parteien stellen Social Media Beauftragte
ein, inkludieren Online-Task-Forces in ihre Kampagnen-Teams, legen Flickr- und
Youtube-Accounts an, produzieren virale Mitgliederwerbespots und lassen sich bei E-
Votings digital wählen. Verwaltungen vernetzen ihre MitarbeiterInnen via Intranet, die
einander und ihre GeschäftspartnerInnen wiederum auf Xing ausfindig machen. NGOs
rufen via Facebook zum Spenden auf, eröffnen Blogs und erfinden sensibilisierende
Online-Minigames. Protestbewegungen mobilisieren SympathisantInnen via Social Media,
übertragen Diskussionen zeitecht in Ton und Bild mit Livecastings, dokumentieren ihr
Wissen in eigenen Wikis und gewähren Einblicke in Demonstrationen mit TwitPics.
Und nicht zuletzt mischt das Web sogar sich selbst auf: Netzpolitik ist ein eigenes
Politikfeld geworden, das sich der gesamten Web-Klaviatur bedient.
Sie alle liken, sharen, posten, comparen, adden, ignoren, followen, tweeten, retweeten,
commenten, createn, embedden, loaden up, loaden down, taggen, bloggen, linken und
trackbacken.
Zwar spinnt sich das Netz nicht derart engmaschig wie oben gezeichnet, es entwickelt
sich dennoch zu einer Querschnittsmaterie. Die Informations- und
Kommunikationstechniken weiten auch ihren Einfluss auf politische Information, politische
Partizipation und politische Kommunikation immer mehr aus. Was dies für die Demokratie
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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bedeutet und ob wir für die Verschmelzung von Digitalität und Politik schon bereit sind,
soll diese Arbeit zeigen.
Die Digitalisierung der studentischen Partizipation meint freilich nicht das Einscannen von
Studierenden, sondern stellt eine Metapher für den Veränderungsprozess der
Mitbestimmungsformen dar. Die rasche Entwicklung im Informations- und
Kommunikationsbereich durch die Etablierung elektronischer Medien bringt die Politik in
Zugzwang. So werden neue Modelle der Beteiligung auf digitalem Weg erarbeitet und
getestet. Dieser politische Prozess der Digitalisierung soll hier am Beispiel der
österreichischen Studierendenpolitik gezeigt werden.
Die institutionalisierten direktdemokratischen Partizipationsmöglichkeiten von
Studierenden an österreichischen Hochschulen halten sich in Grenzen. Zum Beispiel
kann alle zwei Jahre kann im Rahmen der Wahl der Österreichischen
HochschülerInnenschaft (ÖH) votiert werden. Theoretisch besteht auch die Möglichkeit
der Mitbestimmung über Sachfragen durch sogenannte Urabstimmungen unter den
Studierenden. Und darüber hinaus können selbstverständlich eigeninitiativ Projekte und
Aktionen gestartet werden, um die studentische Umwelt mitzugestalten.
Die politische Digitalisierung nimmt eine spannende Rolle in der studentischen
Mitbestimmung ein. Welche das ist und wie es dazu kam, soll in der vorliegenden Arbeit
thematisiert werden. Dabei ist zu beobachten, ob ein Spannungsfeld zwischen dem
Anspruch der Demokratietheorien und der praktischen Umsetzung entsteht.
Die vorliegende Analyse orientiert sich dabei an drei verschiedenen Modellen der
modernen Demokratietheorie, die den politischen Prozess jeweils unterschiedlich
skizzieren, da die Normen, die AkteurInnen und deren Verhalten in jedem der Modelle
unterschiedliche Ausgangssituationen für eine weiterführende Ableitung darstellen.
Beleuchtet werden soll vor allem die Rolle der Kommunikation in den jeweiligen Modellen.
Insbesondere der Stellenwert des Internets und der neuen Medien steht im Zentrum
dieser Arbeit.
Diskutiert werden die kompetitive, die pluralistische und die partizipatorische
Demokratietheorie. Zwar haben diese theoretischen Modelle nicht den Anspruch, eine
Anleitung für reale politische Systeme darzustellen, dennoch soll die vorliegende Arbeit
anhand dreier politischer Praxisbeispiele aus der jüngeren Geschichte der
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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österreichischen Hochschulpolitik zeigen, dass die Anwendung modellhafter Theorien auf
reale Situationen durchaus analytischen Wert hat.
So soll anhand des kompetitiven Modells die ÖH-Wahl 2009 analysiert werden. In diesem
Modell, das das politische System mit jenem der Wirtschaft vergleicht und den Gang zur
Wahlurne aus Sicht der WählerInnen wie eine Kosten-Nutzen-Rechnung erscheinen lässt,
steht der Wahlkampf im Mittelpunkt des Interesses. Die Einführung des in Österreich
erstmaligen E-Votings ist somit im Kontext des ökonomischen Vergleichs ein zentraler
Faktor für die Analyse.
Urabstimmungen der Österreichischen HochschülerInnenschaft – vor allem jene an der
Karl-Franzens-Universität in Graz 2009 und an der Johannes Kepler Universität Linz 2006
– dienen als Beispiele für die pluralistische Demokratietheorie. Diese beschreibt als
Kernelement des Modells den Wettstreit der Ideen. Die beiden Urabstimmungen von 2006
und 2009 erscheinen aufgrund der elektronischen Stimmabgabe als geeignete
Untersuchungsobjekte.
Anhand des Demokratiemodells partizipatorischen Charakters wird die unibrennt-
Bewegung rund um das Wiener Audimax im Herbst/Winter 2009 analysiert. Die Parallelen
zwischen Modell und Praxisbeispiel sind hier vor allem in der basisdemokratischen
Organisationsstruktur der Protestbewegung und der Kommunikationskultur der Bewegung
zu finden. Denn so wie das partizipatorische Modell vorsieht, wurde auch im Wiener
Audimax versucht, an jeder erdenklichen Schnittstelle einer Entscheidung die Möglichkeit
zur Beteiligung zu implementieren.
An dieser Stelle sei vermerkt, dass sich in der Auswahl der Literatur unter 74 AutorInnen
nur 15 Frauen befinden. Wer sich nicht aktiv auf die Suche nach weiblichen
WissenschafterInnen im Themenkomplex Politik und Internet macht, wird mit großer
Wahrscheinlichkeit nicht zufällig über sie stolpern. Umso mehr ein Grund, die vorliegende
Arbeit geschlechtergerecht zu formulieren. Sprache schafft Bewusstsein, daher wird die
generische Maskulinformulierung in dieser Arbeit nicht zu finden sein. Stattdessen werden
personenbezogene Substantive mit Binnen-Majuskel versehen. Zitate verbleiben
selbstverständlich im Original.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
12
3 Digitale Demokratie Digitale Demokratie ist ein Konzept, das moderne, repräsentative Demokratien ergänzt
und bereichert. Sie schafft politische Prozesse und Strukturen, die durch das Internet
möglich und erwünscht geworden sind. Die digitale Demokratie soll also keinesfalls
bestehende politische Systeme oder Strukturen aushebeln, sie hat aber sehr wohl
Auswirkungen auf diese und die politische Kultur (vgl. Meißelbach 2009, 75-77). „Digitale
Demokratie bedeutet im Kern, politische ‚Signale’ und Informationen auf neuen Kanälen
zu senden.“ (Siedenschlag 2003, 13)
Digitale Demokratie unterscheidet sich von der elektronischen Demokratie und der
Cyberdemokratie zum einen dadurch, dass der Begriff „digital“ semantisch das Internet
als zentrales Element sieht und sich somit auch von anderen Informations- und
Kommunikationstechniken abgrenzt. Zum anderen versucht das Konzept der digitalen
Demokratie sein Hauptaugenmerk darauf zu legen, welche kommunikativen Potentiale
eine Demokratietheorie in sich trägt. Das Konzept ist theorieübergreifend und findet seine
Bedeutung erst in der Kombination mit einer der Demokratietheorien (vgl. Meißelbach
2009, 75-77).
Der Forschungsstand im Bereich der Theorien rund um das Zusammenspiel von Internet
und Demokratie hat im letzten Jahrzehnt gezeigt, dass den meisten Arbeiten eine
optimistische Ausgangsposition zugrunde lag. Potentiale wurden häufig nur aus der Sicht
einer günstigen, oft der partizipatorischen Demokratietheorie heraus betrachtet und
interpretiert. Die Fronten zwischen den Netz-OptimistInnen und den Netz-PessimistInnen
verhärteten sich dadurch. In der jüngsten Vergangenheit hat sich der Diskurs auf eine
wertfreiere Ebene verlagert. Das Büro für Technikfolgenabschätzung am Deutschen
Bundestag spricht 2006 vom „zweiten Blick auf die Rolle des Internets“ (Meißelbach 2009,
75 nach Grunwald et al. 2006). Potentiale werden nun weitgehend differenziert analysiert
und das Konzept der digitalen Demokratie setzt sich durch (vgl. Meißelbach 2009, 75-77).
Meißelbachs Aufarbeitung der digitalen Demokratie auf theoretischer Ebene mit einem
Fokus auf die Offenlegung der kommunikativen Potentiale kann aufgrund seines
mangelnden Praxisbezugs durchaus kritisiert werden. Nicht zuletzt da ein solcher zeigen
hätte können, dass der Einfluss der Digitalisierung auf die Politik bereits Auswirkungen
gezeigt hat und die digitale Demokratie im politischen Prozess, den Strukturen und
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
13
Inhalten – zum Beispiel bei der Erschließung neuer Politikfelder wie jenem der digitalen
BürgerInnenrechte – bereits Fuß gefasst hat (vgl. Bieber 2010).
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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4 Die kompetitive Demokratietheorie Die Beschreibung der kompetitiven Demokratie, auch Konkurrenzdemokratie (vgl. Saage
2007), beruht in erster Linie auf Joseph Schumpeter (1950) und Anthony Downs (1968).
Schumpeter beschreibt moderne repräsentative Demokratien als ein Wettbewerbssystem
zwischen rationalen politischen Eliten. Das Schiedsgericht ist hierbei die Bevölkerung, die
in regelmäßigen Wahlen letztendlich über die Machtverteilung urteilt. Die Gewählten und
somit Legitimierten erhalten die Aufgabe, gesellschaftliche Herausforderungen zu
meistern – mithilfe politischer Prozesse und durch die Verwaltung.
Ein Merkmal der kompetitiven Demokratie, das besonders für die Frage nach den
kommunikativen Potentialen wichtig erscheint, ist die große Distanz zwischen den
BürgerInnen und deren RepräsentantInnen (vgl. Meißelbach 2009, 78-80). Damit
einhergehend attestiert Schumpeter der Bevölkerung ein niedriges politisches Interesse,
das von ihm allerdings als sinnvoll bewertet wird, da der/die BürgerIn zur Lösung von
politischen Problemen nicht rational genug sei, um über diese entscheiden zu können.
Schumpeter setzt in seiner Theorie daher auf Seiten der Regierenden auf die Qualität der
politischen Führung und auf der Seite der Regierten auf das Einhalten der gemeinsamen
Spielregeln. Damit Schumpeters kompetitives Modell funktioniert, müssen die
WählerInnen dennoch ein hohes intellektuelles und moralisches Niveau mit sich bringen
und das demokratische Regelwerk akzeptieren. Die politischen Führungseliten müssen
hoch qualifiziert sein und die Bürokratie effizient. Downs sieht zwei weitere Probleme, die
für das Funktionieren der kompetitiven Demokratie gelöst werden müssen.
Zum einen wird der Sinn der Wahl aus Sicht der WählerInnen in Relation zum eigenen
Aufwand gesetzt. Der Ökonom Downs vergleicht das politische System mit jenem des
Markts, auf dem die Parteien als Unternehmen zu sehen sind, die den KundInnen
(WählerInnen) ihr Produkt (das politische Programm) verkaufen wollen und ihr Interesse
in der Maximierung des Kapitals (der Stimmen und somit des Einflusses und der Macht)
liegt. Ist der Preis („Informationsbeschaffung, Meinungsbildung, zur Wahl gehen“
(Meißelbach 2009, 79)), unverhältnismäßig hoch, so wird gar keine Kaufentscheidung
getroffen. Analog bedeutet dies, dass der/die WählerIn der Wahl fern bleibt. Buchstein
sieht 2005 damit Hand in Hand gehend eine sinkende Wahlbeteiligung.
Das zweite Problem liege darin, dass die politische Führung immer mehr auf die
Emotionalisierung des Politischen setze. „Die Langfristigkeit und Nachhaltigkeit von
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
15
Politik, und damit ihre Effizienz, kann dadurch nachhaltig beeinträchtigt werden“, so
Meißelbach (2009, 79) im Bezug auf Buchstein.
Kritik an der Theorie Schumpeters wurde in mehreren Punkten geübt. Da Schumpeter die
Demokratie als Methode oder Mittel aber nicht als Wert an sich definierte, seien
beispielsweise Minderheiten nicht vor benachteiligenden Entscheidungen der Elite gefeit.
So sei durch den demokratischen Prozess keine freie Diskussion und Assoziation
gewährleistet, sie könnte im schlimmsten Fall sogar durch ein demokratisches Verfahren
mit Verfolgung geahndet werden (vgl. Saage 2007, 257).
Auch Downs´ Modell musste sich mit dekonstruktiver Argumentation konfrontiert sehen.
So ergibt sich in seiner Logik folgendes Paradoxon: Wenn das kapitalistisch orientierte
System seine ökonomischen Eliten reproduziert und somit lediglich jene BürgerInnen mit
finanziell starkem Background durch ihre Wahl den eigenen Einfluss in der Politik
gestärkt, also den Nutzen optimiert sehen, so scheint für die weniger kapitalstarken
BürgerInnen der Nutzen ihres Urnengangs noch geringer. Da diese aber die Masse der
BürgerInnen ausmachten, sei das System im Zusammenbruch begriffen. Als Replik auf
diese Kritik räumt Downs später ein, dass sein „homo oeconomicus-politicus“ nicht
durchgehend die eigene Nutzenmaximierung im Zentrum des Interesses sehe, sondern
durchaus durch ein soziales Verantwortungsgefühl motiviert sein könne. Der Begriff des
Nutzens wird somit um einen ideellen, nicht messbaren Faktor erweitert (vgl. Saage 2007,
258).
4.1 Kommunikation im kompetitiven Modell Im Mittelpunkt des kompetitiven Demokratiemodells steht aus kommunikativer Sicht die
Entscheidung zwischen den wahlwerbenden Gruppen, also die Wahl und vor allem der
Wahlkampf und die Kampagnen davor. Die Parteien, die sich im Zentrum sehen, treten in
einer One-to-many-Kommunikation an die WählerInnen (Peripherie) heran – meist mithilfe
der Massenmedien. Mittlerweile kann hier in einigen Formen auch das Internet
miteinberechnet werden. Van Dijk beschreibt 2000 in diesem Zusammenhang die immer
größer werdende Bedeutung von zielgruppenspezifischen Kampagnenmethoden, um weg
vom Gießkannen-Prinzip hin zu einer klientelorientierten Walkampfstrategie die
entsprechenden WählerInnengruppen mit den Botschaften der Parteien zu erreichen.
Besonders der Online-Wahlkampf kann sich hier ob der großen Menge an Information, die
die RezipientInnen erreichen, als große Herausforderung darstellen (vgl. Meißelbach
2009, 80-82).
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
16
Meißelbach glaubt nicht daran, dass die Wahlinformationen, die dem/der WählerIn via
Internet zur Verfügung stehen, ein attraktiveres Angebot darstellen, als es die klassischen
Massenmedien bieten. Er spricht zwar von einem grundsätzlich leichteren Zugang zu
Information und auch die Tatsache, dass das Web den UserInnen die Möglichkeit gibt, im
Anschluss an eine allokutive Kampagne mehr Details im Internet zu erfahren,
unterstreicht er. Dennoch müsse sich der/die WählerIn selber aktiv auf die Suche nach
der Information machen. Jene allerdings, die sich für Newsletterdienste der Parteien
eintragen oder in sozialen Medien wie Facebook die Information via Fanpage-Like quasi
abonnieren, würden laut Meißelbach regelmäßige und preiswerte Up-dates sowie
Hintergrundinformationen erhalten. Ob diese tatsächlich differenziert ausfallen, wie
Meißenbach schreibt, darf bezweifelt werden, zumal das Interesse der jeweiligen
wahlwerbenden Gruppe darin liegt, die eigene Partei als beste Wahlalternative
darzustellen. Auch ob der Einsatz sozialer Medien mit den Gegebenheiten der
kompetitiven Demokratietheorie überhaupt vereinbar ist, kann infrage gestellt werden,
zumal Schumpeter von einem Zentrum-Peripherie-Modell ausgeht, bei dem die Partei im
Zentrum steht und das wichtigste Informationsflussmuster die Allokution darstellt. Ein Web
2.0-Tool wie Facebook allerdings, sieht den/die UserIn im Mittelpunkt und lebt davon,
eben nicht von einer One-to-many-Kommunikation dominiert zu werden.
4.2 Digitale Demokratie im kompetitiven Modell Meißelbach visualisiert die digitale Demokratie im kompetitiven Modell tabellarisch
anhand der eingesetzten Mittel, deren Zweck, der Rolle der beteiligten AkteurInnen und
dem jeweils dahinter stehenden Informationsflussmuster (Meißelbach 2009, 82, Tabelle
7.1).
Wahlkampagnen werden von in Konkurrenz zueinander stehenden Parteien und
KandidatInnen für BürgerInnen organisiert. Infokampagnen für BürgerInnen mit dem
Hintergrund der Stabilität und Transparenz werden von Regierung und Verwaltung
ausgerichtet. Beide Kampagnenarten tragen das Informationsflussmuster der Allokution in
sich.
Das Muster, das hinter öffentlichen Informationsdiestleistungn steht ist die Konsultation
mit dem Zweck der Transparenz. BürgerInnen interagieren hier wechselseitig mit der
Regierung beziehungsweise mit den Parteien und KandidatInnen.
Das Mittel der Verwaltung wird mit dem Zweck der Effizienzsteigerung und
Rationalisierung beschrieben, während den Wahlen die Idee der Repräsentation,
Partizipation und Effizienz zugrunde liegt. Die beteiligten AkteurInnen sind sowohl bei
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
17
Wahlen als auch in der Verwaltung die Regierung, die Verwaltung selbst und natürlich die
BürgerInnen. Das beschrieben Informationsflussmuster ist die Registration.
4.3 Die kompetitive Demokratie am Beispiel der ÖH-Wahl 2009
Anhand des Beispiels der Wahl der Österreichischen HochschülerInnenschaft soll im
Folgenden analysiert werden, inwiefern die Annahmen des theoretischen Modells einer
kompetitiven Demokratie in der Realität zutreffen. Die Wahl 2009 eignet sich insofern, da
in Österreich erstmals die Möglichkeit der rechtsgültigen elektronischen Wahl zum Einsatz
kam.
Anthony Downs geht 1968 in seinem ökonomischen Vergleich der Politik mit dem Markt
davon aus, dass der/die BürgerIn die Entscheidung, ob er/sie an einer Wahl teilnimmt, wie
eine Kaufentscheidung trifft. Fällt die Kosten-Nutzen-Rechnung für ihn/sie positiv aus, so
nimmt er/sie an der Wahl teil. Wenn nicht, dann nicht. Die Einführung der elektronischen
Wahl birgt daher theoretisch zweierlei Potentiale: Zum Einen kann auf der Seite des
Staates bei einer breiten Nutzung ein hohes Maß an Kosten im Bereich Personal (vor
allem bei der Auszählung der Stimmen) und Infrastruktur eingespart werden. Und auch
„(..) für den Bürger können die Opportunitätskosten für den Wahlakt massiv sinken.“
(Meißelbach 2009, 81)
Auch in Österreich wird die Einführung der elektronischen Wahl seit geraumer Zeit ins
Auge gefasst. Auch hier sind als Gründe für das Vorhaben mögliche Einsparungen im
Bereich der WahlhelferInnen und die Entlastung von Wahlvorständen genannt. Durch die
digitale Auszählung kann es zu einer erheblichen Kostenreduktion kommen, die
Auszählung kann schneller und weniger fehleranfällig vom Statten gehen (vgl. Rittler
2003, 14-16). In der Realität hat sich jedoch in der jüngsten Vergangenheit gezeigt, dass
weder die Einsparungen auf staatlicher Seite durch die Einführung der elektronischen
Wahl gegeben waren, da die elektronische Wahl zusätzlich und nicht statt der Papierwahl
statt fand, noch dass die Wahlbeteiligung gestiegen wäre, wie das folgende Beispiel zeigt.
4.3.1 Entstehungsprozess der Idee elektronischer Wahlen in Österreich
Bei der Wahl der Österreichischen HochschülerInnenschaft 2009 war die elektronische
Stimmabgabe erstmals in Österreich rechtsgültig möglich. Die Idee dafür wurde jedoch
bereits fast ein Jahrzehnt zuvor geboren, als im Jahr 2000 die erste rechtsgültige
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
18
Internatwahl Europas an der Universität Osnabrück in Deutschland durchgeführt wurde.
Die ÖH-Bundesvertretung, damals unter Führung der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft
stellte im selben Jahr erstmals die Forderung nach einer Distanzwahl. Diese wurde in
Form der Möglichkeit der elektronischen Wahl in einer gemeinsamen Projektgruppe mit
dem Ministerium weiterverfolgt. Die Idee der Briefwahl konnte damals in der Diskussion
nicht Fuß fassen. Die Projektgruppe plante, eine Pilotwahl an der Wirtschaftsuniversität
Wien durchzuführen, bei der die Studierenden mithilfe einer Signaturkarte ihre Stimme
abgeben sollten. Das Projekt scheiterte allerdings an der verzögerten Ausstattung der
Studierenden mit ebendiesen Karten. 2003 organisierte die Forschungsgruppe E-
Voting.at an der WU Wien parallel zur ÖH-Wahl eine Schattenwahl unter den WU-
Studierenden. Das Experiment wurde 2004 bei der Bundespräsidentschaftswahl
wiederholt. Die Erfahrungen der Forschungsgruppe veranlassten den damaligen
Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) eine interministerielle Arbeitsgruppe einzurichten, die
den Auftrag hatte, zu evaluieren, wie und ob die Einführung der elektronischen Wahl in
Österreich Sinn mache. Das E-Voting bei den ÖH-Wahlen 2009 sollte als Testlauf dienen.
So steht seit 2004 und nach wie vor auf der Website des österreichischen
Bundesministeriums für Inneres geschrieben:
„In der österreichischen Bundesverfassung besteht derzeit keine geeignete Rechtsgrundlage für Wahlen auf elektronischem Weg („E-Voting“). Dies gilt sowohl für Modelle einer Stimmabgabe mittels eines Terminals im Wahllokal, als auch für Formen der Stimmabgabe über Internet oder über ein anderes externes Medium. Im BM.I wird die Entwicklung auf diesem Gebiet im Inland (z.B. im Bereich von Körperschaften wie der Österreichischen Hochschülerschaft) und im Ausland dennoch genau beobachtet.“3
Bei der Regierungsbildung der großen Koalition im Jahr 2007 fand das Thema E-Voting
auch erstmals im Regierungsprogramm Beachtung. SPÖ und ÖVP einigten sich darauf,
dass eine mögliche Einführung der elektronischen Wahl näher untersucht werden sollte.
Den Grundstein für die erstmalige Umsetzung einer rechtsgültigen elektronischen Wahl
setzte ÖVP-Wissenschaftsminister Johannes Hahn im Mai 2007 als er bekannt gab, bei
den ÖH-Wahlen 2009 E-Voting als Alternative zur Papierwahl anzubieten (BM:WF 2010,
6-7).
4.3.2 Struktur und Durchführung der ÖH-Wahl Die Wahlen der Österreichischen HochschülerInnenschaft finden alle zwei Jahre statt.
Geregelt sind diese im Bundesgesetz über die Vertretung der Studierenden
(Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 1998 – HSG 1998), wobei vor allem
3 BM:I Online: E-Voting. http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_wahlen/wahlrecht/E_Voting.aspx, 28.02.2011.
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19
im Bezug auf die Wahlen die Novellierung im Jahr 2005 ausschlaggebende Neuerungen
brachte.
Durch die ÖH-Wahl werden die Organe der Österreichischen HochschülerInnenschaft
gewählt und entsendet. Das passive Wahlrecht ist ordentlichen Studierenden, die EWR-
BürgerInnen sind, vorbehalten. Aktiv wahlberechtigt sind alle ordentlichen Studierenden
unabhängig ihrer StaatsbürgerInnenschaft. Sie entscheiden in einer Persönlichkeitswahl
über ihre Studienvertretung (StV). Diese entsendet Mitglieder in fakultative Organe, die
dem Organisationsplan der Universität entsprechen (zB Fakultätsvertretungen (FV),
Fachbereichsvertretungen, Departementvertretungen, etc.). Die direkte Entscheidung für
eine Fraktion, also das Listenwahlrecht, findet in der Wahl der Hochschülerinnen- und
Hochschülerschaften an den Universitäten – auch Universitätsvertretungen (UV) genannt
– statt. Die Mandate werden nach dem d´Hondtschen Verfahren verteilt. Das Ergebnis der
UV-Wahl ist ausschlaggebend für die Zusammensetzung der Bundesvertretung der
Studierenden (BV).
Die Universitätsvertretung der Studierenden ist berechtigt, im Rahmen ihrer Satzung
weitere Organe entsprechend dem Organisationsplan der Universität (zB
Fakultätsvertretung, Fachbereichsvertretung, Departementvertretung, etc.) einzurichten.
Sie hat in der Satzung festzulegen, von welcher Studienvertretung Studierende in diese
Organe zu entsenden sind. Bei der Festlegung der Zahl der von den einzelnen
Studienvertretungen zu entsendenden Vertreterinnen und Vertretern ist die Anzahl der
Studierenden des jeweiligen Studiums zu berücksichtigen.
4.3.3 Durchführung der elektronischen Wahl
Das HSG regelt die Möglichkeit der elektronischen Wahl wie folgt:
HSG § 34. (4) „(..) bei der Durchführung der Wahlen auf elektronischem Weg [ist] die Abgabe der Stimme den Wahlberechtigten auf elektronischem Weg zu ermöglichen. Das zum Einsatz kommende System muss den Sicherheitsanforderungen elektronischer Signaturen gemäß dem Signaturgesetz entsprechen und unter Berücksichtigung der Anforderungen des Datenschutzgesetzes 2000 an die Datensicherheit so ausgestaltet sein, dass die Einhaltung aller in Abs. 1 aufgezählten Grundlagen und die Erfüllung der in § 39 Abs. 1 festgelegten Aufgaben der Wahlkommission auch bei der elektronischen Wahl gewährleistet ist.“
Die in § 34. (1) angeführten Grundlagen beziehen sich im Sinne des „allgemeinen4,
gleichen5 und geheimen6 Verhältniswahlrechtes“ und der persönlich7 auszuübenden Wahl
4 siehe auch Art 26 Abs 1 und 4 B-VG
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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auf die Österreichische Bundesverfassung (B-VG) und das erste Zusatzprotokoll der
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Diese sehen weiters das
unmittelbare8 und freie9 Wahlrecht vor.
Die genaue Durchführung der ÖH-Wahl 2009 wurde durch die Hochschülerinnen- und
Hochschülerschaftswahlordnung 2005 – HSWO 2005, geregelt.
HSG §48. (2) „Die Bundesministerin oder der Bundesminister kann nach Anhörung des Datenschutzrates durch Verordnung festlegen, dass bei den Wahlen die Stimmabgabe auch auf elektronischem Weg möglich ist. Dabei muss sichergestellt werden, dass insbesondere die Anforderungen des § 34 erfüllt werden, damit die Funktionalität des elektronischen Wahlsystems alle Anforderungen an herkömmliche Wahlen in die Organe der Österreichischen Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft in zumindest gleicher Weise sicherstellt. Weiters bleibt die Teilnahme an der Wahl mittels elektronischer Stimmabgabe freiwillig, die Stimmabgabe im Rahmen konventioneller Wahl muss weiterhin möglich sein.“
Zusätzlich muss der/die BundesministerIn für Wissenschaft eine Verordnung10 zu den
Wahltagen erlassen, die unter anderem das Wahldatum beinhaltet. Die Durchführung der
Stimmabgabe auf elektronischem Weg fand von 18. bis 22. Mai 2009 statt, von 26. bis 28.
Mai konnte auf Papier gewählt werden. Die Ergebnisse beider Wahlen durften frühestens
nach Schluss des letzten Wahllokals am letzten Wahltag bekannt gegeben werden.
Die HSWO 2005 sieht eine detaillierte Regelung des Ablaufs der elektronischen ÖH-Wahl
vor. Die Begrifflichkeiten, wie sie in der Wahlordnung verwendet werden, sind genau
definiert:
HSWO 2005, 1. Abschnitt, § 1: „Im Sinne dieser Verordnung gilt als 1. E-Voting: Stimmabgabe im elektronischen Weg gemäß § 34 Abs. 4 HSG 1998 als Distanzwahl unter Nutzung des Internets; 2. Internet-Portal: Präsenz im Internet, die als zentraler Einstiegspunkt für die Benutzerinnen und Benutzer dient, die sich über E-Voting informieren oder ihre Stimme mittels E-Voting abgeben wollen; 3. Elektronisches Wahlsystem: Hardware- und Softwaresystem zur Durchführung von E-Voting; 4. Wahlserversoftware: Programm, das im Rahmen von E-Voting von der Wahlkommission zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben herangezogen wird; 5. Client: Lokales Softwaresystem bei der Wählerin oder dem Wähler zur Stimmabgabe mittels E-Voting;
5 siehe auch Art 26 Abs 1 B-VG 6 siehe auch Art 26 Abs 1 B-VG; 1. ZP EMRK 7 siehe auch Art 26 Abs 1 B-VG 8 Art 26 Abs 1 B-VG 9 Art 26 Abs 1 B-VG; 1. ZP EMRK 10 Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über die Wahltage und die sich daraus ergebenden Fristen sowie über die Zahl der von den Universitätsvertretungen, Pädagogischen Hochschulvertretungen und Fachhochschul- Studienvertretungen zu wählenden Vertreterinnen und Vertreter in die Bundesvertretung der Studierenden für die Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlen, 2009, http://www.bmwf.gv.at/fileadmin/user_upload/Verordnungsentwurf.pdf, 28.02.2011.
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6. Wahladministrationssystem: Hardware- und Softwaresystem zur Unterstützung der Wahlkommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben während der durchzuführenden Wahl.“
Diese Begrifflichkeiten stellen gleichzeitig die Architektur dar (vgl. Abb.1): Die für die
WählerInnen relevanten Komponenten des elektronischen Wahlsystems sind die Internet-
Portale und der Client. Über das Internet-Portal kann der/die WählerIn Informationen
einholen. Diese Funktion nahm bei der ÖH-Wahl 2009 die Website www.oeh-wahl.gv.at
ein. Dort fanden die WählerInnen aber nicht nur Wissenswertes über das E-Voting,
dessen Sicherheit und den Ablauf der elektronischen Wahl, sondern auch Fakten über
den ÖH-Wahlmodus im Allgemeinen, über die ÖH-Fraktionen sowie die
Mandatsverteilung innerhalb der ÖH bei den vergangenen zwei Wahlen. Vor allem im
Zusammenhang mit der Down´schen Kosten-Nutzen-Rechnungstheorie eine spannende
Tatsache, denn das Einholen von wahlrelevanter Information und die Abgabe der Stimme
erforderten lediglich das Aufrufen dieser einen Seite. Die Zielgruppe dieser Website
waren aber nicht nur jene Studierenden, die elektronisch wählen wollten, sondern auch
jene, die das nicht vorhatten.
Über das Internet-Portal konnte dann während der fünf Tage der elektronischen Wahl
zusätzlich auch die Stimme abgegeben werden. Die Vorraussetzung war allerdings der
Besitz einer BürgerInnenkarte und eines passenden Lesegeräts zur Identifizierung und
Authentifizierung. Für jene Studierende, die diese ohnehin hatten, stellte die elektronische
Wahl somit definitiv ein Ersparnis an Zeit und Aufwand dar, für jene, die keine besaßen,
löste es einen Mehraufwand aus. Die Stimmabgabe erfolgte über den Client.
Die Wahlserversoftware (zugekauft vom Anbieter Scytl) und das
Wahladministrationssystem dienten der Wahlkommission zur Administration der Wahl,
von der Eingabe der wahlwerbenden Gruppen bis hin zur Auswertung der Stimmen. Die
Unterkommissionen der Wahlkommission, also jene Teilorganisationen, die an den
Wahltagen der Papierwahl die einzelnen Wahllokale betreuten, arbeiteten ebenfalls mit
dem Wahladministrationssystem, weil dieses auch das WählerInnenverzeichnis
beinhaltete. Dieses musste zwar auch in Papierform vor Ort aufliegen, die Identität und
Wahlberechtigung der WählerInnen wurde aber im Abgleich des elektronischen und des
Papierverzeichnises durchgeführt. Besondere Vorsicht mussten die Unterkommissionen
bei der Überprüfung der Wahlberechtigung walten lassen, da Personen mit dem Vermerk
„E-Voting“ im WählerInnenverzeichnis ihre Stimme selbstverständlich kein zweites Mal in
Papierform abgeben durften.
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Abb. 1: Die Architektur der elektronischen ÖH-Wahl
(Eigene Darstellung. Quelle: HSWO 2005, 1. Abschnitt, § 1)
Die Anonymität des/der WählerIn soll „durch geeignete Methoden (z.B. blinde Signaturen,
homomorphe Verschlüsselung, Mixer)“ (HSWO 2005, § 64 (2)) sichergestellt werden.
Umgesetzt wurde dies letztendlich mithilfe eines kryptographischen Protokolls bei der
Auszählung, das mit jenem der Briefwahl zu vergleichen ist (BM:WF 2010, 5).
Die Website www.oeh-wahl.gv.at des Bundesministeriums für Wissenschaft und
Forschung bot auch eine Anleitung zur elektronischen Stimmabgabe. Zur
Identitätsüberprüfung bei der elektronischen Wahl mussten die WählerInnen über eine
aktivierte BürgerInnenkarte und ein Kartenlesegerät verfügen. Für nähere Informationen
verweist die Seite an mehreren Stellen auf die Website www.buergerkarte.at. Eine weitere
Vorraussetzung waren ein Computer oder Notebook mit Internetzugang und aktuellem
Virenscanner, Firewall und Java-Version. www.oeh-wahl.gv.at bot zudem ein
Selbstdiagnosetool, das per Mausklicke eruierte, ob das eigene Endgerät für die
Durchführung des E-Voting geeignet war.
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Die Schritte zur Durchführung der Wahl waren wie folgt beschrieben11: Zu Beginn wurden
die UserInnen auf das Feld „Zur elektronischen Stimmabgabe“ verwiesen und mussten im
Anschluss die eigene Universität auswählen. Es folgten Anweisungen zum Einsatz der
BürgerInnenkarte: Das Lesegerät musste an den Computer angeschlossen sein, die
BürgerInnenkarte musste in das Lesegerät gesteckt werden. Die Anleitung zur
Identitätsfeststellung lautete:
„Sie haben nun die Möglichkeit die Online-BKU (Bürgerkartenumgebung; empfohlen) oder die Lokale Bürgerkartenumgebung zu nutzen. (Hinweis: Die Online BKU (empfohlen) braucht keine weiteren Voraussetzungen. Hinweis: Bei der lokalen Bürgerkartenumgebung ist es notwendig, dass sie (sic!) zuerst eine lokale Bürgerkartensoftware installieren (erhältlich unter http://www.buergerkarte.at/de/voraussetzungen/software.html)). Danach werden Sie zur Eingabe des 4-stelligen PIN-Codes aufgefordert, um sich zu identifizieren. Das kann einige Sekunden dauern! Als nächstes bestätigen Sie ihre (sic!) Identität durch Ihre elektronische Unterschrift, die Sie mit der Eingabe des 6-stelligen PIN-Codes durchführen.“12
Im Anschluss an die Überprüfung der Wahlberechtigung wurde zuerst der elektronische
Stimmzettel für die Wahl der Universitätsvertretung mit dem Hinweis einer
wahlwerbenden Gruppe die Stimme zu geben angezeigt. Danach konnten die
WählerInnen ihren StudienvertreterInnen die Stimme schenken. Den Vermerk, unter
welchen Umständen die Stimme ungültig ist, hatten die elektronischen WählerInnen den
PapierwählerInnen voraus. War einE StudentIn an mehreren Universitäten inskribiert, so
wurde dieser Vorgang für die andere(n) Universitäten wiederholt. Zuletzt wurden den
UserInnen zur Kontrolle noch einmal alle elektronischen Stimmzettel im Überblick
angezeigt. Den Abschlussakt der elektronischen Wahl bildete eine eidesstattliche
Erklärung, bei der der/die UserIn bestätigen musste, dass er/sie die Stimme persönlich,
unbeobachtet und unbeeinflusst abgegeben hatte. Zur Überprüfung, ob die Stimme
angekommen sei, wurde den Studierenden der sogenannte „Stimmencheck“ (APA 2009c)
empfohlen:
Nach erfolgreicher Speicherung Ihrer Stimme zeigt Ihnen das Wahlsystem Ihren Prüfcode und den zugehörigen Bestätigungscode an. Bitte notieren bzw. kopieren Sie sich diese Codes, um damit nach der Wahl zu überprüfen, ob Ihre Stimme gezählt wurde.13
4.3.4 Im Vorfeld der Wahl: Pro E-Voting
Der Wahlkampf im Vorfeld der ÖH-Wahl 2009 war thematisch nicht nur von klassischen
hochschulpolitischen Fragen geprägt, sondern auch der oben beschriebene Wahlmodus
11 ÖH-Wahl-Seite des BM:WF: E-Voting Kurzanleitung. http://www.oeh-wahl.gv.at/Content.Node/33092_71.html, 28.02.2011. 12 ebd. 13 ebd.
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war ein umstrittenes Thema. Stellung bezogen nicht nur Personen und Organisationen,
die direkt in die ÖH involviert waren, sondern ein breiter Kreis an WählerInnen sowie
PlayerInnen innerhalb der österreichischen Politik- und Medienlandschaft.
85 Prozent der Studierenden befanden Anfang des Jahres 2009 E-Voting bei den ÖH-
Wahlen für „eine gute Sache“ (APA 2009d). Das Wissenschaftsministerium beauftragte
Meinungsforscher Peter Hajek damit, 600 Studierende zu diesem Thema zu befragen.
Nur zwölf Prozent hielten E-Voting für „weniger gut“ (ebd.). Diese Gruppe wurde als
„politisch Involvierte“ und „Informierte“ identifiziert. Sowohl die Zahl der KritikerInnen, als
auch jene der BefürworterInnen stieg im Vergleich zum Vorjahr leicht. Laut der Studie
wisse aber bereits jedeR zweite Studierende von der Existenz der elektronischen Wahl
(vgl. ebd.).
Innerhalb der hochschulpolitischen Landschaft stand lediglich die ÖVP-nahe
Aktionsgemeinschaft der digitalen Wahl positiv gegenüber. Sie würde das „E-Voting
kritisch beobachten, jedoch keine blinde Blockade-Politik betreiben“ (APA-OTS 2009).
Ähnlich war das Verhalten der Parteien. Lediglich die ÖVP, also die Partei von
Wissenschaftsminister Hahn, trat öffentlich als Fürsprecherin der elektronischen Wahl auf
(BM:WF 2010, 110).
4.3.5 Im Vorfeld der Wahl: Contra E-Voting
Große Teile der ÖH-Bundesvertretung lehnten die Internet-Wahl ab. Die WählerInnen
seien durch die Einflussmöglichkeit Dritter gehindert ihre Stimme geheim abzugeben (vgl.
APA 2009a). In erster Linie waren es die linken Fraktionen und die Hochschulgruppen
technischer Fachbereiche, die ihre Kritikpunkte an der elektronischen Wahl lautstark
kommunizierten. Vor allem auf jenen Studierendenvertretungsebenen, an denen besagte
Unigruppen in Regierungsfunktion waren, nutzte man auch die ÖH um Negative
Campaigning zu machen. Anfang April starteten die linken Fraktionen ihre Kampagne
gegen das E-Voting. Dazu gehörte auch, sicherzustellen, dass die Minderheitsregierung
der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft in der ÖH-Bundesvertretung nicht entgegen der
mehrheitlich E-Voting-feindlichen Stimmung innerhalb der BV Werbung für die
elektronische Wahl machte. So konnte sich der VSStÖ mit einem Antrag in einer Sitzung
der BV durchsetzen, der vorsah in der Maiausgabe der bundesweiten ÖH-Zeitschrift „Uni-
Versum“ einen Schwerpunkt über die Schattenseiten der elektronischen Wahl zu
veröffentlichen. Zudem durften keine redaktionellen oder gekauften Beträge wie Inserate,
die sich für E-Voting positionierten, in der Zeitschrift Platz finden (vgl. APA 2009f).
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Die grün-rot-rote ÖH Uni Wien produzierte beispielsweise einen Video-Spot mit den Titel
„Spot E-Voting“14, in dem sie dazu aufrief, das Wahlkreuz auf Papier zu machen. Ihre
Kampagne unter dem Titel „Mach dein X lieber in der Wahlkabine“ wurde auch von
Plakaten und anderen Druckwerken begleitet. Bereits im Jahr 2007 sprach sich die ÖH
Uni Wien im Rahmen einer Stellungnahme15 gegen E-Voting aus: „Die geplante
Einführung des so genannten E-Votings ist sowohl für die Hochschülerinnen- und
Hochschülerschaftswahlen als auch für alle anderen Wahlen abzulehnen“, hieß es da.
Sollte die elektronische Wahl gegen den Willen der ÖH eingeführt werden, werde die ÖH
dies boykottieren, was zwei Jahre später auch umgesetzt wurde. Die Kritikpunkte16 der
ÖH Uni Wien reichten von der Einschränkung der BürgerInnenrechte auf freies und
geheimes Wahlrecht bis zur Warnung vor Überwachung und Manipulierung der
Stimmabgabe. Die ÖH Uni Wien verwies außerdem auf den Rücktritt der
Wahlkommissionsvorsitzenden der Uni Wien, Gerda Marx, die gemeinsam mit ihrem
Stellvertreter aufgrund von datenschutzrechtlichen Bedenken bezüglich der
elektronischen Wahl ihr Amt niederlegte.17 In einer Reihe von Presseaussendungen im
Vorfeld der ÖH-Wahl thematisierte die Studierendenvertretung die Schattenseiten der
elektronischen Wahl immer wieder. Eine der Kernbotschaften, die immer wieder
getrommelt wurde, brachte Sophie Wollner (VSStÖ) vom Vorsitzteam der ÖH Uni Wien
auf den Punkt: „Die Studierenden an der Uni Wien dürfen ihres Verfassungsrechts auf
geheime und persönliche Stimmabgabe nicht beraubt werden, um bei Hahns Testläufen
Versuchskaninchen zu spielen.“18
Die Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ) prangerte die Nutzung der Studierendendaten
durch das Bundesrechenzentrum (BRZ) an. Sie kritisierten das BRZ zudem aufgrund der
Beauftragung des spanischen Software-Unternehmens Scytl, das in der Vergangenheit in
anderen Ländern schon mehrmals negativ evaluiert wurde. Scytl war nach der
Ausschreibung abgelehnt worden, dennoch kaufte das BRZ die Wahlsoftware und die
dazugehörenden Dienstleistungen von Scytl zu. Das Wissenschaftsministerium
entgegnete die Korrektheit des Vergabeverfahrens (vgl. APA 2009b).
14 oehuniwien auf YouTube, 06.05.2009: Stop E-Voting. http://www.youtube.com/watch?v=qNw5BjKMNyI&feature=player_embedded, 28.02.2011. 15 ÖH Uni Wien Online: Stellungnahme der ÖH Uni. http://www.oeh.univie.ac.at/politik/e-voting-oeh-wahl/stellungnahme-der-oeh-uni-wien.html, 28.02.2011. 16 ÖH Uni Wien Online: E-Voting bei der ÖH-Wahl. http://www.oeh.univie.ac.at/politik/e-voting.html, 28.02.2011. 17 ÖH Uni Wien Online, 23.03.2009: ÖH Uni Wien fordert Aus für e-Voting. http://www.oeh.univie.ac.at/politik/e-voting-oeh-wahl/presseaussendungen/pa-23-03-2009.html, 28.02.2011. 18 ebd.
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Die GRAS ortete eine „gravierende Gefährdung des Datenschutzes“ (APA 2009e). Sie
suchte bei der Datenschutzkommission um eine Prüfung des E-Votings an und betonte,
dass es „keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung von E-Voting"
(ebd.) gebe. Wenige Wochen vor der ÖH-Wahl kündigten GRAS und Grüne eine
Anfechtung des E-Votings an. Die damalige Spitzenkandidatin der GRAS und spätere
Vorsitzende der ÖH, Sigrid Maurer, ging damals davon aus, dass der
Verfassungsgerichthof (VfGH) ihr Recht geben würde, zumal VfGH-Präsident Gerhart
Holzinger zuvor bereits Kritik am Wahlmodus geäußert hatte. Unterstützung bekam
Maurer auch von Daniela Musiol, Verfassungssprecherin der Grünen: „Derzeit kenne ich
(..) kein System, bei dem die demokratiepolitischen Voraussetzungen gewährt sind." (APA
2009g)
Die GRAS versuchte aber nicht nur mit rechtlichen Schritten gegen das E-Voting
vorzugehen, sondern kampagnisierte das Thema auch. So machten die grünen
Studierenden zum Beispiel mit der Website www.oeh-wahlen.at/ auf die
Manipulationsgefahr bei der elektronischen ÖH-Wahl aufmerksam. Die graphisch ähnlich
wie www.oeh-wahl.gv.at gestaltete Seite sollte eine Persiflage der Wahlseite des
Ministeriums sein. Robert Krimmer, der E-Voting-Zuständige des
Wissenschaftsministeriums sprach indes von WählerInnenverunsicherung (vgl APA
2009g-i). Die Persiflage wurde auch im Evaluierungsbericht des BM:WF (2010, 28)
erwähnt.
Gleich zu Beginn der elektronischen Wahltage machte der VSStÖ auf Fehler auf den
elektronischen Stimmzetteln aufmerksam: Kurzbezeichnungen der Fraktionen würden
fehlen und einzelne wahlwerbende Gruppen seien mit einem falschen Namen angeführt
(APA 2009h). Der VSStÖ forderte den Abbruch der elektronischen Wahl. Den Fehler bei
der Übertragung der Kandidaturen gestand Krimmer zwar ein, einen Abbruch der Wahl
verneinte Bernhard Varga, der Leiter der Bundeswahlkommission, allerdings (APA 2009i-
j).
Die Mutterparteien der Unifraktionen positionierten sich, wenn auch in der Tonalität
anders, inhaltlich sehr ähnlich ihrer jeweiligen Studierendenorganisationen. Grüne und
FPÖ lehnten E-Voting grundsätzlich ab, SPÖ und BZÖ zeigten sich zwar elektronischen
Mitbestimmungsformen gegenüber offen, kritisierten sehr wohl aber die konkrete
Umsetzung. Die vier genannten Parteien stützten sich allesamt auf das
demokratiepolitische Argument der Gefährdung der freien und geheimen Wahl und
warnten vor der möglichen Einflussnahme auf den/die WählerIn (FPÖ) oder vonseiten des
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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Computersystems (Die Grünen). Sie alle bemängelten zudem die Projektdurchführung im
Bezug auf „die Auswahl der durchführenden Unternehmen, (die) mangelnde rechtliche
Basis, (die) Lücken in den Sicherheitsvorkehrungen und (die) Fehler in der
Dateneinspielung (Stimmzettel etc.)“ (BM:WF 2010, 110).
Verfassungsjurist Heinz Mayer kritisierte eine mögliche Manipulation des Wahlvorgangs
aufgrund fehlender kontrollierender ExpertInnen (vgl. APA 2009a). Im Bezug auf die
Anfechtbarkeit der Wahl wegen der mangelhaften Formulierung der elektronischen
Stimmzettel argumentierte Mayer mit der HSWO, in der geschrieben stehe, dass die
Internet-Stimmzettel "in größtmöglicher Anlehnung" an die Papier-Stimmzettel zu
gestalten seien, was in diesem Fall nicht gegeben sei. Mayer sah bereits zum Zeitpunkt
der ÖH-Wahl 2009 eine „(..) große Chance auf Aufhebung (..)“ dieser (APA 2009k).
Zahlreiche unabhängige Initiativen begleiteten die Vorwahlzeit. Hervorzuheben ist hierbei
die wahrscheinlich größte Aktion, die Internet Plattform http://papierwahl.at/, die sich mit
dem Slogan „Wissen Sie, was in einem Wahlcomputer wirklich passiert?“ schmückt. Die
InitiatorInnen waren zwei E-Voting KritikerInnen der Technischen Universität Wien, die
Unterstützung durch die HTUs Wien und Graz, sowie die ÖH Uni Graz bekamen und
sogar in einer Kooperation mit den deutschen Chaos Computer Club agierten. Als
Motivation für ihre Mash-up-Seite geben die BetreiberInnen an:
„Dieses Weblog ist als eine Sammlung von Beiträgen zu elektronischen Wahlen entstanden und bietet Bürgern die Möglichkeit sich über die Risiken von elektronischen Wahlen zu informieren. Wir wollen nicht unbedingt E-Voting generell und unreflektiert ablehnen, wir wollen informieren und bei aller Technikverliebtheit auch Schwachstellen und Probleme der neuen Wahlmethoden aufzeigen. Die Motivation für diese Seite waren die vielen Seiten der E-Voting-Gegenbewegungen im Ausland (siehe E-Voting-Blogs) und einer fehlenden Gegenstimme mit entsprechendem Gegengewicht zu den Befürwortern von elektronischen Wahlen in Österreich.“19
4.3.6 Ergebnisse der ÖH-Wahl 2009 Abbildung 2 zeigt im Folgenden wie die Wahlbeteiligung bei der ÖH-Wahl 2009 an den
jeweiligen Universitäten und insgesamt ausfiel. Vor allem weil der Einführung des E-
Votings im Vorhinein eine steigende Wahlbeteiligung attestiert wurde, ist die Betrachtung
der Ergebnisse im Hinblick auf die Wahlbeteiligung aufschlussreich. Speziell ausgewiesen
wird in der Tabelle die Höhe der elektronischen Wahlbeteiligung.
19 papierwahl.at: Über. http://papierwahl.at/about/, 28.02.2011.
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28
Abb. 2: Wahlbeteilung bei der ÖH-Wahl 2009 inklusive E-VoterInnen
(Quelle: BM:WF 2010, 89-99)
Die Wahlbeteiligung bei den ÖH-Wahlen fiel 2009 noch geringer aus, als in den Jahren
davor. Von den insgesamt 230.528 wahlberechtigten Studierenden gaben 59.392 ihre
Stimme ab, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 25,76 Prozent aller
Wahlberechtigten. Davon entschieden sich 57.231 Studierende (24 Prozent aller
Wahlberechtigten), ihre Wahl auf Papier in einer Wahlkabine zu treffen. Nur 2.161
Studierende (0,94 Prozent) bevorzugten die elektronische Stimmabgabe. Den höchsten
Anteil an E-VoterInnen konnte in realen Zahlen die Wirtschaftsuniversität Wien mit 525
Stimmen, also 2,46 Prozent verbuchen – trotz der Tatsache, dass die WU Wien nur die
Universität mit der viertgrößten Zahl an Wahlberechtigten war. Prozentuell an den
Wahlberechtigten gemessen, erreichte die Montanuniversität Leoben mit 4,18 Prozent E-
VoterInnen den Spitzenwert. An der Veterinärmedizinischen Universität Wien, der
Akademie der bildenden Künste und der Universität für künstlerische und industrielle
Gestaltung Linz hingegen wählte nicht einmal einE StudentIn elektronisch.20
20 Bei der Auszählung der elektronischen Stimmen am 28. Mai 2009 sprach Robert Krimmer noch davon, dass an sieben Universitäten keine einzige Person elektronisch gewählt hätte (APA 2009m), der Evaluierungsbericht weist lediglich drei Universitäten mit null elektronischen Stimmen auf. Jene fünf Universitäten, an denen nicht mehr als drei Personen elektronisch gewählt haben, mussten besagte acht
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Aufgrund der Ergebnisse der Wahlen an den einzelnen Universitäten ergab sich für die
Legislaturperiode 2009 bis 2011 folgende Mandatsverteilung nach d´Hondt für die
Bundesvertretung der Studierenden: AG: 22, GRAS: 15, FLÖ: 15, VSStÖ: 8, KSV-KJÖ: 1,
RFS: 1, Mach´s: 1, KSV-LiLi: 1, CLEMENTINE: 1, sonstige: 4. Die restlichen 16 Mandate
hatten VertreterInnen der Fachhochschulen inne. Gesamt ergibt das eine Mandatszahl
von 85 Mandaten.21 Ein amtliches Wahlergebnis lag allerdings nicht wie bei vergangenen
Wahlen kurz nach Schluss der Wahllokale vor. Verzögerungen löste die elektronische
Wahl bei der Auszählung an der Universität Graz aus. Das endgültige Wahlergebnis
konnte erst einen Tag nach Ende der Wahlen bekannt gegeben werden (vgl. APA 2009p).
Die Koalition innerhalb der BV ergab sich letztendlich nach mehreren Wahlgängen bei der
konstituierenden Sitzung der ÖH-Bundesvertretung, in der sich am Ende die GRAS
gemeinsam mit dem FH-Klub FEST durch Unterstützung des VSStÖ, der auch aktiv an
der Exekutivarbeit mitwirkte, durchsetzte.22
4.3.7 Reaktionen und Evaluierung des E-Votings
Trotz der aufgezeigten Mängel und der geringen Quote der elektronischen
Wahlbeteiligung resümierte der Sprecher von Wissenschaftsminister Hahn am letzten Tag
der elektronischen ÖH-Wahl das E-Voting positiv: „Unser erstes Ziel, dass die Wahlen
technisch korrekt und ohne Störungen verlaufen, haben wir zu hundert Prozent erfüllt."
(APA 2009l) Und auch Robert Krimmer zog am Ende der Wahlen eine positive Bilanz: „(..)
es habe lediglich "kleinere Probleme" gegeben, etwa bei Studenten, deren Familienname
mit einem Umlaut beginnt.“ (APA 2009n) Wissenschaftsminister Johannes Hahn zeigte
sich wegen der „Patzer“ ebenfalls gelassen (APA 2009o).
Aus dem bürgerlichen Lager waren nach den ÖH-Wahlen 2009 in erster Linie
Glückwünsche an die AktionsGemeinschaft zu vernehmen. Grüne und FPÖ erklärten das
„E-Voting-Experiment“ als gescheitert. „Die Wahlbeteiligung ist (..) noch weiter gesunken
Studierende auffordern erneut zur Wahl zu erscheinen, und diesmal in Papierform zu wählen. Die elektronischen Stimmen würden somit verfallen. Gesamt kann also von acht Universitäten gesprochen werden, an denen kein E-Voting stattgefunden hat. Die Medizinische Universität Innsbruck mit drei E-Votes wird in der Liste der APA nicht angeführt. 21 ÖH-BV Online, http://www.oeh.ac.at/#/organisation/oeh-wahl/archiv-wahlergebnisse/ergebnisse-bundesvertretung-2009/, 28.02.2011. 22 vgl. derstandard.at, 29.06.2009: GRAS-Kandidatin Sigrid Maurer neue Studenten-Chefin. http://derstandard.at/1245820341514/OeH-GRAS-Kandidatin-Sigrid-Maurer-neue-Studenten-Chefin?seite=7, 28.02.2011.
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30
und das kostspielige E-Voting wurde so gut wie gar nicht in Anspruch genommen", so
Grünen-Verfassungsprecherin Musiol (vgl. APA 2009q).
Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung veröffentlichte im März 2010
einen Evaluierungsbericht über das „E-Voting bei den Hochschülerinnen- und
Hochschülerschaftswahlen 2009“ (BM:WF 2010). Die Evaluierung erfolgte in gemischter
Form: Die interne Evaluierung wurde von der E-Voting.CC gGmbH – Kompetenzzentrum
für elektronische Wahlen und Partizipation, IVM Institut für Verwaltungsmanagement
GmbH und der TU Wien INSO – Forschungsgruppe Industrial Software durchgeführt. Für
die externe Evaluierung zeichnete SORA – Institute for Social Research verantwortlich.
Sämtliche Partnerinstitutionen der internen Evaluierung waren aber auch an der
Umsetzung des Projekts beteiligt23. Das Ministerium war für das Projektmanagement
zuständig, die E-Voting.CC wurde aufgrund ihrer „E-Voting-Kompetenz und Erfahrung“
(ebd. 8) unterstützend hinzugezogen, die Jobdescription der IVM siedelte sich ebenfalls
im Bereich des Projektmanagements an und die INSO bearbeitete die technischen und
sicherheitsrelevanten Aspekte.
Die AutorInnen des Berichts sprechen gleich zu Beginn davon, dass der Einsatz von E-
Voting „eines der anspruchsvollsten E-Governance-Projekte des Jahres 2009“ gewesen
sei (BM:WF 2010, 5). Von Anfang an war man sich der Herausforderung und der
Konsequenzen bewusst. So heißt es in der Management Summery des Berichts:
„Da es sich bei den Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlen um admi- nistrativ sehr herausfordernde Wahlen handelt, stellte neben der technischen Implementierung die Anpassung der rund um die Organisation der Wahlen notwendigen Prozesse eine besondere Herausforderung dar. Durch dieses Pilotprojekt konnten so für den österreichischen Rechtsrahmen angepasste Standardprozesse entwickelt werden, die auf Basis der gemachten Erfahrungen für zukünftige Projekte weiter optimiert werden können.“ (BM:WF 2010, 5)
Die deklarierten Ziele für das Projekt E-Voting bei den ÖH-Wahlen lassen sich in drei
Schwerpunkte zusammenfassen. Erstens sollte die elektronische Wahl etabliert und ein
Diskurs darüber ausgelöst werden. Zweitens sollte die Beteiligung an der Wahl erleichtert
werden (Stichwort Auslandssemester, Berufstätige, Studierende mit Behinderung, etc.).
Und drittens sollte mithilfe des E-Votings die Quote der BürgerInnenkartenbesitzerInnen
unter den Studierenden erhöht werden. (BM:WF 2010, 7)24
23 Die Presse Online berichtet am 3. März 2010 über den Evaluierungsbericht der BM:WF, „(..) den unter anderem jenes Unternehmen selbst erstellt hat (..)“, das an dem Projekt mitgewirkt hat. Zwar spricht die Presse hier nur von einem der Unternehmen, der Kritikpunkt der Eigenbewertung wird jedoch angeführt. (vgl. Die Presse Online, 03.04.2010: ÖH-Wahl 2011: Aus für die Online-Wahl. http://diepresse.com/home/bildung/universitaet/556208/OeHWahl-2011_Aus-fuer-die-OnlineWahl, 28.02.2011.) 24 Aus dem Evaluierungsbericht geht nicht hervor, wer diese Ziele wann erarbeitet oder beschlossen hat.
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31
Evaluiert wurden der Kontext (Technologie, Recht, Politik, Gesellschaft) der
elektronischen Wahl, die Komponenten (Projektstruktur, Bestandteile) sowie die
Durchführung (Vorwahl-, Wahl- und Nachwahlanlyse). Lediglich die
gesellschaftspolitische Analyse war Teil der externen Evaluierung. Die rechtlichen
Rahmenbedingungen, die technische Infrastruktur, das E-Voting aus Sicht der
WählerInnen, das E-Voting aus Serversicht, die Vorwahlphase, die Wahlphase und die
Nachwahlphase wurden von jenen evaluiert, die auch für die Umsetzung verantwortlichen
gewesen waren.
„Dabei wird anhand der eingangs definierten Ziele (..) die Durchführung (..) hinsichtlich der Zielerreichung (..) überprüft. Anschließend werden Maßnahmen (..) zum Aufdecken der konkreten Potentiale für künftige Anwendungen herausgearbeitet.“ (ebd. 10)
Die Medienanalyse des Berichts spricht von zwei Gruppen, die einander im öffentlichen
Diskurs gegenüber standen. Auf der einen Seite das BM:WF und die ihm zugehörigen
Personen, die sich E-Voting gegenüber positiv artikulierten. Die gesetzten Botschaften
bewegen sich im Bereich der technischen Innovation und der abgeleiteten Vorteile wie die
ortsunabhängige Stimmenabgabemöglichkeit. Auf der anderen Seite standen die
SprecherInnen unterschiedlicher fachlicher und politischer Gruppen, die die Nachteile der
elektronischen Wahl kommunizierten. In einem Sample von 181 untersuchten Artikel
wurden in 41 Prozent die Positiv-AkteurInnen platziert. 65 Prozent beinhalteten jene
AkteurInnen, die sich negativ äußerten. Die AutorInnen den Berichts stellten außerdem
fest, dass 80 Prozent der Beiträge zum Thema E-Voting auf demokratiepolitischen oder
juristischen Aspekten beruhten und nur 14 Prozent einen direkten Kontext zur ÖH-Wahl
herstellten. Begründet wurde dies mit einer „verzögerten Diskussion rund um die
Wahlrechtsänderung und die Einführung der Briefwahl als Distanzwahlverfahren“ in
Österreich ein Jahr zuvor (BM:WF 2010, 109). Festgehalten wurde auch, dass der
Diskurs fast ausschließlich von MedienplayerInnen und EntscheidungsträgerInnen, nicht
aber mit den betroffenen Studierenden geführt wurde. Auch deren Lebensrealitäten
flossen in keine der Argumentationen beider Seiten ein. Diskutiert wurde anhand
demokratiepolitischer und schwer nachvollziehbarer technischer Aspekte (vgl. BM:WF
2010, 110).
Das mediale Interesse am Negative Campaigning war groß. Baminger erklärt diese
Tatsache (2006, 42; nach Esser/Reinemann/Fan 2001) mit der Theorie der
Metacommunication. In den Medien erscheine „(..) Negative Campaigning öfter und
dominierender, weil sich die politische Berichterstattung weniger mit Botschaften der
Wettbewerber befasst (..)“ als mit den Besonderheiten der Wahlkampfkommunikation.
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32
Die Ableitungen im Rahmen des Evaluierungsberichts zielen in erster Linie auf technische
Verbesserungsmöglichkeiten für zukünftige Projekte ab. Thematisiert wurde vor allem der
Einsatz der BürgerInnenkarte und die Usability dieser. Viele Studierende konnten ihre
Stimme nicht online abgeben, weil sie ihren PIN-Code vergessen hatten (BM:WF 2010,
117). Um zukünftige Beteiligungsverfahren digital abwickeln zu können, bedürfe es einer
stärkeren Durchdringung der BürgerInnenkarte und einer besseren Vertrautheit mit dem
System (BM:WF 2010, 118).
Die externe Evaluierung beurteilt das E-Voting insgesamt als gut vorbereitet und trotz
juristischer Pannen als funktionierend. Als auffällig beschreiben die AutorInnen die Kluft
zwischen der studentischen Lebensrealität und deren Wahlverhalten, da Studierende an
sich eine technologieaffine Gruppe darstellen würden, aber nur wenige die elektronische
Wahlmöglichkeit tatsächlich genutzt haben. Zurückgeführt wird dies durchaus auf die
Problematisierung von E-Voting im Wahlkampf. Für zukünftige E-Voting-Versuche raten
die AutorInnen des Evaluierungsberichts zu entsprechenden vertrauensbildenden
Aufklärungsmaßnahmen (vgl. BM:WF 2010, 113-114).
4.3.8 Ausblick: E-Voting in der Zukunft? Von 24. bis 26. Mai 2011 finden die nächsten Wahlen der Österreichischen
HochschülerInnenschaft statt. Diesmal allerdings ohne E-Voting. Der
Bundeswahlkommission lagen nach der ÖH-Wahl 2009 rund 30 Einsprüche gegen diese
Wahl vor, unter anderem aufgrund der Schlampereien bei der Übertragung der
Fraktionsnamen in das E-Voting-System an der Uni Wien. Außerdem fehlten auf den
elektronischen Stimmzetteln die Kurzbezeichnungen aller wahlwerbenden Gruppen. Die
Wahl an der größten Universität Österreichs wurde am 1. Dezember 2009 aufgehoben.
Die Bundeswahlkommission stellte den entsprechenden Bescheid für die Aufhebung aus.
Die zweiwöchige Berufungsfrist wurde nur von der AktionsGemeinschaft genutzt. Somit
wanderte die Entscheidung über eine Wahlaufhebung an die nächsthöhere Instanz, die
Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung, Beatrix Karl, die Nachfolgerin von
Johannes Hahn (vgl. APA 2009r, APA 2010a).
KritikerInnen und BefürworterInnen der elektronischen Wahl hatten gespannt auf die
Entscheidung von Wissenschaftsministerin Karl (ÖVP) über den Einsatz von E-Voting
gewartet. Diese hielt aber zum Zorn einiger ParteikollegInnen von einer Neuauflage
Abstand und begründete ihren Schritt mit dem Argument, die BürgerInnenkarte sei zu
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
33
wenig akzeptiert. Die Presse Online verweist zudem auf den Evaluierungsbericht des
BM:WF und unterstreicht, dass der kritische Diskurs in der Öffentlichkeit der Wahl im
Allgemeinen und dem E-Voting im Speziellen nicht dienlich gewesen sei. Die Kleine
Zeitung Online erwähnt zudem Karls Einschätzung, dass die Ablehnung des E-Votings
durch die ÖH ein Hemmnis gewesen sei (vgl. APA 2010b).25
4.4 Ableitungen
Das Experiment E-Voting ist in Österreich vorerst fehlgeschlagen. Zu groß waren die
Zweifel an der technischen und demokratiepolitischen Sicherheit. Der öffentliche Diskurs
rund die digitale Wahl war geprägt von einer überwiegend negativen Schlagseite. Das
Negative Campaigning gegen das E-Voting hielt die WählerInnen letztendlich auch davon
ab, ihre Stimme elektronisch abzugeben. So ist es den GegnerInnen gelungen, eine
Strategie zu entwickeln, durch die die negativen Seiten von E-Voting ins Zentrum der
medialen Debatte gerückt wurden. Das Ziel einer Negativkampagne ist es, im Vergleich
zu den GegnerInnen ein attraktiveres Wahlangebot darzustellen (vgl. Baminger 2006, 22;
nach Althaus 2002, Pichl 2004). Der Wahlmodus war hier Programm.
Dass die Wahlbeteiligung bei der ÖH-Wahl 2009 noch weiter gesunken ist als schon in
den Jahren zuvor, kann auch daran liegen, dass sich WählerInnen vom Negative
Campaigning abgeschreckt fühlten. „Negativkampagnen sind De-
Mobilisierungskampagnen“, so Althaus (2005, 126).
Man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen: Negative Campaigning hat den Effekt
der Demobilisierung der WählerInnen. Da die Hebung der Wahlbeteiligung als Grund für
die Einführung des E-Votings galt, schien eine weiter sinkende Wahlbeteiligung, oder
zumindest eine nicht steigende, als Beweis für das Scheitern der elektronischen Wahl.
Diese Wirkung kann durchaus ein Mitgrund für die InitiatorInnen gewesen sein, überhaupt
Negativ-Aktionen zu setzen (vgl. Pichl 2004, 61; Filzmaier/Plasser 2005, 261).
25 vgl. Die Presse Online, 03.04.2010: ÖH-Wahl 2011: Aus für die Online-Wahl. http://diepresse.com/home/bildung/universitaet/556208/OeHWahl-2011_Aus-fuer-die-OnlineWahl, 28.02.2011; Kleine Zeitung Online, 02.04.2010: Karl sagt E-Voting für ÖH-Wahl 2011 ab. http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/2326203/karl-sagt-e-voting-fuer-oeh-wahl-2011-ab.story, 28.02.2011.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
34
5 Die pluralistische Demokratietheorie Das Modell der pluralistischen Demokratie (Fraenkel 1968) geht davon aus, dass die
unterschiedlichen Interessen einer Gesellschaft in einem regulativen Prozess das
Gemeinwohl formen. Die AkteurInnen in diesem Modell sind neben den Parteien vor allem
die Interessenverbände und die Massenmedien. Während im kompetitiven Modell der
Wahlsieg einer Fraktion im Vordergrund steht, geht es in der pluralistischen
Demokratietheorie um das Durchsetzen einer Idee. Die BürgerInnen nehmen in diesem
Modell eine aktive Rolle ein, die über den Wahlakt hinausgeht: Sie beteiligen sich intensiv
am Meinungs- und Willensbildungsprozess. Um die Stabilität des Systems zu garantieren,
existiert ein staatliches Regelwerk, über das gesellschaftlicher Konsens herrscht. Für die
Ausgewogenheit des Ideenwettstreits zwischen den VertreterInnen der einzelnen
Partikularinteressen hat ebenfalls der Staat mithilfe entsprechender Maßnahmen zu
sorgen (vgl. Meißelbach 2009, 82-84).
Meißelbach spricht 2009 von drei Voraussetzungen, die für den Erfolg des pluralistischen
Modells gegeben sein müssen: Das Vertrauen in den Staat im Bezug auf das
Regelsystem, das Bedürfnis der BürgerInnen, ihre Interessen (in einem fairen Wettstreit)
zu artikulieren und durchzusetzen und nicht zuletzt die Offenheit und
Selbstregulierungsfähigkeit des Systems.
Aufgrund der zentralen Rolle der Interessenverbände im vorliegenden Modell, bedürfen
diese einer Definition: Nach Sahner (1993, 26) ist ein Interessenverband ein
Zusammenschluss von natürlichen oder juristischen Personen, der freiwillig oder durch
Zwang erfolgte. Der Interessenverband verwirklicht die Interessen der Mitglieder oder
versucht auf Gemeinschaftsentscheidungen einzuwirken oder an diesen mitzuwirken.
Diese Definition erlaubt die Inkludierung von Vereinen und Verbänden und exkludiert
BürgerInneninitiativen aufgrund ihrer mangelnden Verfasstheit und Parteien aufgrund
ihres Strebens nach politischer Machtübernahme.
5.1 Kommunikation im pluralistischen Modell
Die Struktur der AkteurInnen in einem Demokratiemodell pluralistischen Charakters stellt
die Interessengruppen und die Massenmedien in das Zentrum des Geschehens. Die
Gesellschaft selbst weist eine Netzwerkstruktur auf, in der jedes Subzentrum für die
Artikulation seiner Interessen verantwortlich ist. Aufgrund der Ähnlichkeit zur Struktur des
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
35
Internets erweisen sich dieses und die pluralistische Modell-Gesellschaft als scheinbar
günstige Partner. „Die kommunikative Entgrenzung und das Web 2.0-Postulat stellen das
Netzwerkmedium als kraftvolles Werkzeug auch derer dar, die geographisch verstreut
oder in irgendeiner anderen Weise an der Formierung ‚klassischer’ Interessengruppen
gehindert sind.“ (Meißelbach 2009, 84) Nur durch ein Medium wie das Internet, das
breitgefächerte Kommunikationskanäle bietet, kann eine vielschichtige Gesellschaft ihre
Repräsentation finden (vgl Meißelbach 2009, 84; nach Van Dijk 2000).
Das Internet kann im pluralistischen Modell massiv zur Effizienzsteigerung beitragen,
sofern Websites interaktiv gestaltet sind und über die allokutive Verbreitung von Content
hinausgehen und zum Beispiel von den InteressentInnen auch konsultativ genutzt
werden.
Die Kommunikation im pluralistischen Modell – typischer Weise many-to-many – erfolgt
nicht nur zwischen den einzelnen Interessengruppen und mit den anderen AkteurInnen,
sondern vor allem auch innerhalb der Organisationen. Mithilfe hierarchieflacher
Kommunikationstools schafft die Technik die Voraussetzung für eine faire
Kommunikationskultur (vgl. Meißelbach 2009, 85).
5.2 Digitale Demokratie im pluralistischen Modell Der Meinungsbildungsprozess erfolgt in der pluralistischen Demokratie im Idealfall
dezentral. Das Internet bietet hierfür eine Vielzahl an Tools wie Diskussionsforen, soziale
Netzwerke oder Blogs und Microblogs. Durch die Offenheit der Medien, im Speziellen der
neuen Medien, scheinen dem Diskurs keine Grenzen gesetzt zu sein (vgl. Meißelbach
2009, 85-86).
Meißelbach beschreibt die digitale Demokratie auch im pluralistischen Modell anhand von
Mittel, Zweck, AkteurInnen und Informationsflussmuster wie folgt (Meißelbach 2009, 85,
Tabelle 7.2).
Öffentliche Diskussionen und Versammlungen dienen der Willensbildung und
Interessenaggregation der KollektivakteurInnen (Parteien, Interessengruppen, Medien),
aber auch der BürgerInnen. Das Informationsflussmuster ist die Konversation.
Öffentliche Informationsdienstleistungen dienen ebenfalls der (internen und externen)
Willensbildung. Die Konsultation findet sowohl zwischen KollektivakteurInnen und
BürgerInnen, als auch zwischen KollektivakteurInnen und Mitgliedern statt.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
36
Um die innere Organisation der KollektivakteurInnen zu gewährleisten, werden die Mittel
der Mitgliederverwaltung sowie Abstimmungen und Wahlen des Führungspersonals
verwendet. Das Informationsflussmuster ist die Registration.
Allokutive Informationskampagnen der Regierung und der Verwaltung an die BürgerInnen
dienen der Stabilität.
Meißelbach (2009, 86) hebt besonders die potentiell flache Hierarchie des Internets im
pluralistischen Modell hervor und attestiert dem Medium durch seine Dezentralität im
Meinungsbildungsprozess eine demokratieförderliche Wirkung. Jede Interessengruppe
hat auf theoretischer Ebene mit dem Internet die gleichen technischen Voraussetzungen
zur Verfügung und kann somit in einen fairen Wettstreit der Ideen mit der Konkurrenz
treten.
5.3 Die pluralistische Demokratie am Beispiel studentischer Urabstimmungen
Die Probleme bei der realen Umsetzung des pluralistischen Modells bestehen zum
Beispiel darin, dass die Ausgewogenheit der Chancen im Kampf um die Durchsetzung
einer Idee nicht gegeben ist (Meißelbach 2009, 87; nach Schmidt 2000). Zudem liegt dem
Pluralismus ein struktureller Konservativismus zugrunde, denn sobald
„Gesamtinnovationen angestrebt werden (..) funktioniert das pluralistische Modell in der
Regel als ein System von Vetopositionen zur Besitzstandswahrung.“ (Waschkuhn 1998,
24; in Meißelbach 2009, 83)
5.3.1 Die Entstehung studentischer Mitbestimmung über Sachfragen
Urabstimmungen innerhalb der ÖH existieren noch nicht so lange wie die
Interessenvertretung selbst. Diese Möglichkeit, die Studierenden über die Wahl hinaus
über inhaltliche Fragen mitbestimmen zu lassen, hat ihre Wurzeln im Jahr 1987. Die
große Koalition unter Kanzler Franz Vranitzky hatte ein Sparpaket geschnürt, das unter
anderem Einsparungen im Bereich der Familienbeihilfe durch Alterssenkung und
Kürzungen im Stipendientopf vorsah. Die Pläne der Regierung lösten bundesweit
Unistreiks aus, das Wiener Audimax wurde besetzt. Die Bundesspitze der ÖH – damals in
schwarzer Hand26 – beteiligte sich nicht an den Protesten. ÖH-Vorsitzender Szyszkowitz
26 Die Vorsitzenden der ÖH-Bundesvertretung wurden von 1946-1995 ausschließlich von der ÖVP-nahen AktionsGemeinschaft gestellt. (Bruckner et al 2006, 54)
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
37
suchte hingegen das Verhandlungsgespräch mit Wissenschaftsminister Hans Tuppy
(ÖVP), der den Studierenden eine Abschwächung des Ministerratsbeschlusses anbot.
Doch zahlreiche Interessenverbände, wie zum Beispiel der VSStÖ oder die Alternative
Basisliste (ALB) sowie der Delegiertenrat der streikenden Studierenden, kritisierten das
Verhandlungsergebnis, da dieses keinerlei Verbesserungen bringen würde. Man müsse
weiterhin auf den Maximalforderungen beharren. Die Verhandlungsergebnisse wurden
außerdem von Tuppy in Szyszkowitz´ Version nie bestätigt. Der ÖH-Vorsitzende
verteidigte sein Verhandlungsergebnis und suchte Unterstützung in den Reihen der
Studierenden. Anhand einer Urabstimmung sollten die Studierenden kundtun, ob sie mit
dem Regierungsangebot zufrieden seien und ob für sie die Demonstrationen und Streiks
an den Universitäten unterstützenswert seien. Das Ergebnis sollte die Richtschnur für das
Handeln der ÖH im Allgemeinen und für die Diskussion mit dem Ministerium im Speziellen
sein. So wurden 170.000 Fragebögen per Post an die Studierenden geschickt. Innerhalb
der einwöchigen Frist beteiligten sich 20.000 Studierende an der Urabstimmung. Die ÖH
versicherte im Vorhinein, dass die Auszählung der Stimmen von einem Notar
durchgeführt werden würde und den Fraktionen innerhalb des Zentralausschusses (ZA)27
der ÖH Einblick gewährt werden würde. Als Begründung führte Szyszkowitz in der
Öffentlichkeit an, den Willensbildungsprozess auf eine möglichst breite Basis ausweiten
zu wollen. Die Kritik an der Formulierung und Durchführung der Urabstimmung war groß.
Linke StudierendenvertreterInnen warfen Szyszkowitz Formalfehler vor und beschuldigten
ihn des Amtsmissbrauchs, weil er sich die Gunst der Studierenden durch die
Urabstimmung erkaufen hätte wollen. Die Formulierungen der Fragebögen seien zudem
höchst manipulativ und die Kosten (400.000 Schilling28) zu hoch gewesen. Als
Konsequenz dessen und wegen der Aufforderung Szyszkowitz´ die Protestaktionen bis
zum Vorliegen der Ergebnisse der Urabstimmung auszusetzen, kündigte der VSStÖ die
Zusammenarbeit29 mit der AktionsGemeinschaft im Zentralausschuss auf. Doch
Szyszkowitz gewann den Wettstreit im doppelten Sinn: Zum einen bestätigte die
Urabstimmung, dass 84 Prozent der Studierenden das Verhandlungsergebnis
akzeptierten und eine Mehrheit Großdemonstrationen und Streiks ablehnte. Zum anderen
hielt er dem Abwahlantrag in der darauffolgenden Sitzung des ZA stand. Die ALB hatte
zuvor die Amtsenthebung des ÖH-Vorsitzenden gefordert, da dieser mit der
Urabstimmung im Punkt der Wahrhaftigkeit, der Zweckmäßigkeit, der Sparsamkeit und
der Kontrollierbarkeit der Finanzgebahrung gegen das ÖH-Gesetz verstoßen hätte. Aus
Perspektive der Sozialistischen StudentInnen sei die Urabstimmung eine Farce gewesen,
27 Der Zentralausschuss entspricht der heutigen Bundesvertretung der Studierenden (BV) und ist das bundesweite Entscheidungsgremium der ÖH. 28 entspricht rund 29.000 Euro 29 Der VSStÖ unterstützte bis dahin die AG beim Beschluss des Budgets und der Wahl der ReferentInnen für die ZA-Exekutive.
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38
da sich nur rund zehn Prozent der Studierenden an der Befragung beteiligt hatten; in der
Interpretation des VSStÖ war dies eine Folge der Aufrufe zum Boykott der Urabstimmung
(vgl. APA 1987a-g).
Zwar bezeichnete die AktionsGemeinschaft die Befragung der Studierenden von Anfang
an als Urabstimmung und auch die Medien übernahmen dieses Wording. Im rechtlichen
Sinn handelte es sich aber nicht um eine Urabstimmung, da diese 1987 noch nicht im
damals geltenden Hochschülerschaftsgesetz von 1973 vorgesehen war. Fortan war die
Verankerung einer Urabstimmung im ÖH-Gesetz eine Forderung der ÖH, die 1991 auch
umgesetzt wurde (Egger/Frad 2000, 63).
5.3.2 Die gesetzliche Grundlage für eine Urabstimmung Das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz (HSG) sieht in §50 seiner
aktuellen Fassung die Möglichkeit einer Urabstimmung sowohl für einzelne Hochschulen,
als auch bundesweit vor. Für eine bundesweite Urabstimmung unter allen ordentlichen
Studierenden Österreichs muss die Bundesvertretung mit einer Zweidrittelmehrheit das
Abhalten einer solchen beschließen. Mit demselben Quorum können die
Universitätsvertretungen eine Urabstimmung herbeiführen. Das jeweilige Organ ist
verpflichtet, sich an das Ergebnis der Urabstimmung zu halten, sofern die Beteiligung bei
mindestens zwei Drittel der Wahlbeteiligung der vorangegangenen ÖH-Wahl auf der
Ebene des jeweiligen Organs liegt. Allerdings ist es der Bundesvertretung und der
Universitätsvertretung erlaubt, mit einer Zweidrittelmehrheit die Ergebnisse der
Urabstimmung aufzuheben oder abzuändern. Den Ablauf der Urabstimmung regelt die
Satzung des jeweiligen Organs, beziehungsweise die jeweilige Wahlkommission, wenn
die Urabstimmung gemeinsam mit einer ÖH-Wahl durchgeführt werden soll (vgl. HSG
§50, 1998). Der inhaltlichen Ausrichtung einer Urabstimmung sind per Gesetz keine
Grenzen gesetzt.
5.3.3 Die einzige bundesweite Urabstimmung
Im Jahr 1991 fand die erste und bisher einzige bundesweite Urabstimmung30 unter den
Studierenden in der Geschichte der ÖH31 statt. Befragt wurden die Studierenden über die
automatische Mitgliedschaft in der ÖH. Die Freiheitliche Partei, die damals unter Jörg
30 Die Urabstimmung von 1987 wird in der Literatur nicht als echte Urabstimmung angesehen, da sie ohne rechtliche Basis durchgeführt wurde. (vgl. Kapitel 5.3) 31 Die ÖH wurde 1945 von katholischen, sozialistischen und kommunistischen Studierenden in Wien gegründet. (Bruckner et al. 2006, 76)
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
39
Haider im Aufschwung begriffen war, stellte die Legitimation gesetzlicher
Interessenvertretungen infrage. Als Antwort initiierte die Österreichische
HochschülerInnenschaft eine für sie erfolgreiche Urabstimmung. Die Studierenden
bekannten sich damals eindeutig zu ihrer Interessenvertretung: Bei einer Wahlbeteiligung
von 30 Prozent (die auch der Wahlbeteiligung der ÖH-Wahl im Jahr 1989 entsprach)
stimmten 80,3 Prozent der Studierenden für die Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft in
der ÖH (vgl. Baumgartner 1992).32
Zahlreiche andere Versuche, eine Urabstimmung unter den Studierenden herbeizuführen,
wurden schon im Keim erstickt. Zumeist scheiterten die InitiatorInnen an der
erforderlichen Zweidrittelmehrheit im jeweiligen Organ, wie die beispielhaften Fälle im
Folgenden zeigen.
Im Herbst 2000, nach der Ankündigung der schwarz-blauen Bundesregierung
Studiengebühren einzuführen, dachten die Grünen und die GRAS laut über die Abhaltung
einer Urabstimmung nach. Die Studierenden sollten darüber befragt werden, ob sie für
oder gegen die Einführung von Studiengebühren seien. Das Ergebnis der Urabstimmung
sollte einen Wegweiser für den Verhandlungskurs der ÖH darstellen (vgl. APA-OTS
2000). Die erforderliche Zweidrittelmehrheit konnte aber in der schwarz geführten
Bundesvertretung nicht aufgebracht werden.
Wenig erfolgreich verliefen auch folgende Urabstimmungsprojekte: Die Novellierung des
HSG im Jahr 2005 wurde von Studierendenprotesten begleitet, die sich gegen die
geplanten Änderungen vor allem im Bereich der Abschaffung der Direktwahl der
Bundesvertretung und der Fakultätsvertretungen (bzw. gleichwertiger Organe) sowie
deren Budgetkürzungen richteten. Bei der außerordentlichen Sitzung der
Bundesvertretung – damals unter grün-roter Koalition – am 19. November 2004 stellten
die Grünen & Alternativen StudentInnen (GRAS), der Verband Sozialistischer
StudentInnen (VSStÖ) und der Kommunistische StudentInnenverband (KSV) einen
Antrag zur Durchführung einer Urabstimmung33 über das geplante ÖH-Gesetz34. Die
erforderliche Zweidrittelmehrheit innerhalb der Bundesvertretung wurde nicht erreicht: Mit
32 vgl. derstandard.at, 10.02.2005: "Regierung bitte warten". http://derstandard.at/1864604, 28.02.2011. 33 Der Standard Online berichtete fälschlicherweise davon, der Antrag zur Urabstimmung hätte die Auflösung von ÖH-Rücklagen zur Finanzierung von Protestaktionen gegen das neue HSG zum Inhalt. Diese wurden aber in der Sitzung vom 19. November mit einer Zweidrittelmehrheit von den MandatarInnen der Bundesvertretung beschlossen. Darüber eine Urabstimmung stattfinden zu lassen stand nie zur Debatte. (vgl. derstandard.at, 10.02.2005: Urabstimmung abgelehnt. http://derstandard.at/1864573?sap=2&_slideNumber=1&_seite, 28.02.2011.) 34 Der Begriff „ÖH-Gesetz“ wird stellvertretend für das Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz vor allem seit der Kampagne „Mundtot gemacht?“, die sich gegen die Novellierung des HSG im Jahr 2005 richtete, in der Außenkommunikation der ÖH verwendet.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
40
28 Prostimmen und 17 Gegenstimmen fiel der Antrag. Auch in der darauffolgenden
außerordentlichen Sitzung der Bundesvertretung am 26. November 2004 wurde ein
Antrag auf Urabstimmung zur HSG-Novellierung – eingebracht durch das Liberale
Studentinnen und Studenten Forum (LSF) – abgelehnt (vgl. ÖH-BV 2004a; ÖH-BV
2004b).35
5.3.4 Urabstimmungen auf Papier
Die Möglichkeit Studierende via Urabstimmung zu befragen wurde an den einzelnen
Universitäten öfter genutzt als dies bundesweit der Fall war. Zweimal fand eine
Urabstimmung in Papierform statt: im Jahr 2001 an der Universität Klagenfurt und 2005
an der Medizinischen Universität Wien. Elektronische Urabstimmungen gab es 2006 in
Linz und 2009 Graz (siehe Kapitel 5.3.5).
Die Studierenden der Universität Klagenfurt wurden 2001 bei einer Urabstimmung über
die Einführung eines Semestertickets befragt. Nachdem die Stadt Klagenfurt 2001 den
Tarif für Buskarten erhöhte, entschied die Universitätsvertretung eine Urabstimmung
durchzuführen. Diese erwies sich als starkes Argument bei den Verhandlungen der ÖH
mit der Stadt, die eine 50-prozentige Preisreduktion des Semestertickets zur Folge
hatte.36
Die ÖH an der Medizinischen Universität Wien (MUW) befragte 2005 in einer
Urabstimmung, die zeitgleich mit der ÖH-Wahl von 31. Mai bis 2. Juni ausgerichtet wurde,
ihre Studierenden über deren Meinung zu den bestehenden und vielleicht zukünftigen
Zugangsbeschränkungen an der Universität. Eine elektronische Stimmabgabe zu den drei
gestellten Fragen war damals noch nicht möglich. Die Frage „Sollte die Platzzahl im
Medizinstudium begrenzt sein?“ beantworteten 60,9% Prozent der wahlberechtigten
Studierenden mit Nein, 39,1 Prozent mit Ja. 51,8 Prozent bejahten die Fragestellung
„Wenn es eine Platzbeschränkung gibt, sollte diese bereits vor Studienbeginn
stattfinden?“. Am eindeutigsten fiel die Abstimmung in der Frage „Findest du ein ‚First
come, first serve’-Prinzip als Zugangsbeschränkung sinnvoll?“ aus: 93,5 Prozent
entschieden sich dagegen, 6,5 Prozent dafür.
Mehr als eine Registration der Meinungen der Studierenden und eine Orientierung für die
ÖH in etwaigen Verhandlungen konnte diese Urabstimmung jedoch nicht sein, zumal die
35 vgl. derstandard.at, 10.02.2005: "Regierung bitte warten". http://derstandard.at/1864604, 28.02.2011. 36 vgl. ÖH Klagenfurt Online, 21.03.2007: Die Klagenfurter Semesterkarte. http://www.oeh-klagenfurt.at/node/75, 28.02.2011.
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41
Entscheidung über diese Frage nicht im Kompetenzbereich der ÖH an der MUW lag und
liegt. Dass das Ergebnis der Urabstimmung auch auf das Rektorat der Medizinischen
Universität keinen großen Eindruck gemacht haben dürfte, zeigt die Presseaussendung
der MUW vom 6. Juni 2005, die sich stark auf die Interpretation der zweiten Frage
konzentriert, diese jedoch nicht im Wortlaut wiedergibt und mit folgenden Worten
kommentiert: „Damit zeigt sich eine offensichtliche Präferenz der Studierenden für einen
Eignungstest vor dem Studium (..)“. Dass sich die Fragestellung aber explizit auf den Fall
der Einführung von Studienplatzbeschränkungen bezieht, die aber in der vorgehenden
Frage von der Mehrheit der Befragten abgelehnt wurde, verschweigt die MUW in diesem
Kontext. Im Folgenden hinterfragte der Vizerektor für Studium und Lehre Rudolf Mallinger,
sogar den Willen der Studierenden: „ (..) zur Entscheidung für ein praxisorientiertes
Studium, dessen Studienplätze sich nach den Ressourcen an Lehrpersonal, Räumen
und! PatientInnen richtet, gibt es schlicht nur die Alternative, das Studium wieder von
der Praxis zu entfernen und zum Fernstudium zu machen. Das kann niemand wollen."
(vgl. APA-OTS 2005).37
5.3.5 Digitale Urabstimmungen Die erste digitale Urabstimmung in der Geschichte der ÖH fand im Jahr 2006 statt. An der
Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz beschloss die Universitätsvertretung am 26.
April 2006 eine elektronische Urabstimmung über die Einführung eines Semestertickets
für das gesamte oberösterreichische Netz der öffentlichen Verkehrsmittel zum Preis von
55 Euro. Der Betrag würde bei positivem Ausgang der Urabstimmung automatisch mit
den Studiengebühren eingehoben werden. Das Semesterticket war somit kein mögliches
Angebot, sondern verpflichtend über zwei Jahre, denn über diesen Zeitraum hatten die
Stadt Linz und das Land Oberösterreich die Finanzierung des Projekts sichergestellt. In
der UV-Sitzung sprachen sich alle Fraktionen für das Projekt aus, koppelten die
Urabstimmung auf Antrag der AktionsGemeinschaft allerdings an eine strengere
Legitimierung, als es das HSG vorsieht: „Nur wenn mindestens 70 Prozent der
wahlberechtigten Studierenden an der Urabstimmung teilnehmen und von diesen
mindestens zwei Drittel mit JA stimmen, wird das Ticket eingeführt.“ Von 19. bis 30. Mai
2006 konnten die Studierenden der JKU ihre Stimme über die universitätsinterne
Studierendenplattform KUSSS abgeben. 74,34 Prozent der wahlberechtigten
Studierenden beteiligten sich an der Urabstimmung, die Zustimmung zum Projekt betrug
37 vgl. medizinstudium.at, 12.11.2005: Urabstimmung Zugangsbeschränkungen. http://www.medizinstudium.at/news/universitaeten/medizinische-universitaet-wien?page=8, 28.02.2011; medizinstudium.at: Urabstimmung Zugangsbeschränkungen. http://www.medizinstudium.at/news/universitaeten/medizinische-universitaet-wien/oeh-med-mcw/10516_urabstimmung-zugangsbeschraenku, 28.02.2011.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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allerdings nur 64,73 Prozent und erreichte somit nicht die erforderliche
Zweidrittelmehrheit. Das „Semesterticket NEU“ wurde nicht eingeführt.38
Im Jahr 2009 fand zeitgleich mit der ÖH-Wahl (26.-28. Mai) eine Urabstimmung unter den
Studierenden der Karl-Franzens-Universität in Graz39 statt. Da bei dieser ÖH-Wahl zum
ersten Mal die Möglichkeit der elektronische Stimmabgabe gegeben war, musste diese
Möglichkeit auch für die Urabstimmung gegeben sein.
Die Abstimmung der Universitätsvertretung an der Karl-Franzens-Universität in der UV-
Sitzung vom 20. März 2009 über die Abhaltung einer Urabstimmung fiel positiv aus. Die
MandatarInnen beschlossen auf Antrag des KSV, den Studierenden ihrer Universität
unter dem Titel „Petition für bessere Studienbedingungen“ folgende Frage zu stellen (ÖH
Uni Graz 2009b):
„Stimmst du für folgende Resolution? Die Universitätsvertretung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Universität Graz soll alle erforderlichen Mittel nutzen, um 1.) die Universität Graz zur Erhöhung des Angebots an anwesenheitspflichtigen Lehrveranstaltungen mit beschränkten Teilnehmerzahlen (wie etwa Labor- und Seminarplätze) zu veranlassen, um die Zahl der Studierenden, die durch den herrschenden Mangel an Plätzen von Studienzeitverzögerungen betroffen sind, signifikant zu verringern, sowie auf den Wissenschaftsminister hinzuwirken, dass im Falle des Nichtbefolgens durch die Universitäten im entsprechenden Paragraph 54, Absatz 8, UG 2002 Konsequenzen vorbereitet werden. 2.) die Universität Graz dazu zu veranlassen, kostspielige Prestigeprojekte und PR-Aktionen der Universität Graz aufzugeben, und die dafür vorgesehenen Mittel für eine Erhöhung des Lehrbudgets zu verwenden und sich 3.) nicht an Prestigeprojekten und PR-Aktionen der Universität Graz beteiligen, solange es Studienzeitverzögerungen wegen fehlender Plätze in anwesenheitspflichtigen Lehrveranstaltungen gibt.“
Die ÖH Uni Graz veröffentlichte auf ihrer Website jedoch eine Version des
abzustimmenden Textes, der in Punkt 1.) nicht mit jenem des UV-Sitzungsprotokolls
identisch war (ÖH Uni Graz 2009a):
„Urabstimmung zu: „Petition für bessere Studienbedingungen“ Die Universitätsvertretung hat beschlossen, gemeinsam mit der ÖH-Wahl 2009 eine Urabstimmung gem. § 50 HSG 1998 über folgende Frage abzuhalten: Stimmst du für folgende Resolution?
38 JKU Online, 28.04.2006: Studierende an der JKU Linz entscheiden über Semesterticket. http://www.jku.at/content/e213/e63/e58/e57?apath=e32681/e31813/e31689/e31542, 28.02.2011; JKU Online, 02.06.2006: Semesterticket NEU kommt nicht. http://www.jku.at/content/e213/e63/e58/e57?apath=e32681/e31813/e31540/e31471, 28.02.2011. 39 Im Text auch: Universität Graz
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
43
Die Universitätsvertretung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft an der Universität Graz soll alle erforderlichen Mittel nutzen, um 1.) die Universität Graz zur Aufstockung der Anzahl der Kurse in anwesenheitspflichtigen Lehrveranstaltungen (wie z.B. Laborübungen, Seminare etc.) zu veranlassen, um die Zahl der Studierenden, die durch den herrschenden Mangel an Plätzen von Studienzeitverzögerungen betroffen sind, signifikant zu verringern sowie auf den Wissenschaftsminister hinzuwirken, dass im Falle des Nicht-Befolgens durch die Universität im entsprechenden § 54 Abs 8 UG 2002 Konsequenzen vorgesehen werden, (..).“
Die von der Autorin unterstrichenen Passagen sind jene, in denen sich die beiden Texte
nicht gleichen. Zwar weichen sie inhaltlich nicht sehr stark voneinander ab, ob die
Durchführung der Urabstimmung in dieser Form jedoch rechtlich gültig ist, darf bezweifelt
werden, da laut HSG der genaue Wortlaut der Fragen auf von der UV beschlossen
werden muss. Einsprüche gegen die Rechtsmäßigkeit der Urabstimmung wurden jedoch
nicht eingebracht.
Eindeutig fiel dafür das Ergebnis der Befragung aus: 90,41 Prozent (4.912 Stimmen) der
Wahlberechtigten bejahten die Resolution. 9,58 Prozent (521 Stimmen) verneinten diese
(http://www.oeh.uni-graz.at/de/aktuelles/wahl09/urabstimmung/, 9.1.2011). An der
Urabstimmung haben sich 24,82 Prozent der Wahlberechtigten (insgesamt 5.433
abgegebenen Stimmen) beteiligt. Diese ist somit zumindest laut HSG §50 (2) gültig, weil
die Zweidrittel-Marke der rund 30-prozentigen Wahlbeteiligung im Jahr 2007 überschritten
wurde.
Der KSV, auf dessen Antrag die Urabstimmung zurückgeht, unterstützte diese im Vorfeld
zum Einen aus inhaltlichen Gründen, zum Anderen, weil die Urabstimmung eine
Ausweitung der direkten Mitbestimmung der Studierenden in der ÖH darstelle
(vgl. APA-OTS 2009).
5.4 Ableitungen
Die Urabstimmung ist das einzige Instrument der ÖH, bei dem Studierende die Politik
ihrer VertreterInnen in konkreten Sachfragen mitbestimmen können. Diese Möglichkeit
wurde zum einen kaum genutzt und ist zum anderen barrierereich geregelt. Die Hürden
der Zweidrittelmehrheit im jeweiligen Organ und das zu erreichende Quorum der
Beteiligung haben einige Urabstimmungen verunmöglicht. Zudem scheint die Vertrautheit
der ÖH mit dem Instrument Urabstimmung durch die seltene Anwendung nicht groß
genug zu sein, um Fehler in der Durchführung zu vermeiden. Missgeschicke wie das
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
44
thematische Aufgreifen einer inhaltlichen Frage, die vom jeweiligen Organ nicht geklärt
werden kann, oder einen falschen Text zur Abstimmung zu bringen, ist in der Umsetzung
weit von der Idee einer pluralistischen Demokratietheorie entfernt und gleicht eher einer
Partizipationsillusion. Zwar ermöglichte die Kampagnisierung der jeweiligen Themen
einen Diskurs innerhalb der beteiligten Verbände und zum Teil darüber hinaus in der
Öffentlichkeit. Um die konkrete Mitbestimmung über Sachfragen aber realisieren können,
müssen erstens rechtliche Hürden zur Durchführung einer Urabstimmung beseitigt
werden und zweitens muss die Studierendenvertretung mit einem professionelleren
Anspruch an dieses Möglichkeit der Beteiligung herangehen.
Online-Beteilungsverfahren über punktuelle politische Fragen stehen in anderen Ländern
bereits seit einiger Zeit an der Tagesordnung. Seit 2005 gibt es beispielsweise in
Deutschland die Möglichkeit, öffentliche Petitionen auf elektronischem Weg
durchzuführen. „Es ist quasi ein Stück direkte Demokratie in einer Verfassungslandschaft,
die dem Bürger sonst nur indirekt Zugang zu Gesetzesentscheidungen gibt.“
(Althaus/Machnick 2007, 454) Die Methode hat sich durchgesetzt, obwohl „(e)lektronische
Demokratie (..) vielen Politikbeobachtern und Public-Affairs-Experten immer noch als
ferne Zukunftsvision (scheint).“ (ebd., 453)
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
45
6 Die partizipatorische Demokratietheorie Das Modell der partizipatorischen Demokratietheorie ist das jüngste der drei in der Arbeit
beschriebenen. Als einziges bezieht es in seine Struktur die Existenz und Wirkung des
Internet bereits mit ein. Aus diesem Grund wird der partizipatorischen Theorie oft schon
im Vorhinein ein hohes demokratisches Potential attestiert. Denn die technischen
Voraussetzungen sind gegeben, um theoretisch das Raum-Zeit-Dilemma der Partizipation
in großen Systemen aushebeln zu können und eine „virtuelle Agora“ (Meißelbach 2009,
86) zu schaffen (vgl. ebd.; nach Zittel 2003).
Das zentrale Element in dieser Demokratietheorie ist, wie die Etymologie vermuten lässt,
die Partizipation, also die freiwilligen Aktivitäten der BürgerInnen, um auf politische
Entscheidungen einzuwirken. (Meißelbach 2009, 86; nach Schreyer/Schwarzmeier 2000)
Die BürgerInnen spielen als Mitglieder des Gemeinwesens eine zentrale Rolle.
Schmidt beschreibt 2000 im Kontext des partizipatorischen Theoriemodells Demokratie
als gesamtgesellschaftliches Phänomen (Meißelbach 2009, 87), bei dem die BürgerInnen
eine starke Identifizierung mit der Staatsform entwickeln. Die Beteiligung der BürgerInnen
müsse auf allen Ebenen verstärkt werden und solle über die Teilnahme an Wahlen und
auch über die Partizipation am Willensbildungsprozess hinausgehen. Um dies zu
erreichen, müsse auf dem Weg des politischen Prozesses an jeder möglichen
Weggabelung eine Maßnahme der BürgerInnenbeteiligung geschaffen werden.
Was den Unterschied einer partizipatorischen Demokratie zu partizipativen Elementen in
einer Demokratie ausmacht, bringt Waschkuhn 1998 auf den Punkt: der erzieherische
Faktor als systemimmanenter, obligatorischer Teil des Modells. BürgerInnen müssten zur
Verantwortung gegenüber dem Staat ausgebildet werden (Meißelbach 2009, 87). Durch
den Einsatz direktdemokratischer Elemente und die Möglichkeit der BürgerInnen über
Sachfragen zu entscheiden, entwickelt sich die moderne Demokratie zu einem System, in
dem Politik von BürgerInnen für BürgerInnen gemacht wird. Fuchs schlägt 2004 sogar die
Umsetzung von Volksbegehren, Volksentscheiden und Volksinitiativen via E-Voting vor
(Meißelbach 2009, 87). Online-Sofortabstimmungen über abgegrenzte Themengebiete
seien zudem förderlich für den öffentlichen Diskurs und würden einen politischen
Wegweiser darstellen (Van Dijk 2000; in Meißelbach 2009, 87).
Dabei lehnt Zittel 2003 die Repräsentation als Methode nicht ab. Vielmehr sieht er
legitimierte RepräsentantInnen als BotschafterInnen der BürgerInnen oder als Sprachrohr,
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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beziehungsweise als weisungsgebundene Delegierte agieren, die den Willen der
WählerInnen in den Organen vertreten. Die Wahl der RepräsentantInnen ist dabei nur der
erste Schritt. In regelmäßiger Rückkopplung muss das Interesse der zu vertretenden
BürgerInnen eruiert werden (Meißelbach 2009, 87).
6.1 Kommunikation im partizipatorischen Modell
Vor allem der Kommunikation zwischen den BürgerInnen und den RepräsentantInnen
wird im partizipatorischen Modell ein hoher Stellenwert eingeräumt. Das Internet bietet
eine Reihe sehr einfacher und kostengünstiger Methoden, vorausgesetzt die Infrastruktur
ist auf beiden Seiten vorhanden. Ein hohes Maß an Transparenz von Seiten der
RepräsentantInnen ist erforderlich, damit die BürgerInnen einen Willensbildungsprozess
durchlaufen können. Dabei ist es relevant, dass die One-to-many-Kommunikation einen
konsultativen Charakter hat und die verwendeten Informations- und
Kommunikationstechnologien mit Feedback-Möglichkeiten ausgestattet sind. Vor allem
vernetzte Systeme wie Social Networks oder interaktive Blogs eignen sich hierfür gut. Der
Willenbildungsprozess geschieht aber nicht nur im Dialog eines/einer RepräsentantIn mit
den Menschen, die er/sie vertritt, sondern vor allem auch zwischen den BürgerInnen (vgl.
Meißelbach 2009, 87-88).
6.2 Digitale Demokratie im partizipatorischen Modell Die Rolle der BürgerInnen wird von der partizipatorischen Demokratietheorie als wichtiger
eingestuft als es im kompetitiven oder im pluralistischen Modell der Fall war. Meißelbach
skizziert die digitale Demokratie erneut anhand von Mittel, Zweck, AkteurInnen und
Informationsflussmuster (Meißelbach 2009, 90, Tabelle 7.3).
Konversation findet in öffentlichen Diskussionen und Versammlungen sowohl zwischen
den BürgerInnen untereinander, als auch zwischen BürgerInnen und RepräsentantInnen
statt. Der Zweck ist die Partizipation und die Responsivität.
Öffentliche Informationsleistungen konsultativen Charakters dienen der Information, aber
auch der Responsivität und der Partizipation. Regierung und Verwaltung kommunizieren
mit den BürgerInnen, ebenso wie die RepräsentantInnen.
Die Registration der Meinungen basiert auf einer Interaktion zwischen Regierung und
Verwaltung mit den BürgerInnen. Wahlen haben hierbei den Zweck der Repräsentation
und Partizipation, Abstimmungen dienen der Entscheidung sowie Partizipation und
Umfragen werden mit den Hintergrund der Responsivität und Mobilisierung gemacht.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
47
Mit allokutiven Informationskampagnen wollen Regierung und Verwaltung die
BürgerInnen informieren und mobilisieren.
Beim Vergleich der drei Demokratiemodelle und ihrer kommunikativen Potentiale, fällt
eine Weiterentwicklung vom kompetitiven Modell über das pluralistische hin zum
partizipatorischen Modell auf. Jedes Modell baut auf die Kommunikationsstrategien des
vorhergehenden auf und bereichert dieses um neue Möglichkeiten. Durch die
Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien entstehen somit
auch neue Chancen zur Implementierung partizipativer Elemente in das politische
System.
6.3 Partizipatorische Demokratie am Beispiel unibrennt Kommunikations- oder politikwissenschaftliche Modelle beschreiben immer einen
Optimalzustand des entwickelten Systems. In der Realität sind diese nicht eins zu eins
umsetzbar. Aber sie dienen unter anderem der Analyse realpolitischer Vorgänge. So soll
im folgenden ein Beispiel beschrieben werden, das sich in einer Reihe von Punkten dem
Modell der partizipatorischen Demokratietheorie annähert: die unibrennt-Bewegung, die
ihren Ausgangspunkt im Herbst 2009 in Wien hatte. Zu Beginn wird die politische und
kommunikative Situation sowie die Struktur der Bewegung beschrieben. Die Bearbeitung
soll keine Dokumentation der Geschehnisse oder Meinungen innerhalb der unibrennt-
Bewegung darstellen, sondern sich auf strukturelle Parallelen zwischen dem
partizipatorischen Modell und dem System der Protestbewegung konzentrieren. Ein
Hauptaugenmerk wird auf den Einsatz des Internets gelegt. Untersucht wird der
Besetzungszeitraum von 20. Oktober bis 31. Dezember 2009. Der Fokus liegt auf der
Universitätsstadt Wien, wenngleich die Tatsache der Internationalität der Proteste einen
wichtigen Aspekt für die Analyse der Verbreitung durch das Web darstellt.
6.3.1 Die Entstehung der unibrennt-Bewegung
Als Beginn der Studierenden-Proteste gilt der 20. Oktober 2009. An diesem Tag
besetzten Studierende und Lehrende aus Protest gegen die Implementierung des
Bologna-Prozesses die Aula der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Am Tag darauf
fand im Sigmund-Freud-Park, nahe dem Hauptgebäude der Universität Wien eine
Demonstration mehrerer hundert Studierender statt, die unter dem Motto „Uni brennt!“
stand. Aus der Demonstration resultierte die Besetzung des größten Hörsaals der
Universität Wien, des Auditorium Maximum, kurz Audimax. In den darauf folgenden
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
48
Tagen organisierten die BesetzerInnen die Infrastruktur in den umliegenden
Räumlichkeiten des Audimax und es fanden auch Protest-Aktionen an weiteren
österreichischen Universitäten statt. Vorläufiger Höhepunkt der Protestbewegung war die
Demonstration am 28. Oktober unter dem Motto „Geld für Bildung statt für Banken und
Konzerne“. Ab dem 4. November bekam die Protestbewegung internationalen Charakter:
Die deutschen Universitäten in Heidelberg und Münster solidarisierten sich und besetzten
ebenfalls Universitätsräumlichkeiten. Am 5. November fand ein bundesweiter Aktionstag
statt, an dem sich erstmals auch SchülerInnen an den Protesten beteiligten und die
Debatte rund um die Universitäten zu einer allgemeinen Bildungsdebatte in Österreich
machten. Am 17. November, dem „WeltstudentInnentag“, wurden in ganz Europa
Protestaktionen unter dem Motto „Education is Not for Sale“ organisiert. Ab Mitte
November fanden die ersten Gespräche zwischen Studierenden und
Universitätsverantwortlichen statt, kurz darauf startete der damalige
Wissenschaftsminister Johannes Hahn das Projekt „Dialog Hochschulpartnerschaft“, das
nur wenig später das von StudierendenvertreterInnen initiierte Schattenprojekt „Echter
Bildungsdialog“ auslöste. Ende November wurde beim „International Plenum for Better
Education“ an der Ludwig-Maximilians-Universität in München festgestellt, dass sich
weltweit bereits über 80 Universitäten an der Protestbewegung beteiligten. Am 11.
November zeigten sich erste realpolitische Erfolge der Bewegung: Die besetzten Hörsäle
an der Universität Salzburg wurden nach Gesprächen mit dem Rektorat und der Erfüllung
wesentlicher Forderungspunkte wieder für Lehrveranstaltungen freigegeben. Es folgten
Verhandlungserfolge in Graz und Innsbruck. Am 21. Dezember 2009 endete nach 61
Tagen die Besetzung des Audimax an der Universität Wien mit einer widerstandslosen
polizeilichen Räumung, wenngleich die Protestaktionen und die Besetzung weiterer
Hörsäle aufrecht blieb (vgl. Heissenberger et al. 2010).
6.3.2 Organisationsstruktur der unibrennt-Bewegung
Die Struktur der Audimax-Besetzung an der Universität Wien wurde nicht nur intern und
extern viel diskutiert. Sie unterlag auch einem ständigen Wandel und korrelierte nicht
zuletzt stark mit der Kommunikationsweise der Bewegung. Herzstück der Besetzung war
ohne Zweifel das Plenum. Täglich standen Berichte, Diskussionen und Entscheidungen
auf dem Programm. Das Plenum stand allen Menschen offen, die sich im größten Hörsaal
der Uni Wien einfanden, sie alle waren rede- und stimmberechtigt. Als eine der wenigen
Regeln des Zusammenlebens wurde festgelegt, dass alle Beteiligten als Einzelpersonen
wirken mussten und nicht als VertreterInnen ihrer Organisation auftreten durften. Zudem
stand der „antirassistische, antidiskriminierende und antisexistische Grundkonsens“
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
49
(Maier/Arnim-Ellissen 2010, 195) außer Frage. Eingrenzbare Aufgabengebiete wurden in
Arbeitsgruppen (AGs), wie zum Beispiel die Presse AG, die Volxküche oder die AG
Programm ausgelagert. Die Plenumsvorbereitung wurde von VertreterInnen der
Arbeitsgruppen übernommen. Sowohl in den AGs, als auch im Plenum herrschte ein
striktes Hierarchieverbot. Niemand durfte die Gruppen offiziell leiten, auch die Moderation
des Plenums wechselte je nachdem, wer sich für diese Aufgabe meldete. Der Presse AG
kommt vor allem im Hinblick auf die kommunikativen Besonderheiten der unibrennt-
Bewegung eine wichtige Rolle zu, denn die Aufgaben dieser Arbeitsgruppe waren es,
JournalistInnen zu betreuen, die Website zu befüllen, E-Mails zu beantworten,
beziehungsweise an die zuständigen Arbeitsgruppen weiter zu leiten, die Accounts von
Facebook und Twitter zu betreuen und vieles mehr (vgl. Maier/Arnim-Ellissen 2010).
6.3.3 unibrennt online
Viele Begriffe bezeichnen die Bewegung rund um die Studierendenprotest im Herbst und
Winter 2009/2010. In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe Audimaxismus,
unibrennt, Unsere Uni, und viele andere synonym verwendet und nicht wertend
behandelt. Anzuführen ist jedoch, dass diese drei Begriffe von der Bewegung selbst
kreiert wurden. Unsere Uni, abgeleitet von den Demonstrationsrufen: „Wessen Uni? –
Unsere Uni.“ lautete auch der Name der Domain zu Beginn der Proteste. Die Seite
http://unsereuni.at wurde am 25. Oktober eingerichtet und später nach Plenumsbeschluss
um die Domain http://unibrennt.at ergänzt und fortan verstärkt kommuniziert. Der Name
sei zu wenig kämpferisch, hieß es von Seiten der BesetzerInnen. Fortan wurde in erster
Linie der Name unibrennt kommuniziert. Der Hashtag #unibrennt hat sich auch auf Twitter
schlussendlich durchgesetzt (Herwig et al. 2010, 216).
Der Begriff Audimaxismus, der von Außenstehenden gerne verwendet wurde, fand seinen
Ursprung ebenfalls in den besetzten Räumlichkeiten. In Anspielung auf das Wort
Marxismus und den Suffix –mus, der für Ideologien und Gedankenschulen steht, klebten
die Studierenden das Wort in ausgedruckten schwarzen Einzellettern auf weißen DIN A4
Blättern an die Innenwand des Audimax.
Nur wenige Monate nach der Besetzung nutzten einige der Studierenden die Gelegenheit
der umfassenden Dokumentiertheit der Proteste, um in einer eigenen Publikation
(Heissenberger et al. 2010) ihre Gedanken und Analysen festzuhalten. Das Werk
beinhaltet einen Beitrag, der sich ausschließlich mit der Rolle des Internets innerhalb der
Protestbewegung beschäftigt (Herwig et al. 2010, 210-221). Die AutorInnen beziehen sich
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
50
dabei auf Nicola Dörings (2003) Grundthese, dass das Internet „(..) das Potential der
Entfaltung für unterprivilegierte Personen und Gruppen verbessert hat.“ (Herwig et al.
2010, 210) Nach Julian Rappaport (1984) – so argumentieren die AutorInnen – liege der
Schlüssel zur Überwindung der Ohnmacht der Unterprivilegierten im sogenannten
Empowerment, das eine Entwicklung darstellt, die zum Ergebnis hat, dass sich eine
Person oder eine Gruppe ermächtigt fühlt, die eigene Lebensrealität selbst mitbestimmen
und gestalten zu können. Die AutorInnen beschreiben die Audimaxproteste als möglichen
Versuch eines Empowerments zum „(..) (Wieder-)Erlangen von Kontrolle (..)“ der
Studierenden in der Universitätspolitik. Ein Gedanke, der auch der Grundidee der
partizipatorischen Demokratietheorie ähnelt.
Die jüngere Geschichte der Universitätspolitik zog eine Reihe von (realpolitisch
erfolglosen) Protesten mit sich. 2001 wurden die Studiengebühren von der schwarz-
blauen Bundesregierung eingeführt. Durch die Novellierung des Universitätsgesetzes
2002 mussten die StudierendenvertreterInnen eine Reihe von
Mitbestimmungsmöglichkeiten einbüßen. 2004 führte die Änderung des
Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes unter anderem zur Eliminierung der
Direktwahl der ÖH-Bundesvertretung. Und nicht zuletzt löste die Verkündung des
Verhandlungsergebnisses der großen Koalition unter Alfred Gusenbauer im Jahr 2007
eine Welle an Protesten aus, da die SPÖ ihr Wahlversprechen, die Studiengebühren
abzuschaffen, nicht einhielt. In keinem der Fälle war es den Protestierenden gelungen,
ihre Forderungen umzusetzen, vielleicht mitunter ein Grund für die nun so vehementen
Ermächtigungsbestrebungen der Studierenden im Audimax.
„Aktivierung, Engagement und Entwicklung von Strategien zum (Wieder-)Erlangen von
Kontrolle können besonders gut in der Interaktion mit anderen und durch die
Unterstützung einer Gruppe mit ähnlichen Interessen entstehen.“ (Herwig et al. 2010,
211) Die AutorInnen führen die Ausweitung der Proteste an Universitäten außerhalb
Wiens und später Österreichs vor allem auf diesen Gedanken zurück. Denn mithilfe des
Webs konnten sich Personen mit ähnlichen Ansichten schneller und einfacher
zusammenfinden.
Stark verweigern sich die AutorInnen, die selbst aktiv an den Protesten teilgenommen
hatten, gegen den Ruf, die Proteste seien ausschließlich eine „Facebook-Revolte“
gewesen. Sie wollen weder den Vergleich zur Protestbewegung im Iran nach den Wahlen
2009 zulassen, in der Twitter eine besondere Rolle spielte, noch jenen zu den 68ern.
Letzteren Vergleich zog unter anderem Michael Fleischhacker, Chefredakteur der Presse
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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am 24. Oktober 2009 in seinem Leitartikel. Allerdings verniedlichte der Chefredakteur auf
satirische Weise die Aktivitäten im Audimax, die „(..) man als Internutzer im Echtzeit
verfolgen konnte (..)“.
Warum die Audimaxbewegung so intensiv mit Web-Tools arbeitete, erklären die
AutorInnen einerseits mit der hohen Verbreitung von sozialen Medien unter den
Studierenden und der Web-Affinität im Allgemeinen, aber auch zum Teil aus einer
bewussten Entscheidung heraus. Im Namen der Transparenz – zum Bespiel durch die
Einführung und Beibehaltung des Livecastings, das von der Bewegung Livestream
genannt wurde, sei ungefiltert berichtet worden. Die Folge war ein wenig inszeniertes Bild
der Besetzung, zu vergleichen mit einer Reality-Show, mit dem Unterschied, dass kein
Fernsehstudio anhand eines Drehbuchs das Bild- und Tonmaterial auf die bestwirkenden
Szenen zusammengeschnitten hatte. Die Menschen, die die Plena im Audimax via
Livecasting verfolgten, konnten sich ihre Meinung selbst bilden, ohne dabei nur
Informationen zu erhalten, die zuvor von Presseagenturen, RedakteurInnen oder
kommerziellen MedienpartnerInnen beeinflusst wurden. Dennoch blieb die Rolle der
„Fremdmedien“ eine zentrale. Denn niemand, der/die sich ein Bild von den
Geschehnissen im Audimax machen wollte, hatte 24 Stunden am Tag Zeit, das
Livecasting zu verfolgen und das über mehrere Wochen. Die Zusammenfassungen,
ergänzenden Kommentare und Übersichten in der Entwicklung wurden zu einem großen
Teil von klassischen Medien und BloggerInnen übernommen.
Der Rolle des Livecastings, also der kontinuierlichen audiovisuellen Übertragung der
Ereignisse aus dem Wiener Audimax auf die Computerbildschirme der Menschen via
Internet, war eine zentrale für die Protestbewegung. Zwar hätte durch die umfangreiche
Berichterstattung über verschiedene Kanäle von verschiedenen Menschen in ihrer
Gesamtheit ein treffenderes Bild der Proteste gezeichnet werden können,
Momentaufnahmen trübten jedoch oft das Bild der Proteste, zumal sich keine
unerwünschten Szenen verbergen ließen. Die AutorInnen sprechen in ihrem Beitrag
davon, dass die 68er bestimmt auch abends gefeiert hätten, davon gebe es lediglich
keine so intensive Dokumentation wie es im Fall der Audimax-Besetzung passiert sei.
Es sei intern oft diskutiert worden, ob das Web den Protesten schaden oder sie
unterstützen würde. Denn die zahlreichen Möglichkeiten der Mobilisierung via Internet, vor
allem über Facebook und Twitter waren zwar außer Frage gestellt, die Angst vor
Slacktivism war jedoch groß. Denn wer auch von zuhause aus per Mausklick seine
Solidarität bekunden kann, indem er/sie auf Facebook die Seite „Audimax Besetzung in
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
52
der Uni Wien – Die Uni brennt!“ liket, wird vielleicht nicht im Audimax persönlich
erscheinen, denn die Informationen und sogar die Mitbestimmungsmöglichkeiten waren
online vorhanden. Die AutorInnen verneinen aber letztlich die Frage, ob das Web der
Besetzung geschadet hätte und begründen ihren Entschluss mit Hamm, die 2006 anhand
der britischen NoBorders-Bewegung feststellt, dass „(..) Mediennutzung und mediale
Selbst-Repräsentation zu integralen Teilen des lokal gebundenen Straßenprotests
(geworden seien).“ (Herwig et al. 2010, 213)
Auch in punkto Mobilisierung kam die Protestbewegung zu dem Schluss, dass das Web
die Möglichkeiten um bisher nicht bekannte Dimensionen erweiterte. Mit weniger Aufwand
war es leichter als früher möglich, mehr Menschen zu erreichen. Quantitativ stellt das
Web also in jedem Fall eine Verbesserung dar. Denn wie Abbildung 3 zeigt, verfügten im
Jahr 2009 bereits 75 Prozent der österreichischen Haushalte über Internet-Zugang. „Die
14 bis 29-jährige Bevölkerung ist mit einer Penetrationsrate von 97 % praktisch zur Gänze
online.“40
Abb. 3: Austrian Internet Monitor: Ausstattung der österreichischen Haushalte
40 ORF Medienforschung: Austrian Internet Monitor (AIM) – 1. Quartal 2010. http://mediaresearch.orf.at/index2.htm?internet/internet_aim.htm, 28.02.2011.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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(
Quelle: ORF Medienforschung, 2010)
Herwig et al. (2010, 214) beschreibt nach Stürmer und Simon (2009) die vier Schritte des
Aktiv-Werdens in einem Protest. Grundlage und somit Schritt eins ist die „Sympathie für
die Anliegen des Protests“, gefolgt von Schritt zwei: Die Person muss „(..) von den
mobilisierenden Aufforderungen erreicht werden (..)“. An dritter Stelle steht die Motivation
mitzumachen, die entwickelt werden muss. Am Ende dieser Theorie ist der vierte und
letzte Schritt die Beseitigung der Schwierigkeiten, die eine Person an der Teilnahme
hindern können. Der beschriebene Weg zum Protest berücksichtigt zwei zentrale Mittel
der Aktivierung nicht, die den Wiener Audimax-BesetzerInnen durchaus zu einer
ausgeprägten Beteiligung verholfen haben: Zum einen muss die Protestbewegung
Aktivitätsmöglichkeiten offerieren und im weiteren Schritt Freiraum für die Eigenkreation
von Aktivitätsmöglichkeiten schaffen.
Die BesetzerInnen haben von Anfang an viel dokumentiert. Ihr Wissen haben sie über ein
eigens eingerichtetes Unibrennt-Wiki dokumentiert und geclustert. Das Funktionieren des
Wikis liege nicht allein an der Tatsache, dass viele Menschen Inhalte lieferten, sondern
vor allem auch daran, dass viele Menschen regelmäßig und schnell kontrollierten und
korrigierten.
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
54
Eine weitere Form des Clusterings stellt der Hashtag auf Twitter dar. Diese Funktion wird
durch die Kombination des Zeichens # (Raute) und einem Schlagwort ausgelöst und fasst
an einer Stelle alle Tweets zusammen, die mit diesem Schlagwort versehen sind. Die
meistgenutzten Hashtags der AudimaxistInnen waren #unsereuni und #unibrennt. Im
Zeitraum von 23. Oktober bis 31. Dezember 2009 haben 8.898 verschiedene Twitter-
Accounts mindestens einmal den Hashtag #unibrennt oder #unsereuni verwendet.
Insgesamt 95.743 Tweets wiesen mindestens eines der beiden Schlagworte auf.
#unibrennt wurde 74.144 getwittert, #unsereuni 47.911 mal. 7.541 Twitter-Accounts (=
84,7 Prozent) haben weniger als zehn mal zum Thema getwittert. Sie produzierten 18.760
Tweets, oder 19,6 Prozent aller Tweets. Dagegen haben 155 Accounts (1,7 Prozent aller
Accounts), mindestens 100 mal zum Thema getwittert (42.591 Tweets oder 44,5 Prozent)
(Herwig et al. 2010, 216-220).
Gemäß dem Prinzip des Empowerments empfinden die beteiligten Individuen am Ende
des Prozesses ein Gefühl, die Macht zu haben, etwas zur Veränderung ihrer Umwelt
beitragen zu können. Die Online-Beteiligungsmöglichkeiten tragen hierzu ihren Teil bei
(Herwig et al. 2010, 220).
6.3.4 unibrennt als Protest 2.0 Wie das strukturelle Zusammenspiel der Besetzung und ihrer Kommunikationsformen
funktionierte, soll im Folgenden erörtert werden. Im Fokus des Vergleichs stehen
Parallelen in der Organisationsstruktur der Besetzung und der Funktionsweise der
eingesetzten Web 2.0 Tools.
Die BesetzerInnen verstanden sich von Anfang an als eine soziale Bewegung im Sinne
eines mobilisierten Netzwerks, die auf eine gewisse Dauer ihre eigene kollektive Identität
entwickelte und ihr eigenes Handlungssystem darauf aufbauen. Ziel war es von Beginn
an, den sozialen Wandel durch öffentliche Proteste herbeizuführen. (Neidhardt/Rucht
1991, 450). Neben der netzwerkartigen Struktur der Besetzung gibt es eine weitere
Parallele, die die Entscheidungsfindung betrifft.
Das Bedürfnis nach Mitbestimmung und Gleichberechtigung spiegelt sich in der Art des
Medieneinsatzes der AudimaxistInnen wieder. Dass das Internet sich im Laufe der
Besetzung als Hauptdrehscheibe für Informationen und Inhalte und zur Kommunikation in
organisatorischen Belangen etablierte, ist kein Zufall. In klassischen Polit-Medien wie
Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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Zeitung, Hörfunk und Fernsehen herrscht zwischen SenderInnen und EmpfängerInnen
eine Hierarchie: Die EmpfängerInnen erfahren durch agenda setting und gatekeeping
ausschließlich vorselektierte Themen und Meinungen. Das Internet hingegen stärkt den
politischen Dialog durch potentielle Interaktivität (Filzmaier/Plaikner/Duffek 2007, 296).
Die gesenkte Hemmschwelle zur Partizipation, die weit verbreitete Social Networks mit
sich bringen, erlaubt es, mit wenig Aufwand an Informationen zu gelangen und, wie
beispielsweise im Falle der Besetzungen, ein Projekt zu unterstützen. „In traditionellen
Massenmedien kommunizieren im Regelfall eine Person oder wenige Personen als
Informationsanbieter mit einem großen Publikum. Eine wechselseitige und sogar
zeitgleiche Kommunikation von großen Gruppen ist nur durch das Internet möglich. (..)
Diskussionsforen, Chats und E-Mails offerieren zumindest quantitativ eine neue
Dimension der Interaktivität, die in traditionellen Medien lediglich rudimentär vorhanden
ist.“ (ebd.)
Vor allem das Web 2.0, also Internetplattformen wie Facebook, Wikipedia oder YouTube
ermöglichen den UserInnen, ihre eigenen Inhalte zu verbreiten und eigenständig eine
Webpräsenz zu verwalten. Der Austausch funktioniert auf einer weitgehend
gleichberechtigten Basis. Der Gedanke, dass jede Person die Möglichkeit haben sollte,
sich in eine Diskussion einzubringen, herrscht vor. Eine Arbeitsweise, die jener der
AudimaxistInnen gleicht. Die Interaktivität des Internets zu nutzen verstand die
Protestbewegung rund um das Wiener Audimax bis dahin so gut wie keine andere in der
Geschichte. So wurde die Möglichkeit, die Veranstaltungen und Plena im Audimax per
Videocasting zu verfolgen bis zum 8. Jänner 2010 genau 643.921 mal genützt. Am 1.
März 2010 hatte die Audimax-Besetzung 30863 Facebook-Fans41.
Dass die Protestwelle von Wien aus fast alle Universitäten Österreichs und hunderte
Hochschulen in Europa und auf der ganzen Welt erreichte, ist darauf zurück zu führen,
dass das Internet ein Medium ist, das keine regionalen Grenzen kennt. Und auch manche
Forderungen, wie jene nach offenem und freiem Bildungszugang hatten internationalen
Charakter haben. So fiel es Studierenden anderer Universitäten leicht, sich mit den
Inhalten, die sie im Web fanden, im ersten Schritt zu identifizieren, sich im zweiten Schritt
online zu solidarisieren und anschließend an eigenen Uni selber eine Bewegung zu
starten.
Allerdings äußerten sich innerhalb der Studierendenbewegung auch kritische Stimmen
41 Zum Zeitpunkt der Besetzung lautete der Name einer Person, die sich per Klick einer Facebook-Page zugehörig fühlt noch „Fan“. Mittlerweile ist Facebook von diesem Wording abgekommen. Pages können nur noch geliket werden, der Begriff Fan existiert in der Facebook-Welt nicht mehr.
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zum offenen Umgang mit dem Internet. Die Sorge, dass die eigene Privatsphäre durch
Social Networks unter die Räder geraten könnte, ist mit Sicherheit nicht unbegründet.
Durch das Sammeln und Archivieren persönlicher Daten durch große Internetplattformen
und den unbedachten Umgang mit Bild- und Videomaterial fürchteten viele Protestierende
das Ende ihrer Anonymität und dadurch eine nachträgliche Repression. Für die Linke
befindet sich das Web 2.0 in einem Spannungsfeld zwischen dem Anspruch
basisdemokratische Partizipationsmöglichkeiten zu schaffen auf der einen Seite und der
Wahrung des Datenschutzes auf der anderen.
Auch außerhalb der audimaxistischen Lebensrealität sieht die Medienwissenschaft Vor-
und Nachteile des politischen Einsatzes des Internet. Neben der skeptischen Position, die
davon ausgeht, dass zwischen Individuen und der politischen Öffentlichkeit eine soziale
Barriere existiert, die die Verfügbarkeit von Information begrenzt, steht die enthusiastische
Position, die das Internet als unterstützendes Element für die Öffentlichkeit sieht (vgl.
Jarren/Donges 2006, 112-113).
Diese „(...) prognostiziert einen starken und positiven Einfluss des Internets auf die Strukturen von Öffentlichkeit und auf politische Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse. Durch das Internet würden die Bürgerinnen und Bürger untereinander mehr kommunizieren können als bisher. (..) Es gebe, so die häufig verwendete Metapher, einen direkten Draht zwischen Bevölkerung und Politik, der auch intensiv genutzt werde. Dadurch würden mehr Menschen als bisher an politischen Willensbildungs- und Entscheidungsaspekten teilnehmen (..). Durch einen erwarteten Zuwachs der Kommunikationsmöglichkeiten und des politischen Wissens, würden Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt, ihre Anliegen auch qualitativ besser als bisher in den politischen Prozess einzubringen.“ (Jarren/Donges 2006, 112)
Trotz aller Vor- und Nachteile, trotz Euphorie und Kritik, die Mechanismen und
Denkweisen von Protestbewegung und Web 2.0 sind ident: Beide glauben an die
Weisheit der Vielen, beide verzichten auf Hierarchien, beide sind offen und regulieren sich
selbst. Das Web 2.0, das sogenannte Mitmach-Internet geht Hand in Hand mit dem
Mitmach-Protest, dem Protest 2.0.
6.4 Ableitungen
Der Einsatz sozialer Medien und digitaler Partizipationsmöglichkeiten in der unibrennt-
Bewegung hat gezeigt, dass die Mobilisierung einer großen Gruppe an
SympathisantInnen schneller, breiter und effektiver möglich ist als früher. Online-Tools zu
verwenden allein reicht aber noch nicht, um ein Momentum auslösen zu können. Ein
umfassend gültiges Erfolgsrezept gibt es nicht, aber aus den Erfahrungen der Audimax-
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Proteste können Thesen abgeleitet werden, die im Kontext der Bewegung mit großer
Wahrscheinlichkeit zum Mobilisierungserfolg beigetragen haben.
Ein Phänomen, das sich sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis als richtig erweist,
ist der Vorteil des Internets, im speziellen der sozialen Medien, im Bezug auf die
Möglichkeit als Interessengruppe mit scheinbaren Randthemen gesellschaftliche
Aufmerksamkeit zu erlangen. Traditionelle Machstrukturen werden durch den Einsatz von
neuen Medien aufgebrochen und schaffen es so dennoch in der Öffentlichkeit
wahrgenommen zu werden. (vgl. Feick 2007)
Ein Erfolgskriterium der Internetkommunikation der AudimaxistInnen war ihr Wissen um
die Lebensrealität der Studierenden, nicht zuletzt, weil die aktiven BesetzerInnen selber
zu dieser Gruppe gehörten. Bei einem jungen Zielpublikum kann davon ausgegangen
werden, dass eine hohe Affinität zum Internet besteht. Der virtuelle Part des Lebens ist
vor allem bei digital natives mittlerweile zur Lebensrealität geworden. Eine Tatsache, die
akzeptiert werden muss. Online-Aktivität gering zu schätzen wäre ein Nicht-Akzeptieren
einer ganzen Jugendkultur. Aktivitätsmöglichkeiten wurden somit dort gesetzt, wo sich die
Zielgruppe ohnehin aufhielt.
Wer in sozialen Medien kommuniziert, muss authentisch und ehrlich sein. Lügen,
Propaganda und billige Werbung werden von der Community sofort enttarnt. Das System
reguliert sich durch die UserInnen selbst. Wer Teil der Gruppe sein will, muss sich ihr
öffnen. Nach diesen Ideen handelten AktivistInnen bewusst oder unbewusst. Die
abgeflachten Hierarchien gingen Hand in Hand mit einer Many-to-many-Kommunikation,
die auf Augenhöhe passierte. Respektvoller Umgang mit anderen UserInnen, das
Einhalten der Nettiquette und eine faire Diskussionskultur machten die unibrennt-
Bewegung zu einem attraktiven und sympathischen Angebot – auch für Studierende, die
bis dahin nicht in Berührung mit hochschulpolitischen Aktionen kamen.
Dass die Meinung der UserInnen gleichzeitig der digitale Content der Bewegung war,
wussten die internet-affinen BesetzerInnen. Das Web 2.0 lebt von der Meinung und
Bewertungen der UserInnen. Diese stehen im Mittelpunkt des Systems. Möglichkeiten zur
Artikulation zu bieten ist Strukturerhaltung und somit unbedingt notwendig.
Nie zuvor war die Möglichkeit über Geschehnisse zu berichten so vielfältig und einfach
wie heute: Text, Bild und Ton lassen sich (auch in kombinierter Form) einbinden und
ermöglichen Wahrnehmung auf vielsinnige Art. Durch die crossmediale und digitale
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Kommunikationsweise der AktivistInnen lieferten sie nicht nur live Einblicke in ihre
Tätigkeiten, sondern ermöglichten es auch, noch in vielen Jahren auf die Besetzung
zurückblicken zu können.
Der richtige Umgang mit neuen Medien kann die Qualität des politischen Protests massiv
verbessern und Mobilisierungspotentiale besser ausschöpfen. Durch vernetzte Systeme
im Bereich der neuen Medien kann sich eine „Army of Davids“42 im Kampf gegen Goliath
formieren, organisieren und vielleicht sogar behaupten.
42 Mit der Metapher der „Army of Davids“, die gemeinsam im Kampf gegen den übermächtig scheinenden Goliath eine Chance auf den Sieg hat, arbeitet auch US-Kampagnenmanager Joe Trippi. Er leitete die Wahlkampagne des Vermonter Gouverneurs Howard Dean im Jahr 2004 in den Primaries der Demokraten zur Präsidentschaftswahl. Trippi wurde für seine innovativen Online-Kampagnenstrategien und den Einsatz von Grassrouts-Elementen im Wahlkampf bekannt. (vgl. Trippi 2008)
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7 Conclusio
Studentische Partizipation ist digital geworden. Kurzzeitig. Denn ohne Beschönigung
muss festgestellt werden, dass die Experimente der elektronischen Mitbestimmung rund
um Österreichs Hochschulen großteils fehlgeschlagen sind.
E-Voting wurde zwar bei den ÖH-Wahlen 2009 umgesetzt, jedoch von den Studierenden
kaum in Anspruch genommen. Für die darauffolgende Wahl 2011 steht bereits fest, dass
die elektronische Wahl keine Anwendung mehr finden wird. Zu gering war die
Wahlbeteilung der E-VoterInnen zuvor, zu hoch die Kosten und zu groß der Widerstand.
Im Sinne der kompetitiven Demokratietheorie kann festgehalten werden, dass die Kosten-
Nutzen-Rechnung für alle Beteiligten negativ ausfiel. Sowohl für die Studierenden, als
auch für die ÖH und das BM:WF. Der Wahlmodus wird eine Stufe zurückgesetzt, zurück
zur Papierwahl.
Die wenigen Urabstimmungen unter den Studierenden – davon wurde zwei in digitaler
Form umgesetzt – sind scheinbar kein Mittel, von dem die VertreterInnen der
HochschülerInnenschaft gerne Gebrauch machen. Die beschriebenen Praxisbeispiele
zeigen, dass der derzeitige Modus fehleranfällig ist und die rechtlichen Hürden zu groß
sind, um eine erfolgreiche Urabstimmung durchführen zu können. Die punktuelle
Mitbestimmung von Studierenden über Sachfragen ermöglicht im Wettstreit der Ideen
zwar einen Diskurs innerhalb der involvierten Interessenverbände, realpolitische
Veränderungen konnten damit aber kaum erzielt werden.
Im Vergleich der drei Praxisbeispiele scheint die unibrennt-Bewegung durch die
Digitalisierung der Mobilisierungsmöglichkeiten und Mannigfaltigkeit der
Partizipationselemente durch neue Medien am meisten profitiert zu haben. Dennoch: Der
nachhaltige Effekt und der realpolitische Outcome der Studierendenbewegung sind
gering.
In Bezug auf den Einsatz digitaler Methoden ist trotz allem festzuhalten, dass die
beschriebenen Beispiele eine Vorreiterrolle in der österreichischen Politik spielten.
Anhand der dabei gewonnenen Erfahrungen sollten Ableitungen für zukünftige
Partizipationsprojekte getroffen werden.
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Schafft man es beispielsweise das E-Voting transparenter zu gestalten sowie
demokratiepolitische Bedenken aus dem Weg zu räumen und somit die Gegenstimmen
zu minimieren, könnte die elektronische Wahl ein erfolgversprechendes Projekt werden.
Schafft man es beispielsweise die HSG-Bestimmungen zur Durchführung einer
Urabstimmung zu lockern und gemeinsam mit den Verbesserungen einer elektronischen
Wahl zu verbinden, könnte die digitale Partizipation an Sachfragen zum studentischen
Alltag werden.
Schafft man es beispielsweise neue Formen der politischen Betätigung und
Ehrenamtlichkeit – online und offline – anzubieten, wie es die unibrennt-Bewegung
vorgezeigt hat, könnte die Gruppe der politisch aktiven Menschen vergrößert und ihr
Engagement intensiviert werden.
Die Frage, ob wir für digitale Demokratie bereit sind, lässt sich aber nicht nur mit
Lösungsansätzen in Bezug auf die praktische Durchführung beantworten. Auch das
Problem der digitalen Kluft und der digitalen Spaltung muss beseitigt werden. Ob das
Schließen der Kluft durch mehr Online-Mitbestimmung herbeigeführt werden kann, oder
ob diese erst ihre Berechtigung hat, sobald die Kluft geschlossen, ist ein komplexes
Dilemma, und gleichzeitig ein offenes Forschungsgebiet an dem gearbeitet werden muss.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die theoretischen Ideen der digitalen
Demokratie der derzeitigen politischen Praxis davon laufen. Jene aber, die es schaffen
werden, digitale Partizipation auf einer vertrauensvollen Basis um- und einzusetzen,
könnten so die Sicht der Bevölkerung auf die Politik verbessern und eine nachhaltige
Aufwertung der Mitbestimmung an sich bewirken.
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8 Bibliographie
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Master Thesis. Lisa Fuchs. Digitale Demokratie.
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