TRAINING NEWS 4/20028
Kann man mit SAP Business Workflow die
Gechäftprozesse wesentlich verbessern?
Diese Frage stellen sich Unternehmen
während oder in der Regel nach einer er-
folgreichen SAP-Einführung.
Der vorliegende Artikel soll Möglichkeiten
aufzeigen, wie ein Projektteam auf ein
Workflow-Projekt vorbereitet werden kann.
Autor:Uwe Kiser
Referent der Unilog Integrata Training
Wird SAP Business Workflow in den Un-ternehmen angesprochen, ist oft große Un-sicherheit, wenn nicht gar vollkommeneAblehnung, sich mit diesem Thema zu be-schäftigen, anzutreffen. Die Gründe hierfürsind zum Beispiel:• ineffizient genutzte SAP R/3 Systeme,• keine oder unzureichende Prozess-
kenntnisse bzw. Dokumentationen,• unzureichendes SAP-Know-how bei den
Mitarbeitern,• große Abhängigkeiten von externen
Beratern zur Aufrechterhaltung der be-stehenden Funktionen,
• keine freien Kapazitäten bei den Mitar-beitern.
Im Rahmen von Workflow-Projekten wer-den die Projektmitarbeiter u.a. mit folgen-den Fragen konfrontiert:• Welche Organisationsentwicklung ist
erforderlich?• Wie können Mitarbeiter für ein Work-
flow-Projekt “gewonnen” werden?• Wie soll der Betriebsrat in das Projekt
eingebunden werden?• Welche Technologie (SAP, Outlook, Lo-
tus-Notes etc.) soll eingesetzt werden?• Wo sollen die Grenzen zwischen SAP-
Standardanwendung und flexiblen, aufdas Unternehmen angepassten Funk-
tionen gezogen werden?• Wie kann das benötigte Know-how aufgebaut werden?
Die Herausforderung beim Einsatzvon SAP-Business Workflow besteht
darin, die vorhandenen Standard-Anwen-dungen (SAP R/3, Outlook, Lotus-Notesetc.) und den SAP Business-Workflowsinnvoll und effizient zu integrieren. Nebender technischen Integration stellt sichweiterhin die Frage, mit welchen Metho-den eine Verbesserung der Geschäftpro-zesse unter Einsatz von SAP BusinessWorkflow erreicht werden kann. Abbil-dung 1 soll eine mögliche Vorgehensweisebei der Realisierung von Workflow-Projek-ten verdeutlichen.
Phase 1:In der ersten Phase erfolgt die Definitionund Beschreibung der bestehenden Pro-
zesse. Schwachstellen und die mit Work-flow zu unterstützenden Geschäftsprozes-se werden identifiziert. Zusätzlich wird dasMengengerüst (z.B. Anzahl Vorgänge proTag) analysiert. Die Ergebnisse der Phase 1werden als Basis für eine Kosten/Nutzen-Analyse und damit als Entscheidungsgrund-lage für die Realisierung von Workflow-Prozessen eingesetzt. Ein wesentlicher Pa-rameter zur Verbesserung von Geschäfts-prozessen ist die Durchlaufzeit eines Vor-ganges. Eine Geschäftsprozessanalyse könn-te zu folgenden Ergebnissen führen:
Eine genauere Untersuchung der Durch-laufzeiten zeigt die Defizite in der Prozess-kette auf. Die Liegezeiten eines Vorgangesbetragen nicht selten mehr als 70 %. In derPraxis resultieren diese Liegezeiten in derRegel im manuellen Handling von Papieroder im manuellen Weiterleiten von Infor-mationen (Telefon, e-Mail etc.). Ist ein Mit-arbeiter krank oder kann er aus anderenGründen einen Vorgang nicht bearbeiten,fehlt eine entsprechende Eskalationsstufe.Die Zeitanteile eines Vorganges könntenwie folgt analysiert und dokumentiert wer-den.
Liegezeit 70%Transportzeit 16%Informationsbeschaffung 4%Wertschöpfende Bearbeitung10%
Kennzahlen dieser Art bilden die Basis fürkünftige Auswertungen innerhalb einerWorkflow-Prozesskette.
Phase 2:Auf Basis der in Phase 1 beschriebendenGeschäftsprozesse erfolgt die Geschäfts-prozess-Modellierung. Ausgehend von ei-nem betriebswirtschaftlichen Soll-Konzeptwird aus dem Geschäftsprozess-Modelldas SAP Workflow-Modell entwickelt. In
Effizientes Geschäftsprozess-Managementmit SAP Business Workflow
Abbildung 1
Geschäftsprozess Durchlaufzeit BenötigteArbeitszeit
Neuanlage Kundenstammsatz 2-3 Tage 20-30 Minuten
Vollständige Pflege Materialstamm 3-5 Tage 30-40 Minuten
Genehmigungsverfahrenbei Bestellungen 2-4 Tage 15-20 Minuten
Prüfung Preisabweichung beiEingangsrechnungen 2-5 Tage 20-30 Minuten
kVP durchWorkflow-
Management
Phase 2:Workflow-Modellierung
Phase 3:Workflow-Einführung
Phase 4:Workflow-Anwendung
Phase 1:Erhebung derIst-Abläufe
Phase 5:Bewertung,Überwachung
lierung vorgestellt werden. Nachdem in der Phase 1 entschieden wurde, den Geschäfts-prozess “Freigabe einer Bestellanforderung” mit Workflow zu unterstützen, wird zunächstder Geschäftsprozess betriebswirtschaftlich modelliert. Eine einfache Dokumentation inPowerPoint könnte wie folgt aussehen:
Ein Freigabeverfahren soll bei folgenden Bedingungen durchlaufen werden:• Kontierung der Bestellanforderung auf Kostenstelle• Wert > 10.000 Euro aber <= 20.000 Euro –> Freigabe durch technische Klärung• Wert > 20.000 Euro –> Freigabe durch technische Klärung und Einkaufsleitung• Der Anforderer (hier Disponent) soll bez. der Entscheidung informiert werden
TRAINING NEWS 4/2002 9
Bestellanforderunganlegen
Bestellanforderungfreigeben
Bestellunganlegen
DispositionDisponent
EinkaufTechn. Klärung
EinkaufEinkaufsleiter
EinkaufEinkäufer
Workflow:Freigabe einerBestellanforderung
Abb. 2: Freigabe einer Bestellanforderung
Disponent(Benutzer 1)
Technische Klärung(Benutzer 2)
Einkaufsleiter(Benutzer 3)
Info bez. Freigabe
Freigabeanforderung
Freigabeanforderung
Info bez. Ablehnung
Info bez. Ablehnung
-> Wert > 10.000,- EUR-> Kontierung = Kostenstelle
-> Wert > 20.000,- EUR-> Kontierung = Kostenstelle
Banfanlegen/bearbeiten
Banfbearbeiten
Banfbearbeiten
Abb. 3: Workflow “Freigabe einer Bestellanforderung”
dieser Phase erfolgt in einem ersten Schrittdie Einarbeitung in die entsprechendenenSAP Standard-Anwendungen und die Aus-bildung in SAP Business Workflow. Durcheine Analyse der von SAP ausgeliefertenWorkflow-Muster können Verwendbarkeitbzw. die erforderlichen Anpassungen be-schrieben werden. Zusätzlich werden dieKennzahlen zur Erfolgsmessung festgelegt(z.B. Liegezeiten einer freizugebenden Be-stellanforderung).Als Ergebnis dieser Phasesollten die Geschäftsprozesse und die An-forderungen an den Workflow dokumen-tiert sein. Mithilfe des Seminars “Work-flow-Überblick” (Sem.-Nr. 06899) werdendie Projektmitglieder in die Lage versetzt,die bestehenden Workflow-Muster undWorkflow-Aufgaben zu analysieren und dieAnforderungen an Anpassungen bzw. Neu-entwicklungen von Workflow-Aufgaben zuformulieren.
Phase 3:In dieser Phase werden die erforderlichenStammdaten (z.B. Organisationseinheiten,Materialstammänderungen etc.) aufgebautund die Workflow-Aufgaben bzw. Work-flow-Muster entwickelt. Beim Einsatz desWIS (Workflow Informations System)werden die entsprechenden Info-Struktu-ren angepasst bzw. neu aufgebaut. Mithilfedes Seminars “Workflow-Kompakt” (Sem.-Nr. 06902) werden die Projektmitglieder indie Lage versetzt, eigene Workflow-Szena-rien zu entwickeln.
Phase 4:Die Anwendung und Anpassung der Work-flow-Prozesse ist Inhalt der Phase 4. In bei-den Seminaren (Sem.-Nr. 06899 und06902) lernen die Teilnehmer Workflows inder Anwendung kennen.
Phase 5:In dieser Phase werden die in Phase 2 defi-nierten und in Phase 3 realisierten Work-flow-Prozesse mithilfe des WIS (WorkflowInformations System) analysiert (z.B. Lie-gezeiten einer freizugebenden Bestell-anforderung). Auf Basis dieser Kennzahlenkönnen operative Verbesserungen eingelei-tet und die Workflow-Modellierung bei Be-darf angepasst werden. Die Basis für einenkontinuierlichen Verbesserungs Prozess(kVP) in den indirekten Bereichen ist gege-ben.
Geschäftsprozess-ModellierungIn Abb. 2 soll am Beispiel “Freigabe einerBestellanforderung” die Workflow-Model-
Aufbau der OrganisationsstrukturIm nächsten Schritt wird das Organisa-tionsmodell aufgebaut.
Für den Workflow-Prozess werden für dasUnternehmen LEIFA GmbH die Organisa-tionseinheiten Disposition und Einkauf an-gelegt. Der Organisationseinheit Disposi-tion wird die Planstelle Disponent zuge-ordnet (Inhaber = Benutzer 1). Innerhalbder Organisationseinheit Einkauf werdendie Planstellen techn. Einkäufer (Inhaber =Benutzer 2) und Einkaufsleiter (Inhaber =Benutzer 3) angelegt.
UnternehmenLEIFA GmbH
Disposition(Organisationseinheit)
Einkauf(Organisationseinheit)
• Planstelle Disponent(Benutzer 1)
• Planstelle techn.Einkäufer (Benutzer 2)
• Planstelle Einkaufsleiter(Benutzer 3)
Abbildung 4
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Vom Geschäftsprozess-Modellzum Workflow-ModellIn der nächsten Phase erfolgt die Modellie-rung des SAP Workflow-Modells in Formvon EPK’s und den zugeordneten SAP Or-ganisationseinheiten. Nach dem Aufbau dererforderlichen Stammdaten im Bereich derMaterialwirtschaft und der Aktivierung derEreigniskopplung kann der Workflow ange-wendet und überwacht werden. (Abb. 5)
Workflow in der AnwendungNachdem der Benutzer 1 eine Bestellan-forderung mit einem Wert von 50.000 Eu-ro angelegt hat, wird die Bestellanforde-rung gesperrt. Über die Standardaufgabe7986 erhält der Benutzer 2 in seinem Post-eingang die Workflow-Aufgabe zur Banf-Freigabe. (siehe Abb. 6)
Nach Freigabe der Bestellanforderungdurch Benutzer 2, werden die Aufgaben7986 und 8018 gestartet. Benutzer 3 erhältdie Aufgabe, die Banf freizugeben (Aufgabe7986).Benutzer 1 wird über die Freigabe von Be-nutzer 2 informiert (Aufgabe 8018).(siehe Abb. 7)
ZusammenfassungDie effiziente Gestaltung von Geschäfts-prozessen in den indirekten Bereichen isteine zentrale Herausforderung für dieUnternehmen. Dies kann zum einen durchdie Nutzung bzw.Weiterentwicklung vonSAP-Anwendungen erfolgen, zum anderenunterstützt SAP Business Workflow dasGeschäftsprozessmanagement in hervorra-gender Weise.Vor allem in den bisher ver-nachlässigten indirekten Bereichen bietetSAP Business Workflow gute Möglichkei-ten, die Durchlaufzeiten erheblich zu redu-zieren, da die entsprechenden Kennzahlen(z. B. Dauer für die Freigabe einer Bestell-anforderung) die Basis für operative Ent-scheidungen bilden. In den Seminaren06899 und 06902 wird Projektteams dasnotwendige SAP Know-how vermittelt, umerfolgreich Workflow-Projekte realisierenzu können.
EinkaufTechn. Klärung
EinkaufEinkaufsleiter
Banf mit Freigabe-strategie angelegt
WF-Schritt 000003Banf freigeben
XOR
XOR
Banf-Freigabeabgelehnt
Banf-Freigabefreigegeben
Banf-Freigabezurückgenommen
Banf signifikantgeändert
WF-Schritt 000067Rückmeldung bez.
Ablehnung
WF-Schritt 000072Rückmeldung bez.
Freigabe
WF-Schritt 000076Rückmeldung bez.
Rücknahme der Freigabe
GenerelleAufgaben
Workflowbeenden
Workflowbeendet
Workflow-Schritt
Ereignis
Workflow-Muster 38Workflow für Banf-Freigabe aktiviert
Abb. 5
Benutzer 1Disponent
Benutzer 2Techn. Einkäufer
Bestellanforderung freigebenoder Freigabe ablehnen
Bestellanforderung mit einemWert von 50.000,- Euro anlegen
Standardaufgabe
TS00007986
Abb. 6
Benutzer 2Techn. Einkäufer
Benutzer 3Einkaufsleiter
Bestellanforderung freigebenoder Freigabe ablehnen
Standardaufgabe
TS00007986Bestellanforderung freigebenStandardaufgabe
TS00008018
Benutzer 1Disponent
Information bez.Bestellanforderungsfreigabe
Abb. 7
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