Transcript

455 Th. Curtius? nnd N. Meier

Rfitteilungen aus dem Chemischen Institut der Universitlt Heidelberg

Einwirkung voii Phenylcarbaminazid auf Malonester

Von Theodor Curtinsf- und Henry iTlcier') (Eingegangen am 24. Februar 1930)

Schon Cur t iu s und Burkha rd t2 ) haben gefunden, dai3 Pheny lca rbaminaz id (I), das zuerst von Cur t iu s und Hof- manns) dargestellt wurde, sich nicht wie die gewohnlichen Carbonstiureazide umzulagern vermag, sondern mit W asser oder An i l in unter Verseifung symm. Diphenylharns tof f (111) liefert, wobei im ersteren Falle Pheny lca rbaminsaure (11) als Zwischenprodukt anzunehmen ist.

+ HSO f CsH6 .NIT, I C,H,.NH.CO.N, --

Y Y -NsH 1

I1 2 C,H,. NH . CO . OH -I*-* 111 C,H,. NH. CO . NH , C,H5

Das Phenylcarbaminazid gehart also gleich dem Carbaminazid und den Sulfonaziden 3 zu den ,, s t arr e n " Aziden.

Im AnschluB an das Studium der Umsetzung des Carb- aminazids mit Malonester 5, haben wir nunmehr auch das Pheny lca rbaminaz id (I) in den Kreis der Untersuchung gezogen. Man konnte dabei unter Anlagerung des ,, s t a r r e n " R e s t e s (IV) an Malones te r die Bildung von Phenylure ido-

l) Vgl. H e n r y Meier , ,,Uber die Zwiechenprodukte bei der Syn- these von a-Aminosauren aus Malonsliuren und uber einige Reaktionen mit starren Sliureaziden''. hug.-Diss. Heidelberg 1922. Maschinen- schriftlich hinterlegt bei der Universitfitsbibliothek.

a) Dies. Journ. [2] 68, 205 (1898). 3, Dies. Jonrn. [2] 63, 513 (1896). 4, C u r t i u s , dies. Journ. [2] 125, 303 (1930). 5, C u r t i u s , Ber. 66, 1577 (1923).

Phenylearbaminazid und Malonester 459

und Diphenyld iure idomalones te r (V und VI) ermarten, zumal da die Anwesenheit einer Phenylgruppe eine besonders gute Krystallisationsfiahigkeit der entstehenden Korper voraus- sehen lie&

I C,H,.NH.CO.N, IV C,H,.NH.CO.N<

IV C,H,.NH. CO.N< + CH,(CO,C,H,!, --f V C,H, . NH. CO. NH. CH(CO,C,H,),

IV 2C,H5.NH.C0.N< + CH,(CO,C,H,), --f VI (C,H,. NH. CO. NH),C(COzC,H5)z

Xengenverhaltnis und Reaktionstemperatur wurden mehr- fach variiert. Auch bei allmahlicher Einwirkung durch tage- langes Erhitzen in starker Verdunnung - ein Teil Azid auf 10 Teile Malonester - auf nur llOo wurde unter Entwicklung von 9OU/, der berechneten Nenge St icks tof f immer eine rot- braune Losung erhalten, aus der nur Spuren einer festen Substanz ausfielen. Im Kuhler hatte sich auch etwas S t i ck - s tof fammonium abgeschieden. Nach dem Abdestillieren des uberschussigen Malonesters im Vakuum und der Verjagung der letzten Reste rnit Wasserdampf blieb ein braunrotes, dick- fliissjges 01 zuruck, aus dem beim Anreiben mit wenig fither s y m m. Dip h e n y lh a r n s to ff (111) krystallinisch ausfiel. Dieser diirfte aber wenigstens zum Teil erst bei der Behandlung des Reaktionsproduktes rnit Wasserdampf aus noch unzersetztem Azid durch Verseifung entstanden sein.

Bei einem anderen Versuch wurde das braunrote, olige Reaktionsprodukt zur Verseifung des eventuell gebildeten Phenylureido- und Phenyldiureidomalonesters (V und VI) mit Natronlauge gekocht, wobei die Hauptmenge ungelost blieb, und das Filtrat mit Schwefelsaure angesauert. Dabei fie1 ein fester, gelblicher Korper am. Aus der schwefelsauren Losung lieI3 sich nach dem Neutralisieren mit Natronlauge eine gleich- falls feste Substanz ausziehen, die nach dem Umkrystalhieren aus Alkohol unscharf gegen 140° schmolz. Die aus beiden Proben dargestellten Silbersalze gaben bei der Analyse Zahlen, die auf phenylureido- und diphenylureidomalonsaures Silber gar nicht, dagegen annilhernit auf Diphenylurazolsilber stimmten.

460 Th. Curtius+ und H. Meier

Nun schmilzt freilich reines 1,4-Diphenylurazol, das auf an- derem Wege von Busch und Heinr ichs l ) dargestellt wurde, erst bei 163O. Seine Entstehung in unserem Falle ist also nicht sichergestellt.

Die Bildung von Diphenylurazol aus P h e n y l c a r b a m i n - az id (I) konnte so vor sich gehen, daB der unter Abspaltung von Stickstoff gebildete , , s t a r r e" R e s t (IV) mit einem a n - de ren , unter Abspaltung yon Stickstoffwasserstoff entstandenen ungesattigten R e s t (VII) zu 1 ,4-Diphenylurazol (VIII) zu- sammentritt, wobei durch andersartige Vereinigung der beiden verschiedenen Reste aber auch das isomere 1,2-Diphenyl- u r a z o l (IX) entstehen konnte.

I C,H,.NH.CO.Ns * VII C,H,.N.GO-+ j .

1V C,H,.NH.CO.N< + VII C,H,.N.GO-+ J.

G,H5 .N-CO C,H5. N-GO

&&&g bzw* IX C,H,. N- CO I )N€I --t VIII

Wir konnten somit beim Erhitzen von Phenylcarbaminazid mit Malonester nur Spa l tungsp roduk te des Azids se lbs t beobachten, die erwarteten An lage rungskorpe r des ,,starren" Restes (IV) dagegen, Phenylureido- und Diphenyldiureidomalon- ester (V und VI), lieBen sich n i ch t isolieren.

Besohreibung der Versuche

P h e n y l c a r b a m i n a z i d und Malones te r 5 g Phenylcarbaminnzid, das nach der Vorschrift von

Cur t iu s und Burkha rd t2 ) dargestellt war, wurden mit 50 g lbIalonsaurediathylester am Verdrangungsapparat im olbade auf 130° erhitzt. Das Azid l6ste sich unter Stickstoflentwick- lung auf. Erhalten: 700 ccm, berechnet 740 ccm St ickstoff .

*) Ber. 34, 2336 (1901); Busch, Ber. 36, 974 (1902); Busch u.

3 Dies. Journ. [8] 58, 228 (1898). Frey, Ber. 36, 1367 (1903).

Phenylcarbaminazid und Malonester 46 1

Wiihrend des Erhitzens schied sich aus der Losung eine sehr geringe Menge von Krystallflitterchen aus, die sich aber spater nicht vermehrten und nicht weiter untersucht wurden. Im Kiihler setzte sich etwas S t icks tof fammonium ab. Nach Beendigung der Gasentwicklung wurde der Malonester im Vakuum abdestilliert und die letzten Reste mit Wasserdampf abgeblasen. Es blieb eine feste, teigige Masse zuriick, die sich in vie1 Ather bis auf wenige Schmieren 1Sste. Der Ather hinterlie6 beim Abdampfen ein rotbraunes 01, aus dem auch beim Abkuhlen keine Krystalle sich abschieden. Das 01 wurde mit Natronlauge digeriert und die alkalische Losung unter Eiskuhlung rnit verdiinnter Schwefelsaure neutralisiert. Dabei entstand eine gelbliche Wolke, welche ausgeathert wurde. Nach dem Verdampfen des Athers hinterblieb ein gelber, iiliger Korper, der in verdiinntem Ammoniak lijslich war. Aus der filtrierten Losung fiel mit Silbernitrat ein weiBes Silbersalz aus, das abgesaugt, rnit Wasser gewaschen und zur Analyse im Vakuum bei 80° getrocknet wurde. Die gefundenen Zahlen passen nur annahernd auf Diphenylurazolsilber.

0,2959 g gaben 0,0960 g Ag.

Phenylureidomalonaaures Silber,

Diphenyldiureidomalonsaures Silber,

Diphenylurazolsilber,

Berechnet fur Gefunden:

C,,H,O,N,Ag, (451,94): Ag 47,76 O/,,

C,,H,,O,N,Ag, (586,OO): Ag 36,84 O/,

C,,H,,O,N,Ag (360,06): Ag 29,96 32,44 '/,,

Bei einem weiteren Versuch mit der doppelten Menge Phenylcarbaminazid (10 g) wurde nach Beendigung der Stick- stoffentwicklung der Malonester unter vermindertem Druck miig- lichst weit abdestilliert und der Riickstand mit uberschussiger verdiinnter Natronlauge gekocht. Von vie1 ungeloster oliger Masse wurde abfiltriert und die alkalische Fliissigkeit mit Tierkohle liingere Zeit zum Sieden erhitzt. Aus dem eisgekiihlten Filtrat fiel rnit verdunnter Schwefelsaure ein gelblicher Korper (A) aus, der abgesaugt, mit Wasser gewaschen und im Vakuum ge- trocknet wurde. Er erweichte zwischen 75 und 90° und schmolz bei 115 O. Das schwefelsaure Filtrat wurde mit Natronlauge genau neutralisiert und ausgeathert. Der Ather hinterlieB

462 Th. Curtius -i- und H. Meier

beim Abdunsten einen gelben, krystallinen Ruckstand (B), dcr, aus Alkohol umkrystallisiert, bei 110-120 O sinterte und bei 140° schmolz. Beide Substanzen (A und B) wurden in Wasser unter Zusatz von Ammoniak gelijst, die Losung filtriert und au9 den Filtraten mit Silbernitrat gelbe Flillungen von Silber- salzen erhalten; diese wurden abgesaugt, mit W asser gewatrchen, im Vakuum getrocknet und analysiert.

I. 0,1302 g Silbersals aus A gaben 0,0455 g Ag. 11. 0,2035 g Silbersalz aus B ,) 0,0654 g Ag.

Berechnet fur Gefiiudeu : Phenylureidomalonsaures Silber, I. 11.

C,,B,O,N,Ag, (451,94): Ag 47,?6 Ol io

C,,H,,O,N,Ag, (586,OO): Ag 36,84 o/o

C,,H,,0,N8Ag (360,06): Ag 29,96 34,95 32,14

Diphenyldiureidomalonsaures Silber,

Diphenylurazolsilber,

Wir haben dann noch die Einwirkung von Phenylcarb- aminazid auf Malonester bei mijgl ichst n i ed r ige r Tem- peratur (1 10 O) durchgefiihrt. Dabei ging die Stickstoffabspaltung so langsam vor sich, daB sie bei Anwendung von 10 g Phenyl- carbaminazid 95-100 Stunden in Anspruch nahm; durch einen Quecksilberthermoregulator wurde dabei die Temperatur kon- stant bei l l O o gehalten. Es entwickelten sich goo/, der be- rechneten Menge St ickstoff . Auch hier schieden sich im Eiihler etwas S t icks tof fammonium und aus der Losung einige Flitterchen aus, die nicht weiter untersucht wurden. Trotz der niedrigeren Temperatur fiirbte sich die Reaktions- fliissigkeit braun. Nach dem Abdestillieren des Nalonesters unter vermindertem Druck und anschlieBender Behandlung mit Wasserdampf blieb wieder ein rotbraunes 01 zuriick. Das Kondenswasser wurde abgegossen und der Riickstand mit wenig &her versetzt, wobei sich ein krystalliner Korper abschied; auf Zusatz von mehr Ather trat wieder Verschmierung ein. Das Rohprodukt wurde mehrmals aus verdiinntem Alkohol umkrystallisiert. Die Substanz schmolz danach bei 236 O und erwies sich als identisch mit symm. Diphenylharns tof f , fur den Wei th l ) den Schmelzpunkt bei 235O, Young und

I) Ber. 9, 821 (1876).

Phenylcarbaminazid und Malonester 463

Clark’) bei 238-239O fanden. Die Menge des gewonnenen Harnstoffs betrug etwa loo/, des angewandten Azids. Bei der Analyse wurden folgende Zahlen erhalten:

I. 0,1343 g gaben 0,3641 g GO, und 0,0764 g H,O. 3,260 mg ,, 0,399 ccm N bei 26O und 752 mm.

11. 3,953 mg ,, 0,470 ccm N bei 23O ,, 754 mm. Berechnet fur Gefunden:

C,,H,,ON, (212,19): I. 11. C 73,60 73,96 - Oio H 5,66 6,37 - ,, N 13,20 13,40 13,23 ,,

l) Journ. Chem. SOC. 73, 367 (1898).


Recommended