DOKUMENTATION# 01_APRIL 2007/CHF 6.—
BANANORAMADER BANANENHANDEL UND SEINE LABELS: EIN ÜBERBLICK
Immer mehr Labels und Standards kämpfen um die Gunst derKonsumenten – auch im Bananenhandel. Doch es ist auch für engagierte Konsumentinnen, die eine möglichst gerecht undökologisch produzierte Banane kaufen wollen, nicht einfach,sich im Labelsalat zurechtzufinden. Mit der vorliegenden Doku-mentation, getragen von zehn verschiedenen Hilfswerken undNichtregierungsorganisationen (NGO), wollen wir Ihnen dieMöglichkeit geben, mehr über den Bananenmarkt, Labels undStandards zu erfahren. Denn jeder Kaufentscheid hat seineWirkung in den Produktionsländern. Wir sollten ihn deshalbbewusst fällen.
Ein Gemeinschaftswerk von: BROT FÜR ALLE |CARITAS | CLARO FAIR TRADE | ERKLÄRUNG VON BERN |
FASTENOPFER | HELVETAS | HEKS | STIFTUNG FÜR KONSUMENTENSCHUTZ | SWISSAID | TERRAFAIR
BananoramaDer Bananenhandel und
seine Labels: Ein Überblick
Wer hätte sie nicht gerne, die perfekte Banane, bei der man mit einemguten Gewissen zugreifen kann? Bei der man sicher ist, dass die Ar-beiterInnen in den Plantagen nicht ausgenutzt und giftigen Pestizidenausgesetzt sind. Eine Banane, im Einklang mit der Natur und miteinem gerechten Preis. Gibt es eine solche Banane überhaupt, undwenn ja, wo?
Seit den 70er-Jahren fragen immer mehr Konsumenten und Kon-sumentinnen nach den Produktionsbedingungen von Bananen.Schnell war klar, dass die Multis, die den Markt beherrschten, denAnsprüchen der kritischen Kundschaft nicht gerecht werden konn-ten. Es entstanden neue Projekte, welche eine gerechte Alternative anbieten wollten. Heute, nach vielen Jahren politischer Aufklärung,nach vielen Niederlagen und Enttäuschungen, ist die Schweiz Welt-meister beim Kauf fair gehandelter Bananen. Und auch Multis wieChiquita lassen heute ihre Produktion nach sozialen und ökologi-schen Kriterien zertifizieren.
Ende gut – alles gut?
Leider nein. Trotz aller Bemühungen und im Widerspruch zumanchen Werbekampagnen ist die perfekte Banane noch keine Selbst-verständlichkeit. Der Einsatz von Pestiziden und die Gewährung vonGewerkschaftsrechten sind in vielen Plantagen immer noch proble-matische Themen. Und selbst das Fairtrade-Label muss immer wiederkritisch hinterfragt werden, ob es den Anspruch an eine perfekte Ba-nane erfüllt.
Mit dieser Dokumentation wollen die Trägerorganisationen Ihnendie Möglichkeit bieten, selbst nach der bestmöglichen Banane zu su-chen. Viele ausgewiesene Fachpersonen kommen zu Wort – doch derEntscheid, nach welcher Banane im Regal Sie greifen, bleibt letztlichbei Ihnen.
François Meienberg, Erklärung von Bern
EDITORIAL
Die perfekte Banane
Dokumentation «Bananorama – Der Bananenhandel und seine Labels: Ein Überblick» 3/2007 April,Auflage D: 25000, Auflage Frz.: 10000 HERAUSGEBER Brot für alle, Caritas, Claro Fair Trade, Erklärung von Bern, Fastenopfer, Helvetas, Heks, Stiftung für Konsumentenschutz, Swissaid, Terra-fair KOORDINATION UND REDAKTION Erklärung von Bern (EvB), François Meienberg, SibylleSpengler, Quellenstrasse 25, Postfach, 8031 Zürich, Telefon 044 2777000, Fax 044 2777001,[email protected], www.evb.ch GESTALTUNG c.p.a. Clerici Partner AG, Zürich DRUCK ROPRESS Genossenschaft, Zürich. Gedruckt mit Biofarben auf Cyclus Offset, 100% Altpapier.Das EvB-Magazin inkl. Dokumentation erscheint 5- bis 6-mal jährlich.
EvB-Mitgliederbeitrag: Fr. 60.– pro Kalenderjahr. Spendenkonto: 80-8885-4
4_ Sag einer Banane nie nur Banane, sag immer Chiquita – Ursula Brunner
7_ Warum eigentlich sind Bananen so billig? – Ursula Brunner
10_ Das grosse Geschäft mit der gelben Frucht – Peter Teuscher
12_ Die Realität jenseits der Labels – Max Leuzinger
14_ Kleines ABC der Bananenpestizide – François Meienberg
16_ Was steckt hinter den Labels für Bananen? – François Meienberg und Peter Teuscher
18_ Labels und Unternehmenszertifikate: Eine Übersicht
20_ Fairtrade-Boom im Schweizer Detailhandel – Josianne Walpen
22_ Der faire Handel am Wendepunkt? – Ursula Brunner
Fairer Handel – mehr als ein Siegel – Rudi Pfeifer
Fairtrade soll selbstverständlich werden – Martin Rohner
25_ Chiquita: Ziel erreicht? – Ein Gespräch mit George Jaksch und Alistair Smith
28_ Was noch zu tun ist: Unsere Forderungen
30_ Die Trägerorganisationen dieser Broschüre
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Wir haben uns für die Gestaltung der Titelseite erlaubt, dasChiquita-Logo leicht zu verändern. Das Lachen der Bananen-frau schien uns für die vorherrschenden Bedingungen auf denBananenplantagen dieser Welt nicht ganz passend.
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sich in den Plantagen zu etablieren, sie wur-den aber Jahrzehnte später wieder verboten,vor allem in Costa Rica und Kolumbien.
Die Intensivierung der Produktion mittelsMonokulturen, welche die UFC weiter vor-antrieb, machte die Plantagen anfällig aufKrankheiten. In Panama wurden bereits zuBeginn des 20. Jahrhunderts die Bananen-plantagen von einer unbesiegbaren Krank-heit befallen, sie nannten sie «Mal de Pa-nama». Es gab nur zwei Mittel dagegen, diePlantagen mussten stillgelegt und eineneue, resistente Bananensorte musste ge-züchtet werden. Die UFC wanderte mit derProduktion nach Ecuador aus und intensi-vierte zur gleichen Zeit die Züchtung, wel-che einige Jahre später gelang. Unter demNamen «Valery» kam eine neue, resistenteBanane auf den Markt, zur gleichen Zeitkehrte UFC aus logistischen Gründen wie-der nach Zentralamerika zurück. Doch an-dere Schädlinge erforderten die Anwen-dung von immer mehr chemischen Mitteln– auch heute noch ein Elend für Boden,Luft, Wasser und Menschen.
Die Erfindung der BananenrepublikIn den Produzentenländern hat die
Firma schon sehr früh ihren Einfluss – oftmit Hilfe der amerikanischen Regierung –geltend gemacht. Das Bauen von Eisen-bahnlinien, Hafenanlagen oder das Betrei-ben des Postnetzes gehörten zur Strategieder UFC. Die jeweiligen Länder und derenBevölkerung hatten jedoch kaum einenNutzen davon, da die Gebühren für die Zi-vilgesellschaft viel zu hoch waren.
Die USA unterstützten mit vielen mili-tärischen Aktionen in der Karibik und Zen-tralamerika den Machtausbau der UFC. Al-lein von 1912 bis 1924 gab es in Hondurasvier US-Interventionen. Am bekanntestenist der Sturz des guatemaltekischen Staats-präsidenten Jacopo Arbenz, der für seineLandreform 1953 von der UFC ungefähr
Ursula Brunner, terrafair _ Chiquita undihre Vorläufer-Firma United Fruit Company ste-hen für ein multinationales Unternehmen, dasseit fast einhundert Jahren die Produktion undVermarktung von Bananen nahezu monopoli-siert. Gemeinsam mit den USA übten sie unge-meine Macht auf die Produzentenländer aus.
1899 legten drei nordamerikanische Kauf-leute, Preston, Baker und Keith, ihre Ba-nanenexportunternehmen zusammen, umden aufstrebenden Bananenhandel in dieUSA schwungvoller betreiben zu können.Dies war die Geburtsstunde der UnitedFruit Co. (UFC), welche seither im Bana-nenhandel die erste Geige spielt. Bereits beiihrer Gründung war die junge Firma dieNummer eins im US-Bananenmarkt. MitÜbernahmen und Fusionen hat sie ihreMacht stetig ausgebaut. Noch im Jahr derGründung kauft sie sieben unabhängige Fir-men in Honduras. Zwei Jahre später erwirbt
sie 50 Prozent der britischen Elder&Fyffesund erhält auf diese Weise Zugang zum eu-ropäischen Markt. Um den globalen Marktzu bedienen, verfügte die UFC bereits En-de der 30er-Jahre über die grösste privateSchiffsflotte der Welt.
Ausbeutung von Mensch und NaturMit der enormen Ausweitung des Land-
besitzes und der Grösse der Plantagen gingeine zunehmende Verwahrlosung der arbei-tenden Bevölkerung einher. Alle Kämpfeund Streiks der ArbeiterInnen um Lohn-erhöhungen und Arbeitszeitregelungen, dievon Kolumbien bis Guatemala immer wie-der losbrachen, wurden mit Militäreinsatzniedergeschlagen. Bekannt sind die erfolg-losen Streiks in Kolumbien von 1918 unddie blutigste Niederlage der Arbeitendenebenfalls in Kolumbien im Jahr 1928 mit3000 Toten. In den 50er-Jahren, nach vielenKämpfen, gelang es den Gewerkschaften,
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Titelseite des Jahresberichts der United Fruit Company, 1951
2600 Jahre Bananengeschichte
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100 000 Hektar brachliegendes Land einfor-derte, um es an landlose Bauern zu vertei-len. Die Firma wurde gemäss ihren Steuer-angaben für das Land entschädigt. Doch dieUFC lobbyierte im amerikanischen Kon-gress erfolgreich gegen Guatemala, indemsie die kommunistische Gefahr herbeibe-schwor. Noch im selben Jahr wurde die Re-gierung Arbenz mit einem Militärputsch,den die USA massgeblich unterstützten, ge-stürzt. Einen Monat später war die Landre-form rückgängig gemacht.
Um die Macht der multinationalen Kon-zerne zu brechen, bildeten 1974 die Regie-rungen der Bananenländer die Union derBananen exportierenden Länder (UPEB).Als Erstes verlangten sie von diesen Unter-nehmen 1 Dollar Exportsteuer pro Bana-nenkarton; Geld das im Lande bleiben undfür gemeinsame Projekte eingesetzt werdensollte. Die United Brands Co., so der neueName der UFC nach einer weiteren Fusion,widersetzte sich dieser Forderung. Es gab in der Folge eine Reihe hässlicher Beste-chungs- und Oppositionsaffären, die sogarzum Selbstmord des damaligen Chefs desBananenkonzerns führte. Die Union war zu schwach, um ihre Pläne, darunter dieSchaffung eines eigenen Handelsunterneh-mens, zu realisieren. Die Boykottmassnah-
men, welche die United Brands und andereergriffen, um die Pläne der Union ins Leerelaufen zu lassen, erreichten ihr Ziel.
Die Firma im WandelIn den 60er-Jahren musste die UFC
wegen des Kartellgesetzes ihren enormenLandbesitz reduzieren. Es entstanden die so-genannten unabhängigen nationalen Produ-zenten, die auf eigene Rechnung produzier-ten, aber finanziell von der UFC (in Bezugauf Kredite und Darlehen) abhängig bliebenund vor allem durch die Verkaufsverträge andas multinationale Unternehmen gebundenwaren. Dieses profitierte von der neuen Situ-ation. Sie konnten das Gewicht von der teu-ren und politisch heiklen Produktion auf dieVermarktung legen, wo sie von den Export-häfen bis zu den Märkten in Europa und denUSA alles unter ihrer Kontrolle hatten. EinZuwachs an Macht und Gewinn.
1970 entstand aus der Zusammenlegungder UFC mit der Firma AMK eine neueFirma, die United Brands Company. EinigeJahre vorher hatte UFC das einschlägige Logoeingeführt: CHIQUITA! Die Banane hattenun einen Namen. Es war ein riesiger Erfolg.1989 gab es noch einmal einen Namens-wechsel, die Firma heisst seither ChiquitaBrands International Inc. Als solche hat sieAnfang der 90er-Jahre mit dem Better-Bana-nas-Programm begonnen, ihr Image aufzu-bessern. Seit 2005 sind ihre Bananen von derUmweltorganisation Rainforest Alliance zer-tifiziert und mit einem Label beklebt, dessenLogo ein Frosch ist. In den Schlagzeilen istdie Firma aber trotzdem geblieben.
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Ursula Brunner, Bananenfrau der ers-
ten Stunde, berichtet über ihre Erfah-
rungen bei der Einführung von gerecht
gehandelten Bananen in der Schweiz _
Anfang der 70er-Jahre stellten sich sieben Frau-en aus Frauenfeld diese Frage. Sie informiertensich und erfuhren viel über die Armut in der Drit-ten Welt. Sie doppelten nach und fragten: Waskönnen wir tun? Ihre Antwort: Wir Konsumentenund Konsumentinnen müssen für Produkte wieBananen mehr bezahlen.
Wir setzten darauf, dass Menschen ihr Den-ken, ihre Verhaltensweise ändern können,wenn sie sich ihrer Verantwortung beimEinkaufen bewusst werden.
Am 19. und 20. Oktober 1973 gingenwir in Frauenfeld auf die Strasse. 40 Frau-en verteilten eine selbst verfasste Zeitungund 600 Kilogramm Bananen und fragtendie Passanten: Haben Sie auch schon darüber nachgedacht, warum Bananen so
billig sind? Die Aktion wurde ein vollerErfolg.
Ein gerechter Preis! Dafür wollten wiruns einsetzen und die Menschen von dieserNotwendigkeit überzeugen. Darum gehörtezum Aktionsmodell auch die Mitarbeit risi-kofreudiger Lebensmittelhändler, die Chi-quita-Bananen – es gab damals keine ande-ren – mit einem Aufpreis von 15 Rappenpro Kilo verkauften. Es war eine symboli-sche Aktion, um daran zu erinnern, dass wirmehr bezahlen müssen, zum Beispiel fürBananen. Bald wollten auch andere Grup-pen und einzelne Menschen aus verschiede-nen Regionen Bananenaktionen durchfüh-ren und fragten uns um Hilfe. Wir erstelltenDokumentationsmappen, hielten Vorträgeund beteiligten uns an Diskussionen.
Um alle Entwicklungen verfolgen zukönnen, beauftragte die Gruppe eine der«Bananenfrauen», in den Ländern Zentral-amerikas möglichst realitätsnahe Informa-
« Die USA unterstützten mit vielenmilitärischen Aktionen den Macht-ausbau der UFL.»
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Warum eigentlich sindBananen so billig?
dern Geschäften verkauft. Der Aufpreis be-trug 15 Rappen, davon behielten wir 5 Rap-pen für unsere Unkosten. 10 Rappen wur-den in einen Projektfonds gespiesen. Mitdiesem Geld konnten wir in den Bananen-plantagen Nicaraguas Projekte realisieren.Es wurden sanitäre Installationen (Letrinas)erneuert, Kinderkrippen eingerichtet, einArzt finanziert usw.
Nach dem Regierungswechsel und derPrivatisierung der Bananenplantagen in Ni-caragua 1992 wurde die Vermarktung derBananen zum Teil eingestellt, weil beinahedie ganze Produktion eingegangen war. Wirmussten uns nach neuen Bananen umsehenund fanden eine Möglichkeit in Costa Rica,wo sich eine Gruppe unabhängiger Ba-nanenproduzenten selbstständig gemachthatte. Wir konnten mit ihnen einen Über-gang schaffen und haben von 1993 bis 1997die Bananen eines kleineren Produzenten,der weitgehend ökologisch produzierte,vermarktet. Sie hiessen Pablitos. Es wareine gute Zeit für uns, denn die LadenketteVOLG übernahm für alle ihre Geschäfte diePablitos. Das hat uns sehr viel Auftrieb ge-geben.
Die Idee wird salonfähigAb 1997 verkauften Migros und Coop
Bananen mit dem Fairtrade-Label der 1992gegründeten Max-Havelaar-Stiftung. 1998gründete der Verein gebana die gebana ag– ein Handelsunternehmen für sozial undökologisch fair produzierte Produkte. Sieführt heute eine grosse Auswahl an Produk-ten, frische Bananen sind jedoch nicht
mehr dabei. Sie leistet Vorfinanzierungen,bezahlt kostendeckende Preise und enga-giert sich langfristig in den Produzenten-ländern.
Wir hatten 25 Jahre lang dafür gearbei-tet, einen gerechten Handel für Bananenmöglich zu machen. Seither hat sich vielesverändert, gerechter Handel ist «salonfä-hig» geworden, aber die Arbeit für mehr Ge-rechtigkeit in der Welt wird nie zu Endesein.
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25 Jahre nach dem Beginn ihrer Bananengeschichte trafen sich die Frauen im Mai 1998.
V. l. n. r.: Heidi Da Rugna✝, Ursula Brunner, Berti Ammann✝, Liselotte Räschle, Elisabeth Lamprecht, Renate Haffter,
Doris Kolb, Aenni Rotzler. Es fehlt Anni Franchi✝.Bild: zvg
tionen einzuholen. Ich hatte das grosse Pri-vileg, dass ich mich von 1976 bis 1997 jähr-lich für einige Wochen vor Ort dieser Auf-gabe widmen durfte. Es gelang mir währendall dieser Jahre, intensive Kontakte herzu-stellen mit Arbeitern und Arbeiterinnen inden Plantagen, Gewerkschaftsangehörigen,einheimischen NGO, mit Produzentengrup-pen und Regierungs- und Bankengremien.
Diese Kontakte verschafften uns Er-fahrungen, Hintergrundinformationen undVernetzungen. Wir realisierten die enormenSchwierigkeiten der Gewerkschaften undProduzentengruppen, von den alles beherr-schenden transnationalen Konzernen unab-hängig zu werden. Wir lernten von der Pro-duktion bis zum Markt alle Nuancen desBananenhandels kennen und konnten un-sere Pläne und Konzepte für unsere Arbeitdanach ausrichten.
Wir hatten zwei Ziele ins Auge gefasst:Einerseits wollten wir Bananen auf denschweizerischen Markt bringen, die nichtvon transnationalen Konzernen produziertund vermarktet werden.
Andererseits sollten die Konsumieren-den für diese Bananen einen gerechtenPreis bezahlen, der direkt der arbeitendenBevölkerung zugute kommt. Kurz: Wir woll-ten einen gerechten Handel.
Schluss mit Symbol-AktionenIm Mai 1985 sprach die US-Regierung
das Embargo gegen Nicaragua aus. Daszwang den kleinen Staat, einen neuenMarkt für seine Bananen zu suchen. Eskonnte nur Europa sein. Das erste Schiff mitBananen aus Nicaragua wurde im Hafenvon Gent, Belgien, entladen. Mit diesenkamen nun zum ersten Mal konzernunab-hängige Bananen nach Europa. Das war,was wir schon lange gesucht hatten. Wir er-klärten in den Medien: «Ab sofort beendenwir die Symbol-Aktionen! Jetzt müssen dieNICA-Bananen auf den Markt.»
Damals gründeten wir einen Verein undnannten ihn: «Arbeitsgemeinschaft Gerech-ter Bananenhandel», bekannt geworden un-ter dem Namen «gebana». Die tägliche Ar-beit wurde nach wie vor ehrenamtlich vonsieben Frauen geleistet. Mit der Einführungder NICA-Bananen in den Schweizer Marktkonnten wir zum ersten Mal über den Preisverhandeln und einen guten, wenn auchsicher noch nicht gerechten Marktpreis verlangen. Die NICA-Bananen wurden vorallem in den Weltläden, aber auch in an-
«Wir waren eine Bewegung ge-worden, wir nannten uns ‹DieSchweizerische Bananen-Aktion›,aber viele Leute sagten ‹Bananen-frauen› und lachten über uns.»
Ursula Brunner
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Das grosse Geschäft mit der gelben Frucht
Peter Teuscher, gebana ag_ Die Banane isteine der wichtigsten Früchte im internationa-len Handel. Wertmässig liegt sie hinter den Zitrusfrüchten an zweiter, mengenmässig garan erster Stelle. Bananen stellen einen wich-tigen Wirtschaftsfaktor in den Anbauregionendar.
Die Gesamtproduktion von Bananen wurde2004 auf 103 Millionen Tonnen geschätzt,davon 71 Millionen Tonnen Süssbananenund 33 Millionen Tonnen Platanen (Koch-bananen). Es werden praktisch nur Süssba-nanen international gehandelt. 2004 warendas geschätzte 16 Millionen Tonnen oder 23Prozent. Wegen der hohen Resistenz gegen-über Schädlingen und Krankheiten hat sichdie Sorte Cavendish weltweit etabliert.
Der Anbau wie auch der Export konzen-triert sich auf einige wenige Länder, obwohlBananen in etwa 130 Ländern angebautwerden. Die fünf wichtigsten Produktions-
länder Indien, Ecuador, Brasilien, Chinaund die Philippinen sind für 57 Prozent derweltweiten Produktion verantwortlich. In-dien und Brasilien exportieren jedoch nurgeringe Mengen.
Die wichtigsten Märkte für Bananensind die EU, USA und Japan. 2004 wurdenüber 67 Prozent der Gesamtexporte in die-sen Ländern abgesetzt. Nach der Erweite-rung von 2004 ist die Europäische Unionmit einem Verbrauch von rund 4,6 Millio-nen Tonnen jährlich zum weltweit grösstenMarkt für Bananen geworden. Im weltwei-ten Handel spielen Faitrade- und Bio-Bana-nen noch eine marginale Rolle.
Die Schweiz importiert Bananen über-wiegend aus Lateinamerika. Von den insge-samt 74000 Tonnen (2005) trugen 41 Pro-zent das Max-Havelaar-Label. Diese Bana-nen stammen aus Ecuador, Costa Rica, derDominikanischen Republik, Kolumbien undPeru. 24 Prozent davon sind bio-zertifiziert.
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Costa Rica, 27,7%Ecuador, 26,9% Panama, 12,7%Kolumbien, 11,9%Südafrika, 3,9% Peru, 3,9%Dominik. Rep, 3,4%Andere, 9,6%
Die wichtigsten Akteure im internationalen Handel
(Exportwert 2004: 4,7 Mrd. US-Dollar)
Verteilung der Welt-BananenexporteDurchschnitt der Jahre 2000 – 2004
Exporte von Bananen 2000 – 2004 (Quelle: FAO)
Wachstum des weltweitenBio- und Fairtrade-Marktes bei Bananen in Tonnen
Bio- und Fairtrade-Bananen (Quelle: FAO, eigene Schätzung)
Import von Bananen in die Schweiz
Total: 74068 Tonnen
(Quelle: Oberzolldirektion, 2005)
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ken und uns verschulden. Von einer höhe-ren Schulbildung für die Kinder könnenwir nur träumen. Der Eigentümer hingegen,der noch drei andere Plantagen besitzt, hatje eine Villa in Santa Marta, Cartagena undMiami. Da der Mindestlohn vom Sozial-und vom Landwirtschaftsminister – beideGrossgrundbesitzer – festgelegt wird, ver-wundert es nicht, dass dieser einem Hun-gerlohn gleichkommt. Dies ist mit einGrund, weshalb sich in diesem Land seit 50 Jahren Leute gegen die ungerechten Ver-hältnisse auflehnen.»
Gemäss Julio seien auf dem benachbar-ten Fairtrade-zertifizierten Bananenbetriebzwar die generellen Arbeitsbedingungenum einiges besser, doch reiche der Lohnauch dort kaum für ein menschenwürdigesAuskommen. Julio fordert daher von denLabel-Organisationen, für jedes Land – unterBerücksichtigung der jeweiligen lokalen
Verhältnisse – die Höhe eines die Existenzsichernden Einkommens festzulegen.
Julio hat gehört, dass Chiquita in Euro-pa mit dem grünen Frosch den Eindruck er-wecke, dass ihre Bananen umweltverträg-lich angebaut würden. Das empört ihn, weiles nichts mit der Realität zu tun habe. Aufseiner von Rainforest Alliance zertifizier-ten monokulturellen Plantage gebe esausser Bananen und Unkraut kaum ein Lebenszeichen, schon gar keine Frösche.Mehrere seiner Arbeitskollegen würdentrotz Schutzanzügen an Hautkrankheitenund Augenentzündungen leiden. Julios Fa-zit: «Die Labels haben zwar einiges an un-serer Situation verbessert, doch braucht esnoch viel, bis wir wirklich menschenwür-dig leben und arbeiten können.»
* Max Leuzinger war Inspektor auf Bananenbetrieben im Auftragder Fairtrade Labelling Organization (FLO)
Max Leuzinger*, claro fair trade ag _
Die Arbeit auf den Bananenplantagen ist nachwie vor hart und schlecht entlöhnt. Die Unge-rechtigkeiten und Ungleichgewichte im Welt-handel sind auch mit den Labels noch langenicht aus der Welt geschafft. Ein Arbeiter er-zählt.
Anlässlich einer Inspektion auf einer 20-Hektar-Bananenfarm in der kolumbiani-schen Provinz Magdalena traf ich den 43-jährigen Julio Gonzalez (alle Namen ge-ändert), Arbeiter beim GrossgrundbesitzerFelipe Prieto. Julio lebt mit Frau und dreiKindern sehr bescheiden in einer Gegend,die von den Paramilitärs beherrscht wird.Seine Frau Consuelo erbringt einen kleinenZusatzverdienst als Gelegenheitsnäherin.
Julio erinnert sich, dass vor einigen Jah-ren, als die Farm noch Chiquita gehörte, diesozialen Bedingungen etwas besser waren.Chiquita jedoch verkaufte alle Farmen in
Kolumbien an einheimische Konzerne undPrivate, «um Kosten zu sparen», vermutetJulio. Gewerkschaften waren weder frühernoch jetzt zugelassen. In benachbarten Far-men hatten Arbeiter versucht, eine Gewerk-schaft beizuziehen. Sie alle wurden von Pa-ramilitärs umgebracht oder vertrieben.
Chiquita kauft jedoch heute noch Bana-nen von Prietos Plantage und zahlt anstän-dige Preise, wenn die Nachfrage auf demWeltmarkt gross ist. Wenn der Markt über-sättigt ist, bezahlen sie jedoch nur 3.50 US-Dollar (etwa die Hälfte des Fairtrade-Prei-ses) pro 18-Kilogramm-Schachtel.
Der neue Besitzer hat die Sozialleistun-gen gekürzt und die Arbeitsintensität er-höht. Julio: «Zeitweise erhalte ich nichteinmal den gesetzlichen Mindestlohn von6.60 US-Dollar pro Tag, und selbst dieser istals Lebensgrundlage für eine Familie völligunzureichend. Sobald etwas Aussergewöhn-liches passiert, müssen wir uns einschrän-
Die Realität jenseits der Labels
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Die Arbeit auf den Plantagen ist hart und
oftmals eintönig.Bild: François Meienberg
12 BANANORAMA__13
François Meienberg,Erklärung von Bern _
Die grossen Monokulturen und die extreme ge-netische Homogenität der Pflanzen machendie Bananenplantagen anfällig für Schädlin-ge. Der Einsatz von grossen Mengen an Pesti-ziden ist die Konsequenz. Opfer sind die Ar-beiterInnen, die sich in den meisten Fällennur ungenügend gegen die toxischen Produk-te schützen können.
Chlorpyrifos heisst das Insektizid, mitwelchem man die Plastiksäcke behandelt,die über die Bananentrauben gezogen wer-den. Das hoch giftige Pestizid greift unteranderem das Nervensystem an.
Dibromchlorpropan (DBCP) wurde seit denspäten 60er-Jahren und bis 1985 auf Bana-nenplantagen als > Nematozid eingesetzt.Zehntausende auf Plantagen Arbeitendewurden durch die Anwendung des Mittelsunfruchtbar. Durch eine Sammelklage gegen
die Hersteller (Dow Chemical, Shell) unddie Bananenkonzerne erhielten die geschä-digten Arbeiter rund 1500 US-Dollar proPerson Schadenersatz.
Als krebserregend gelten eine ganzeReihe von Pestiziden, die in Bananenplan-tagen angewendet werden. Eine epidemio-logische Studie in Costa Rica hat ergeben,dass die Arbeiter und Arbeiterinnen einemgrösseren Risiko ausgesetzt sind, an Haut-krebs, Gebärmutterkrebs und Leukämie zuerkranken.
Nematozide verwendet man gegen Fa-denwürmer – eines der grössten Problemeauf Bananenplantagen. Die verwendetenProdukte (meist Organophosphate) gehörenzu den giftigsten Pestiziden und sind auchfür die Fauna (Fische, Vögel usw.) hochproblematisch.
Kleines ABC der Bananenpestizide
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Paraquat ist eines der giftigsten Unkraut-vernichtungsmittel. Kein anderes Pestizidführt in Costa Rica zu derart vielen Vergif-tungsfällen (20 – 35 Prozent aller Fälle). InBananenplantagen vernichtet man damitdas Unkraut zwischen den Stauden. Derwichtigste Produzent von Paraquat ist derSchweizer Chemiekonzern Syngenta. Ge-werkschaften und eine Vielzahl von Orga-nisationen fordern das Verbot von Paraquat(siehe www.paraquat.ch).
Vergiftungen der AnwenderInnen vonPestiziden sind ein globales Gesundheits-problem. Die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) rechnet mit 3 Millionen Vergiftun-gen, 20000 (unbeabsichtigten) Todesfällenund 200000 Toten durch Suizide. Die Inter-nationale Arbeitsorganisation (ILO) schätzt2–5 Millionen Vergiftungen und 40 000 Toteam Arbeitsplatz pro Jahr. 99 Prozent dertödlichen Pestizidvergiftungen geschehenin den Ländern des Südens.
Yellow Sigatoka nennt man den Pilz, der1912 im Sigatoka-Tal auf den Fidschi-In-seln die gesamte Bananenproduktion zer-störte. Seinen Namen erhielt er, weil er dieBlätter gelb färbte. Der Pilz hat sich schnellüber die ganzen Tropen verbreitet. 1972 be-gann in Honduras die Ausbreitung einesnoch aggressiveren Verwandten, des BlackSigatoka. Um den Pilz zu bekämpfen, wer-den in Costa Rica die Bananenplantagenfast jede Woche mit einem Gemisch vonFungiziden behandelt, welches mit Flug-zeugen über den Plantagen versprüht wird.
40 – 50 Kilogramm Pestizide werden inden Bananenplantagen Costa Ricas proHektare und Jahr versprüht. Für Nutzpflan-zen in Industrieländern braucht man rund2,7 Kilogramm pro Hektare.
Auch Bio ist möglich
Es gibt auch eine Bananenproduktion, welche ganzohne chemisch-synthetische Pestizide auskommtund entsprechend als biologisch zertifiziert wird.Der mit Abstand grösste Produzent von Bio-Bananenist die Dominikanische Republik, gefolgt von Ecua-dor und Peru.
Längst nicht alle sind derart gut vor den giftigen Pestizi-den geschützt wie dieser Arbeiter auf einer Chiquita-Plantage in Costa Rica. Doch selbst eine gute Schutz-
kleidung bietet keine hundertprozentige Sicherheit.Bild: François Meienberg
14 BANANORAMA__15
BANANORAMA__17
Die wichtigsten Bereiche, die von den Labelsund Standards abgedeckt werden, sind:
Ökologie: Ausser von SA8000 von allenStandards aufgeführt. Die Kriterien der bio-logischen Landwirtschaft sind umfassendund sehr restriktiv. Weniger weit gehenRainforest Alliance und FLO, danach folgtEUREPGAP.
Arbeitsrechte: Ausser von EUREPGAPvon allen aufgeführt. Die Kriterien orien-tieren sich mehr oder weniger an den For-derungen der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO), welche am konsequentestenvon SA8000 umgesetzt werden.
Gesundheit und Hygiene: Die Kriterien derRainforest Alliance sind umfassender unddetaillierter als bei FLO, oder bei SA8000,die auf die relativ generell formulierte ILO-Konvention 155 für eine sichere und hygie-nische Arbeitsumgebung verweist.
Pestizide: Hier gibt es grosse Differenzen.Viele verbieten die Verwendung der gif-tigsten Produkte. Bei der Reduktion derMenge sind die Anforderungen wenigerklar.
Mindestpreis: Nur von FLO gefordert.Zudem garantiert FLO eine Sozialprämiezur Förderung der lokalen Gemeindeent-wicklung. Mit Ausnahme von EUREPGAPfordern alle existenzsichernde Mindest-löhne.
Verifikation (Kontrolle): Alle setzen aufmindestens jährlich durchgeführte Kon-trollbesuche (Audits), die von akkreditier-ten (mittels Anforderungskatalog vertrag-lich verpflichteten) Auditorinnen und Au-ditoren realisiert werden.
16
Peter Teuscher und François Meienberg _
Zur Information über die Art und Weise derProduktion werden immer mehr Labels undStandards eingeführt. Leider wissen nur we-nige Konsumentinnen und Konsumenten, wassich dahinter versteckt.
Die riesigen sozialen und ökologischen Pro-bleme der Bananenproduktion riefen in den1970er-Jahren immer grössere Kritik her-vor. Neu entstandene Konsumenten-, Ent-wicklungs- und Umweltorganisationen so-wie Medienberichte aus den Anbauregio-nen brachten die grossen Bananenunter-nehmen in Zugzwang. Gleichzeitig erhöhtesich der Einfluss der Detailhändler: Diesebegannen die neuen Konsumentenbedürf-nisse an ihre Lieferanten weiterzugeben.
Im Verlauf der 1980er-Jahre kamen spe-zialisierte Produktelabels (z.B. das Knospe-Label) erstmals in der biologischen Land-wirtschaft zum Einsatz. Später folgte dasProduktelabel Max Havelaar, welches denSchwerpunkt auf soziale Aspekte legt, aberauch ökologische Kriterien mit einbezieht.Die Stiftung Max Havelaar ist Mitglied derLabeldachorganisation FLO (Fairtrade La-belling Organizations International) undstartete in der Schweiz zu Beginn der
1990er-Jahre mit Kaffee. Sie weitete dasSortiment dank der engen Zusammenarbeitmit Coop und Migros kontinuierlich aufweitere Produkte wie Bananen aus. Eben-falls ein Produktelabel bietet die 1987 ge-gründete Rainforest Alliance (RA) an: Inden ersten Jahren lief ein Umweltschutz-programm unter dem Namen Better Bana-nas Project mit dem ECO-OK-Label, bevores durch das Froschlabel abgelöst wurde,das auch soziale Anforderungen stellt.
Die Einhaltung von ILO-Kernarbeitsnor-men wird vom 1998 etablierten Sozialstan-dard SA8000 gefordert. Im Unterschied zu den Bio- und Fairtrade-Labels werdendamit Unternehmensstandorte (z.B. einNähwerk, eine Plantage) ausgezeichnet.Das Unternehmenszertifikat kann nicht aufdas Produkt oder seine Verpackung ange-bracht werden. Ebenfalls ein Unterneh-menszertifikat (für Einzelbauern und Pro-duzentengruppen) bietet die 1998 gegrün-dete EUREPGAP für die Qualitätssicherungvon Gemüse und Früchten an.
Was steckt hinter den Labels?
Die Labels sind ein zentra-les Marketingmittel. Die
Kampagne von Chiquita hat2006 zu kontroversen Re-
aktionen geführt, da die Abgrenzung zu anderen
Labels wie Bio oder Fairtrade nicht klar er-
sichtlich war.Bild: Chiquita
Siehe auf der nächsten Seite «Labels und Unternehmenszertifikate für Bananen:Eine Übersicht»
BANANORAMA__1918
Gesundheit Garantierter Träger des Labels/Labels Ökologie Pestizide Arbeitsrechte und Hygiene Mindestpreis Verifikation Zertifikats
Labels und Unternehmenszertifikate für Bananen: Eine Übersicht
Fairtrade Labelling • Abfallreduktion • Keine Herbizide • Verbot von Zwangsarbeit und • Zugang zu Erster Hilfe und Spital • Ja, plus Sozialprämie • Jährliche Audits • 25 Produzenten in Organizations • Wiederverwendung und • Liste von verbotenen ausbeuterischer Kinderarbeit • Zugang zu Trinkwasser und zugunsten der durch Auditoren sieben Ländern International (FLO) Kompostierung Pestiziden • Gewerkschaftsfreiheit und Recht sanitären Einrichtungen Kooperative der unabhängigen produzieren 103 000 twww.fairtrade.net • Massnahmen für Boden- • Stetige Verringerung auf kollektive Lohnverhandlungen • Schutzkleidung wird zur • Förderung basisdemo- Zertifizierungsstelle (2005). 70 000 t davonSchweiz: Max Havelaar und Wasserschutz der Toxizität und der • Verbot von Diskriminierung Verfügung gestellt und kratischer Strukturen FLO-Cert gehen in die Schweiz
• Verbot von gentechnisch Menge gefordert • Existenzsichernder Mindestlohn regelmässig ersetzt • Existenzsichernder und nach Gross-veränderten Organismen • Regelung von Arbeits- und • Regelmässige medizinische Lohn britannien.
Überzeit Kontrolle von Personen, die mitChemikalien hantieren.
Rainforest Alliance • Schutz des Ökosystems • Integrierte Produktion • Verbot von Kinderarbeit • Zugang zu Erster Hilfe und Spital • Nein, fordert • Jährliche Kontrollen • Chiquitawww.rainforest- und der Wildtiere • Nicht zugelassen • Verbot von Zwangsarbeit • Zugang zu Trinkwasser und existenzsichernden durch Mitglieder- • Favoritaalliance.org • Wasserschutz sind Pestizide, die in • Organisationsfreiheit und Recht sanitären Einrichtungen Lohn vertreterInnen von • Etwa 2,4 Millionen t
• Bodenschutz den USA oder der EU auf kollektive Verhandlungen • Schutzkleidung in gutem Zustand SANcert oder etwa 15% der • Abfallreduktion verboten sind. • Keine Diskriminierung wird zur Verfügung gestellt und (Zertifizierungsstelle weltweit gehandelten• Verbot von gentechnisch • Zusätzliche Liste • Keine Disziplinarmassnahmen deren Anwendung kontrolliert von Sustainable Bananen (2005)
veränderten Organismen von verbotenen • Maximale Arbeitszeit • Regelmässige medizinische Agriculture Network)Pestiziden • Existenzsichernde Löhne Kontrolle von Personen,
die mit Chemikalien hantieren.
Biologische Weitestgehende • Keine chemisch- Knospe: Knospe: • Nein, fordert einen • Kontrolle und Zertifi- • Etwa 320 000 t Landwirtschaft Anforderungen zu synthetischen Arbeitsverhältnis regelt: • Schutzkleidung wird durch den Grundbedarf zierung durch unab- weltweitwww.biosuisse.ch • Bodenfruchtbarkeit Pestizide erlaubt • Mindestlohn Betriebsleitung besorgt. deckenden Lohn hängige akkreditierte
– Bodenpflege • Zahlungsmodus • Zugang zu sanitären und staatlich – Humuswirtschaft • Arbeitszeit Einrichtungen und anerkannte Zertifi-
• Bodenbearbeitung • Überstunden medizinischer Versorgung zierungsstellen– Düngung • Verbot von Zwangsarbeit
• Fruchtfolge • Gleichstellung EU und Schweizer Bioverordnung:– Arten- und Sortenwahl Keine Regelung
• Verbot von gentechnisch EU und Schweizer Bioverordnung:veränderten Organismen Keine Regelung
SA8000 • Nicht geregelt • Nicht geregelt • Verbot von Kinderarbeit • Zugang zu Trinkwasser und • Nein, fordert • Mindestens jährliche • Dolewww.sa-intl.org • Verbot von Zwangsarbeit sanitären Einrichtungen existenzsichernden Kontrolle und • Chiquita
• Organisationsfreiheit und Recht Lohn Zertifizierung durch auf kollektive Verhandlungen SAI-akkreditierte
• Keine Diskriminierung Auditoren• Keine Disziplinarmassnahmen• Maximale Arbeitszeit/Überzeit/
Überstundenentschädigung• Existenzsichernde Löhne
EUREPGAP • Minimierung von • Nicht zugelassen • Nicht geregelt • Zugang zu Erster Hilfe • Nicht geregelt • Kontrolle und Chiquita, Del Monte, www.eurep.org negativen Einflüssen auf sind Pestizide, die in • Schutzkleidung ist vorhanden Zertifizierung jährlich Dole, Favorita, Fyffes
die Umwelt und gleich- der EU verboten sind und in gutem Zustand durch EUREPGAP-zeitiger Umweltschutz • Verringerung bzw. • Regelmässige medizinische akkreditierte Coop, Migros
• Ressourcenschonung Vermeidung von Kontrolle von Personen, die mit Auditoren Aldi, Spar, u.v.a.Pflanzenschutzmitteln Chemikalien hantieren (bloss
Empfehlung)
Unternehmenszertifikate
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Josianne Walpen, Stiftung für Konsumen-
tenschutz _ Labels und Standards haben ohneUnterstützung der Detailhändler keine Chan-ce. Hier erfahren Sie, in welchem Laden wel-che Bananen erhältlich sind.
In keinem anderen Land der Welt werdenprozentual mehr Fairtrade-Bananen gekauftund verzehrt als in der Schweiz: Max Have-laar gibt an, dass 30 638 Tonnen der im Jahr2005 im Detailhandel umgesetzten Bana-nen das Max-Havelaar-Gütesiegel trugen.Das entspricht einem Marktanteil von rund56 Prozent. 24 Prozent davon waren zudemin Bio-Qualität.
Das ist schön und gut und lässt sich wei-ter ausbauen: Coop erreicht bei den Bana-nen einen Umsatz von 87 Prozent mit Max-Havelaar-Bananen. Das ist sehr hoch, be-deutet aber doch einen Rückschritt, dennder zweitgrösste Schweizer Detailhändlerverkaufte eine Zeit lang ausschliesslichMax-Havelaar-Bananen. Gemäss offiziellerBegründung ist Coop von diesem Entscheidzurückgekrebst, um die Wahlfreiheit derKundschaft zu gewährleisten, da diese of-fenbar auch günstigere Produkte verlangt.Migros, die zusammen mit Coop über einenSchweizer Marktanteil von 65 Prozent ver-
fügt, verkauft zu einem Drittel Max-Have-laar-Bananen, zwei Drittel machen Chiqui-ta- (mit dem Label der Rainforest Alliance)und M-Budget-Bananen aus.
Bio- oder Fairtrade-Bananen sind in derSchweiz im Carrefour, claro fair trade,Coop, Jelmoli, Manor und Migros erhält-lich. Doch wie werden die Bananen produ-ziert, welche ohne Label verkauft werdenund im Denner, Globus oder in den Aldi-Fi-lialen über den Ladentisch gehen? Denner,Migros, Coop, Aldi und Carrefour betonen,dass die Bananen gemäss EUREPGAP oderden SA8000-Normen produziert werden(siehe Seiten 18/19).
Auffallend ist, dass sich die Discounterin der Schweiz bei Bio- oder Fairtrade-Pro-dukten noch sehr zurückhaltend zeigen. InDeutschland ist das anders. Seit auch dieDiscounter diesen Markt entdeckt haben,schnellen die Umsätze in die Höhe: BeiAldi sind Umsätze mit Bioprodukten imJahr 2005 um 46 Prozent, bei den übrigenDiscountern sogar um 64 Prozent gestiegen.Aldi verkauft 42 Prozent aller Bio-BananenDeutschlands. Aldi Schweiz hingegen gibtnicht bekannt, wie viele Tonnen Bananensie umsetzen noch wie hoch der Fairtrade-oder Bio-Anteil ist.
Fairtrade-Boom imSchweizer Detailhandel Max Havelaar/Bio, 15%
Max Havelaar, 72%
Eigenmarken, 13%
Max Havelaar/Bio, 16,5%
Max Havelaar, 16,5%
Chiquita, 59%
Eigenmarken, 8%
Carrefour
Wer verkauft welche Bananen? Anteil der Labels im Bananensortiment der Schweizer Detailhändler 2006
Coop
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Migros
Volg
Aldi(keine Angaben)
Eigenmarken, 100%
Max Havelaar, 6%
Chiquita, 94%
Max Havelaar, 4,7%
Bio, 0,126%
Chiquita, 16,7%
Eigenmarken, 78,47%
Rudi Pfeifer, BanaFair e.V. _ Müssenwir es wirklich gut finden, wenn der deut-sche Discounter Lidl sein angeknackstesImage mit acht Fairtrade-gesiegelten Pro-dukten aufpoliert? Oder wenn der Nah-rungsmittelkonzern Nestlé, der sich im Film«We feed the world» gerade erst wiederselbst entlarvt hat, in Grossbritannien Kaf-fee mit Fairtrade-Siegel verkauft?
«Es nützt den Produzenten», sagen dieBefürworterInnen. Sicherlich, es bringt denwenigen Produzenten, von denen diese Pro-dukte stammen, einen Vorteil. Zumindestkurzfristig, und solange es auch den Kon-zernen nützt. Für diese sind Zertifizierun-gen ein notwendiges Element, um sich imethischen Bereich zu positionieren, als Re-aktion auf Verbrauchererwartungen undDiskussionen in der Zivilgesellschaft. Wennes nicht die veritable Fairtrade-Zertifizie-rung ist, die gesucht wird, dann sind esPseudoinstrumente wie das Siegel der Rain-forest Alliance, das nun die Chiquita-Ba-nanen ziert und zunehmend im Kaffeege-schäft absatzfördernd eingesetzt wird, odereben SA8000, Common Code for the CoffeeCommunity und wie sie alle heissen.
Wie passt es zusammen, dass der Bana-nenmulti Dole Fairtrade-Bio-Bananen ver-marktet und gleichzeitig im Fokus einerinternationalen Kampagne von Gewerk-schaften und Nichtregierungsorganisatio-nen zur Durchsetzung von Gewerkschafts-freiheit auf seinen Bananen-, Ananas- undBlumenplantagen steht? Geht es beim fai-ren Handel noch um einen wirklichen Ge-
genentwurf zu globaler Ungerechtigkeit,oder werden Herrschaftsverhältnisse nichteher verschleiert oder gar stabilisiert, wennden Verursachern und Profiteuren dieserStrukturen der Einstieg in Fairtrade erlaubtwird, nur um quantitative Wachstumszielezu erreichen? Als eines unter vielen Zertifi-zierungsinstrumenten für die Global Playersollte uns Fairtrade zu schade sein.
Fairer Handel ist einmal angetreten, umbenachteiligten KleinproduzentInnen Ab-satz- und Entwicklungsmöglichkeiten zu er-öffnen. Multinationale Konzerne brauchensicher nicht die Unterstützung gut mei-nender Konsumenten und Konsumentin-nen, um ihren Zulieferern anständige Prei-se zu bezahlen und ihren eigenen Beschäf-tigten die ihnen zustehenden Rechte zugewähren.
BANANORAMA__2322
Ursula Brunner, terrafair _ Der Verkaufvon fair gehandelten Bananen hat in den letz-ten Jahren in der Schweiz enorm zugenom-men. Aber mit dem Wachstum stellen sichauch neue Fragen. Zwei Experten nehmen auf den nachfolgenden zwei Seiten Stellungdazu.
Der faire Handel hat seine Wurzeln in derBetroffenheit von Menschen, die sich miteinem Wirtschaftssystem konfrontiert sahen,das Reichtum für wenige und Armut fürviele schafft. Das Ziel war eine lebens- undexistenzsichernde Produktion für alle Be-teiligten. Es entstanden Label- und Zertifi-zierungsorganisationen. Der gerechte Preisspielte dabei eine bedeutende Rolle.
Die Bewegung zeitigte einige Erfolge. ImSchweizer Detailhandel ist Fairtrade beiden Bananen heute Marktleader. Die Sen-sibilität der Konsumenten zwang den De-tailhandel und die Bananenmultis, eigeneStandards einzuführen und damit den Tat-beweis zu erbringen, dass auch sie sich umsoziale Fragen und die Umwelt kümmern.
In dieser Situation stellen sich für denfairen Handel neue und entscheidende Fragen, die vielen sozialen Bewegungengemein sind:
• Hat der faire Handel noch eine erkennba-re Botschaft, oder haben sich die Konsu-menten an Fairtrade-Produkte gewöhnt,ohne noch etwas von deren Hintergrün-den zu wissen?
• Kann der faire Handel die Erwartung er-füllen, die Produktionsbedingungen inden Ländern des Südens zu verbessern?
• Unterscheidet sich der faire Handel imGrundsatz noch klar genug von den ande-ren Standards und Labels?
• Wo und mit welchen Mitteln kann derfaire Handel in der Schweiz noch weiterwachsen?
• Ist es vertretbar, mit multinationalen Kon-zernen wie z. B. Chiquita oder Dole zu-sammenzuarbeiten?
• Werden der faire Handel und seine For-derungen nach mehr Gerechtigkeit durchdie Zusammenarbeit mit den Bananen-multis verwässert und verfälscht?
• Soll man die «Reinheit der Lehre» einermöglichst breiten Wirkung opfern? Möch-te man Einfluss gewinnen oder in der Ni-sche bleiben?
Auf den nachfolgenden Seiten versu-chen zwei Experten des fairen Handels,diese Fragen zu beantworten.
Der faire Handel am Wendepunkt?
Gerechter Handel und Multis passen nicht zusammen
Fairer Handel – mehr als ein Siegel
Rudi Pfeifer ist Mitbegründer und Geschäftsführervon BanaFair e.V. in Deutschland. BanaFair betreibtBildungs- und Kampagnenarbeit, unterstützt die Gewerkschaften und vermarktet Fairtrade-Bio-Bananen von kleinbäuerlichen Produzierenden.
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BANANORAMA__2524
Martin Rohner _ Die Max-Havelaar-Stif-tung wurde gegründet, um dem fairen Han-del auf breiter Basis zum Durchbruch zuverhelfen. Angesprochen sind damit auchGrossverteiler und internationale Unter-nehmen. Grundsätzlich sind wir offen ge-genüber allen ernsthaft engagierten Markt-partnern, denn: ein höherer Absatz Max-Havelaar-zertifizierter Produkte bedeutetmehr Wirkung im Süden. Dabei ist zu be-denken, dass unser Label Produkte undnicht Firmen auszeichnet. Entsprechenddürfen unsere Marktpartner das Gütesiegelnur in der produktspezifischen Kommuni-kation verwenden und nicht den Eindruckerwecken, dass die gesamte Firma nach denPrinzipien des fairen Handels operiert.Ebenso sind die internationalen Fairtrade-Standards für alle Marktpartner gleich, egalwelcher Grösse. Mindestpreise, Prämien,die Stärkung der lokalen Strukturen unddie übrigen Elemente, welche das Max-Ha-velaar-Gütesiegel von anderen Nachhaltig-keitsinitiativen unterscheiden, bleiben be-stehen.
Die Glaubwürdigkeit unseres Gütesie-gels ist uns ein zentrales Anliegen. Deshalbmüssen gewisse Grundsätze erfüllt sein,bevor wir eine Zusammenarbeit mit eineminternationalen Unternehmen eingehen. Sowird in einem ersten Schritt ein Unterneh-men hinsichtlich Glaubwürdigkeitsrisikengeprüft. Bei Bedenken stützt sich die Stif-tung auf externe Nachhaltigkeitsanalysenvon spezialisierten NGO und Rating-Agen-turen. Falls diese Prüfung positiv ausfällt,
kann der Dialog aufgenommen werden. Obeine Zusammenarbeit letztlich zustandekommt, hängt von der übergeordneten Ein-stellung des Unternehmens gegenüber demfairen Handel, seinem konkreten Engage-ment und den längerfristigen Perspektiveneiner Zusammenarbeit ab. Zudem werdenProgresskriterien definiert, welche jedochflexibel gehandhabt und an die jeweiligeMarktsituation angepasst werden.
Wir fühlen uns unseren ProduzentIn-nen gegenüber verpflichtet, auch im Mas-senmarkt den hohen Standards des fairenHandels zum Durchbruch zu verhelfen.Daher wollen wir den Grossfirmen nichteinfach den Rücken zukehren, sondern siefür die Sache des fairen Handels gewinnen.Und das passiert nicht über Nacht.
Ein Gespräch mit George Jaksch, Chiquita,und Alistair Smith, Banana Link, geführt vonSara Meyer, claro fair trade, und FrançoisMeienberg, Erklärung von Bern.
Die multinationalen Konzerne haben sichin den letzten 30 Jahren stark verändert.Chiquita trägt nun das Rainforest-Alliance-Label, das für ökologische und soziale Kri-terien steht. Hat Chiquita damit ihr Ziel er-reicht?
George Jaksch: Ich würde nicht sagen, dasswir am Ziel sind, aber die nachhaltige Produktion ist ein wichtiges Ziel für uns.Wir verbessern unsere Produktionsbedin-gungen laufend, doch die Öffentlichkeitsollte wissen, dass mit der Zertifizierungdie Entwicklung nicht abgeschlossen ist. Entwicklungsbedarf besteht zum einen aufder ökologischen Seite, beim Einsatz derChemikalien. Wir haben mit unseren Forschungsteams zwar Fortschritte ge-macht, aber es gibt in diesem Bereich nochviel zu tun. Zum anderen sind Verände-rungen auf der sozialen Ebene gefragt. Wirstehen auf lokaler und nationaler Ebene imDialog mit den Gewerkschaften, aber dieFronten sind verhärtet. Was uns fehlt, ist
eine gemeinsame Vision, die vom Unter-nehmen und den ArbeitnehmerInnen getragen wird. Wir brauchen eine Win-Win-Lösung wie sie beispielsweise bei derProduktivitätssteigerung und Arbeits-zeitenreduktion möglich ist. Nicht nur dietechnischen Aspekte müssen sich dabeiändern, sondern auch das Denken aller Beteiligten. Das ist eine wichtige Aufgabe.
Alistair Smith: Ich teile die Meinung von George Jaksch. Die wesentliche Aufgabe aller multinationalen Konzerne ist die Ver-besserung der ökologischen und sozialenSituation. Ich würde nicht unbedingt voneiner gemeinsamen Vision sprechen, sondern eher von einer neuen Unterneh-menskultur. Die jetzige Kultur in CostaRica ist sehr von der Antigewerkschafts-haltung der multinationalen Konzerne geprägt, welche vermutlich das grössteHindernis für Fairtrade und Gewerk-schaftsrechte darstellt. Die zweite Heraus-forderung ist meiner Meinung nach diedringend nötige Reduktion des massivenPestizideinsatzes. Man kann zwar wenigergiftige Chemikalien verwenden, doch das bringt kaum Entlastung, wenn weiter-hin hohe Mengen eingesetzt werden.
Chiquita: Ziel erreicht?
Ein grundsätzliches Ja zu allen Partnern
Fairtrade soll selbstverständlich werden
Martin Rohner ist seit dem 1. Oktober 2005 Ge-schäftsleiter der Max-Havelaar-Stiftung (Schweiz).Max Havelaar ist die führende Gütesiegel-organisation des fairen Handels in der Schweiz.Der Umsatz mit Max-Havelaar-zertifizierten Pro-dukten erreichte 2005 221 Millionen Franken.
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: zvg
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der Händler auf internationaler Ebene. Diegrosse Gefahr besteht darin, dass sie dieStandards im Produktionsprozess verwäs-sern. Sie behaupten zwar, dass sie diesnicht tun, aber es gibt ja keine neutraleJury. Wenn sie sich entscheiden würden,die Standards einzuhalten, dann wäre diesein grosser Schritt vorwärts.
Unsere grösste Sorge gilt aber der Über-wachung. Das Problem ist, dass wir privaten Prüfungsinstanzen und Händlern,die diese Aufträge vergeben, nicht ver-trauen. Das ganze Modell des «Private Social Auditing» ist für Arbeitnehmendeund bewusste Konsumenten und Konsu-mentinnen problematisch, weil wir keineBeweise dafür haben, dass diese Prüfungs-experten über genügend Fähigkeiten, Wissen und Erfahrung verfügen, um dieKontrollen glaubwürdig durchzuführen.
G.J.: Die Rolle der Händler ist zentral. Wirwünschten uns, dass die Händler von denLieferanten die Einführung hoher Stan-dards verlangen würden. Im Moment läuftein Wettkampf an der Spitze, mit hohenStandards. Wir glauben, dass Chiquita hiermit anderen Trends wie Bioproduktionund Fairtrade mitläuft. Zum anderen gibtes aber auch einen Wettkampf am Boden,mit Preisdruck und Billigstproduktionohne Rücksicht auf Verluste. Diese Bewe-gung wirft die Produzenten aus der Bahnund bedroht ihre Existenz.
Ist es möglich, dass Chiquita auch fairePreise und faire Konditionen gewährleistet?Und wäre dies überhaupt wünschenswertaus Sicht der Fairtrade-Organisationen?
G.J.: Obwohl Organisationen wie Rain-forest Alliance nicht spezifisch nach fairen Preisen verlangen, bezahlen wir bessereLöhne und verfügen über feste Abnahme-
verträge mit den Bananenproduzenten. Ich denke, dass unsere Bananen nicht sobald ein Fairtrade-Label tragen, aber ichwürde es auch nicht ausschliessen. Wir arbeiten bereits eng mit Fairtrade-Orga-nisationen zusammen und sind als Händ-ler FLO-zertifiziert (FLO siehe S. 18).Schwierigkeiten gibt es aber nicht nur auf unserer Seite, sondern auch auf derSeite der Fair Trader. Es ist eine grosseHerausforderung, die Fairtrade-Standards auf einen multinationalen Konzern an-zuwenden.
A.S.: Wenn wir in der langfristigen Per-spektive von nachhaltigen Veränderungenin den Produktionssystemen – mit ent-sprechenden Arbeitsbedingungen – ausge-hen, dann wäre dies sehr wünschenswert.Kurzfristig gibt es aber eine andere Prio-rität. Die Fairtrade-Organisationen führendie Unterstützung benachteiligter Produ-zenten und Arbeiter zuoberst auf ihrerKriterienliste. Die ArbeiterInnen bei Chi-quita haben keinen Vorrang, weil es ihnenauf den Plantagen schlichtweg besser gehtals den Kleinproduzenten in Randregio-nen. Sie sind in dem Sinne nicht gleichbenachteiligt und stehen damit an zweiterStelle der Förderinteressen.Übersetzung aus dem Englischen: Sara Meyer
Der Sinneswandel muss von Chiquita aus-gehen.
Costa Rica ist nicht nur wichtig, weil es die höchsten Bananen-Exportraten hat, sondern auch, weil es als eine Art «Versuchslabor» für die soziale und ökolo-gische Entwicklung gilt. Was sich in CostaRica verändert, wird sich auf der ganzenWelt ändern.
George Jaksch: In Costa Rica gehören 10 Pro-zent unserer ArbeitnehmerInnen einerGewerkschaft an, während es andernortsfast 100 Prozent sind. In Costa Rica herr-schen andere Verhältnisse. Vom sozialenund finanziellen Standpunkt her gesehen,ist Costa Rica das Land mit den bestenKonditionen. Das sollte nicht vergessenwerden. Andere Länder wie beispielsweiseHonduras, die wirklich effektive Gewerk-schaften kennen, haben definitiv geringereLohn- und Lebensstandards.
Alistair Smith: Ist es richtig, dass Chiquitadie Genossenschaft «Solidarismo» nichtmehr finanziert?
G.J.: Ja, das ist richtig.
A.S.: Die Genossenschaft «Solidarismo»wird von den meisten Bananenkonzernenmit-finanziert. Sie unterstützen damit das
katholische Seminar, das Beratende fürden Arbeiterausschuss bei Verhandlungenmit dem Plantagen-Management stellt.Dies ist problematisch. Wenn ein KonzernFairtrade-Standards und Gewerk-schaftsfreiheit proklamiert, kann er nichtgleichzeitig ein zweites System mitfinan-zieren, das Antigewerkschaftsvertreterausbildet. Da hat Chiquita wirklich einen sehr grossen Schritt in Richtungeines Wechsels der Unternehmenskulturgemacht, zu dem viele andere Konzernenicht bereit sind.
Es gibt ja auch noch weitere Akteure,welchedie Produktionsbedingungen beinflussenkönnen. Was ist deren Rolle und Aufgabe?
G.J.: Ich denke da in erster Linie an dieHändler. Die Händler haben einen enormenEinfluss auf das Verhalten der Lieferanten.Die Händler sind, wenn Sie so wollen,Sprecher für die Bedürfnisse einer Gesell-schaft. Sehr interessant ist, dass sich dieHändler nun auf europäischer Ebene verei-nigen, um ihre Kräfte zu bündeln. Wennsie sich auf europäischer oder gar globalerEbene zusammenschliessen, um sich fürdie Umsetzung von Standards einzusetzen,dann ist ihr Einfluss sehr gross.
A.S.: Es ist offensichtlich, dass die Händlerdiese Macht auch ausnutzen können, indemsie in der gesamten Handelskette die Preisedrücken. Die Forderungen nach Billig-produkten wirken sich auf den Plantagenaus, denn Kosten lassen sich leichter bei den Löhnen sparen als bei den Pestizi-den. Ein wichtiger Punkt ist hier meinerMeinung nach der Konsumentendruck.Die Händler sind stark auf die Bedürfnisseder Konsumenten sensibilisiert, denn sie existieren in kompletter Abhängigkeit.Zweiter Punkt ist der Zusammenschluss
Alistair Smith
Alistair Smith ist der Koordinator von Banana Link,einer englischen Nichtregierungsorganisation, die sich für einen gerechten und nachhaltigen Ba-nanenhandel einsetzt (www.bananalink.org.uk).
George Jaksch
George Jaksch ist Senior Director für Unterneh-mensverantwortung und öffentliche Angelegenhei-ten in der europäischen Geschäftszentrale von Chi-quita in Antwerpen (Belgien). www.chiquita.com
Alistair Smith (links) und George Jaksch im Gespräch.Bild: Monika Flückiger
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stellen und dass die Einhaltung der Krite-rien von unabhängiger Stelle kontrolliertund zertifiziert wird;
• ihre Beschaffungspolitik (Einkaufspreise,Lieferfristen, langfristige Geschäftsbezie-hungen usw.) so zu gestalten, dass diesenicht im Widerspruch zur Einhaltung derMindestkriterien stehen.
3. Der Erfolg von nachhaltig produziertenund fair gehandelten Produkten hängt zueinem grossen Teil von der Nachfrage ab.
Wir fordern daher die Konsumentinnen undKonsumenten auf:• beim Einkaufen den Fairtrade-Produkten
den Vorzug zu geben;• beim Ladeninhaber oder Geschäftsführer
aktiv nach Fairtrade-Produkten zu fragen,falls sie diese nicht im Sortiment führen;
• bei der Ladeninhaberin oder Geschäfts-führerin kritisch nach der Herkunft vonProdukten und nach den Produktionsbe-dingungen zu fragen, insbesondere wenndiese nicht mit einem Gütesiegel und/oder genauer Herkunftsbezeichnung ge-kennzeichnet sind;
• sich bei neu in den Markt eingeführtenLabels nach Möglichkeit über die damitverbundenen Kriterien zu informieren;
• sich auch politisch für nachhaltig ausge-richtete Rahmenbedingungen zu engagie-ren, z.B. für eine neue Landwirtschafts-politik oder ein Gentech-Moratorium.
4. Die Fairtrade- und Bio-Organisationensollen bei der Weiterentwicklung des fai-ren Handels weiterhin eine führende Rollewahrnehmen und sich dabei auch selberstetig kritisch hinterfragen und erneuern.
Wir fordern daher die Fairtrade- und Bio-Akteure auf:• sich auf wenige bekannte, glaubwürdige
und gut verankerte Labels zu beschränken;• über ihre Kriterien ebenso wie über die
Probleme bei deren Durchsetzung trans-parent, ehrlich und umfassend zu infor-mieren;
• Kontrolle und Zertifizierung unabhängigzu organisieren;
• ihre Kriterien nicht im Interesse einesdamit möglichen Wachstums zu ver-wässern;
• mit den Produzenten partnerschaftlichzusammenzuarbeiten und dabei insbe-sondere auch die Förderung besondersbenachteiligter Produzentengruppen an-zustreben;
• sich gemeinsam mit weiteren interessier-ten Organisationen und Einzelpersonenfür die Diskussion grundlegender Fragendes fairen Handels und dessen Weiterent-wicklung sowie zur Erhöhung des poli-tischen Drucks in einer nationalen Platt-form zu organisieren.
5. Die Staatengemeinschaft setzt die Rah-menbedingungen und führt Verhandlun-gen für internationale Regulierungen.
Wir fordern daher die Staaten auf:• internationale Regulierungen bezüglich
sozialer und ökologischer Mindestkrite-rien zu fördern und sich für deren Durch-setzung auf internationaler Ebene einzu-setzen;
• international tätige Unternehmen mittelsgeeigneter Massnahmen zur Einhaltungsozialer und ökologischer Mindestkrite-rien (insbesondere der Menschenrechte)in ihrem Einflussbereich anzuhalten undzu motivieren;
• Bestimmungen über eine weitestgehendeTransparenz der verkauften Waren (Her-kunft, Produktionsbedingungen usw.) zuerlassen;
• in der Verwaltung und beim Beschaffungs-wesen fair gehandelten und biologisch an-gebauten Produkten den Vorzug zu geben.
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Die Arbeitsbedingungen, insbesondere in derLandwirtschaft, sind vielerorts nach wie vorinakzeptabel. Die ökologischen Schäden stel-len eine Bürde für die Zukunft dar. Die bezahl-ten Preise sind bei Weitem nicht existenz-sichernd. Um dies nachhaltig zu verändern,braucht es den Willen und das Engagementsämtlicher Akteure.
1. Transnationale Unternehmen decken ge-rade bei den Bananen nach wie vor dengrössten Teil von Produktion und Handelab und bestimmen die LebenssituationZehntausender PlantagenarbeiterInnen.
Wir fordern daher die grossen Bananenunter-nehmen wie Chiquita, Dole oder Del Monte auf: • in den eigenen Plantagen und denjenigen
der Zulieferbetriebe Standards mit öko-logischen und sozialen Mindestkriterieneinzuführen, diese schrittweise zu ver-bessern und transparent zu machen so-wie deren Einhaltung von unabhängigerSeite kontrollieren und zertifizieren zulassen;
• Gewerkschaftsfreiheit auf allen Produk-tionsbetrieben zu garantieren;
• die Verbesserungen im sozialen und öko-logischen Bereich als Teil ihrer Unterneh-mensverantwortung in Angriff zu neh-men, ohne dies zwingend mit der Ver-wendung eines Labels aus Marketing-überlegungen zu verknüpfen;
• im Fall einer Label-Verwendung zur Aus-zeichnung solcher Verbesserungen aufbestehende Labels zurückzugreifen oder
– sofern im Ausnahmefall ein neuesLabel entwickelt werden soll – in derKommunikation auf eine klare Abgren-zung zu bestehenden Fairtrade- bzw. Bio-Labels zu achten;
• ihre Unternehmensgeschichte hinsicht-lich der bisweilen menschenunwürdi-gen Bananenproduktion von unabhängi-ger Seite aufarbeiten zu lassen, die Ergeb-nisse zu veröffentlichen und für die Opferdieser Politik (Menschenrechtsverletzun-gen, Umweltbelastung, Gesundheitsschä-den, Armut, Landwegnahme) Zeichen derWiedergutmachung zu setzen.
2. Detailhändler und Supermarktkettenkönnen mit ihrer Einkaufspolitik denMarkt und damit die Art und Weise derProduktion wesentlich mitbeeinflussen.
Wir fordern daher die Detailhändler undSupermarktketten auf: • Fairtrade-Produkte in ihr Sortiment auf-
zunehmen bzw. das Angebot zu erweitern;• auch bei den anderen Produkten darauf
zu achten, dass minimale soziale undökologische Produktionskriterien einge-halten und schrittweise erhöht werden;
• sich über die ganze Warenbeschaffungs-kette ein Bild zu verschaffen, um die Pro-duktionsbedingungen besser kontrollie-ren zu können;
• bei der Aufnahme von Label-Produktenin ihr Sortiment dafür zu bürgen, dassdiese Produkte durch die Kriterien diesesLabels einen wirklichen Mehrwert dar-
Was noch zu tun ist: Unsere Forderungen
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FASTENOPFER Das katholische Hilfswerk Fastenopferunterstützt Menschen, die ihre Zukunft sel-ber in die Hand nehmen. Die 350 Projektein 16 Ländern weltweit bauen auf Stärkunglokaler Gemeinschaften. Fastenopfer enga-giert sich im fairen Handel sowie für mehrsoziale Verantwortung und Gerechtigkeit inder globalen Wirtschaft. Alpenquai 4, Postfach 2856, 6002 [email protected]; www.fastenopfer.ch
Die Entwicklungsorganisation Helvetas en-gagiert sich in 22 der ärmsten Länder fürGrundrechte wie Trinkwasser, Ernährungund Einkommen. In der Schweiz fördertHelvetas den Verkauf von Erzeugnissen ausdem Süden und setzt sich für gerechte Han-delsbeziehungen ein. Weinbergstrasse 22a, Postfach, 8021 Zü[email protected]; www.helvetas.org
HEKS ist das Hilfswerk der EvangelischenKirchen der Schweiz. HEKS leistet Überle-bens- und Nothilfe und bekämpft die Ursa-chen von Hunger, Ungerechtigkeit und so-zialem Elend. Mit Hilfe zur Selbsthilfe sol-len die Voraussetzungen dazu geschaffenwerden, dass künftige Generationen eigen-ständig in Sicherheit und Würde lebenkönnen.Stampfenbachstrasse 123, Postfach 332 8035 Zürich, [email protected]; www.heks.ch
Die Stiftung für Konsumentenschutz ist un-abhängig und setzt sich für einen fairen,transparenten und nachhaltigen Markt ein.Die SKS bewertet in regelmässigen Ab-ständen die Lebensmittel-Labels und zeigt, welche Fairtrade-Labels vertrauenswürdigsind. Monbijoustrasse 61, Postfach, 3000 Bern [email protected], www.konsumentenschutz.ch
Das Schweizer Hilfswerk Swissaid bestehtseit 1948 und ist in neun Ländern tätig.SWISSAID setzt sich für Ernährungssouve-ränität ein und fordert die gerechte Vertei-lung der Erdöleinkommen. In der Schweiznimmt SWISSAID zu entwicklungspoliti-schen Fragen Stellung. Jubiläumsstrasse 60, 3000 Bern 6 [email protected]; www.swissaid.ch
terrafair ist eine Anlaufstelle für Fragenrund um den fairen Handel. Wir fördernden fairen Handel mit Informationsarbeitund mit Projekten.Hufgasse 17, Postfach 706, 8024 Zü[email protected]; www.terrafair.org
Brot für alle ist der Entwicklungsdienst derEvangelischen Kirchen der Schweiz. Brotfür alle unterstützt weltweit Entwicklungs-projekte und -programme. Damit die Be-nachteiligten im Süden ihre Lebensbedin-gungen selber verbessern können, setzt sichBrot für alle für gerechtere Strukturen ein. Postfach 5621, 3001 [email protected]; www.brot-fuer-alle.ch
Caritas Schweiz hilft Menschen in Not inder Schweiz und in über 50 Ländern. Welt-weit leistet Caritas Entwicklungszusam-menarbeit in Bereichen wie Bildung, Was-ser, Ökologie, Gesundheit und Friedensför-derung. Caritas-Fairtrade fördert den fairenHandel.Löwenstrasse 3, 6002 [email protected]; www.caritas.ch
claro fair trade handelt seit 30 Jahren mitSpezialitäten aus dem Weltsüden. Ihre Han-delspartner sind benachteiligte Kleinpro-duzenten aus Randgebieten der Entwick-lungsländer. Sie produzieren auf sozialund ökologisch nachhaltige Weise qualita-tiv hochwertige Produkte, die in 140 claro-Läden erhältlich sind.Byfangstrasse 19, 2552 [email protected]; www.claro.ch
Die Erklärung von Bern (EvB) ist eine un-abhängige entwicklungspolitische Organi-sation. Sie setzt sich seit 1968 für eine ge-rechte Globalisierung ein und engagiert sichin den Bereichen Wirtschaftsbeziehungen,Handelspolitik, Landwirtschaft, Ernährungund Fairtrade.Quellenstrasse 25, Postfach 1327, 8031 Zü[email protected]; www.evb.ch
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