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Page 1: Familiäre essentielle Tryptophanstoffwechselstörung

74 A. KNAPP: Famili/~re essentielle TryptophanstoffweehselstSrung Xlinisehe , Woehenschrift

Zusammen/assung. 1. Es wurde die Konzentration des oxydierten Diphosphopyridinnueleotids im menseh- lichen Blur bestimmt; bei Gesunden land sich ein Wert von 19,26 y DPNox. ~= 3 y/ml Blut im Mittel.

2. Unter der Therapie mit E 39 und Endoxan bei inoperablen Tumorkranken f/~llt der DPNox.-Spiegel ab. Ist bei der Behandlung mit E 39 das DPNox. auf 12y/ml Blur abgesunken, so sell die Therapie ab- gebroehen werden. Bei einer Endoxan-Medikation kann das DPNox. bis auf 10 y/ml Blur gesenkt werden.

3. Es wurde der DPNox.- und DPNred.-Gehalt pro Leukocyt an Hand isolierter Lenkoeyten bestimmt.

4. Es konnte keine Erniedrigung des spezifisehen DPN-Gehaltes der Lenkoeyten dureh die eytostatische Therapie festgestellt werden.

Literatur. ~ GERLtCI~I, N . : Krebsforsch. u. Xrebsbek~mpf. 3, 112 (1959). ~-- ~ Itonz~, H., ST. GOLDSCttMIDT, W. LAM- e~ECaT U. E. H ~ s l c ~ t : Itoppe-Seylers Z. Physiol. Chem. 297, 1 (1954). - - ~ HOLZE~, H., G. SEDL~A~ U. A. Kn~ITZ: Bioehem. Z. 328, 163 (1956). - - ~ ttOLZEn, g., u. P. GLOGER: Biochem. Z. 1130, 59 (1958). - - ~ Ho~zE~, It., H. K~6GE~ u. G. SI~DL~A~ZR: Klin. Wsehr. 36, 677 (1958). - - ~ ROITT, J. M.: Biochem. J. 63, 300 (1956). - - ~ RITZL, F.: Disk.-Bem. in Krebsforseh. u. Krebsbek~mpf. 3, 135 (1959). - - s TOVSSAI~T, R. , G. ZEP~LETT 11. D. BALDAUF: Mitt. GBK 6, 32 (1958). - - o TOUSSAINT, 1~. : Mitt.. GBK 10, 32 (1959). --~0 ZE~LnTT, G. : Disk.-Bem. in Krebsforsch. u. Krebsbek~mpL 3, 376 (1959).

FAMILIXRE ESSENTIELLE TRYPTOPHA~'STOFFWECHSELSTC)RU~G (Essentieller heredit~irer Vitamin Bs-Mangel )

V o n

A . KNAPP

Aus dem Bereich klinische Physiologie der Ern~hrung (nirek~or: Prof. Dr. raed. S. Bo~[~I~R) des Ins~itu~s ffir Ern~ihrung Potsdam-Rehbrtieke der Deutschen Akademie der Wissenschaf~en zu Berlin

Als wir an unserem Insti tut vor 2 Jahren begannen, den Tryptophan-Xanthurens/~ure-Test zur Erkennung eines Vitamin B6-Mangels einzufiihren, fie] auf, dab gelegentlieh auBerlich gesunde und arbeitsf/~hige Ver- suchspersonen eine stark positive Reaktion auf- wiesen.

Eine Kostbesehr~nkung war als Ursache daf/ir nieht anzunehmen, da gleiehzeitig mitgetestete Pro- banden aus demselben Milieu (Krankensehwestern der klinisehen Station) und mit einer/thnlieh zusammen- gesetzten Ern/~hrung negativ reagierten. Eine Aus- dehnung der Untersuchung auf die fibrigen Familien- mitgheder ergab dann, dab es sieh hierbei um eine famili/ir bedingte Abnormit/it handelte.

Inzwisehen konnten weitere Famihen mit einer ghnliehen Stoffweehselmil~bildung entdeekt werden, sodaB es uns jetzt notwendig erseheint, ausftihrlieh dartiber zu beriehten.

Das Problem eines konstitutionellen, m6glieher- weise genetiseh bedingten Vitamin-BGdClangels Mrd bereits seit 1951 diskutiert. Damals kam es in den USA gehguft zu Krgmpfen bei S£uglingen im Alter his zu 4 Monaten. Das gemeinsame dieser F/~lte war eine, naeh einer bestimmten Formel hergestellte auto- klavierte Milch, mit der die Kinder ern£hrt worden waren. Der Vitamin-Bs-Gehalt lag um 60 y pro Liter fertige Trinkmileh. Die allgemeine Durehunter- suehung dieser S~uglinge ergab, auger erhShter Eiweig- konzentration im Liquor cerebrospinalis nichts Beson- deres. Die Anfi~lle versehwanden in kurzer Zeit nach intramuskul/irer Pyridoxin-Anwendung. Auff/ilhger- weise war die Prozentzahl der befallenen S/~uglinge im Vergleieh zu dem ausgedehnten Konsum der unter- wertigen Milch gering. BEssEY ~ u. Mitarb. unter- suehten 5 soleher S/~uglinge. Sie fanden, dab man mit 1 Liter einer 0,25 mg Pyridoxin enthaltenden Milch die Anf~]le verhiiten kann. Bei einem der Kinder war der Tryptophan-Xanthnrens/~ure-Test gemaeht worden, der erst bei einer Vitamin-Zufuhr yon 1--1,2 mg negativ wurde. In der Kontrollgruppe mit 8 Khadern wurde der Test bei einer ZuIuhr yon 0,2--0,4 mg bereits normal, mit einer Ausnahme, bei der bei einer Zufuhr yon 0,2 mg betr/ichtliche Xanth- urens~uremengen ausgesehieden worden waren. Dureh

5 m g Pyridoxin wurde die Xanthurens/iure-Aus- seheidung negativ. Offenbar hat es sieh bei diesem Kontrollfall um einen Sgugling gehandelt, der unter der vitaminarmen Milehdi~t vielleieht aueh Krgmpfe bekommen hgtte. Unter Umst/~nden kann das Syn- drom aber aueh bei Brustkindern vorkommen, inso- fern als die Brustmileh ebenfalls arm an Vitamin-B 6 ist (BEssmc~). I IvgT 3 besehreibt 3 F/ille mit sehweren auf Vitamin-B 6 anspreehenden Krgmpfen, bei denen der Tryptophan-Xanthurensgure-Test negativ war. Die tggliehe Pr/~ventiv-Dosis lag bei 2 mg; war also h6her als bei den vorhergehenden Fallen. Offenbar hat es sieh hier nm einen noeh st/~rkeren Vitamin-B 6- Mangel gehandelt, bei dem aueh die Bildung der Xanthurens~ure blockiert war (KNA~r u. Mitarb.a).

t IA~IS 5 some GEH~A~r~ ~ besehreiben je einen Fall einer Vitamin-B6-Mangel-An/~mie mit stark posi- tivem Tr3Ttophan-Xanthurens~.ure-Test.. Dabei k6nn- te man ebenfalls einen konstitutionell bedingten Mehr- bedarf annehmen. Auf Grand dieser Beobaehtungen wird das Vorkommen eines konstitutionell bedingten, m6glieherweise genabh/~ngigen Vitamin Bs-Mangels in Emv/igung gezogen. Wenn es sieh um ein genabhgn- giges Merkmal handelt, so mnB es aueh entspreehend den Mendetsehen Gesetzen vererbbar sein, d.h. , die St6rung ist dann in mehreren Generationen naehweis- bar, and man kann den Erbgang verfolgen. Solehe Beobaehtungen shad, soweit mi~ bekannt, bisher noch nicht gemaeht worden.

Methodilc Den Tryptophan-Xanthurens~ure-Test fiihrten wir mit

10 g DL-Trypt0phan bei Erwa.chsenen dL).reh. Kinder erhielten 0,2 g pro Kilogramm KSrpergewicht. Uber die Bes~immung der Xa.nthurens~ure und des Kynurenins haben wit an anderer StelIe beriehtet 4. Znm Tell wird der Tr:c~ptophan-Xanthuren - s~ure-Test wiederholt, und zwar nach einer intramuskuliiren Gabe yon 100 sag Pyridoxin oder naeh einer 2tggigen Medi- kation yon 80 mg Pyridoxin per os. Vitamin Bs wird mikro- biologisch nach STOKES u. Mitarb. mit Neurospora sitophfia be- stimmt *, Pyridoxinsgure naeh einem yon WOLF ** modifiziergen

* Dem Leiter der mikrobiologischen Abteilung, Herrn Dr. H. ItA~-]~L, sind wir Iiir die Duretffiihrung zu D~nk verpflichte~.

** l=Ierrn Dr. H. WoLs, Univ.-Kinderklinik GSttingen, sind wir ffir die Uberlassung von Pyridoxinsiiure zu Dank ver- pfliehtet.

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Jg. 3s, geft 2 A. Ksr,~'~ : Famili~re essentielle Tryptophanstoffwechselst6rung 75 15. Januar 1960

fluorome~rischen Verfahren naeh HvFF and PsaLzw~m. Ein Tell der Versuchspersonen wird eingehend auf unserer klinisehen Station durchuntersueht. Folgende Untersuchungen werden gemaeht: Blutsenkung, t~lutbild, Seramlabilit/i~sproben wie 5{anke-Sommer, Weltmann-Band, Thymol-Triibangs-Test, Formol-Gel-geaktion, Papierelektrophorese des Serums. Frak- tionieIie Magenausheberung oder Desmoid-Probe, l~Sntgenauf- nahme des Thorax, l~Sntgen-DL des 3iagens*, Bestimmung des Itarnstoffes, der Harns~ure und des Eisens im Bhtserum.

Dazu werden Buntehromatogramme des Harnes ange- fertigt und Histidin und Cyst, in halbquantitativ naeh der ,,spot dilution'qMethode bestimmt.

Ergebnisse

Abb. 1 zeigt die Sippschaftstafel der I. Familie mi t essentiellem Vitamin B~-Mangel bzw. Tryptophan- StoffweehselstSrung. Drei Sehwestern, n/~mlieh 8, 9 and 10, sind davon befallen. Deren h{utter (Nr. 3) ist mi t 45 Jahren an , ,Hungertyphus" gestorben. Sic lift an N[agenbeschwerden, hatte eine Anaeidit/it und war ebenso wie ihre 3 T6ehter obstipiert. Es ist mi t ziemlieher Sieherheit anzunehmen, dag aueh sic nieht fiber einen normalen Tryptophanstoffwechsel verffigt hut. Ihre Sehwester (Nr. 2) reagiert im Tryptophan- Belastungs-Test ebenfalls positiv. Diese wiederum hat das Leiden an den /~ltesten Sohn weitergegeben. In der F~-Generation ist lediglieh ein 2j/~hriger, geistig etwas zuriiekgebliebener, bettn~ssender Junge be- fallen. Fall 2, 6, 7, 11 und 12 leben in der Bundes- republik. II ier muBten wit uns auf eine eingehende Anamnese besehr/inken, die im fibrigen niehts Beson- deres ergab. Die fibrigen Personen sind station/it durehuntersueht worden. Fall 4, ein 58j~hriger Mann, war vor etwa 10 Jahren wegen Magengesehw/iren naeh Billroth 2 operiert worden. Zur Zeit des Testes war er besehwerdefrei. Aueh die fibrigen Unter- suehungen braehten keinen besonderen Befund.

Full 8 betraf eine 32jghrige ~ u t t e r mi t 4: Kindern. Bei allen 4: Sehwangersehaften bestand starkes Er- breehen. Sonst waren die Geburten komplikationslos. 1.945--1947 im ehemaligen OstpreuBen interniert, Menarehe mi t 14 Jahren, w/ihrend der Internierung Amenorrhoe, leidet seit Kindheit an sehwerer Obsti- pat.ion, Magensaft subaeide, Werte der freien S/~ure bis + 10, Desmoid-Probe negativ, Konst i tut ionstyp Leptosom. Die fibrigen Untersuehungen verliefen normal.

Fall 9 betraf eine 23j~thrige, kleine sehm//eht~ge Ehefrau yon leptosomem tIabitus. W/~hrend beider Sehwangersehaften bestand starkes Erbrechen. Seit Kindheit leidet sic an Obstipation. I~Iagensaft normaeide, angedeutetes Glanzauge, Sehilddriise deut- lieb vergr6Bert. (Seit 14. Lebensjahr.) Menarehe mit 14 Jahren, Menses regelm/~Big, H/~moglobin mit 70% an der unteren Normgrenze. t)brige Befunde regel- reeht.

Fall 10 betraI eine 29jghrige Krankensehwester von deutlieh leptosomem Habitus. Wghrend der Sehwangerschaft bestand Erbrechen. Magensaft Subaeidit/~t, freie S~ure bis @ 15, tIgmoglobin 68%, Eisen im Serum 70 y-%. Obstipation seit Kindheit. Ubrige Befnnde regelreeht. Unter Behandlung mit Benadon-Tablet ten 3real 1 tgglieh und Vitamin B- Komplex**-Pr/ iparaten stieg das tI/~moglobin auf

* Dem Leiter des t~6ntgen-Institutes Potsdam-Babels- berg, Herrn Dr. WID~V, sind wit" daf/ir zu Dank verpfliehtet.

** Der Firma tIoffmann-La-t~oehe, Grenzaeh-Baden, sind wir flit die ~berlassung yon Benadon- und BVK-Tabletten und -Ampullen zn groBem Dank verpftiehtet.

Ktin. Wschr., 38. Ja.hrg.

82% an. Nach der Tryptophanbelastung und un£er dieser Therapie war der Stuhtgang w/ihrend 2 bis 3 Woehen regelrecht, zeitweilig sogar eher dureh- f/~llig. Von den Kindern dieser 3 Sehwestern zeigte Nr. 13, ein 6j/ihriger Junge, Zeiehen einer dureh- gemaehten t~aehitis. Am GebiB fanden sich zahlreiehe eariSse Z/ihne (Oberkiefer sgmtliche Zghne befallen). Die Tonsillen waren vergrSBert. Das Blutbild ergab ein tt~moglobin "con 74 nnd 60% (Kontrolle naeh 9 Monaten) und war sonst unanffgllig.

I I %

l

• : Tryptophan-Xan~hurens~ure-Test + O :- nichg untersucht | = untersueht, negativ

Abb. 1. SippschaStstafel t~amilie I

Nr. Alter

etwa 53 51

48

60

21

24

18

32

23

nicht genau erfaB- bar

soweit zu beurtei- len, gesund, lebt in der DBR

1945 an Typhus gestorben, Anacidit~t, magenleidend

Zustand naeh Billroth I I we- gen Ulcus ventr.

lebt in Chicago, seit Kindheit h~ufig Blut- iibertragungen wegen An/imie

ohnenachweisbare Erkrankungen

gesund

Obstipation, Anaciditi~t

sehmgehtige kleine Frau, Obstipation

I Nr. I Alter

10 29

11 t I

121 I

J I

131

14

15[ 2

16 [ 0,6

17 0,75

18 I 2,5

Subacidit/~t, Obstipation

gesund

gesund

Hgmoglobin 74 und 60%

It~moglobin 82 und 68 %

It~moglobin 61 and 64%

H~moglobin 74 und 73 %

tt~moglobin 50 and 55 %

Hgmoglobin 74 und 59 %

Bei Full 14 handett es sieh um ein 3j/ihriges Miid-

6a

then in leieht herabgesetztem Ern~hrungszustand. Fettpolster kaum entwickelt, Gewicht 12,8 kg. Blur- bild: t tb 82%, FI. 0,96, Lenko 3600, 2 Plasma- zellen. Sonst unauff/illig. Bei einer Kontrolle 9 Mo- hate spiiter betrug das t tb 68% bei sonst normalen Werten. Bei dem 2j~hrigen Knaben (Nr. 15) waren bis auf die leicht herabgesetzten Hgmoglobin-Wel~e keine besonderen Befunde vorhanden, ebenso bei dem 8 Monate alten Knaben (Nr. 16).

Der 2 Jahre und 7 Monate alte Knabe Nr. 18 war Bettn~sser, hat te als S~tugling ~ittelohrentzfindimg, Polypen waren enffernt und ein Absee~ am rechten 0berarra incidiert worden. Geistig war das Kind retardiert, es hat te mit 11/2 Jahren laufen gelernt.

Bemerkenswert ist noch Fall 5, einer in Amerika lebenden Cousine der positi~ reagierenden Schwe- stern. Sie habe nach Aussage yon 8 and 9 als Kind

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76 t . KsrAt, P: Fanailigre essentietle Trypt~phanstoffwechselstSrung Klinisehe Wochenschri~t

etwa bis zum 15. Lebensjahr eine Angmie gehabt und deswegen mehrere Bluttransfusionen erhalten.

Aus Tabelle 1 geht hervor, dal~ Fall 8, 9 und 10 eine betrfi~chtliehe Vermehrung der Xanthurensgure, des Kynurenins und des Oxykynurenins aufweist. Weniger stark, aber noeh immer deutlieh ist diese bei Fall 2 und 6.

Tabelle 1. Die Harnausscheidung yon Xanthurensiiure, Kynu- renin und Oxykynurenin in 24 Std nach Bdastung mit 10 g

DL- Tryptophan bei Familie I (Die Zahlen in Spalte 1 beziehen sieh jeweils auf die Ab-

bfldungen).

Nr.

10

11 12 15

i3 14 17 18

19 16

Atter

52 58 28 24 26

32

20

0,75 2,5

I 0,6

Xanth- Kyn- uren- urenin sgure in mg/ in mg/ 24 Std 24 ~Std

44 113 t2 48 54 97 13 41

269 210 357 260 14 83

348 125 153 21 34

134 218 3-~ l l i 183

18 17

2 5

2 15!,6 0,4

19 23

32,0 --7

Oxykyn- urenin in rag/ 24 Std

3; 29 13 58 62 21

2

.6

0,9

2,5

Bemerkungen

2. Test 3 Monate spgter 3. Test nach 100 mg

Vitamin B 6 i. na.

2. Test 2 Woehen sparer 3. Test nach 3 Tagen

tgl. 80 mg Vitamin B 6 p.o.

eine Bauernfamilie, ohne wesentliehe familigre Er- krankungen. Nr. 3 litt an Asthma bronehiale seit dem 12. Lebensjahr und ist mit 58 Jahren an Magen- careinom gestorben. Sie habe ebenfalls wie ihre 3 Kinder (Nr. 4, 5 und 6) an offenen Beinen gelitten. Nr. 5, 6 und 10 warden eingehender untersucht. Nr. 5 zeigte eine Subaeiditgt, die f ide Sgure betrug ~- 10, Nr. 6 und 10 waren normacide. Desmoid-tS"obe bei 5 negativ, bei 6 und 10 positiv. Sonstige Unter- suehungen normal, keine Angmie. Konstitutionell bestand bei 6 und 12 ein leptosomer Habitns, 5 und 6

~L °° 9~

l---I I i

9 ~10

Abb, 2. Sippschaftstafel :Familie II . Zeichenerkli~rung s. Abb. 1

Nr,

2. Test 2Vv'ochen spgter 3. Test nach 3 Tagen 2

tgl. 80 rag Vitamin B 6 p.o . 3

4

2. Test nach 3 Tagen 5 tgt. 80 nag Vitamin 6 B~ p.o. 7

8 9

Bettn~sser ! 10 Naeh 3 Tagen tgl. 11

80 mg Vitamin B G t2 p.o.

Fall 18 (Bettngsser) seheidet 19rag Xanthuren- sgure und 55 mg Kynurenin aus. Die Werte sind als erhSht anzuspreehen. Auch die Konzentration wie sie im Urin vorkam, wird normalerweise nicht gefunden. Ein Tefl des Urins ging in diesem Falle verloren, die Werte sind also mit Vorbehalt zu betrachten. Nach der 2. BeIastung mit Vitamin-B 6 wird erheblich we- niger der Tryptophan-Metaboliten ausgesehieden. Naeh Vitamin B6-Gabe kommt es auch bei den an- deren Fgllen zu einer Normalisierung der Aussehei- dung. Fall 8 maeht eine Ausnahme, die Werte sind zwar niedriger geworden, haben aber die Norm noch nicht erreicht. Der Test wird in Abstgnden yon meh- reren Woehen bzw. Monaten wiederholt und ergibt prinzipiell dasselbe Bfld.

Familie 2 : Aus Abb. 2 geht hervor, dab in dieser Familie 3Personen mit ,,essentiellem Vitamin B 6- Manget" befallen sind (Nr. 5, 6 und 10). Die yon 4 abstammende F~-Generation (3 Personen) ist nicht befallen. Dies spricht dafiir, dag Nr. 4 nicht Trager des Merkmals ist. Die Sippe des Ehemannes yon 3 ist nicht mit aufgeffihrt. Es handelt sich dabei urn

Alter

53 55 48 14

24 22 24 22

Grot~vater miitterlieherseits an Lungentuber- kulose gestorben

Grogmutter miitterlicherseits an Lungentuber- kulose gestorben

seit 12. Lebensjahr Asthnaa bronehiale, mit 58 Jahren an Magencarcinom gestorben

Ulcus eruris varieosum beiderseits Uleus crusis varieosum beiderseits, Anaciditgt Uleus cruris varicosum, links gesnnd gesund gesund seit mehreren Jahren chronische Urticaria nicht untersueht gesund

zeigten eine Adipositas mit Fettansammlung besonders in der GesgB- und Hiiftgegend. Nr. 10 leidet seit meh- reren Jahren an einer chronischen Urticaria. Als Ursache glbt sie daffir an, sie babe einen B-Vitamin- Mangel. Jedes Mal, wenn sie ngmlich Vitamin-B- Komplex-Prgparate einnghme, verschwgnden die Hauterscheinungen.

Nr. 4 leidet an Ulcera cruris, obwohl er nicht mit essentieltem Vitamin B6-Mangel behaftet ist. Die Xanthurens~ure-Ausseheidung ist zwar auch Mcht erh5ht. In Verbindung mit den normalen Kynurenin- Werten m6chten wir diesen Befund jedoch nicht fiberbewerten. Es ist anzunehmen, dab es sich hier um eine unspezifische Erh6hung durch ausgedehnte entztindliche Prozesse an beiden Unterschenkeln gehandelt hat.

Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, ist bei Fall 5 auch nach 1 Jahr noch der Tryptophan-Xanthurensgure- Test positiv. Nach 100 mg Vitamin-B 6 intramuskut~r normalisiert sich die Xanthurensgure-Ausscheidung, wfihrend dies nach 80 mg per os nicht ganz der Fall ist. gel Fall 10 ist der Vitamin-B6-Mangel nicht ganz so ausgeprggt wie bei ihrer Mutter, und der Trypto- phan-Belastungs-Test li~gt sich daher auch durch

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80 mg Vitamin-B~ per os normalisieren. Fall 12 weist eine deutliche Kynurenin-Vkrmehrung auf. Inwieweit er damit aueh zu den Personen mit essentiellem Vit- amin-B~-Mange] z/~hlt, ist zumindest zweffelhaft. Wir haben in der entsprekhenden Abbildung diesen Fall daher als negativ bezeichnet.

Tabelle 2. Aus~cheidung von Xanthurensiiure und Kynurenin bel t~amilie II, I I I und I V (rag/24 Std)

Xanth- Kyn- Nr. uren- urenin Diagnose, Bemerkungen

s~ure

~'amilie II 4 5 5 5 5 6 7 8 9

10 10 11 12

2 8 9

10

32 146 18

218 39 77 15 10 10 94 9

nieht 20

11 19 63 79

10 14

14

¢6

178 113 261

66 I 36

20 I 186 I 26

untersueht

103 180 165 232

86 132

I017 265 292

Nach 100 mg Vitamin B s i.m. 1 Jahr sparer Nach 2 Tagen tgl. 80mg Benadon p.o.

Nach 2 Tagen tgl. 80mg Benadon p.o.

Ohne Beiund

Famihe I I I

Familie IV

Nach 2 Tagen tgl. 80mg Benadon p.o. Naeh Pyridoxal-5-phosphat 2 Tage

1aug t, gl. 100 mg

Von Familie 3 leben nur noeh 5 Personen*. Die Kinder Nr. 3, 4, 5 und 6 yon 1 und 2 sind ira Alter yon wenigen Woehen bis zu 1/2 Jahr an Krampfen gestorben. Fall 7 starb mit 20 Jahren an Typhus. Die Familie hat in guten sozialen Verh£ltnissen gelebt. Die Kindersterbtiehkeit ist nieht durch das Milieu erkl/~rbar. Nr. 2 hatte vor 1 Jahr Rivanol-Umsehl/~ge auf ihre Uleera krnris erhalten und bekam danach eine skhwere, mfiversetle Erythrodermie. Fall 9 Mdet seit 1 Jahr an ehronischer Urticaria, Fall 10 seit dem 12. Lebensjahr. Bei letzterem besteht eine Sub- akidit£t. Die Urticaria hat sieh bei beiden Personen unter massiver B-Vitamin-Therapie deutlieh gebessert. Es treten nut noch einzelne bis mfinzgrol~e Herde in mehrt/~gigen Abst/~nden auf. Der Juekreiz ist gegen- fiber frfiher unbedeutend. Fall 8 hatte vor 2 Jahren eine hartn~ekige Plexusneuritis. Sic klagt zeitweilig fiber allgemeines Hautjueken und einen ,,sehuppenden Ausskhlag" im Gesieht. Bei der Untersuehung war auger einer Seborrhoe der Kopfhaut niehts Beson- deres festzustellen.

Fall 2 zeigt eine leichte Kynurenin-Vermehrung, die aber nieht als positive Reaktion im Sinne eines essentiellen Vitamin B~-Mangels gedeutet werden kann.

Fall 8 hatte nakh der Einnahme des Tryptophans Besehwerden in Form yon Breehreiz und Schwindel-

* Diese Yamilie verdanke ich Frau Dr. Hot')IA~, leitende )h'ztin der dermato]ogischen Abteilmlg des Bezirkskrankcn- hauses Brandenburg.

geffihl. Zwei Stunden naeh der Tryptophan-Einnahme kam kS zum Erbreehen, wobei ein Teil des Tryptophans wieder herausgebraeht wurde. ~hnliche Beskhwerden konnten wit aueh bei anderen, stark positiv reagie- renden Famihenmitghedern konstatieren. Zwar ist die Xanthurens~ure-Ausseheidung noch als normal zu

I

Abb. 3. Sippseha~tstafel Familie I I I . Zeichenerkt~rung s. Abb. I

Nr.

3--6

7 8 9

10

Alter

60 57

28 22 28

gesund vor 1 Jahr schwere universclle Erythrodermie

nach t~ivanol, Ulcus cruris im Alter yon wenigen Wochen oder Monaten

an Kr~mpfen gestorben mit 20 Jahren an Typhus gestorben vor 2 Jahren hartn~ckigc Plexus-Neuritis seig 1 Jahr chronische Urticaria seit 12. Lebensjahr chronische Urticaria

bezeikhnen. Die Kynurenin-Bildung ist aber stark vermehrt. Unter Berficksiehtigung der Tatsaehe, dab ein Tell des Tryptophans wikder eliminiert wurde, mug man daher hier den Test als positiv bezeiehnen und

Abb. 4. Sipl)schaftstafet Familie IV. Zeichenerkl~rung s. Abb. 1

Nr, Alter

1 Asthma bronehiale 2 Diabetes melIitus 3 70 Ani~mie, seit mehrercn Jahren 4 68 Anemic, Hi~moglobin 25 %, FI. 1,0. Zunge nor-

mal, kein Zungenbrermen, Subaciditii~, unter Transfusion und hoben Dosen Vitamin BI~ nur zSgernde Remission. Wenig ausgepr~gter l~etieulocytenara~tieg, t{~tmogtobin jetzt 70% (Behandlung auBerhalb)

5 65 Hypertonie, RJ~ 200/110, Myocardschaden

Die Kinder yon 3, 4 und 5 werden zur Zeit noeh untersucht. Rein/iugerlieh keine auff~lligen Erscheinungen.

diese Person auch noch mit Vorbehalt zu den positiv reagierenden Famihenmitgliedern z~hten.

Als 4. Famihe (Abb. 4, Tabelle 2) soll noch kink Bauernfamilie aufgeffihrt werden, bei der allerdings die Untersuchungen mangels Einsicht auf allergr6Bte Skhwierigkeiten stiegen, so dab kS hier nikht mit Sicherheit feststeht, ob es sich wirkheh um einen famitii~ren bzw. hereditaren Vitamin B6-Mangel han- delt.

Fall i und 2 litten an Asthma bronkhiale und Dia- betes. Fail 3 ist seit mehreren Jahren in Behandlung wegen einer Anamie. Er erhfilt alle 2--3 Wochen Perni~myl forte. Dabei ist das Blutbild kompensiert.

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78 A. K ~ e P : Fami l i~re essent ie l le T ryp tophans to f fweehse l s tS rung Klinische Woehensehrift

Eine Glossitis oder Atrophie der Zungenschleimhaut besteht nieht. Naeh Aussagen des behandelnden Arztes hat es sieh hier nieht um eine perniziSse An~mie gehandelt. Fall 4 bekam Ende 1958 eine An/~mie mit Hgmo- mS/zg l~ globin-Werten um 30% *. Der .°" Farbe-Index betrug 1,0, ira Magensaft war freie S~ure eben naehweisbar. Es bestand keine Atrophie der Zungensehleimhaut. Im Sternal-Mark waren Megalo- , blasten vorhanden. Okkultes Blur im Stuhl negativ. Magen- '

1 2 $ g Abb. 5. Die t]:anlaUsscheidung yon Pyridoxin and Pyridoxins/4ure (mg/24 Std)ohne and mit Belastung mit 80 mg Pyridoxin per os. I Ohne Belastung, normaler Tryptophan- Xanthurens~,ure-Tesg. ~ Ohne Belastnng, positiver Tryptoplmn-Xanthurens~m'e-Test. 3 Naeh 80 mg Pyridoxin, normaler Tryptoph~n-Xanthurensgm'e-Test. ~ Naeh 80rag Pyridoxin,

positiver Tryp~ophan-Xanthurens~ure-Test

Ausseheidung. Letztere normalisier~ sieh aueh naeh PyridoxM-5-phosphat** nieht vollstfi, ndig. Die un- klaren Besehwerden der Kranken werden dutch mehr-

malige B-Vitarain-Medikation kaum ge- bessert. Der Blutdruek ist anf 165/100 abgesunken. In Abb. 5 ist die Aus- seheidung yon Pyridoxin und das End- prodnkt des Vitamins, die Pyridoxin- s~Lure im 24 Std-IIarn notiert, und zwar einmal mit und einmal ohne Belastnng mit 80 mg Pyridoxin per os. Bei der Leerausseheidung ist die Pyridoxins/~ure nieht mitberfieksiehtigt, da die Mengen dieser Verbindung im ,,unbelasteten" Harn sehr gering sind nnd sieh daher

tox/z schwer bestimmen ]assen, zumal diese S/iure mikrobiologisch tmwirksam ist. Auff/~llig £st, dab die Vergleichspersonen ira unbelasteten Harn sogar weniger Pyridoxin ausseheiden als die befallenen

~orz= FamiHenmitglieder. Die Differenz der ~'ox/zs[iuze Mittelwerte ist jedoeh wegen der kleinen

Zahl sta, tistiseh nur sehleeht gesiehert. Naeh Belastung mit 80 mg Pyridoxin er- seheint bei beiden Gruppen fiber die H/~lf~e Ms Pyridoxins/~ure. Reehnet man beide Verbindungen zusamraen, so wird yon dem zugeffihrten Pyridoxin rund 16--50% im H a m ausgesehieden, und zwar bei beiden Gruppen etwa in der gleiehen Gr6Benordnung. Der Gehalt des

Blutserums an Vitamin-B 0 l~13t ebenfalls keine Diffe- renzierung zwisehen ,,befallen" und ,,niehtbefallen" zu (Abb. 6).

D i s k u s s i o n In den besehriebenen Familien finder man eine

Hi~uiung der Fi~lle mit positivem Tryptophan- Belastungs-Test. Der Ausfall ist nieht milleubedingt, etwa dnreh einseitige familiar bedingte Ernghrungs- gewohnheiten odor dureh eine zur Zeit der Testung nnteI~ertige Kost. Gleiehzeitig mitgetestete Personen aus der Umgebnng mit /ihnlieher Kost reagieren n/tmlieh negativ. Die beobachtete St6rung im Tryptophanstoffweehsel 1/il3t sich im Freiwilligen- gersuch dureh eine extrem Vitamin-B~-arme, halb- synthetisehe Mangelkost nachahmen. Eine solehe Mangetkost hat bei unseren positiv reagierenden Familienmitglledern sicher nicht vorgelegen. Wir mfissen daher annehmen, dab zur Erzielung eines normalen Tryptophan-Stoffweehsels mehr Vitamin-B s ben6tigt wird als bei Normalpersonen und dab ver- mutlieh ganz allgemein der Vitamm-Bs-Bedarf erh6ht ist. Das Merkmal t r i t t famili/~r geh/Luft auf. Bei der Aufstelltmg yon Sippsehaftstafeln zum Naehweis der Hereditgt besteht die Sehwierigkeit darin, dag das Merkmal nur dureh eine bioehemisehe Untersuchung mit Sieherheit erkennbar ist. Dadureh kann die nieht mehr lebende Generation nieht miterfaBt werden and die Frage, ob es sich um einen dominanten, unregel- m/~gig dominanten oder recessiven Erbgang handelt, ist nieht sieher zu klaren. Die tI/~ufung des Merkmals in der F~-Generation bei Familie I sprieht ffir domi- nanten Erbgang. Ebenfalls das Befallensein in der F~- und F~-Generation bei Familie I I und III . DaB bei

** Der Firma Hoffmann-L~ Roche danken wir flit die [~berlassung yon PyridoxM-5-phosph~t.

durchleuehtung ohne wesentliehen Befund. Nach einer Bluttransfusion und Vitamin-B1,- sowie Pern- /~myl-Injektionen kommt es zu einer m£Bigen I~eti- euloeyten-Krise yon 500/00 .

0~2g O,27 ~Z5

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O,Z? 0,,'5 #,13 4Z

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b Abb. 6. Konzen~ration (?/ml) yon Pyridoxin im Serum yon Personen mit a normalem Tryptophan-Xanthuren- s~ure-Test; b posi~ivem Tryp~ophan-

Xanthurens~ure-Test

Unter der Behandlung steigt das tt£moglobin in 6Wochen auf 80% an. Das Serum-Eisen be- tr/igt zu dieser Zeit 120 7" %. Der Trypto- phan - Xanthurens~ure- Test konnte erst naeh er- folgter Remission dureh- geffihrt werden. Infolge- dessen k6nnte der Wert ffir Xanthurens/~ure sieh inzwisehen normalisiert haben, w~hrend der Kynurenin-Wert noeh erh6ht ist. Fall 5 weist eine enorme Kynurenin- Vermehrung yon fiber 1 g im Tagesharn auf, bei m~Big erhShten Xan- thurens/~ure-Werten. Es besteht eine Hypertonie yon 200/110. Ein Anhalt f fir ein Nierenleiden ist nieht vorhanden. Im

E K G links-Typ mit Zeiehen eines Myokardsehadens. Der Magensaft war subaeide, Blutbild and Blutsenkung unauffgllig, i3brige Untersuehungsbefunde ohne we- sentliehe Abweiehungen. N~eh Benad'on kommt es zu einem Abfall der Xanthurensgure- und Kynurenin-

* Diesen F a l l v e r d a n k e ieh I-[errn Dr. SUHRING, Chefarz t der i nne ren A b t e i l u n g des St/~dt. K r a n k e n h a u s c s P o t s d a m .

Page 6: Familiäre essentielle Tryptophanstoffwechselstörung

Jg. 38, Keft 2 A. K~-APP- Famili~re essentielle TryptophanstoffwechsetstSrung 79 15. ganuar 1960

Familie I I yon 9 Kindern der F~-Generation nur 1 sieher befallen war, wtirde ftir eine unregelmat3ige Dominanz spreehen. Familie I I wiirde eher einer regelmagigen Dominanz entspreehen. Bei Familie I I I ist die Frage, ob regelmaBig oder unregelmaBig domi- nant, nieht zu entseheiden. Ein reeessiver Erbgang liegt abet aueh hier mit groBer Wahrseheinliehkeit nieht vor. Wenn auch fiber die Art des Erbganges vorerst noeh keine sieheren Aussagen gemaeht werden k6nnen, so ist doeh d i e Hereditat and damit Gen- abhangigkeit des 3/IerkmMs mit Wahrscheinliehkeit anzunehmen.

Folgende Erkrankungen bzw. Symptome kommen bei den Familien vor: Asthma bronehiale, ehronisehe Urticaria, Diabetes, Anamie, Uleera eruris nnd Va- rieen, An- bzw. Subaeiditat, Obstipation. In fr/iheren ±3/iitteilnngen konnte gezeigt werdenT, s, dag bei Kran- ken mit Asthma bronehiale and ehroniseher Urticaria sowie allergiseh-toxisehen Exanthemen eine statistiseh gesieherte Mehrausseheidung der Xanthurensaure vor- lag. Von 21 geprfiften Asthmatikern z .B. wiesen 8 einen deutlieh positiven Tryptophan-Xanthurensaure- Test auf. Reehnet man noeh die Falle mit erhShter Kynurenin-Ausseheidung hinzu, so waren lediglieh 3 Personen normal. Xhnlich verhielten sieh 16 Falle mit ehroniseher Urticaria and toxisehen Exanthemen. Ob bei diesem Krankengut aueh konstitutionelie Fak- toren mitspielen, kann noeh nicht entsehieden werden, da Nne solche Ausdehnung der Untersuehungen zur Zeit noeh nieht m6glieh ist. Andererseits mug man aber aueh daran denken, dab allergische Erkrankungen den Vitamin-B6-Bedarf an sieh erhShen k6nnten. So ist die antiallergisehe Wirkung yon Vitamin-B s i m Tierversueh bereits bekannt. Das Co-Ferment der Histaminase (u. tI.-Substanzen ?) ist Vitamin B G . Dies w~rde erklaren, warum gerade bei Familien mit essentiellem Vitamin B6-Mangel gehauft allergisehe Erkrankungen vorkommen. Der seit langem bekannte konstitutionelle Faktor bei diesen Erkrankungen besteht demnaeh m6glieherweise unter anderem in einer genabhangigen StSrung des Vitamin-B6-Stoff- weehsels.

DaB Anamien and Hamoglobin-Werte an den unteren Normgrenzen vorkommen, zeigt, was auf Grund yon Tierversuehen sehon bekannt war, dag Vitamin-B 6 bei der Bildung der roten Blutk6rperehen benStigt wird. Von Abt. ECKLIX u. a. m. wird eine sehr selten vorkommende Anamie bei Neugeborenen bis etwa zum 6. Lebensmonat besehrieben (Blaekfan- Diamondsche Anamie ?). Es ist mSglieh, dab es sieh aueh hierbei um das Bild des essentiellen, hereditaren Vitamin B6-Mangels handelt. Leider waren unsere Sauglinge alter als 6 Monate. Die geringen Angmien, in einem Fall mit Leukoeyten-Erh6hung ahnlieh wie bei dem Eeklinsehen Fall, spreehen fiir diese Annahme. Weitere Beobaehtungen sind jedoeh abzuwarten, bevor ein sieheres Urteit m6glich ist.

Aueh bei Diabetes ist der Tryptophan-Xanthuren- saute-Test haufig positiv. Ehe wir abet fiir das Dia- betes-Problem vielleieht wesentliehe, weitere Sehlug- folgerungen aus dem einmaligen Vorkommen in einer, zudem noch nieht ganz gesieherten Familie mit essen- tiellem Vitamin Bs-Mangel ziehen k6nnen, mtissen weitere Untersuehungen durehgeffihrt werden.

Bei der weiten Verbreitung yon Uleera cruris und Krampfadern kSnnte man annehmen, dab das Vor-

kommen in den Familien zufallig sei. Die Haufung in 2 Familien maeht es jedoch notwendig, auch dieses Symptom bei der weiteren Anfklarung des essentiellen Vitamin-B6-Sfangels zu beachten. I~I6glicherweise besteht auch hier ein, allerdings loser Zusammenhang. Unter unserem frtiher verbffentliehgen Krankengut sind aueh Falle mit Ulcera cruris and Krampfadern, die aber nieht positiv reagierten. Ehe man in dieser Beziehung Endg/iltiges aussagen kann, sind weitere Beobachtungen notwendig.

Das gehaufte Vorkommen yon An- bzw. Sub- aciditat muB ebenfalls registriert werden. Einmal kommt ein positiver Test aueh bei Famihenmit- gliedern vor mit Normaciditat, zum anderen weisen Personen mit Anaciditat haufig einen normalen Tryptophan-Xanthurensanre-Test auf. Auch bei To- talgastrektomierten ist der Test, nur selten positiv. Das spricht dafiir, dab der N[angel an Salzsaure nicht die Ursache, sondern eher die Folge tines langer dauernden Vitamin Bs-Mangels sein kann. Xhnlich verhait es sich mit der Obstipation (Famitie I).

Es ist nieht sieher, ob die Bezeichnung essentieller Vitamin-Bs-Mangel zu Recht besteht. Es kSnnte sieh n£mlich unter Umstanden aueh um eine isolier~ StSrung im Tryptophan-Stoffwechsel handeln, die in- folge einer mangelnden Funktion des Kynureninase- Systems zustande kommt. Durch eine vermehrte Zufuhr des entsprechenden Co-Fermentes wird dann die StSrung behoben. Aueh k6nnte die Bildung der Nicotins~ure aus Tryptophan bloekiert sein, was dann zu den geschilderten klinischen Symptomen ffihren wiirde. Zusammen mit KTJ~'K~ u. GASSMANN konnte jedoeh bei Familie I gezeigt werden, dab die befallenen Familienmitglieder eher mehr Nicotinsanre bilden, was gegen diese Annahme spricht. Das Vorkommen yon manifesten Erkrankungen lgf3t vermuten, dab es sich nicht um eine alleinige St6rung im Tryptophanstoff- weehsel handelt. Wahrscheinlieh sind alle Vitamin-B 6- abhangigen Fermentsysteme befallen.

Eine I~esorptionsstSrung ffir Vitamin-B 6 liegt nieht vor. Der Vitamin-BG-Gehalt des Blutserums unter- seheidet sieh nieht yon dem bei Normalpersonen gefundenen. Fall 5 (Abb. 2) z. B. weist naeh 2tagiger Vitamin-Bs-Medikation noeh keinen normalen Trypto- phan-Test auf, obwohl im Serum 0 , i - -0 ,37/ml ge- funden wurden. Eine ahnliehe zum Tell sogar geringere Blutkonzentration weisen andere Personen (Abb. 5 und 6) ebenfalls mit v611ig normalem Tryptopham stoffweehsel anf. Betroffene Fami]ienmitglieder sehei- den ohne Vitamin-Bs-Zulagen sogar mehr Pyridoxin aus als Normalpersonen. Naeh Belastung mit 80 mg Pyridoxin ist dieser Untersehied nieht mehr so deut- lieh. Dies wfirde darer spreehen, dab die St6rung auf einer mangelhaften Fixation des Vitamins im Organismus beruht. Ahnliehes konnte aueh bei INH- Gabe beobaehtet werden.

Man k6nnte aueh daran denken, dab es sieh nut um einen relativen Vitamin-B6-?Ciangel handelt, inso- fern ats infolge eines ,,inborn error of metabolism" abnorme Stoffweehsel-Produkte entstehen, die zu ihrem Abbau vermehrt Vitamin-B s benStigen. Es ware beispielsweise mSglieh, dab vermehrt Kynurenin aus Tryptophan gebildet wird.

Die ~delen aufgeworfenen Fragen (es lieBe sieh noeh an weitere MSgliehkeiten denken) k6nnen nieht beantwortet werden. Wir haben deshalb das Syndrom

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80 F. KI~0OK: Niereninsuffizienzerscheinungen bei Boeekscher Sarkoidose Xlinische Wochenschrif~

zun~chst provisorisch Ms essentiellen, heredit~ren Vitamin-B~-Mangel bezeichnet, da dieselbe Stoffweeh- sel-Abweichung sich im Experiment durch eine l~ngere Zeit gegebene, extrem Vitamin B~-arme Kost erzielen l~Bt. Dabei brauchen zun~chst klirdsche Symptome nicht aufzutreten.

Aueh bei einem Teil der Familienmitglieder ist der Vitamin B~-Mangel zun~ehst noeh latent. Es sind noch zus~tzliche Faktoren notwendig, um den Mangel manliest werden zu lassen.

Sch~u/3/olgerun~,en BEADLE ~ und TATI~ ~° konnten durch lZ6ntgen-

und UV-Bestrahlung Neurospora-Mutanten erzeugen, die unter anderem auf einem pyridoxinarmen Ni~hr- boden nicht mehr weiterwuchsen. Durch Zugabe yon Pyridoxin normMisierte sich das Wachstum. Der Pyridoxin-Bedarf war demzufolge vermutlieh dutch Bloekierung der eigenen Synthese auf das Vielfaehe der Norm gesteigert.

Das neue Merkmal war vererblieh. I m weiteren Verlauf dieser Untersuehungen konnte gezeigt werden, dag jeweils einem Gen ein Enzym entspricht und dab die von diesem Enzym katalysiert e Stoffweehsel- funktion dadureh genabhgngig ist. Eine /~hnliehe genabMngige St6rung m/issen wir auf Grund der Beobaehtungen aueh bei unseren Familien mit Wahr- scheinliehkeit annehmen. Weleher Art diese ist, kann vorl£ufig noeh nicht sieher entschieden werden.

Es handelt sieh tun einen ,,inborn error of meta- bolism", der bei unserer Familie darin besteht, dab im UbermaB entstandenes Kynurenin bzw. Oxy- Kynurenin (naeh einer Tryptophanbelastung) nieht vollstgndig welter abgebaut werden kann und dadureh vermehr t im I Ia rn erseheint. Der Untersehied gegen- fiber anderen genetisch bedingten Stoffweehselst6- rungen wie z. B. der Imbeeillitas phenylpyruviea, der Alkaptonurie oder der Galaktosgmie besteht darin, dag

in unserem Fatle die Bloekierung dureh ein m-vi tamin zeitweilig aufgehoben werden kann.

Inwieweit mit dieser St6rung teilweise konstitu- tionell bedingte Leiden wie Allergosen, Diabetes u. a. m. zusammenh£ngen, bedarf der weiteren Klgrung. Un- sere Untersuehungen lassen in dieser Riehtung bisher nur eine Vermutung zu.

Zusammen/assung. Es werden 4 Familien besehrie- ben, in denen verschiedene Personcn zum Tell in 3 Generationen nieht in der Lage sind, im UbermM] zugeffihrtes Tryptophan normal abzubauen. Es kommt zu einer Anhgufung yon Kynurenin, Oxy- kynurenin und Xanthurensgure im Harn. Die StSrung kann dutch Vitamin-B6-Gaben rfiekg~ngig gemacht werden nnd kann umgekehrt aueh bei normalen Per- sonen durch eine extrem Vitamin-B~-arme Kost Minstlich erzeugt werden. Eine tlesorptionsst6rung ftir Vitamin-B 6 kommt vermutlich als Ursache nicht in Frage. Es wird eine genetiseh bedingte StSrung Vitamin-B6-abh£ngiger Teilreaktionen des Interme- digrstoffwechsels angenommen. Inwieweit damit in den Familien gehguft vorkommende, teilweise kon- stitutionell bedingte Erkrankungen wie Asthma bronchiMe, Diabetes, chronische Urticaria, Varicen und Uleera cruris, sowie Angmien zusammenh~ngen, bedarf weiterer IVJgrung.

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N I E R E N I N S U F F I Z I E N Z E R S C H E I N U N G E N BEI BOECKSCHER SARKOIDOSE

Von

F. Kt~t3CK

Aus der ~[edizinischen Universit~ts-12oliklinik :geidelberg (Direktor: Prof. Dr. IL PLt~(iE)

Die Grundlagenforsehung auf dem Gebiet der Nie- ren- und Elektrolytphysiologie hat zur Aufkli~ramg der Mechanismen verschiedenartiger Krankheitsbilder ge- ffihrt nnd in manchen Fallen wirkungsvolle Therapie- ans£tze ermSglicht. Hierzu geh5ren isolierte und kom- plexe FunktionsstSrungen im proximMen und distMen Tubulus teils angeborener, tells erworbener Art, die zum Tefl ebenfalls in ein Endstadium mit chronischer Niereninsuffizienz fibergehen k6nnen; hierzu gehSren aueh sekund~re Beeinflussungen yon Morphologie und Funktion des Nephrons bei Krankheitszustgnden, die prim£r extrarenM auftreten. Manche von ihnen sind bereits zum Allgemeingnlt der Klinik geworden, ~ie z.B. die renale hyperehlori~misehe Acidosis oder das akute Nierenversagen, andere sind seltener in ihrem Auftreten und deshMb weniger bekannt, so dM3 es gerechtfertigt erseheint, mehrfach darauf hinzuweisen. Da die Therapie h~ufig divergiert, ist es erforderlich, m6g]J.chst frfihzeitig Art und Ursache einer sotchen StSrung zu erkennen. An Hand yon Niereninsuffi-

zienzerscheinungen bei Boeckschem Sarkoid sollen hier einige differentialdiagnostische ~berlegungen ange- stellt werden.

Kranke~qeschichte. Eine 55jahrige Patientin wurde im November 1958 stationi~r aufgenommen, da bei ambulanten Kontrollen Einsehr~nkungen der Nieren- funktion festgestellt worden waren. Drei Jahre vorher war bei der Patientin eine Boecksche Sarkoidose zu- erst an den Extremitgten, an Rficken und Stirn mit gleichzeitigen miliaren Lungenherden festgestellt, hi- stologisch gesichert und intermittierend stationgr und ambulant mit INH-Prgpara ten behandelt worden. Eine kurzfristige Vitamin D-Therapie im Sommer 1957 muBte wegen Unvertrgglichkeitserscheinungen abge- setzt werden. Zu diesem Zeitpunkt, also 2 Jahre naeh Beginn, war der Lungenbefund noeh unvergndert. 1958 versehwanden die ttautefflorescenzen, and eine RSntgenkontrolle im November 1958 zeigte aueh den v611igen Rfickgang der Lungenherde an. Es bestanden nur noch Strukturvermehrungen in den parakardialen


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