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Traden ohne BankMit unterschiedlichen Methoden mischen

Start-ups den Aktienhandel auf: ROBO-

ADVISOR wie Scalable Capital setzen auf

künstliche Intelligenz, die Plattform wikifolio

auf die Community.

VON P E T E R S E M P E L M A N N

der besondere Anreiz für die Trader, ein eigenes wikifolio anzulegen, ist, dass sie im Falle eines erfolgreichen Investments mit zehn Prozent beteiligt werden – wei-tere zehn Prozent gehen an wikifolio.

Mit Ideen wie diesen setzen die Start-ups die Banken unter Druck: „Eine Bank kann vielleicht eine Trading-App entwi-ckeln, aber es gibt Tausende Start-ups mit Tausenden Trading-Apps. Es herrscht ein enormer Innovationsdruck“, sagt Andreas Kern, Gründer und CEO von wikifolio, der davon ausgeht, dass sich durch die neuen Akteure am Finanzmarkt auch der Wettbewerb unter den Banken zuneh-mend verschärft. Obwohl wikofolio be-reits im Jahr 2008 gegründet wurde, glaubt Kern, dass der große Umbruch der Finanzbranche erst folgen wird.

Ob Robo-Advisor oder Community- Finanzportal à la wikifolio, in jedem Fall sind die Start-ups auf entsprechende Skalen effekte angewie-sen, um profitabel ope-rieren zu können und um den rasch wachsenden Markt zu besetzen. Bei wikifolio sind derzeit et-was über 10.000 Trader mit eigenen Anlagestra-tegien aktiv, dazu gibt es rund 150.000 registrierte

Follower und rund 1,5 Millionen Unique Visitors jährlich auf dem Portal.

MASCHINENFLÜSTERER. Den anderen Weg geht Scalable Capital. Das in Mün-chen ansässige, vom Tiroler und früheren Goldman-Sachs-Investmentbanker Flori-an Prucker mitbegründete Robo-Portal gehört zu den am schnellsten wachsenden Finanzportalen im deutschsprachigen Raum. Es verwaltet über 20.000 Kun-denportfolios und ein Anlagevermögen von über 600 Millionen Euro. Im Juni 2017 hat das erst 2014 gegründete Unter-nehmen in einer vom weltweit größten Assetmanager, BlackRock, angeführten Finanzierungsrunde 30 Millionen Euro eingesammelt, um das Wachstumstempo weiter zu erhöhen.

Die nächste Benchmark ist, wie Prucker im trend-Gespräch erklärt, die Milliardengrenze. Die soll auch durch

verstärktes Wachstum in Österreich bald ge-knackt werden. Wobei man hofft, auch mit ös-terreichischen Banken und Unternehmen ins Geschäft zu kommen. Mit ING-DiBa koope-riert das Start-up, das ausschließlich in ETFs

46PROZENT DER 18- BIS 29-

JÄHRIGEN WOLLEN ES

SMARTPHONE-BANKING

Mensch oder Maschine – wer ist besser? Kaum eine andere Frage beherrscht die Menschheit im Zuge der Digitalisierung so sehr wie diese. Dass sie

aber auch in der Start-up-Welt aufs Tapet kommt, ist ungewöhnlich. Bei den Tra-ding-Fintechs, auf Aktienhandel fokus-sierten Start-ups, ist das der Fall: Auf der einen Seite stehen die sogenannten Robo-Advisor, bei denen die Geldanlage vollständig von Computern übernommen wird. Dahinter steht die Idee, dass Anle-ger einige grundlegende Informationen zu ihrem Vermögen, zu ihrem verfügba-ren Einkommen und zu ihrer individuel-len Risikoneigung her geben. Auf Basis dieser Parameter errechnen anschließend Computerprogramme eine Anlagestrate-gie, die – so das Versprechen – innerhalb eines gewissen Korridors zum Erfolg führt.

Auf der anderen Seite stehen Unter-nehmen wie wikifolio, die auf Strategien setzen, die von professionellen Investoren oder auch nur von an Aktienmärkten in-teressierten Tradern erstellt werden. Die-se veröffentlichen ihre Strategien in Form eigener wikifolios und ermöglichen es Dritten, schon mit geringen Beträgen mitzuziehen und mitzuverdienen. Wobei

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TRENDSTART-UP

GELD

TREND | START-UP

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FINTECH-PIONIERE.

Andreas Kern, Gründer

von wikifolio (r.), und

das Gründerteam von

Sca lable Capital:

Stefan Mittnik,

Florian Prucker und

Erik Podzuweit (v. l.).

(Exchange Traded Funds) investiert, be-reits ebenso wie mit Siemens Private Fi-nance im Rahmen der Vermittlung von Versicherungs-, Vorsorge- und Finanzie-rungsprodukten für Siemens-Mitarbei-ter. Prucker: „Ähnliches streben wir auch in Österreich an. Wir bieten auch White- Label-Lösungen an, bei denen wir als Partner gar nicht aufscheinen.“

Doch Banken arbeiten inzwischen an eigenen Modellen zur Zusam-menarbeit mit Start-ups, und das Trading ist dabei nur ein Punkt von vielen. Dazu gehören auch neue Formen der Kontofüh-

rung via Smartphone – ein Feld, das auch das von den beiden Österreichern Valen-tin Stalf und Maximilian Tayenthal ge-gründete Berliner Start-up N26 mit sei-nem Gratis-Girokonto bearbeitet. Die Raiffeisen Bank International (RBI) hat etwa im Rahmen ihres Fintech-Accelera-tor-Programms „Elevator Lab“ Koopera-tionen mit Start-ups ausgelotet – nicht um sich zu beteiligen, sondern um für das Bankgeschäft von morgen gerüstet zu

sein und den eigenen Kun-den neue Lösungen

zugänglich zu ma-chen, wie RBI-Chef Johann Strobl be-tont. Ausgewählt wurde das Wiener Start-up 360kom-pany. Dessen Busi-

nessmodell ist der Echtzeitzugriff auf globale Handelsregis-ter und Firmendaten. Für die RBI und ihre

Kunden ein sehr wichti-ges Angebot.


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