Die Marketingforschung scheint sich einig: Es gibt für den Handel keinen Weg vorbei an der OmnikanalInteraktion mit dem Kunden. Das entspricht auch der Unternehmensrealität, in der sich Marketingmaß nahmen vorrangig an den Kommunikationskanälen orientieren. Allerdings gibt es einen fundamentalen Unter schied zwischen der OmnikanalStrategie der Werbetreibenden und der Wahrnehmung des Kunden. Letzterer geht keineswegs bewusst, sondern eher intuitiv und situativ mit verschie denen Kanälen um. Der Kunde nimmt einen Händler nicht im Hinblick auf einen bestimmten Kanal, sondern als Marke wahr. Kunden erwar ten daher meist unbewusst eine widerspruchs freie Behand lung und ein angenehmes, über alle Kontaktpunkte hinweg konsistentes Einkaufserlebnis.
In der Praxis wird der Handelskunde oft durch divergente, widersprüchliche Kommunikation in verschiedenen Online und Offl ineKanälen irritiert. Statt einer unbewusst als selbst verständlich vorausgesetzten konsistenten und kontinuierlichen Kundenkontaktstrategie erlebt er Brüche im Informationsfl uss und in der Interaktion mit dem Händler. Zudem wünschen sich Kunden vermehrt Vernetzung und Erfahrungsaustausch mit anderen Konsumenten und nicht nur mit dem Verkäufer.
Händler vor der Omnikanal-Herausforderung
Diese Divergenz von Kundenanspruch und Handelsrealität führt in der Praxis oft zu einem schwer nachvollziehbaren, unbeständigen Kundenverhalten. Aus Händlersicht hat diese Situation weitreichende Implikationen: Eine Vielzahl an Interaktionsmöglichkeiten in unterschiedlichsten Kanälen macht Annahmen und Vorhersagen, insbesondere im
Point of View
Zum Thema
Kundenbezogene Entscheidungsprozesse haben in der Einzelhandelsbranche erheblich an Komplexität gewonnen. Die Diversifikation und gleichzeitige Vernetzung von Absatz- und Interaktionskanälen, die Erwartungshaltung der Kunden an eine individualisierte Ansprache sowie ihre Mobilität zwingen den Handel heutzutage, eine Vielzahl operativer Entschei-dungen bestmöglich, zeitnah und automatisiert zu treffen. Diese Herausforderung ist jedoch erst mit einer neuen Generation von Big Data Analytics wirtschaftlich lös bar: Als Customer Decision Hub fungiert eine zentrale, unterneh-mens weit genutzte Drehscheibe für Kunden-wis sen und alle kundenzentrierten Entschei-dungen, unabhängig von Kommunikationskanal oder Kontaktpunkt. Der Ansatz ermöglicht kontextbasiertes Marketing und eine optimierte Allokation knapper Ressourcen und geht weit über die her kömmliche Kam pagnen- und Marketingsteuerung hinaus.
Innovative Technologie ist ein Erfolgsfaktor im Marketing. Die entscheidende Voraussetzung für erfolgreiches Marketing ist und bleibt aber eine schlüssige Strategie.
Kontextbasierte Kundenkommunikation im Handel
digi talen Bereich, über erwartetes Kundenverhalten schwieriger. Die Steuerung über konventionelle und erfahrungsgetriebene Regelwerke stößt an ihre Grenzen.
Als Hoffnungsträger gilt vor diesem Hintergrund der MobileKanal. Das Smartphone ist ständiger Begleiter von früh bis spät und wurde so zum OmnikanalGerät des Kunden, bei dem die wichtigsten Kommunikationskanäle und Medien zusammenlaufen. In der Handelsrealität bietet das Smartphone neben vielen Chancen aber auch neue Herausforderungen. Mehr noch als in anderen Kanälen ist hier Interaktion in Echtzeit und oftmals parallel zu weiterem Medienkonsum gefordert, was das Handelsmarketing in Zugzwang setzt. Als mobiles Endgerät ist die Nutzung oft auf mobile Situationen limitiert. Werden Vorgänge aber komplexer, so weicht der Nutzer häufig auf „bequemere“ Kontaktpunkte wie Tablet, PC oder Filiale aus. Eine schnelle Rückkopplung in die anderen Kanäle wird daher zur Pflicht, damit Kundenwissen bei der nächsten Interaktion nutzbar ist.
Konsumenten agieren situativ und intuitiv
Der Kunde beurteilt die Situation naturgemäß völlig anders. Er erwartet, frei von jeglichen Gedanken über Marketingkanäle, jederzeit situativ angemessen und möglichst individuell bedient zu werden. Gleichzeitig reagiert er meist ablehnend auf Überkontaktierung und irrelevante Ansprache. Diesen Anforderungen kann ein Händler mit kontextbasiertem Mar keting entgegenkommen. Es zielt darauf ab, den Kommunikations und Einkaufskontext der Kunden zu berücksichtigen und eine situative, individuelle Relevanz der Botschaften zu sichern. Die Analytiker von Forrester sehen hierfür eine ContextualMarketingEngine als erforderlich an, die ein vertrauensbasiertes Marketing im Massengeschäft des Einzelhandels überhaupt erst ermöglicht. Kontextbasiertes Marketing vermeidet die oft sehr subjektiv wahrgenom mene, situationsabhängige Informationsüberfrachtung und begegnet damit dem zunehmenden Druck durch die Datenschutzgesetzgebung auf eine intelligente Weise: Ziel ist die Kommunikation kontextuell relevanter Inhalte, um Kunden erst zum Optin zu führen und danach keinerlei Impulse für Optouts zu geben.
Gesamtheitliche Marketingoptimierung
Ein bewährter Lösungsansatz zur Sicherung kontextueller Relevanz ist die analytisch unterlegte Optimierung von Marketinginteraktionen. Sie ermittelt im „Moment of Truth“ die kundenindividuell beste Angebots oder Informationsvariante. Dabei werden sowohl die Kundenperspektive (z. B. Affinität zu Themen oder Produkten) als auch die Unter nehmensperspektive (z. B. Kundenwert, Absatzrestriktionen oder kurzfristige Vertriebsziele) berücksichtigt und adäquat gewichtet. Die nächstbeste Interaktion sollte aber nicht nur regelbasiert ermittelt werden, sondern Vorhersagemodellierung und mathematische Optimierung unter Zielvorgaben
und fachlichen Restriktionen kombinieren. Analytische Marketingoptimierung generiert einen deutlichen Mehrwert gegenüber konventionellen, regelbasierten Ansätzen bei sich überschneidenden Zielgruppen für Angebote und bei komplexen Kundenkontaktstrategien, etwa im Zuge einer Initiative für kontextbasiertes Marketing. Das trifft auf Händler mit breitem Produktportfolio und OmnikanalKommunikationsstrategie meist zu.
Die Ergänzung konventioneller Kundeninformationen (z. B. Transaktionsdaten, OnlineEreignisdaten) durch innovative Quellen erweitert zudem das Spektrum für kontextbasierte, mathematisch optimierte Marketinginteraktionen. Hier spielen etwa Lokalisierungsdaten aus SmartphoneApps oder die iBeaconTechnologie eine große Rolle im Handel.
Big Data: Hype oder realistischer Mehrwert?
Beispiele wie GeoLokalisierung heizen die aktuelle Diskussion im Handel um die Nutzung von Big Data, genauer: Big Data Analytics, immer wieder an. Dieses Thema stößt noch immer vielerorts auf Ablehnung, weil es als zu trivial oder zu kom plex eingeschätzt wird und der Wertbeitrag nicht klar ist. Fakt ist aber, dass gerade der Handel und insbesondere der Einzelhandel ein prädestiniertes Einsatzfeld für Big Data Ana lytics sind: Die kontinuierlich wachsende Vielfalt an Produkten, Offerten, Kanälen, Aktionen erfordert mehr als nur Klickpfade und Tortendiagramme für ein strategisch ausgerichtetes, kontextbasiertes Marketing. Zentrale Heraus forderungen: Die analytische Marketingoptimierung ist einerseits für Marketer intuitiv zugänglich zu gestalten. Andererseits sind im Marketingalltag sofort umsetzbare, nachvollziehbare Ergebnisse gefragt. Konzept, quantifizierbarer Mehrwert und Chancen müssen über reine Expertenkreise von Analytikern hinaus im Marketing beworben werden, um Akzeptanz für den neuen DatenMarketingKreislauf zu schaffen.
Die große Chance von Big Data besteht nicht nur darin, bestehende Datenbestände extensiver zu nutzen, sondern auch, neue Datenquellen zu erschließen und sinnvoll in eine ContextualMarketingEngine einzubinden. Neben den erwähnten Geodaten betrifft das unstrukturierte Daten, also beispielsweise Texte, Audio und Video. Durch deren Erschließung eröffnen sich dem Handel innovative, sehr differenzierte Möglichkeiten für kontextuelles Marketing.
Customer Decision Hub: integrierter Ansatz für die kundenzentrierte Unternehmenssteuerung
So groß der Einfluss von Analytics und Big Data auf Marketing und Kundeninteraktion auch sein mag: Diese Informationen und daraus generiertes Kundenwissen sind aber auch für andere Steuerungsfunktionen in kundenfokussierten Unternehmen wichtig. Anstatt einer isolierten Erkenntnisgewinnung im Marketing ist es daher sinnvoll, die Interdepen
denzen mit anderen Unternehmensdisziplinen ebenfalls abzubilden. Kontext und Art der Kundeninteraktion haben einen erheblichen Einfluss auf das Risikomanagement, wie etwa bei der Bestimmung von Kreditausfallrisiken im Dis tanzhandel. Eine verbesserte Verhandlungsposition im Einkauf ist mit konsolidiertem Kundenwissen in der Hand des Händlers leichter erzielbar.
Eine weitere Komplexitätsebene schafft der OmnikanalAnsatz, den aber der Einzelhandel heute fast zwingend in Betracht ziehen muss. Das Ziel einer konsistenten und kontinuierlichen Kommunikation mit jedem einzelnen Kunden ist nur wirtschaftlich erreichbar, wenn das konzentrierte Kundenwissen auch zentral bereitsteht. Die konsequente Lösung für kontextbasiertes Marketing und mathematisch optimierte Kundeninteraktionen über alle Kontaktpunkte hinweg ist ein Customer Decision Hub: Dieses zentrale, unternehmensweit genutzte System ist eine durch Kundenwissen analytisch getriebene Drehscheibe für kundenbezogene Entscheidungen und Kundeninteraktionen, unabhängig von Kontaktpunkt, Kommunikationskanal oder richtung.
Die Abbildung zeigt einen Customer Decision Hub, in dem alle verfügbaren und entscheidungsrelevanten Informationen über Kunden zentralisiert hinterlegt und stets aktualisiert werden. Einerseits sind das etwa demografische Daten, Segmentzuordnungen, kanalspezifische Optins und Optouts, die Kontakt und ResponseHistorie sowie Themen, Kanal und Produktaffinitäten. Andererseits sind auch sämtliche Produktangebote, Kampagnen und Vertriebsziele unabhängig vom Marketingkanal hinterlegt. Dieses Konzept ermöglicht, geplant oder in Echtzeit, automatisierte Entscheidungen, welcher Kunde bei welchem Anlass welche
Ansprache in welcher Form erhält. Dazu werden Kanäle entweder selbst orchestriert oder via Schnittstellen gesteuert. Ein Customer Decision Hub versetzt Handelsunternehmen in die Lage, eine steigende Zahl paralleler Kampagnen mit einer ContextualMarketingEngine umzusetzen, dabei rechtliche Vorgaben einzuhalten sowie Kunden und Unter nehmensinteressen bei der Optimierung möglicher Marketinginteraktionen zu berücksichtigen. Kunden werden nicht überfordert, Händler riskieren keinen vermeidbaren Vertrauens verlust. Als zentrale Drehscheibe für kundenbezogene Entscheidungen begegnet ein Customer Decision Hub zugleich organisatorischen Herausforderungen: In Marketing, Vertrieb, KundenService und komplementären Bereichen (z. B. Risikomanagement) bestehen oft unterschiedliche Sichten auf denselben Kunden. Mitunter wird auch nach widerstreitenden Zielvorgaben gearbeitet. Hier schafft eine integrierte Sicht Klarheit und Handlungssicherheit. Zugleich erleichtert diese zentrale Plattform auch den Wirkungsnachweis für Marketingmaßnahmen.
Das Marketing muss zunehmend den Return on Investment von Marketingaktivitäten nachweisen. Der daraus häufig abgeleitete Fokus auf Mikrokonversionsraten vernebelt aber den Blick auf die ÜberallesEffektivität der Strategie und die Werthaltigkeit für das Gesamtunternehmen: „Tun“ wir die richtigen Dinge? Hier fehlt häufig die gemeinsame Vision bzw. strategische Vorgaben von „oben“ sowie die Bündelung der Kundengesamtverantwortlichkeit in einer mit entsprechenden Befugnissen ausgestatteten Rolle. Es fehlt zudem oft eine informationelle Verknüpfung der an allen Kontaktpunkten anfallenden Daten und daraus gewonnener Erkenntnisse. Letzteres kann der Customer Decision Hub leisten.
Das Customer Decision HubKonzept: eine zentrale Entscheidungsinstanz für alle Kundeninteraktionen.
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Beispiel 1:
Mobile Payment im Einzelhandel als kontextbasierter Interaktionskanal
Mobile Technologien treiben heute die Verkäufe im Einzelhandel mit derselben Kraft voran, wie die digitale Welt den stationären Handel in den letzten zehn Jahren ausgehöhlt hat, als immer mehr Käufer sich OnlineShops zugewandt haben. Dies stellte ein Mobile Payment Provider aus Großbritannien fest. Viele Einzelhändler richten zusätzlich eine Infrastruktur ein, die ihre Geschäfte über Mobilgeräte mit der digitalen Welt verbindet. Der Trend ist eindeutig: 24 Prozent der Konsumenten in Großbritannien nutzten nach Erhebungen des Anbieters während des letzten Weih nachtsShoppings ihr Mobilgerät in den Geschäften für Preisvergleiche. Da mobile Endgeräte fast rund um die Uhr online sind, stehen Unternehmen extrem große Informationsmengen über das Konsumentenverhalten zur Verfügung. Besonders Mobildaten ermöglichen dabei neue Formen der Informationsnutzung, etwa von Standortinformationen, Kaufverhalten, Tagesablauf und Social MediaDaten, die Nutzer freiwillig bereitstellen.
Eine große Supermarktkette in Großbritannien nutzt die Dienste des Mobile Payment Providers, um Kunden zielgerichtet passende Angebote für Geschäfte vor Ort anzubieten und sie zum Kauf zu bewegen. Während die Kette früher jedem Kunden dasselbe Angebot gemacht hat, kann sie heute kontextbasierte, individualisierte Preisreduzierungen und Incentives anbieten, die wirklich dafür sorgen, dass mehr Kunden in das Geschäft kommen. Auch soziale Netz werke, Mobile Messaging und DisplayWerbung, die auf Nutzer unterschiedlicher Mobilgeräte ausgerichtet sind, spielen eine wichtige Rolle. Mobildaten werden diese neue Entwicklung im Marketingbereich noch weiter vorantreiben. Je mehr Unternehmen schon voraussehen können, wie und wann Konsumenten reagieren werden und ob sie gerade in der Stimmung sind, mit der Marke zu kommunizieren, umso erfolgreicher werden ihre Nachrichten sein. Ohne eine zentrale technologische Plattform wie den Custo mer Decision Hub wäre diese Form des kontextbasierten Marketings nicht denkbar.
Beispiel 2:
Wirksame Kundenkarten durch analytisch optimiertes Marketing im Einzelhandel
Haushalte bekommen heute eine Flut an Informationen aller möglichen Einzelhändler in ihren Briefkasten. Damit Werbecoupons dennoch die gewünschten ökonomischen Effekte erzielen, müssen sie die individuellen Affinitäten des ein zelnen Kunden treffen. Der Schlüssel zum Erfolg ist selektives Marketing auf individueller Basis. Eine belgische Ein zelhandelskette hat das mit einer zentralen analytischen Plattform für Kundenwissen und Couponbezogene Entscheidungen realisiert.
1,6 Millionen Kartenbesitzer und etwa 11.000 Produkte im Angebot erfordern die Verwaltung und Auswertung einer riesigen Datenmenge. Es sind Kaufwahrscheinlichkeiten auf Grundlage des historischen Kundenverhaltens sowie der in der Unternehmensdatenbank gespeicherten demografischen und Haushaltsdaten zu berechnen. Basierend auf diesen Wahrscheinlichkeiten werden dann mittels mathematischer Marketingoptimierung 30 Werbecoupons ausgewählt, die einerseits ein Haushalt wahrscheinlich einlösen wird und die andererseits eine unternehmensweite Kontaktstrategie umsetzen. Die Gutscheine werden aus 400 Produkten ausgewählt, die im Zeitraum dieser PromotionAktion im Angebot sind. Zugleich werden automatisch alle relevanten Marketingbeschränkungen und Regeln berücksichtigt.
Der Effekt: Das Handelsunternehmen verschickt jetzt dün nere Werbebroschüren an jeden Haushalt. Dies hat sich sowohl finanziell als auch ökologisch positiv ausgewirkt. Anstelle von Gutscheinen für alle 400 beworbenen Produkte erhält der Kunde jetzt nur noch 30, diese sind aber von größerem Interesse – was auch die messbare Nutzungssteigerung belegt. Die verstärkte Nutzung von Gutscheinen führte auch dazu, dass die Karteninhaber durchschnittlich mehr Geld in den Geschäften ausgeben und die Kundenbindung deutlich gestärkt wurde.