First Global Partner
Johann Sebastian Bach
Julia Kleiter Sopran
Anke Vondung Alt
Dominik Wortig Tenor
Markus Eiche Bariton
Lothar Odinius Tenor (Evangelist)
Adrian Eröd Bariton (Christusworte)
Chor des Bach-Vereins Köln
Kölner Domchor
Gürzenich-Orchester Köln
Helmuth Rilling Dirigent
matthäuspassion 1415
»Die schnellste CD der Welt« auch dieses Mal erhältlich im Foyer (siehe S. 40)
Johann Sebastian Bach (1685–1750)
»Matthäuspassion« (Passio secundum Matthaeum) BWV 244 (1727) ca. 180’
Erster Teil
– Pause –
Zweiter Teil
Julia Kleiter Sopran
Anke Vondung Alt
Dominik Wortig Tenor
Markus Eiche Bariton
Lothar Odinius Tenor (Evangelist)
Adrian Eröd Bariton (Christusworte)
Chor des Bach-Vereins Köln
(Einstudierung: Thomas Neuhoff)
Kölner Domchor
(Einstudierung: Eberhard Metternich)
Gürzenich-Orchester Köln
Helmuth Rilling Dirigent
Karfreitag, 03. Apr 15, 18 UhrKölner Philharmonie
matthäuspassion 1415
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Das Gefühl seelischen Zuhauseseins Über die Magie der »Matthäuspassion« im Zeitalter der Glaubensferne
Alexander Reischert
Karfreitag 2015, die Sterbestunde Jesu liegt erst kurze Zeit zu-rück: Auch heute werden die Geistlichen landauf, landab einmal mehr auf spärlich besetzte Kirchenbänke geblickt haben, und die Teilnehmerzahl bei den Kreuzwegprozessionen dürfte ebenso – wie seit Jahren – spürbar ausgedünnt gewesen sein. Ein mittlerweile allzu stiller Freitag in vielen christlichen Gemeinden. Das zentrale Glaubensmysterium, die Selbstaufopferung Jesu Christi für den sündigen Menschen, hat in der liturgischen Gestaltung dieser Tage seine Suggestivkraft weitgehend verloren. Parallel wachsen in unserer säkularisierten, modernen Gesellschaft Kirchen- und Glaubensferne stetig an. Und dennoch vermag die christliche Passionsgeschichte auch heute noch sehr zuverlässig zu mobili-sieren: Für zum Bersten gefüllte Kirchen bzw. schon Wochen zuvor ausgebuchte Konzertsäle sorgt dabei ein oratorisches Werk, dessen Musik fast drei Jahrhunderte alt ist und das mit einer Aufführungs-dauer von gut drei Stunden sowie einer für unsere Ohren antiquiert anmutenden Librettosprache kaum ein Kriterium heutiger, zeit-gemäßer Glaubenspraxis zu erfüllen scheint: Johann Sebastian Bachs »Matthäuspassion«.
Sogwirkung auch für AtheistenUmso verblüffender ist bei diesem Werk die überzeitliche »Hörer-bindung«, gerade auch unter Nichtchristen oder gar Atheisten. Berühmt geworden sind die Worte des »Gott ist tot«-Verkünders Friedrich Nietzsche über diese Passionsmusik: »Wer das Christen-tum völlig verlernt hat, der hört es hier wirklich wie ein Evangelium, es ist dies die Musik der Verneinung des Willens ohne die Erinne-rung an die Askesis.« Der protestantisch getaufte Sozialist Karl
Christus am Ölberg. Holzschnitt von Albrecht Dürer, ca. 1500
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Liebknecht wiederum begeisterte sich 1917 gänzlich ›unreligiös‹ gegenüber seinem Sohn: »Durchblickt man das Zaubergewebe, ist man ganz berauscht vor Seligkeit. Nichts Süßeres, Zarteres, Rührenderes und in den Volksszenen nichts Großartigeres kennt die Musik.« 1920 notierte der selbsterklärte Atheist Rainer Maria Rilke nach einem Aufführungsbesuch: »Während des Eingangs chors haben sich wahre Schmerzgebirge vor mir aufgetürmt.« Und Bertolt Brecht erinnerte sich noch in den 1940ern an ein Hörerlebnis der »Matthäuspassion« als Jugendlicher, bei dem er in »dieses wilde Koma« verfallen sei, das ihn gar um die eigene Gesundheit fürchten ließ.
Eine Wirkungsgeschichte ohnegleichenBachs »Matthäuspassion« erscheint uns heute als eines der größten Rezeptions- und Wirkungswunder der Musikgeschichte – zumal ihre öffentliche Geburtsstunde 1727 alles andere als triumphal aus-gefallen sein soll. Zu Lebzeiten des Komponisten wurde das Werk vermutlich nur viermal aufgeführt, eine geplante Wiederaufnahme 1739 vom Stadtrat sogar untersagt, vorerst zuletzt erklang es wohl 1742. Für manch einen Zeitgenossen Bachs erschien es als ›ästhe-tische Provokation‹, was der Thomaskantor hier auf hunderten Seiten zu Notenpapier gebracht hatte, wie uns durch Christian Gerbers »Historie der Kirchen-Ceremonien in Sachsen« von 1732 überliefert ist (der Autor bezieht sich hier auf eine nicht näher bezeichnete »zweychörige Passion«, bei der es sich nach heutigem allgemeinem Konsens um die »Matthäuspassion« handelt): »Als in einer vornehmen Stadt diese Paßions-Music mit 12 Violinen, vielen Hautbois, Fagots und anderen Instrumenten mehr, zum erstenmal gemacht ward, erstaunten viele Leute darüber und wußten nicht, was sie daraus machen sollten … Als nun diese theatralische Music angieng, so geriethen alle diese Personen in die größte Verwunderung, sahen einander an und sagten: ›Was soll daraus werden?‹ Eine alte Adeliche Wittwe sagte: ›Behüte Gott, ihr Kinder! Ist es doch, als ob man in einer Opera-Komödie wäre.‹ – Aber alle hatten ein Mißfallen daran und führten gerechte Klage darüber.«
Mit seinem Tod fielen Johann Sebastian Bach und sein komposi-torisches Œuvre dann bekanntlich einer – bezüglich Eintrittsschnel-ligkeit und Konsequenz für uns kaum mehr nachvollziehbaren – Nichtbeachtung in der Musikpraxis anheim. Ganze acht Jahrzehnte mussten vergehen, bis ein 20-Jähriger den Rezeptionsmythos der »Matthäuspassion« weiterschrieb: Felix Mendelssohn Bartholdy lieferte am 11. März 1829 in Berlin mit seiner Wiederaufführung die Initialzündung für eine seither ununterbrochene Erfolgsgeschich-
te. Bereits damals zeigte sich, dass die Wirkung des Oratoriums weit über die theologische Primärzielgruppe hinausreichte. So schilderte der Historiker Johann Wilhelm Loebell seinen Eindruck folgendermaßen: »Streng ist Sebastian allerdings und ernst, aber so, daß selbst bei allem Klagen, Jammern, Reue, Buße, die Heiter-keit und Freude des Daseyns auf das wunderbarste durchbrechen, ja unmittelbar daraus hervorblühe. Ich muß es Ihnen sagen, ich glaube hier den Tonsetzer gefunden zu haben, nach dem ich lange suchte, den nämlich, der mit Shakespeare zu vergleichen ist.«
Der Urgrund menschlichen FühlensEs sind die fundamentalen menschlichen Emotionen, deren musika-lisches Nachfühlen Bach vor der Leinwand des Passionsgeschehens hier in einzigartiger und offensichtlich zeitloser Weise gelungen ist: Liebe, Hass, Verrat bzw. Schuld, Reue, Vergebung als Erfahrungs-konstanten allgemeiner menschlicher Existenz, oder, möchte man die biblische Szenenfolge diesbezüglich detaillierter abstrahieren: Abschiedsmahl im Freundeskreis, Verrat, Verleugnung, Verschwö-rung, Gewalt und politischer Opportunismus, Todesangst, Ringen um das Fügen in den Willen Gottes, Folterung, Sterben, Bestattung eines nahen Menschen, Trauer und Hoffnung.
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Notenhandschrift des Rezitativs Nr. 61
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Aus diesem Blickwinkel mag die verblüffende These des Musik-wissenschaftlers Hans Heinrich Eggebrecht sofort einleuchten, der in Bezug auf die Passionsmusiken des Thomaskantors feststellte: »Was muss man wissen, um Bach zu verstehen? Nichts!« – und das aus dem Munde eines der bedeutendsten deutschen Musik-forschers, der sich damit dem Geheimnis der »Matthäuspassion« fast schon selbstironisch annäherte. Die folgerichtige Anschlussfrage lautet sodann: Muss man gläubiger Christ sein, um ein solches Werk zu verstehen? »An Gott zweifeln, an Bach glauben« über-schrieb der argentinische Komponist Mauricio Kagel seine Laudatio zum 300. Geburtstag des Barockmeisters – womit er beim Stutt-garter Bachfest 1985 übrigens einen kleinen Skandal auslöste – und kommt mit diesem scheinbaren Paradoxon ebenfalls der außer-ordentlichen Wirkungsgeschichte der »Matthäuspassion« auf die Spur. Das Drama der Passionsgeschichte ist vor allem auch ein zutiefst menschlich-emotionales, das mit, aber eben auch ohne theologischen Überbau den Hörer anzurühren vermag. Und das erreichte Bach mit seiner Musik unmittelbarer und glaubhafter, als jeder andere vor oder nach ihm.
Ja, der Thomaskantor schuf hier so etwas wie transzendierte Sakral-musik, die auf die allgemeinen Fundamente menschlichen Daseins zurückverweist – Barockkunst, die dem Verfallsdatum aller Zeit-kunst zu trotzen scheint, Sakralkunst, welcher selbst der Glaubens-verlust nichts anzuhaben vermag. So formulierte der glaubens- und religionskritische Thomas Mann 1917 in einem Brief an seinen Dichterkollegen Adolf von Grolmann: »Ich hörte kürzlich zum zweiten Mal die »Matthäuspassion« – ich kann nicht sagen, mit welcher intimen Ergriffenheit, mit welchem Gefühle seelischen Zuhauseseins.«
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Ein kleiner Hörleitfadenzur »Matthäuspassion«
Beim Blick auf den raffinierten Bauplan der »Matthäuspassion« mischen sich Hochachtung, Begeisterung und zugleich Demut, wie es so mancher auch beim Betreten einer der großen gotischen Kathedralen empfindet. »Bachs Konzept der konzentrierten Vielfalt« taufte es der Musikforscher Christoph Wolff und meint damit u. a. die verwendeten, unterschiedlichen Satz- und Besetzungsformen: Da sind die Rahmenchöre zu Beginn und Schluss als emotionale Eckpfeiler des Geschehens, Choräle als Glaubensbekenntnisse der Gemeinde, Ariosi (reich gestaltete Rezitative) und Arien (liedförmige Sätze) der Solisten (Sopran, Tenor, Alt, Bass) als Kommentare sowie der eigentliche biblische Bericht, der vom Evangelisten (Solo-Tenor) in Rezitativen vorangetrieben sowie von der Stimme Christi (Solo-Bass), chorischen Einzelstimmen (sog. Soliloquenten als Mägde, Zeugen, Frau des Pilatus) bzw. solistischen Kleinpartien (Petrus, Judas, Pilatus, Hohepriester) und dem jüdischen Volk (Chor) drama-tisiert wird. Die Rollenpluralität des Chores betont J. S. Bach zusätz-lich durch dessen Zweiteilung, die sich insbesondere in den frei gedichteten Gesangspassagen zeigt, wenn Chorus 1 die Tochter Zions (einer Personifizierung der himmlischen Stadt Jerusalem, als allegorische Gestalt eine Anhängerin Jesu) und Chorus 2 die Stimme der Gläubigen vertritt. Die Choräle wie auch die Volkschöre hingegen werden gemeinsam musiziert, erstere im vierstimmigen, zweitere wiederum überwiegend im dialogischen, achtstimmigen Satz.
Das Libretto speist sich aus drei unterschiedlichen Quellen: dem biblischen Passionsbericht nach Matthäus, traditionellen, den Bach’schen Zeitgenossen wohlbekannten Passionsliedern sowie
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Die Bach-Statue in Leipzig
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vom Textdichter Picander frei gedichteten Versen (als ›gereimter‹ Predigt), die von diesem kunstvoll in folgenden Handlungsverlauf eingewoben wurden: Salbung in Bethanien – Abendmahl – Am Öl-berg – Falsches Zeugnis – Verhör vor Kaiphas und Pilatus – Über-antwortung und Geißelung – Kreuzigung – Grablegung. Die Zwei-teilung des Oratoriums (Pause nach der Ölberg-Szene) erklärt sich aus der gottesdienstlichen Praxis der Protestanten, bei der Karfrei-tagsvesper eine Predigt in den musikalischen Vortrag einzubetten.
Bach wäre aber nicht Bach, hätte sich hiermit die formale Konstruk-tion der »Matthäuspassion« bereits vollumfänglich offenbart. So deckte etwa der Forscher Friedrich Smend 1928 eine ganz eigene Lesart des Bauplans dieses Oratoriums auf, indem er die Arie »Aus Liebe will mein Heiland sterben« zum Zentrum des Werks erklärte, da sich die zehn Volkschöre in achsensymmetrischer Anordnung um diese gruppieren. Solche tieferen Blicke bis hinein in die Mikro-ebene der Partitur eröffnen zahllose weitere Beziehungsgeflechte, deren Analyse mittlerweile Regalwände in Musikbibliotheken füllt. Den unmittelbarsten, für jedermann nachvollziehbaren Hörleitfaden liefert zweifelsohne der strukturgebende Choral »O Haupt voll Blut und Wunden«, von dem verschiedene Strophen in unterschiedlichen Kontexten und Harmonisierungen insgesamt fünf Mal erklingen. So staunte stellvertretend der Komponist und Pädagoge Hermann Keller, »wie durchdacht und bis ins Einzelnste ausgewogen der Bauplan der ›Matthäuspassion‹ ist, wie gewisse Zahlenverhältnisse eine Rolle spielen, sodass man keinen Stein herausnehmen kann, ohne das Ganze zu gefährden. Jeder Hörer spürt die Größe dieser Architektonik Bachs.«
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Herr Rilling, erinnern Sie sich noch daran, als Sie die »Matthäus
passion« zum allerersten Mal gehört haben?
H.R.: Das kann ich ziemlich präzise beantworten: Ich war wohl etwa 14 Jahre alt, als ich die »Matthäuspassion« zum ersten Mal hörte. Es war ein Konzert, das im Württembergischen Staats-theater, also im Opernhaus stattfand. Damals waren ja die Konzert-säle noch alle zerstört und das war der einzige funktionierende Konzertsaal. Ausführende waren der dortige Opernchor und das Orchester unter der Leitung von Ferdinand Leitner.
Ich fand damals die Chöre und die Tutti-Sätze äußerst spannend, empfand natürlich – als junger Mensch – die Arien als sehr lang. Ich erinnere mich aber vor allem an eine Sache, die ich bis heute behalten habe: Da gibt es das Alt-Rezitativ »Erbarm es Gott«, dieses Geißelungsrezitativ mit dem punktierten Rhythmus im Orchester. Beim Hören dieser Passage habe ich zum ersten Mal begriffen, dass instrumentale Musik einen Text abbilden kann.
Wann standen Sie mit dieser gewaltigen Partitur erstmals am
Dirigentenpult?
H.R.: Die »Matthäuspassion« war für mich das letzte der großen Werke Bachs, welches ich mir zu eigen gemacht habe. Das bedeu-tete zunächst mal ein sehr langes und intensives Studium der Partitur. Sie ist ja das längste Oratorium Bachs, länger als etwa die h-Moll-Messe oder die »Johannespassion«, und auch das am größten besetzte. Ich brauchte damals sehr viel Zeit, um mir dieses Stück anzueignen. Das Schwierigste bei einem solchen Stück ist die Abfolge der vielen so sehr verschiedenen Sätze. Einerseits gibt es
Musik, die Antworten zu geben versucht …
Im Vorfeld der Kölner Aufführung sprach der Dirigent Helmuth Rilling
über seine persönliche Annäherung an die Partitur der »Matthäuspassion«,
die magische Wirkung dieser Musik in unterschiedlichsten Kultur und
Glaubenskreisen sowie zentrale Aspekte seiner musikalischen Interpretation
anno 2015.
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Chöre, dann gibt es Choräle, Arien, Ariosi, dann vor allem auch die sehr langen Rezitative. Diese Rezitative zu lernen, also zu wissen, wie der Text fortschreitet und wie die Continuo-Instrumente den Evangelisten begleiten, das ist eine sehr schwierige Aufgabe. Der habe ich mich – ich weiß es noch ziemlich genau – etwa ein dreiviertel Jahr vor der Aufführung gestellt. Und das hat mich viel Mühe gekostet.
Wenn Sie mich fragen, was denn das immer wieder Spannende einer Aufführung der »Matthäuspassion« ist, dann ist es vor allem das Verbinden dieser vielen unterschiedlichen Sätze. In der Neuen Bach-Ausgabe hat das Stück 68 verschiedene Nummern, und die sinnvoll miteinander zu verbinden, also nicht einfach nach jedem Satz eine Pause zu machen und dann erst zu überlegen, wie es weitergeht, das ist die Hauptaufgabe, wenn man Spannung wäh-rend einer Aufführung erzeugen will.
Wie empfinden Sie die körperliche Anstrengung am Pult während
der gut dreistündigen »Matthäuspassion«?
H.R.: Ach wissen Sie, physisch eigentlich gar nicht so sehr. Natür-lich gibt es einige sehr dramatische Sätze, wo ein Dirigent sich auch physisch und mental besonders einsetzen muss – ich denke etwa an den Chor »Sind Blitze, sind Donner«. Aber eigentlich ist die »Matthäuspassion« im Vergleich zu anderen Oratorien im All gemeinen wie auch den anderen Bach-Oratorien im Speziellen – wenn Sie den physischen Aspekt ansprechen – ein nicht allzu
Helmuth Rilling
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anstrengendes Stück. Es ist im Grunde mehr die psychische Kontrolle, die man ständig ausüben muss: Wo sind wir in dem Stück, was kommt als Nächstes? Haben wir einen meditativen Satz oder ein Abbild der dramatischen Passionsgeschichte? Das im Kopf zu haben und es bewusst zu steuern, ist sehr wichtig.
Sie haben das Stück ja z. B. auch schon in Japan dirigiert, wo das
Christentum längst nicht so verbreitet ist wie hier. Wie erklären Sie
sich die dortige Begeisterung für dieses Werk?
H.R.: Die »Matthäuspassion« ist natürlich inzwischen eine Komposi-tion, die weltweit zu den ganz großen Werken der Musikgeschichte gezählt wird – und das finde ich absolut gut und wunderschön. Natürlich sind in anderen Kulturräumen die Voraussetzungen völlig verschieden von denen, die wir hier in Deutschland oder in Europa haben. Ich erinnere mich, wenn Sie gezielt Japan ansprechen, an eine Situation, als die »Matthäuspassion« dort von mir dirigiert wurde und es vorher ein Fernsehinterview gab, das damals direkt übertragen wurde. Da hat man mich unmittelbar vor dem Beginn der Aufführung gefragt: »Herr Rilling, ist es notwendig zu glauben, um die » Matthäuspassion« verstehen zu können?« Das ist natürlich schon eine sehr zentrale Frage. Und ich habe damals geantwor-tet: »Nein, das ist natürlich nicht nötig.« Denn das Stück spricht so viele Aspekte menschlicher Probleme an, die Bach mit seiner Musik zu lösen bzw. eine Antwort zu geben versucht. Deshalb ist es ein Stück, das allen Menschen gehört und sie führen soll.
Warum ist die »Matthäuspassion« aus Ihrer Sicht bis heute so
ausgesprochen erfolgreich?
H.R.: Die »Matthäuspassion« ist im Vergleich zur dramatischen »Johannespassion« die reflektierende Passion. Sie denkt nach. Wenn man beispielsweise die Turbachöre (also die Volkschöre) der »Johannespassion« mit denen der »Matthäuspassion« vergleicht, so sind diese in der »Johannespassion« sehr lang. Bach betont dort also das dramatische Moment, das dramatische Geschehen der Passionsgeschichte. In der »Matthäuspassion« sind sie viel kürzer, sogar extrem kurz, wie etwa der »Barrabam«-Akkord: Das ist ja gar kein Chor, sondern nur ein einziger Akkord, wenn das Volk auf die Pilatus-Frage »Welchen wollt ihr unter diesen zweien, den ich euch soll losgeben?« antwortet.
Es ist so, dass in der »Matthäus-« im Gegensatz zur »Johannespassion« der Anteil der nachdenkenden Sätze, die fragen, was das für mich persönlich, für uns als Gemeinde, vielleicht sogar für die Mensch-heit bedeutet, sehr viel größer und sehr bewegend gesetzt ist.
Es gibt viele Menschen, die gerade in der »Matthäuspassion« eine Arie, wie etwa die Alt-Arie »Erbarme dich«, zum Wichtigsten und Zentralsten zählen, obwohl dies kein Stück des Evangelien-berichts ist.
Wenn Sie wie jetzt in Köln mit fremden Ensembles die »Matthäus
passion« in relativ kurzer Zeit proben und aufführen, wie gehen Sie
da vor, um Ihre persönliche Auffassung des Werks bei den Musikern
zu verankern?
H.R.: Es ist ein großes Stück und man braucht viele Proben. Der Chor hat vieles sehr Differenziertes zu tun, aber vor allem auch die Solisten zusammen mit dem Orchester haben äußerst diffe-renzierte Aufgaben. Ich muss nun die Zeit so einteilen, dass ich alle Stücke in die Richtung proben und führen kann, wo ich glau-be, dass sie für eine spannende Gesamtaufführung hingehören. Ich hoffe, dass das in Köln gut gelingen wird. Ich habe diesbezüg-lich schon sehr viel Erfahrung. Die letzte Aufführung der »Matthäus-passion« habe ich vor ein paar Wochen in Moskau dirigiert. Da war der Chor ein russischer, der das Werk in deutscher Sprache sang. Dies war eine sehr bewegende Aufführung vor Tausenden von Menschen.
Sie dirigieren die »Matthäuspassion« seit vielen Jahrzehnten. In einem
Interview sagten Sie einmal, »dass eine Wiedergabe Bach’scher
Werke (und nicht nur dieser) eigentlich jedes Mal wieder anders
aussehen muss … man muss neue Wege gehen, um das Werk
aktuell zu machen«. Welche spezifischen Interpretations bzw. Les
artunterschiede stellen Sie für dieses Werk über die Jahre bei sich
selbst fest?
H.R.: Das bezieht sich zunächst auf ganz musikalisch technische Dinge, also z. B. Fragen des Tempos: Ich habe beispielsweise den Eingangschor früher langsamer gemacht als heute und habe dafür natürlich meine Gründe: Beim Eingangschor handelt es sich grundsätzlich um einen Pastorale-Satz, d. h. einen Tanzsatz, und in einem zu langsamen Tempo wird dies nicht mehr deutlich. Dann wäre gerade bezüglich des Eingangschors zu sagen, dass, wenn der Choral-Cantus-firmus »O Lamm Gottes unschuldig« zu langsam erscheint, er für den Zuhörer nicht mehr als Choral begreifbar ist. Diese beiden Gründe führen mich zu einem heute schnelleren Tempo als in früheren Jahren. Natürlich ist es ganz wichtig, dass das Gesamtensemble mit Vibrato sehr vorsichtig umgeht. Das will ich im Chor nicht haben, das will ich im Orchester nicht ha-ben, und bei den Solisten auch nur begrenzt. Dies fällt unter die
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Kategorie »Klarheit und Deutlichkeit«, die mir natürlich immer wichtig ist.
Auf der anderen Seite finde ich, dass die Choräle genau in das Umfeld passen müssen, in das Bach sie komponiert hat, dass sie also das widerspiegeln, was im Evangelienbericht vorausgesagt wurde, und dass man dies entsprechend ausdrücken muss. Ausdrücken heißt, da sind wieder Tempofragen entscheidend: Wie schnell ist der Choral, wie reflektiert ist er, handelt es sich um einen eher verhaltenen Choral? Das bringt auch dynamische Überlegungen mit sich. Der Choral »Ich will hier bei dir stehen« ist sicher von Bach als ein Piano-Choral gedacht. Solche Differen-zierungen braucht man, um das Stück zu fassen.
Wie gehen Sie konkret mit den Fermaten bei den Chorälen um:
Sind es bei Ihnen eher längere Einschnitte oder ziehen Sie den
Bogen im Grunde genommen direkt weiter?
H.R.: Dazu muss man wissen, dass diese Fermaten schon in den Gesangbüchern der Bach-Zeit stehen. Das heißt, nicht Bach selbst hat sie gesetzt, sondern er hat sie von dort übernommen. Für mich sind die Fermaten in den Bach’schen Chorälen Zeichen, dass die Gemeinde atmen muss. Also werde ich die Fermaten nicht halten, aber vor der jeweils nächsten Zeile den Chor um einen Atem bitten. Der kann etwas kleiner oder etwas größer sein, das hängt von der Gestaltung des jeweiligen Chorals ab.
Sie führen die »Matthäuspassion« in Köln nun mit dem modernen
Klangkörper des GürzenichOrchesters auf. Sie bestehen demnach
nicht, wie viele andere, bei Bach auf historischen Originalinstru
menten?
H.R.: Es ist bei mir durchaus verschieden. Es gibt auch Situatio-nen, wo das Orchester historischer besetzt ist. Auf jeden Fall ist das ja eine Verbindung verschiedener Klangwelten, auch in Köln. Natürlich werden wir beispielsweise eine Gambe haben, also ein historisches Instrument. Die muss in zwei Arien spielen – und sie würde ich nicht ersetzen wollen durch ein Cello, was man ja grundsätzlich könnte. In Köln habe ich eine Situation, wo ein Orchester auf dem heute gebräuchlichen Instrumentarium spielt, und ich werde versuchen, einen Klang zu erreichen, der einem historischen Klangbild Rechnung trägt.
Was macht für Sie persönlich die Ausnahmestellung, die Magie der
»Matthäuspassion« aus?
H.R.: Für mich als Bach-Spezialist sind »Matthäuspassion« und h-Moll-Messe die wirklich ganz herausragenden Oratorien – ohne dabei die »Johannespassion« in den Hintergrund stellen zu wollen. Aber die »Matthäuspassion« ist eben noch breiter angelegt.
Es ist schon so, dass der Picander’sche Textentwurf Bach zu ganz außerordentlichen künstlerischen, ja kreativen Schöpfungen ge-bracht hat, eben durch diese ständige Abfolge: hier die Passions-geschichte – dort die Frage, was das bedeutet. Aber nicht in dem Sinn, was das im ganz Allgemeinen bedeutet, sondern immer wieder im ganz persönlich subjektiven Sinn. Ein Choral wie »Wenn ich einmal soll scheiden« ist das Subjektivste, was man in Musik ausdrücken können kann, und Picander liefert das im Textentwurf und Bach komponiert das in so wunderbarer Weise.
Das Interview führte Alexander Reischert.
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Erster Teil
Nr. 1 Chor
(Chor I, II, Knabenchor)
Kommt, ihr Töchter, helft mir
klagen;
Sehet! Wen? Den Bräutigam.
Seht ihn! Wie? Als wie ein Lamm.
O Lamm Gottes unschuldig
Am Stamm des Kreuzes
geschlachtet,
Sehet! Was? Seht die Geduld.
Allzeit erfund’n geduldig,
Wiewohl du warest verachtet.
Seht! Wohin? Wohin? Auf unsre
Schuld.
All’ Sünd hast du getragen,
Sonst müßten wir verzagen.
Sehet ihn aus Lieb und Huld
Holz zum Kreuze selber tragen.
Erbarm dich unser, o Jesu.
Nr. 2 Rezitativ
Evangelist: Da Jesus diese Rede
vollendet hatte, sprach er zu
seinen Jüngern:
Jesus: Ihr wisset, daß nach
zweien Tagen Ostern wird, und des
Menschen Sohn wird überant-
wortet werden, daß er gekreuziget
werde.
Nr. 3 Choral
Herzliebster Jesu, was hast du
verbrochen,
Daß man ein solch scharf Urteil
hat gesprochen?
Was ist die Schuld, in was für
Missetaten bist du geraten?
Nr. 4 Rezitativ
Evangelist: Da versammleten sich
die Hohenpriester und Schrift-
gelehrten und die Ältesten im Volk
in den Palast des Hohenpriesters,
der da hieß Kaiphas; und hielten
Rat, wie sie Jesum mit Listen
griffen und töteten. Sie sprachen
aber:
Chor I, II: Ja nicht auf das Fest,
auf daß nicht ein Aufruhr werde im
Volk.
Evangelist: Da nun Jesus war zu
Bethanien im Hause Simonis des
Aussätzigen, trat zu ihm ein Weib,
die hatte ein Glas mit köstlichem
Wasser, und goß es auf sein
Haupt, da er zu Tische saß.
Da das seine Jünger sahen,
wurden sie unwillig und sprachen:
Chor I: Wozu dienet dieser Unrat?
Dieses Wasser hätte mögen teuer
verkauft und den Armen gegeben
werden.
Evangelist: Da das Jesus merkete,
sprach er zu ihnen:
Jesus: Was bekümmert ihr das
Weib? Sie hat ein gut Werk an mir
getan! Ihr habet allezeit Armen
bei euch, mich aber habt ihr nicht
allezeit. Daß sie dies Wasser hat
auf meinen Leib gegossen, hat sie
getan, daß man mich begraben
wird. Wahrlich, ich sage euch:
Wo dies Evangelium geprediget
wird in der ganzen Welt, da
wird man auch sagen zu ihrem
Gedächtnis, was sie getan hat.
Nr. 5 Rezitativ (Alt)
Du lieber Heiland du,
Wenn deine Jünger töricht streiten,
Daß dieses fromme Weib
Mit Salben deinen Leib
Zum Grabe will bereiten;
So lasse mir inzwischen zu,
Von meiner Augen Tränenflüssen
Ein Wasser auf dein Haupt zu
gießen!
Nr. 6 Arie (Alt)
Buß und Reu
Knirscht das Sündenherz entzwei,
Daß die Tropfen meiner Zähren
Angenehme Spezerei,
Treuer Jesu, dir gebären.
Nr. 7 Rezitativ
Evangelist: Da ging hin der
Zwölfen einer, mit Namen Judas
Ischarioth, zu den Hohenpriestern,
und sprach:
Judas: Was wollt ihr mir geben?
Ich will ihn euch verraten.
Evangelist: Und sie boten ihm
dreißig Silberlinge. Und von
dem an suchte er Gelegenheit,
daß er ihn verriete.
Nr. 8 Arie (Sopran)
Blute nur, du liebes Herz.
Ach, ein Kind, das du erzogen,
Das an deiner Brust gesogen,
Droht den Pfleger zu ermorden,
Denn es ist zur Schlange worden.
Nr. 9 Rezitativ
Evangelist: Aber am ersten Tage
der süßen Brot traten die Jünger
zu Jesu und sprachen zu ihm:
Chor I: Wo willst du, daß wir dir
bereiten das Osterlamm zu essen?
Evangelist: Er sprach:
Jesus: Gehet hin in die Stadt zu
einem und sprecht zu ihm: Der
Meister läßt dir sagen »Meine Zeit
ist hier, ich will bei dir die Ostern
halten mit meinen Jüngern«.
Evangelist: Und die Jünger taten,
wie ihnen Jesus befohlen hatte
und bereiteten das Osterlamm.
Und am Abend setzte er sich
zu Tische mit den Zwölfen,
und da sie aßen, sprach er:
Jesus: Wahrlich, ich sage euch:
Einer unter euch wird mich
verraten.
Evangelist: Und sie wurden sehr
betrübt und huben an, ein jeglicher
unter ihnen, und sagten zu ihm:
Chor I: Herr, bin ich’s?
Nr. 10 Choral
Ich bin’s, ich sollte büßen,
An Händen und an Füßen
Gebunden in der Höll’.
Die Geißeln und die Banden,
Und was du ausgestanden,
Das hat verdienet meine Seel’.
Nr. 11 Rezitativ
Evangelist: Er antwortete und
sprach:
Jesus: Der mit der Hand mit mir in
die Schüssel tauchet, der wird
mich verraten. Des Menschen
Sohn gehet zwar dahin, wie von
ihm geschrieben stehet; doch wehe
dem Menschen, durch welchen
des Menschen Sohn verraten wird!
Es wäre ihm besser, daß derselbige
Mensch noch nie geboren wäre.
Evangelist: Da antwortete Judas,
der ihn verriet, und sprach:
Judas: Bin ich’s, Rabbi?
Evangelist: Er sprach zu ihm:
Jesus: Du sagest’s.
Evangelist: Da sie aber aßen,
nahm Jesus das Brot, dankete
und brach’s und gab’s den Jüngern
und sprach:
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Jesus: Nehmet, esset, das ist
mein Leib.
Evangelist: Und er nahm den Kelch
und dankete, gab ihnen den und
sprach:
Jesus: Trinket alle daraus; das ist
mein Blut des Neuen Testaments,
welches vergossen wird für viele,
zur Vergebung der Sünden. Ich
sage euch, ich werde von nun an
nicht mehr von diesem Gewächs
des Weinstocks trinken, bis an den
Tag, da ich’s neu trinken werde mit
euch in meines Vaters Reich.
Nr. 12 Rezitativ (Sopran)
Wiewohl mein Herz in Tränen
schwimmt,
Daß Jesus von mir Abschied
nimmt,
So macht mich doch sein
Testament erfreut.
Sein Fleisch und Blut,
o Kostbarkeit,
Vermacht er mir in meine Hände.
Wie er es auf der Welt
mit denen Seinen
Nicht böse können meinen,
So liebt er sie bis an das Ende.
Nr. 13 Arie (Sopran)
Ich will dir mein Herze schenken,
Senke dich, mein Heil, hinein.
Ich will mich in dir versenken;
Ist dir gleich die Welt zu klein,
Ei, so sollst du mir allein
Mehr als Welt und Himmel sein.
Nr. 14 Rezitativ
Evangelist: Und da sie den
Lobgesang gesprochen hatten,
gingen sie hinaus an den Ölberg.
Da sprach Jesus zu ihnen:
Jesus: In dieser Nacht werdet ihr
euch alle ärgern an mir. Denn es
stehet geschrieben: Ich werde den
Hirten schlagen, und die Schafe
der Herde werden sich zerstreuen.
Wenn ich aber auferstehe, will ich
vor euch hingehen in Galiläam.
Nr. 15 Choral
Erkenne mich, mein Hüter,
Mein Hirte, nimm mich an!
Von dir, Quell aller Güter,
Ist mir viel Gut’s getan.
Dein Mund hat mich gelabet
Mit Milch und süßer Kost.
Dein Geist hat mich begabet
Mit mancher Himmelslust.
Nr. 16 Rezitativ
Evangelist: Petrus aber antwortete
und sprach zu ihm:
Petrus: Wenn sie auch alle sich an
dir ärgerten, so will ich doch mich
nimmermehr ärgern.
Evangelist: Jesus sprach zu ihm:
Jesus: Wahrlich, ich sage dir: In
dieser Nacht, ehe der Hahn krähet,
wirst du mich dreimal verleugnen.
Evangelist: Petrus sprach zu ihm:
Petrus: Und wenn ich mit dir
sterben müsste, so will ich dich
nicht verleugnen.
Evangelist: Desgleichen sagten
auch alle Jünger.
Nr. 17 Choral
Ich will hier bei dir stehen;
Verachte mich doch nicht!
Von dir will ich nicht gehen,
wenn dir dein Herze bricht.
Wenn dein Herz wird erblassen
Im letzten Todesstoß,
Alsdann will ich dich fassen
In meinen Arm und Schoß.
Nr. 18 Rezitativ
Evangelist: Da kam Jesus mit
ihnen zu einem Hofe, der hieß
Gethsemane, und sprach zu
seinen Jüngern:
Jesus: Setzet euch hie, bis daß ich
dorthin gehe und bete.
Evangelist: Und nahm zu sich
Petrum und die zween Söhne
Zebedäi und fing an zu trauern
und zu zagen. Da sprach Jesus
zu ihnen:
Jesus: Meine Seele ist betrübt
bis in den Tod; bleibet hie
und wachet mit mir!
Nr. 19 Rezitativ (Tenor mit Chor II)
O Schmerz! Hier zittert das
gequälte Herz;
Wie sinkt es hin, wie bleicht sein
Angesicht!
Was ist die Ursach’ aller solcher
Plagen?
Der Richter führt ihn vor Gericht,
Da ist kein Trost, kein Helfer nicht.
Ach! meine Sünden haben dich
geschlagen;
Er leidet alle Höllenqualen,
Er soll vor fremden Raub bezahlen.
Ich, ach Herr Jesu, habe dies
verschuldet,
Was du erduldet!
Ach, könnte meine Liebe dir,
mein Heil,
Dein Zittern und dein Zagen
Vermindern oder helfen tragen,
Wie gerne, wie gerne, wie gerne
blieb ich hier!
Nr. 20 Arie (Tenor mit Chor II)
Ich will bei meinem Jesu wachen,
So schlafen unsre Sünden ein.
Meinen Tod büßet seine
Seelennot.
Sein Trauern machet mich voll
Freuden.
Drum muß uns sein verdienstlich
Leiden
Recht bitter und doch süße sein.
Nr. 21 Rezitativ
Evangelist: Und ging hin ein wenig,
fiel nieder auf sein Angesicht
und betete und sprach:
Jesus: Mein Vater, ist’s möglich,
so gehe dieser Kelch von mir;
doch nicht wie ich will,
sondern wie du willst.
Nr. 22 Rezitativ (Bass)
Der Heiland fällt vor seinem Vater
nieder;
Dadurch erhebt er mich und alle
Von unserm Falle
Hinauf zu Gottes Gnaden wieder.
Er ist bereit,
Den Kelch, des Todes Bitterkeit
Zu trinken,
In welchen Sünden
Dieser Welt gegossen sind und
häßlich stinken,
Weil es dem lieben Gott gefällt.
Nr. 23 Arie (Bass)
Gerne will ich mich bequemen
Kreuz und Becher anzunehmen,
Trink ich doch dem Heiland nach.
Denn sein Mund, der mit Milch
und Honig fließet,
Hat den Grund und des Leidens
herbe Schmach
Durch den ersten Trunk versüßet.
Nr. 24 Rezitativ
Evangelist: Und er kam zu seinen
Jüngern und fand sie schlafend
und sprach zu ihnen:
Jesus: Könnet ihr denn nicht eine
23
24
Stunde mit mir wachen? Wachet
und betet, daß ihr nicht in Anfech-
tung fallet! Der Geist ist willig,
aber das Fleisch ist schwach.
Evangelist: Zum andernmal ging
er hin, betete und sprach:
Jesus: Mein Vater, ist’s nicht
möglich, daß dieser Kelch von
mir gehe, ich trinke ihn denn,
so geschehe dein Wille.
Nr. 25 Choral
Was mein Gott will, das g’scheh’
allzeit,
Sein Will’, der ist der beste;
Zu helfen den’ er ist bereit,
Die an ihn gläuben feste;
Er hilft aus Not,
Der fromme Gott,
Und züchtiget mit Maßen.
Wer Gott vertraut,
Fest auf ihn baut,
Den will er nicht verlassen.
Nr. 26 Rezitativ
Evangelist: Und er kam und fand
sie aber schlafend, und ihre Augen
waren voll Schlafs. Und er ließ sie
und ging abermal hin und betete
zum dritten Mal und redete diesel-
bigen Worte. Da kam er zu seinen
Jüngern und sprach zu ihnen:
Jesus: Ach! Wollt ihr nun schlafen
und ruhen? Siehe, die Stunde ist
hie, daß des Menschen Sohn in
der Sünder Hände überantwortet
wird. Stehet auf, lasset uns gehen,
siehe, er ist da, der mich verrät.
Evangelist: Und als er noch redete,
siehe, da kam Judas, der Zwölfen
einer, und mit ihm eine große
Schar, mit Schwertern und mit
Stangen, von den Hohenpriestern
und Ältesten des Volks.
Und der Verräter hatte ihnen ein
Zeichen gegeben und gesagt:
Judas: »Welchen ich küssen werde,
der ist’s, den greifet!«
Evangelist: Und alsbald trat er
zu Jesu und sprach:
Judas: Gegrüßet seist du, Rabbi!
Evangelist: Und küssete ihn.
Jesus aber sprach zu ihm:
Jesus: Mein Freund, warum bist
du kommen?
Evangelist: Da traten sie hinzu
und legten die Hände an Jesum
und griffen ihn.
Nr. 27 Duett
(Sopran und Alt mit Chor II)
So ist mein Jesus nun gefangen,
Lasst ihn, haltet, bindet nicht!
Mond und Licht
Ist vor Schmerzen untergangen,
Weil mein Jesus ist gefangen,
Lasst ihn, haltet, bindet nicht!
Sie führen ihn, er ist gebunden.
Chor I, II:
Sind Blitze, sind Donner in
Wolken verschwunden?
Eröffne den feurigen Abgrund,
o Hölle.
Zertrümmre, verderbe,
verschlinge, zerschelle mit
plötzlicher Wut
Den falschen Verräter, das
mördrische Blut.
Nr. 28 Rezitativ
Evangelist: Und siehe, einer aus
denen, die mit Jesu waren, rekkete
die Hand aus und schlug des
Hohenpriesters Knecht und hieb
ihm ein Ohr ab.
Da sprach Jesus zu ihm:
Jesus: Stecke dein Schwert an
seinen Ort; denn wer das Schwert
nimmt, der soll durchs Schwert
umkommen. Oder meinest du,
daß ich nicht könnte meinen
Vater bitten, daß er mir zuschickte
mehr denn zwölf Legion Engel?
Wie würde aber die Schrift erfüllet?
Es muß also gehen.
Evangelist: Zu der Stund’ sprach
Jesus zu den Scharen:
Jesus: Ihr seid ausgegangen, als
zu einem Mörder, mit Schwertern
und mit Stangen, mich zu fahen;
bin ich doch täglich bei euch
gesessen und habe gelehret im
Tempel, und ihr habt mich nicht
gegriffen. Aber das ist alles
geschehen, daß erfüllet würden
die Schriften der Propheten.
Evangelist: Da verließen ihn alle
Jünger und flohen.
Nr. 29 Chor
(Chor I, II, Knabenchor)
O Mensch, bewein’ dein Sünde
groß;
Darum Christus sein’s Vaters
Schoß
Äußert und kam auf Erden.
Von einer Jungfrau rein und zart
Für uns er hie geboren ward,
Er wollt’ der Mittler werden.
Den Toten er das Leben gab,
Und legt’ darbei all’ Krankheit ab,
Bis sich die Zeit herdrange,
Daß er für uns geopfert würd’,
Trüg unsrer Sünden schwere Bürd’
Wohl an dem Kreuze lange.
Zweiter Teil
Nr. 30 Arie (Alt mit Chor II)
Ach, nun ist mein Jesus hin!
Wo ist denn dein Freund
hingegangen,
O du Schönste unter den Weibern?
Ist es möglich? Kann ich schauen?
Wo hat sich dein Freund
hingewandt?
Ach, mein Lamm in Tigerklauen!
Ach! wo ist mein Jesus hin?
So wollen wir mit dir ihn suchen.
Ach! was soll ich der Seele sagen,
Wenn sie mich wird ängstlich
fragen?
Nr. 31 Rezitativ
Evangelist: Die aber Jesum
gegriffen hatten, führeten ihn zu
dem Hohenpriester Kaiphas, dahin
die Schriftgelehrten und Ältesten
sich versammlet hatten. Petrus
aber folgete ihm nach von ferne
bis in den Palast des Hohenpries-
ters; und ging hinein und satzte
sich bei die Knechte, auf daß er
sähe, wo es hinaus wollte. Die
Hohenpriester aber und Ältesten
und der ganze Rat suchten falsche
Zeugnis wider Jesum, auf daß
sie ihn töteten und funden keines.
Nr. 32 Choral
Mir hat die Welt trüglich gericht’
Mit Lügen und mit falschem
G’dicht,
Viel Netz und heimlich Strikke.
Herr, nimm mein wahr
In dieser G’fahr,
B’hüt mich für falschen Tükken.
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Nr. 33 Rezitativ
Evangelist: Und wiewohl viel
falsche Zeugen herzutraten,
funden sie doch keins.
Zuletzt traten herzu zween
falsche Zeugen und sprachen:
Zeugen: Er hat gesagt: Ich kann
den Tempel Gottes abbrechen und
in dreien Tagen denselben bauen.
Evangelist: Und der Hohepriester
stund auf und sprach zu ihm:
Hoherpriester: Antwortest du
nichts zu dem, was diese wider
dich zeugen?
Evangelist: Aber Jesus schwieg
still.
Nr. 34 Rezitativ (Tenor)
Mein Jesus schweigt zu falschen
Lügen stille,
Um uns damit zu zeigen,
Daß sein Erbarmens voller Wille
Vor uns zum Leiden sei geneigt,
Und daß wir in der gleichen Pein
Ihm sollen ähnlich sein
Und in Verfolgung stille schweigen.
Nr. 35 Arie (Tenor)
Geduld! Geduld, wenn mich
falsche Zungen stechen,
Leid’ ich wider meine Schuld
Schimpf und Spott,
Ei, so mag der liebe Gott
Meines Herzens Unschuld rächen.
Nr. 36 Rezitativ
Evangelist: Und der Hohepriester
antwortete und sprach zu ihm:
Hoherpriester: Ich beschwöre dich
bei dem lebendigen Gott, daß du
uns sagst, ob du seiest Christus,
der Sohn Gottes.
Evangelist: Jesus sprach zu ihm:
Jesus: Du sagest’s. Doch sage
ich euch: Von nun an wird’s
geschehen, daß ihr sehen werdet
des Menschen Sohn sitzen zur
Rechten der Kraft und kommen
in den Wolken des Himmels.
Evangelist: Da zerriß der Hohe-
priester seine Kleider und sprach:
Hoherpriester: Er hat Gott
gelästert; was dürfen wir weiter
Zeugnis? Siehe, itzt habt ihr
seine Gotteslästerung gehöret.
Was dünket euch?
Evangelist: Sie antworteten
und sprachen:
Chor I, II: Er ist des Todes schuldig!
Evangelist: Da speieten sie aus in
sein Angesicht und schlugen ihn
mit Fäusten. Etliche aber schlugen
ihn ins Angesicht und sprachen:
Chor I, II: Weissage uns, Christe,
wer ist’s, der dich schlug?
Nr. 37 Choral
Wer hat dich so geschlagen,
mein Heil,
Und dich mit Plagen so übel
zugericht’?
Du bist ja nicht ein Sünder
Wie wir und unsre Kinder;
Von Missetaten weißt du nicht.
Nr. 38 Rezitativ
Evangelist: Petrus aber saß
draußen im Palast; und es trat
zu ihm eine Magd und sprach:
1. Magd: Und du warest auch
mit dem Jesus aus Galiläa.
Evangelist: Er leugnete aber
vor ihnen allen und sprach:
Petrus: Ich weiß nicht, was du
sagest.
Evangelist: Als er aber zur Tür
hinausging, sahe ihn eine andere
und sprach zu denen,
die da waren:
2. Magd: Dieser war auch mit
dem Jesu von Nazareth.
Evangelist: Und er leugnete
abermal und schwur dazu:
Petrus: Ich kenne des Menschen
nicht.
Evangelist: Und über eine kleine
Weile traten hinzu, die da stunden
und sprachen zu Petro:
Chor II: Wahrlich, du bist auch
einer von denen, denn deine
Sprache verrät dich.
Evangelist: Da hub er an, sich
zu verfluchen und zu schwören:
Petrus: Ich kenne des Menschen
nicht.
Evangelist: Und alsbald krähete
der Hahn. Da dachte Petrus an die
Worte Jesu, da er zu ihm sagte:
Ehe der Hahn krähen wird, wirst du
mich dreimal verleugnen. – Und
ging heraus und weinete bitterlich.
Nr. 39 Arie (Alt)
Erbarme dich, mein Gott,
Um meiner Zähren willen!
Schaue hier,
Herz und Auge weint vor dir
bitterlich.
Erbarme dich, erbarme dich!
Nr. 40 Choral
Bin ich gleich von dir gewichen,
Stell’ ich mich doch wieder ein;
Hat uns doch dein Sohn verglichen
Durch sein’ Angst und Todespein.
Ich verleugne nicht die Schuld,
Aber deine Gnad und Huld
Ist viel größer als die Sünde,
Die ich stets in mir befinde.
Nr. 41 Rezitativ
Evangelist: Des Morgens aber
hielten alle Hohenpriester und die
Ältesten des Volks einen Rat
über Jesum, daß sie ihn töteten.
Und bunden ihn, führeten ihn hin
und überantworteten ihn dem
Landpfleger Pontio Pilato. Da das
sahe Judas, der ihn verraten hatte,
daß er verdammt war zum Tode,
gereuete es ihn und brachte her
wieder die dreißig Silberlinge
den Hohenpriestern und Ältesten
und sprach:
Judas: Ich habe übel getan, daß
ich unschuldig Blut verraten habe.
Evangelist: Sie sprachen:
Chor I, II: Was gehet uns das an?
Da siehe du zu.
Evangelist: Und er warf die
Silberlinge in den Tempel, hub sich
davon, ging hin und erhängete
sich selbst. Aber die Hohenpriester
nahmen die Silberlinge und
sprachen:
Hoherpriester: Es taugt nicht,
daß wir sie in den Gotteskasten
legen, denn es ist Blutgeld.
Nr. 42 Arie (Bass)
Gebt mir meinen Jesum wieder!
Seht, das Geld, den Mörderlohn,
Wirft euch der verlorne Sohn
Zu den Füßen nieder.
Nr. 43 Rezitativ
Evangelist: Sie hielten aber einen
Rat und kauften eines Töpfers-
Akker darum zum Begräbnis der
Pilger. Daher ist derselbige Akker
genennet der Blutakker, bis auf
den heutigen Tag. Da ist erfüllet,
das gesagt ist durch den Propheten
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Jeremias, da er spricht: »Sie haben
genommen dreißig Silberlinge,
damit bezahlet ward der Verkaufte,
welchen sie kauften von den
Kindern Israel; und haben sie
gegeben um einen Töpfers-Akker,
als mir der Herr befohlen hat«.
Jesus aber stund vor dem
Landpfleger, und der Landpfleger
fragte ihn und sprach:
Pilatus: Bist du der Jüden König?
Evangelist: Jesus aber sprach
zu ihm:
Jesus: Du sagest’s.
Evangelist: Und da er verklagt war
von den Hohenpriestern und
Ältesten, antwortete er nichts.
Da sprach Pilatus zu ihm:
Pilatus: Hörest du nicht,
wie hart sie dich verklagen?
Evangelist: Und er antwortete
ihm nicht auf ein Wort, also,
daß sich auch der Landpfleger
sehr verwunderte.
Nr. 44 Choral
Befiehl du deine Wege
und was dein Herze kränkt
Der allertreusten Pflege des,
der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn,
Der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.
Nr. 45 Rezitativ
Evangelist: Auf das Fest aber hatte
der Landpfleger Gewohnheit, dem
Volk einen Gefangenen loszugeben,
welchen sie wollten. Er hatte aber
zu der Zeit einen Gefangenen,
einen sonderlichen vor andern,
der hieß Barrabas. Und da sie
versammlet waren, sprach Pilatus
zu ihnen:
Pilatus: Welchen wollet ihr,
daß ich euch losgebe? Barrabam,
oder Jesum, von dem gesagt wird,
er sei Christus.
Evangelist: Denn er wußte wohl,
daß sie ihn aus Neid überant-
wortet hatten. Und da er auf dem
Richtstuhl saß, schikkete sein
Weib zu ihm und ließ ihm sagen:
Pilatus’ Weib: Habe du nichts zu
schaffen mit diesem Gerechten;
ich habe heute viel erlitten
im Traum von seinetwegen!
Evangelist: Aber die Hohenpriester
und die Ältesten überredeten das
Volk, daß sie um Barrabas bitten
sollten und Jesum umbrächten.
Da antwortete nun der Landpfleger
und sprach zu ihnen:
Pilatus: Welchen wollt ihr unter
diesen zweien, den ich euch soll
losgeben?
Evangelist: Sie sprachen:
Chor I, II: Barrabam!
Evangelist: Pilatus sprach zu ihnen:
Pilatus: Was soll ich denn machen
mit Jesu, von dem gesagt wird,
er sei Christus?
Evangelist: Sie sprachen alle:
Chor I, II: Laß ihn kreuzigen!
Nr. 46 Choral
Wie wunderbarlich ist doch diese
Strafe!
Der gute Hirte leidet für die Schafe,
Die Schuld bezahlt der Herre,
der Gerechte, Für seine Knechte.
Nr. 47 Rezitativ
Evangelist: Der Landpfleger sagte:
Pilatus: Was hat er denn Übels getan?
Nr. 48 Rezitativ (Sopran)
Er hat uns allen wohlgetan,
Den Blinden gab er das Gesicht,
Die Lahmen macht’ er gehend;
Er sagt’ uns seines Vaters Wort,
Er trieb die Teufel fort;
Betrübte hat er aufgericht’,
Er nahm die Sünder auf und an.
Sonst hat mein Jesus nichts
getan.
Nr. 49 Arie (Sopran)
Aus Liebe will mein Heiland
sterben,
Von einer Sünde weiß er nichts,
Daß das ewige Verderben
und die Strafe des Gerichts
Nicht auf meiner Seele bliebe.
Nr. 50 Rezitativ
Evangelist: Sie schrien aber
noch mehr und sprachen:
Chor I, II: Laß ihn kreuzigen!
Evangelist: Da aber Pilatus sahe,
daß er nichts schaffete, sondern
daß ein viel größer Getümmel
ward, nahm er Wasser und wusch
die Hände vor dem Volk
und sprach:
Pilatus: Ich bin unschuldig an dem
Blut dieses Gerechten, sehet ihr zu!
Evangelist: Da antwortete
das ganze Volk und sprach:
Chor I, II: Sein Blut komme
über uns und unsre Kinder.
Evangelist: Da gab er ihnen
Barrabam los; aber Jesum ließ er
geißeln und überantwortete ihn,
daß er gekreuziget würde.
Nr. 51 Rezitativ (Alt)
Erbarm es Gott!
Hier steht der Heiland angebunden.
O Geißelung, o Schläg, o Wunden!
Ihr Henker, haltet ein!
Erweichet euch der Seelen Schmerz,
Der Anblick solches Jammers nicht?
Ach ja, ihr habt ein Herz,
Das muß der Martersäule gleich
Und noch viel härter sein.
Erbarmt euch, haltet ein!
Nr. 52 Arie (Alt)
Können Tränen meiner Wangen
nichts erlangen,
O, so nehmt mein Herz hinein!
Aber laßt es bei den Fluten,
Wenn die Wunden milde bluten,
Auch die Opferschale sein.
Nr. 53 Rezitativ
Evangelist: Da nahmen die Kriegs-
knechte des Landpflegers Jesum
zu sich in das Richthaus und
sammleten über ihn die ganze Schar;
und zogen ihn aus und legeten ihm
einen Purpurmantel an; und flochten
eine dornene Krone und satzten
sie auf sein Haupt und ein Rohr
in seine rechte Hand und beugeten
die Knie vor ihm und spotteten ihn
und sprachen:
Chor I, II: Gegrüßet seist du,
Jüdenkönig!
Evangelist: Und speieten ihn an
und nahmen das Rohr
und schlugen damit sein Haupt.
Nr. 54 Choral
O Haupt, voll Blut und Wunden,
Voll Schmerz und voller Hohn!
O Haupt, zu Spott gebunden
Mit einer Dornenkron!
O Haupt, sonst schön gezieret
Mit höchster Ehr’ und Zier,
Jetzt aber hoch schimpfieret:
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Gegrüßet seist du mir!
Du edles Angesichte,
Dafür sonst schrickt und scheut
Das große Weltgewichte,
Wie bist du so bespeit!
Wie bist du so erbleichet,
Wer hat dein Augenlicht,
Dem sonst kein Licht nicht
gleichet,
So schändlich zugericht’?
Nr. 55 Rezitativ
Evangelist: Und da sie ihn ver-
spottet hatten, zogen sie ihm den
Mantel aus und zogen ihm seine
Kleider an und führten ihn hin,
daß sie ihn kreuzigten. Und indem
sie hinausgingen, funden sie
einen Menschen von Kyrene, mit
Namen Simon; den zwungen sie,
daß er ihm sein Kreuz trug.
Nr. 56 Rezitativ (Bass)
Ja freilich will in uns das Fleisch
und Blut zum Kreuz gezwungen
sein; je mehr es unsrer Seele gut,
je herber geht es ein.
Nr. 57 Arie (Bass)
Komm, süßes Kreuz,
so will ich sagen.
Mein Jesu, gib es immer her.
Wird mir mein Leiden einst
zu schwer,
So hilfst du mir es selber tragen.
Nr. 58 Rezitativ
Evangelist: Und da sie an
die Stätte kamen mit Namen
Golgatha, das ist verdeutschet
Schädelstätt’, gaben sie ihm Essig
zu trinken mit Gallen vermischet;
und da er’s schmekkete, wollte
er’s nicht trinken. Da sie ihn aber
gekreuziget hatten, teilten sie
seine Kleider und wurfen das Los
darum, auf daß erfüllet würde,
das gesagt ist durch den Propheten:
»Sie haben meine Kleider unter
sich geteilet, und über mein Ge-
wand haben sie das Los geworfen.«
Und sie saßen allda und hüteten
sein. Und oben zu seinen Häupten
hefteten sie die Ursach’ seines
Todes beschrieben, nämlich:
»Dies ist Jesus, der Jüden König.«
Und da wurden zween Mörder mit
ihm gekreuziget, einer zur Rechten
und einer zur Linken. Die aber
vorübergingen, lästerten ihn und
schüttelten ihre Köpfe und sprachen:
Chor I, II: Der du den Tempel
Gottes zerbrichst und bauest ihn
in dreien Tagen, hilf dir selber.
Bist du Gottes Sohn,
so steig herab vom Kreuz.
Evangelist: Desgleichen auch
die Hohenpriester spotteten sein
samt den Schriftgelehrten
und Ältesten und sprachen:
Chor I, II: Andern hat er geholfen
und kann ihm selber nicht helfen.
Ist er der König Israel, so steige er
nun vom Kreuz, so wollen wir ihm
glauben. Er hat Gott vertrauet, der
erlöse ihn nun, lüstet’s ihn; denn
er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn.
Evangelist: Desgleichen schmäheten
ihn auch die Mörder, die mit ihm
gekreuziget waren.
Nr. 59 Rezitativ (Alt)
Ach, Golgatha, unsel’ges Golgatha!
Der Herr der Herrlichkeit
Muss schimpflich hier verderben,
Der Segen und das Heil der Welt
Wird als ein Fluch ans Kreuz
gestellt.
Der Schöpfer Himmels und der
Erden
Soll Erd und Luft entzogen werden.
Die Unschuld muß hier schuldig
sterben,
Das gehet meiner Seele nah;
Ach, Golgatha, unsel’ges Golgatha!
Nr. 60 Arie (Alt mit Chor II)
Sehet, Jesus hat die Hand,
uns zu fassen ausgespannt;
Kommt! – Wohin?
In Jesu Armen sucht Erlösung,
nehmt Erbarmen,
Suchet! – Wo? – In Jesu Armen.
Lebet, sterbet, ruhet hier,
ihr verlaßnen Küchlein ihr.
Bleibet! – Wo? – In Jesu Armen.
Nr. 61 Rezitativ
Evangelist: Und von der sechsten
Stunde an war eine Finsternis über
das ganze Land bis zu der neunten
Stunde. Und um die neunte Stunde
schrie Jesus laut und sprach:
Jesus: Eli, Eli, lama asabthani!
Evangelist: Das ist: Mein Gott,
mein Gott, warum hast du
mich verlassen? – Etliche aber,
die da stunden, da sie das höreten,
sprachen sie:
Chor I: Der rufet dem Elias!
Evangelist: Und bald lief einer
unter ihnen, nahm einen Schwamm
und füllete ihn mit Essig und
stekkete ihn auf ein Rohr und
tränkete ihn. Die andern aber
sprachen:
Chor II: Halt! Halt! Laß sehen,
ob Elias komme und ihm helfe.
Evangelist: Aber Jesus schrie
abermals laut und verschied.
Nr. 62 Choral
Wenn ich einmal soll scheiden,
So scheide nicht von mir!
Wenn ich den Tod soll leiden,
So tritt du denn herfür!
Wenn mir am allerbängsten
Wird um das Herze sein,
So reiß mich aus den Ängsten
Kraft deiner Angst und Pein.
Nr. 63 Rezitativ
Evangelist: Und siehe da, der
Vorhang im Tempel zerriß in zwei
Stück, von oben an bis unten aus.
Und die Erde erbebete, und die
Felsen zerrissen, und die Gräber
täten sich auf, und stunden auf
viel Leiber der Heiligen, die da
schliefen, und gingen aus den
Gräbern nach seiner Auferstehung
und kamen in die heilige Stadt
und erschienen vielen. Aber der
Hauptmann und die bei ihm waren
und bewahreten Jesum, da sie
sahen das Erdbeben und was da
geschah, erschraken sie sehr und
sprachen:
Chor I, II: Wahrlich, dieser ist
Gottes Sohn gewesen.
Evangelist: Und es waren viel
Weiber da, die von ferne zusahen,
die da waren nachgefolget aus
Galiläa und hatten ihm gedienet,
unter welchen war Maria Magdalena
und Maria, die Mutter Jacobi und
Joses, und die Mutter der Kinder
Zebedäi. Am Abend aber kam
ein reicher Mann von Arimathia,
der hieß Joseph, welcher auch
ein Jünger Jesu war. Der ging zu
Pilato und bat ihn um den
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Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus,
man sollte ihm ihn geben.
Nr. 64 Rezitativ (Bass)
Am Abend, da es kühle war,
Wart Adams Fallen offenbar.
Am Abend drükket ihn
der Heiland nieder;
Am Abend kam die Taube wieder
Und trug ein Ölblatt in dem Munde.
O schöne Zeit! O Abendstunde!
Der Friedensschluß ist nun mit
Gott gemacht,
Denn Jesus hat sein Kreuz
vollbracht.
Sein Leichnam kömmt zur Ruh.
Ach, liebe Seele, bitte du,
Geh, lasse dir den toten Jesum
schenken,
O heilsames, o köstlich’s
Angedenken!
Nr. 65 Arie (Bass)
Mache dich, mein Herze, rein,
Ich will Jesum selbst begraben,
Denn er soll nunmehr in mir,
Für und für,
Seine süße Ruhe haben.
Welt, geh aus, lass Jesum ein!
Nr. 66 Rezitativ
Evangelist: Und Joseph nahm den
Leib und wikkelte ihn in ein rein’
Leinwand. Und legte ihn in sein
eigen neu Grab, welches er hatte
lassen in einen Fels hauen;
und wälzete einen großen Stein
vor die Tür des Grabes und ging
davon. Es war aber allda Maria
Magdalena und die andere Maria,
die satzten sich gegen das Grab.
Des andern Tages, der da folget
nach dem Rüsttage, kamen die
Hohenpriester und Pharisäer sämt-
lich zu Pilato und sprachen:
Chor I, II: Herr, wir haben gedacht,
daß dieser Verführer sprach,
da er noch lebete:
»Ich will nach dreien Tagen wieder
auferstehen«, darum befiehl,
daß man das Grab verwahre bis
an den dritten Tag, auf dass nicht
seine Jünger kommen und stehlen
ihn und sagen zu dem Volk:
»Er ist auferstanden von den
Toten«, und werde der letzte
Betrug ärger denn der erste.
Evangelist: Pilatus sprach zu ihnen:
Pilatus: »Da habt ihr die Hüter;
gehet hin und verwahret’s,
wie ihr’s wisset.«
Evangelist: Sie gingen hin und
verwahreten das Grab mit Hütern
und versiegelten den Stein.
Nr. 67 Rezitativ (Sopran, Alt,
Tenor, Bass mit Chor II)
Bass: Nun ist der Herr zur Ruh
gebracht.
Mein Jesu, gute Nacht!
Tenor: Die Müh’ ist aus, die unsre
Sünden ihm gemacht.
Mein Jesu, gute Nacht!
Alt: O selige Gebeine,
Seht, wie ich euch mit Buß und
Reu beweine,
Daß euch mein Fall in solche Not
gebracht!
Mein Jesu, gute Nacht!
Sopran: Habt lebenslang
Vor euer Leiden tausend Dank,
Daß ihr mein Seelenheil
so wert geacht’.
Mein Jesu, gute Nacht!
Nr. 68 Chor
Wir setzen uns mit Tränen nieder
Und rufen dir im Grabe zu:
Ruhe sanfte, sanfte ruh!
Ruht, ihr ausgesognen Glieder,
Ruhet sanfte, ruhet wohl.
Euer Grab und Leichenstein
Soll dem ängstlichen Gewissen
Ein bequemes Ruhekissen
Und der Seelen Ruhstatt sein.
Höchst vergnügt schlummern
da die Augen ein.
Wir setzen uns mit Tränen nieder
und rufen dir im Grabe zu:
Ruhe sanfte, sanfte ruh!
Nach dem Urtext
der Neuen BachAusgabe.
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Die Sopranistin Julia Kleiter studierte bei Prof. William Workmann in Hamburg und bei Prof. Klesie Kelly-Moog in Köln und de bütierte 2004 in Mozarts »Zauberflöte« als Pamina an der Opéra national de Paris unter Jiri Kout. Zu ihren weiteren, zahlreichen Opernprojek-ten zählen u. a. Auftritte als Euridice in Glucks »Orfeo ed Euridice« in Paris, als Contessa in einer Neuproduktion von Mozarts »Le Nozze di Figaro« in Antwerpen sowie ihr Debüt als Fiordiligi in Mozarts »Così fan tutte« in Zürich und später bei den Salzburger Festspie-len. Als Konzert- und Liedersängerin gastiert sie in allen wichtigen Musikzentren und arbeitet u. a. mit Dirigenten wie Helmuth Rilling, Claudio Abbado, Riccardo Muti, Nikolaus Harnoncourt, René Jacobs, Christoph Poppen, Daniel Harding oder Marek Janowski zusam-men. Ihr künstlerisches Schaffen ist auf zahlreichen CD- und DVD-Aufnahmen dokumentiert.
In Speyer geboren, studierte die Altistin Anke Vondung bei Prof. Rudolf Piernay an der Musikhochschule Mannheim und gewann zahlreiche Preise. Neben unterschiedlichen Rollen an der Semper-oper Dresden, der sie zwischen 2003 und 2006 als festes Ensem-blemitglied angehörte, führten sie weitere Engagements u. a. an die Staatsoper Hamburg, an die Bayerische Staatsoper München, die Metropolitan Opera New York und an die Opéra national de Paris. Zudem ist sie eine gefragte Lied- und Konzertsängerin mit Engagements im In- und Ausland. In der laufenden Spielzeit 2014/2015 ist Anke Vondung mit Rollen u. a. in »Carmen« und »Der Barbier von Sevilla« erneut an der Dresdener Semperoper zu Gast. Eine rege, künstlerische Zusammenarbeit verbindet sie u. a. mit den Dirigenten James Conlon, Helmuth Rilling, Sir Roger Norrington, Philippe Herreweghe, Kent Nagano, Philippe Jordan, Ivan Fischer und Marek Janowski.
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Der Tenor Dominik Wortig ist ein seit vielen Jahren international engagierter Sänger auf der Opernbühne und auf dem Konzert-podium, bei zahlreichen renommierten Festivals sowie bei CD- und Rundfunkproduktionen. Er studierte zunächst Klavier, Kirchenmusik, Dirigieren und anschließend Gesang bei Prof. Werner Lechte an der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf. Wichtige Impulse erhielt er u. a. durch Brigitte Fassbaender, Ingeborg Hallstein und Kurt Moll. In mehrjährigen Festengagements und als Gast, u. a. an den Wuppertaler Bühnen, der Staatsoper Stuttgart und der Sächsi-schen Staatsoper Dresden, sang er fast alle wich tigen lyrischen Par-tien seines Fachs. 2013 gab er mit dem »Steuermann« in Richard Wagners »Der fliegende Holländer« sein Debüt am Teatro alla Scala Milano. Dominik Wortigs Repertoire reicht von Monteverdi über die Werke Johann Sebastian Bachs und die großen Oratorien der Romantik und Moderne bis hin zu einer Reihe von Uraufführungen.
Markus Eiche begann seine musikalische Karriere nach Studien in Karlsruhe und Stuttgart am Nationaltheater Mannheim, wo er sich die wichtigen Partien seines Faches erarbeitete. Er ist Preisträger einiger nationaler und internationaler Gesangswettbewerbe. Eine regelmäßi-ge Zusammenarbeit verbindet ihn mit der Wiener Staatsoper (Ensem-blemitglied 2007–2011), als auch mit der Bayerischen Staatsoper München. Er sang u. a. Partien wie den Albert in Massenets »Werther«, Onegin von Tschaikowsky und den Kurwenal in Wagners »Tristan und Isolde«. Gastspiele führten Markus Eiche u. a. an die Mailänder Scala, die Nederlandse Opera Amsterdam, die Dresdner Semperoper sowie zu den Salzburger und Bayreuther Festspielen. Am Grünen Hügel war er 2014 als Wolfram (»Tannhäuser«) und Donner (»Das Rheingold«) zu erleben. Vielfach tritt Markus Eiche auch als Konzertsänger in Erscheinung; dokumentiert durch zahlreiche CD-Einspielungen.
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Der in Österreich geborene Bariton Adrian Eröd erhielt seine Aus-bildung an der Musikhochschule in Wien, wo er unter anderem bei Walter Berry studierte. Sein künstlerischer Weg führte ihn anschlie-ßend vom Landestheater Linz über die Wiener Volksoper bis an sein heutiges Stammhaus, die Wiener Staatsoper. In zahlreichen, dortigen Opernpartien war er u. a. als Figaro in Rossinis »Barbier von Sevilla«, als Billy Budd in Brittens gleichnamiger Oper oder als Lescaut in Massenets »Manon« zu erleben und debütierte 2009 als Beckmesser in Wagners »Die Meistersinger von Nürnberg« bei den Bayreuther Festspielen. Auch als Konzertsänger tritt Adrian Eröd häufig auf, u. a. mit Dirigenten wie Ricardo Muti, Sir Simon Rattle und Nikolaus Harnoncourt. Als Liedsänger arbeitet er eng mit dem Pianisten Helmut Deutsch zusammen. Seine Diskographie umfasst Aufnah-men von Liedern Franz Liszts und Schuberts »Winterreise«.
Lothar Odinius gehört zu den gefragtesten Konzert- und Oratorien-sängern seiner Generation und hat sich mit einem Repertoire vom Barock bis in die Gegenwart international einen Namen gemacht. Er ist regelmäßiger Gast bei internationalen Festivals und in allen wich-tigen Konzertsälen von Berlin, Wien, Mailand, London bis New York. Lothar Odinius arbeitete mit Dirigenten wie Adam Fischer, Philippe Herreweghe, Andrew Manze und Sir Neville Marriner zusammen. Im Opernbereich gestaltete er zahl reiche Titelpartien in verschiedenen Mozart-Opern, wie den Tamino (»Zauberflöte«) am Londoner Royal Opera House Covent Garden, Arbace (»Idomeneo«) an der Opéra national de Paris und Titus (»La clemenza di Tito«) an der Oper Köln. Engagements als Konzertsänger führten Lothar Odinius u. a. zur Bachakademie Stuttgart (Händels »Solomon«), zum Konzerthaus Wien (Bachkantaten) sowie in die Konzertsäle von München, Berlin, Dresden, Moskau und Bilbao mit den Passionen von Bach.
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Der Chor des Bach-Vereins Köln, 1931 gegründet, wurde in seiner über 80-jährigen Geschichte von namhaften Dirigenten geprägt. Das Repertoire umfasst neben dem kompositorischen Œuvre Bachs auch Werke des 20. und 21. Jahrhunderts von Komponisten wie Christophe Looten, Benjamin Britten und Arvo Pärt. Zahlreiche Gastauftritte führten die Sängerinnen und Sänger u. a. nach Salz-burg, Halle (Saale), Berlin, Leipzig, Frankreich, Polen und Israel. Auch in der Kölner Philharmonie ist das Ensemble häufig zu erleben. So war es u. a. 2012 an Gustav Mahlers 2. Sinfonie und 2014 in Arnold Schönbergs »Gurre-Lieder« beteiligt. Seit 2002 leitet Thomas Neuhoff das Ensemble. Der studierte Kirchenmusiker hat sich in der rheinischen Musikszene vor allem durch zahlreiche Erstaufführungen und eine stilistisch weite Bandbreite profiliert.
Der Kölner Domchor wurde 1863 gegründet und ist der älteste Chor im Ensemble der Dommusik. 2013 feierte er sein 150-jähriges Jubilä-um; 2014 folgte das 25-jährige Bestehen des Mädchenchores. Beide Chöre sind für die musikalische Gestaltung der Kapitels- und Pontifikal-ämter in der Kölner Kathedrale verantwortlich. Darüber hinaus sind die Ensembles einzeln und auch gemeinsam in Konzerten im Dom wie auch im In- und Ausland zu hören. Dazu übernehmen die Knaben und Mädchen häufig den Kinderstimmen-Chorpart in Oratorien, Sinfonien und Opern und arbeiten u. a. mit der Kölner Philharmonie und der Oper Köln, dem WDR sowie mit Chören und Orchestern der Region zusammen. Konzertreisen führten den Kölner Domchor in viele euro-päische Länder sowie in die USA, nach Kanada, Mexiko und Israel. Prof. Eberhard Metternich leitet das Ensemble. Er studierte u. a. in Wien und Stockholm bei Eric Ericson und baut die Dommusik seit seiner Ernennung zum Domkapellmeister 1987 kontinuierlich aus. Die Leitung des Mädchenchores obliegt Oliver Sperling.
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Der Dirigent, Chorleiter und Pädagoge Helmuth Rilling hat sich durch seine intensive Beschäftigung mit dem Werk Johann Sebastian Bachs international einen Namen gemacht. 1954 gründete er die Gächinger Kantorei; 1965 kam das Bach-Collegium Stuttgart als instrumentaler Partner dazu. Mit seinen Ensembles hat Helmuth Rilling international zahlreiche Konzerte gegeben und ist ein ge-fragter Gastdirigent bei führenden Orchestern in aller Welt, darunter die Wiener Philharmoniker, das New York Philharmonic, das japani-sche NHK Symphony Orchestra und andere namhafte Klangkörper. Eine besondere Freundschaft verbindet ihn seit über dreißig Jahren mit dem Israel Philharmonic Orchestra, das er in über 100 Konzer-ten dirigierte. 1970 gehörte Helmuth Rilling zu den Mitbegründern des Oregon Bach Festivals, das sich unter seiner künstlerischen Leitung zu einem der profiliertesten Musikfestivals in den USA entwickelt hat. Seine 1981 von ihm gegründete »Internationale Bachakademie Stuttgart« bringt junge Menschen aus aller Welt zu-sammen und bildet einen zentralen Bestandteil der Arbeit Helmuth Rillings, die mit intensiven Workshops und Arbeitsphasen an Univer-sitäten und Hochschulen verbunden ist. Unzählige CD-Aufnahmen spiegeln seine umfangreiche musikalische Arbeit wider. Als erster Dirigent spielte Helmuth Rilling sämtliche Kantaten Johann Sebastian Bachs ein; zum Bach-Jahr 2000 wurde unter sei ner künstlerischen Leitung mit der EDITION BACHAKADEMIE die Gesamtaufnahme des Bach’schen Werkes auf 172 CDs veröffentlicht. Rillings jüngste Aufnahme, Honeggers »Jeanne d’Arc«, erschien 2014. Für sein vielfältiges Engagement wurde er u. a. mit dem Internationalen UNESCO Musikpreis, dem renommierten Herbert-von-Karajan- Musikpreis des Festspielhauses Baden-Baden und dem ECHO Klassik für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
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»GO live!« Auch für das heutige Konzert bieten wir Ihnen mit »GO live!« die schnellste CD der Welt an: Nehmen Sie Ihren eigenen privaten Konzert-Livemitschnitt direkt im Anschluss an das ge hörte Konzert an unserem »GO live!«-Stand im Foyer der Phil-harmonie mit:
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Wenn Sie nach dem Konzert nicht warten möchten, können Sie vor dem Konzert und in der Pause die »GO live!«-CD am Stand bestellen. Sie erhalten sie dann in Kürze mit der Post. Falls Sie erst nach dem Konzert von diesem Lieferservice Gebrauch machen möchten, wenden Sie sich bitte an die Mitarbeiterinnen an der Programm heft-Theke neben dem Eingang.
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vorschau
Alban Berg Drei Sätze aus »Lyrische Suite« für Streichorchesterbearbeitet vom KomponistenGustav Mahler »Lieder eines fahrenden Gesellen« für Tenor und OrchesterFranz Schubert Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 »Große C-Dur-Sinfonie«
Christoph Prégardien TenorGürzenich-Orchester KölnLahav Shani Dirigent
sinfoniekonzert09Sonntag, 12. Apr 15, 11 UhrMontag, 13. Apr 15, 20 Uhr
Dienstag, 14. Apr 15, 20 UhrKölner Philharmonie
Konzerteinführung
So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhrmit Michael Kube
François Devienne Quartett C-Dur op. 73/1 für Fagott und StreichtrioJohann Evangelist Brandl Quintett F-Dur op. 13 für Fagott, Klavier und StreichtrioZoltán Kodály Duo op. 7 für Violine und VioloncelloHenri Dutilleux »Sarabande et Cortège« für Fagott und KlavierWolfgang Amadeus Mozart Klavierquartett Es-Dur KV 493für Klavier und Streichtrio
Rainer Schottstädt Fagott Ursula Maria Berg Violine Martina Horejsi-Kiefer Viola Bonian Tian Violoncello Burkhard Bastuck Klavier
kammerkonzert05 Samstag, 18. Apr 15, 15 Uhr
Podium der Kölner Philharmonie
Konzerteinführung um 14 Uhrmit Peter Tonger
orchesterbesetzung
I. VIOLINEN Orchester 1: Alejandro Rutkauskas, Alvaro Palmen, Rose Kaufmann, Demetrius Polyzoides
Orchester 2: Jordan Ofiesh, Dylan Naylor, Andreas Bauer, Elisabeth Polyzoides
II. VIOLINEN Orchester 1: Hibiki Oshima, Cornelie Bodamer-Cahen, Marek Malinowski, Friederike Zumach
Orchester 2: Christoph Rombusch, Martin Richter, Susanne Lang, Nathalie Streichardt
BRATSCHEN Orchester 1: Florian Peelman, Antje Kaufmann, Annegret Klingel
Orchester 2: Susanne Duven, Gerhard Dierig, Eva-Maria Wilms
VIOLONCELLI Orchester 1: Ulrike Schäfer, Georg Heimbach
Orchester 2: Oliver Wenhold, Katharina Apel-Hülshoff
KONTRABäSSE Orchester 1: Johannes Seidl
Orchester 2: Konstantin Krell
FLöTEN Orchester 1: Alja Velkaverh, Christiane Menke
Orchester 2: Freerk Zeijl, André Sebald
OBOEN Orchester 1: Thomas Herzog, Thomas Hecker
Orchester 2: Svetlin Doytchinov, Lena Schuhknecht
VIOLA DA GAMBA Heike Johanna Lindner*
ORGEL Roderick Shaw*
* Gast
Stand: 26. März 2015
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florakonzert02Sonntag, 10. Mai 15, 11 Uhr
Flora Köln
vivaldi und der tangoAstor Piazzolla »Adiós Nonino« für Streichquartett, Akkordeon, Flöte, Gitarre und KontrabassAntonio Vivaldi »Vedró con mio diletto« aus der Oper »Il Giustino« für Streichquintett und AkkordeonAstor Piazzolla »Five Tango Sensations« für Streichquartett und AkkordeonAstor Piazzolla »Histoire du Tango« für Flöte und GitarreAntonio Vivaldi »Io son quel gelsomino« aus der Oper »Arsilda, Regina di Ponto« für Streichquintett und AkkordeonAstor Piazzolla »Oblivion« für Streichquartett, Akkordeon, Flöte, Gitarre und KontrabassAstor Piazzolla »Libertango« für Streichquartett, Akkordeon, Flöte, Gitarre und Kontrabass
Alja Velkaverh Flöte Alvaro Palmen, Dylan Naylor Violine Martina Horejsi-Kiefer Viola Bonian Tian Violoncello Henning Rasche Kontrabass Christian Kiefer Gitarre Andreas Trenk Akkordeon
vorschau
sinfoniekonzert10Sonntag, 17. Mai 15, 11 UhrMontag, 18. Mai 15, 20 Uhr
Dienstag, 19. Mai 15, 20 UhrKölner Philharmonie
Konzerteinführung So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhr
mit Holger Noltze
sinfoniekonzert11Sonntag, 07. Jun 15, 11 UhrMontag, 08. Jun 15, 20 Uhr
Dienstag, 09. Jun 15, 20 UhrKölner Philharmonie
Konzerteinführung So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhr
mit Schülern
Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36Bernd Alois Zimmermann Konzert für Violine und großes OrchesterLudwig van Beethoven Sinfonie Nr. 8 F-Dur op. 93
Leila Josefowicz Violine Gürzenich-Orchester KölnJames Gaffigan Dirigent
Sergej Prokofjew Sinfonisches Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 125Jean Sibelius Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 43
Daniel Müller-Schott Violoncello Gürzenich-Orchester KölnDmitrij Kitajenko Dirigent
Werke für 4 bis 12 Violoncelli vonRichard Wagner, Georges Bizet, Johann Strauß, Dongqing Fang, Julius Klengel, David Popper u. a.
Cello-Gruppe des Gürzenich-Orchesters
kammerkonzert06 Samstag, 30. Mai 15, 15 Uhr
Podium der Kölner Philharmonie
Konzerteinführung um 14 Uhrmit Peter Tonger
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sinfoniekonzert12Sonntag, 21. Jun 15, 11 UhrMontag, 22. Jun 15, 20 Uhr
Dienstag, 23. Jun 15, 20 UhrKölner Philharmonie
Konzerteinführung So 10 Uhr, Mo u. Di 19 Uhr
mit Friederike Holm
Bedrich Smetana »Die Moldau« aus »Mein Vaterland« – Zyklus sinfonischer Dichtungen für OrchesterBruno Hartl »Concerto for Percussion« op. 23Antonín Dvorák Sinfonie Nr. 8 G-Dur op. 88
Martin Grubinger Percussion Gürzenich-Orchester KölnSanttu-Matias Rouvali Dirigent
Karten erhalten Sie bei der Gürzenich-Orchester-Hotline: Tel (0221) 280 282, beim Kartenservice der Bühnen Köln in den Opernpassagen, im Internet unter: www.guerzenich-orchester.de sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen.
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Das Gürzenich-Orchester Köln dankt Lufthansa und den Kuratoren der Concert-Gesellschaft Köln e.V. für ihr kulturelles Engagement und ihre großzügige Unterstützung:
Ehrenmitglieder des Kuratoriums:Jürgen Roters Oberbürgermeister der Stadt Köln
Dr. h.c. Fritz Schramma Oberbürgermeister der Stadt Köln a.D.
Kuratoren:Bechtle GmbH IT Systemhaus, Waldemar Zgrzebski
Ebner Stolz Partnerschaft mbB Wirtschaftsprüfer Rechtsanwälte Steuerberater, Dr. Werner Holzmayer
Excelsior Hotel Ernst AG Henning Matthiesen
GALERIA Kaufhof GmbH Ass. jur. Ulrich Köster
Generali Investments Deutschland Kapitalanlagegesellschaft mbH, Dr. Ulrich Kauffmann
HANSA-REVISION Schubert & Coll. GmbH Wirtschafts prüfungs- und Steuerberatungs gesellschaft,
Dipl.-Kfm. Bernd Schubert
ifp Personalberatung und Managementdiagnostik, Jörg Will
Kirberg GmbH Catering Fine Food Jutta Kirberg
Kölner Bank eG Bruno Hollweger
Koelnmesse GmbH Gerald Böse
Kreissparkasse Köln Alexander Wüerst
Gerd Lützeler Dipl.-Kaufmann – Wirtschafts prüfer – Steuerberater
Sal. Oppenheim jr. & Cie. AG & Co. KGaA Dr. Wolfgang Leoni
Privatbrauerei Gaffel Becker & Co. OHG Heinrich Becker
ROLEX Deutschland GmbH Peter Streit
TÜV Rheinland AG Prof. Dr. Bruno O. Braun
Alexander Reischert, 1965 in Köln geboren, arbeitet als Redakteur, Rezensent und Autor für Fach-magazine, Musikverlage, CD-Labels, Konzerthäuser und Ensembles. 2001 publizierte er das »Kompen-dium der musikalischen Sujets«, 2011 gehörte er zu den Mitbegründern von www.musikschulwelt.de.
IMPRESSUM Herausgeber Gürzenich-Orchester Köln, Geschäftsführender Direktor Patrick Schmeing Redaktion Johannes Wunderlich (verantwortlich), Ben Duven Textnachweis Die Texte von Alexander Reischert sind Originalbeiträge für dieses Heft Bildnachweis Titel: Roland Mühlanger, S. 15, 38: Michael Latz, S. 34 li.: Theodora Richter, S. 35 re.: Michael Poehn, S. 36 re.: Rut Sigurdardóttir, S. 37: Bach-Verein Köln, Gestaltung, Satz parole gesellschaft für kommunika tion mbH Druck Köllen Druck + Verlag GmbHWir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Euro 2,-
Karfreitag, 03. Apr 15CD 1
Alle Urheber- und Leistungsschutz-rechte vorbehalten. Kein Verleih!Keine unerlaubte Vervielfältigung,Vermietung, Aufführung, Sendung!
Helmuth Rilling Dirigent Gürzenich-Orchester Köln
Karfreitag, 03. Apr 15CD 2
Alle Urheber- und Leistungsschutz-rechte vorbehalten. Kein Verleih!Keine unerlaubte Vervielfältigung,Vermietung, Aufführung, Sendung!
Helmuth Rilling Dirigent Gürzenich-Orchester Köln
Johann Sebastian Bach »Matthäuspassion« (Passio secundum Matthaeum) BWV 244 Erster Teil
Johann Sebastian Bach »Matthäuspassion« (Passio secundum Matthaeum) BWV 244 Zweiter Teil
matthäuspassion
matthäuspassion