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Page 1: Max Hirsch: Rheumatologe und Badearzt. Ein jüdisches Schicksal

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on Wolfgang Keitel und Leif Olsonie Autoren legen in einem nobelestalteten und gut lesbaren Buchinen sachlich gehaltenen Bericht derebensgeschichte und des Leidenswe-es des jüdischen Arztes Dr. med. Maxirsch vor. Eines Kollegen, der nahezuergessen war.abei kann Max Hirsch als Spiritusector gelten, der die Bildung der,Deutschen Sektion des Internatio-alen Komitees zur Erforschung undehandlung des Rheumatismus‘‘ undamit die internationale Anerkennunger Arbeit der deutschen Wissen-chaftler mit viel Engagement betriebnd letzten Endes anlässlich der Ta-ung 1927 in Schreiberhau (Slarskaoreba, Polen) erreichte.iese Sektion war die Keimzelle derpäteren Deutschen Gesellschaft fürheumatologie.ls erster, gewählter Sekretär der Ge-ellschaft war damit Max Hirsch einer,enn nicht der Gründer der DGRh.is dahin war es jedoch ein weitereg. In mühevoller Kleinarbeit setz-

en die Autoren wie in einem Puzzle,ie schwer zu ermittelnden Datenieser ereignis- und erfolgreichen,ber beschämend und tragisch enden-en Lebensgeschichte zusammen.eboren wurde Max Hirsch am8.April1875 in Blütenau (Kwiecis-ewo) in der Provinz Posen. Keitel hatiesen Ort in unserer Tagen besuchtnd macht die dörflichen Verhältnissen seiner freundlich-romantischer Artrlebbar. - Nach dem Abitur, das Maxirsch wahrscheinlich an dem Gymna-ium der Kreisstadt Mogilno ablegte,tudierte er von 1895 bis 1900 an derniversität in Berlin Medizin. Bereits900 reichte er seine Dissertation,Zur Casuistik des Scharlach‘‘ an deradischen Albert Ludwigs-Universität

n Freiburg i. Br. ein. Warum dort? Dasird von den Autoren erörtert, bleibt

ber unklar.eine berufliche Tätigkeit begann Maxirsch in Erkelenz, Rhld., als ,,Practrzt‘‘. Doch bald wendete er sich

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der Kurortwissenschaft und speziellder Balneologie zu. Er ließ sich 1905in einem der ältesten Heilbäder, inBad Kudova nieder, wo er sich nebenseiner kurärztlichen Tätigkeit auchals Wissenschaftler und Historikerbetätigte. — Dabei schien ihm sehrzu missfallen, dass man über dieTätigkeit seiner Fachkollegen gernschrieb: ,,Die meisten Badeärzte fan-den es ganz natürlich, im Kurpark imSchatten eines Baumes ihre Klien-tel zu beraten‘‘ und ,,Der Badearztmüsse etwas vom Schäferhund an sichhaben, um seine Schutzbefohlenenjederzeit im Auge zu haben.‘‘Kurz vor dem großen Krieg verlegt er1912 seine Wirkungsstätte nach BadSalzschlirf und übernahm dort dieLeitung des sogen. Zanderinstitutes.Auf dem ersten Nachkriegskongressder deutschen Balneologen 1920wurde Hirsch Generalsekretär unterdem Vorsitz von Eduard Dietrich.In der Folgezeit leiteten beide dieGeschicke der Balneologischen Gesell-schaft. Für Hirsch begann mit dieserFunktion seine umfangreiche Tätig-keit als Herausgeber und Organisatorverschiedener Periodika sowie zahlrei-cher Kongresse und Symposien. Wennman die ausführlichen Schilderungender Autoren liest, fragt man sich, wiedas Hirsch ohne ein eigenes Büro,ohne Hilfen, ohne Computer geschaffthat. Er muss nach unserer Nomenkla-tur ein ,,workoholic‘‘ gewesen sein.Wichtig für die weitere Verknüpfun-gen der Balneologie mit der inter-nationalen Gesellschaft war dieAufnahme der Deutschen alsgleichberechtigte Mitglieder.Höhepunkt waren sicher die Er-gebnisse der Tagung 1927 inSchreiberhau.In den nächsten Kapiteln beschreibendie Autoren knapp, aber prägnant dieumfangreiche wissenschaftliche und

organisatorische Arbeit der Jahre bis1933.Mit den politischen Umwälzungendieses Jahres kam der Bruch.

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LITERATUR UNDREZENSIONEN

Hirsch wurde im Rahmen der anti-semitischen Politik der Nationalso-zialisten aus allen Ämtern und ausSchriftleitungen entlassen.Nicht nur der berufliche, auch einpersönlicher Leidensweg begann.Ausreise aus Deutschland über dieSchweiz, die der Familie Max Hirschmit Frau und 2 Söhnen kein Aufent-haltsrecht gewährte und Weiterreisenach Moskau. Von dort wurde dieFamilie im Rahmen stalinistischerSäuberungsaktionen als ,,ausländischeJuden‘‘ auch bald wieder ausgewie-sen. In Riga fanden die Gejagten einekurze Zeit etwas Ruhe, ehe sie durchden Einmarsch der deutschen Armeenin neue Bedrängnis kommen.Es ist berührend, wenn man einenletzten erhaltenen Brief liest, denMax Hirsch an seinen Enkel schrieb,der mit seinen Eltern in Schwedenin Sicherheit war. - Und dann findetman eine Aktennotiz ,,Mit unbekann-ten Ziel verzogen!‘‘ - Wenige Seitenweiter berichten die Autoren, dassin dieser Zeit innerhalb von weni-gen Tagen alle 28.000 Juden Rigaserschossen wurden.Ein Buch, das man mit innerer Bewe-gung aus der Hand legt, das man aberzur Erinnerung immer einmal wiedernehmen und lesen sollte, über einenMann, der sich immer als Deutschergefühlt hat, für die Medizin und diedeutsche Rheumatologie speziell vielgeleistet hat und den man deshalbnicht vergessen sollte.

Geidel (Dresden)

Max Hirsch: Rheumatologe undBadearzt. Ein jüdisches SchicksalVon Wolfgang Keitel und Leif Olson

Gebundene Ausgabe: 160 Seiten,12,80 DVerlag: Stekovics; Auflage:1 (3. September 2013)ISBN-10: 3899233123ISBN-13: 978-3899233124

rtbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ).doi.org/10.1016/j.zefq.2013.10.027

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