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Page 1: Meinung Hintergrund 25. 2016 - Rhetorikarhetorika-dg.be/wp-content/uploads/2016/05/... · Rhetorika: Finalisten bereit für Generalprobe Langsam wird es ernst Die Finalisten der Rhetorika

Romeo, Walburga

NAMENSTAG E

„Misstrauen ist eine schlechte Rüs-tung, die mehr hindern als schir-men kann.“

George Gordon Noel Byron,Dichter

SPRUC H ZUM TAG

Donnerstag, 25. Februar 201656. Tag des Jahres, 310 folgen.

1992In der Region Bergkarabach werdenim Massaker von Chodschali min-destens 200 aserbaidschanische Zi-vilisten von armenischen Truppenermordet.

1986Der philippinische Präsident Ferdi-nand Marcos flieht nach der friedli-chen EDSA-Revolution ins Ausland.Corazon Aquino wird mit Unterstüt-zung von Armeechef Fidel RamosPräsidentin der Philippinen.

1972Die deutsche Bundesregierung be-endet durch Zahlung eines Lösegel-des von fünf Millionen US-Dollar dieFlugzeugentführung eines Jumbo-Jets durch arabische Terroristennach Aden (Südjemen).

KALEND ERB LATT

Lage in Libyenmuss größeresThema werdenDer linksliberale britische „Gu-ardian“ fordert eine verstärkteöffentliche Debatte über denKampf gegen die Terrormiliz Is-lamischer Staat (IS) in Libyen:Die Amerikaner sagen, dieLuftangriffe von vergangenemFreitag seien nicht der Beginneines neuen internationalenLuftwaffeneinsatzes gewesen.Aber das ist vielleicht nur eineFrage der Zeit. Es gibt keinenZweifel daran, dass man ver-hindern muss, dass Libyen einSprungbrett für den IS wird.Die Konsequenzen für die ge-samte Region und für Europawären verheerend - nicht zu-letzt, weil Libyen bis jetzt einwichtiges Durchgangsland fürFlüchtlinge und Migranten ist.Aber die Aussicht auf einenneuen „Krieg gegen den Ter-

ror“ in diesem Teil Afrikas ver-dient mit Sicherheit eine grö-ßere öffentliche Debatte, als esderzeit der Fall ist.

Plan für syrischeWaffenruhe vageZu der geplanten Waffenruhein Syrien schreibt „Der Stan-dard“ in Wien: Die „Einstel-lung der Feindseligkeiten“ istprovisorisch, gilt nicht überall,und auch nicht alle, die sichvorher dazu bekennen, wer-den sich daran halten. Die Ab-machungen sind vage, Umset-zungsmechanismen fehlenbeinahe völlig, das Verhältnisder Sponsoren des Plans, USAund Russland, ist prekär. Unddennoch ist diese Waffenruhebedeutend: Das Mantra, dasses für Syrien keine militäri-sche Lösung gebe, mündet inkonkrete Schritte am Boden.

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2 Meinung · Hintergrund GrenzEchoDonnerstag, 25. Februar 2016

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Jeder lässt sich durch Sprachelenken - das haben gute wiegrausame Menschenverführerschon immer erkannt. Sprach-regelungen haben das Ziel, dieDeutungshoheit über Gedan-ken zu erlangen. Das heißt, dieBegriffe, mit denen man dieWelt erklärt bekommt, formenunsere Wahrnehmung. Unse-re Art die Wirklichkeit zu se-hen und zu verstehen, istdurch unsere sprachliche Sozi-alisation maßgeblich geformt.

Wo das enden kann, zeigtedie Geschichte nach Meinungdes SprachwissenschaftlersSiegfried Bork, als die Nazis1933 „auch die Machtübernah-me über die Sprache“ versuch-ten. In dem Buch „Missbrauchder Sprache“ schrieb Bork:„Das freie Wort, die freie Spra-che sollte in den Dienst desGrößenwahns und der Ver-nichtung gestellt werden.“

Bork wertete nicht nur Hit-lers „Mein Kampf“ aus, son-dern untersuchte unzähligeamtliche Schriftstücke, wie die„Tagesparolen des Reichspres-sechefs“, etliche Reden vonNazi-Funktionären und natür-lich hunderte Artikel dergleichgeschalteten Presse.

Seine Arbeit verstand Borkdabei weniger als eine Formder Vergangenheitsbewälti-gung, sondern als „Warnungfür die Zukunft“. Und tatsäch-lich: Borks Forschungen überNazi-Sprache liegen mittler-weile fast 40 Jahre zurück,sind aber heute wieder er-schreckend aktuell. In einerUntersuchung der StanfordUniversität in Kalifornienwurde etwa nachgewiesen, wieder rechtsextreme PopulistJean-Marie Le Pen und seineTochter Marine einen Sprach-stil entwickelten, der Gewaltund Verrohung propagiere,dabei aber immer gerade soan der Grenze zur rechtlichenBelangbarkeit funktioniere.Mehr als 500 Texte wurden

ausgewertet, darunter schrift-liche Erklärungen und Redenaus den Jahren 1987 bis 2013.

Eine ihrer Manipulations-strategien sei beispielsweisedie Umdeutung von Begriffen.Die „jahrzehntelange Dema-gogie des Front National“ ha-be dazu geführt, dass ein Be-griff wie „Banlieue“ eine Ge-dankenkette auslöst: „Banlie-ue - Jugendliche - Migranten -Muslime - radikale Muslime“.Die „Vorstadt“ wurde zumSchlagwort, das immer wiederin den Zusammenhang mitKriminalität und Aufruhr, Ra-dikalisierung und Rechtsfrei-heit gestellt wurde. Heute ist„Banlieue“ für niemandenmehr ein neutraler Begriff.

„Nicht durch Redenwerden die großen Fragender Zeit entschieden,sondern durch Eisen undBlut.“

Diese Art der stark vereinfa-chenden Kombination von In-formationen ist ein Mechanis-mus, der das Denken über ei-nen Sachverhalt nachhaltigprägen kann. Der in Belgienfür Asyl zuständige Staatsse-kretär Theo Francken (N-VA)wendet diese Methode syste-matisch an. Zuletzt als er aufdie mutmaßliche Vergewalti-gung einer ehrenamtlichenHelferin in Flandern durch ei-nen Flüchtling mit den Wor-ten reagierte: „Der Asylkrise

muss, so schnell es geht, einEnde gesetzt werden.“

Auf diese Weise stellt er dieunbestritten riesige globaleHerausforderung in der aktu-ellen Situation neben eine ein-zelne Straftat und konstruierteinen kausalen Zusammen-hang. Im Sinne von: Wenn wirdie „Asylkrise“ beenden, wer-den weniger Frauen vergewal-tigt. Die Kombination von„Flüchtling“ oder „fremd“ mit„Verbrechen“ gehört zu denwirkungsvollen Klassikern imRepertoire von Populisten -dagegen finden die regelmäßi-gen Gegendarstellungen vonPolizei und Justiz auf der Basisvon Kriminalitätsstatistikenweitaus weniger Nachhall.

Ein noch ganz anderes Ni-veau der sprachlichen Verro-hung zeigt sich mittlerweilebei Pegida-Anhängern inDeutschland und bei Mitglie-dern der rechtspopulistischenPartei Alternative für Deutsch-land (AfD). Ganz offen wirdvon AfD-Mitgliedern einesprachliche und ideologischeNähe zum nationalsozialisti-schen Weltbild hergestellt.

So zitierte Alexander Gau-land, stellvertretender AfD-Vorsitzender, den preußischenReichskanzler Bismarck mitden Worten: „Nicht durch Re-den werden die großen Fragender Zeit entschieden, sonderndurch Eisen und Blut.“ Wohl-wissend, dass „Eisen“- und„Blut“-Metaphern den Nazisvon Anfang an als sprachlicheVorbereitung für die Bereit-schaft zur Gewalt dienten.

Auch das Verunglimpfen desRedens als intellektuelle, ja de-mokratische Zeitverschwen-dung, die Bevorzugung der Tatvor der geistigen Auseinan-dersetzung, lässt sich laut Sig-fried Borks Forschungsarbeiteindeutig der Nazi-Sprache zu-ordnen: „Intelligenz sollte mitnegativen Gefühlen belegt, dieGebildeten der breiten Bevöl-kerung suspekt gemacht wer-den.“

Die Pegida-Aktivistin Tatja-na Festerling aus Dresden hates zusätzlich geschafft, mit derpermanenten Verwendungdes Begriffs „Invasoren“ dieFlüchtlingsthematik in denKontext einer Landesverteidi-gung im Kriegsfall zu setzen.Durch den Terminus „Invasor“wird allgemein „der Einfallen-de“ oder „der Eroberer“ ver-standen. Zusätzlich nutzt Fes-terling das Adjektiv „skrupel-los“. Durch diese Manipulati-onsstrategie findet einerseitseine Selbstaufwertung (sichim Kampf befinden) statt, an-dererseits wird dem einzelnenFlüchtling seine Menschlich-keit abgesprochen - hinter „In-vasor“ steht ein Feind, der ver-nichten will und deswegenvernichtet werden muss.

Das ist verbale Abhärtung inreinster Form. Die Geschichtehat gezeigt, wie klein derSchritt zur echten Brutalitätnur noch ist. Und die gestiege-ne Zahl von Angriffen gegenFlüchtlinge und Flüchtlings-unterkünfte zeigt, wie „dasWort als Waffe“ Wirkung zeigt.Wieder.

Debatte: Nazi-Sprache wird salonfähig ‒ „Gewalt und Verrohung wird propagiert“

VON LUTZ BERNHARDT

So wird das Wort zur WaffePopulistische Parteien sindin Europa auf dem Vor-marsch. Sie punkten miteinfachen Antworten aufdie komplexen Fragen zurFlüchtlingskrise. Ganz ge-zielt manipulieren sie mitihrer Sprache das Denkenvieler Bürger. Auch die Ver-wendung von Nazi-Spra-che stellt kein Tabu mehrdar.

Für Pegida-Aktivistin Tatjana Festerling sind Flüchtlinge „skrupellose Invasoren“.Foto: dpa

Für die Finalisten des Redner-wettstreits der DG für Abituri-enten, der Rhetorika, geht esin die heiße Phase: Am letztenWochenende stand bereits daszweitägige Hauptseminar aufdem Programm, bei dem denSchülern ein intensives undindividuelles Coaching zu Gu-te kam.

Geleitet wurde das Seminarvon Jessica Frembgen und Pe-ter Engels, die diese Aufgabeseit letztem Jahr wahrneh-men. Wie strukturiere ich mei-ne Rede, wie argumentiere ich,worauf kommt es an – all die-se Punkte wurden den Abituri-enten nähergebracht. Dort, imKino Scala, steht am 5. Märzum 19.30 Uhr das große Finaleder 20. Ausgabe an, die gleich-zeitig das 20-jährige Jubiläum

des Wettbewerbs bedeutet.Organisiert wird die Veran-

staltung seit 2009 von Jukutu,dem Jugenddienst der Christli-chen Krankenkasse. Das Teambesteht in diesem Jahr ausMartine Engels, Caroline Ha-gelstein, Anne-Marie Jouck,Alice Weber, Oliver Krings, Se-bastian Löfgen und Peter Ohn.Für die Abiturienten geht esvor dem Finale noch zur Ge-neralprobe ins BRF Funkhaus,bei der sie nochmals ein indi-viduelles Feedback von einemausgewählten Publikum be-kommen. Für das Finale kom-mende Woche können übri-gens ab sofort Karten onlineauf www.kinoscala.com reser-viert werden. Der Eintritt istwie immer frei, Einlass ist ab18.30 Uhr. (red)

Rhetorika: Finalisten bereit für Generalprobe

Langsam wird es ernst

Die Finalisten der Rhetorika 2016: Nadja Aldendorff,Julie Dandois, Nicolas Herbrand, Lara Bongartz, GaryJost, Levin de Bie, Anne-Sophie Pelegrin und ChristophHaas. Foto: Jukutu

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