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Kooperationsprojekt zwischen Schule und Jugendhilfe
Konzept zu
unserer
Schulbesuchshündin
Milo
am
Privaten Sonderpädagogischen
Förderzentrum Hof
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Gliederung 1. Einleitung
2. Zu meiner eigenen Person
3. Grundlagen für den Einsatz eines Schulbesuchshundes
3a) Definition
3b) Vorgaben
3c) Voraussetzungen der Schule
3d) Voraussetzungen der Schüler und Schülerinnen
3e) Voraussetzungen des Hundes
3f) Voraussetzungen der hundeführenden Person
4. Zielgruppe
5. Ziele mit Milo
6. Die Wirkung eines Vierbeiners auf die Schüler und Schülerinnen
6a) Lernen
6b) Motivation
6c) Der soziale Bereich
7. Rahmenbedingungen
8. Die Regeln im Umgang mit dem Hund
9. Hygieneplan
10. Umgang mit Allergien / Ängsten / Vorbehalte
11. Dokumentation
12. Evaluation
13. Ansprechpartner
3
1. Einleitung
Ein Schulalltag kann viele Überraschungen mit sich bringen. Schule ist eine
Lern- und Lebensstätte des Kindes, wodurch die Atmosphäre in der
Lerneinrichtung von Harmonie und Zusammenhalt über Herausforderungen
und Konflikte geprägt werden kann.
In meiner Tätigkeit als Sozialpädagogin am Lernort „SCHULE“ werde ich aber
immer öfters mit schwerwiegenden Themen der Kinder und Jugendlichen
konfrontiert1:
unterschiedlichste Formen von Gewalt (Mobbing, Missbrauch)
Konflikte in der eigenen Familie, im Freundeskreis, mit sich selbst
Psychische Auffälligkeiten bei Heranwachsenden
(selbstverletzendes Verhalten, depressives Rückzugsverhalten, suizidales
Verhalten)
Schulverweigerung
Schwierigkeiten in der Persönlichkeitsentwicklung
(geringes Selbstbewusstsein)
Kummer / Sorgen und Ängste
familiäre, komplexe Thematiken wie die Auseinandersetzung mit
Trennung und Scheidung der Eltern
…
Die Bedrüfnisse der Kinder sind komplex und kompliziert. Obwohl die
Fachkräfte verschiedenste professionelle Kompetenzen besitzen um
anstehende Aufgaben zu meistern, kann es vereinzelt passieren, dass man
auch an die eigenen beruflichen Grenzen stößt.
Es ist häufig sinnvoll, sich Hilfe zu holen, sich beraten zu lassen und sogar um
persönliche Unterstützung von externen Fachkräften zu bitten.
Mittlerweile gibt es immer mehr Erfahrungsberichte von Schulen oder sozialen
Einrichtungen, dass der Einsatz von Tieren im sozialen Arbeitsfeld viele positive
Effekte auf uns Menschen bewirken kann. Mit tierischer Hilfe und Unterstützung
kann gewissen Defiziten entgegengewirkt werden. Man spricht hier von
tiergestützter Intervention. 1
4
Als Jugendsozialarbeiterin am Privaten Sonderpädagogischen Förderzentrum
in Hof bin ich vom tiergestützten Einsatz sehr überzeugt.
Ich bilde mich nebenberuflich seit August 2015 in einer Schweizerischen
Akademie zur Fachkraft tiergestützter Interventionen fort. Gemeinsam mit
meiner vierpfotigen Hundebegleiterin „Milo“ (Continental Bulldog) möchte
ich versuchen, den bereits genannten Situationen in der Schule entgegen zu
steuern.
Ich möchte Sie nun in meinem Konzept über das Kooperationsprojekt
zwischen Schule und Jugendhilfe „Unser Schulbesuchshund Milo“ informieren.
2. Zu meiner eigenen Person
Bevor wir thematisch in das Thema des Tierangebotes einsteigen, möchte ich
Ihnen kurz das WARUM meiner weiterführenden Ausbildung erklären.
Im sozialen Bereich tätig zu sein, bedeutet im Umgang mit Menschen und
deren Anliegen flexibel, einfühlsam und sorgfältig zu sein. Die Problematik der
Einzelfälle, mit der man sich als Sozialarbeiter beschäftigt, kann sehr
verflochten sein. Deshalb ist es als Sozialpädagoge sehr wichtig, sich im
beruflichen Werdegang einen zusätzlichen Schwerpunkt der eigenen
Professionalität zu setzen. Es gibt zum Beispiel informationsreiche und
zeitintensive Zusatzausbildungen zum Familientrainer, Erlebnispädagogen
oder systemischen Familienberater.
Nach meinem Studium habe ich mich sehr häufig mit meinem eigenen
Schwerpunkt auseinandergesetzt. Nach längerem Recherchieren habe ich
mein selbstfinanziertes Fernstudium zu kurativen Tierberufen an der Akademie
für Tiernaturheilkunde (ATN) gefunden. Ich selbst bin eine große
Tierliebhaberin. Für mich und meinen erfolgreichen, beruflichen Werdegang
ist es essentiell, mein Hobby und zugleich die Liebe zu Tieren im Beruf
miteinzubinden. Seit mehreren Monaten hinweg beschäftige ich mich mit
Skripten, Hausarbeiten und Internetrecherche zu Folgendem:
wissenschaftliche Grundlagen der Sozialen Arbeit für tiergestützte
Pädagogik
naturwissenschaftliche Grundlagen zum Verhalten der Tiere (Katze,
Hund, Pferd)
5
Sportarten mit Hund und
Inhalte über die Mensch-Tier-Interaktion (Kommunikation, Umgang mit
dem Tier, Tierschutzgesetz).
Ziel meines Fernlehrgangs ist es, ein informationsreiches, theoretisches Wissen
über die
Psychologie des Tieres
die kontrollierte Beziehungsgestaltung zwischen Mensch und Tier und
Kenntnisse über die arteigenen Bedürfnisse, Haltungs- und
Umgangsanforderungen2 zu erhalten,
um signifikante, praktische Maßnahmen für Schüler und Schülerinnen
anbieten zu können.
3. Grundlagen für den Einsatz eines
Schulbesuchshundes
3a) Definition
Zu Beginn ist es sehr wichtig, die Begrifflichkeiten zu den Einsatzmöglichkeiten
eines Hundes in einer Bildungseinrichtung zu erklären. Zwischen einem
Schulbesuchshund und einem Schulhund sind starke Unterschiedlichkeiten zu
beachten.
Der Besuchshund ist weder wie ein Schulhund kontinuierlich im Schulhaus
anzutreffen noch gehört er zum Inventar der Lerneinrichtung.
Wie der Begriff „Besuchstier“ bereits erkennbar zeigt, besucht der vierbeinige
Lernbegleiter die Schüler und Schülerinnen im Schulgebäude für exakt
individuell gestaltete Unterrichtseinheiten oder zu bestimmten festgelegten
Schulstunden/ Tagen.3
2 http://www.atn-ag.de/tiergestuetzte-arbeit/tiergestuetzte-arbeit-ausbildung 3 Beetz, Andrea (2015): Hunde im Schulalltag. Grundlagen und Praxis. München: Ernst
Reinhardt GmbH & Co KG Verlag
6
3b) Vorgaben
Damit eine Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen in der
Bonhoefferschule Hof bedenkenlos erfolgen kann, ist eine fachgerechte
Ausbildung zum Hunde-Mensch-Team vorgeschrieben.
„Ein Schulhund ist nur so gut wie die Lehrkraft, die ihn führt – mit der
Ausbildung der Lehrkraft steht und fällt die Qualität des Schlhund-Einsatzes.“
(Beetz 2015: 29)
In dieser Schulung wird besonders auf artgerechten Umgang mit dem Tier,
das Wesen des Hundes und dessen Verhalten geachtet. Ebenso wird
detailliert auf mögliche Stresssymptome oder auch auf vielfältige Signale der
Körpersprache des Hundes eingegangen.
Das Hund-Mensch-Team legt im Anschluss gemeinsam eine Prüfung ab, die
die Beziehung zwischen Mensch und dem Tier als gefestigt und stabil prüft.4
3c ) Voraussetzungen der Schule
Um reibungslos tiergestützte Interventionen initiieren zu können, ist es
unabdingbar, im Vorfeld weitere schulische Maßnahmen zu treffen.
Unbedingt erforderlich zu diesem Punkt ist die Zustimmung der Schulleitung.
Denn diese hat das Recht, über die häuslichen Gegebenheiten der
Einrichtung zu bestimmen.
Notwendig ist außerdem das Einverständnis des Lehrerkollegiums sowie der
Eltern und der Schülerschaft. Schließlich dürfen Punkte wie Allergien, Ängste,
ungeklärte Fragen oder religiöse Ansichten nicht in Vergessenheit geraten.
Letztlich obliegt es der Schulleitung, die zuständige Regierung, betreffend
tiergestützter Interventionen im Schulgebäude zu informieren.
4 Freiburger Institut für tiergestützte Therapie
http://www.tiere-begleiten-leben.de/ausbildung-therapiebegleithund-team/dauer-
inhalte-voraussetzungen/
7
3d) Voraussetzungen der Schüler und Schülerinnen
Das Hund-Mensch-Team benötigt wie bereits erwähnt die Einwilligung und
das Interesse der Schülerschaft.
Es ist nämlich wichtig, dass jedes Kind, welches in Kontakt mit dem Hund
treten möchte, die nötige Reife sowie die Fähigkeit besitzt, artgerecht mit
dem Hund nach festgelegten Regeln umzugehen.
Bei einem Einsatz ist es dringend notwendig, den Schulkindern eine gründliche
und ausführliche Vor- und Nachbereitung anzubieten. Hierdurch kann sich
jeder schon einmal gedanklich auf das Tier vorbereiten. Im Anschluss können
dann Verbesserungsmöglichkeiten im Umgang mit dem Hund angesprochen
und für den nächsten Kontakt festgehalten werden.
3e) Voraussetzungen des Hundes
Es stellt sich natürlich die Frage, wie ein Hund beschaffen sein muss, damit er
den Anforderungen in einer Schule entspricht. „Als Schulhund sind heute die
unterschiedlichsten Rassen im Einsatz“ (Beetz, 2015: 25).
Auch Dr. Wohlfahrt (Präsident der ESAAT, Diplom Psychologe) und Herr Olbrich
(ehemaliger Präsident der ISAAT) bestätigen, dass unterschiedlichste Spezies
zur Begleitung von tiergestützten Interventionen herangezogen werden
können. (WOHLFAHRT, OLBRICH 2014: 12)
Ohne Zweifel sollte das Wesen des Begleithundes aber kinderfreundlich, ruhig
und geduldig sein. Von Vorteil ist auch ein Grundinteresse am Menschen.
Außerdem ist eine geringe Aggressionsbereitschaft notwendig. Damit die
Gesundheit aller Mitmenschen im Schulgebäude gesichert ist, muss der Hund
gehorsam, fit und gegenüber Stress weitgehend resistent sein. Ergänzend ist
ein weiterer relevanter Bestandteil der Charaktereigenschaften ein gesundes
Selbstbewusstsein. Ängstliche und unsichere Hunde gefährden den Einsatz
massiv.5
Unsere Schulbesuchshündin der Bonhoefferschule in Hof heißt
5 Beetz, Andrea (2015): Hunde im Schulalltag. Grundlagen und Praxis. München: Ernst
Reinhardt GmbH & Co KG Verlag
8
„Milo“
und stammt aus einer Englischen Bulldoggenzucht einer vierköpfigen Familie
mit kleineren Kindern.
WARUM IST EINE BULLDOGGE DAFÜR GEEIGNET?
Imelda Angehrn, eine bekannte Züchterin (Schweiz) aus der Bulldog-Szene,
hat 2001 eine neue Rasselinie verfeinert, die sich vorzüglich als Familienhund,
Therapiehund, Begleithund oder für das Mantrailing eignet.
„Bullys“ sind liebenswürdig, anschmiegsam, ruhig, unternehmungslustig,
belastbar und fröhlich. Die Rasse ist aufgrund ihrer hohen Lernbereitschaft und
der Liebe zu menschlichem Körperkontakt für die tiergestützte Pädagogik
geeignet. Die Lebewesen sind sportlich und sogar in
Agility (Hundesport) einsetzbar.
Nichtsdestotrotz gibt es auch Charaktereigenschaften,
die respektiert werden sollten. Bulldoggen können
extreme Sturköpfe sein und sie mögen es nicht, wenn
mit ihnen zu streng umgegangen wird.6
Auch auf unsere Milo trifft diese Beschreibung
zu.
Quelle: etsy.com, MundoMeo
3f) Voraussetzungen der hundeführenden Person
Die ausführende Person weist eine anerkannte Berufsausbildung für
pädagogische und therapeutische Arbeit auf. Sie sollte ebenfalls schon in
6 http://www.pickwick-bulldogs.ch/
9
ihrem Beruf praktische Erfahrungen gesammelt haben und eine weitere
qualifizierte Ausbildung für tiergestützte Interventionen nachweisen können.7
Durch ein Zertifikat wird sichergestellt, dass…:
methodisches Handeln (Einarbeiten, Dokumentation, Evaluation,
Reflektieren…) beherrscht wird
die Fachkraft die Wirkung ihrer Arbeit kennt und erklären kann
sie Grundkenntnisse über Tier / Tier – Mensch – Beziehung / Hygiene
verfügt.
Darüber hinaus ist eine Haftpflichtversicherung für den Hund sowie für den
Einsatz im Schulgebäude essentiell. Eine schriftliche Bestätigung empfiehlt sich
in einer eigenen Hundeakte aufzubewahren. So kann jederzeit bei Fragen
darauf zurückgegriffen werden, um Informationen über Milo und deren
Einsätze zu erhalten.
4. Zielgruppe
Der Einsatz des Hundes soll hauptsächlich in meiner Funktion als
Jugendsozialarbeiterin an der Schule förderlich sein.
Meine primäre Aufgabe nach §13 dem achten Sozialgesetzbuch ist,
heranwachsende junge Menschen mit sozialen Benachteiligungen oder
individuellen Beeinträchtigungen zu unterstützen, zu beraten und zu
begleiten.8 Der Nutzen und Sinn einer solchen Jugendhilfeleistung ist, die
Entwicklung junger Menschen zu eigenverantwortlichen, selbstbewussten und
integrierten Persönlichkeiten zu bekräftigen.
Um mit den Jugendlichen intensiv arbeiten zu können, ist es zwingend
notwendig, relativ schnell eine vertrauensvolle Basis für die Zusammenarbeit
zu schaffen. Oftmals benötigt man als pädagogische Fachkraft Wochen,
Monate oder sogar Jahre, bis sich Kinder Erwachsenen anvertrauen können.
Gegebenenfalls kann es dazu kommen, dass sich während der Schullaufbahn
Schüler niemals öffnen werden. Es muss also ein niedrigschwelliges
Kontaktangebot zur Verfügung gestellt werden, welches durch den Einsatz
von Tieren positiv beeinflusst werden kann. „Vielfach wird in der Literatur
7 Wohlfahrt/Olbrich (2014): Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der Praxis
tiergestützter Interventionen. Wien, Zürich. ESAAT und ISAAT. 8 Lerch-Wolfrum/Renges (2014): Handbuch zur Jugendsozialarbeit an Schulen in Bayern.
Aufgaben, Strukturen und Kooperationsfelder. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und
Soziales, Familie und Integration. München.
10
berichtet, dass in einer therapeutischen Behandlung das Tier als Brücke
zwischen Therapeut und Klient fungiert, vor allem wenn es sich um Kinder
handelt.“ (FITT Forschungsbericht 2013:13). In der Praxis beobachtet man, dass
Tiere als Eisbrecher und sozialer Katalysator fungieren, womit sich Kinder
schneller öffnen und kommunizieren können. „Tiere helfen eine
therapeutische oder pädagogische Situation als eher offen und entspannt
anzunehmen“ (FITT Forschungsbericht 2013:13).
Milo kann „…helfen anfängliche Widerstände der Klienten, die sich aus dem
spezifischen Setting ergeben, zu mindern, […] eine angenehme offene
Atmosphäre entstehen zu lassen, in der es leichter fällt, über die eigenen
Probleme und Schwierigkeiten zu sprechen.“ (FITT 2013:20).
In meinem Beruf an der Schule beschäftige ich mich vorrangig mit der
Zielgruppe von Schülern und Schülerinnen, die sozial emotional in ihrer
Entwicklung auffallen. Viele haben Schwierigkeiten, über Gefühle zu sprechen
oder diese zu zeigen. Für viele Jugendliche ist der Umgang mit Gefühlen mit
viel Mühe verbunden. Ebenso schwierig ist es, Körpernähe zuzulassen. Auch
hierbei können Vierbeiner verhelfen, den Zugang zu Emotionen zu erleichtern.
Denn Tiere beeinflussen einerseits die menschliche Gemütslage (z.B.
depressive Symptome) positiv und andererseits reduzieren sie ängstliche,
stressige Situationslagen.9
Sie helfen Menschen im sozio-emotionalem sowie im psychosozialen Bereich:
Abbau von Ängsten
Zulassen von Körpernähe
Förderung eines Verantwortungsbewusstseins (z.B Rücksichtsnahme auf
das Tier)
Anregen von Kommunikation, Sprache oder Zeichen
…
Auch Jugendliche mit erhöhter Aggressionsbereitschaft und enormen
Regelverletzungen finden einen Platz bei mir. Oftmals sind die
pädagogischen Methoden begrenzt, das Verhalten, welches nicht der Norm
entspricht, langzeitig zu verändern. Man beobachtete, dass Kinder, die mit
Tieren im Haushalt aufwachsen, einfühlsamer, weniger aggressiv und
hilfsbereit waren. Allein die Anwesenheit eines Hundes in einer Lerneinrichtung
kann positiven Einfluss auf die Entwicklung des sozialen Verhaltens der
Schülerschaft haben. Das Institut für interdisziplinäre Erforschung der Mensch-
9 Europäische Akademie für bio-pyscho-soziale Gesundheit / Fritz Perls Institut. Handout zur
Einführung in die Weiterbildung Tiergestützte Pädagogik und Therapie. Tiere in der Therapie
– Wissenschaftliche Grundlagen.
11
Tier-Beziehung hat mit Hilfe von weiteren Psychologen ein Projekt mit einer
Volksschulklasse an der Europa-Schule in Wien durchgeführt. In
Zusammenarbeit mit zwei zweiten Klassen (die eine bekam einen Begleithund
zur Verfügung gestellt und die andere wurde ohne vierpfotigen Lernbegleiter
unterrichtet) kam man zu signifikanten Ergebnissen:
Nach Testung ist nachgewiesen worden, dass Schüler und Schülerinnen mit
Begleithund weniger Streit provozierten und die Anzahl an Schüler, die
aggressives Verhalten zeigen, gesunken sei. Schon vor diesem Projekt ging
man davon aus, „daß Tiere förderlich auf den Abbau von Aggressionen bei
gleichzeitigem Aufbau von Kameradschaft, Ruhe und Ausgeglichenheit,
psychologische Stabilisierung und die Entwicklung des Sozialverhaltens
wirken.“ (IEMT Auswirkungen von Hunden auf die soziale Integration von
Kindern in Schulklassen 2001:19).
Auch Phänomene von Schulverweigerung gehören mit zum Handlungsauftrag der
Jugendsozialarbeit an Schulen. Bei Verweigerung ist es sinnvoll, schulische sowie
private Gründe herauszufinden, die das Betreten des Einzelfalles der Schule
verhindern. Um diesen Phänomen frühzeitig entgegenwirken zu können, ist die
Anwesenheit eines Hundes nützlich. Tierische Anwesenheit erleichtert den Gang zur
Schule. Hierzu konnte das Projekt der IEMT ebenfalls wichtige Erkenntnisse ermitteln.
Die Schüler beurteilten den Schulalltag attraktiver und waren mit 85,7 % mehr
zufrieden mit ihrem Arbeitsverhalten. Die Anwesenheit eines Tieres fördert also passiv
die Lernmotivation.10
Natürlich kümmere ich mich auch um Heranwachsende, die gerade während der
Pubertät besonders dazu neigen, depressive Symptome zu entwickeln und zu zeigen.
Viele der Jugendlichen verletzen sich selbst, ziehen sich zurück, kommunizieren sehr
wenig oder verdrängen die Schwierigkeiten gerade zu dieser Zeit enorm. Auch das
LVR – Dezernat Klinikverbund und Verbund heilpädagogischer Hilfen veröffentlichte
einen Themenband „Tierische Therapeuten – Tiergestützte Therapie und Pä-
dagogik in verschiedensten psycho-sozialen, psychiatrischen und pädagogi-
schen Arbeitsfeldern“, in dem die Fachkräfte über die Wirkung tiergestützter
Einsätze Aussagen treffen.
Der Umgang mit einem Tier stabilisiert das Gemüt, denn Tiere geben bedin-
gungslose Akzeptanz und Zuneigung. Sie spenden uns Trost, Zärtlichkeit und
Begeisterung für das, was wir mit ihnen tun. Sie zeigen Menschen Gemein-
samkeiten auf und stützen Vertrautheit. Tiere ermutigen und lösen in uns Freu-
10 Institut für Interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung (IEMT) (2001):. Ein
Forschungsprojekt zur Auswirkung von Hunden auf die soziale Integration von Kindern in
Schulklassen.
12
de aus und wirken antidepressiv und –suizidal, weil sie Einsamkeit und Isolation
aufheben.11
5. Ziele mit Milo
Der Hund als Co-Therapeut.
Vereinfachte Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung mit dem
Klientel der Jugendsozialarbeit an Schulen.
Aufbau positiver Beziehungsgestaltung zwischen Lehrer – Schüler –
Jugendhilfe.
Verbesserung des Klassenklimas Integration nachbeteiligter Kinder und Jugendliche in die Klasse.
Verbesserung der Lernatmosphäre (Konzentration, Disziplin)
Förderung von Sozialverhalten Bearbeitung der sozio-emotionalen und empathischen Kompetenz der
Heranwachsenden.
Vermehrte Teamfähigkeit.
Verminderung aggressiver Verhaltensweisen.
11
LVR – Dezernat Klinikverbund und Heilpädagogische Hilfen (2009): Tierische Therapeuten –
Tiergestützte Therapie und Pädagogik in verschiedensten psycho-sozialen, psychiatrischen
und pädagogischen Arbeitsfeldern. Köln. Mediakonzept Widdig GmbH. 1. Auflage
13
6. Die Wirkung eines Vierbeiners auf
Schüler und Schülerinnen im schulischen
Kontext
Nicht nur im Einzelsetting ergeben sich zahlreiche und starke Wirkungen. Die
Präsenz eines Schulbesuchshundes kann auch umfassende Einflüsse auf
schulische Aspekte nehmen. Der Hund macht den Lernort lebendiger und
erlebnisreicher.
6A) LERNEN Am Lernort Schule wurden erfolgversprechende Erfahrungen mit Hunden im
Unterricht gemacht. „In Deutschland waren um das Jahr 2000 herum erste
Berichte von Lehrkräften zu lesen, so zum Beispiel von B. Retzlaff, der mit seiner
Labrador-Hündin Jule seine 7. Hauptschulklasse besuchte.“ (BEETZ 2015: 53)
Viele pädagogische Fachkräfte und auch B. Retzlaff berichten davon, dass
beispielsweise ein regelmäßiger Einsatz eines
Hundes in Klassen Stressfaktoren deutlich
reduzieren kann. Die Schüler wirken durch die
Anwesenheit der Vierbeiner ausgeglichener. „Ein
Hund verbessert […] das Unterrichtsklima, schafft
eine lockere Atmosphäre und trägt zum
Wohlbefinden und einem Gefühl der Freude und
Zuneigung bei Schülern und Lehrer bei.“ (BEETZ
2015: 53)
Demnach können verbesserte Leistungen
erbracht werden. Die Lehrkräfte teilten mit, dass
nicht nur dem Hund Aufmerksamkeit geschenkt
wurde, sondern auch dem methodischen
Handeln der Lehrer und Lehrerinnen. Die
Vierbeiner unterstützen bei der Wissensvermittlung
sowie bei der Erziehungsarbeit.12 Quelle: Homesthetics.net
12
Beetz, Andrea (2015): Hunde im Schulalltag. Grundlagen und Praxis. München: Ernst
Reinhardt GmbH & Co KG Verlag
14
Warum Tiere auf Menschen beruhigend und stressbefreiend wirken, kann die
Hypothese der Biophilie (Affinität zu Leben und Natur) nach Wilson erklären.
Diese besagt, dass schon Neugeborene großes Interesse an Tieren hätten.
Babys wären Lebendigem gegenüber neugieriger als unbelebten Dingen.
Das Verständnis zu Tieren habe sich im Entwicklungsverlauf der Menschheit
verfestigt. Es sei ein menschliches Grundbedürfnis, Kontakt und Beziehungen
zu Tieren herzustellen. Diese Fakten würden auch untermauern, dass ruhige
Tiere entspannend auf Menschen wirken. Tiere würden Personen ein
Sicherheitsgefühl geben sowie physiologische Entspannung auslösen.13
6B) MOTIVATION Wenn sich Kinder und Jugendliche in der Schule nicht an Absprachen halten,
reflektieren die Lehrkräfte fast täglich gemeinsam mit ihren Schülern die
Klassenregeln. Heranwachsende müssen in ihrer Entwicklung erst mühsam
lernen, dass Regeln relevante gesellschaftliche Werte sind.
Die Nähe des Tieres in der Klasse erfordert ebenfalls viel an Vertrauen,
Selbstdisziplin, Durchhaltevermögen und Engagement, sich an Absprachen zu
halten.
Laut mehrerer Erfahrungsberichte bestätigen Lehrer, dass sich die
Jugendlichen im Kontakt mit dem Hund nicht nur an diese Umgangsregeln
halten, sondern zugleich häufiger motiviert sind, die eigenen Klassenregeln zu
befolgen.14
6C) DER SOZIALE BEREICH Schulklassen machen nicht nur im Bereich des Lernens oder der Motivation
Fortschritte. Der Einsatz eines Tieres fördert auch die Sozialbeziehungen
untereinander. Einen Vierfüßler interessiert es beispielsweise nicht, wie viel
Geld jemand besitzt, oder ob er Markenkleidung trägt. Der Hund behandelt
jeden Jungen und jedes Mädchen gleich. Für einige Schüler, die kein gutes
Standing in der Klasse besitzen, kann ein Besuch des Hundes passiv die
Stellung des Kindes verändern. „Möglicherweise wird ebenso ein Schüler, bei
dem der Hund gerade ist, in diesem Moment positiver von seinen
Klassenkameraden wahrgenommen.“ (BEETZ 2015: 76)
13
Beetz, Andrea (2015): Hunde im Schulalltag. Grundlagen und Praxis. München: Ernst
Reinhardt GmbH & Co KG Verlag 14
Beetz, Andrea (2015): Hunde im Schulalltag. Grundlagen und Praxis. München: Ernst
Reinhardt GmbH & Co KG Verlag
15
Kinder lernen sozialkompetenter zu handeln. Sie integrieren ihre Mitschüler
besser, was sich wiederum positiv auf das Klassenklima auswirkt. Ebenfalls
kann das Projekt in Wien mit der Europa Schule dieses Statement mit
wichtigen Fakten untermauern. „Die Entwicklung der Fähigkeit zur Empathie,
die für das Sozialverhalten unerläßlich ist, kann durch den Hund deutlich
gefördert werden.“ (IEMT Auswirkungen von Hunden auf die soziale
Integration von Kindern in Schulklassen 2001:23). Vielen Schülern wird
außerdem in zunehmender Weise ein respektvoller Umgang untereinander
vermittelt.
7. Rahmenbedingungen
Der Schulbesuchshund begleitet die Fachkraft zwei bis drei Mal wöchentlich
in die Schule.
Der Hund und die Fachkraft sind nur im Team anzutreffen. Die Expertin
übernimmt die Pflicht die Aufsicht über den Hund zu führen. Ein Einsatz des
Hundes ohne die Hundeführerin ist daher nicht zulässig.
Im Schulgebäude ist der Hund anzuleinen.
Während der Unterrichtszeit findet das Tier im Büro der Jugendsozialarbeiterin
seinen Rückzugsort, außer der Schulbesuchshund wird in einer Klasse oder im
Unterricht benötigt.
Folgende Einsätze wären denkbar:
als Hilfe und Unterstützung in der Einzelfallarbeit der Jugendhilfe
(z.B. bei Selbstwertproblematik, Kommandoarbeit, Spazierenführen)
Aktive Beteiligung des Hundes im Schulunterricht
(Biologieunterricht: Versorgung, Verpflegung, Körperbau, ODER
Apportieren von Kärtchen mit Rechenaufgaben…)
Hundebesuch als Belohnung im Unterricht
(Klasse hat ein Ziel erreicht, Klasse hat sich tadellos verhalten, Der Hund
ist im Unterricht anwesend)
16
Hundeführerschein-AG
(Wie gehe ich richtig mit dem Tier um? Was für Fähigkeiten benötige
ich, ein Haustier zu halten?...)
Begleitung bei Klassenfahrten, Ausflügen und bei Projekttagen
Begleitung bei sozialen Kompetenztrainings
Eine Etablierung von Umgangsregeln ist notwendig, um Stress für Kinder und
den Hund zu vermeiden und um einen leichteren Umgang mit dem Hund zu
gewährleisten.
8. Die Regeln im Umgang mit dem Hund
Die Aktivitäten mit dem Schulbesuchshund finden nur statt, wenn klare
Absprachen mit dem Kollegiums und den SchülerInnen beachtet werden.
Demzufolge sind diese Regeln unerlässlich:
Bewege dich langsam, damit ich nicht erschrecke.
Wenn ich auf dich zu renne, bleibe still stehen.
Füttere mich nur, wenn es erlaubt wurde.
Ich möchte nur von einem Kind gestreichelt werden.
Streichle mich, wenn mein Frauchen dem zustimmt. Sie kennt mich am
Besten.
Ich bestimme, bei wem ich sein möchte.
Spreche Kommandos mit meinem Frauchen ab.
Sei bitte leise! Ich höre alles viel lauter als du!
Rufe mich nur mit meinem Namen!
9. Hygieneplan
Die Gesundheit des Tieres sollte einwandfrei sein, was regelmäßig von dem
betreuenden Tierarzt schriftlich bestätigt werden muss.
Um die Standards an Hygienebedingungen in der Schule gewährleisten zu
können, muss Folgendes immer wieder abgeklärt werden:15
15 http://www.tierealstherapie.at/
17
- Vorsorgemaßnahmen
- regelmäßige Entwurmungen / Kotuntersuchungen
(frei von Ektoparasiten)
- vollständige Impfungen
Der Schulbesuchshund erhält außerdem keinen Zugang zur Schulküche.
Nach Kontakt mit dem Hund steht jedem eine Möglichkeit zum
Händewaschen zur Verfügung. Auch Desinfektionsmittel kann bereitgestellt
werden.
Für die regelmäßige Reinigung der Hundeutensilien wie Spielzeuge,
Hundekissen, Napf etc. ist die Hundepädagogikfachkraft verantwortlich.
10. Umgang mit Allergien / Ängsten /
Vorbehalte
Bereits im Vorfeld muss mit den Erziehungsberechtigten schriftlich abgeklärt
werden, ob in den Klassen Kinder mit einer entsprechenden Hundeallergie
oder Hundephobie vorhanden sind.
Reagiert ein Kind allergisch auf Tierhaare, wünscht aber dennoch Kontakt
zum Tier, kann der Arzt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilen.
Das Konzept beruht auf der Basis der Freiwilligkeit. Dies heißt, dass kein Kind
dazu gezwungen wird, Kontakt zum Hund zu haben, wenn es Angst
gegenüber dem Tier verspürt.
Jeder Schüler hat das Recht, beschwerde- und angstfrei in der Schule lernen
zu dürfen.
Ebenfalls dürfen religiöse Vorbehalte der Eltern nicht ignoriert werden.
18
11. Dokumentation
Eine wesentliche Richtlinie für den Einsatz eines vierpfotigen Lernbegleiters ist
die schriftliche Dokumentation in ein Hundetagebuch. Hierfür gibt es
Formblätter, womit Informationen über den Einsatz in der Klasse oder mit
einem einzelnen Schüler oder einer Schülerin fixiert werden können.
Genauso besteht die Notwendigkeit, die Besuche des Hundes im Klassenbuch
zu vermerken.
12. Evaluation
Die Arbeit mit Hunden im Schulbereich kann sehr individuell geschehen.
Diesbezüglich können Themen, Ziele oder Aufträge flexibel variieren. Damit
eine positive Wirkung auf das Schulleben nachweisbar wird, liegt es im Sinne
aller Beteiligten, den Einsatz des Hundes zu evaluieren (beispielsweise über
einen Fragebogen).
Aufgrund der Individualität dieser Arbeit ist es ebenfalls erforderlich,
regelmäßig das Konzept des Schulbesuchshundes am Privaten
Sonderpädagogischem Förderzentrum in Hof zu bearbeiten und
fortzuschreiben.
Quelle: etsy.com,WeekdayBest
19
13. Ansprechpartner
Jennifer Eck
Sozialpädagogin (B.A.)
Südring 98
95032 Hof
Telefonnummer: 09281 - 738347
Email: [email protected]
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Quellenangabe
Beetz, Andrea (2015): Hunde im Schulalltag. Grundlagen und Praxis. München: Ernst Reinhardt
GmbH & Co KG Verlag
Europäische Akademie für bio-pyscho-soziale Gesundheit / Fritz Perls Institut. Handout zur
Einführung in die Weiterbildung Tiergestützte Pädagogik und Therapie. Tiere in der Therapie –
Wissenschaftliche Grundlagen.
Institut für Interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung (IEMT) (2001):. Ein
Forschungsprojekt zur Auswirkung von Hunden auf die soziale Integration von Kindern in
Schulklassen.
LVR – Dezernat Klinikverbund und Heilpädagogische Hilfen (2009): Tierische Therapeuten –
Tiergestützte Therapie und Pädagogik in verschiedensten psycho-sozialen, psychiatrischen
und pädagogischen Arbeitsfeldern. Köln. Mediakonzept Widdig GmbH. 1. Auflage
Wohlfahrt/Olbrich (2014): Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der Praxis
tiergestützter Interventionen. Wien, Zürich. ESAAT und ISAAT.
Lerch-Wolfrum/Renges (2014): Handbuch zur Jugendsozialarbeit an Schulen in Bayern.
Aufgaben, Strukturen und Kooperationsfelder. Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und
Soziales, Familie und Integration. München.
Internetquellen:
www.atn-ag.de (Akademie f. Tiernaturheilkunde)
www.lvr.de (Klinikverbund und Verbund Heilpädagogischer Hilfen)
www.pickwick-bulldogs.ch/ (Imelda Angehrn, Züchterin)
www.tiere-begleiten-leben.de (Freiburger Institut für tiergestützte Therapie)
http://www.stmas.bayern.de/jugend/sozialarbeit/
http://www.tierealstherapie.at/ (Verein Tiere als Therapie)
Abkürzungsverzeichnis
ESAAT: European Society of Animal-Assisted Therapy
ISAAT: International Society of Animal-Assisted Therapie