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JUSTUS LIEBIGS ANNALEN DER CHEMIE

586. Band

(Mitteilungen aus dem Institut fur Organische Chemie der Universitat Miinchen)

(Eingelaufen am 26. Dezember 1953)

Mittlere Ringe I1

Sterische Hinderung der Mesomerie in 1,2-Benzo-cyclen-3-onen und verwandten Verbindungen

Von Rolf Huisgen, Walter R a p p , Ivar Ugi, Helmut W a l z und Eugen Mergenthaler

(Mit 7 Figuren im Text)

A) E i n f u h r u n g Das Auftreten von Mesomerie in einem mittels mehrerer Grenz-

formeln beschreibbaren Molekul ist an die Voraussetzung einer zu- mindest annahernd ebenen Lagerung der in die Mesomerie einbe- zogenen Molekulteile geknupft. Die auch als Konjugation bezeich- nete Wechselwirkung ungesattigter Teilsysteme senkt das Energie- niveau des Molekuls um den Betrag der Mesomerie-Energie. Dieser Beitrag zur Bindungsenergie nimmt entsprechend dem cos2a ab, wenn man die Teilstucke eines konjugierten Systems urn den Winkel a gegeneinander verdreht. Dem Streben nach maximaler Bindungs- energie folgend, wird die Molekel stets den ,,vollkonjugierten", coplanaren Zustand bevorzugen, wenn nicht die Wirkungsradien sperriger Molekulteile oder andere mit dem raumlichen Bau zu- sammenhangende Momente die Einstellung des mesomeriefahigen Systems in eine gemeinsame Ebene verhindern. uber diese von

Annalen der Chemie. 686. Band 1

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2 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a i e r

R. H. B i r t l e s und C. G. H a m p s o n l ) erstmalig richtig diagnosti- zierte sterische H i n d e r u n g der Mesomer ie liegt heute ein reiches experimentelles Material vor2).

Diese sterische Mesomeriehinderung stellt einen schwerwiegen- den Eingriff in das Bindungssystem des Molekuls dar. Sie gibt sich dadurch zu erkennen, dalj die fur das konjugierte System charak- teristischen physikalischen und chemischen Eigenschaften mit zu- nehmendem Heraustreten aus der gemeinsamen Bindungsebene successive verschwinden und sich denen nahern, die man addit iv aus den Eigenschaften der entkoppel ten Te i l sys teme zusammensetzt.

Die in der Literatur in groljer Zahl beschriebenen Falle von sterischer Resonanzhinderung beziehen sich zumeist auf Benzol- derivate, bei denen ein mesomeriefahiger Substituent (Nitro-, Dime- thylamino-, Carbonyl-, Carboxyl-Gruppe usw.) durch raumbean- spruchende o-Substitution aus der Konjugation mit dem aroma- tischen Kern h e r a u s g e d r a n g t wird. I n den von uns untersuchten Fallen kommt die Mesomeriebehinderung dadurch zustande, da13 ein Teilstuck des konjugierten Systems gewissermaljen mit einem Hebel- arm aus der Coplanaritat herausgezogen wird. Das am 1,2-Benzo-

0

I 1 (CH) V(-, zn-3

I

cycloocten-( 1)-on-(3) (I, n = 8) beobachtete Phanomen3) kommt durch Einbau der mesomeriefahigen Gruppe in einen mittleren Ring*), der an einen aromatischen Kern angegliedert ist, zustande. Wie die in der I. Mitt.3) wiedergegebenen Kalotten-Modelle zeigen, ragt die Carbonyl-Gruppe des genannten Ketons um einen Winkel von 70-90° aus der Ebene des Benzolkerns heraus. Die Ursache dieser Konjugationshinderung, die aufs neue die Sonderstellung dcr mittleren Ringe beleuchtet, liegt in der Pressung der W i r k u n g s - r a d i e n der M e t h y l e n g r u p p e n innerhalb der P~lymethylenkette~), die

l) J. chem. SOC. [London] 1937,lO. 2, Eine Zusammenstellung des Materials bis 1944 gibt G. W. Wheland,

The Theory of Resonance, New York 1944. R. Huisgen u. W. Rapp , Chem. Ber. 85, 826 (1952).

4, Unter mittleren Ringen sei im folgenden das mergangsgebiet zwischen gewohnlichen und groBen Ringen, also etwa solche mit 7-14 Gliedern, verstanden.

5, Da13 nicht die Baeyer - Spannung fur diesen Effekt verantwortlich ist, ergibt sich, wenn man das Kalotten-Model1 ohne die Wasserstoffatome der Polymethylen- Kette betrachtet ; ohne Schwierigkeit kann jetzt die Carbonyl-Gruppe in die Kernebene einschwingen.

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Mittlere Ringe 11 3

schon 1930 M. Sto l l und G. StollLComte6) fur zahlreiche Ano- malien dieses RinggroBengebiets verantwortlich machten. Den Was- serstoffatomen der Polymethylen-Kette in I, n = 8 bietet sich nur dann genugendRaum im Innern des Ringes, wenn man die Keto- gruppe aus der Kernebene herausdreht. Beim Versuch, den Abwei- chungswinkel zu verkleinern, wird auBerdem noch die Zahl der ungunstigen Konstellationen der CC-Einfachbindungen in der gesat- tigten Kette etwas erhoht. In dieser Hsufung ungunstiger Konstel- lationen, der sog. P i tzer - Spannung'), fand V. Prelog*) den Schlus- sel zum Verstandnis vieler Eigenheiten der mittleren Ringe.

Die Storung der Konjugation durch Verdrehung wird nicht so stark sein, wie das Molekiilmodell es voraussehen laBt. Die Ein- stellung des Verdrehungswinkels ist das Spiel zweier einander ent- gegengerichteter Krafte : Die erwahnte Radienpressung im mittleren Ring sucht diesen Winkel zu vergrollern. Der eintretende Verlust an Mesomerie-Energie (ca. 4 kcal fur das System Ketoncarbonyl-Benzol- kern) fuhrt zu einem Richtmoment, das die ungesattigte Gruppe in die Kernebene zuruckzutreiben sucht.

B) Die Lich tabsorp t ion der 1 ,2-Benzo-cyclenone-(3) Die Lichtabsorption spricht auf Konjugationsschwachungen

und -1oschungen sehr empfindlich an. Sterische Mesomeriehinde- rung pflegt sich stets in einer Abnahme der Extinktion der fur das konjugierte System charakteristischen Absorptionsbande zu aulJern, meist verkniipft mit einer Versckiebung der Bandenmaxinaa gegen kurze Wellen. In den spektralen Anregungszustanden von x-Systemen dominieren nach R. S. Mullikens) die polaren Grenz- formeln. Ein Blick auf die Grenzformeln etwa des aromatischen Ketons lehrt, daB speziell diese Ionen-Strukturen unter der ste- rischen Mesomeriehinderung leiden. Da fur die Intensitat der Ab- sorption die Polaritatsanderung beim Absorptionsvorgang maBge- bend ist, verbindet sich mit dem ,,Gewichtsverlust" der ionischen Grenzformeln bei der Mesomeriehinderung zwangslaufig ein Ab- sinken der Extinktion. Die genannte Anderung in der ,,Gewichts- verteilung " der Grenzformeln l a B t eine Erhohung der spektralen Anregungsenergie, damit eine hypsochromeVerschiebung der Banden

6, Helv. chim. Acta 13, 1185 (1930). Die Wirkungsradien, mit denen diese Autoren seinerzeit arbeiteten, sind inzwischen als unzutreffend erkannt worden. Fur viele ,,mittlere Ring"-Effekte zieht man heute eine andere Deutung vorS).

') K. S. Pitzer, Science 101, 672 (1945); J. E. Kilpatrick, K. S. Pitzer u. R. Spitzer, J.Amer. chem. Soc.69,2483 (1947); C. W. Beckett , K. S. Pitzer 11. R. Spitzer, ib. 2488. Siehe auch J. C. McCoubrey u. A. R. Ubbelohde, Quart. Rev. (Chem. Soc. [London]) 5, 364 (1951).

s, J. chem. SOC. [London] 1950,420. 9, J. chem. Physics 7, 14, 20, 121, 339, 353, 364, 570 (1939).

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des nahen UV als normale Begleiterscheinungen der Mesomerie- hinderung vorausseheng)lO). Ein groBes experimentelles Materialll) zeigt, daB sich diese Konsequenz meist, aber durchaus nicht immer, realisiert findet, ohne daB man uber die Ursache der Abweichungen Klarheit besitzt.

Fig. 1 zeigt die UV-Spektren der 1,Z-Benzo-cyclenone-( 3)12). Die fur das konjugierte System Kern-Ketoncarbonyl charakteristische

--Acetophenon

m y - Fig. 1

Bande liegt fur Acetophe- non bei 242 mp und er- scheint im x-Tetralon noch etwas bathochrom verscho- ben. Der Ubergang zum 7 - und 8-gliedrigen Ringketon ist jeweils mit einer auf Mesomeriehinderung hin- weisenden Abnahme der Extinktion verbunden. Zu einer Verschiebung des Bandenmaximums kommt es hier kaum. Die Lit. bietet einige Falle analoger spektraler Konsequenzen fur das Herausdrehen einer Carbonylgruppe aus der Konjugationl3). Das Spek- trum des Benzo-cycloocte- nons l&Bt keinen Zweifel daran, daB die Konjugation von Carbonyl und Kern hier nur geschwaclit, nicht aber geloscht ist.

lo) H. B. K l e v e n s u. J. R. P l a t t , J. Amer. chem. SOC. 71, 1714 (1949); L. S. Ferguson, Chem. Reviews 43, 385 (1948).

11) W. H. R o d e b u s h et. al., J. Amer. chem. SOC. 62, 2906 (1940); 63, 3018 (1941); 68, 896 (1948); W.Thei lacker u. W.Ozegowski , Ber. dtsch. chem. Ges. 73, 898 (1940); W. R. R e m i n g t o n , J. Amer. chem. SOC. 67, 1838 (1945); R. R’. J o n e s , ib. 65, 1815, 1818 (1943); 67, 2127 (1945); L. G. S. Brooker , F. L. W h i t e , R. H. S p r a g u e , S. G . D e n t u. G. v a n Z a n d t , Chem. Reviews 41, 325 (1947); J. 8. P. B l u m b e r g e r , Hecueil trav. chim. Pays-Bas 63, 127 (1944); R. T. ,4r- nold e t al., J. Amer. chem. SOC. 66, 960 (1944); 68, 2176 (1946); 70, 2791, 3606 (1948); 72, 2728 (1950); 74, 368 (1952).

12) Die Spektren von I, n = 5-7, wurden schon von P. R a m a r t - L u c a s u. J. H o c h , Bull. SOC. chim. France [5] 2, 327 (1935) in Hexanlosung bis 230m.J. gemessen; die ubereinstimmung ist befriedigend.

13) E. A. B r a u d e , E. R. H. J o n e s , H. P .Koch, R. W. R i c h a r d s o n , I?. Sond- he imer u. J. B. Toogood, J. chem. SOC. [London] 1949, 1890; M. T. O’Shaug- nessy u. W. H. R o d e b u s h , J. Amer. chem. SOC. 62, 2906 (1940).

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M i t t l e r e R i n g e I1 5

C) Die 1 ,2-Benzo-cyc len- ( 1 ) - o n - ( 3 ) - a r y l h y d r a z o n e I m Gegensatz zu den Ketonen weisen die in der Abb. 3 der

I. Mitt .3) wiedergegebenen UV-Spektren der 2,4-Dinitro-phenyl- hydrazone der Benzo-cyclenone auf eine weitgehende Entkoppelung im Falle des Benzo-cyclooctenon-Derivats hin. Das im a-Tetralon- hydrazon bei 388 mp liegende Maximum wandert beim Ubergang zum Achtring bis 367 mp ins Kurzwellige; bei eben dieser Wellen- lange liegt auch die maximale Absorption des Cyclohexanon-2,4- dinitro-phenylhydrazons als Verglei~hskorperl~). Die Ursache fur

p -Mtrophenylhydmrone

- Acetophenon a -Indonon _ - - -.- a -hfralon

- x - Benzosuberon

250 350 450 - Fig. 2

den im Vergleich mit den freien Ketonen starkeren Mesomeriehinde- rungseffekt bei den Hydrazonen sehen wir in der kleineren Koppe- lungs-Energie der CN-Doppelbindung des Hydrazons gegen den Benzolkern. Das Spektrum der Hydrazongruppe erfahrt bei der Konjugation mit einer Doppelbindung oder einem aromatischen Kern eine wesentlich geringere bathochrome Verschiebung als das der Ketogruppe15) ; wir sehen darin eine indirekte Bestiitigung unserer Annahme.

Zur Erggnzung haben wir die Spektren der p-Nitro-phenyl- hydrazone der Benzo-cyclenone (11) herangezogen (Fig. 2 ) . Der Gang des Maximums an der Grenze des Sichtbaren ist dem der Dinitro-phenylhydrazon-Spektren lihnlich ; der Ubergang vom Te- tralon-Derivat zum 7- und 8-gliedrigen Homologen entspricht mit

14)Um Fehlschlussen zu entgehen, haben wir uns davon uberzeugt, da13 die 2,4-Dinitro-phenylhydrazone der aliphatischen Ringketone mit 5-15 Gliedern alle bei 365-368 mp (Lsm. Chloroform) das Absorptionsmaximum aufweisen.

15) E. A. Braude u. E. R. H. Jones , J. chem. SOC. [London] 1945, 498. Ein Befund von J. W. Cook, R. A. Raphael u. A. I. Scot t , J. chem. SOC. [London] 1952, 4416, ist in diesem Zusammenhang von Interesse : Die Bis-2,4-dinitro-phenyl- hydrazone von Cycloheptan-l,2-dion und Cyclohept-3-en-1,2-dion zeigen keine Koppelung zwischen den beiden Hydrazon- Gruppen.

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Blauverschiebungen von 14 resp. 10 mp dem Ubergang in das Spek- trum des benzolkernf reien Vergleichskorpers. 11, n = 8 absorbiert,

N-NH--/-\-No, I / \ --/

noch etwas kurzwelliger als das Cyclohexanon-hydrazon. Auch der vollig symbathe Verlauf der Hydrazon-Spektren des Benzo-cyclo- octenons und des aliphat. Vergleichsketons im ferneren UV - das Benzosuberon-Derivat nimmt auch hier die erwartete Mittelstellung ein - vermag die Konjugationsloschung im mittleren Ring zu illustrieren. Dem Riickgang der Farbe der kristallisierten p-Nitro- phenylhydrazone (Tab. 1) von Orange nach Citronengelb beim Ein- tritt in das mittlere Ringgebiet entspricht ein Absinken der Schmelz- punkte.

Tab. 1. Eigenschaf ten der p-Ni t ro-phenylhydrazone

Keton

Acetophenon

u-Indanon u-Tetralon Benzo-suberon Benzo-cyclooctenon

Cyclohexanon Aceton

Schmp.

185O 234-234,5O 228,5-229O 207,5O

143 O

112,5-114'

147,5-148 O

Maximum I A E.1o-s

402 29,4 416 33,4 412 32,2 398 28,O 388 25,l 396 24,l 393 22,6

Maximum I1 A ~.10--3

319 4,4 326 6,5 323 5,5 316 3,2

faximum I11 A E-10- 3

290 7,$

295 7,O 297 7,3 280 8,5 247 10,5 252 10,3 249 10,l

Hydrazone unsymmetrischer Carbonylverbindungen bieten die Moglichkeit einer geometrischen Isomerie. Wenn relativ selten cis- trans-isomere Arylhydrazone isoliert wurden16), so liegt das vor- nehmlich an den fur die Hydrazone aliphatisch-aromatischer Ketone extremen Stabilitatsverhaltnissen. Erst mit der Isolierung von Paaren geometrischer Isomerer in der Reihe der Benzo-cyclenon- 2,4,6-trinitro-phenylhydrazone (111) erlangten wir die GewiBheit,

16) Furfurolreihe: H. Bredereck, Ber. dtsch. chem. Ges. 65, 1833 (1932); mit E. Fr i tzsche , ib. 70, 802 (1937). Pinakolin: H. Brunner u. E. H. Fa rmer , J. chem. SOC. [London] 1937, 1039. Acetaldehyd: W. M. D. Bryan t , J. Amer. chem. SOC. 60, 2814 (1938). p-Chlor-benzophenon: W. Theilacker, Ber. dtsch. chem. Ges. 82, 190 (1949). p-Nitro-benzophenon und Benzil: W. Theilacker, Priv. Mitteilung; Untersuchung isomerer 2,4-Dinitro-phenylhydrazone: L. I. Braddock, K. Y. Garlow, L. I. Grimm, A. 1. Kirkpa t r i ck , S. W. Pease, A. J. Pol la rd , E. F. Price, T. L. Reissmann, H. A. Rose u. M. L. Willard, Analytic. Chem. 25, 301 (1953).

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da13 unsere Interpretation der Hydrazon-Spektren mit einer ste- rischen Mesomeriehinderung zutreffend ist und da13 die Farbenskala

O,N\

N-NH--/ \-NO* !I \ / /\/'I 0," 1 1 (/CHa)n--3 \/L

I11

nicht durch zufallige unterschiedliche Stabilitaten von cis- resp. trans-Hydrazonen in den einzelnen Fallen vorgetauscht wird. Beim Benzosuberon (I, n = 7 ) und Benzo-cyclooctenon (I, n = 8) konn- ten wir jeweils zwei 2,4,6-Trinitro-phenylhydrazone fassen, die ver- schiedene Farbe zeigen und eine Schmelzpunktsdepression geben (Tab. 2) . In beiden Piillen ist die gelbe Form labil; im siedenden Lsm. findet Urnwandlung in das rote Isomere statt, wobei .Chlor- wasserstoff die Stereoisomerisierung beschleunigt. Die in Fig. 3

Acetophenon u-Indanon u-Tetralon Benzo-suberon u

)) P Benzo-cyclooctenon u

>> )) B

))

Cyclohexanon

2.46 - l r~n~frophe~l~drazane yon

- 1 - a-lndanon -0 - a-Teirafon

Renzmuberon a - 0 - Benzawberon _- - Benzocydwctenon cr -.- Renzoqclooc fenon B

-

-;-g;;emon

\

251-251,5 O

261-261,5 O

247,5-248 O

199-200 O

155-156 O

177,5-178 O

168-169 0

136,5-137 O

I 330 360 '390

w- Fig. 3

Tab. 2. Eigenschaften der 2,4,6-Trinitro-phenylh - I

Keton I Schmp. Kristallfarbe

zinnoberrot bordeauxrot granatrot zinnober orangegelb ziegelrot gelb orangegelb

drazone

384 23,l 390,5 26,6 390,5 24,s 379 21,8 368 21,6 368 20,8 363 20,l 362 19,7

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wiedergegebenen Bandenmaxima zeigen, dafi die geometrische Iso- merie in bezug auf die CN-Doppelbindung eine Feinabstufung im Absorptionsspektrum zur Folge hat : D i e P a a r e o o n cis- trans- lso- meren s tehen jewei ls geschlossen a n d e n v o n der s ter ischen Mesomer ie - h inderung zud ik t i e r t en P la t zen . Das Parallelgehen von Schmelzpunkt und Farbtiefe wird auch hier beobachtet.

Bezeichnenderweise wird die geometrische Isomerie der Hydra- zone nur dort realisiert, wo die Koppelung zwischen Kern und Hydrazongruppe bereits stark geschwacht id7) .

D) Die Oxime d e r 1 ,2-Benzo-cyclenone u n d i h r e 'UV - A b s o r p t i o n

Im Gegensatz zum Arylhydrazon-System mit seiner starken Eigenabsorption ist die Oximgruppe ein sehr schwacher Chromo- phor. In den UV-Spektren der Oxime sollte sich die sterische Mesomeriehinderung daher noch pragnanter auswirken.

?-OH

I V

Wahrend die Benzo-cyclenone mit 5-7-gliedrigem Ring glatt ein- heitliche Oxime (IV) liefern, die aus Analogiegriinden als anti-Oxime anzusprechen sind, tritt beim Benzo-cyclooctenon ein P a a r isomerer O x i m e auf. Die Oximierung durch langes Kochen in Alkohol fiihrt zum stabilen, bei 86O schmelzenden cr-Oxim. Nimmt man den Um- satz mit Hydroxylamin in schwach essigsaurer Losung bei Raum- temperatur vor, dann erhalt man eine Mischung etwa gleicher Mengen beider Oxime, aus der daslabile p-Isomerevom Schmp.l14,5O isolierbar ist ; die Umlagerung in das ersterwahnte Oxim gelingt in siedendem Alkohol leicht . Der in der folgenden ArbeiP) beschrie- bene unterschiedliche Verlauf der Beckmannschen Umlagerung legt die Annahme nahe, daS der cr-Form die syn-Konfiguration zukommt.

In der UV-Absorption des Indanon- und Tetralon-oxims tritt bei 253 resp. 255 mp das ausgepragte Maximum des konjugierten Systems Kern-Oxim auf. In IV, n = 7 , liegt das Maximum bei

D. G i n s b u r g u . R. Pappo , J. Amer. chem. SOC. 75, 1094 (1953) beschrieben zwei isomere 2,4-Dinitro-phenylhydrazone des 2-Phenyl-oyclohept-2-en-l-ons, eine orangefarbene und eine gelbe Form von verschiedenem Schmp.

l8yR. H u i s g e n , I. Ufgi, H. B r a d e u. E. R a u e n b u s c h , Liebigs Ann. Chem. 586, 30 (1954).

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Mit t lere Ringe 11 9

gleichzeitiger Extinktionssenkung schon bei 237 mp. I n den beiden Oximen des 8-gliedrigen Ringsystems ist die Bande des konjugierten Systems, wie Fig. 4 zeigt, praktisch verschwunden. Vom Spektrum

Uabl=finggm!3e nl - Acetophenon-oxim ---&dohexonon-oxim

Ism Alkohol

230 260 290 m.u -

Fig. 4

des Toluols unterscheiden sich die beiden IV, n = 8, lediglich darin, daB das dort bei 230-235 mp liegende Minimum hier ,,ausgefiillt" ist, was fur eine nicht mehr als Bande ausgebildete Restabsorption des konjugierten Systems spricht. Die Oxim-Absorption selbst liegt im fernen U P ) (vgl. Cyclohexanon-oxim in Fig. 4) und tritt bei der Entkoppelung wegen der starkeren Absorption des Benzolteils nicht in Erscheinung.

I n den Oxim-Spektren sind wohl die Banden im langwelligen Abfall der ,,Benzolanregung" zuzuordnen. Bezeichnend ist deren starkes Absinken beim Ubergang vom fiinf- zum achtgliedrigen Ringsystem. Im a-Indanon und seinem Oxim erscheint das fein- strukturierte Bandensystem dieser Benzolanregung im Vergleich mit dem Indan bathochrom verschoben und in der Extinktion erhoht.

E) Die L i c h t a b s o r p t i o n d e r 1 ,2-Benzo-cyclene-(1) haben wir zu Vergleichszwecken gemessen. Reine Praparate der Benzo-cyclenone w a d e n der Wolff-Kishner-Reduktion unterwor- fen, die entstehenden Kohlenwasserstoffe der Formel V feinfraktio-

/\q 1 (CHAn-2 \A)

V

18) J. Meisenheimer u. 0. Dorner , Liebigs Ann. Chem. 502, I56 (1933); H. L e y u . H. Wingchen , Ber. dtsch. chem. Ges. 67, 501 (1934).

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niert. Die UV-Spektren (Fig. 5) zeigen mit steigender RinggroBe einen Verlust an Feinstruktur und eine charakteristische Extink- tionsabnahme. Beim Ubergang von V, n = 5 zu V, n = 8 wird die Absorption der des o-Xylols20) ahnlich, das zurn Yergleich in die Fig. 5 aufgenommen wurde. Die Ursache fur den Ruckgang der Feinstruktur mag mit G. Kor tum und G. Dreesen21) in der Kom-

hm. Cyclohexan n

mlc - Fig. 5

bination der spektralen Anregung rnit Torsionsschwingungen der Seiten- kette zu suchen sein. Im IndanZ2) ist die Seitenkette vollig starr, ge- winnt mit dem Ubergang zu groBeren Ringen an Bewegungsfreiheit .

Der auffallende Gang in der Extinktionshohe bzw. in der Summe der Oszillatorenstarken ist damit allerdings noch nicht gedeutet. Man konnte daran denken, daB im Indan die sterischen Voraus- setzungen der H yperkonjugation besonders gut erfullt sind, infolge- dessen die Bereitschaft zur spektralen Anregung groIj ist. Die Mes- sung der Solvolysen-Geschwindigkeit substituierter Benzhydryl- chloride durch R. T. Arnold und W. L. Truett23) legt eine Ver- minderung der Hyperkonjugations-Energie in der Folge V, n = 5 bis n = 7 nahe.

20) AufnahmeinHexan:K.L. Wolfu. W.Herold,Z.physik.Chem.,Abt.B.13,

21) Chem. Ber. 84, 182 (1951). 22)Un~ere UV-Aufnahme stimmt mit der von R. A. Morton u. A. J. 9.

de Gouveia, J. chem. SOC. [London] 1934, 911 gut uberein, zeigt dagegen wenig khnlichkeit mit der von P. Ramart-Lucas u. J. Hochl2).

201 (1931).

J. Amer. chem. SOC. 73, 5508 (1951).

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M i t t l e r e Ringe 11 11

F) Die polarographischen Halbwellenpotent ia le de r Benzo-cyclenone und ihrer Oxime

Wie H. Adkins2*) zeigen konnte, stehen die polarogra- phischen Halbwellenpotentiale einer grofien Zahl von Ketonen in engem Zusammenhang mit den aus GW-Messungen zuganglichen thermodynamischen Redoxpotentialen. Aus einer vollstandigen Analyse des polarographischen Verhaltens der Ketogruppe schlofi R . P as t e r n a k 25), dafi die Stufe a des folgenden Schemas reversibel und p0,tentialbestimmend ist ; der Anstieg des Halbwellenpotentials mit steigendem PH um 59 mV pro pH-Einheit steht im Einklang mit einem reversiblen Ein-Protonen-Prozefi. Die irrev. Stufe b, mit der im hoheren Konzentrationsbereich c in Konkurrenz tritt, gibt sich in einer zweiten, pH-unabhangigen Welle zu erkennen. Im

'C=O + ~3 + ea t----* ,,c-OH R' R'

R R VI

\* a) /

R' H \ /

b) VI + H @ + e @ ~ -+

R OH

OH OH

C) 2VI-R'- J b - -R' I 1

R R

alkalischen Medium verschmelzen die beiden polarographischen Wellen zu einer einzigen etwa doppelter Hohe, deren Halbwellen- potential in gleicher Weise konstitutionsabhangig ist wie das der reversiblen im sauren Medium gemessenen Welle.

Die Halbwellenpotentiale (hinfort HWP) stehen in direkter Be- ziehung zur Differenz der thermodynamischen Potentiale des Re- doxpaars Keton + Radikal VI. Die Verminderung des HWP von 2,4 V fur AcetonZ6) auf 1,4 V fur Acetophenon zeigt, dafi beim aromatischen Keton das Radikal VI erheblich mehr von der Meso- meriebeziehung mit dem Kern profitiert als das Keton selbst; eine Betrachtung der Grenzformeln lafit das auch erwarten. Ein Uber- blick uber das gesamte Material der HWP von KetonenZ7) lehrt

24) Mit R.M.Elofson. A. G. Rossow u. C.C. Robinson. J.Amer.chem. SOC. 71, 3622 (1949).

* 6 ) Helv. chim. Act& 31, 753 (1948). ,&) M. v. Stackelberg u. W.'Stracke, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem.

2') J. M. Kolthoff u. J. J. Lingane, Polarography 11, 685-687 (1952). 53, 118 (1949).

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12 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a l e r

allerdings, dalj auch der induktive Effekt des benachbarten Benzol- kerns fur die Potentialsenkung mitverantwortlich sein rnuBz8).

Die HWP der Benzo-cyclenone steigen im sauren Medium urn 59 mV je pH-Einheit bei 25O, wie es die reversible erste Reduktions- stufe verlangt. Tab. 3 gibt die Halbwellenpotentiale der Benzo- cyclenone im alkalischen Medium und die nach Ilkovic29) defi- nierten Diffusionsstrom-Konstanten (DSK) wieder. Die GroBe cc ist ein Malj fiir die Steilheit der Strom-Spannungs-Kurve und stimmt bei reversiblen Prozessen mit dem Elektronenverbrauch uberein. Die Ringabhangigkeit der HWP liegt zwar in der erwarteten Rich- tung; der Effekt ist aber recht gering.

Tab. 3. P o l a r o g r a p h i e d e r 1 ,2-Benzo-cvclenone-(3)

HWP

t ]Ii t 3

5

DSK U

a-Indanon a-Tetralon Benzo-suberon Benzo-cyclooctenon

1,74 v 1,74 1,81 1,78

1,94 1,63 1,48 1,59

0,56 0,67 0,83 0,70

Auch die Benzo-cyclenon-oxime wurden auf ihr Verhalten an der Quecksilber-Tropf kathode gepriift . Da das Oximat-Anion bis 2,O V noch nicht reduziert wird, wurden die freien Oxime resp. ihre

10 15 V-

Fig. 6 Polarogramme desBenzo-suberor

oxims in Abhangigkeit vom p~ c =0,00296m ; Elektrolyt d. Tab. 4

sauren Salze, die leichter als Ketone reduzierbar sind, in sauren Puffer- losungen untersucht.

Das Verhiltnis der unter vergleichbaren Bedingungen gemessenen DSK von Oximen und Ketonen liegt zwischen 2,7 und 3,l. Bei Diffusions - Koeffizienten gleicher GroBen- ordnung gibt diese Zahl das Verhaltnis des Elektronenverbrauchs bei der Reduktion wieder. Wir vermuten, daB die irrev. Re- duktion des Oxims unter Verbrauch von 4 Elektronen + 4 Protonen gleich bis zur Aminstufe erfolgt. Das theoret. Verhaltnis von 4,0 fur die bei = 2,l verglichenen Diffusionsstrom-Konstanten von Oxim und Keton wird mutmaBlich deshalb nicht er- reicht, weil die Pufferkapazitiit selbst bei PH = 2,l noch nicht ausreicht, um den 4-Protonen-ProzeB zu decken; der starke A4bfall der DSK der Oxime mit steigen- dem PH wurde damit in Einklang stehen (vgl. die Wellenhohen in der Fig. 6). Auch

?*) Der Benzolkern wirkt elektronenanziehend, wie z. B. die Aciditatssteigerung Essigsaure-Phenylessigsaure zeigt. Eins Elektronenverarmung an der Carbonyl- gruppe mu13 natiirlich mit leichterer Reduzierbarkeit, also Potentialsenkung ein- hergehen.

p9) J. chem. Physics 35, 129 (1938).

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Mittlere Ringe 11 13

an die Beteiligung von Nebenreaktionen mit geringerem Elektronenkonsum ware zu denken.

Die gleichartige Abhangigkeit der HWP des Oxims und Ketons von der Konstitution laljt darauf schlieljen, dalj der gleiche Reak- tionsschritt wie bei der sauren Reduktion der Ketone auch beim Oxim potentialbestimmend ist. Die Mesomerie-Energie des Primar- Radikals tragt auch hier wieder zur Potentialsenkung der aroma- tisch substituierten Oxime bei.

Tab. 4. Polarographie der 1,2-Benzo-cyclenon-(3)-oxime Kaliumchlorid + Acetat-Phosphat-PuEer in 50%-Isopropanol bei PH 2,1

*) Q = D S K O ~ ; ~ / D S K K ~ ~ ~ ~ bei PH 2,l.

Die Halbwellenpotentiale der Oxime (Tab. 4) zeigen eine sturkere R ingabhungigkeit als die Ketone, was mit den groljeren Torsions- winkeln innerhalb des konjugierten Systems in Einklang steht. Wahrend das Benzo-cyclooctenon-oxim in der Lichtabsorption kaum noch Koppelung zwischen Kern und Oximgruppe erkennen laljt, ist von dem HWP dieses Oxims bis zu dem des Cyclohexanon- oxims noch ein groljer Sprung. Wir glauben, dalj diese Diskrepanz vornehmlich auf die Potentialsenkung durch den indukt iven E f f e k t des benachbarten Benzolkerns in IV, n = 8 zuriickgeht.

G) B i ldun gs ge s c h w ind ig kei t de r S e mi c a r b a z one de r Benzo-cyclenone

Die Nachbarschaft eines aromatischen Kerns erschwert Additionen an der Carbonylgruppe, da sie den zusatzlichen Aufwand der Konjugationsenergie er- forderlich macht. Darauf grundet sich der Reaktivitsts-Unterschied aromatischer und aliphatischer Ketone; die Messung der GW-Konstanten fur die Cyanhydrin- Bildung der beiden Ketonklassen ergab einen Unterschied der freien Energie- tonung von etwa 3 kca130).

Wenn der primaren Anlagerung an die Carbonylgruppe eine Ab- spaltung unter Ausbildung eines neuen Doppelbindungssystems folgt, wie das beim Umsatz der Ketone mit Hydroxylamin oder Hydrazinen der Fall ist, dann sprechen die GW-Konstanten eine weniger deutliche Sprache als die Geschwindigkeitskonstanten. Der RG-best immende Schritt solcher Reaktionen liegt namlich in der Anlagerung des nucleophilen A g e n s an die Carbonylgruppe unter

1930, 1976. A. Lapwor th u. R. H. F. Manske, J. chem. SOC. [Londoii] 1928, 2533;

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14 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a l e r

Aufhebung der Doppelbindung. Das breite, bereits vorliegende Material iiber die RG und das GW der Semicarbazonbildung ver- anlal3te uns, diese Messungen auf die Benzo-cyclenone auszudehnen, zumal nur eine Erganzung bereits vorliegender Me13daten31) er- forderlich war.

Schon J. B. Conant und P. D. Bar t le t t32) entdeckten die all- gemeine Saurekatalyse bei der Semicarbazonbildung, der folgendes Schema mit Stufe B als RG-bestimmendem Schritt Rechnung tragt33) ;

R' O-H.. .A@ R' OH 'c' -HA

t L = t \ /

C StufeC / \

R NH-NH-CO . NH, R/ \o NHa * NH * CO . NHa

-~ t ~ 2 RR'C=N-NH-CO-NH2 + H,O Stufe D

die Stufe D faBt mehrere Schritte zusammen. Am Beispiel der Semicarbazonbildung der Benzo-cyclenone sollen

die Faktoren diskutiert werden, die den wechselseitigen Ubergang vorn dre ib ind igen in d e n v i e rb ind igen Ringkohlenstof f in Abhangig- keit von der RinggroBe .beeinflussen. Energie und Wahrscheinlich- keit der Bildung des nbergangszustandes nach Stufe B werden dabei von diesen Faktoren in unterschiedlichem AusmaB betroffen.

1. D i e sterische M e s o m e r i e h i n d e r u n g im mit t leren I r i n g vermindert den mit der Beseitigung der Konjugation (Stufe B) verbundenen Energieaufwand ; die Annaherung an den Charakter einer alipha- tischen Carbonylgruppe erleichtert somit dem Carbonyl-Kohlen- stoff den Ubergang vom dreibindigen in den vierbindigen Zustand, fiihrt also beim Ubergang vom 6- znm 8-gliedrigen Ringketon zum Ansteigen der RG-Konstanten.

8. D i e P i t z e r - S p a n n u n g ' ) , herriihrend von durch RingschluB er- zwungenen ungiinstigen Konstellationen der CC-Einfachbindungen,

31) G . B a d d e l e y u. J. Chadwick , J. chem. SOC. [London] 1951, 368. 32) J. Amer. chem. SOC. 54, 2881 (1932). 33) Die Me13daten3,) stehen im Einklang mit

dc/dt = (ReCO) (NH, . NH . CO . NHZ) C k,i. Ki (HAi) fiir die Semicarbazonbildung, wabei Ki die GW-Konstanten der Stufe 9 fur die vor- handenen Sauren HA, bedeuten. Die von L. P. H a m m e t t , Physical Organic Chem., 333 (1940) vertretene Ansicht, nach der die Protonenabspaltung der Stufe C RG-bestimmend ist, erscheint uns nicht uberzeugend. Der bestimmende EinfluS der Stufe B steht nicht nur im Einklang mit den kinetischen Befunden, sondern wird auch der beobachteten Abhangigkeit von der Konstitution des Ketons besser gerecht. Reaktionen des Typs der Stufe C pflegen meist unmenbar rasch zu sein.

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Mittlere Ringe 11 15

sollte die Semicarbazonbildung beim sechsgliedrigen Ringketon stark beschleunigen, bei den RinggroBen 5 , 7 und 8 vermindern. Dieser konstellative Effekt beeinfluBt namlich die Neigung der trigonalen, plankonfigurierten Carbonylgruppe zum fjbergang in das tetraedrische Bindungssystem nur beim Sechsring im positiven, bei den anderen hier diskutierten RinggroBen im negativen Sinn34). Nach F. P. Pr ice und L. P. Hammet35) ist die Aktivierungs-En- thalpie bei der Semicarbazonbildung des Cyclohexanons um 2,9 kcal geringer als beim Cyclopentanon. Die Abhangigkeit der konstel- lativen Spannungsverhaltnisse von der RinggroBe durfte bei Cycla- nonen und Benzo-cyclenonen hinsichtlich der Reihenfolge uber- einstimmen, in der letzteren Reihe aber weniger groB sein.

3. B a e y e r - S p a n n u n g im fiinfgliedrigen Ring : Der ideale Bindungs- winkel am dreibindigen Kohlenstoffatom betragt 120O. Da im funf- gliedrigen Ring Winkel von im Mittel 1080 fixiert sind, lost die Haufung von trigonalen Ringgliedern - im a-Indanon sind es 3 - eine Spannung aus. Hier liegt also ein die Carbonyl-Addition im a-Indanon begunstigendes Moment vor.

4. Die raumlichen Voraussetzungen f u r d ie A n n a h e r u n g des Reak- t ionspartners werden mit zunehmender Verdrehung der Bindungs- ebene des dreibindigen Zentrums gegen den aromatischen Kern ungunstiger. Nur die coplanare Carbonylgruppe bietet dem nucleo- philen Agens freie Einfallsmoglichkeit von beiden Seiten der Mole- kiilebene. Bei den groBeren Ringen werden mit der Abweichung von der ebenen Molekulform die Einfallswege stark eingeschrankt.

Tab. 5. Semicarbazonbildung in Acetatpuffer bei PH 5 und 25O

Da Kontrollmessungen mit den Daten von G.Baddeley und J. Chad wi c k31) zur Semicarbazonbildung von Indanon, Tetralon und Benzo-suberon gut ubereinstimmten, haben wir in Tab. 5 die Zahlenwerte der englischen Autoren lediglich durch Messungen am

34) H. C. Brown, R. S. Fletcher u. R. B. Johannesen, J. Amer. chem. SOC. 73, 212 (1951) geben eine schone Zusammenstellung des Versuchsmaterials. In der ,,I-Spannung" kombinieren diese Autoren Baeyer- und Pi tzer - Spannung, ermoglichen so mittels eine s Begriffs eine umfassende Deutung der Reaktivitiits- unterschiede von Ringverbindungen.

J. Amer. chem. SOC. 63, 2387 (1941).

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16 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a l e r

Benzo-cyclooctenon erganzt. Dabei bedeuten k, die RG-Konstanten der bimolekularen Semicarbazonbildung und K die GW-Konstan- ten. Die diversen, einander entgegengerichteten Faktoren fuhren zu einer weitgehenden Nivellierung der R G-Konstanten. Beim a-Indanon ist offensichtlich der beschleunigende Einflulj der B a e y e r - Spannung groBer als die RG-Senkung aus konstellativen Grunden. I m Benzo-suberon ist die Hemmung durch Pi tzer - Spannung etwas starker als die RG-Forderung durch die behinderte Mesomerie. I m achtgliedrigen Ringketon schliel3lich genie& der letztere Faktor schon deutlich den Vorrang.

H) Die S olvo 1 y s enge s c h win dig ke i t d e r 1,2-Benzo-3-chlor-cyclene-(l)

Man darf nicht erwarten, da13 das die RG bestimmende Krafte- spiel in sllen Fallen zur gleichen Ringabhangigkeit fuhrt. Die Solvolyse der 1,2-Benzo-3-chlor-cyclene-( 1) (VII) zeigt, dalj mit Zunahme des Koppelungskrafte zwischen aromatischem Kern und a-Kohlenstoff die sterische Mesomeriebehinderung zum dominieren- den Faktor wird. Der RG-bestimmende Schritt der unimolekularen Alkoholyse von Alkylhalogeniden, die zur Athoxy-Verbindung neben Olefin zu fuhren pflegt, ist bekanntlich der Ubergang in das solva- tisierte C a r b o n i ~ m - i o n ~ ~ ) . Die um 4-5 Zehnerpotenzen raschere S, 1-Reaktion des a-Phenyl-athyl-halogenids im Vergleich zum Athyl-halogenid zeigt die uberragende Bedeutung einer Mesomerie

V I I V I I I a V I I I b

mit Grenzformeln des Types VI I I b fur das Energie-Niveau des Carbonium-ions. Voraussetzung fur die Mesomerie in VIII ist die Coplanaritat von Kern und Bindungsebene des a-Kohlenstoffatoms. In der Reihe der Benzo-chlor-cyclene VII wird die sterische Meso- meriehinderung im mittleren Ring zu einem Gewichtsverlust von

36) C. K. I n g o l d , Structure and Mechanism in Organic Chemistry 1953, 308.

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Mittlere Ringe 11 17

VIII b im mesomeren Ubergangszustand, mithin zu einer Erhohung der Energieschwelle der Solvolyse fuhren. Im Gegensatz zur Semi- carbazonbildung handelt es sich hier um die Bildung eines koppe- lungsfiihigen trigonalen Zentrums aus einem tetraedrischen. Die S. 14/15 erorterten Faktoren 1-3 sind daher im Vorzeichen um- zukehren.

Die Benzocyclenone wurden mit Lithium-aluminium-hydrid zu den Carhinolen reduziert, die beim Umsatz mit Thionylchlorid erhaltenen Halogenide VII durch HV-Destillation gereinigt. Die streng dem Gesetz der ersten Reaktionsordnung folgende Athanolyse von VII, n = 5-8, wurde im Temperaturbereich von 25-550 konduktometrisch verfolgt.

Auch hier liegen fur VII, n = 5-7 bereits Messungen von G. B a d d e l e y und J. Chadwick31) vor, die groBenordnungsmtiBig mit unseren ubereinstimmen. Die englischen Autoren diskut,ierten neben der sich hier zwangslslufig ergebenden Deutung mit nichtcoplanarem Carbonium-ion eine Reaktionserschwerung durch primtires, rnit Winkeldeformation erkauftes Eindrehen der a-Methin- Gruppe in die Kernebene; sie gaben letzterer Hypothese sogar den Vorzug. Ein solches Ein- drehen in die Kernebene ist bei VII, n. = 8 sicher nicht mehr moglich. Wie schon S. 3 besprochen, wird sich hier im Ubergangszustand ein Kraftegleichgewicht ausbilden zwischen Koppelungs-Energie und Pressung der v a n d e r W a a l s - Radien. Die Abweichungen, die bei VII, n = 7 zwischen den RG-Konatanten und Arrhenius-Parametern der englischen Autoren und unseren MeBdaten auftreten, sind vielleicht in der sehr geringen Solvolysen-RG bei Oo begrundet. Wir haben in einem bequemeren RG-Bereich gemessen und die Errechnung der Konstanten der Arrhenius-Gleichung auf k-Werte bei drei Temperaturen gegriindet.

Tab. 6

Der sich auf drei Zehnerpotenzen erstreckende Abfal l der RG-Kon- stanten beim Ubergang vom gewohnlichen z u m mittleren Ring (Tab. 6 ) wird vom Ansteigen der Aktivierungsenergie diktiert , deren EinfluB durch den Gang des Haufigkeitsfaktors In A noch teilweise kompen- siert wird. I n Fig. 7 sind die Athanolysen-Konstanten der Benzo- chlor-cyclene den von H. C. Brown und M. Borkowski37) gemes- senen Solvolysen-Konstanten der 1 -Methyl-cycloalkyl-chloride-( 1 ) (IX) in 80% Athano1 gegenubergestellt. Der bei I X bestimmende

CH C1 \ 3/

C--, I

37) J. Amer. chem. SOC. 74, 1894 (1952).

Annalen der Chemie. 686. Band 2

Page 18: Mittlere Ringe II. Sterische Hinderung der Mesomerie in 1,2-Benzo-cyclen-3-onen und verwandten Verbindungen

1s H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z u n d M e r g e n t h a l e r

-3

-4

.s' 3-5

-6

EinfluB der P i t z e r - Spannung macht sich bei den Benzo-chlor- cyclenen (VII) lediglich noch in der Forderung des funfgliedrigen vor dem sechsgliedrigen Ring bemerkbar, wird aber bei den groSeren Ringen vollst.andig uberspielt von der Bedeutung der sterischen

Mesomeriehinderung fur den Ubergangs- zustand. Allerdings wirkt hier noch ein

5 6 7 8 finggpofie n

Pig. 7 It G-Konstanten

der Solvolyse von VII in abs. khan01 bei 40° _ _ RG-Konstanten

der Solvolyse von IX in 80% Athano1 bei 25"

weiteres, mit d e r Konfiguration von VI I zusammenhangendes Moment in gleicher Richtung, namlich die mit steigender Ring- grol3e zunehmende raumliche Erschwerung der Solvatisierung des Carbonium-ions ; unterstrichen wird das von der Verminde- rung der negativen Aktivierungsentropie (Tab. 6), deren Ursache in der Fixierung von Losungsmittel-Molekeln im Carboniuni- ion zu suchen ist.

I) 1,5! - B enzo - c y c lad iene - (1,3) u n d die Geschwindigkei t d e r B r o m a d d i t i o n

Die bislang bescbriebenen Studienobjekte fur sterische Mesorneriehinderung in mitt- leren Ringen entsprechen dem Typus X und enthalten drei nach Coplanaritat strebende, dreibindige Kohlenstoffatome im Ring. An einem entsmechenden Svstem mit Amin-

Stickstoff als Ringglied (XI, n =l5-7) fuhrten" W. G. Brown et al.38) Deuterierungsversuche und RG-Messungen der Quartarsalz- Bildung durch.

Z CH, I I /\A /\P /\/y=z -

Wir haben inzwischen eine Reihe von Verbindungen des Typs XI1 mit vier dreibindigen Ringgliedern in unsere Untersuchung einbezogen und berichten hier uber die 1,2-Benzo-cycladiene-( 1,3) (XIII, n = 5-8). Reines Inden (XIII, n = 5 ) wurde durch Aus- frieren aus dem techn. Praparat, 1,Z-Dihydro-naphthalin (XIII, n = 6) durch Entbromung des 1,2-Dibrom-1,2,3,4-tetralin~~~) mit

as) W. G. Brown, A. H. Widiger u. N. J. L e t a n g , J. Ainer. chem. SOC. 61,

39) F. S t r a u s rnit L. Lemmel , Ber. dtsch. chem. Ges. 46, 232 (1913); rnit 2597 (1939); W. G. Brown u. S. F r i e d , ib. 65, 1841 (1943).

A. R o h r b a c h e r $ 54, 40 (1921).

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M i t t l e r e R i n g e I1 19

Zinkstaub in Alkohol gewonnen. Zu XIII, n = 7 fuhrt nicht nur die Thermoly~e*~) des 1,2-Benzo-cycloheptenyl-3-amin-chlorhydrats

XI11 XIV

(XIV, n = 7, - HCl), sondern auch der Umsatz des Carbinols (,,Benzo-suberol") mit Bromwasserstoff, wobei das Olefin und 1,2- Benzo-3-brom-cyclohepten-( 1) in vergleichbaren Mengen entstehen. Auf diesen beiden Wegen wurde auch das bislang unbekannte XIII, n = 8 erhalten ; die Lithium-aluminium-hydrid-Reduktion von Benzo-cyclooctenon-oxim lieferte XIV, n = 8.

Die RG-Konstante der Brom-Addition einer olefinischen Doppel- bindung hangt in hohem Ma13 von der Konstitution des Olefins ab4I). Im polaren Solvens folgt. die Brom-Addition einem Zwei- stufenschema, eingeleitet vom Ubergang eines Brom-Kations auf die Doppelbindung als RG-bestimmender Stufe (k, k, im untenstehenden Formelschema). Die Geschwindigkeit der Bromie-

H H I I ,,p C-

XI11

rung hangt vom Energieniveau des intermediaren, bromsubstitu- ierten Carbonium-ions XV in ahnlicher Weise ab, wie das S. 16 fur die unimolekulare Solvolyse beschrieben wurde. Ein aromati- scher Kern als Substituent an der Doppelbindung bietet wieder die Moglichkeit eines mesomeriestabilisierten Zwischenproduktes (XV) ;

* O ) F. S. Kipping u. A. E. H u n t e r , J. chem. SOC. [London] 83, 246 (1903). 41) Eine Zusammenfassung gibt P. B. D. de la Mare, Quart. Rev. (Chem. SOC.

[London] 3, 126 (1949)).

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20 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a l e r

eine Doppelb indung uom Styro l typ lagert daher um mehrere Zehner- potenzen rascher B r o m an als eine solche ohne Konjugat ionsbeziehung.

Die Bromierung des Styrols ist nach I. Ting und P. W. Rober t - son4,) zu rasch, um den zahlenmafiigen Vergleich mit Athylen zu ermoglichen. Die vorliegenden RG-Daten der Halogen-Addition43) erlauben lediglich den Vergleich solcher Paare von C,H,-CH=CHX und CH, = CHX, in denen X ein desaktivierender Substi- tuent ist. Das Verhaltnis der RG-Konstanten betragt 415 fur die Chlorierung mit X = COOH, 48 fur die Bromierung mit X = CH,C1 und 100 mit X = Br. Fur R = H ist ein grof3erer Wert fiir dieses Verhdtnis zu erwarten.

Auch beim vollkonjugierten XIII, n = 6 ist die Brom-Anlagerung in Eisessig zu rasch, um eine saubere zeitliche Verfolgung zu ge- statten. Durch einen Kunstgr8 brachten wir die RG-Konstanten in einen bequem messbaren Bereich: Zusatz der 40-fach molaren Menge Natriumbromid vermindert die Konzentration des allein aktiven freien Broms durch Bindung als Br3- auf einen winzigen Bruchteil. Die photometrische Verfolgung der Abnahme des Tri- brom-anions bei der Reaktion mit XI11 in Eisessig fuhrt zu ,,schein- baren" RG-Konstanten, die sich von den wirklichen um den Faktor K. (Br-) unterscheiden, wobei K die GW-Konstante der Tribrom- anion-Bildung ist. Bei der sehr geringen Konzentration an freiem Brom fanden wir die zweite Reaktionsordnung streng erfiillt, wah- rend nach P. W. Rober t son et al.44) die Reaktion mit m/40-Brom- losung in Eisessig der dritten Ordnung folgt.

Tab. 7 Addition von Brom an Ben.zo-cycladiene in Eisessig bei 20"

in Ggw. eines 40-fachen Uberschusses a n Natriumbroniid

Die Daten der Tab. 7, die, wie oben erortert, Relativwerte sind, zeigen rnit dem starken Abfa l l der RG-Kons tanten v o m sechs- z u m achtgliedrigen R i n g den Ubergang des Styrol-Typs in den Athylen- Typ als Folge der Verdrehung der Doppelbindungsebene gegen die des aromatischen Kerns. Bemerkenswert ist angesichts der Ahn-

4a) J. chem. SOC. [London] 1947,628. 43) Die von P. B. D. de la Mare4') zusammengestellte Tabelle basiert vornehm-

lich auf Arbeiten von P. W. Robertson et al. 44) Mit N. T. Clare, K. J. McNaught u. G. W. Pau l , J. chem. SOC. [London]

1937, 335; mit H. P. Rothbaum u. I. Ting, J. chem. SOC. [London] 1948, 980.

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Mittlere Ringe I1 21

lichkeit der Ubergangszustande VI I I und XV die unterschiedliche Reaktivitatsfolge von Funf- und Sechsring. Die Ursache liegt im wechselnden Vorzeichen der Pit zer -Spannung. Die Solvolyse des Chlor-indans (VII, n = 5 ) ist mit einer Abnahme der Koordina- tionszahl des cc-Kohlenstoffatoms verbunden, wird also konstellativ begiinstigt. Bei der Bromaddition an XIII, n = 5 wird dagegen ein dreibindiges in ein vierbindiges Zentrum ubergefiihrt, einer Zu- nahme der konstellativen Spannung entsprechend. Die grol3e Raum- beanspruchung des Bromatoms durfte noch den hemmenden Ein- fluB der Pit zer-Spannung auf die Bildung von XV, n = 5 erhohen. Im mittleren Ringgebiet sehen wir die sterische Mesomeriehinderung und die erschwerte Solvatation des Carbonium-ions XV in gleichem Sinne wirken, was eine Trennung des Einflusses der beiden Fak- toren hier nicht erlaubt.

Fur die liebenswurdige Uberlassung yon Chemikalien, die im Rahmen unserer Arbeiten uber Mittlere Ringe benotigt wurden, sprechen wir Herrn Dr. 0. B o h me (Farbenfabriken Bayer, Leverkusen), Herrn Prof. G. E h r h a r t (Farbwerke Hoechst) und Herrn Prof. W. R e p p e (Badische Anilin- u. Sodafabrik) umeren besten Dank aus.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem ERP sei fur die Unter- st,iitzung unserer Arbeit mit einer Sachbeihilfe gedankt. Frl. W. Riebl und Frl. I. Glogger gilt unser Dank fur die fleiBige Hilfe bei den photometrischen Messungen.

Beschreibung der Versuche Reinigung des 1,2- Benzo-cyclooctenons-(3)

Das bereits durch Destillation uber eine Kolonne vorgereinigte Ringketon l5Bt sich in alkoholischem Acetatpuffer in das kristallisierte Semicarbazon uber- fiihren. Fruhere MiBerfolge bei der Semicarbazonbildung beruhten darauf, da13 in der Siedehitze gearbeitet wurde. Die in mehr als 70-proc. Ausbeute erhaltene Spitzenfraktion schmilzt nach 2-maligem Umlosen aus Methanol bei 170-171 O.

C,,H,,ON, (231,29) Ber. C 67,50 H 7,41 Gef. n 67,77 )) 7,42

Das Semicarbazon wird mit dem Gemisch gleicher Volumenteile Athano1 und 2 n-Schwefelslure bei Wasserbadtemperatur zerlegt. Nach Verdunnen mit Wasser wird in Benzol aufgenommen, das Keton anschlieaend bei 87--88°/0,001 destil- liert.

Die p-Ni t ro-phenylhydrazone der Benz-cyclenone Die warme Losung von 0,4 g reinem p-Nitro-phenylhydrazin in 2 ccm konz.

Schwefelsaure, 3 ccm Wasser und 35 ccm Alkohol oder in 20 ccm Alkohol + 5 ccm Eisessig wird mit der alkoholischen Losung der molaren Menge des Ketons ver- setzt. Die beim Erkalten in nahezu quantitativer Ausbeute kristallisierenden Hydrazone werden anschliel3end aus Methanol bis zur Schmp-Konstanz um- gelost.

a-Indanon-p-nitro-phen ylhydrazon, Schmp. 234-234,5O in Ubereinstimmung mit der Literat~r4~).

45) K. v. Auwers u. E. Auffenberg, Ber. dtsch. chem. Ges. 52, 106 (1919).

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22 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a l e r

a-Tetralon-p-nitro-phenylhydrazon, Schmp. 228.5-229O; goldfarbene Rlatt- chen.

Benzo-suberon-p-nitro-phen ylhydrazon. Orangegelbe Tafeln vom Schmp. 20i his 207,5O.

C17H1,02N3 (295,33) Ber. C 69,13 H 5,80 Gef. )) 69,19 )) 5,95

Benzo-c yclooctenon-p-nitro-phenylhydrazon. Bei der oben beschriebenen Dar- stellung wie auch bei der ohne Saurekatalyse fiel stets ein gelbes 01 an, das auch nach chromatographischer Reinigung aus Benzol a n Aluminiumoxyd nicht kristallin zu erhalten war. Erst nach Erhitzen auf 180° kristallisierte es beim Erkalten in zitronengelben Nadeln vom Schmp. 112-114O durch. Wir sind nicht sicher, ob es sich dabei um eine geometrische Isomerie handelt; nach erneutem Auflosen im Solvens fiel das Hydrazon wieder olig an.

CI8H,,O2N, (309,36) Ber. C 69,88 H 6,19 PI' 13,58 Gef. )) 69,78 )) 5,96 )) 13,46

Die Absorptionsspektren wurden fur alle Verbindungen dieser Arbeit mit dem Unicam- Quarz- Spektrophotometer SP 500 aufgenommen.

Die 2,4,6-Trinitro-phenylhydrazone der Benzo-cyclenone

Sie wurden ebenfalls in alkoholisch-schwefelsaurer Losung bereitet. Die roten, vollkonjugierten Hydrazone sind durchweg in den Alkoholen schwer loslich und wurden aus Benzol umkristallisiert. Fur die gelben, niedrigschmelzenden Ver- bindungen erwies sich Methanol zum Umlosen geeignet.

u. Zers. a-Indanon-trinitro-phenylhydrazon. Tiefrote Kristalle vom Schmp. 261--261,5

C,,H,,O,K, (357,28) Ber. C 50,42 H 3,lO Gef. )) 50,73 )) 3,42

a-Tetralon-trinitro-phenylhydrazon. Granatrote Prismen vorn Schmp. 245,5 bis 248O.

C,,H,,O,N, (371,30) Ber. C 51,75 H 3 3 3 Gef. )) 51,71 )) 3,70

Benzo-suberon-trinitro-phenylhydrazon. Die Kristalle des rohen Hydrazoiis sind nicht einheitlich. 5-maliges Umlosen aus Methanol fuhrt zu roten mono- klinen Saulen vom Schmp. 199-20O0 = a-Form.

C,,H,,O,N, (385,33) Ber. C 52,99 H 3,92 N 18,18 Gef. )) 52,80 D 3,96 )) 15,42

Das Mutterlaugen-Kristallisat enthielt neben den roten groSere Illengen leichter loslicher gelber Kristalle. Behandeln mit kaltem abs. Ather 1aBt die =-Form ungelost zuruck. Nach 3-maligem Losen in Ather und Abdampfen des Losungsmittels werden die orangegelben Tafeln der P-Form rein erhalten. Nach raschem Umlosen aus Methanol schmilzt das P-Hydrazon bei 155-156O.

C,,H,,O,N, (385,33) Ber. C 52,99 H 3,92 N 18,18 Gef. )) 53,09 )) 4,19 )) 18,08

Der Mischschmelzpunkt von a- und p-Form liegt bei 139-143O. LaBt man die gelben Kristalle der P-Form mit wenig Methanol iiberschichtet stehen, dann erfolgt im Laufe einer Woche weitgehende Isomerisierung. In siedendem Methanol unter Zusatz eines Tropfens Salzsiiure ist die Umlagerung nach einer Stunde vollstandig.

Page 23: Mittlere Ringe II. Sterische Hinderung der Mesomerie in 1,2-Benzo-cyclen-3-onen und verwandten Verbindungen

Mittlere Ringe I1 23

Benzo-cyclooctenon-trinitro-phenylhydrazon. Die im rohen Hydrazon deutlich unterscheidbaren ziegelroten und gelben Kristalle wurden durch fraktionierte Kristallisation aus Methanol getrennt, wobei wieder die rote Form schwerer loslich ist. Das a-Hydrazon kristallisiert in stark verzwillingten, monoklinen Saulen, die meist keine Ausloschung des polarisierten Lichtes zeigen46). Schmp. 177,5--178O.

C,,H,,06N, (399,36) Ber. C 54,13 H 4,29 N 17,54 Gef. )) 53,96 )) 4,OO )) 17,39

Das gelbe @-Trinitro-hydrazon kristallisiert in monoklinen, ausloschenden Blattchen vom Schmp. 168-169" (Methanol).

Gef. C 54,08 H 4,02 N 17,27

Die Mischung der beiden Hydrazone schmilzt unscharf bei 153-155O. Es bedarf langeren Kochens mit alkoholischer Salzsaure, um die @-Form quantitativ in die rote a-Form iiberzufiihren.

Die Benzo-cyclenon-oxime a-Indanon-oxim, Schmp. 142--142,5O; Lit. 143-14447). A,,, = 252 mp

a-Tetralon-oxim, Schmp. 102,5-103°; Lit. 10348). A,,, = 254 m p mit

Benzo-suberon-oxim, Schmp. 108-108,5°; Lit. 108-109 49). A,,, = 238 mp

mit E = 12300.

E = 11700.

mit E = 9600. Benzo-c yclooctenon

a - Oxim. 2,5 g Ringketon (14,5 mMol), 1,75 g Hydroxylamin-chlorhydrat (25 mMol) und 1,75 g wasserfreies Kaliumcarbonat (12,5 mMol) werden in 40 ccm Alkohol und 20 ccm Wasser 8 Stunden unter RiickfluB gekocht. Nach Zusatz von weiteren 40 ccm Wasser la5t man 2 Tage stehen, wobei das ausgeschiedene 61 vollstandig durchkristallisiert. Auch beim Umlosen aus Petrolather 1aBt man tunlich jeweils einen Tag stehen, da das Oxim langsam kristallisiert. Farblose Nadeln vom Schmp. 84-85O. Ausbeute 80-90% d. Th. Analysiert wird ein bei 65O i. V. getrocknetes Praparat.

C12H,,0N (189,25) Ber. C 76,15 H 7,99 PIT 7,40 Gef. )) 76,02 )) 7,83 )) 7,35

@ - Oxim. 10 g Benzo-cyclooctenon werden mit 10 g Hydroxylamin-chlor- hydrat, 12 g Natriumbicarbonat und 100 ccm 60-proc. Athanol unter Zusatz von 2 ccm Eisessig 3 Stunden bei Raumtemp. auf der Maschine geschuttelt. Beim EingieBen in 500ccm Wasser scheidet sich das Oxim als 61 ab, das beim Stehen im Kiihlschrank kristallisiert. Das Rohprodukt vom Schmp. 86-95O wird in quant. Ausbeute erhalten. Zur Gewinnung der hochschmelzenden @-Form wird das Rohprodukt 3-ma1 aus Benzol-Cyclohexan rasch umgelost ; dabei wird ein Schmp. von etwa looo erreicht. Rein erhalt man das Isomere vom Schmp. 114,5O durch anschlieBende 2-malige Tieftemperatur-Kristallisation aus Methanol, wobei jeweils durch Kuhlung mit fester Kohlensaure das Oxim zur Ausscheidung gebracht wird.

Gef. C 76,27 H 8,04

46) Fur die Bestimmung der Kristallform der isomeren Hydrazone danken wir

4 7 F. S. K i p p i n g , J. chem. SOC. [London] 65, 480 (1894). 48) F. S t r a u s u. A. R o h r b a c h e r , Ber. dtsch. chem. Ges. 54, 57 (1921). 49) F. S. K i p p i n g u. E. H u n t e r , J. chem. SOC. [London] 79, 607 (1901).

Hern Prof. G. Menzer , Miinchon.

Page 24: Mittlere Ringe II. Sterische Hinderung der Mesomerie in 1,2-Benzo-cyclen-3-onen und verwandten Verbindungen

24 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a l e r

Beim Versuch des Umlosens aus siedendem Alkohol oder Dioxan kristallisiert sofort die =-Form aus. Langsamer erfolgt die Umlagerung in Benzol. Eine Ruck- verwandlung der oc-Form in das labile, hoherschmelzende Isomere gelang nicht.

P o l a r o g r a p h i e d e r Benzo-cyc lenone u n d i h r e r Oxime Die polarographischen Messungen wurden nach der Punkt-fur-Punkt-Methode

lnit einem selbstgebauten Gerat durchgefuhrt, dessen Schaltung den Angaben von I. M. K o l t h o f f und J. J. Lingane50) entspricht. Als Spannungsgeber diente ein Spiralpotentiometer von 16,6 Ohm, fur die Strommessung ein widerstands- gedanipftes Multiflexgalvanometer. Quecksilber-Tropfelektrode und Niveau- regler nach J. J. L i n g a n e und H. A. Laitinen51). Praktischer in der Hand- habung als die ubliche H-Zelle erwies sich eine solche von +Form, bei der G 1- Fritte und Agardichtung horizontal liegen. 1% verwendeten Kapillaren mit folgenden Tropf-Charakteristiken: m = 0,770 und 0,830 mg Hg/sec und t = 4,3 bzn. 4,l!sec bei 1,5-V-Spannung. Als Losungsmittel diente feinfraktioniertes Isopropanol; e;.: evtl. geringer Acetongehalt stort wegen dessen schwerer Redu- zierbarkeit in unserem MeBbereich nicht.

Fur die Aufnahmen der Polarogramme uber die saure pH-Skala hinweg fand folgender Grundelektrolyt Verwendung : Eine waBrige Losung, 0,2 m a n Kalium- chlorid, je 0,l m an Phosphorsaure und Essigsaure, wird mit gleichem Volumen reinem Isopropanol verdunnt. Durch Zugabe abgemessener Mengen 6 n-Ammo- niak in 50-proc. Isopropanol zu jeweils 10 ccm Grundelektrolyt konnen beliebige pH-Werte zwischen 2 und 10 eingestellt, mit einer Substanzeinwaage also die Polarogramme in pH-Abhangigkeit aufgenommen werden. Unter Vernachlassi- gung des Einflusses des organ. Losungsmittels wurden folgende pH-Werte in Abhangigkeit vom Ammoniakzusatz mit Hilfe der Platin- Wasserstoffelektrode gemessen :

ccm Gn-NH,-Lsg. 0,012 0,102 0,154 0,271 370 452 552 627

PH 2,1 3,5 5 4 6,5 E (mV)

D u r c h f u h r u n g d e r Messungen: Die Zelle wird mit etwa 30 pMol Substanz in 10 ccm des Elelrtrolyten unter Zusatz von 0,05 ccm 1-proc., frischer Gelatine- losung beschickt. Unter Durchleiten von Gluhlampenstickstoff wird die Losung 20 Min. lang von Sauerstoff befreit, wobei sich die Zelle im 25,OO-Thermostaten befindet. Bei der Aufnahme der Stromspannungs-KurveKontrolle des Spannungs- gebers mit Weston-Element. Die Diffusionsstrome liegen in der GroOenordnung von 10 pA. Bei der Auswertung der Stromspannungs-Kurve bedurfte es zuniichst einer Subtraktion der betreffenden Kurve des Trager-Elektrolyten. Die Halb- wellenpotentiale und die Diffusionsstrome id werden unmittelbar der Kurve ent- nommen, aus letzterer mittels Division durch c . mZ13 . t'I6 die Diffusions-Strom- konstanten errechnet. Der u-Faktor der Stromspannungs-Gleichung fur irre- versible, polarographische Reduktions2) wird gewohnlich durch Auftragen von log i/(id-i) gegen E ermittelt. Wesentlich rascher und nicht ungenauer erhalt man oc aus der Steigung des als linear aufgefaBten Stucks zwischen dem 1/3- und 2,',-\;Vellenpotential der Stromspannungskurve. Aus

I m folgenden seien unter Erweiterung der Tab. 4 die polarographischen Daten fur die Benzo-cyclenon-oxime unter pH-Variation gegeben; E* ist dabei die

5 u ) Polarography I , New York 1952, S. 300. jl) Ind. Engng. Chem.. Analyt. Edit. 11, 504 (1939). j2) P. v a n Rysse lberghe , J. Amer. chem. SOC. 68, 2047 (1946).

Page 25: Mittlere Ringe II. Sterische Hinderung der Mesomerie in 1,2-Benzo-cyclen-3-onen und verwandten Verbindungen

Miftlere Ringe 11 25

Differenz von Eliz und dem Potential der Wasserstoff-Elektrode; E* sol1 jeweils iiber eine MeBreihe konstant sein. Bezugselektrode war in allen Fallen die ge- siittigte Kalomelelektrode.

PH

a-Indanon-oxim c = 0,00318 m

a-Tetralon-oxim c = 0,00291 m

Benzo-suberon-oxim c = 0,00296 m

Benzo-cyclooctenon- oxim (a) c = 0,00262 m

Cyclohexanon-oxim c = 0,00414 m

1,06 1,18 1,27 1,31 1 , O l 1,12 1,22 1,26 1,lO 1,20 1,32 a)

1,14 1,24 1,33 a)

1,33 1,36 1,45 a)

E*

0,69 0,73 0,72 0,68 0,64 0,67 0,67 0,64 0,70 0,75 0,77

0,77 0,79 0,78 a)

0,94 0,91 0,90 a)

a)

DSK 1 u

4,50 4,28 3,73 1,47 4,52 4,36 334 1,69 4,43 3,52 2,22 0,32 4,38 3,19 1,14 0,27 3,09 2,38 2,22 0,29

0,53 0,35 0,42 0,56 0,52 0,33 0,41 0,45

040 0,37 0,41 a)

0,36 0,37 0,54 a)

0,32 0,41 0,44 a)

a) Wegeii der geringen Wellenhiihe des Diffusionsstroms nicht zu ermitteln.

R G der Semicarbazon-Bildung Um die Vergleichbarkeit zu sichern, wurden die Messungen in Anlehnung a n

die Bedingungen der englischen Autorensl) durchgefiihrt. 50 ccm einer 0,2 m- Losung des Ketons in reinem 96-proc. Alkohol werden im 25O-Thermostaten zur Nullzeit der Messung mit je 25 ccm 0,400 m-Kaliumacetat-Losung und 0,200 m- Semicarbazid-chlorhydrat-Losung in Wasser versetzt; siimtliche Losungen wurden vorher auf 25,OO temperiert. Die jodometrische Bestimmung des nicht- umgesetzten Semicarbazids erwies sich nur dann als reproduzierbar, wenn man durch Zusatz von sec. Natriumphosphat den PH erhoht. Zu definierten Zeiten pipettiert man 10 ccm-Proben der Reaktionslosung in 20 ccm 0,l n-Kaliumjodat + 1 g Kaliumjodid + 10 ccm n-HC1 + 20 ccm 0,5 m Na,HPO, und titriert nach 10 Min. das iiberschiissige Jod mit 0,l n-Thiosulfat zuriick.

Bei der Auswertung ist die Reversibilitlit der Reaktion zu beachten. Unter Beriicksichtigung der pseudomonomolekularen Hydrolyse gilt, wenn x = (Semi- carbazid) und (x + c) = (Keton) :

-dx/dt = k, * x (X + C) - (xg- X) k1

Wenn man kJk2 = K setzt, ergibt die Integration zwischen den Grenzen m und n:

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26 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a l e r

Aus dem nach 36 Stunden titrierten x,, der GW-Konzentration an Semi- carbazid, ergibt sich

K=xe (xe+c)/(xo-xe) I m folgenden zwei Ausfiihrungsbeispiele :

Benzo-suberon.

t (min) 37,8 120 175 380 451 100 x 4,50 4,13 3,91 3,22 3,Ol k, . 104/sec 1,76 1,69 1,658 1,68 1,70

Benzo-cyclooctenon. 1,749 g reines Keton in 50 ccm dthanol; x o = 0.0458;

t (min) 40,4 101 201 298 370 452 100 x 4,33 3.94 3,39 2,98 2,611 2,50 k, . 104/sec 2,84 2,86 2,88 2,8T 2,85 2.85

1,608 g frisch iiber das Semicarbazon gereinigtes Keton in 50 ccm Alkohol; xo = 0,0478; c = 0 , 0 5 2 5 ; ~ ~ = 0,0146;K = 0,0295;A = 0,1004.

c = 0,0526; X, = 0,00875; K = 0,0137; A = 0,0839.

Die Athanolyse der 1,2-Benzo-3-chlor-cyclene- (1) 1-Chlor-indan wurde durch Addition von trockenem Chlorwasserstoff a n Inden

bei -100 erhaltenS3). Das Halogenid wurde 3-ma1 i. V. feinfraktioniert.

1-Chlor-tetralin wurde analog aus 1,2-Dihydro-naphthalin dargestellt.

1 ,2-Benzo-3-chlor-cycloheptll-en. Die Reduktion von Benzosuberon mit Li- thium-aluminiumhgdrid in Ather liefert 98% d. Th. a n Benzo-suberol vom Sdp. 141-143°/10 und Schmp. 100-lO1° nach Umlosen aus Petrolather. Die Behandlung des Benzo-suberols mit reinstem Thionylchlorid (15% UberschuB) ergibt bei der anschlieBenden Vakuum-Destillation 91 % d. Th. am Chlorid (VII, n = 7) vom Sdp. 112,5--114O/8. Vor der Messung der Solvolyse wurde das Produkt noch einer 2-maligen Vakuum-Fraktionierung unterworfen.

1,2-Benzo-3-chlor-cyclooct-l-en wurde analog aus 1,2-Benzo-3-oxy-cyelooct- l-en3) mit Thionylchlorid in nahezu quant. Ausbeute bereitet. Sdp. 137-140°/8.

Me B a n or d n u n g. Eine Absoluteichung der P h i lips - Leitfiihigkeitsmefibrucke GM 4249 wurde mit Hilfe eines Prazisons-FeinmeB-Widerstandes (Ruhstrat) so durchgefiihrt, daB im MeBbereich von 10-lo6 Ohm eine Ablesegenauigkeit von 0,3% erreicht wird. Die Messungen werden in verschlossenen GefaBen mit Philips-Tauchelektroden GM 4221, die Zellkonstanten von 1,54 bzw. 1,42 em besitzen, bei einer Stromfrequenz von 1000 Hertz durchgefiihrt. Fur die Temperaturen 25O, 40" und 55O i 0,05O wurden mit Verdunnungs-

reihen von absolut-alkoholischer Salzsaure, deren Gehalt zuvor gegen n/10- Natronlauge eingestellt wurde, Konzentrations-Leitfiihigskeitskurven ermittelt. I n Vorversuchen erwies sich die spezifische Leitfahigkeit gleichkonzentrierter alkoholischer Salzsauren als erheblich abhiingig von der Vorbehandlung des Alkohols. Da somit Konstanz des Losungsmittels fur Eichkurven und Messungen geboten erschien, haben wir die gleiche Charge eines Benzol-absolutiertenAthanols verwendet.

Die Messungen. Das Halogenid VII wurde zugegeben, nachdeni sich die mit etwa 25 ccm dthanol beschickte Leitfahigkeitszelle der Temperatur des Thermo- stater1 angeglichen hatte. Der sauber unimolekulare Verlauf ermoglicht es, die Nullzeit auf einen Zeitpunkt festzulegen, zu dem die Leitfahigkeit in den opti- rnalen Mefibereich geriickt ist. Fur die alkoholischen Losungen von VII, n = 7 und 8 wurde dazu zunachst auf 70° erwarmt. Mit Ausnahme der 25O-Messung des

53) K. D. H a w o r t h , C. Liiidley u. D. Woodcock, J. chem. Sor. [London] 1947. 369.

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Mittlere Ringe 11 27

siebengliedrigen sowie der 400-Messung des achtgliedrigen Ringsystems wurden die Reaktionen uber mehr als eine Halbwertszeit hinweg mit der ansteigenden Leitfiihigkeit kontrolliert. Nach Beendigung der Messung wurden der Losung zwei Proben ti 10 ccm entnommen, nach Versetzen mit 50-proc. wiiljrigem Alkohol in der Siedehitze hydrolysiert, dann die Endkonzentration a n Chlorwasserstoff durch acidimetrische Titration bestimmt. I m folgenden sei ein Beispiel gegeben, die Athanolyse von VII, n = 7 bei 55,0n. Nach Einbringen von 0,5 g Chlorid und etwa 25 ccm abs. Alkohol in die Zelle belakit man im Thermostaten, bis der optimale Meljbereich erreicht ist. Der am Ende ermittelte Gehalt an Salzsaure betragt c = 0,0556.

5 6 7 8

Zeit (min)

151 781 3470 36,3 210 1030 0,813 6,07 38,6

0,768 2,Oo 5,14

0 30 45 60 75 105 165 270 315 375 435

Leitfahigkeit 1OOOOiOhni

5,15 6,76 7,43 8,12 8,73 9,94 11,84 14,46 15,34 16,53 17,35

0,0083 0,0115 0,0130 0,0144 0,0158 0,0185 0,0233 0,0304 0,032’7 0,0358 0,0383

lo00 . k, (min I )

2,335 2,325 2,301 2,302 2,313 2,312 2,332 2,303 2,322 2,312

Der aus der Streuung der kl-Werte auf Grund der G a u s s -Verteilung ermittelte wahrscheinlichste Fehler betriigt 1-2 %. Die Fehler in der Aktivierungsenergie betragen 1% fur n = 5 und 6, l,8% fur n = 7 und 2,5% fur n = 8. Die Aktions- konstanten sind mit einem Fehler von etwa f 5% belastet; noch starker sind die Aktivierungsentropien betroffen.

Die Tab. 8 enthalt die gemessenen RG-Konstanten. Doppelmessungen wurden nur da ausgefuhrt, wo die aus den k,-Werten bei drei Temperaturen errechnete Aktivierungsenergie keine befriedigende Konstanz zeigte.

Tab. 8 106 . k, (sec-l) der Athanolyse von VII

~

VII, n = 25 40 4’7,543 j 550

Die 1,2-Benzo-cycla- 1,3-diene und die Geschwindigkeit ih rer Bromaddit ion

1,Z-Dihydro-naphthuZin (XIII , n = 6) wurde durch Entbromung aus 1,2-Di- brom-1,2,3,4-tetrahydr0-naphthalin~~) bereitet. Da die Reaktion mit Magnesiums4) nicht anging, wurden 12 g des durch Kristallisation aus Chloroform-Alkohol

5*) J. v. B r a n n u. G. Ki rschbaum, Ber. dtsch. chem. Ges. 54, 597 (1921).

Page 28: Mittlere Ringe II. Sterische Hinderung der Mesomerie in 1,2-Benzo-cyclen-3-onen und verwandten Verbindungen

38 H u i s g e n , R a p p , U g i , W a l z und M e r g e n t h a l e r

gereinigten, bei 70-71 0 schmelzenden Dibromids in abs. Alkohol unter Ruhren 6 Stunden mit 50 g Zinkstaub bei 600 behandelt. Nach Absaugen und Einengen wurde mit Wasser-Ather aufgearbeitet!. Aus dem Ruckstand der Atherlosung wurde nach wiederholter Destillation reiues 1,2-Dihydro-naphthalin vom Sdp. 110-111°/32 erhalten.

1,2-Benzo-cyclo-hepta-1,3-dien (XIII, n = 7). Die thermischelZersetzung von XIV, n = 7 als Chlorhydrat40) wurde im Hochvakuum bei 250-270° vor- genommen. S u s 7 g Amin-ehlorhydrat wurden dabei innerhalb 3 Stunden 3,5 g Destillat erhalten. Rach der Reinigung durch Waschen mit Wasser und Destil- lation iiber Natrium erhielten wir 2,5 g eines 01s vom Sdp. 106-108°/12 mit folgenden Analysendaten :

C,,H,, (144,21) Ber. C 91,61 H 8,39 Gef. )) 90,73 )) 8,26

Ein reineres Praparat liefert die Behandlung von Benzolsuberol mit HBr. 6,6 g des Carbinols werden mit 12 ccm 48-proc. Bromwasserstoffsanre unter Zusatz von 0 , l g rotem Phosphor 4 Stunden unter RiickfluB gekocht; alsdann nerden innerhalb 3 Stunden der siedenden Losung 3 ccm konz. Schwefelsaure zugesetzt. Kach dem Erkalten wird mit Wasser verdiinnt, nach Abfiltrieren des Phosphors ausgeathert und der Ruckstand der Atherlosung i. V. destilliert. Bei 106-107°/12 gehen 2,O g des Diens iiber; nach einer Zwischenfraktion von 0,8 g erhalt man bei 145-150°/12 2,5 g des Bromids. Das Dien wird noch einmal fraktioniert und analysiert.

Gef. C 91,35 H 8,14

1,2-Benzo-et~cZoocta-1,3-dien (XIII, n = 8). Auch dieses Dien wird auf zwei unabhiingigen Wegen bereitet :

a) 1,5 g Benzo-cyclooctenon-oxim werden in 60 ccm abs. Athanol gelost und in der Siedehitze portionsweise mit 7 g Natrium behandelt. AnschlieBend wird in Wasser gegossen, ausgeathert und der atherischen Losung der. Basenanteil mit 2 n- Salzsaure entzogen. Die mit Ammoniak freigesetzte, mit Ather., extrahierte Base wird nach der Destillation bei 145-148O/12 als farbloses 01 erhalten. Ausbeute 1 , l g = 82% d. Th.

C,,H,,N (175,27) Ber. C 82,23 H 9,78 N 7,99 Gef. z 82,29 )) 9,65 )) 7,90

Das Chlorhydrat des vorstehenden 3-Amino-l,2-benzo-cyclooctens-(1) wird in g-Chargen durch einstundiges Erhitzen im Schmitt-Coutelle-Kolbenss) auf 280-290° im Hochvak. thermisch zersetzt. Die Rohdestillate werden in Ather aufgenommen, mit Wasser gewaschen und nach Entfernung des Athers destil- liert. Bei 123--125O/20 gehen 42% d. Th. als farblose Fliissigkeit iiber.

Cl,H14 (158,23) Ber. C 91,OS H 8,92 Gef. )) 90,62 )) 8,67

b) 8,4 g 1,2-Benzo-cyclooct-l-en-3-o13) wird wie oben mit 15 ccm Bromwasser- stoffsaure und 3 ccm konz. Schwefelsaure umgesetzt. Man erhLlt ein nahezu aquimolares Gemisch von 1,2-Benzo-3-brom-cyclooct-1-en und dem gesuchten Olefin, dils nach Feinfraktionierung Sdp. 104-105,5 " 8 aufweist und einen eigen- artigen, a n Petersilie erinnernden Geruch besitzt.

Gef. C 91,15 H 8,96

Die beiden Praparate von XIII, n = 8 stimmen in der UV-Absorption genau

55) Chem. Fabrik 14, 200 (1941).

uberein.

Page 29: Mittlere Ringe II. Sterische Hinderung der Mesomerie in 1,2-Benzo-cyclen-3-onen und verwandten Verbindungen

Mit t lere Ringe I1 29

Messung d e r Bromierungsgeschwindigkei t Die Bromaddition wird mit dem E l k o I I (Zeiss-Opton) mit Filter S49

photometrisch uber die Abnahme des (Br,-) verfolgt. Da sich das GW zwischen Brom und Tribrom-anion unmel3bar rasch einstellt, ist die Proportionalitat von E und (Br,) stets gesichert. Es gilt daher mit (KVC') = Konzentration des Olefins:

Mit dem Olefin als Unterschu13-Komponente darf namlich eingesetzt werden:

Et-ECC (KW)o=(Br,)o (1- EEy) und (KW)t= (Br,)o ~~ ~

€0

Durch Auflosen von Brom und Natriumbromid p. a. in Leitfahigkeits-Eisessig wird eine Losung bereitet, die in 10 ccm 1,91 mg Brom = 12,O pMol und 50 mg Natriumbromid = 485 pMol enthalt. 10 ccm dieser Losung + 9,5 ccm Eisessig werden in der 5-cm-Kuvette des Photometers thermostatisiert. Nach Ablesen der Extinktion, aus der E" durch Abzug von 2,5% erhalten wird, gibt man 0,5 ccm einer Eisessig-Losung des Olefins, die etwa 10 pMol enthllt. Bei den raschen Bromierungen, etwa der von XII I , n = 6, kommt man mit der Kompensation der Extinktionsabnahme nicht nach. Hier ist es zweckmiiibig, bereits vo r der Olefinzugabe in einen mittleren e-Bereich einzustellen und die Zeit vom Olefin- zusatz bis zum Passieren der Nullmarbe des Galvanometers mit der Stoppuhr zu messen. Die in die Tab. 7 aufgenommenen Werte sind Mittelwerte von jeweils drei bis vier unabhangigen MeBreihen. Eine gewisse Schwierigkeit liegt in der Inkonstanz des Endwertes ; das 1,2-Benzo-3,4-dibrom-cyclen-( 1) verbraucht nam- lich langsam weiter Brom. Besonders bei den langsamen Reaktionen mu13 daher mit Versuch und Irrtum eine Endpunkts-Approximation vorgenommen werden. Zwei MeBreihen seien als Beispiel angefuhrt.

I n d e n (XIII, n = 5); E~ = 0,580. t (sec) 528 10 20 30 45 60 Endwert E t 0,279 0,203 0,149 0,123 0,108 0,105 0,100 1000. k, 21,2 24,4 22,2 23,s 26,O 23,O

1,2- Benzo-c ycloocta-l,d-dien ; E~ = 0,556. t (sec) 90 150 210 270 330 390 E t 0,448 0,410 0,378 0,352 0,329 0,315 1000 k, 0,26 0,23 0,22 0,21 0,21 0,20

t (sec) 480 600 720 1200 2400 Endwert E t 0,285 0,260 0,239 0,184 0,129 0,068 1000. k, 0,21 0,20 0,20 0,19 0,20


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