Einführung
Nahrung ist der Schlüssel zu unserer Gesundheit und
zu der Gesundheit unseres Planeten. Vom Anbau von
Feldfrüchten über die Verarbeitung, den Transport, den
Verkauf, die Lagerung und das Wegwerfen von Lebensmitteln -
alles, was wir essen, hat Auswirkungen auf unsere Umwelt und
unsere eigene Gesundheit. Angesichts der prognostizierten
Weltbevölkerung von 9,7 Milliarden Menschen bis 2050 und
des prognostizierten Klimawandels, der unsere Fähigkeit zum
Anbau von Nahrungsmitteln in bestimmten Teilen der Welt
behindern wird, ist der Anbau von genügend gesunden und
nachhaltigen Nahrungsmitteln eine unserer wichtigsten
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.
Die Art und Weise, wie wir Lebensmittel anbauen und essen,
trägt zu dieser doppelten Herausforderung bei:
•• Krise der menschlichen Gesundheit
Dazu gehört eine zunehmende Verbreitung von Fettleibigkeit,
Übergewicht und anderen nicht übertragbaren Krankheiten
(z.B. Diabetes, Herzkrankheiten, Krebs), aber auch Unter-
ernährung.
•• Planetare Gesundheitskrise
Dazu gehören die Produktion von Treibhausgasemissionen,
welche den Klimawandel vorantreiben, die Landnutzungs-
änderung, die die Entwaldung vorantreibt, und die
Auswirkungen von Düngemitteln und Pestiziden auf der
Basis fossiler Brennstoffe auf unsere Tierwelt und die
Natur.
Der größte Schritt, der sowohl unsere eigene Gesundheit als
auch die Gesundheit unseres Planeten erheblich verbessern
wird, besteht darin, dafür zu sorgen, dass wir mehr
pflanzliches Eiweiß zu uns nehmen und gleichzeitig die
Gesamtmenge an Fleisch- und Milchprodukten in unserer
Ernährung reduzieren.
Angetrieben von der Sorge um Gesundheit, Nachhaltigkeit
und Tierschutz wenden sich viele Menschen in Europa
und Nordamerika einer pflanzenbetonteren Ernährung zu
(flexitarische, vegetarische und/oder vegane Ernährung) und
treffen bewusste Entscheidungen, um den Anteil pflanzlicher
Lebensmittel in ihrer Ernährung zu erhöhen.
Nachhaltige Ernährung für eine bessere menschliche
und planetare Gesundheit Mark Driscoll im Namen der Alpro Foundation - Februar 2020
Die Produktion und der Konsum von Lebensmitteln
tierischer Herkunft (Fleisch und Milchprodukte) hat viele
Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt und hat sich
zu einem zentralen Thema entwickelt.
GESUNDHEIT - Über 51,6 % der europäischen
Bevölkerung sind übergewichtig und mehr als 20 %
fettleibig. 1 Ungesunde Ernährung ist der wichtigste Faktor
für alle gesunden Lebensjahre, die in Europa verloren
gehen.2 Chronische Krankheiten wie Herz-Kreislauf-
Erkrankungen und Typ-2-Diabetes machen 70 bis 80 %
der Gesundheitskosten aus, was sich schätzungsweise
zu 700 Milliarden Euro pro Jahr in der EU summiert.
Ungesunde Ernährung ist weltweit die Hauptursache
für Gesundheitsprobleme. Demgegenüber hat eine
Ernährung, welche die Anzahl der verarbeiteten
Lebensmittel reduziert und die Menge der verzehrten
Pflanzen verdoppelt, das Potenzial, etwa 11 Millionen
vorzeitige Todesfälle pro Jahr zu vermeiden. 3
ERNÄHRUNGSSICHERHEIT - Viele Länder sind
neben Übergewicht und Adipositas mit der doppelten
Belastung durch Hunger und Unterernährung
konfrontiert, wobei derzeit jeder Dritte auf der Welt an
einer Art Mangelernährung leidet. 4
TREIBHAUSGASEMISSIONEN - Unser Ernährungs-
system trägt schätzungsweise 19-29 % zu den
vom Menschen verursachten Treibhausgasen bei. 5
Die Viehzucht ist mit 14,5 % an den globalen
Treibhausgasemissionen beteiligt. Durch die Umstellung
auf eine pflanzenbetontere Ernährung würden erhebliche
Mengen an Landflächen freigesetzt, was zu einer
beträchtlichen Reduzierung der Treibhausgasemissionen
führen würde. 6
BIOLOGISCHE VIELFALT - Die Natur nimmt weltweit
mit einer in der Geschichte der Menschheit beispiellosen
Geschwindigkeit ab, wobei über 1 Million Arten vom
Aussterben bedroht sind. Eine Schätzung geht davon aus,
dass 30 % des weltweiten Verlustes an biologischer
Vielfalt mit der intensiven Viehzucht zusammenhängen.
Futtermittel, die nach Europa importiert werden, sind eine
wichtige Triebkraft für Landnutzungsänderungen und
Entwaldung. 80 % der europäischen Nutzpflanzen sind von
bestäubenden Insekten abhängig, und dennoch gehen diese
Insekten aufgrund des übermäßigen Einsatzes von Pestiziden
und intensiven landwirtschaftlichen Praktiken in noch nie
dagewesenem Ausmaß zurück und bedrohen unsere künftige
Ernährungssicherheit.
NATÜRLICHE RESSOURCEN - Heute nutzt die
Weltbevölkerung etwa 50 % der gesamten bewohnbaren Fläche
für die Landwirtschaft. Wie Abbildung 1 zeigt, werden 77 %
dieser landwirtschaftlichen Nutzfläche durch eine Kombination
von Weideland und Flächen für die Futtermittelproduktion zur
Viehzucht genutzt. Obwohl sie bei der Landzuweisung für die
Landwirtschaft dominieren, liefern Fleisch und Milchprodukte
nur 17 % der weltweiten Kalorienversorgung und nur 33 %
der weltweiten Proteinversorgung. Die restlichen 23 % der
landwirtschaftlichen Nutzfläche werden für den Anbau von
Pflanzen für den menschlichen Verzehr genutzt (die 83 %
unserer Kalorien liefern). 7 Bis 2050 wird der weltweite Fleisch-
und Milchkonsum voraussichtlich um 76 % steigen und die
begrenzten Landressourcen noch stärker belasten.
LEBENSMITTELABFÄLLE - In der EU werden etwa
20 % der produzierten Lebensmittel irgendwo in der
Wertschöpfungskette verschwendet - jährlich fallen etwa 88
Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an, deren Kosten auf
143 Milliarden Euro geschätzt werden. 8
Die wichtigsten Auswirkungen unserer Nahrungsmittelwahl auf Gesundheit und Nachhaltigkeit
Globale Flächenzuweisung für die Nahrungsmittelproduktion
Erdoberfläche 29 % Land | 149 Millionen km2
71 % bewohnbares Land | 104 Millionen km2
50 % Landwirtschaft 51 Millionen km2
37 % Wälder 39 Millionen km2
71 % Ozean 361 Millionen km2
19 %
unfruchtbares Land 28 Millionen km2
10 % Gletscher
15 Millionen km2
23 % Feldfrüchte
minus Futtermittel11 Millionen
km2
11 % Sträucher12 Millionen
km2
1 % Städtisch | 1,5 Millionen km2
1 % Süßwasser | 1,5 Millionen km2
77 % Viehzucht 40 Millionen km2
Landoberfläche
Bewohnbares Land
Landwirtschaftliche Nutzfläche
Bereich
67 % aus pflanzlichen Lebensmitteln
23 % Feldfrüchte
minus Futtermittel 11 Millionen
km2
33 % aus Fleisch und
Milchprodukten
77 % Viehzucht 40 Millionen km2
Kalorienzufuhr für den weltweiten Verbrauch
Versorgung mit Nahrungsproteinen für den
weltweiten Verbrauch
83 % aus pflanzlichen Lebensmitteln
17 % aus Fleischund Milch-produkten
Aus den Statistiken der Ernährungs- und
Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen. 7
Was ist eine pflanzenbetonte Ernährung?Es gibt verschiedene Formen der pflanzenbetonten Ernährung, von vegan über vegetarisch bis hin zu flexitarischer Ernährung. Pflanzenbetonte Ernährung schließt nicht unbedingt alle tierischen Produkte aus. Bei einer pflanzenbetonten Ernährung stehen pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkorn, Nüsse, Samen, Pilze, pflanzliche Öle und pflanzliche Alternativen zu Fleisch und Milchprodukten im Mittelpunkt der Ernährung.
FORMEN DER PFLANZENBETONTEN ERNÄHRUNG
VEGANER
Vermeiden alle tierischen Produkte
LACTO-VEGETARIER
Vermeiden Fleisch, Fisch und Eier, aber essen
Milchprodukte
LACTO-OVO-VEGETARIER
Vermeiden Fleisch und Fisch, aber essen
Milchprodukte und Eier
PESCETARIER
Vermeiden Fleisch, aber schließen Fisch
und/oder Schalentiere, Milchprodukte und Eier ein
FLEXITARIER
Essen gelegentlich kleine Mengen Fleisch
oder Fisch
Eine nachhaltige Ernährung ist ein Ernährungsmuster,
das uns die vielen Nährstoffe, die wir für unsere
Gesundheit benötigen, in angemessenen Mengen
zur Verfügung stellt, und das kulturell akzeptabel,
erschwinglich und nachhaltig ist.
Wie in unserem wissenschaftlichen Update hervorgehoben
wird, gibt es immer mehr belastbare Belege dafür, dass
Ernährungsmuster, die sich auf einen größeren Anteil von
Pflanzen in der Ernährung konzentrieren, die Gesundheit
verbessern und geringere Auswirkungen auf die Umwelt
haben können. In den letzten zehn Jahren haben mehr
und mehr Länder begonnen, Nachhaltigkeitsaspekte in ihre
Nahrungsmittelpolitik und Verbraucherbildungsprogramme
zu integrieren.
Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass es eine
80-prozentige Überschneidung zwischen gesunder und
nachhaltiger Ernährung gibt. Wenn sich jeder an nationalen
Richtlinien für eine gesunde Ernährung orientieren würde,
würde dies nicht nur seiner Gesundheit, sondern auch der
Nachhaltigkeit zugutekommen. Abgesehen davon, dass ein
übermäßiger Lebensmittelkonsum zu Übergewicht und damit
verbundenen Gesundheitsproblemen führt, verschwendet
dieser auch mehr Lebensmittel und natürliche Ressourcen
als die durchschnittlichen Haushaltsabfälle. 10
Was ist nachhaltige Ernährung?
Nachhaltige Ernährung: Der nachhaltige Anbau von Nahrungsmitteln
und die Sicherstellung einer gesunden, nahrhaften und nachhaltigen
Ernährung sind unerlässlich, wenn wir unsere eigene Gesundheit und die
Gesundheit unseres Planeten verbessern wollen. 9
REFERENCES:
1. https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Overweight_and_obesity_-_BMI_statistics
2. IHME, 2016. Global Burden of Disease. https://vizhub.healthdata.org/gbd-compare/
3. Willett et al. (2019). Food in the Anthropocene: the EAT–Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems.
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)31788-4/fulltext
4. https://globalnutritionreport.org/reports/global-nutrition-report-2018/
5. Climate Change and Food Systems Sonja J. Vermeulen, Bruce M. Campbell, John S.I. Ingram
Annual Review of Environment and Resources 2012 37:1, 195-222 (2016) https://www.annualreviews.org/doi/full/10.1146/annurev-environ-020411-130608
6. https://www.thelancet.com/journals/lanplh/article/PIIS2542-5196(18)30206-7/fulltext
7. https://ourworldindata.org/yields-and-land-use-in-agriculture
8. http://www.eu-fusions.org/phocadownload/Publications/Estimates%20of%20European%20food%20waste%20levels.pdf
9. https://tastingthefuture.com/2018/09/07/sustainable-nutrition-rethinking-sustainability/
10. Alexander et al. 2017, Losses, inefficiencies and waste in the global food system. Agricultural Systems 153, 190-200.
In der Praxis können Sie sich für Lebensmittel entscheiden, die für eine gesunde und nachhaltige Ernährung unerlässlich sind. Dazu gehört:
Was kann jeder Einzelne tun?
1Mehr Pflanzen essen - Mehr Gemüse, Früchte, Hülsenfrüchte, Nüsse,
Samen und Vollkorn in Ihre Ernährung aufnehmen
3 Den Konsum von Fleisch
(sowohl rotes als auch weißes Fleisch) und Milchprodukten
mäßigen. Wenn Sie Fleisch essen, wählen Sie besseres Fleisch aus biologischer Landwirtschaft oder
agroökologischen Anbausystemen (z. B. Bio-, Freiland- oder
Weidefleischsysteme)
5Reduzieren Sie
die Aufnahme von Lebensmitteln mit hohem
Gehalt an gesättigten Fetten, Salz und Zucker
6Verwenden Sie Leitungswasser,
wo immer Sie können
4Konzentrieren Sie sich auf saisonale
und lokale Lebensmittel, wo immer Sie können
2Verschiedene
Nahrungsmittel essen - Farbe auf den Teller
bringen 7Wählen Sie Produkte aus
zertifizierten Quellen - Wählen Sie zum Beispiel
nachhaltigen Fisch (Marine Stewardship Council zertifiziert),
fair gehandelte oder biologische Produkte
Für weitere Informationen über wissenschaftliche Hintergründe zu pflanzenbetonter Ernährung lesen Sie bitte unser ausführlicheres Paper:
„Mehr pflanzenbetonte Ernährung für den Planeten“
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