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Der Baby-Boomvon BöblingenZahl der Neugeborenen steigtVon Jan-Philipp Schlecht

KREIS BÖBLINGEN (red). Bevölkerungsrück-gang? Vergreisung? Nicht im Kreis Böblin-gen. In keinem anderen Landkreis inBaden-Württemberg gab es 2014 einen sohohen Geburtenzuwachs wie hier: 457mehr Geburten als Sterbefälle. Nur Stutt-gart und Freiburg kommen auf höhereZuwächse. Die Gründe für den Baby-Boom sind vielfältig.

Diese Zahlen geben Anlass zur Freude:Im Kreis Böblingen wurden 2014 insge-samt 457 mehr Kinder lebend geboren, alsMenschen gestorben sind. Damit gehörtder Landkreis zu den 15 Kreisen inBaden-Württemberg, in denen es 2014einen Geburtenzuwachs gab. Bei den rest-lichen 29 der insgesamt 44 Kreise im Landfällt die Bilanz negativ aus.

Landesweit liegen nur noch die Stadt-kreise Stuttgart und Freiburg vorne: Siekönnen sich 577 (Freiburg) oder 1124(Stuttgart) mehr Geburten als Sterbefälleins Register schreiben. Böblingen ist dem-nach der geburtenstärkste Landkreis inBaden-Württemberg. Was sind die Gründefür den Baby-Boom?

Als einen der Hauptursachen nennt dasStatistische Landesamt die hohe Zuwan-derung in Baden-Württemberg. Lag derZuzug in den Jahren 2008 und 2009 nochbei 3000 bis 4000 neuen Mitbürgern, sowaren es im vergangenen Jahr 90 000 neueMitbürger im Land. Eine enorme Steige-rung, die sich auch in der Geburtenstatis-tik niederschlägt.

Für den Landkreis Böblingen sprichtauch die wirtschaftliche Attraktivität:Niedrige Arbeitslosigkeit (nur 3,3 Prozentim 2. Quartal 2015) sowie das hoheDurchschnittseinkommen scheinen beivergleichsweise vielen Eltern einen Kin-derwunsch auszulösen.

Pressereferent Ingo Matheus vom Kli-nikverbund Südwest: "Aus meiner Sichthandelt es sich um einen wirtschaftsstar-ken Landkreis, der aufgrund der zahl-reichen Arbeitsplatzangebote und gut aus-gebauten Infrastruktur (Schulen, Kinder-betreuungsangebote, Gesundheitsversor-gung etc.) für junge Familien sehr attrak-tiv ist."

Auch die Kreißsäle der Kliniken imLandkreis freuten sich 2014 über neueRekordzahlen: Im Klinikum Böblingen er-blickten 2250 Säuglinge das Licht derWelt, in Herrenberg 1.158 und in Leon-berg 622. Allerdings kommen in die Klini-ken auch viele Gebärende aus den angren-zenden Landkreisen, die zwar in der Sta-tistik der Krankenhäuser auftauchen.Nicht aber in der Landesstatistik, die aufden Wohnsitzen der Neugeborenen beruht.

Fahndungserfolg amAltkleidercontainerBÖBLINGEN (red). Eine Streife des städti-schen Vollzugsdienstes hat in der Nachtvom 20. auf den 21. August am Bonifatius-platz vier Männer beobachtet, die sich aneinem Altkleidercontainer zu schaffenmachten. Die Männer, die im Begriffwaren, den Container zu leeren, wurdenlaut einer Pressemitteilung der Stadt biszum Eintreffen der hinzugerufenen Polizeifestgehalten. Wegen Verdachts des Dieb-stahls nahm die Polizei das aus Südost-europa stammende Quartett mit auf dieWache. Dort zeigte sich, dass einer dervier Täter von der Staatsanwaltschaft zurFahndung ausgeschrieben ist. Daraufhinnahm ihn die Polizei fest.

Sohn und Enkelersetzen GregerBig-Sounds-Konzert findet stattBÖBLINGEN (red). Am 15. August ist diedeutsche Swing-Legende Max Greger imAlter von 89 Jahren in München gestorben(die KRZ berichtete). Greger war mitHugo Strasser und der SWR Bigband füreinen Konzertabend beim Big-Sounds-Fe-stival im September in Böblingen gebucht.

Die Veranstalterdes Festivals über-ließen es Familieund Weggefährtendes Verstorbenen,den angesetztenKonzertabend ab-zusagen – oderdennoch stattfin-den zu lassen.

Nun wurde be-stätigt, dass dasKonzert zum ge-planten Zeitpunkt(Freitag, 18. Sep-

tember, ab 19 Uhr) in veränderter Beset-zung durchgeführt wird. „Es wird für unsalle sicher ein emotionales Konzert, aberes wäre im Sinne meines Vaters zu spie-len“, so Max Greger junior. Der Sohn deslegendären Band-Leaders wird gemein-sam mit Enkel Maximilian Greger, HugoStrasser und der SWR Bigband auftreten– eine Art Gedenkkonzert für Max Greger.

Vorverkauf bei den KRZ-Ticket-Shopsin den Böblinger Mercaden, Telefon(0 70 31) 4 91 02 65, und im Stern-CenterSindelfingen, Telefon (0 70 31) 87 92 94oder über ticket.bb-live.de im Internet.

Max Greger junior

Mittwoch, 26. August 2015 Nummer 196 9Stadt und Kreis Böblingen

Vor einem halbenJahr wurden Baustel-lenabschrankungenum das ehemaligeRatsstüble aufge-stellt, inzwischen istes auch eingerüstet.Auslöser war, dasssich aus dem Fassa-den-Fachwerk Putz-brocken gelöst hat-ten.KRZ-Foto:Thomas Bischof

Sanierer warten auf GutachtenPutz löste sich aus Fassade am Ratsstüble Böblingen – Gefache vermutlich mit falschen Materialien nicht sachgerecht ausgeführt

Von Otto Kühnle

BÖBLINGEN. Zu Beginn des Jahres 2014 erleb-ten Mitarbeiter und Besucher des ClubForum im ehemaligen Ratsstüble eine böseÜberraschung: Aus dem Fachwerk löstensich einzelne Putzbrocken und beschädigtengar ein Auto, das davor geparkt war. Um dieEingänge des Club-Forums und den Neben-eingang des Neuen Rathauses gegen herab-stürzende Teile zu sichern und Personen-und Sachschäden zu verhindern, wurden am15. Februar 2014 zwei Schutztunnel und dieBaustellenabschrankungen aufgestellt.

Um sich ein Bild von den Schäden zumachen, hat das Technische Gebäudema-nagement der Stadt Böblingen einen Gut-achter hinzugezogen. Der empfahl zur ge-nauen Analyse des Ausmaßes der Schäden,das gesamte Gebäude rundherum einzuge-rüsten. Was im April diesen Jahres dennauch geschah. Gleichzeitig wurde ein Gut-achterbüro damit beauftragt, die Bestands-aufnahme der Fassaden durchzuführen.

Fall weiterer Fassadenteile drohtNeben einer Kartierung der Schäden soll-

ten in einem Gutachten auch die Ursachenund die möglichen Sanierungsschritte auf-gezeigt werden. Diese Arbeiten wurdendurchgeführt, das Gerüst blieb aber weiterstehen. Denn nach wie vor drohen weitereFassadenteile herunterzufallen. „Damitwird aber auch der Zugang gewährleistet,sollten weitere Begutachtungen oder Unter-

suchungen erforderlich werden“, betontStadtpressesprecher Wolfgang Pfeiffer.

Das Gutachten liegt der Stadt noch nichtvor, doch erste Hinweise hat man beim Bau-amt schon bekommen. Demnach könntensowohl falsche Materialwahl als auch nichtsachgerechte Verarbeitung als Ursache für

das Abplatzen in Frage kommen. Offenbarwurde das Material in den Ausfachungennicht in einem Zug, sondern in zwei Ar-beitsschritten aufgetragen. Was das Ab-sprengen erklären könnte. Auch soll es deut-liche Unterschiede zwischen verschiedenenGebäudeseiten geben.

Hoffnung auf Schadenersatz darf sich dieKommune allerdings nicht machen. Die Ge-währleistungsfrist von fünf Jahren ist längstabgelaufen. Seit der Sanierung im Zuge desNeubaus des Rathauses am Nordhang desSchlossbergs sind auch schon 30 Jahre ver-gangen.

InfoZur Arbeitsgruppe Böblinger Flughafen-geschichten gehören Wilfried Kapp, Rein-hard Knoblich und Hans-Jürgen Sostmann.Sie erforschen die Geschichte des Flug-hafens von der Gründung als Militärflug-platz bis zur Erschließung des heutigen Flug-feldes. Weitere Informationen über dieFlughafengeschichte finden Interessierteunter flughafenbb.wordpress.com im Inter-net. Das Trio ist an allem über die BöblingerStadt- und Flughafengeschichte und überdie US-Nutzung interessiert und für weiteresMaterial dankbar. Kontakt ist möglich über:Wilfried Kapp, (0 70 31) 23 44 23, [email protected]; Reinhard Knoblich, (0 70 31)27 99 72, [email protected] sowieHans-Jürgen-Sostmann, (0 70 31) 4 27 11 58,[email protected].

Erfolgreiches Werben um LandesflughafenKRZ-Serie 100 Jahre Flughafen Böblingen: Von 1925 bis 1938 war die Kreisstadt das Tor zur Welt in Württemberg

Schon 1921 meldete Böblingen bei derLandesregierung sein Interesse an derEinrichtung eines geplantenLandesflughafens auf Böblinger Markungan. Und beteiligte sich mit einerStammeinlage von 40 000 Mark an derSchwäbischen Luftdienst GmbH mit Sitz inStuttgart. Mit Erfolg.

Von Hans-Jürgen Sostmann

BÖBLINGEN. Die für Böblingen zukunfts-weisende Entscheidung fiel Mitte 1924, alsdie neugegründete „Luftverkehr A.G. Stutt-gart“, die nun für die Luftverkehrsbelangefür die Landeshauptstadt zuständig war,sich bei der Suche nach einem geeignetenFlughafengelände für Böblingen entschied.Noch im November 1924 wurde die „Luft-verkehr Württemberg A.G. (LUWAG) durchdas württembergische Arbeitsministeriumzusammen mit der Stadt Stuttgart und demwürttembergischen Industrie- und Handels-tag gegründet. Auch die Stadt Böblingenwar nicht untätig. Sie schloss am 23. März1925 mit der Süddeutschen Sportflug einenVertrag, wonach diese ab 1. Mai in Böblin-gen ihren Flugbetrieb aufnimmt und dieStadt ihr eine noch zu bauende Flugzeug-halle in der Größe von 60 mal 30 Metern aufdie Dauer von zehn Jahren kostenlos zurVerfügung stellt. Sie wurde am 11. Juli 1925eingeweiht, wobei sich insbesondere Mini-sterialrat Kälin bei der Stadtgemeinde Böb-lingen für die bewiesene Großzügigkeit undihre außerordentlichen Bemühungen in derFlughafenfrage bedankte.

Der 20. April war der große Tag in derVerkehrsgeschichte Württembergs. An die-sem Montag hingen über dem Startplatz inZürich, wie auch über dem Landeplatz inBöblingen, regenschwere Wolken. Dadurchverzögerte sich der Start des Flugzeuges in

der Schweiz. In Böblingen zeigte in der un-freiwilligen Wartezeit aber das Leichtflug-zeug L 20, konstruiert von Regierungsbau-meister Direktor Klemm von den Karos-seriewerken Sindelfingen der Daimler-Mo-toren-Gesellschaft, seine Eignung als ausge-zeichnetes Kleinflugzeug mit 20 PS Kraft-leistung“, wurde damals berichtet. Dennocherschien pünktlich um 10.05 Uhr am Hori-zont aus Richtung Herrenberg der silber-graue Aero-Lloyd D 552, eine Dornier Ko-met III, die nach einer Schleife über demFlugplatz am Landungskreuz aufsetzte undauf den Warteraum zurollte. Damit war fürBöblingen das Tor zur Welt geöffnet.

Im Juli mussten die Teilnehmer des großangelegten Deutschen Rundfluges auch denBöblinger Flughafen anfliegen. Im Septem-ber kam erstmals das dreimotorige Junkers-Großflugzeug nach Böblingen. Zur Landungwaren über 1700 Menschen gekommen.Ebenfalls im September gab es einen Flug-tag mit einem „Udet-Schaufliegen“.

Ende 1925 steht der Flughafen mit derBeförderung von 4170 Fluggästen an fünfterund bei der Frachtbeförderung mit 38,8Tonnen an zweiter Stelle in Deutschland.Jedoch muss der Flugverkehr zwischen dem31. Oktober 1925 und 6. April 1926 einge-stellt werden, da in den Flugzeugen keineHeizungsanlage installiert war. In den fol-genden zwei Jahren wurde der Landesflug-hafen Stuttgart-Böblingen, wie er sich offi-ziell nennt, als Verkehrsflughafen ausgebautund zählte bald zu den größten deutschenVerkehrsflughäfen. Anfang 1926 verlässtauch die Firma Schwäbische Hüttenwerkedas schon 1918 fertiggestellte Werftgebäude.

Einer der Höhepunkte, die von der LU-WAG veranstalteten Großflugtage, zog am6. Juni über 10 000 Besucher an. Bis 1937waren diese Veranstaltungen ein Magnet fürdie Massen. Waren es am Anfang noch sie-ben Fluglinien, die von Böblingen aus einge-richtet wurden, so kamen laufend neuehinzu, wie am 6. April von Halle nach Stutt-

gart, am 12. April 1926 von Stuttgart nachBasel, am 3. August 1927 von Stuttgart überNürnberg nach Berlin, am 21. Juni 1929 vonStuttgart nach Friedrichshafen, am 16. Juli1929 von Saarbrücken nach Stuttgart, am4. März 1930 von Stuttgart nach Barcelona.

Bald wurde auch das Empfangsgebäude,das in nordischer Blockhausbauweise er-richtet wurde, zu klein. Das neue lang-gestreckte, schlichte, auf Zweck und Nütz-lichkeit ausgerichtete Empfangs- und Ver-waltungsgebäude mit dem fünfstöckigenKontrollturm, das, „wie ein Stück derWeißenhof-Siedlung aussieht“ (SüddeutscheZeitung), wurde durch die Böblinger Bau-firma Kopp errichtet und konnte im Februar1928 in Betrieb genommen werden.

Klemm muss umziehenAufgrund der Vergrößerung des Karos-

seriewerkes der Daimler-Benz AG wurdenun auch die ehemalige Flugzeughalle inSindelfingen, in der Hanns Klemm seine am15. Dezember 1926 gegründete Flugzeug-firma unterbringen durfte, benötigt. Klemmverhandelte mit Sindelfingen und Böblingenund entschied sich aufgrund der günstigenLage für Böblingen. Ein Glücksfall: Die An-siedlung dieser Firma brachte weitere Ar-beitsplätze. Hier entstanden die berühmtenSport- und Reiseflugzeuge von der Kl 131,über Kl 35 bis zur Kl 107 und Kl 151.

Eine weitere Attraktion auf dem Flug-hafen war das 1930 vom Ingenieur PeterHeinrich Schreuers in einer alten Flugzeug-halle hinter dem neuen Empfangsgebäudeeingerichtete Deutsche Luftfahrtmuseum,das im Juli 1932 über 6000 Besucher zählte.Leider gab es auch immer wieder Tote undVerletzte. Einer der schlimmsten Unfälle er-eignete sich bei der Probe eines besondersattraktiven, aber gefährlichen Kunststückes,als der berühmte Luftakrobat Fritz Schind-ler von einem Flugzeug in ein anderes um-steigen wollte und dabei alle vier Flieger am

18. September 1930 tödlich abstürzten. 1934stand Böblingen wieder im Mittelpunkt derGeschichte. Am 3. Februar begann mit demJungfernflug der Luftposttransports vonDeutschland, Flughafen Stuttgart-Böblin-gen, nach Südamerika. Der Flughafen Stutt-gart-Böblingen schob sich von Anfang an indie Reihe der größten Flughäfen Deutsch-lands. Nur Berlin, Frankfurt/M und späterauch München erzielten höhere Umsätze inBezug auf den Personen- und Frachtver-kehr. Doch Böblingen wurde zu klein, aufden Fildern entstand 1938 der neue Landes-flughafen.

Das erste Empfangsgebäude aus dem Jahr 1925wird derzeit renoviert Foto: Archiv

Böblingen war von 1925 bis 1938 das Tor zur Welt für Württemberg und für die Lufthansa ein wichtiger Stützpunkt Foto: Archiv

Zeittafel

Flughafen Böblingen! 1915 Einweihung des Militärflugplatzes! 1925 Eröffnung des Landesflughafens! 1926 Gründung der Leichtflugzeugbau

Klemm! 1929 Landung des Luftschiffs „Graf Zep-

pelin“! 1931 Eröffnung des Deutschen Luftfahrt-

museums! 1934 Eröffnung der Ozeanflugstrecke für

Luftpost über Böblingen nach Südamerika! 1937 Bau der Fliegerhorst-Kaserne! 1938 Belegung des Flughafens mit mili-

tärischem Bodenpersonal! 1945 Auflösung des Fliegerhorsts! 1991/92 Die amerikanischen Streitkräfte

räumen das ehemalige Flughafen-gelände, das sie als Reparaturwerk ge-nutzt haben

! 2002 Im Dezember kauft der Zweckver-band das Areal vom Bund

! 2004 Umbenennung des Areals in Flugfeld! 2005 Abschluss der Kampfmittelbeseiti-

gung und der Geländesanierung! 2007 Das Flugfeld wird öffentlich zugäng-

lich, die Bebauung beginnt

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