SIAK-Journal ndash Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis
Schwarzer Steve (2010)
Polizeiliche Kriminalstatistik Im Spannungsfeld von Verwaltungshandeln und evidenzbasierter Politikgestaltung
SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (1) 4-16
doi 1073962010_1_A
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Schwarzer Steve (2010) Polizeiliche Kriminalstatistik Im Spannungsfeld von Verwaltungshandeln und evidenzbasierter Politikgestaltung SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (1) 4-16 Online httpdxdoiorg1073962010_1_A
copy Bundesministerium fuumlr Inneres ndash Sicherheitsakademie Verlag NWV 2010
Hinweis Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im Verlag NWV (httpnwvat) erschienen
Online publiziert 32013
SIAK-JOURNAL 12010
STEVE SCHWARZER wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institute for Social Research and Analysis (SORA)
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Polizeiliche Kriminalstatistik
Im Spannungsfeld von Verwaltungshandeln und evidenzbasierter
Politikgestaltung Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik verfuumlgt das Bundesministerium fuumlr
Inneres uumlber eine Datenquelle die einerseits die Wirksamkeit gesetzter sishycherheitspolitischer Maszlignahmen analysierbar macht andererseits aber auch Gegenstand teils heftiger politischer Diskussionen ist Dies ist wenig uumlbershyraschend denn wenn Empirie oder gemessene Fakten und Politik einander begegnen wird sofort auf die Effizienz und Effektivitaumlt staatlich-oumlffentlishychen Handelns geschlossen da die Daten den Eindruck erwecken staatliches Handeln beobachten zu koumlnnen Gerade bei der Erarbeitung und Verwenshydung oumlffentlicher bzw amtlicher Statistik bedarf es aber weiterfuumlhrender und grundlegender Uumlberlegungen welche Informationen letztendlich fuumlr die Planung und Gestaltung der Politik notwendig sind (genutzt werden koumlnnen bzw sollten) und mit welchem Aufwand und auf welche Weise eben solche Daten erhoben werden koumlnnen Eine sinnvolle inhaltliche sowie praxisbezoshygene Auswertung und Diskussion ist dann moumlglich wenn dafuumlr notwendige Daten kontinuierlich und in guter Qualitaumlt erhoben werden und nicht allein eine Darstellung der Fakten sondern Ursachen und Wirkung zu beobachtenshyder Phaumlnomene ebenso in die Betrachtung aufgenommen werden Greifbar wird dieser Anspruch im Konzept der evidenzbasierten Politikgestaltung Das Ziel evidenzbasierter Politikgestaltung liegt somit in der Darstellung von Wirkungsketten um die Sicherung kausaler Effekte zu gewaumlhrleisten Der nachfolgende Beitrag versucht das Konzept der evidenzbasierten Polishytikgestaltung am Beispiel der Polizeilichen Kriminalstatistik darzustellen Dabei sollen grundsaumltzliche Probleme der Einbindung empirischer Daten in die politische Regulierung aufgezeigt und problematisiert werden um am Ende dennoch zu behaupten dass auch die Polizeiliche Kriminalstatistik ein hervorshyragendes Instrument im Sinne evidenzbasierter Politikgestaltung sein kann Eine rationale folgenorientierte Kriminal- und Strafrechtspolitik ist ohne eine solide empirische Grundlage nicht moumlglich1
EINLEITUNG2 scher Diskussionen Auch wenn diese Zah-Es wiederholt sich immer wieder Nach len lediglich einen eingeschraumlnkten Blick der Praumlsentation der monatlichen Zahlen auf die Sicherheitslage in Oumlsterreich zu-zur Anzeigenstatistik und der polizeilichen lassen versuchen unterschiedliche Akteu-Aufklaumlrungsquote herausgegeben durch rInnen ihre jeweilige Interpretation und das Bundeskriminalamt3 sind die Ergeb- Schlussfolgerungen aus den Zahlen zu nisse Gegenstand oumlffentlicher und politi- ziehen um im massenmedial vermittelten
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Diskurs eine Dominanz zu entwickeln4
Dieser Umstand stellt somit eine Herausshyforderung fuumlr die politische Oumlffentlichshykeitsarbeit dar denn die Veroumlffentlichung amtlicher Daten ist nicht nur ein Mittel von Politik sondern ist selbst als bdquopolishytischldquo anzusehen (Jarren 1998 Jarren Donges 2006)
Ein gern formuliertes Ziel an fuumlr die Poshylitikgestaltung in Auftrag gegebene Studishyen ist dabei die Evidenz-Basierung Dazu stellen sich zunaumlchst zwei sehr allgemeine Fragen (1) was wird unter dem Begriff bdquoEvidenzldquo gefasst und (2) inwieweit koumlnshynen oder sollen Politik und politische Reshygulierung sinnvoll als bdquoevidenz-basiertldquo konzeptualisiert werden
Im nachfolgenden Beitrag soll der Frage nachgegangen werden welche Aspekte bei der Diskussion der Kriminalitaumltsstatisshytik bei der Einordnung in das Konzept wissensbasierter Politikgestaltung von Beshydeutung sind und wie mit einer aus der oumlfshyfentlichen Verwaltung heraus generierten Datenquelle Informationen auch an die Oumlffentlichkeit vermittelt werden koumlnnen Allerdings und dies soll hier erarbeitet werden muumlssen diese Zahlen mit einer geshywissen Vorsicht interpretiert werden denn weder geben sie eine umfassende Ausshykunft uumlber die tatsaumlchlich veruumlbten Verbreshychen in Oumlsterreich noch koumlnnen sie zur Bewertung der Arbeit der Beamtinnen und Beamten der Vollzugsbehoumlrden herangeshyzogen werden Dabei soll insbesondere auch der Geltungsanspruch datenbasierter Aussagen problematisiert werden gerade dann wenn diese Daten fuumlr die Politikshygestaltung herangezogen werden
Fuumlr die Darstellung greift der Autor auf das Konzept der evidenzbasierten Politikshygestaltung5 zuruumlck bdquoEvidence based pracshytice (EBP) is a process for making practice decisions in which practitioners integrate the best research evidence available with their practical expertise and with clientsrsquo
attributes values preferences and cirshycumstancesldquo (Rubin 2008 17) Gerade in den letzten Jahren hat nicht zuletzt durch das Leben im Mehrebenensystem der Eushyropaumlischen Union die Arbeit mit und an verschiedenen Indikatorensystemen6 fuumlr die politische Regulierung an Bedeutung gewonnen (BrownCorbett 1997)
Evidenzbasierte Politikgestaltung nimmt Bezug auf die bdquoRealitaumltldquo indem politische Handlungsfelder mit wissenschaftlichen Methoden7 erforscht werden um so schnelshyler auf Veraumlnderungen und Wandlungsershyscheinungen in bestimmten politischen Handlungsfeldern reagieren zu koumlnnen
Diese Einblicke erlauben es der Politik ihr Handeln so auf
Ursachen und Wirkungsshyzusammenhaumlnge zu konzenshy
trieren wie es sich in den Beobachtungen realisiert
In einem ersten Abschnitt stellt dieser Beitrag die theoretischen Grundlagen und Annahmen wissensbasierter Politikgeshystaltung dar um vor diesem Hintergrund einzelne Aspekte der Polizeilichen Krimishynalitaumltsstatistik insbesondere unter Heranshyziehung wissenschaftstheoretischer und methodologischer Annahmen zu diskutieshyren Der Beitrag schlieszligt mit Hinweisen auf jene Ansatzpunkte die eine Weitershyund Fortentwicklung der Kriminalitaumltsstashytistik in Richtung einer Evidenzbasierung ermoumlglichen koumlnn(t)en
WAS BEDEUTET EVIDENZBAshySIERTE POLITIKGESTALTUNG Die Komplexitaumlt nationaler und europaumlishyscher Politikprozesse ist in aumlhnlicher Weise durch den so genannten Policy-Zyklus den Kreislauf der Politikgestaltung strukshyturiert Dem Policy-Zyklus liegt eine immanente top-down bdquoGesetzgeberpershyspektiveldquo zu Grunde wodurch Politik als
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hierarchische Steuerung uumlbergeordneter Instanzen konzipiert wird und der Fokus auf bdquoeinzelnenldquo Programmen und Entshyscheidungen sowie ihrer Implementation liegt (vgl JannWegrich 2003 95) Denshynoch kann festgehalten werden dass durch den Phasencharakter des Policy-Zyklus ein differenziertes Verstaumlndnis der Dynashymik der Eigenart und der Ursachen der spezifischen und komplexen Prozesse des Policy Makings erreicht wird (vgl Behrens 2003 Heritier 1993 Mayntz 1983 14 ff) Der Entscheidungszyklus ist in der polishytik- und verwaltungswissenschaftlichen Forschung ein sehr zentrales analytisches und heuristisches Instrument um die Polishytikgestaltung zu beschreiben Politikgeshystaltung oder Policy Making bdquobeschreibt einen Begriff der die sequentiellen Proshyzesse der Formulierung und Umsetzung von Politikinhalten umfasstldquo (Heritier 1993 JannWegrich 2003 72 Schubert 1991 Wollmann 2003)
Quelle Schubert 1991
Phasen eines Policy-Zirkels
Die Verschraumlnkung wissenschaftlicher Expertise mit Regulierungsprozessen bringt eine neue Fokussierung in politishysches Gestaltungshandeln Ziel oumlffentlishychen Handelns sollte es sein eine moumlgshylichst effektive Intervention Maszlignahme oder Regulierung zu erreichen Diese Efshyfektivitaumlt (und auch Effizienz) kann durch
wissensbasiertes Handeln erreicht werden so die Annahme8
In der Europaumlischen Union wurde dieser Trend vor allem durch das Dokument bdquoEushyropaumlisches Regieren ndash Ein Weiszligbuchldquo9
und die Schlussfolgerungen des Ratstrefshyfens in Laeken (Dezember 2001) vorangeshytrieben Im Juni 2002 veroumlffentlichte die Europaumlische Kommission den Aktionsplan bdquoEuropaumlisches Regieren Bessere Rechtshysetzungldquo10 Der Aktionsplan bdquoVereinfashychung und Verbesserung des Regelungsshyumfeldsldquo11 stellt die Notwendigkeit der Folgenabschaumltzung bezuumlglich der oumlkonoshymischen oumlkologischen und sozialen Folgen politischer Regulierung dar und definiert daruumlber hinaus anhand welcher sozialen Dimensionen dies geschehen soll12 Uumlber diese Initiativen versucht die Europaumlische Kommission den Einsatz ihshyrer beschraumlnkten Mittel durch ein so geshynanntes bdquoimpact assessmentldquo auf deren Sinnhaftigkeit hin zu uumlberpruumlfen und zu einem regulaumlren Teil des Entscheidungszyshyklus innerhalb der Europaumlischen Kommisshysion zu machen
Wissensbasierte Politikgestaltung oder bdquoevidence based Policy Makingldquo kommt als Konzept aus der Gesundheitspolitik der 1980er Jahre Seitdem hat sich das Konzept weiterentwickelt wobei es auf andere Bereiche uumlbertragen wurde
Im Bereich der Gesundheitspolitik hat sich der Begriff der bdquoevidence based pracshyticeldquo verfestigt Dieser vereint zwei grundshylegende Perspektiven 1EBP bdquois a process that includes locating
and appraising credible evidence as a part of practice decisionsldquo
2EBP bdquois a way to designate certain intershyventions as empirically supported under certain conditionsldquo (Rubin 2008 6) Weiter praumlzisiert kann diese Definition
auch auf andere Regulierungsprozesse uumlbertragen werden bdquoEBP is a process for making practice decisions in which practishy
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tioners13 integrate the best research evishydence available with their practice expertishyse and with client attributes values prefeshyrences and circumstances When those provisions involve selecting an interventishyon to provide practitioners will attempt to maximize the likelihood that their clients will receive the most effective intervention possible (hellip)ldquo (Rubin 2008 7)14
Die politischen GestalterInnen erhalten so unter Beruumlcksichtigung ihres Kontextshywissens eine Entscheidungsgrundlage und koumlnnen die jeweils anderen Wissensbestaumlnshyde wechselseitig nutzen um zu einer abshyschlieszligenden Entscheidungsgrundlage fuumlr eine Maszlignahme zu kommen Um es anshyders zu beschreiben Die politischen GeshystalterInnen koumlnnen sich fuumlr eine IntervenshytionMaszlignahme entscheiden und dann im Uhrzeigersinn der Grafik diese Interventishyon auf ihre Praktikabilitaumlt hin bewerten
Allerdings verfolgt EBP einen Politikgeshystaltungsansatz in dem empirische Grundshylagen und wissenschaftliche Analyse dem Urteil einer alleinigen Regulierungsinshystanz vorgezogen oder zumindest gleichshygestellt werden Die Uumlbertragung des Konshyzepts der bdquoevidence based practiceldquo auf politische Prozesse geht mit dem normatishyven Konzept einher dass die regulativen Handlungen einer Verwaltungseinheit quashylitativ besser werden muumlssen bdquoStaatliche Aktivitaumlten und Policies sollen einen Beishytrag zur Loumlsung oder zumindest Verarbeishytung gesellschaftlicher Problemlagen leisshytenldquo (JannWegrich 2003 92)15
Waumlhrend gerade in den hoch buumlrokratishysierten Staaten Westeuropas immer noch ein bdquoauthority-based practiceldquo-Modell zur Anwendung kommt versucht der Ansatz der wissensbasierten Politikgestaltung die Nachhaltigkeit von politischen Entscheishydungen aufgrund der Entscheidungs- und Handlungsoptionsanalyse zu etablieren16
bdquoDoing so means being vigilant in trying to recognise testimonials and traditions
that are based on unfounded beliefs and assumptions ndash no matter how prestigious the source of such testimonials and no matter how long the traditions have been in vogue in a practice settingrdquo (Rubin 2008 12)
Realitaumltsstrukturierendes Wissen kann auf unterschiedlichen Wegen gesammelt werden Neben wissenschaftlicher Forshyschung statistischen Analysen und Proshygnosen sind auch Beteiligungsverfahren mit Stakeholdern oumlffentliche Anhoumlrungen oder Umfragen17 moumlgliche Informations-quellen fuumlr Hinweise oder Anhaltspunkte auf die Wirkungen politischer Regulierung und fuumlr die Weiterentwicklung von Politik bdquoPolicies are based on a sound and comshyprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and update as necesshysary the evidence base for future strategy and policyldquo18 Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen greifbar gemacht werden indem sie nach der Sammlung in ihrem spezifischen Kontext und aus dieshysem Kontext heraus analysiert werden Wie bereits oben festgehalten kann die Anbindung politischer Regulierung an empirische Tatbestaumlnde dazu beitragen politische Regulierung insgesamt zielgeshynauer zu gestalten
Evidenzen sind aber weit mehr als bloszliges Wissen gerade weil auch der Begriff des Wissens heutzutage sehr vielschichtig
differenziert wird19
Sie sind theoretisch motiviert und abgeshyleitet und bilden so eine Bruumlcke zu den beshyobachteten Fakten ndash also einer empirishyschen Bestandsaufnahme Insofern scheint auch der Wahrheitsbegriff nicht unumstritshyten was zu einer impliziten Annahme der Uumlberpruumlfbarkeit zumindest aber einer Praxiswirksamkeit einer Aussage fuumlhrt
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bdquoWissen in diesen Spielarten kann in unshyterschiedlichen Bereichen und auf untershyschiedliche Weise produziert werden Eine einflussreiche Unterscheidung ist die zwischen dem traditionellen akademisch produzierten und abgesicherten Wissen (Mode 1) und den vielfaumlltigen Formen von aus praktischen Kontexten auszligerhalb des eigentlichen Wissenschaftssystems produshyzierten Wissens das durch seine praktische Wirksamkeit und Akzeptanz abgesichert aber nicht im akademischen Sinn bewieshysen ist (Mode 2)ldquo (Lassnigg 2009 6)
Dabei kann die Theorie in den Bereich zwischen Wissen und Nicht-Wissen eingeshyordnet werden
Sie wirkt dabei als ein Mechashynismus der zur Verwandlung von Nicht-Wissen in Wissen
beitraumlgt
Diese Uumlbertragung findet durch eine Uumlberpruumlfung der vermuteten Zusammenshyhaumlnge (Nicht-Wissen) an der Realitaumlt statt Bei dieser Vorgehensweise geht es also darum empirische Repraumlsentation und Vermutung in einen direkten Zusammenshyhang zu setzen und so eine Entscheishydungs- und Handlungsgrundlage zu schafshyfen Erneut Lassnigg bdquoDies verweist auf die zentrale Bedeutung der Frage der Wisshysenschaftsforschung nach den Praktiken der Produktion von Daten Fakten und Evidenzenldquo (Lassnigg 2009 7)
Gerade unter dem Schlagwort Wissensshybasierung werden heute sehr gern Inforshymationen bzw Fakten subsumiert die im nicht seltenen Fall keine einfachen Fakten im Sinne statistischer Information sind Kommt man zuruumlck auf die oben zitierte Differenzierung des Wissens so spielen im Bereich der politischen Regulierung zunehmend Evidenzen des Mode 1 eine Rolle also akademisch produzierte aber nicht auf ihre praktische Wirksamkeit
uumlberpruumlfte Wissensbestaumlnde20 Dies liegt zum Teil auch daran dass tatsaumlchliche Uumlberpruumlfungen nach Mode 2 einen sehr hohen Grad an methodischer Durchdrinshygung erfordern und der ebenfalls hoch aufgeladenen theoretischen Annahmenshyproblematik Je komplexer die Phaumlnomene und je weniger Moumlglichkeiten der direkten Beobachtung bestehen desto komplexer muumlssen auch die methodologischen Uumlbershylegungen zur Erforschung bzw zur Beobshyachtung dieser Phaumlnomene sein Diese sehr einfache Schlussfolgerung wird zu oft in der so genannten wissensbasierten Beratung unterschlagen
Diese Herangehensweise zielt auch auf Problemanalyse ab und fordert dazu auf Prioritaumlten der Politikgestaltung zu identishyfizieren bzw etablierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt und die darin vermutete Kausalitaumlt hin zu uumlberpruumlfen Diese Mittshylerfunktion wird einerseits durch eine theoretische Grundlage andererseits durch ein Erhebungsinstrument erfuumlllt wodurch eine Bewertung der Effizienz und der Wirkungsweise einer politischen Maszlignahme und der Problemidentifikation fuumlr eine erneute Maszlignahmenentwicklung erreicht werden kann
POLIZEILICHE KRIMINALSTATISTIK Der Begriff der Statistik hat seinen Urshysprung im staatlichen Verwaltungshanshydeln denn er beschreibt jene Sachverhalte bdquodie ein Staatsmann uumlber sein Land wisshysen mussldquo (Lorenz 2009) Ausgehend von der wissenschaftlichen Diskussion um statistische Daten kann die Natur von Statistik21 durch drei zentrale Merkmale charakterisiert werden A) Statistik ist theoriegebunden weil unwillkuumlrliches Datensammeln unwissenschaftlich ist B) Daten haben einen empirischen Chashyrakter da sie aus der Wirklichkeit gewonshynen werden C) die Daten sind objektiv
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weil Erhebungsprozesse sachlich und nachvollziehbar begruumlndbar sein muumlssen (siehe ua Jahn 2006 Wagschal 1999 12)
Ausgehend von diesen Grundannahmen fuumlr Statistik kann die amtliche Statistik als ein unverzichtbarer Teil des Informationsshysystems einer demokratischen Gesellshyschaft angesehen werden Sie stellt Daten uumlber die wirtschaftliche demografische soziale und Umweltsituation zur Verfuumlshygung und setzt sie teilweise ins Verhaumlltnis zu staatlicher Regulierung gesellschaftshylichen Trends und oumlkonomischen Entshywicklungen Die Kriminalitaumltsstatistik kann als nichtausgeloumlste Primaumlrstatistik beshyzeichnet werden was bedeutet dass die staatlichen Institutionen die Daten direkt erheben um damit ihre eigene Arbeit zu beschreiben22 Sie ist zudem eine Vollshyerhebung denn alle (bekannten) Faumllle flieszligen in die Datengrundlage ein Grundshysaumltzlich lassen sich amtliche und nichtamtshyliche Statistiken unterscheiden Waumlhrend die amtliche Statistik auf der Grundlage von Gesetzen durch staatliche Behoumlrden erhoben wird23 entsteht die nichtamtliche Statistik ohne einen gesetzlichen Auftrag bzw direkte gesetzliche Grundlagen und wird durch unterschiedliche Institute aufshygrund unterschiedlicher Interessen und AuftraggeberInnen erhoben
Die Polizeiliche Kriminalstatistik glieshydert die bdquostrafbaren Handlungen (Anzeishygen) nach den Paragraphen des StGB und der Nebenstrafgesetze wobei auch verschiedene Kategorien von Straftaten aufgefuumlhrt werden (Ladendiebstaumlhle Beziehungstaten innerhalb einer Familie etc) Des Weiteren stehen hier auch Dashyten uumlber die ermittelten Tatverdaumlchtigen und die Opfer der Straftaten zur Vershyfuumlgungldquo (Statistik Austria 2008 9) Die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalshystatistik stellen einen wichtigen Input fuumlr den monatlichen Kriminalitaumltsbeshyricht dar
Nicht zuletzt aufgrund von Stichtagsreshygelungen bei der Zusammenfassung und Uumlbermittlung von Daten kann es zu kleishyneren auf den Betrachtungszeitraum beshyzogenen Unvollstaumlndigkeiten kommen (vgl Statistik Austria 2008) Gleichzeitig wirkt aber auch bei der Polizeilichen Krishyminalstatistik ein besonderes Charakterisshytikum amtlicher Statistik Im Vergleich zu nichtamtlicher Statistik soll sie per Aufshytrag alle moumlglichen Ereignisse erfassen also auch jene die nur selten oder in nicht besonders hoher Zahl auftreten Damit ist eine besondere Schwierigkeit verbunden Amtliche Kriminalstatistiken messen24 nur jene Faumllle die bekannt geworden sind
Das so genannte Dunkelfeld also nicht angezeigte Faumllle kann in der Statistik nicht
abgebildet werden
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage ob dieses Dunkelfeld tatsaumlchlich durch weitere Bevoumllkerungsbefragungen minishymiert werden kann deren Zuverlaumlssigkeit dann von unterschiedlich komplexen Beshydingungen und Vorgehensweisen abhinge Dabei weist die Kriminalstatistik einen weiteren Mangel auf bdquoSo hat die Polizeilishyche Kriminalstatistik nur einen begrenzten Aussagewert in Bezug auf wirkliche Reashylitaumlt in einer Gesellschaft Uumlber die Urshysachen der Kriminalitaumlt sagt sie nichtsldquo (Seiden-PielenFarin 1994 55)25 Abgeseshyhen von den Ursachen von Kriminalitaumlt ist das Anzeigeverhalten und Bewusstsein der Bevoumllkerung fuumlr manche Deliktsarten ausshygepraumlgter bzw groumlszliger und unterliegt zeitlishychen Schwankungen26
Allerdings besteht genau darin auch ein groszliges Dilemma der amtlichen Statistik denn genau an dieser Nahtstelle also zwishyschen der Moumlglichkeit bestimmte Vorfaumllle statistisch zu erfassen und der Darstellung der Sicherheitslage liegt der Ansatzpunkt
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politischer Diskursakteure Jede kleine Luumlcke jede Unplausibilitaumlt jede berechshynete Verhaumlltnis- und Durchschnittszahl und jede intransparente Klassifizierung fuumlhren zum Hinterfragen der gesamten Datengrundlage also der gesamten Basis der Polizeilichen Kriminalitaumltsstatistik
Die AkteurInnen massenmedial vershymittelter Diskurse so wie MinisterInnen PolitikerInnen AkteurInnen der Zivilgeshysellschaft aber auch bdquoSozial- und WirtshyschaftswissenschaftlerInnen neigen dazu zu erwarten dass ndash aus ihrer Sicht ndash ideashylerweise die amtliche Statistik alle Datenshywuumlnsche befriedigtldquo (Wagner 2007 3) Aus dieser Bemerkung Wagners ergeben sich zwei Schlussfolgerungen Nicht alles was WissenschaftlerInnen mittels ihrer Expertise an Verbesserungsvorschlaumlgen einbringen ist fuumlr die Erhebung durch amtliche Statistiken geeignet weil es zweckfremd ist und nicht der Verbesserung des Verwaltungshandelns dient Gleichzeishytig sollten dennoch sachliche Uumlberlegunshygen angestellt werden welche Luumlcken sich bei der Berichterstattung auf Grund der Datenerhebung ergeben entweder vershyursacht durch ungenuumlgsame Sorgfalt bei der Dateneingabe oder durch Luumlcken im Erhebungsinstrument
Abgesehen davon dass jede Datenerheshybung ihre jeweilig spezifischen Vor- und Nachteile bei der Erfassung der Realitaumlt aufweist (Opp 2005 232 ff SeipelRieker 2003 135 ff) stellt sich aber insbesondere bei der amtlichen Statistik die Frage inshywiefern Plausibilitaumltspruumlfungen zu beshystimmten Datensaumltzen moumlglich sind und wie diese Daten beeinflusst von systematishyschen Fehlern also durch unklare Kategoshyrisierung oder beeinflusst durch unsysteshymatische Fehler zB mangelnde Schulung der VollzugsbeamtInnen in Bezug auf die Dateneingabe zustande kommen
Damit die Ergebnisse amtlicher Statistishyken ndash und nicht der Prozess der Erhebung
oder Verarbeitung der Information ndash die Willensbildung unterstuumltzen und beeinshyflussen koumlnnen muumlssen diese Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Meshythoden erarbeitet und umfangreich dokushymentiert werden Damit soll den Prinzishypien der Objektivitaumlt (= Transparenz) die neben Reliabilitaumlt Validitaumlt und Repraumlsenshytativitaumlt die Guumltekriterien fuumlr Messverfahshyren abbilden Genuumlge getan werden27
WISSENSCHAFTLICHE BETRACHTUNG FUumlR OumlFFENTLICHE STATISTIK Die Ergebnisse von Forschungen im Diensshyte der evidenzbasierten Politikgestaltung haumlngen wesentlich von der Genauigkeit der erhobenen Daten ab und sind immer auch beeinflusst von den verwendeten Meshythoden Der Druck hinsichtlich einer Beshygruumlndung fuumlr den Einsatz einer bestimmten Methode ist in Zeiten knapper Ressourcen gestiegen Dennoch ist es in erster Linie die forschungspraktische Fragestellung ndash also jene Frage die sich aus der bereits vorliegenden politischen Regulierung ershygibt ndash die einerseits das Ziel des Projekts umreiszligt und gleichzeitig den Rahmen fuumlr das Erkenntnisziel bestimmt bdquoMethodishysche Kritik sollte dann einsetzen wenn die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchtend erscheinen wenn sie in einem Widershyspruch zu den Ergebnissen anderer Forshyschungsarbeiten stehen oder wenn die Falschheit der Ergebnisse moumlglicherweise fatale Folgen haben koumlnnteldquo (Behnke et al 2006 19)
Je nach eingesetzter Methode koumlnnen sich die Beobachtungen der Wirklichkeit unterscheiden ohne dass ForscherInnen oder politische GestalterInnen wissen ob die Wirklichkeit erfasst wurde denn es gibt ja nur eine Wirklichkeit oder ob das aus den Daten heraus entstehende Bild der Wirklichkeit durch die methodische Vorshygehensweise beeinflusst ist Auch die Wisshy
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senschaft hat keinen direkten Zugang zur Wirklichkeit Insofern ist es unmoumlglich das korrekte Abbild der Wirklichkeit zu liefern oder zu beurteilen welche Vorgeshyhensweise die tatsaumlchlich richtige ist ndash es gilt als ein unitaristischer Wirklichkeitsbeshygriff (Behnke et al 2006 22 ff) Allershydings bedeutet es nicht dass grundsaumltzlich ein pluralistischer Wahrheitsbegriff voshyrausgesetzt werden muss sondern dass vorlaumlufige Widerspruumlche produziert wershyden diese jedoch auf ihre Entstehung also den Einsatz unterschiedlicher Methoden zuruumlckzufuumlhren sind Methoden sind nur Entdeckungsverfahren um Argumente fuumlr jene oder andere Positionen zu generieren Dieses Grundverstaumlndnis muss zu einer Handlungsleitlinie fuumlhren die es verlangt dass Methoden in ihrer Anwendung explishyzit gemacht werden um so ihre jeweiligen Grundannahmen Schwaumlchen und Einshyschraumlnkungen zu reflektieren und die Schlussfolgerungen bdquoobjektivldquo also intershysubjektiv zugaumlnglich zu machen28
Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
subjektive Elemente enthaumllt und zu hinterfragen ist
Es kann demnach richtige und falsche Interpretationen der Wirklichkeit geben Eine wissenschaftliche Vorgehensweise kann also zunaumlchst nur unterschiedliche Ausgangspunkte fuumlr eine tatsaumlchliche Einshyschaumltzung der Sicherheitslage und Krimishynalitaumlt erbringen
Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
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Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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SIAK-JOURNAL 12010
STEVE SCHWARZER wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institute for Social Research and Analysis (SORA)
4
Polizeiliche Kriminalstatistik
Im Spannungsfeld von Verwaltungshandeln und evidenzbasierter
Politikgestaltung Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik verfuumlgt das Bundesministerium fuumlr
Inneres uumlber eine Datenquelle die einerseits die Wirksamkeit gesetzter sishycherheitspolitischer Maszlignahmen analysierbar macht andererseits aber auch Gegenstand teils heftiger politischer Diskussionen ist Dies ist wenig uumlbershyraschend denn wenn Empirie oder gemessene Fakten und Politik einander begegnen wird sofort auf die Effizienz und Effektivitaumlt staatlich-oumlffentlishychen Handelns geschlossen da die Daten den Eindruck erwecken staatliches Handeln beobachten zu koumlnnen Gerade bei der Erarbeitung und Verwenshydung oumlffentlicher bzw amtlicher Statistik bedarf es aber weiterfuumlhrender und grundlegender Uumlberlegungen welche Informationen letztendlich fuumlr die Planung und Gestaltung der Politik notwendig sind (genutzt werden koumlnnen bzw sollten) und mit welchem Aufwand und auf welche Weise eben solche Daten erhoben werden koumlnnen Eine sinnvolle inhaltliche sowie praxisbezoshygene Auswertung und Diskussion ist dann moumlglich wenn dafuumlr notwendige Daten kontinuierlich und in guter Qualitaumlt erhoben werden und nicht allein eine Darstellung der Fakten sondern Ursachen und Wirkung zu beobachtenshyder Phaumlnomene ebenso in die Betrachtung aufgenommen werden Greifbar wird dieser Anspruch im Konzept der evidenzbasierten Politikgestaltung Das Ziel evidenzbasierter Politikgestaltung liegt somit in der Darstellung von Wirkungsketten um die Sicherung kausaler Effekte zu gewaumlhrleisten Der nachfolgende Beitrag versucht das Konzept der evidenzbasierten Polishytikgestaltung am Beispiel der Polizeilichen Kriminalstatistik darzustellen Dabei sollen grundsaumltzliche Probleme der Einbindung empirischer Daten in die politische Regulierung aufgezeigt und problematisiert werden um am Ende dennoch zu behaupten dass auch die Polizeiliche Kriminalstatistik ein hervorshyragendes Instrument im Sinne evidenzbasierter Politikgestaltung sein kann Eine rationale folgenorientierte Kriminal- und Strafrechtspolitik ist ohne eine solide empirische Grundlage nicht moumlglich1
EINLEITUNG2 scher Diskussionen Auch wenn diese Zah-Es wiederholt sich immer wieder Nach len lediglich einen eingeschraumlnkten Blick der Praumlsentation der monatlichen Zahlen auf die Sicherheitslage in Oumlsterreich zu-zur Anzeigenstatistik und der polizeilichen lassen versuchen unterschiedliche Akteu-Aufklaumlrungsquote herausgegeben durch rInnen ihre jeweilige Interpretation und das Bundeskriminalamt3 sind die Ergeb- Schlussfolgerungen aus den Zahlen zu nisse Gegenstand oumlffentlicher und politi- ziehen um im massenmedial vermittelten
SIAK-JOURNAL 12010
Diskurs eine Dominanz zu entwickeln4
Dieser Umstand stellt somit eine Herausshyforderung fuumlr die politische Oumlffentlichshykeitsarbeit dar denn die Veroumlffentlichung amtlicher Daten ist nicht nur ein Mittel von Politik sondern ist selbst als bdquopolishytischldquo anzusehen (Jarren 1998 Jarren Donges 2006)
Ein gern formuliertes Ziel an fuumlr die Poshylitikgestaltung in Auftrag gegebene Studishyen ist dabei die Evidenz-Basierung Dazu stellen sich zunaumlchst zwei sehr allgemeine Fragen (1) was wird unter dem Begriff bdquoEvidenzldquo gefasst und (2) inwieweit koumlnshynen oder sollen Politik und politische Reshygulierung sinnvoll als bdquoevidenz-basiertldquo konzeptualisiert werden
Im nachfolgenden Beitrag soll der Frage nachgegangen werden welche Aspekte bei der Diskussion der Kriminalitaumltsstatisshytik bei der Einordnung in das Konzept wissensbasierter Politikgestaltung von Beshydeutung sind und wie mit einer aus der oumlfshyfentlichen Verwaltung heraus generierten Datenquelle Informationen auch an die Oumlffentlichkeit vermittelt werden koumlnnen Allerdings und dies soll hier erarbeitet werden muumlssen diese Zahlen mit einer geshywissen Vorsicht interpretiert werden denn weder geben sie eine umfassende Ausshykunft uumlber die tatsaumlchlich veruumlbten Verbreshychen in Oumlsterreich noch koumlnnen sie zur Bewertung der Arbeit der Beamtinnen und Beamten der Vollzugsbehoumlrden herangeshyzogen werden Dabei soll insbesondere auch der Geltungsanspruch datenbasierter Aussagen problematisiert werden gerade dann wenn diese Daten fuumlr die Politikshygestaltung herangezogen werden
Fuumlr die Darstellung greift der Autor auf das Konzept der evidenzbasierten Politikshygestaltung5 zuruumlck bdquoEvidence based pracshytice (EBP) is a process for making practice decisions in which practitioners integrate the best research evidence available with their practical expertise and with clientsrsquo
attributes values preferences and cirshycumstancesldquo (Rubin 2008 17) Gerade in den letzten Jahren hat nicht zuletzt durch das Leben im Mehrebenensystem der Eushyropaumlischen Union die Arbeit mit und an verschiedenen Indikatorensystemen6 fuumlr die politische Regulierung an Bedeutung gewonnen (BrownCorbett 1997)
Evidenzbasierte Politikgestaltung nimmt Bezug auf die bdquoRealitaumltldquo indem politische Handlungsfelder mit wissenschaftlichen Methoden7 erforscht werden um so schnelshyler auf Veraumlnderungen und Wandlungsershyscheinungen in bestimmten politischen Handlungsfeldern reagieren zu koumlnnen
Diese Einblicke erlauben es der Politik ihr Handeln so auf
Ursachen und Wirkungsshyzusammenhaumlnge zu konzenshy
trieren wie es sich in den Beobachtungen realisiert
In einem ersten Abschnitt stellt dieser Beitrag die theoretischen Grundlagen und Annahmen wissensbasierter Politikgeshystaltung dar um vor diesem Hintergrund einzelne Aspekte der Polizeilichen Krimishynalitaumltsstatistik insbesondere unter Heranshyziehung wissenschaftstheoretischer und methodologischer Annahmen zu diskutieshyren Der Beitrag schlieszligt mit Hinweisen auf jene Ansatzpunkte die eine Weitershyund Fortentwicklung der Kriminalitaumltsstashytistik in Richtung einer Evidenzbasierung ermoumlglichen koumlnn(t)en
WAS BEDEUTET EVIDENZBAshySIERTE POLITIKGESTALTUNG Die Komplexitaumlt nationaler und europaumlishyscher Politikprozesse ist in aumlhnlicher Weise durch den so genannten Policy-Zyklus den Kreislauf der Politikgestaltung strukshyturiert Dem Policy-Zyklus liegt eine immanente top-down bdquoGesetzgeberpershyspektiveldquo zu Grunde wodurch Politik als
5
SIAK-JOURNAL 12010
hierarchische Steuerung uumlbergeordneter Instanzen konzipiert wird und der Fokus auf bdquoeinzelnenldquo Programmen und Entshyscheidungen sowie ihrer Implementation liegt (vgl JannWegrich 2003 95) Denshynoch kann festgehalten werden dass durch den Phasencharakter des Policy-Zyklus ein differenziertes Verstaumlndnis der Dynashymik der Eigenart und der Ursachen der spezifischen und komplexen Prozesse des Policy Makings erreicht wird (vgl Behrens 2003 Heritier 1993 Mayntz 1983 14 ff) Der Entscheidungszyklus ist in der polishytik- und verwaltungswissenschaftlichen Forschung ein sehr zentrales analytisches und heuristisches Instrument um die Polishytikgestaltung zu beschreiben Politikgeshystaltung oder Policy Making bdquobeschreibt einen Begriff der die sequentiellen Proshyzesse der Formulierung und Umsetzung von Politikinhalten umfasstldquo (Heritier 1993 JannWegrich 2003 72 Schubert 1991 Wollmann 2003)
Quelle Schubert 1991
Phasen eines Policy-Zirkels
Die Verschraumlnkung wissenschaftlicher Expertise mit Regulierungsprozessen bringt eine neue Fokussierung in politishysches Gestaltungshandeln Ziel oumlffentlishychen Handelns sollte es sein eine moumlgshylichst effektive Intervention Maszlignahme oder Regulierung zu erreichen Diese Efshyfektivitaumlt (und auch Effizienz) kann durch
wissensbasiertes Handeln erreicht werden so die Annahme8
In der Europaumlischen Union wurde dieser Trend vor allem durch das Dokument bdquoEushyropaumlisches Regieren ndash Ein Weiszligbuchldquo9
und die Schlussfolgerungen des Ratstrefshyfens in Laeken (Dezember 2001) vorangeshytrieben Im Juni 2002 veroumlffentlichte die Europaumlische Kommission den Aktionsplan bdquoEuropaumlisches Regieren Bessere Rechtshysetzungldquo10 Der Aktionsplan bdquoVereinfashychung und Verbesserung des Regelungsshyumfeldsldquo11 stellt die Notwendigkeit der Folgenabschaumltzung bezuumlglich der oumlkonoshymischen oumlkologischen und sozialen Folgen politischer Regulierung dar und definiert daruumlber hinaus anhand welcher sozialen Dimensionen dies geschehen soll12 Uumlber diese Initiativen versucht die Europaumlische Kommission den Einsatz ihshyrer beschraumlnkten Mittel durch ein so geshynanntes bdquoimpact assessmentldquo auf deren Sinnhaftigkeit hin zu uumlberpruumlfen und zu einem regulaumlren Teil des Entscheidungszyshyklus innerhalb der Europaumlischen Kommisshysion zu machen
Wissensbasierte Politikgestaltung oder bdquoevidence based Policy Makingldquo kommt als Konzept aus der Gesundheitspolitik der 1980er Jahre Seitdem hat sich das Konzept weiterentwickelt wobei es auf andere Bereiche uumlbertragen wurde
Im Bereich der Gesundheitspolitik hat sich der Begriff der bdquoevidence based pracshyticeldquo verfestigt Dieser vereint zwei grundshylegende Perspektiven 1EBP bdquois a process that includes locating
and appraising credible evidence as a part of practice decisionsldquo
2EBP bdquois a way to designate certain intershyventions as empirically supported under certain conditionsldquo (Rubin 2008 6) Weiter praumlzisiert kann diese Definition
auch auf andere Regulierungsprozesse uumlbertragen werden bdquoEBP is a process for making practice decisions in which practishy
6
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tioners13 integrate the best research evishydence available with their practice expertishyse and with client attributes values prefeshyrences and circumstances When those provisions involve selecting an interventishyon to provide practitioners will attempt to maximize the likelihood that their clients will receive the most effective intervention possible (hellip)ldquo (Rubin 2008 7)14
Die politischen GestalterInnen erhalten so unter Beruumlcksichtigung ihres Kontextshywissens eine Entscheidungsgrundlage und koumlnnen die jeweils anderen Wissensbestaumlnshyde wechselseitig nutzen um zu einer abshyschlieszligenden Entscheidungsgrundlage fuumlr eine Maszlignahme zu kommen Um es anshyders zu beschreiben Die politischen GeshystalterInnen koumlnnen sich fuumlr eine IntervenshytionMaszlignahme entscheiden und dann im Uhrzeigersinn der Grafik diese Interventishyon auf ihre Praktikabilitaumlt hin bewerten
Allerdings verfolgt EBP einen Politikgeshystaltungsansatz in dem empirische Grundshylagen und wissenschaftliche Analyse dem Urteil einer alleinigen Regulierungsinshystanz vorgezogen oder zumindest gleichshygestellt werden Die Uumlbertragung des Konshyzepts der bdquoevidence based practiceldquo auf politische Prozesse geht mit dem normatishyven Konzept einher dass die regulativen Handlungen einer Verwaltungseinheit quashylitativ besser werden muumlssen bdquoStaatliche Aktivitaumlten und Policies sollen einen Beishytrag zur Loumlsung oder zumindest Verarbeishytung gesellschaftlicher Problemlagen leisshytenldquo (JannWegrich 2003 92)15
Waumlhrend gerade in den hoch buumlrokratishysierten Staaten Westeuropas immer noch ein bdquoauthority-based practiceldquo-Modell zur Anwendung kommt versucht der Ansatz der wissensbasierten Politikgestaltung die Nachhaltigkeit von politischen Entscheishydungen aufgrund der Entscheidungs- und Handlungsoptionsanalyse zu etablieren16
bdquoDoing so means being vigilant in trying to recognise testimonials and traditions
that are based on unfounded beliefs and assumptions ndash no matter how prestigious the source of such testimonials and no matter how long the traditions have been in vogue in a practice settingrdquo (Rubin 2008 12)
Realitaumltsstrukturierendes Wissen kann auf unterschiedlichen Wegen gesammelt werden Neben wissenschaftlicher Forshyschung statistischen Analysen und Proshygnosen sind auch Beteiligungsverfahren mit Stakeholdern oumlffentliche Anhoumlrungen oder Umfragen17 moumlgliche Informations-quellen fuumlr Hinweise oder Anhaltspunkte auf die Wirkungen politischer Regulierung und fuumlr die Weiterentwicklung von Politik bdquoPolicies are based on a sound and comshyprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and update as necesshysary the evidence base for future strategy and policyldquo18 Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen greifbar gemacht werden indem sie nach der Sammlung in ihrem spezifischen Kontext und aus dieshysem Kontext heraus analysiert werden Wie bereits oben festgehalten kann die Anbindung politischer Regulierung an empirische Tatbestaumlnde dazu beitragen politische Regulierung insgesamt zielgeshynauer zu gestalten
Evidenzen sind aber weit mehr als bloszliges Wissen gerade weil auch der Begriff des Wissens heutzutage sehr vielschichtig
differenziert wird19
Sie sind theoretisch motiviert und abgeshyleitet und bilden so eine Bruumlcke zu den beshyobachteten Fakten ndash also einer empirishyschen Bestandsaufnahme Insofern scheint auch der Wahrheitsbegriff nicht unumstritshyten was zu einer impliziten Annahme der Uumlberpruumlfbarkeit zumindest aber einer Praxiswirksamkeit einer Aussage fuumlhrt
7
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bdquoWissen in diesen Spielarten kann in unshyterschiedlichen Bereichen und auf untershyschiedliche Weise produziert werden Eine einflussreiche Unterscheidung ist die zwischen dem traditionellen akademisch produzierten und abgesicherten Wissen (Mode 1) und den vielfaumlltigen Formen von aus praktischen Kontexten auszligerhalb des eigentlichen Wissenschaftssystems produshyzierten Wissens das durch seine praktische Wirksamkeit und Akzeptanz abgesichert aber nicht im akademischen Sinn bewieshysen ist (Mode 2)ldquo (Lassnigg 2009 6)
Dabei kann die Theorie in den Bereich zwischen Wissen und Nicht-Wissen eingeshyordnet werden
Sie wirkt dabei als ein Mechashynismus der zur Verwandlung von Nicht-Wissen in Wissen
beitraumlgt
Diese Uumlbertragung findet durch eine Uumlberpruumlfung der vermuteten Zusammenshyhaumlnge (Nicht-Wissen) an der Realitaumlt statt Bei dieser Vorgehensweise geht es also darum empirische Repraumlsentation und Vermutung in einen direkten Zusammenshyhang zu setzen und so eine Entscheishydungs- und Handlungsgrundlage zu schafshyfen Erneut Lassnigg bdquoDies verweist auf die zentrale Bedeutung der Frage der Wisshysenschaftsforschung nach den Praktiken der Produktion von Daten Fakten und Evidenzenldquo (Lassnigg 2009 7)
Gerade unter dem Schlagwort Wissensshybasierung werden heute sehr gern Inforshymationen bzw Fakten subsumiert die im nicht seltenen Fall keine einfachen Fakten im Sinne statistischer Information sind Kommt man zuruumlck auf die oben zitierte Differenzierung des Wissens so spielen im Bereich der politischen Regulierung zunehmend Evidenzen des Mode 1 eine Rolle also akademisch produzierte aber nicht auf ihre praktische Wirksamkeit
uumlberpruumlfte Wissensbestaumlnde20 Dies liegt zum Teil auch daran dass tatsaumlchliche Uumlberpruumlfungen nach Mode 2 einen sehr hohen Grad an methodischer Durchdrinshygung erfordern und der ebenfalls hoch aufgeladenen theoretischen Annahmenshyproblematik Je komplexer die Phaumlnomene und je weniger Moumlglichkeiten der direkten Beobachtung bestehen desto komplexer muumlssen auch die methodologischen Uumlbershylegungen zur Erforschung bzw zur Beobshyachtung dieser Phaumlnomene sein Diese sehr einfache Schlussfolgerung wird zu oft in der so genannten wissensbasierten Beratung unterschlagen
Diese Herangehensweise zielt auch auf Problemanalyse ab und fordert dazu auf Prioritaumlten der Politikgestaltung zu identishyfizieren bzw etablierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt und die darin vermutete Kausalitaumlt hin zu uumlberpruumlfen Diese Mittshylerfunktion wird einerseits durch eine theoretische Grundlage andererseits durch ein Erhebungsinstrument erfuumlllt wodurch eine Bewertung der Effizienz und der Wirkungsweise einer politischen Maszlignahme und der Problemidentifikation fuumlr eine erneute Maszlignahmenentwicklung erreicht werden kann
POLIZEILICHE KRIMINALSTATISTIK Der Begriff der Statistik hat seinen Urshysprung im staatlichen Verwaltungshanshydeln denn er beschreibt jene Sachverhalte bdquodie ein Staatsmann uumlber sein Land wisshysen mussldquo (Lorenz 2009) Ausgehend von der wissenschaftlichen Diskussion um statistische Daten kann die Natur von Statistik21 durch drei zentrale Merkmale charakterisiert werden A) Statistik ist theoriegebunden weil unwillkuumlrliches Datensammeln unwissenschaftlich ist B) Daten haben einen empirischen Chashyrakter da sie aus der Wirklichkeit gewonshynen werden C) die Daten sind objektiv
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weil Erhebungsprozesse sachlich und nachvollziehbar begruumlndbar sein muumlssen (siehe ua Jahn 2006 Wagschal 1999 12)
Ausgehend von diesen Grundannahmen fuumlr Statistik kann die amtliche Statistik als ein unverzichtbarer Teil des Informationsshysystems einer demokratischen Gesellshyschaft angesehen werden Sie stellt Daten uumlber die wirtschaftliche demografische soziale und Umweltsituation zur Verfuumlshygung und setzt sie teilweise ins Verhaumlltnis zu staatlicher Regulierung gesellschaftshylichen Trends und oumlkonomischen Entshywicklungen Die Kriminalitaumltsstatistik kann als nichtausgeloumlste Primaumlrstatistik beshyzeichnet werden was bedeutet dass die staatlichen Institutionen die Daten direkt erheben um damit ihre eigene Arbeit zu beschreiben22 Sie ist zudem eine Vollshyerhebung denn alle (bekannten) Faumllle flieszligen in die Datengrundlage ein Grundshysaumltzlich lassen sich amtliche und nichtamtshyliche Statistiken unterscheiden Waumlhrend die amtliche Statistik auf der Grundlage von Gesetzen durch staatliche Behoumlrden erhoben wird23 entsteht die nichtamtliche Statistik ohne einen gesetzlichen Auftrag bzw direkte gesetzliche Grundlagen und wird durch unterschiedliche Institute aufshygrund unterschiedlicher Interessen und AuftraggeberInnen erhoben
Die Polizeiliche Kriminalstatistik glieshydert die bdquostrafbaren Handlungen (Anzeishygen) nach den Paragraphen des StGB und der Nebenstrafgesetze wobei auch verschiedene Kategorien von Straftaten aufgefuumlhrt werden (Ladendiebstaumlhle Beziehungstaten innerhalb einer Familie etc) Des Weiteren stehen hier auch Dashyten uumlber die ermittelten Tatverdaumlchtigen und die Opfer der Straftaten zur Vershyfuumlgungldquo (Statistik Austria 2008 9) Die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalshystatistik stellen einen wichtigen Input fuumlr den monatlichen Kriminalitaumltsbeshyricht dar
Nicht zuletzt aufgrund von Stichtagsreshygelungen bei der Zusammenfassung und Uumlbermittlung von Daten kann es zu kleishyneren auf den Betrachtungszeitraum beshyzogenen Unvollstaumlndigkeiten kommen (vgl Statistik Austria 2008) Gleichzeitig wirkt aber auch bei der Polizeilichen Krishyminalstatistik ein besonderes Charakterisshytikum amtlicher Statistik Im Vergleich zu nichtamtlicher Statistik soll sie per Aufshytrag alle moumlglichen Ereignisse erfassen also auch jene die nur selten oder in nicht besonders hoher Zahl auftreten Damit ist eine besondere Schwierigkeit verbunden Amtliche Kriminalstatistiken messen24 nur jene Faumllle die bekannt geworden sind
Das so genannte Dunkelfeld also nicht angezeigte Faumllle kann in der Statistik nicht
abgebildet werden
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage ob dieses Dunkelfeld tatsaumlchlich durch weitere Bevoumllkerungsbefragungen minishymiert werden kann deren Zuverlaumlssigkeit dann von unterschiedlich komplexen Beshydingungen und Vorgehensweisen abhinge Dabei weist die Kriminalstatistik einen weiteren Mangel auf bdquoSo hat die Polizeilishyche Kriminalstatistik nur einen begrenzten Aussagewert in Bezug auf wirkliche Reashylitaumlt in einer Gesellschaft Uumlber die Urshysachen der Kriminalitaumlt sagt sie nichtsldquo (Seiden-PielenFarin 1994 55)25 Abgeseshyhen von den Ursachen von Kriminalitaumlt ist das Anzeigeverhalten und Bewusstsein der Bevoumllkerung fuumlr manche Deliktsarten ausshygepraumlgter bzw groumlszliger und unterliegt zeitlishychen Schwankungen26
Allerdings besteht genau darin auch ein groszliges Dilemma der amtlichen Statistik denn genau an dieser Nahtstelle also zwishyschen der Moumlglichkeit bestimmte Vorfaumllle statistisch zu erfassen und der Darstellung der Sicherheitslage liegt der Ansatzpunkt
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politischer Diskursakteure Jede kleine Luumlcke jede Unplausibilitaumlt jede berechshynete Verhaumlltnis- und Durchschnittszahl und jede intransparente Klassifizierung fuumlhren zum Hinterfragen der gesamten Datengrundlage also der gesamten Basis der Polizeilichen Kriminalitaumltsstatistik
Die AkteurInnen massenmedial vershymittelter Diskurse so wie MinisterInnen PolitikerInnen AkteurInnen der Zivilgeshysellschaft aber auch bdquoSozial- und WirtshyschaftswissenschaftlerInnen neigen dazu zu erwarten dass ndash aus ihrer Sicht ndash ideashylerweise die amtliche Statistik alle Datenshywuumlnsche befriedigtldquo (Wagner 2007 3) Aus dieser Bemerkung Wagners ergeben sich zwei Schlussfolgerungen Nicht alles was WissenschaftlerInnen mittels ihrer Expertise an Verbesserungsvorschlaumlgen einbringen ist fuumlr die Erhebung durch amtliche Statistiken geeignet weil es zweckfremd ist und nicht der Verbesserung des Verwaltungshandelns dient Gleichzeishytig sollten dennoch sachliche Uumlberlegunshygen angestellt werden welche Luumlcken sich bei der Berichterstattung auf Grund der Datenerhebung ergeben entweder vershyursacht durch ungenuumlgsame Sorgfalt bei der Dateneingabe oder durch Luumlcken im Erhebungsinstrument
Abgesehen davon dass jede Datenerheshybung ihre jeweilig spezifischen Vor- und Nachteile bei der Erfassung der Realitaumlt aufweist (Opp 2005 232 ff SeipelRieker 2003 135 ff) stellt sich aber insbesondere bei der amtlichen Statistik die Frage inshywiefern Plausibilitaumltspruumlfungen zu beshystimmten Datensaumltzen moumlglich sind und wie diese Daten beeinflusst von systematishyschen Fehlern also durch unklare Kategoshyrisierung oder beeinflusst durch unsysteshymatische Fehler zB mangelnde Schulung der VollzugsbeamtInnen in Bezug auf die Dateneingabe zustande kommen
Damit die Ergebnisse amtlicher Statistishyken ndash und nicht der Prozess der Erhebung
oder Verarbeitung der Information ndash die Willensbildung unterstuumltzen und beeinshyflussen koumlnnen muumlssen diese Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Meshythoden erarbeitet und umfangreich dokushymentiert werden Damit soll den Prinzishypien der Objektivitaumlt (= Transparenz) die neben Reliabilitaumlt Validitaumlt und Repraumlsenshytativitaumlt die Guumltekriterien fuumlr Messverfahshyren abbilden Genuumlge getan werden27
WISSENSCHAFTLICHE BETRACHTUNG FUumlR OumlFFENTLICHE STATISTIK Die Ergebnisse von Forschungen im Diensshyte der evidenzbasierten Politikgestaltung haumlngen wesentlich von der Genauigkeit der erhobenen Daten ab und sind immer auch beeinflusst von den verwendeten Meshythoden Der Druck hinsichtlich einer Beshygruumlndung fuumlr den Einsatz einer bestimmten Methode ist in Zeiten knapper Ressourcen gestiegen Dennoch ist es in erster Linie die forschungspraktische Fragestellung ndash also jene Frage die sich aus der bereits vorliegenden politischen Regulierung ershygibt ndash die einerseits das Ziel des Projekts umreiszligt und gleichzeitig den Rahmen fuumlr das Erkenntnisziel bestimmt bdquoMethodishysche Kritik sollte dann einsetzen wenn die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchtend erscheinen wenn sie in einem Widershyspruch zu den Ergebnissen anderer Forshyschungsarbeiten stehen oder wenn die Falschheit der Ergebnisse moumlglicherweise fatale Folgen haben koumlnnteldquo (Behnke et al 2006 19)
Je nach eingesetzter Methode koumlnnen sich die Beobachtungen der Wirklichkeit unterscheiden ohne dass ForscherInnen oder politische GestalterInnen wissen ob die Wirklichkeit erfasst wurde denn es gibt ja nur eine Wirklichkeit oder ob das aus den Daten heraus entstehende Bild der Wirklichkeit durch die methodische Vorshygehensweise beeinflusst ist Auch die Wisshy
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senschaft hat keinen direkten Zugang zur Wirklichkeit Insofern ist es unmoumlglich das korrekte Abbild der Wirklichkeit zu liefern oder zu beurteilen welche Vorgeshyhensweise die tatsaumlchlich richtige ist ndash es gilt als ein unitaristischer Wirklichkeitsbeshygriff (Behnke et al 2006 22 ff) Allershydings bedeutet es nicht dass grundsaumltzlich ein pluralistischer Wahrheitsbegriff voshyrausgesetzt werden muss sondern dass vorlaumlufige Widerspruumlche produziert wershyden diese jedoch auf ihre Entstehung also den Einsatz unterschiedlicher Methoden zuruumlckzufuumlhren sind Methoden sind nur Entdeckungsverfahren um Argumente fuumlr jene oder andere Positionen zu generieren Dieses Grundverstaumlndnis muss zu einer Handlungsleitlinie fuumlhren die es verlangt dass Methoden in ihrer Anwendung explishyzit gemacht werden um so ihre jeweiligen Grundannahmen Schwaumlchen und Einshyschraumlnkungen zu reflektieren und die Schlussfolgerungen bdquoobjektivldquo also intershysubjektiv zugaumlnglich zu machen28
Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
subjektive Elemente enthaumllt und zu hinterfragen ist
Es kann demnach richtige und falsche Interpretationen der Wirklichkeit geben Eine wissenschaftliche Vorgehensweise kann also zunaumlchst nur unterschiedliche Ausgangspunkte fuumlr eine tatsaumlchliche Einshyschaumltzung der Sicherheitslage und Krimishynalitaumlt erbringen
Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
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Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
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schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
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(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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Diskurs eine Dominanz zu entwickeln4
Dieser Umstand stellt somit eine Herausshyforderung fuumlr die politische Oumlffentlichshykeitsarbeit dar denn die Veroumlffentlichung amtlicher Daten ist nicht nur ein Mittel von Politik sondern ist selbst als bdquopolishytischldquo anzusehen (Jarren 1998 Jarren Donges 2006)
Ein gern formuliertes Ziel an fuumlr die Poshylitikgestaltung in Auftrag gegebene Studishyen ist dabei die Evidenz-Basierung Dazu stellen sich zunaumlchst zwei sehr allgemeine Fragen (1) was wird unter dem Begriff bdquoEvidenzldquo gefasst und (2) inwieweit koumlnshynen oder sollen Politik und politische Reshygulierung sinnvoll als bdquoevidenz-basiertldquo konzeptualisiert werden
Im nachfolgenden Beitrag soll der Frage nachgegangen werden welche Aspekte bei der Diskussion der Kriminalitaumltsstatisshytik bei der Einordnung in das Konzept wissensbasierter Politikgestaltung von Beshydeutung sind und wie mit einer aus der oumlfshyfentlichen Verwaltung heraus generierten Datenquelle Informationen auch an die Oumlffentlichkeit vermittelt werden koumlnnen Allerdings und dies soll hier erarbeitet werden muumlssen diese Zahlen mit einer geshywissen Vorsicht interpretiert werden denn weder geben sie eine umfassende Ausshykunft uumlber die tatsaumlchlich veruumlbten Verbreshychen in Oumlsterreich noch koumlnnen sie zur Bewertung der Arbeit der Beamtinnen und Beamten der Vollzugsbehoumlrden herangeshyzogen werden Dabei soll insbesondere auch der Geltungsanspruch datenbasierter Aussagen problematisiert werden gerade dann wenn diese Daten fuumlr die Politikshygestaltung herangezogen werden
Fuumlr die Darstellung greift der Autor auf das Konzept der evidenzbasierten Politikshygestaltung5 zuruumlck bdquoEvidence based pracshytice (EBP) is a process for making practice decisions in which practitioners integrate the best research evidence available with their practical expertise and with clientsrsquo
attributes values preferences and cirshycumstancesldquo (Rubin 2008 17) Gerade in den letzten Jahren hat nicht zuletzt durch das Leben im Mehrebenensystem der Eushyropaumlischen Union die Arbeit mit und an verschiedenen Indikatorensystemen6 fuumlr die politische Regulierung an Bedeutung gewonnen (BrownCorbett 1997)
Evidenzbasierte Politikgestaltung nimmt Bezug auf die bdquoRealitaumltldquo indem politische Handlungsfelder mit wissenschaftlichen Methoden7 erforscht werden um so schnelshyler auf Veraumlnderungen und Wandlungsershyscheinungen in bestimmten politischen Handlungsfeldern reagieren zu koumlnnen
Diese Einblicke erlauben es der Politik ihr Handeln so auf
Ursachen und Wirkungsshyzusammenhaumlnge zu konzenshy
trieren wie es sich in den Beobachtungen realisiert
In einem ersten Abschnitt stellt dieser Beitrag die theoretischen Grundlagen und Annahmen wissensbasierter Politikgeshystaltung dar um vor diesem Hintergrund einzelne Aspekte der Polizeilichen Krimishynalitaumltsstatistik insbesondere unter Heranshyziehung wissenschaftstheoretischer und methodologischer Annahmen zu diskutieshyren Der Beitrag schlieszligt mit Hinweisen auf jene Ansatzpunkte die eine Weitershyund Fortentwicklung der Kriminalitaumltsstashytistik in Richtung einer Evidenzbasierung ermoumlglichen koumlnn(t)en
WAS BEDEUTET EVIDENZBAshySIERTE POLITIKGESTALTUNG Die Komplexitaumlt nationaler und europaumlishyscher Politikprozesse ist in aumlhnlicher Weise durch den so genannten Policy-Zyklus den Kreislauf der Politikgestaltung strukshyturiert Dem Policy-Zyklus liegt eine immanente top-down bdquoGesetzgeberpershyspektiveldquo zu Grunde wodurch Politik als
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hierarchische Steuerung uumlbergeordneter Instanzen konzipiert wird und der Fokus auf bdquoeinzelnenldquo Programmen und Entshyscheidungen sowie ihrer Implementation liegt (vgl JannWegrich 2003 95) Denshynoch kann festgehalten werden dass durch den Phasencharakter des Policy-Zyklus ein differenziertes Verstaumlndnis der Dynashymik der Eigenart und der Ursachen der spezifischen und komplexen Prozesse des Policy Makings erreicht wird (vgl Behrens 2003 Heritier 1993 Mayntz 1983 14 ff) Der Entscheidungszyklus ist in der polishytik- und verwaltungswissenschaftlichen Forschung ein sehr zentrales analytisches und heuristisches Instrument um die Polishytikgestaltung zu beschreiben Politikgeshystaltung oder Policy Making bdquobeschreibt einen Begriff der die sequentiellen Proshyzesse der Formulierung und Umsetzung von Politikinhalten umfasstldquo (Heritier 1993 JannWegrich 2003 72 Schubert 1991 Wollmann 2003)
Quelle Schubert 1991
Phasen eines Policy-Zirkels
Die Verschraumlnkung wissenschaftlicher Expertise mit Regulierungsprozessen bringt eine neue Fokussierung in politishysches Gestaltungshandeln Ziel oumlffentlishychen Handelns sollte es sein eine moumlgshylichst effektive Intervention Maszlignahme oder Regulierung zu erreichen Diese Efshyfektivitaumlt (und auch Effizienz) kann durch
wissensbasiertes Handeln erreicht werden so die Annahme8
In der Europaumlischen Union wurde dieser Trend vor allem durch das Dokument bdquoEushyropaumlisches Regieren ndash Ein Weiszligbuchldquo9
und die Schlussfolgerungen des Ratstrefshyfens in Laeken (Dezember 2001) vorangeshytrieben Im Juni 2002 veroumlffentlichte die Europaumlische Kommission den Aktionsplan bdquoEuropaumlisches Regieren Bessere Rechtshysetzungldquo10 Der Aktionsplan bdquoVereinfashychung und Verbesserung des Regelungsshyumfeldsldquo11 stellt die Notwendigkeit der Folgenabschaumltzung bezuumlglich der oumlkonoshymischen oumlkologischen und sozialen Folgen politischer Regulierung dar und definiert daruumlber hinaus anhand welcher sozialen Dimensionen dies geschehen soll12 Uumlber diese Initiativen versucht die Europaumlische Kommission den Einsatz ihshyrer beschraumlnkten Mittel durch ein so geshynanntes bdquoimpact assessmentldquo auf deren Sinnhaftigkeit hin zu uumlberpruumlfen und zu einem regulaumlren Teil des Entscheidungszyshyklus innerhalb der Europaumlischen Kommisshysion zu machen
Wissensbasierte Politikgestaltung oder bdquoevidence based Policy Makingldquo kommt als Konzept aus der Gesundheitspolitik der 1980er Jahre Seitdem hat sich das Konzept weiterentwickelt wobei es auf andere Bereiche uumlbertragen wurde
Im Bereich der Gesundheitspolitik hat sich der Begriff der bdquoevidence based pracshyticeldquo verfestigt Dieser vereint zwei grundshylegende Perspektiven 1EBP bdquois a process that includes locating
and appraising credible evidence as a part of practice decisionsldquo
2EBP bdquois a way to designate certain intershyventions as empirically supported under certain conditionsldquo (Rubin 2008 6) Weiter praumlzisiert kann diese Definition
auch auf andere Regulierungsprozesse uumlbertragen werden bdquoEBP is a process for making practice decisions in which practishy
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tioners13 integrate the best research evishydence available with their practice expertishyse and with client attributes values prefeshyrences and circumstances When those provisions involve selecting an interventishyon to provide practitioners will attempt to maximize the likelihood that their clients will receive the most effective intervention possible (hellip)ldquo (Rubin 2008 7)14
Die politischen GestalterInnen erhalten so unter Beruumlcksichtigung ihres Kontextshywissens eine Entscheidungsgrundlage und koumlnnen die jeweils anderen Wissensbestaumlnshyde wechselseitig nutzen um zu einer abshyschlieszligenden Entscheidungsgrundlage fuumlr eine Maszlignahme zu kommen Um es anshyders zu beschreiben Die politischen GeshystalterInnen koumlnnen sich fuumlr eine IntervenshytionMaszlignahme entscheiden und dann im Uhrzeigersinn der Grafik diese Interventishyon auf ihre Praktikabilitaumlt hin bewerten
Allerdings verfolgt EBP einen Politikgeshystaltungsansatz in dem empirische Grundshylagen und wissenschaftliche Analyse dem Urteil einer alleinigen Regulierungsinshystanz vorgezogen oder zumindest gleichshygestellt werden Die Uumlbertragung des Konshyzepts der bdquoevidence based practiceldquo auf politische Prozesse geht mit dem normatishyven Konzept einher dass die regulativen Handlungen einer Verwaltungseinheit quashylitativ besser werden muumlssen bdquoStaatliche Aktivitaumlten und Policies sollen einen Beishytrag zur Loumlsung oder zumindest Verarbeishytung gesellschaftlicher Problemlagen leisshytenldquo (JannWegrich 2003 92)15
Waumlhrend gerade in den hoch buumlrokratishysierten Staaten Westeuropas immer noch ein bdquoauthority-based practiceldquo-Modell zur Anwendung kommt versucht der Ansatz der wissensbasierten Politikgestaltung die Nachhaltigkeit von politischen Entscheishydungen aufgrund der Entscheidungs- und Handlungsoptionsanalyse zu etablieren16
bdquoDoing so means being vigilant in trying to recognise testimonials and traditions
that are based on unfounded beliefs and assumptions ndash no matter how prestigious the source of such testimonials and no matter how long the traditions have been in vogue in a practice settingrdquo (Rubin 2008 12)
Realitaumltsstrukturierendes Wissen kann auf unterschiedlichen Wegen gesammelt werden Neben wissenschaftlicher Forshyschung statistischen Analysen und Proshygnosen sind auch Beteiligungsverfahren mit Stakeholdern oumlffentliche Anhoumlrungen oder Umfragen17 moumlgliche Informations-quellen fuumlr Hinweise oder Anhaltspunkte auf die Wirkungen politischer Regulierung und fuumlr die Weiterentwicklung von Politik bdquoPolicies are based on a sound and comshyprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and update as necesshysary the evidence base for future strategy and policyldquo18 Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen greifbar gemacht werden indem sie nach der Sammlung in ihrem spezifischen Kontext und aus dieshysem Kontext heraus analysiert werden Wie bereits oben festgehalten kann die Anbindung politischer Regulierung an empirische Tatbestaumlnde dazu beitragen politische Regulierung insgesamt zielgeshynauer zu gestalten
Evidenzen sind aber weit mehr als bloszliges Wissen gerade weil auch der Begriff des Wissens heutzutage sehr vielschichtig
differenziert wird19
Sie sind theoretisch motiviert und abgeshyleitet und bilden so eine Bruumlcke zu den beshyobachteten Fakten ndash also einer empirishyschen Bestandsaufnahme Insofern scheint auch der Wahrheitsbegriff nicht unumstritshyten was zu einer impliziten Annahme der Uumlberpruumlfbarkeit zumindest aber einer Praxiswirksamkeit einer Aussage fuumlhrt
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bdquoWissen in diesen Spielarten kann in unshyterschiedlichen Bereichen und auf untershyschiedliche Weise produziert werden Eine einflussreiche Unterscheidung ist die zwischen dem traditionellen akademisch produzierten und abgesicherten Wissen (Mode 1) und den vielfaumlltigen Formen von aus praktischen Kontexten auszligerhalb des eigentlichen Wissenschaftssystems produshyzierten Wissens das durch seine praktische Wirksamkeit und Akzeptanz abgesichert aber nicht im akademischen Sinn bewieshysen ist (Mode 2)ldquo (Lassnigg 2009 6)
Dabei kann die Theorie in den Bereich zwischen Wissen und Nicht-Wissen eingeshyordnet werden
Sie wirkt dabei als ein Mechashynismus der zur Verwandlung von Nicht-Wissen in Wissen
beitraumlgt
Diese Uumlbertragung findet durch eine Uumlberpruumlfung der vermuteten Zusammenshyhaumlnge (Nicht-Wissen) an der Realitaumlt statt Bei dieser Vorgehensweise geht es also darum empirische Repraumlsentation und Vermutung in einen direkten Zusammenshyhang zu setzen und so eine Entscheishydungs- und Handlungsgrundlage zu schafshyfen Erneut Lassnigg bdquoDies verweist auf die zentrale Bedeutung der Frage der Wisshysenschaftsforschung nach den Praktiken der Produktion von Daten Fakten und Evidenzenldquo (Lassnigg 2009 7)
Gerade unter dem Schlagwort Wissensshybasierung werden heute sehr gern Inforshymationen bzw Fakten subsumiert die im nicht seltenen Fall keine einfachen Fakten im Sinne statistischer Information sind Kommt man zuruumlck auf die oben zitierte Differenzierung des Wissens so spielen im Bereich der politischen Regulierung zunehmend Evidenzen des Mode 1 eine Rolle also akademisch produzierte aber nicht auf ihre praktische Wirksamkeit
uumlberpruumlfte Wissensbestaumlnde20 Dies liegt zum Teil auch daran dass tatsaumlchliche Uumlberpruumlfungen nach Mode 2 einen sehr hohen Grad an methodischer Durchdrinshygung erfordern und der ebenfalls hoch aufgeladenen theoretischen Annahmenshyproblematik Je komplexer die Phaumlnomene und je weniger Moumlglichkeiten der direkten Beobachtung bestehen desto komplexer muumlssen auch die methodologischen Uumlbershylegungen zur Erforschung bzw zur Beobshyachtung dieser Phaumlnomene sein Diese sehr einfache Schlussfolgerung wird zu oft in der so genannten wissensbasierten Beratung unterschlagen
Diese Herangehensweise zielt auch auf Problemanalyse ab und fordert dazu auf Prioritaumlten der Politikgestaltung zu identishyfizieren bzw etablierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt und die darin vermutete Kausalitaumlt hin zu uumlberpruumlfen Diese Mittshylerfunktion wird einerseits durch eine theoretische Grundlage andererseits durch ein Erhebungsinstrument erfuumlllt wodurch eine Bewertung der Effizienz und der Wirkungsweise einer politischen Maszlignahme und der Problemidentifikation fuumlr eine erneute Maszlignahmenentwicklung erreicht werden kann
POLIZEILICHE KRIMINALSTATISTIK Der Begriff der Statistik hat seinen Urshysprung im staatlichen Verwaltungshanshydeln denn er beschreibt jene Sachverhalte bdquodie ein Staatsmann uumlber sein Land wisshysen mussldquo (Lorenz 2009) Ausgehend von der wissenschaftlichen Diskussion um statistische Daten kann die Natur von Statistik21 durch drei zentrale Merkmale charakterisiert werden A) Statistik ist theoriegebunden weil unwillkuumlrliches Datensammeln unwissenschaftlich ist B) Daten haben einen empirischen Chashyrakter da sie aus der Wirklichkeit gewonshynen werden C) die Daten sind objektiv
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weil Erhebungsprozesse sachlich und nachvollziehbar begruumlndbar sein muumlssen (siehe ua Jahn 2006 Wagschal 1999 12)
Ausgehend von diesen Grundannahmen fuumlr Statistik kann die amtliche Statistik als ein unverzichtbarer Teil des Informationsshysystems einer demokratischen Gesellshyschaft angesehen werden Sie stellt Daten uumlber die wirtschaftliche demografische soziale und Umweltsituation zur Verfuumlshygung und setzt sie teilweise ins Verhaumlltnis zu staatlicher Regulierung gesellschaftshylichen Trends und oumlkonomischen Entshywicklungen Die Kriminalitaumltsstatistik kann als nichtausgeloumlste Primaumlrstatistik beshyzeichnet werden was bedeutet dass die staatlichen Institutionen die Daten direkt erheben um damit ihre eigene Arbeit zu beschreiben22 Sie ist zudem eine Vollshyerhebung denn alle (bekannten) Faumllle flieszligen in die Datengrundlage ein Grundshysaumltzlich lassen sich amtliche und nichtamtshyliche Statistiken unterscheiden Waumlhrend die amtliche Statistik auf der Grundlage von Gesetzen durch staatliche Behoumlrden erhoben wird23 entsteht die nichtamtliche Statistik ohne einen gesetzlichen Auftrag bzw direkte gesetzliche Grundlagen und wird durch unterschiedliche Institute aufshygrund unterschiedlicher Interessen und AuftraggeberInnen erhoben
Die Polizeiliche Kriminalstatistik glieshydert die bdquostrafbaren Handlungen (Anzeishygen) nach den Paragraphen des StGB und der Nebenstrafgesetze wobei auch verschiedene Kategorien von Straftaten aufgefuumlhrt werden (Ladendiebstaumlhle Beziehungstaten innerhalb einer Familie etc) Des Weiteren stehen hier auch Dashyten uumlber die ermittelten Tatverdaumlchtigen und die Opfer der Straftaten zur Vershyfuumlgungldquo (Statistik Austria 2008 9) Die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalshystatistik stellen einen wichtigen Input fuumlr den monatlichen Kriminalitaumltsbeshyricht dar
Nicht zuletzt aufgrund von Stichtagsreshygelungen bei der Zusammenfassung und Uumlbermittlung von Daten kann es zu kleishyneren auf den Betrachtungszeitraum beshyzogenen Unvollstaumlndigkeiten kommen (vgl Statistik Austria 2008) Gleichzeitig wirkt aber auch bei der Polizeilichen Krishyminalstatistik ein besonderes Charakterisshytikum amtlicher Statistik Im Vergleich zu nichtamtlicher Statistik soll sie per Aufshytrag alle moumlglichen Ereignisse erfassen also auch jene die nur selten oder in nicht besonders hoher Zahl auftreten Damit ist eine besondere Schwierigkeit verbunden Amtliche Kriminalstatistiken messen24 nur jene Faumllle die bekannt geworden sind
Das so genannte Dunkelfeld also nicht angezeigte Faumllle kann in der Statistik nicht
abgebildet werden
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage ob dieses Dunkelfeld tatsaumlchlich durch weitere Bevoumllkerungsbefragungen minishymiert werden kann deren Zuverlaumlssigkeit dann von unterschiedlich komplexen Beshydingungen und Vorgehensweisen abhinge Dabei weist die Kriminalstatistik einen weiteren Mangel auf bdquoSo hat die Polizeilishyche Kriminalstatistik nur einen begrenzten Aussagewert in Bezug auf wirkliche Reashylitaumlt in einer Gesellschaft Uumlber die Urshysachen der Kriminalitaumlt sagt sie nichtsldquo (Seiden-PielenFarin 1994 55)25 Abgeseshyhen von den Ursachen von Kriminalitaumlt ist das Anzeigeverhalten und Bewusstsein der Bevoumllkerung fuumlr manche Deliktsarten ausshygepraumlgter bzw groumlszliger und unterliegt zeitlishychen Schwankungen26
Allerdings besteht genau darin auch ein groszliges Dilemma der amtlichen Statistik denn genau an dieser Nahtstelle also zwishyschen der Moumlglichkeit bestimmte Vorfaumllle statistisch zu erfassen und der Darstellung der Sicherheitslage liegt der Ansatzpunkt
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politischer Diskursakteure Jede kleine Luumlcke jede Unplausibilitaumlt jede berechshynete Verhaumlltnis- und Durchschnittszahl und jede intransparente Klassifizierung fuumlhren zum Hinterfragen der gesamten Datengrundlage also der gesamten Basis der Polizeilichen Kriminalitaumltsstatistik
Die AkteurInnen massenmedial vershymittelter Diskurse so wie MinisterInnen PolitikerInnen AkteurInnen der Zivilgeshysellschaft aber auch bdquoSozial- und WirtshyschaftswissenschaftlerInnen neigen dazu zu erwarten dass ndash aus ihrer Sicht ndash ideashylerweise die amtliche Statistik alle Datenshywuumlnsche befriedigtldquo (Wagner 2007 3) Aus dieser Bemerkung Wagners ergeben sich zwei Schlussfolgerungen Nicht alles was WissenschaftlerInnen mittels ihrer Expertise an Verbesserungsvorschlaumlgen einbringen ist fuumlr die Erhebung durch amtliche Statistiken geeignet weil es zweckfremd ist und nicht der Verbesserung des Verwaltungshandelns dient Gleichzeishytig sollten dennoch sachliche Uumlberlegunshygen angestellt werden welche Luumlcken sich bei der Berichterstattung auf Grund der Datenerhebung ergeben entweder vershyursacht durch ungenuumlgsame Sorgfalt bei der Dateneingabe oder durch Luumlcken im Erhebungsinstrument
Abgesehen davon dass jede Datenerheshybung ihre jeweilig spezifischen Vor- und Nachteile bei der Erfassung der Realitaumlt aufweist (Opp 2005 232 ff SeipelRieker 2003 135 ff) stellt sich aber insbesondere bei der amtlichen Statistik die Frage inshywiefern Plausibilitaumltspruumlfungen zu beshystimmten Datensaumltzen moumlglich sind und wie diese Daten beeinflusst von systematishyschen Fehlern also durch unklare Kategoshyrisierung oder beeinflusst durch unsysteshymatische Fehler zB mangelnde Schulung der VollzugsbeamtInnen in Bezug auf die Dateneingabe zustande kommen
Damit die Ergebnisse amtlicher Statistishyken ndash und nicht der Prozess der Erhebung
oder Verarbeitung der Information ndash die Willensbildung unterstuumltzen und beeinshyflussen koumlnnen muumlssen diese Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Meshythoden erarbeitet und umfangreich dokushymentiert werden Damit soll den Prinzishypien der Objektivitaumlt (= Transparenz) die neben Reliabilitaumlt Validitaumlt und Repraumlsenshytativitaumlt die Guumltekriterien fuumlr Messverfahshyren abbilden Genuumlge getan werden27
WISSENSCHAFTLICHE BETRACHTUNG FUumlR OumlFFENTLICHE STATISTIK Die Ergebnisse von Forschungen im Diensshyte der evidenzbasierten Politikgestaltung haumlngen wesentlich von der Genauigkeit der erhobenen Daten ab und sind immer auch beeinflusst von den verwendeten Meshythoden Der Druck hinsichtlich einer Beshygruumlndung fuumlr den Einsatz einer bestimmten Methode ist in Zeiten knapper Ressourcen gestiegen Dennoch ist es in erster Linie die forschungspraktische Fragestellung ndash also jene Frage die sich aus der bereits vorliegenden politischen Regulierung ershygibt ndash die einerseits das Ziel des Projekts umreiszligt und gleichzeitig den Rahmen fuumlr das Erkenntnisziel bestimmt bdquoMethodishysche Kritik sollte dann einsetzen wenn die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchtend erscheinen wenn sie in einem Widershyspruch zu den Ergebnissen anderer Forshyschungsarbeiten stehen oder wenn die Falschheit der Ergebnisse moumlglicherweise fatale Folgen haben koumlnnteldquo (Behnke et al 2006 19)
Je nach eingesetzter Methode koumlnnen sich die Beobachtungen der Wirklichkeit unterscheiden ohne dass ForscherInnen oder politische GestalterInnen wissen ob die Wirklichkeit erfasst wurde denn es gibt ja nur eine Wirklichkeit oder ob das aus den Daten heraus entstehende Bild der Wirklichkeit durch die methodische Vorshygehensweise beeinflusst ist Auch die Wisshy
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senschaft hat keinen direkten Zugang zur Wirklichkeit Insofern ist es unmoumlglich das korrekte Abbild der Wirklichkeit zu liefern oder zu beurteilen welche Vorgeshyhensweise die tatsaumlchlich richtige ist ndash es gilt als ein unitaristischer Wirklichkeitsbeshygriff (Behnke et al 2006 22 ff) Allershydings bedeutet es nicht dass grundsaumltzlich ein pluralistischer Wahrheitsbegriff voshyrausgesetzt werden muss sondern dass vorlaumlufige Widerspruumlche produziert wershyden diese jedoch auf ihre Entstehung also den Einsatz unterschiedlicher Methoden zuruumlckzufuumlhren sind Methoden sind nur Entdeckungsverfahren um Argumente fuumlr jene oder andere Positionen zu generieren Dieses Grundverstaumlndnis muss zu einer Handlungsleitlinie fuumlhren die es verlangt dass Methoden in ihrer Anwendung explishyzit gemacht werden um so ihre jeweiligen Grundannahmen Schwaumlchen und Einshyschraumlnkungen zu reflektieren und die Schlussfolgerungen bdquoobjektivldquo also intershysubjektiv zugaumlnglich zu machen28
Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
subjektive Elemente enthaumllt und zu hinterfragen ist
Es kann demnach richtige und falsche Interpretationen der Wirklichkeit geben Eine wissenschaftliche Vorgehensweise kann also zunaumlchst nur unterschiedliche Ausgangspunkte fuumlr eine tatsaumlchliche Einshyschaumltzung der Sicherheitslage und Krimishynalitaumlt erbringen
Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
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Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
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schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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hierarchische Steuerung uumlbergeordneter Instanzen konzipiert wird und der Fokus auf bdquoeinzelnenldquo Programmen und Entshyscheidungen sowie ihrer Implementation liegt (vgl JannWegrich 2003 95) Denshynoch kann festgehalten werden dass durch den Phasencharakter des Policy-Zyklus ein differenziertes Verstaumlndnis der Dynashymik der Eigenart und der Ursachen der spezifischen und komplexen Prozesse des Policy Makings erreicht wird (vgl Behrens 2003 Heritier 1993 Mayntz 1983 14 ff) Der Entscheidungszyklus ist in der polishytik- und verwaltungswissenschaftlichen Forschung ein sehr zentrales analytisches und heuristisches Instrument um die Polishytikgestaltung zu beschreiben Politikgeshystaltung oder Policy Making bdquobeschreibt einen Begriff der die sequentiellen Proshyzesse der Formulierung und Umsetzung von Politikinhalten umfasstldquo (Heritier 1993 JannWegrich 2003 72 Schubert 1991 Wollmann 2003)
Quelle Schubert 1991
Phasen eines Policy-Zirkels
Die Verschraumlnkung wissenschaftlicher Expertise mit Regulierungsprozessen bringt eine neue Fokussierung in politishysches Gestaltungshandeln Ziel oumlffentlishychen Handelns sollte es sein eine moumlgshylichst effektive Intervention Maszlignahme oder Regulierung zu erreichen Diese Efshyfektivitaumlt (und auch Effizienz) kann durch
wissensbasiertes Handeln erreicht werden so die Annahme8
In der Europaumlischen Union wurde dieser Trend vor allem durch das Dokument bdquoEushyropaumlisches Regieren ndash Ein Weiszligbuchldquo9
und die Schlussfolgerungen des Ratstrefshyfens in Laeken (Dezember 2001) vorangeshytrieben Im Juni 2002 veroumlffentlichte die Europaumlische Kommission den Aktionsplan bdquoEuropaumlisches Regieren Bessere Rechtshysetzungldquo10 Der Aktionsplan bdquoVereinfashychung und Verbesserung des Regelungsshyumfeldsldquo11 stellt die Notwendigkeit der Folgenabschaumltzung bezuumlglich der oumlkonoshymischen oumlkologischen und sozialen Folgen politischer Regulierung dar und definiert daruumlber hinaus anhand welcher sozialen Dimensionen dies geschehen soll12 Uumlber diese Initiativen versucht die Europaumlische Kommission den Einsatz ihshyrer beschraumlnkten Mittel durch ein so geshynanntes bdquoimpact assessmentldquo auf deren Sinnhaftigkeit hin zu uumlberpruumlfen und zu einem regulaumlren Teil des Entscheidungszyshyklus innerhalb der Europaumlischen Kommisshysion zu machen
Wissensbasierte Politikgestaltung oder bdquoevidence based Policy Makingldquo kommt als Konzept aus der Gesundheitspolitik der 1980er Jahre Seitdem hat sich das Konzept weiterentwickelt wobei es auf andere Bereiche uumlbertragen wurde
Im Bereich der Gesundheitspolitik hat sich der Begriff der bdquoevidence based pracshyticeldquo verfestigt Dieser vereint zwei grundshylegende Perspektiven 1EBP bdquois a process that includes locating
and appraising credible evidence as a part of practice decisionsldquo
2EBP bdquois a way to designate certain intershyventions as empirically supported under certain conditionsldquo (Rubin 2008 6) Weiter praumlzisiert kann diese Definition
auch auf andere Regulierungsprozesse uumlbertragen werden bdquoEBP is a process for making practice decisions in which practishy
6
SIAK-JOURNAL 12010
tioners13 integrate the best research evishydence available with their practice expertishyse and with client attributes values prefeshyrences and circumstances When those provisions involve selecting an interventishyon to provide practitioners will attempt to maximize the likelihood that their clients will receive the most effective intervention possible (hellip)ldquo (Rubin 2008 7)14
Die politischen GestalterInnen erhalten so unter Beruumlcksichtigung ihres Kontextshywissens eine Entscheidungsgrundlage und koumlnnen die jeweils anderen Wissensbestaumlnshyde wechselseitig nutzen um zu einer abshyschlieszligenden Entscheidungsgrundlage fuumlr eine Maszlignahme zu kommen Um es anshyders zu beschreiben Die politischen GeshystalterInnen koumlnnen sich fuumlr eine IntervenshytionMaszlignahme entscheiden und dann im Uhrzeigersinn der Grafik diese Interventishyon auf ihre Praktikabilitaumlt hin bewerten
Allerdings verfolgt EBP einen Politikgeshystaltungsansatz in dem empirische Grundshylagen und wissenschaftliche Analyse dem Urteil einer alleinigen Regulierungsinshystanz vorgezogen oder zumindest gleichshygestellt werden Die Uumlbertragung des Konshyzepts der bdquoevidence based practiceldquo auf politische Prozesse geht mit dem normatishyven Konzept einher dass die regulativen Handlungen einer Verwaltungseinheit quashylitativ besser werden muumlssen bdquoStaatliche Aktivitaumlten und Policies sollen einen Beishytrag zur Loumlsung oder zumindest Verarbeishytung gesellschaftlicher Problemlagen leisshytenldquo (JannWegrich 2003 92)15
Waumlhrend gerade in den hoch buumlrokratishysierten Staaten Westeuropas immer noch ein bdquoauthority-based practiceldquo-Modell zur Anwendung kommt versucht der Ansatz der wissensbasierten Politikgestaltung die Nachhaltigkeit von politischen Entscheishydungen aufgrund der Entscheidungs- und Handlungsoptionsanalyse zu etablieren16
bdquoDoing so means being vigilant in trying to recognise testimonials and traditions
that are based on unfounded beliefs and assumptions ndash no matter how prestigious the source of such testimonials and no matter how long the traditions have been in vogue in a practice settingrdquo (Rubin 2008 12)
Realitaumltsstrukturierendes Wissen kann auf unterschiedlichen Wegen gesammelt werden Neben wissenschaftlicher Forshyschung statistischen Analysen und Proshygnosen sind auch Beteiligungsverfahren mit Stakeholdern oumlffentliche Anhoumlrungen oder Umfragen17 moumlgliche Informations-quellen fuumlr Hinweise oder Anhaltspunkte auf die Wirkungen politischer Regulierung und fuumlr die Weiterentwicklung von Politik bdquoPolicies are based on a sound and comshyprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and update as necesshysary the evidence base for future strategy and policyldquo18 Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen greifbar gemacht werden indem sie nach der Sammlung in ihrem spezifischen Kontext und aus dieshysem Kontext heraus analysiert werden Wie bereits oben festgehalten kann die Anbindung politischer Regulierung an empirische Tatbestaumlnde dazu beitragen politische Regulierung insgesamt zielgeshynauer zu gestalten
Evidenzen sind aber weit mehr als bloszliges Wissen gerade weil auch der Begriff des Wissens heutzutage sehr vielschichtig
differenziert wird19
Sie sind theoretisch motiviert und abgeshyleitet und bilden so eine Bruumlcke zu den beshyobachteten Fakten ndash also einer empirishyschen Bestandsaufnahme Insofern scheint auch der Wahrheitsbegriff nicht unumstritshyten was zu einer impliziten Annahme der Uumlberpruumlfbarkeit zumindest aber einer Praxiswirksamkeit einer Aussage fuumlhrt
7
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8
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bdquoWissen in diesen Spielarten kann in unshyterschiedlichen Bereichen und auf untershyschiedliche Weise produziert werden Eine einflussreiche Unterscheidung ist die zwischen dem traditionellen akademisch produzierten und abgesicherten Wissen (Mode 1) und den vielfaumlltigen Formen von aus praktischen Kontexten auszligerhalb des eigentlichen Wissenschaftssystems produshyzierten Wissens das durch seine praktische Wirksamkeit und Akzeptanz abgesichert aber nicht im akademischen Sinn bewieshysen ist (Mode 2)ldquo (Lassnigg 2009 6)
Dabei kann die Theorie in den Bereich zwischen Wissen und Nicht-Wissen eingeshyordnet werden
Sie wirkt dabei als ein Mechashynismus der zur Verwandlung von Nicht-Wissen in Wissen
beitraumlgt
Diese Uumlbertragung findet durch eine Uumlberpruumlfung der vermuteten Zusammenshyhaumlnge (Nicht-Wissen) an der Realitaumlt statt Bei dieser Vorgehensweise geht es also darum empirische Repraumlsentation und Vermutung in einen direkten Zusammenshyhang zu setzen und so eine Entscheishydungs- und Handlungsgrundlage zu schafshyfen Erneut Lassnigg bdquoDies verweist auf die zentrale Bedeutung der Frage der Wisshysenschaftsforschung nach den Praktiken der Produktion von Daten Fakten und Evidenzenldquo (Lassnigg 2009 7)
Gerade unter dem Schlagwort Wissensshybasierung werden heute sehr gern Inforshymationen bzw Fakten subsumiert die im nicht seltenen Fall keine einfachen Fakten im Sinne statistischer Information sind Kommt man zuruumlck auf die oben zitierte Differenzierung des Wissens so spielen im Bereich der politischen Regulierung zunehmend Evidenzen des Mode 1 eine Rolle also akademisch produzierte aber nicht auf ihre praktische Wirksamkeit
uumlberpruumlfte Wissensbestaumlnde20 Dies liegt zum Teil auch daran dass tatsaumlchliche Uumlberpruumlfungen nach Mode 2 einen sehr hohen Grad an methodischer Durchdrinshygung erfordern und der ebenfalls hoch aufgeladenen theoretischen Annahmenshyproblematik Je komplexer die Phaumlnomene und je weniger Moumlglichkeiten der direkten Beobachtung bestehen desto komplexer muumlssen auch die methodologischen Uumlbershylegungen zur Erforschung bzw zur Beobshyachtung dieser Phaumlnomene sein Diese sehr einfache Schlussfolgerung wird zu oft in der so genannten wissensbasierten Beratung unterschlagen
Diese Herangehensweise zielt auch auf Problemanalyse ab und fordert dazu auf Prioritaumlten der Politikgestaltung zu identishyfizieren bzw etablierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt und die darin vermutete Kausalitaumlt hin zu uumlberpruumlfen Diese Mittshylerfunktion wird einerseits durch eine theoretische Grundlage andererseits durch ein Erhebungsinstrument erfuumlllt wodurch eine Bewertung der Effizienz und der Wirkungsweise einer politischen Maszlignahme und der Problemidentifikation fuumlr eine erneute Maszlignahmenentwicklung erreicht werden kann
POLIZEILICHE KRIMINALSTATISTIK Der Begriff der Statistik hat seinen Urshysprung im staatlichen Verwaltungshanshydeln denn er beschreibt jene Sachverhalte bdquodie ein Staatsmann uumlber sein Land wisshysen mussldquo (Lorenz 2009) Ausgehend von der wissenschaftlichen Diskussion um statistische Daten kann die Natur von Statistik21 durch drei zentrale Merkmale charakterisiert werden A) Statistik ist theoriegebunden weil unwillkuumlrliches Datensammeln unwissenschaftlich ist B) Daten haben einen empirischen Chashyrakter da sie aus der Wirklichkeit gewonshynen werden C) die Daten sind objektiv
SIAK-JOURNAL 12010
weil Erhebungsprozesse sachlich und nachvollziehbar begruumlndbar sein muumlssen (siehe ua Jahn 2006 Wagschal 1999 12)
Ausgehend von diesen Grundannahmen fuumlr Statistik kann die amtliche Statistik als ein unverzichtbarer Teil des Informationsshysystems einer demokratischen Gesellshyschaft angesehen werden Sie stellt Daten uumlber die wirtschaftliche demografische soziale und Umweltsituation zur Verfuumlshygung und setzt sie teilweise ins Verhaumlltnis zu staatlicher Regulierung gesellschaftshylichen Trends und oumlkonomischen Entshywicklungen Die Kriminalitaumltsstatistik kann als nichtausgeloumlste Primaumlrstatistik beshyzeichnet werden was bedeutet dass die staatlichen Institutionen die Daten direkt erheben um damit ihre eigene Arbeit zu beschreiben22 Sie ist zudem eine Vollshyerhebung denn alle (bekannten) Faumllle flieszligen in die Datengrundlage ein Grundshysaumltzlich lassen sich amtliche und nichtamtshyliche Statistiken unterscheiden Waumlhrend die amtliche Statistik auf der Grundlage von Gesetzen durch staatliche Behoumlrden erhoben wird23 entsteht die nichtamtliche Statistik ohne einen gesetzlichen Auftrag bzw direkte gesetzliche Grundlagen und wird durch unterschiedliche Institute aufshygrund unterschiedlicher Interessen und AuftraggeberInnen erhoben
Die Polizeiliche Kriminalstatistik glieshydert die bdquostrafbaren Handlungen (Anzeishygen) nach den Paragraphen des StGB und der Nebenstrafgesetze wobei auch verschiedene Kategorien von Straftaten aufgefuumlhrt werden (Ladendiebstaumlhle Beziehungstaten innerhalb einer Familie etc) Des Weiteren stehen hier auch Dashyten uumlber die ermittelten Tatverdaumlchtigen und die Opfer der Straftaten zur Vershyfuumlgungldquo (Statistik Austria 2008 9) Die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalshystatistik stellen einen wichtigen Input fuumlr den monatlichen Kriminalitaumltsbeshyricht dar
Nicht zuletzt aufgrund von Stichtagsreshygelungen bei der Zusammenfassung und Uumlbermittlung von Daten kann es zu kleishyneren auf den Betrachtungszeitraum beshyzogenen Unvollstaumlndigkeiten kommen (vgl Statistik Austria 2008) Gleichzeitig wirkt aber auch bei der Polizeilichen Krishyminalstatistik ein besonderes Charakterisshytikum amtlicher Statistik Im Vergleich zu nichtamtlicher Statistik soll sie per Aufshytrag alle moumlglichen Ereignisse erfassen also auch jene die nur selten oder in nicht besonders hoher Zahl auftreten Damit ist eine besondere Schwierigkeit verbunden Amtliche Kriminalstatistiken messen24 nur jene Faumllle die bekannt geworden sind
Das so genannte Dunkelfeld also nicht angezeigte Faumllle kann in der Statistik nicht
abgebildet werden
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage ob dieses Dunkelfeld tatsaumlchlich durch weitere Bevoumllkerungsbefragungen minishymiert werden kann deren Zuverlaumlssigkeit dann von unterschiedlich komplexen Beshydingungen und Vorgehensweisen abhinge Dabei weist die Kriminalstatistik einen weiteren Mangel auf bdquoSo hat die Polizeilishyche Kriminalstatistik nur einen begrenzten Aussagewert in Bezug auf wirkliche Reashylitaumlt in einer Gesellschaft Uumlber die Urshysachen der Kriminalitaumlt sagt sie nichtsldquo (Seiden-PielenFarin 1994 55)25 Abgeseshyhen von den Ursachen von Kriminalitaumlt ist das Anzeigeverhalten und Bewusstsein der Bevoumllkerung fuumlr manche Deliktsarten ausshygepraumlgter bzw groumlszliger und unterliegt zeitlishychen Schwankungen26
Allerdings besteht genau darin auch ein groszliges Dilemma der amtlichen Statistik denn genau an dieser Nahtstelle also zwishyschen der Moumlglichkeit bestimmte Vorfaumllle statistisch zu erfassen und der Darstellung der Sicherheitslage liegt der Ansatzpunkt
9
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politischer Diskursakteure Jede kleine Luumlcke jede Unplausibilitaumlt jede berechshynete Verhaumlltnis- und Durchschnittszahl und jede intransparente Klassifizierung fuumlhren zum Hinterfragen der gesamten Datengrundlage also der gesamten Basis der Polizeilichen Kriminalitaumltsstatistik
Die AkteurInnen massenmedial vershymittelter Diskurse so wie MinisterInnen PolitikerInnen AkteurInnen der Zivilgeshysellschaft aber auch bdquoSozial- und WirtshyschaftswissenschaftlerInnen neigen dazu zu erwarten dass ndash aus ihrer Sicht ndash ideashylerweise die amtliche Statistik alle Datenshywuumlnsche befriedigtldquo (Wagner 2007 3) Aus dieser Bemerkung Wagners ergeben sich zwei Schlussfolgerungen Nicht alles was WissenschaftlerInnen mittels ihrer Expertise an Verbesserungsvorschlaumlgen einbringen ist fuumlr die Erhebung durch amtliche Statistiken geeignet weil es zweckfremd ist und nicht der Verbesserung des Verwaltungshandelns dient Gleichzeishytig sollten dennoch sachliche Uumlberlegunshygen angestellt werden welche Luumlcken sich bei der Berichterstattung auf Grund der Datenerhebung ergeben entweder vershyursacht durch ungenuumlgsame Sorgfalt bei der Dateneingabe oder durch Luumlcken im Erhebungsinstrument
Abgesehen davon dass jede Datenerheshybung ihre jeweilig spezifischen Vor- und Nachteile bei der Erfassung der Realitaumlt aufweist (Opp 2005 232 ff SeipelRieker 2003 135 ff) stellt sich aber insbesondere bei der amtlichen Statistik die Frage inshywiefern Plausibilitaumltspruumlfungen zu beshystimmten Datensaumltzen moumlglich sind und wie diese Daten beeinflusst von systematishyschen Fehlern also durch unklare Kategoshyrisierung oder beeinflusst durch unsysteshymatische Fehler zB mangelnde Schulung der VollzugsbeamtInnen in Bezug auf die Dateneingabe zustande kommen
Damit die Ergebnisse amtlicher Statistishyken ndash und nicht der Prozess der Erhebung
oder Verarbeitung der Information ndash die Willensbildung unterstuumltzen und beeinshyflussen koumlnnen muumlssen diese Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Meshythoden erarbeitet und umfangreich dokushymentiert werden Damit soll den Prinzishypien der Objektivitaumlt (= Transparenz) die neben Reliabilitaumlt Validitaumlt und Repraumlsenshytativitaumlt die Guumltekriterien fuumlr Messverfahshyren abbilden Genuumlge getan werden27
WISSENSCHAFTLICHE BETRACHTUNG FUumlR OumlFFENTLICHE STATISTIK Die Ergebnisse von Forschungen im Diensshyte der evidenzbasierten Politikgestaltung haumlngen wesentlich von der Genauigkeit der erhobenen Daten ab und sind immer auch beeinflusst von den verwendeten Meshythoden Der Druck hinsichtlich einer Beshygruumlndung fuumlr den Einsatz einer bestimmten Methode ist in Zeiten knapper Ressourcen gestiegen Dennoch ist es in erster Linie die forschungspraktische Fragestellung ndash also jene Frage die sich aus der bereits vorliegenden politischen Regulierung ershygibt ndash die einerseits das Ziel des Projekts umreiszligt und gleichzeitig den Rahmen fuumlr das Erkenntnisziel bestimmt bdquoMethodishysche Kritik sollte dann einsetzen wenn die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchtend erscheinen wenn sie in einem Widershyspruch zu den Ergebnissen anderer Forshyschungsarbeiten stehen oder wenn die Falschheit der Ergebnisse moumlglicherweise fatale Folgen haben koumlnnteldquo (Behnke et al 2006 19)
Je nach eingesetzter Methode koumlnnen sich die Beobachtungen der Wirklichkeit unterscheiden ohne dass ForscherInnen oder politische GestalterInnen wissen ob die Wirklichkeit erfasst wurde denn es gibt ja nur eine Wirklichkeit oder ob das aus den Daten heraus entstehende Bild der Wirklichkeit durch die methodische Vorshygehensweise beeinflusst ist Auch die Wisshy
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senschaft hat keinen direkten Zugang zur Wirklichkeit Insofern ist es unmoumlglich das korrekte Abbild der Wirklichkeit zu liefern oder zu beurteilen welche Vorgeshyhensweise die tatsaumlchlich richtige ist ndash es gilt als ein unitaristischer Wirklichkeitsbeshygriff (Behnke et al 2006 22 ff) Allershydings bedeutet es nicht dass grundsaumltzlich ein pluralistischer Wahrheitsbegriff voshyrausgesetzt werden muss sondern dass vorlaumlufige Widerspruumlche produziert wershyden diese jedoch auf ihre Entstehung also den Einsatz unterschiedlicher Methoden zuruumlckzufuumlhren sind Methoden sind nur Entdeckungsverfahren um Argumente fuumlr jene oder andere Positionen zu generieren Dieses Grundverstaumlndnis muss zu einer Handlungsleitlinie fuumlhren die es verlangt dass Methoden in ihrer Anwendung explishyzit gemacht werden um so ihre jeweiligen Grundannahmen Schwaumlchen und Einshyschraumlnkungen zu reflektieren und die Schlussfolgerungen bdquoobjektivldquo also intershysubjektiv zugaumlnglich zu machen28
Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
subjektive Elemente enthaumllt und zu hinterfragen ist
Es kann demnach richtige und falsche Interpretationen der Wirklichkeit geben Eine wissenschaftliche Vorgehensweise kann also zunaumlchst nur unterschiedliche Ausgangspunkte fuumlr eine tatsaumlchliche Einshyschaumltzung der Sicherheitslage und Krimishynalitaumlt erbringen
Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
12010 SIAK-JOURNAL
Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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Die politischen GestalterInnen erhalten so unter Beruumlcksichtigung ihres Kontextshywissens eine Entscheidungsgrundlage und koumlnnen die jeweils anderen Wissensbestaumlnshyde wechselseitig nutzen um zu einer abshyschlieszligenden Entscheidungsgrundlage fuumlr eine Maszlignahme zu kommen Um es anshyders zu beschreiben Die politischen GeshystalterInnen koumlnnen sich fuumlr eine IntervenshytionMaszlignahme entscheiden und dann im Uhrzeigersinn der Grafik diese Interventishyon auf ihre Praktikabilitaumlt hin bewerten
Allerdings verfolgt EBP einen Politikgeshystaltungsansatz in dem empirische Grundshylagen und wissenschaftliche Analyse dem Urteil einer alleinigen Regulierungsinshystanz vorgezogen oder zumindest gleichshygestellt werden Die Uumlbertragung des Konshyzepts der bdquoevidence based practiceldquo auf politische Prozesse geht mit dem normatishyven Konzept einher dass die regulativen Handlungen einer Verwaltungseinheit quashylitativ besser werden muumlssen bdquoStaatliche Aktivitaumlten und Policies sollen einen Beishytrag zur Loumlsung oder zumindest Verarbeishytung gesellschaftlicher Problemlagen leisshytenldquo (JannWegrich 2003 92)15
Waumlhrend gerade in den hoch buumlrokratishysierten Staaten Westeuropas immer noch ein bdquoauthority-based practiceldquo-Modell zur Anwendung kommt versucht der Ansatz der wissensbasierten Politikgestaltung die Nachhaltigkeit von politischen Entscheishydungen aufgrund der Entscheidungs- und Handlungsoptionsanalyse zu etablieren16
bdquoDoing so means being vigilant in trying to recognise testimonials and traditions
that are based on unfounded beliefs and assumptions ndash no matter how prestigious the source of such testimonials and no matter how long the traditions have been in vogue in a practice settingrdquo (Rubin 2008 12)
Realitaumltsstrukturierendes Wissen kann auf unterschiedlichen Wegen gesammelt werden Neben wissenschaftlicher Forshyschung statistischen Analysen und Proshygnosen sind auch Beteiligungsverfahren mit Stakeholdern oumlffentliche Anhoumlrungen oder Umfragen17 moumlgliche Informations-quellen fuumlr Hinweise oder Anhaltspunkte auf die Wirkungen politischer Regulierung und fuumlr die Weiterentwicklung von Politik bdquoPolicies are based on a sound and comshyprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and update as necesshysary the evidence base for future strategy and policyldquo18 Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen greifbar gemacht werden indem sie nach der Sammlung in ihrem spezifischen Kontext und aus dieshysem Kontext heraus analysiert werden Wie bereits oben festgehalten kann die Anbindung politischer Regulierung an empirische Tatbestaumlnde dazu beitragen politische Regulierung insgesamt zielgeshynauer zu gestalten
Evidenzen sind aber weit mehr als bloszliges Wissen gerade weil auch der Begriff des Wissens heutzutage sehr vielschichtig
differenziert wird19
Sie sind theoretisch motiviert und abgeshyleitet und bilden so eine Bruumlcke zu den beshyobachteten Fakten ndash also einer empirishyschen Bestandsaufnahme Insofern scheint auch der Wahrheitsbegriff nicht unumstritshyten was zu einer impliziten Annahme der Uumlberpruumlfbarkeit zumindest aber einer Praxiswirksamkeit einer Aussage fuumlhrt
7
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bdquoWissen in diesen Spielarten kann in unshyterschiedlichen Bereichen und auf untershyschiedliche Weise produziert werden Eine einflussreiche Unterscheidung ist die zwischen dem traditionellen akademisch produzierten und abgesicherten Wissen (Mode 1) und den vielfaumlltigen Formen von aus praktischen Kontexten auszligerhalb des eigentlichen Wissenschaftssystems produshyzierten Wissens das durch seine praktische Wirksamkeit und Akzeptanz abgesichert aber nicht im akademischen Sinn bewieshysen ist (Mode 2)ldquo (Lassnigg 2009 6)
Dabei kann die Theorie in den Bereich zwischen Wissen und Nicht-Wissen eingeshyordnet werden
Sie wirkt dabei als ein Mechashynismus der zur Verwandlung von Nicht-Wissen in Wissen
beitraumlgt
Diese Uumlbertragung findet durch eine Uumlberpruumlfung der vermuteten Zusammenshyhaumlnge (Nicht-Wissen) an der Realitaumlt statt Bei dieser Vorgehensweise geht es also darum empirische Repraumlsentation und Vermutung in einen direkten Zusammenshyhang zu setzen und so eine Entscheishydungs- und Handlungsgrundlage zu schafshyfen Erneut Lassnigg bdquoDies verweist auf die zentrale Bedeutung der Frage der Wisshysenschaftsforschung nach den Praktiken der Produktion von Daten Fakten und Evidenzenldquo (Lassnigg 2009 7)
Gerade unter dem Schlagwort Wissensshybasierung werden heute sehr gern Inforshymationen bzw Fakten subsumiert die im nicht seltenen Fall keine einfachen Fakten im Sinne statistischer Information sind Kommt man zuruumlck auf die oben zitierte Differenzierung des Wissens so spielen im Bereich der politischen Regulierung zunehmend Evidenzen des Mode 1 eine Rolle also akademisch produzierte aber nicht auf ihre praktische Wirksamkeit
uumlberpruumlfte Wissensbestaumlnde20 Dies liegt zum Teil auch daran dass tatsaumlchliche Uumlberpruumlfungen nach Mode 2 einen sehr hohen Grad an methodischer Durchdrinshygung erfordern und der ebenfalls hoch aufgeladenen theoretischen Annahmenshyproblematik Je komplexer die Phaumlnomene und je weniger Moumlglichkeiten der direkten Beobachtung bestehen desto komplexer muumlssen auch die methodologischen Uumlbershylegungen zur Erforschung bzw zur Beobshyachtung dieser Phaumlnomene sein Diese sehr einfache Schlussfolgerung wird zu oft in der so genannten wissensbasierten Beratung unterschlagen
Diese Herangehensweise zielt auch auf Problemanalyse ab und fordert dazu auf Prioritaumlten der Politikgestaltung zu identishyfizieren bzw etablierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt und die darin vermutete Kausalitaumlt hin zu uumlberpruumlfen Diese Mittshylerfunktion wird einerseits durch eine theoretische Grundlage andererseits durch ein Erhebungsinstrument erfuumlllt wodurch eine Bewertung der Effizienz und der Wirkungsweise einer politischen Maszlignahme und der Problemidentifikation fuumlr eine erneute Maszlignahmenentwicklung erreicht werden kann
POLIZEILICHE KRIMINALSTATISTIK Der Begriff der Statistik hat seinen Urshysprung im staatlichen Verwaltungshanshydeln denn er beschreibt jene Sachverhalte bdquodie ein Staatsmann uumlber sein Land wisshysen mussldquo (Lorenz 2009) Ausgehend von der wissenschaftlichen Diskussion um statistische Daten kann die Natur von Statistik21 durch drei zentrale Merkmale charakterisiert werden A) Statistik ist theoriegebunden weil unwillkuumlrliches Datensammeln unwissenschaftlich ist B) Daten haben einen empirischen Chashyrakter da sie aus der Wirklichkeit gewonshynen werden C) die Daten sind objektiv
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weil Erhebungsprozesse sachlich und nachvollziehbar begruumlndbar sein muumlssen (siehe ua Jahn 2006 Wagschal 1999 12)
Ausgehend von diesen Grundannahmen fuumlr Statistik kann die amtliche Statistik als ein unverzichtbarer Teil des Informationsshysystems einer demokratischen Gesellshyschaft angesehen werden Sie stellt Daten uumlber die wirtschaftliche demografische soziale und Umweltsituation zur Verfuumlshygung und setzt sie teilweise ins Verhaumlltnis zu staatlicher Regulierung gesellschaftshylichen Trends und oumlkonomischen Entshywicklungen Die Kriminalitaumltsstatistik kann als nichtausgeloumlste Primaumlrstatistik beshyzeichnet werden was bedeutet dass die staatlichen Institutionen die Daten direkt erheben um damit ihre eigene Arbeit zu beschreiben22 Sie ist zudem eine Vollshyerhebung denn alle (bekannten) Faumllle flieszligen in die Datengrundlage ein Grundshysaumltzlich lassen sich amtliche und nichtamtshyliche Statistiken unterscheiden Waumlhrend die amtliche Statistik auf der Grundlage von Gesetzen durch staatliche Behoumlrden erhoben wird23 entsteht die nichtamtliche Statistik ohne einen gesetzlichen Auftrag bzw direkte gesetzliche Grundlagen und wird durch unterschiedliche Institute aufshygrund unterschiedlicher Interessen und AuftraggeberInnen erhoben
Die Polizeiliche Kriminalstatistik glieshydert die bdquostrafbaren Handlungen (Anzeishygen) nach den Paragraphen des StGB und der Nebenstrafgesetze wobei auch verschiedene Kategorien von Straftaten aufgefuumlhrt werden (Ladendiebstaumlhle Beziehungstaten innerhalb einer Familie etc) Des Weiteren stehen hier auch Dashyten uumlber die ermittelten Tatverdaumlchtigen und die Opfer der Straftaten zur Vershyfuumlgungldquo (Statistik Austria 2008 9) Die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalshystatistik stellen einen wichtigen Input fuumlr den monatlichen Kriminalitaumltsbeshyricht dar
Nicht zuletzt aufgrund von Stichtagsreshygelungen bei der Zusammenfassung und Uumlbermittlung von Daten kann es zu kleishyneren auf den Betrachtungszeitraum beshyzogenen Unvollstaumlndigkeiten kommen (vgl Statistik Austria 2008) Gleichzeitig wirkt aber auch bei der Polizeilichen Krishyminalstatistik ein besonderes Charakterisshytikum amtlicher Statistik Im Vergleich zu nichtamtlicher Statistik soll sie per Aufshytrag alle moumlglichen Ereignisse erfassen also auch jene die nur selten oder in nicht besonders hoher Zahl auftreten Damit ist eine besondere Schwierigkeit verbunden Amtliche Kriminalstatistiken messen24 nur jene Faumllle die bekannt geworden sind
Das so genannte Dunkelfeld also nicht angezeigte Faumllle kann in der Statistik nicht
abgebildet werden
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage ob dieses Dunkelfeld tatsaumlchlich durch weitere Bevoumllkerungsbefragungen minishymiert werden kann deren Zuverlaumlssigkeit dann von unterschiedlich komplexen Beshydingungen und Vorgehensweisen abhinge Dabei weist die Kriminalstatistik einen weiteren Mangel auf bdquoSo hat die Polizeilishyche Kriminalstatistik nur einen begrenzten Aussagewert in Bezug auf wirkliche Reashylitaumlt in einer Gesellschaft Uumlber die Urshysachen der Kriminalitaumlt sagt sie nichtsldquo (Seiden-PielenFarin 1994 55)25 Abgeseshyhen von den Ursachen von Kriminalitaumlt ist das Anzeigeverhalten und Bewusstsein der Bevoumllkerung fuumlr manche Deliktsarten ausshygepraumlgter bzw groumlszliger und unterliegt zeitlishychen Schwankungen26
Allerdings besteht genau darin auch ein groszliges Dilemma der amtlichen Statistik denn genau an dieser Nahtstelle also zwishyschen der Moumlglichkeit bestimmte Vorfaumllle statistisch zu erfassen und der Darstellung der Sicherheitslage liegt der Ansatzpunkt
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politischer Diskursakteure Jede kleine Luumlcke jede Unplausibilitaumlt jede berechshynete Verhaumlltnis- und Durchschnittszahl und jede intransparente Klassifizierung fuumlhren zum Hinterfragen der gesamten Datengrundlage also der gesamten Basis der Polizeilichen Kriminalitaumltsstatistik
Die AkteurInnen massenmedial vershymittelter Diskurse so wie MinisterInnen PolitikerInnen AkteurInnen der Zivilgeshysellschaft aber auch bdquoSozial- und WirtshyschaftswissenschaftlerInnen neigen dazu zu erwarten dass ndash aus ihrer Sicht ndash ideashylerweise die amtliche Statistik alle Datenshywuumlnsche befriedigtldquo (Wagner 2007 3) Aus dieser Bemerkung Wagners ergeben sich zwei Schlussfolgerungen Nicht alles was WissenschaftlerInnen mittels ihrer Expertise an Verbesserungsvorschlaumlgen einbringen ist fuumlr die Erhebung durch amtliche Statistiken geeignet weil es zweckfremd ist und nicht der Verbesserung des Verwaltungshandelns dient Gleichzeishytig sollten dennoch sachliche Uumlberlegunshygen angestellt werden welche Luumlcken sich bei der Berichterstattung auf Grund der Datenerhebung ergeben entweder vershyursacht durch ungenuumlgsame Sorgfalt bei der Dateneingabe oder durch Luumlcken im Erhebungsinstrument
Abgesehen davon dass jede Datenerheshybung ihre jeweilig spezifischen Vor- und Nachteile bei der Erfassung der Realitaumlt aufweist (Opp 2005 232 ff SeipelRieker 2003 135 ff) stellt sich aber insbesondere bei der amtlichen Statistik die Frage inshywiefern Plausibilitaumltspruumlfungen zu beshystimmten Datensaumltzen moumlglich sind und wie diese Daten beeinflusst von systematishyschen Fehlern also durch unklare Kategoshyrisierung oder beeinflusst durch unsysteshymatische Fehler zB mangelnde Schulung der VollzugsbeamtInnen in Bezug auf die Dateneingabe zustande kommen
Damit die Ergebnisse amtlicher Statistishyken ndash und nicht der Prozess der Erhebung
oder Verarbeitung der Information ndash die Willensbildung unterstuumltzen und beeinshyflussen koumlnnen muumlssen diese Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Meshythoden erarbeitet und umfangreich dokushymentiert werden Damit soll den Prinzishypien der Objektivitaumlt (= Transparenz) die neben Reliabilitaumlt Validitaumlt und Repraumlsenshytativitaumlt die Guumltekriterien fuumlr Messverfahshyren abbilden Genuumlge getan werden27
WISSENSCHAFTLICHE BETRACHTUNG FUumlR OumlFFENTLICHE STATISTIK Die Ergebnisse von Forschungen im Diensshyte der evidenzbasierten Politikgestaltung haumlngen wesentlich von der Genauigkeit der erhobenen Daten ab und sind immer auch beeinflusst von den verwendeten Meshythoden Der Druck hinsichtlich einer Beshygruumlndung fuumlr den Einsatz einer bestimmten Methode ist in Zeiten knapper Ressourcen gestiegen Dennoch ist es in erster Linie die forschungspraktische Fragestellung ndash also jene Frage die sich aus der bereits vorliegenden politischen Regulierung ershygibt ndash die einerseits das Ziel des Projekts umreiszligt und gleichzeitig den Rahmen fuumlr das Erkenntnisziel bestimmt bdquoMethodishysche Kritik sollte dann einsetzen wenn die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchtend erscheinen wenn sie in einem Widershyspruch zu den Ergebnissen anderer Forshyschungsarbeiten stehen oder wenn die Falschheit der Ergebnisse moumlglicherweise fatale Folgen haben koumlnnteldquo (Behnke et al 2006 19)
Je nach eingesetzter Methode koumlnnen sich die Beobachtungen der Wirklichkeit unterscheiden ohne dass ForscherInnen oder politische GestalterInnen wissen ob die Wirklichkeit erfasst wurde denn es gibt ja nur eine Wirklichkeit oder ob das aus den Daten heraus entstehende Bild der Wirklichkeit durch die methodische Vorshygehensweise beeinflusst ist Auch die Wisshy
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senschaft hat keinen direkten Zugang zur Wirklichkeit Insofern ist es unmoumlglich das korrekte Abbild der Wirklichkeit zu liefern oder zu beurteilen welche Vorgeshyhensweise die tatsaumlchlich richtige ist ndash es gilt als ein unitaristischer Wirklichkeitsbeshygriff (Behnke et al 2006 22 ff) Allershydings bedeutet es nicht dass grundsaumltzlich ein pluralistischer Wahrheitsbegriff voshyrausgesetzt werden muss sondern dass vorlaumlufige Widerspruumlche produziert wershyden diese jedoch auf ihre Entstehung also den Einsatz unterschiedlicher Methoden zuruumlckzufuumlhren sind Methoden sind nur Entdeckungsverfahren um Argumente fuumlr jene oder andere Positionen zu generieren Dieses Grundverstaumlndnis muss zu einer Handlungsleitlinie fuumlhren die es verlangt dass Methoden in ihrer Anwendung explishyzit gemacht werden um so ihre jeweiligen Grundannahmen Schwaumlchen und Einshyschraumlnkungen zu reflektieren und die Schlussfolgerungen bdquoobjektivldquo also intershysubjektiv zugaumlnglich zu machen28
Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
subjektive Elemente enthaumllt und zu hinterfragen ist
Es kann demnach richtige und falsche Interpretationen der Wirklichkeit geben Eine wissenschaftliche Vorgehensweise kann also zunaumlchst nur unterschiedliche Ausgangspunkte fuumlr eine tatsaumlchliche Einshyschaumltzung der Sicherheitslage und Krimishynalitaumlt erbringen
Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
12010 SIAK-JOURNAL
Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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bdquoWissen in diesen Spielarten kann in unshyterschiedlichen Bereichen und auf untershyschiedliche Weise produziert werden Eine einflussreiche Unterscheidung ist die zwischen dem traditionellen akademisch produzierten und abgesicherten Wissen (Mode 1) und den vielfaumlltigen Formen von aus praktischen Kontexten auszligerhalb des eigentlichen Wissenschaftssystems produshyzierten Wissens das durch seine praktische Wirksamkeit und Akzeptanz abgesichert aber nicht im akademischen Sinn bewieshysen ist (Mode 2)ldquo (Lassnigg 2009 6)
Dabei kann die Theorie in den Bereich zwischen Wissen und Nicht-Wissen eingeshyordnet werden
Sie wirkt dabei als ein Mechashynismus der zur Verwandlung von Nicht-Wissen in Wissen
beitraumlgt
Diese Uumlbertragung findet durch eine Uumlberpruumlfung der vermuteten Zusammenshyhaumlnge (Nicht-Wissen) an der Realitaumlt statt Bei dieser Vorgehensweise geht es also darum empirische Repraumlsentation und Vermutung in einen direkten Zusammenshyhang zu setzen und so eine Entscheishydungs- und Handlungsgrundlage zu schafshyfen Erneut Lassnigg bdquoDies verweist auf die zentrale Bedeutung der Frage der Wisshysenschaftsforschung nach den Praktiken der Produktion von Daten Fakten und Evidenzenldquo (Lassnigg 2009 7)
Gerade unter dem Schlagwort Wissensshybasierung werden heute sehr gern Inforshymationen bzw Fakten subsumiert die im nicht seltenen Fall keine einfachen Fakten im Sinne statistischer Information sind Kommt man zuruumlck auf die oben zitierte Differenzierung des Wissens so spielen im Bereich der politischen Regulierung zunehmend Evidenzen des Mode 1 eine Rolle also akademisch produzierte aber nicht auf ihre praktische Wirksamkeit
uumlberpruumlfte Wissensbestaumlnde20 Dies liegt zum Teil auch daran dass tatsaumlchliche Uumlberpruumlfungen nach Mode 2 einen sehr hohen Grad an methodischer Durchdrinshygung erfordern und der ebenfalls hoch aufgeladenen theoretischen Annahmenshyproblematik Je komplexer die Phaumlnomene und je weniger Moumlglichkeiten der direkten Beobachtung bestehen desto komplexer muumlssen auch die methodologischen Uumlbershylegungen zur Erforschung bzw zur Beobshyachtung dieser Phaumlnomene sein Diese sehr einfache Schlussfolgerung wird zu oft in der so genannten wissensbasierten Beratung unterschlagen
Diese Herangehensweise zielt auch auf Problemanalyse ab und fordert dazu auf Prioritaumlten der Politikgestaltung zu identishyfizieren bzw etablierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt und die darin vermutete Kausalitaumlt hin zu uumlberpruumlfen Diese Mittshylerfunktion wird einerseits durch eine theoretische Grundlage andererseits durch ein Erhebungsinstrument erfuumlllt wodurch eine Bewertung der Effizienz und der Wirkungsweise einer politischen Maszlignahme und der Problemidentifikation fuumlr eine erneute Maszlignahmenentwicklung erreicht werden kann
POLIZEILICHE KRIMINALSTATISTIK Der Begriff der Statistik hat seinen Urshysprung im staatlichen Verwaltungshanshydeln denn er beschreibt jene Sachverhalte bdquodie ein Staatsmann uumlber sein Land wisshysen mussldquo (Lorenz 2009) Ausgehend von der wissenschaftlichen Diskussion um statistische Daten kann die Natur von Statistik21 durch drei zentrale Merkmale charakterisiert werden A) Statistik ist theoriegebunden weil unwillkuumlrliches Datensammeln unwissenschaftlich ist B) Daten haben einen empirischen Chashyrakter da sie aus der Wirklichkeit gewonshynen werden C) die Daten sind objektiv
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weil Erhebungsprozesse sachlich und nachvollziehbar begruumlndbar sein muumlssen (siehe ua Jahn 2006 Wagschal 1999 12)
Ausgehend von diesen Grundannahmen fuumlr Statistik kann die amtliche Statistik als ein unverzichtbarer Teil des Informationsshysystems einer demokratischen Gesellshyschaft angesehen werden Sie stellt Daten uumlber die wirtschaftliche demografische soziale und Umweltsituation zur Verfuumlshygung und setzt sie teilweise ins Verhaumlltnis zu staatlicher Regulierung gesellschaftshylichen Trends und oumlkonomischen Entshywicklungen Die Kriminalitaumltsstatistik kann als nichtausgeloumlste Primaumlrstatistik beshyzeichnet werden was bedeutet dass die staatlichen Institutionen die Daten direkt erheben um damit ihre eigene Arbeit zu beschreiben22 Sie ist zudem eine Vollshyerhebung denn alle (bekannten) Faumllle flieszligen in die Datengrundlage ein Grundshysaumltzlich lassen sich amtliche und nichtamtshyliche Statistiken unterscheiden Waumlhrend die amtliche Statistik auf der Grundlage von Gesetzen durch staatliche Behoumlrden erhoben wird23 entsteht die nichtamtliche Statistik ohne einen gesetzlichen Auftrag bzw direkte gesetzliche Grundlagen und wird durch unterschiedliche Institute aufshygrund unterschiedlicher Interessen und AuftraggeberInnen erhoben
Die Polizeiliche Kriminalstatistik glieshydert die bdquostrafbaren Handlungen (Anzeishygen) nach den Paragraphen des StGB und der Nebenstrafgesetze wobei auch verschiedene Kategorien von Straftaten aufgefuumlhrt werden (Ladendiebstaumlhle Beziehungstaten innerhalb einer Familie etc) Des Weiteren stehen hier auch Dashyten uumlber die ermittelten Tatverdaumlchtigen und die Opfer der Straftaten zur Vershyfuumlgungldquo (Statistik Austria 2008 9) Die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalshystatistik stellen einen wichtigen Input fuumlr den monatlichen Kriminalitaumltsbeshyricht dar
Nicht zuletzt aufgrund von Stichtagsreshygelungen bei der Zusammenfassung und Uumlbermittlung von Daten kann es zu kleishyneren auf den Betrachtungszeitraum beshyzogenen Unvollstaumlndigkeiten kommen (vgl Statistik Austria 2008) Gleichzeitig wirkt aber auch bei der Polizeilichen Krishyminalstatistik ein besonderes Charakterisshytikum amtlicher Statistik Im Vergleich zu nichtamtlicher Statistik soll sie per Aufshytrag alle moumlglichen Ereignisse erfassen also auch jene die nur selten oder in nicht besonders hoher Zahl auftreten Damit ist eine besondere Schwierigkeit verbunden Amtliche Kriminalstatistiken messen24 nur jene Faumllle die bekannt geworden sind
Das so genannte Dunkelfeld also nicht angezeigte Faumllle kann in der Statistik nicht
abgebildet werden
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage ob dieses Dunkelfeld tatsaumlchlich durch weitere Bevoumllkerungsbefragungen minishymiert werden kann deren Zuverlaumlssigkeit dann von unterschiedlich komplexen Beshydingungen und Vorgehensweisen abhinge Dabei weist die Kriminalstatistik einen weiteren Mangel auf bdquoSo hat die Polizeilishyche Kriminalstatistik nur einen begrenzten Aussagewert in Bezug auf wirkliche Reashylitaumlt in einer Gesellschaft Uumlber die Urshysachen der Kriminalitaumlt sagt sie nichtsldquo (Seiden-PielenFarin 1994 55)25 Abgeseshyhen von den Ursachen von Kriminalitaumlt ist das Anzeigeverhalten und Bewusstsein der Bevoumllkerung fuumlr manche Deliktsarten ausshygepraumlgter bzw groumlszliger und unterliegt zeitlishychen Schwankungen26
Allerdings besteht genau darin auch ein groszliges Dilemma der amtlichen Statistik denn genau an dieser Nahtstelle also zwishyschen der Moumlglichkeit bestimmte Vorfaumllle statistisch zu erfassen und der Darstellung der Sicherheitslage liegt der Ansatzpunkt
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politischer Diskursakteure Jede kleine Luumlcke jede Unplausibilitaumlt jede berechshynete Verhaumlltnis- und Durchschnittszahl und jede intransparente Klassifizierung fuumlhren zum Hinterfragen der gesamten Datengrundlage also der gesamten Basis der Polizeilichen Kriminalitaumltsstatistik
Die AkteurInnen massenmedial vershymittelter Diskurse so wie MinisterInnen PolitikerInnen AkteurInnen der Zivilgeshysellschaft aber auch bdquoSozial- und WirtshyschaftswissenschaftlerInnen neigen dazu zu erwarten dass ndash aus ihrer Sicht ndash ideashylerweise die amtliche Statistik alle Datenshywuumlnsche befriedigtldquo (Wagner 2007 3) Aus dieser Bemerkung Wagners ergeben sich zwei Schlussfolgerungen Nicht alles was WissenschaftlerInnen mittels ihrer Expertise an Verbesserungsvorschlaumlgen einbringen ist fuumlr die Erhebung durch amtliche Statistiken geeignet weil es zweckfremd ist und nicht der Verbesserung des Verwaltungshandelns dient Gleichzeishytig sollten dennoch sachliche Uumlberlegunshygen angestellt werden welche Luumlcken sich bei der Berichterstattung auf Grund der Datenerhebung ergeben entweder vershyursacht durch ungenuumlgsame Sorgfalt bei der Dateneingabe oder durch Luumlcken im Erhebungsinstrument
Abgesehen davon dass jede Datenerheshybung ihre jeweilig spezifischen Vor- und Nachteile bei der Erfassung der Realitaumlt aufweist (Opp 2005 232 ff SeipelRieker 2003 135 ff) stellt sich aber insbesondere bei der amtlichen Statistik die Frage inshywiefern Plausibilitaumltspruumlfungen zu beshystimmten Datensaumltzen moumlglich sind und wie diese Daten beeinflusst von systematishyschen Fehlern also durch unklare Kategoshyrisierung oder beeinflusst durch unsysteshymatische Fehler zB mangelnde Schulung der VollzugsbeamtInnen in Bezug auf die Dateneingabe zustande kommen
Damit die Ergebnisse amtlicher Statistishyken ndash und nicht der Prozess der Erhebung
oder Verarbeitung der Information ndash die Willensbildung unterstuumltzen und beeinshyflussen koumlnnen muumlssen diese Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Meshythoden erarbeitet und umfangreich dokushymentiert werden Damit soll den Prinzishypien der Objektivitaumlt (= Transparenz) die neben Reliabilitaumlt Validitaumlt und Repraumlsenshytativitaumlt die Guumltekriterien fuumlr Messverfahshyren abbilden Genuumlge getan werden27
WISSENSCHAFTLICHE BETRACHTUNG FUumlR OumlFFENTLICHE STATISTIK Die Ergebnisse von Forschungen im Diensshyte der evidenzbasierten Politikgestaltung haumlngen wesentlich von der Genauigkeit der erhobenen Daten ab und sind immer auch beeinflusst von den verwendeten Meshythoden Der Druck hinsichtlich einer Beshygruumlndung fuumlr den Einsatz einer bestimmten Methode ist in Zeiten knapper Ressourcen gestiegen Dennoch ist es in erster Linie die forschungspraktische Fragestellung ndash also jene Frage die sich aus der bereits vorliegenden politischen Regulierung ershygibt ndash die einerseits das Ziel des Projekts umreiszligt und gleichzeitig den Rahmen fuumlr das Erkenntnisziel bestimmt bdquoMethodishysche Kritik sollte dann einsetzen wenn die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchtend erscheinen wenn sie in einem Widershyspruch zu den Ergebnissen anderer Forshyschungsarbeiten stehen oder wenn die Falschheit der Ergebnisse moumlglicherweise fatale Folgen haben koumlnnteldquo (Behnke et al 2006 19)
Je nach eingesetzter Methode koumlnnen sich die Beobachtungen der Wirklichkeit unterscheiden ohne dass ForscherInnen oder politische GestalterInnen wissen ob die Wirklichkeit erfasst wurde denn es gibt ja nur eine Wirklichkeit oder ob das aus den Daten heraus entstehende Bild der Wirklichkeit durch die methodische Vorshygehensweise beeinflusst ist Auch die Wisshy
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senschaft hat keinen direkten Zugang zur Wirklichkeit Insofern ist es unmoumlglich das korrekte Abbild der Wirklichkeit zu liefern oder zu beurteilen welche Vorgeshyhensweise die tatsaumlchlich richtige ist ndash es gilt als ein unitaristischer Wirklichkeitsbeshygriff (Behnke et al 2006 22 ff) Allershydings bedeutet es nicht dass grundsaumltzlich ein pluralistischer Wahrheitsbegriff voshyrausgesetzt werden muss sondern dass vorlaumlufige Widerspruumlche produziert wershyden diese jedoch auf ihre Entstehung also den Einsatz unterschiedlicher Methoden zuruumlckzufuumlhren sind Methoden sind nur Entdeckungsverfahren um Argumente fuumlr jene oder andere Positionen zu generieren Dieses Grundverstaumlndnis muss zu einer Handlungsleitlinie fuumlhren die es verlangt dass Methoden in ihrer Anwendung explishyzit gemacht werden um so ihre jeweiligen Grundannahmen Schwaumlchen und Einshyschraumlnkungen zu reflektieren und die Schlussfolgerungen bdquoobjektivldquo also intershysubjektiv zugaumlnglich zu machen28
Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
subjektive Elemente enthaumllt und zu hinterfragen ist
Es kann demnach richtige und falsche Interpretationen der Wirklichkeit geben Eine wissenschaftliche Vorgehensweise kann also zunaumlchst nur unterschiedliche Ausgangspunkte fuumlr eine tatsaumlchliche Einshyschaumltzung der Sicherheitslage und Krimishynalitaumlt erbringen
Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
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Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
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schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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SIAK-JOURNAL 12010
weil Erhebungsprozesse sachlich und nachvollziehbar begruumlndbar sein muumlssen (siehe ua Jahn 2006 Wagschal 1999 12)
Ausgehend von diesen Grundannahmen fuumlr Statistik kann die amtliche Statistik als ein unverzichtbarer Teil des Informationsshysystems einer demokratischen Gesellshyschaft angesehen werden Sie stellt Daten uumlber die wirtschaftliche demografische soziale und Umweltsituation zur Verfuumlshygung und setzt sie teilweise ins Verhaumlltnis zu staatlicher Regulierung gesellschaftshylichen Trends und oumlkonomischen Entshywicklungen Die Kriminalitaumltsstatistik kann als nichtausgeloumlste Primaumlrstatistik beshyzeichnet werden was bedeutet dass die staatlichen Institutionen die Daten direkt erheben um damit ihre eigene Arbeit zu beschreiben22 Sie ist zudem eine Vollshyerhebung denn alle (bekannten) Faumllle flieszligen in die Datengrundlage ein Grundshysaumltzlich lassen sich amtliche und nichtamtshyliche Statistiken unterscheiden Waumlhrend die amtliche Statistik auf der Grundlage von Gesetzen durch staatliche Behoumlrden erhoben wird23 entsteht die nichtamtliche Statistik ohne einen gesetzlichen Auftrag bzw direkte gesetzliche Grundlagen und wird durch unterschiedliche Institute aufshygrund unterschiedlicher Interessen und AuftraggeberInnen erhoben
Die Polizeiliche Kriminalstatistik glieshydert die bdquostrafbaren Handlungen (Anzeishygen) nach den Paragraphen des StGB und der Nebenstrafgesetze wobei auch verschiedene Kategorien von Straftaten aufgefuumlhrt werden (Ladendiebstaumlhle Beziehungstaten innerhalb einer Familie etc) Des Weiteren stehen hier auch Dashyten uumlber die ermittelten Tatverdaumlchtigen und die Opfer der Straftaten zur Vershyfuumlgungldquo (Statistik Austria 2008 9) Die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalshystatistik stellen einen wichtigen Input fuumlr den monatlichen Kriminalitaumltsbeshyricht dar
Nicht zuletzt aufgrund von Stichtagsreshygelungen bei der Zusammenfassung und Uumlbermittlung von Daten kann es zu kleishyneren auf den Betrachtungszeitraum beshyzogenen Unvollstaumlndigkeiten kommen (vgl Statistik Austria 2008) Gleichzeitig wirkt aber auch bei der Polizeilichen Krishyminalstatistik ein besonderes Charakterisshytikum amtlicher Statistik Im Vergleich zu nichtamtlicher Statistik soll sie per Aufshytrag alle moumlglichen Ereignisse erfassen also auch jene die nur selten oder in nicht besonders hoher Zahl auftreten Damit ist eine besondere Schwierigkeit verbunden Amtliche Kriminalstatistiken messen24 nur jene Faumllle die bekannt geworden sind
Das so genannte Dunkelfeld also nicht angezeigte Faumllle kann in der Statistik nicht
abgebildet werden
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage ob dieses Dunkelfeld tatsaumlchlich durch weitere Bevoumllkerungsbefragungen minishymiert werden kann deren Zuverlaumlssigkeit dann von unterschiedlich komplexen Beshydingungen und Vorgehensweisen abhinge Dabei weist die Kriminalstatistik einen weiteren Mangel auf bdquoSo hat die Polizeilishyche Kriminalstatistik nur einen begrenzten Aussagewert in Bezug auf wirkliche Reashylitaumlt in einer Gesellschaft Uumlber die Urshysachen der Kriminalitaumlt sagt sie nichtsldquo (Seiden-PielenFarin 1994 55)25 Abgeseshyhen von den Ursachen von Kriminalitaumlt ist das Anzeigeverhalten und Bewusstsein der Bevoumllkerung fuumlr manche Deliktsarten ausshygepraumlgter bzw groumlszliger und unterliegt zeitlishychen Schwankungen26
Allerdings besteht genau darin auch ein groszliges Dilemma der amtlichen Statistik denn genau an dieser Nahtstelle also zwishyschen der Moumlglichkeit bestimmte Vorfaumllle statistisch zu erfassen und der Darstellung der Sicherheitslage liegt der Ansatzpunkt
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politischer Diskursakteure Jede kleine Luumlcke jede Unplausibilitaumlt jede berechshynete Verhaumlltnis- und Durchschnittszahl und jede intransparente Klassifizierung fuumlhren zum Hinterfragen der gesamten Datengrundlage also der gesamten Basis der Polizeilichen Kriminalitaumltsstatistik
Die AkteurInnen massenmedial vershymittelter Diskurse so wie MinisterInnen PolitikerInnen AkteurInnen der Zivilgeshysellschaft aber auch bdquoSozial- und WirtshyschaftswissenschaftlerInnen neigen dazu zu erwarten dass ndash aus ihrer Sicht ndash ideashylerweise die amtliche Statistik alle Datenshywuumlnsche befriedigtldquo (Wagner 2007 3) Aus dieser Bemerkung Wagners ergeben sich zwei Schlussfolgerungen Nicht alles was WissenschaftlerInnen mittels ihrer Expertise an Verbesserungsvorschlaumlgen einbringen ist fuumlr die Erhebung durch amtliche Statistiken geeignet weil es zweckfremd ist und nicht der Verbesserung des Verwaltungshandelns dient Gleichzeishytig sollten dennoch sachliche Uumlberlegunshygen angestellt werden welche Luumlcken sich bei der Berichterstattung auf Grund der Datenerhebung ergeben entweder vershyursacht durch ungenuumlgsame Sorgfalt bei der Dateneingabe oder durch Luumlcken im Erhebungsinstrument
Abgesehen davon dass jede Datenerheshybung ihre jeweilig spezifischen Vor- und Nachteile bei der Erfassung der Realitaumlt aufweist (Opp 2005 232 ff SeipelRieker 2003 135 ff) stellt sich aber insbesondere bei der amtlichen Statistik die Frage inshywiefern Plausibilitaumltspruumlfungen zu beshystimmten Datensaumltzen moumlglich sind und wie diese Daten beeinflusst von systematishyschen Fehlern also durch unklare Kategoshyrisierung oder beeinflusst durch unsysteshymatische Fehler zB mangelnde Schulung der VollzugsbeamtInnen in Bezug auf die Dateneingabe zustande kommen
Damit die Ergebnisse amtlicher Statistishyken ndash und nicht der Prozess der Erhebung
oder Verarbeitung der Information ndash die Willensbildung unterstuumltzen und beeinshyflussen koumlnnen muumlssen diese Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Meshythoden erarbeitet und umfangreich dokushymentiert werden Damit soll den Prinzishypien der Objektivitaumlt (= Transparenz) die neben Reliabilitaumlt Validitaumlt und Repraumlsenshytativitaumlt die Guumltekriterien fuumlr Messverfahshyren abbilden Genuumlge getan werden27
WISSENSCHAFTLICHE BETRACHTUNG FUumlR OumlFFENTLICHE STATISTIK Die Ergebnisse von Forschungen im Diensshyte der evidenzbasierten Politikgestaltung haumlngen wesentlich von der Genauigkeit der erhobenen Daten ab und sind immer auch beeinflusst von den verwendeten Meshythoden Der Druck hinsichtlich einer Beshygruumlndung fuumlr den Einsatz einer bestimmten Methode ist in Zeiten knapper Ressourcen gestiegen Dennoch ist es in erster Linie die forschungspraktische Fragestellung ndash also jene Frage die sich aus der bereits vorliegenden politischen Regulierung ershygibt ndash die einerseits das Ziel des Projekts umreiszligt und gleichzeitig den Rahmen fuumlr das Erkenntnisziel bestimmt bdquoMethodishysche Kritik sollte dann einsetzen wenn die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchtend erscheinen wenn sie in einem Widershyspruch zu den Ergebnissen anderer Forshyschungsarbeiten stehen oder wenn die Falschheit der Ergebnisse moumlglicherweise fatale Folgen haben koumlnnteldquo (Behnke et al 2006 19)
Je nach eingesetzter Methode koumlnnen sich die Beobachtungen der Wirklichkeit unterscheiden ohne dass ForscherInnen oder politische GestalterInnen wissen ob die Wirklichkeit erfasst wurde denn es gibt ja nur eine Wirklichkeit oder ob das aus den Daten heraus entstehende Bild der Wirklichkeit durch die methodische Vorshygehensweise beeinflusst ist Auch die Wisshy
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senschaft hat keinen direkten Zugang zur Wirklichkeit Insofern ist es unmoumlglich das korrekte Abbild der Wirklichkeit zu liefern oder zu beurteilen welche Vorgeshyhensweise die tatsaumlchlich richtige ist ndash es gilt als ein unitaristischer Wirklichkeitsbeshygriff (Behnke et al 2006 22 ff) Allershydings bedeutet es nicht dass grundsaumltzlich ein pluralistischer Wahrheitsbegriff voshyrausgesetzt werden muss sondern dass vorlaumlufige Widerspruumlche produziert wershyden diese jedoch auf ihre Entstehung also den Einsatz unterschiedlicher Methoden zuruumlckzufuumlhren sind Methoden sind nur Entdeckungsverfahren um Argumente fuumlr jene oder andere Positionen zu generieren Dieses Grundverstaumlndnis muss zu einer Handlungsleitlinie fuumlhren die es verlangt dass Methoden in ihrer Anwendung explishyzit gemacht werden um so ihre jeweiligen Grundannahmen Schwaumlchen und Einshyschraumlnkungen zu reflektieren und die Schlussfolgerungen bdquoobjektivldquo also intershysubjektiv zugaumlnglich zu machen28
Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
subjektive Elemente enthaumllt und zu hinterfragen ist
Es kann demnach richtige und falsche Interpretationen der Wirklichkeit geben Eine wissenschaftliche Vorgehensweise kann also zunaumlchst nur unterschiedliche Ausgangspunkte fuumlr eine tatsaumlchliche Einshyschaumltzung der Sicherheitslage und Krimishynalitaumlt erbringen
Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
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Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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spiel der Volkszaumlhlung 20102011
Wagschal U (1999) Statistik fuumlr Politikwissenshy
schaftler MuumlnchenWien
Wollmann H (1986) Gesetzgebung als experishy
mentelle Politik ndash Moumlglichkeiten Varianten und
Grenzen erfahrungswissenschaftlich fundierter
Gesetzgebungsarbeit in Schreckenberger W
(Hg) Gesetzgebungslehre Grundlagen ndash Zushy
gaumlnge ndash Anwendung Stuttgart 72ndash95
Wollmann H (2003) Kontrolle in Politik und
Verwaltung Evaluation Controlling und Wisshy
sensnutzen in Schubert KBandelow N C
(Hg) Lehrbuch der Politikfeldanalyse Muumlnchen
Wien 335ndash360
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politischer Diskursakteure Jede kleine Luumlcke jede Unplausibilitaumlt jede berechshynete Verhaumlltnis- und Durchschnittszahl und jede intransparente Klassifizierung fuumlhren zum Hinterfragen der gesamten Datengrundlage also der gesamten Basis der Polizeilichen Kriminalitaumltsstatistik
Die AkteurInnen massenmedial vershymittelter Diskurse so wie MinisterInnen PolitikerInnen AkteurInnen der Zivilgeshysellschaft aber auch bdquoSozial- und WirtshyschaftswissenschaftlerInnen neigen dazu zu erwarten dass ndash aus ihrer Sicht ndash ideashylerweise die amtliche Statistik alle Datenshywuumlnsche befriedigtldquo (Wagner 2007 3) Aus dieser Bemerkung Wagners ergeben sich zwei Schlussfolgerungen Nicht alles was WissenschaftlerInnen mittels ihrer Expertise an Verbesserungsvorschlaumlgen einbringen ist fuumlr die Erhebung durch amtliche Statistiken geeignet weil es zweckfremd ist und nicht der Verbesserung des Verwaltungshandelns dient Gleichzeishytig sollten dennoch sachliche Uumlberlegunshygen angestellt werden welche Luumlcken sich bei der Berichterstattung auf Grund der Datenerhebung ergeben entweder vershyursacht durch ungenuumlgsame Sorgfalt bei der Dateneingabe oder durch Luumlcken im Erhebungsinstrument
Abgesehen davon dass jede Datenerheshybung ihre jeweilig spezifischen Vor- und Nachteile bei der Erfassung der Realitaumlt aufweist (Opp 2005 232 ff SeipelRieker 2003 135 ff) stellt sich aber insbesondere bei der amtlichen Statistik die Frage inshywiefern Plausibilitaumltspruumlfungen zu beshystimmten Datensaumltzen moumlglich sind und wie diese Daten beeinflusst von systematishyschen Fehlern also durch unklare Kategoshyrisierung oder beeinflusst durch unsysteshymatische Fehler zB mangelnde Schulung der VollzugsbeamtInnen in Bezug auf die Dateneingabe zustande kommen
Damit die Ergebnisse amtlicher Statistishyken ndash und nicht der Prozess der Erhebung
oder Verarbeitung der Information ndash die Willensbildung unterstuumltzen und beeinshyflussen koumlnnen muumlssen diese Ergebnisse auf der Grundlage wissenschaftlicher Meshythoden erarbeitet und umfangreich dokushymentiert werden Damit soll den Prinzishypien der Objektivitaumlt (= Transparenz) die neben Reliabilitaumlt Validitaumlt und Repraumlsenshytativitaumlt die Guumltekriterien fuumlr Messverfahshyren abbilden Genuumlge getan werden27
WISSENSCHAFTLICHE BETRACHTUNG FUumlR OumlFFENTLICHE STATISTIK Die Ergebnisse von Forschungen im Diensshyte der evidenzbasierten Politikgestaltung haumlngen wesentlich von der Genauigkeit der erhobenen Daten ab und sind immer auch beeinflusst von den verwendeten Meshythoden Der Druck hinsichtlich einer Beshygruumlndung fuumlr den Einsatz einer bestimmten Methode ist in Zeiten knapper Ressourcen gestiegen Dennoch ist es in erster Linie die forschungspraktische Fragestellung ndash also jene Frage die sich aus der bereits vorliegenden politischen Regulierung ershygibt ndash die einerseits das Ziel des Projekts umreiszligt und gleichzeitig den Rahmen fuumlr das Erkenntnisziel bestimmt bdquoMethodishysche Kritik sollte dann einsetzen wenn die Ergebnisse nicht unmittelbar einleuchtend erscheinen wenn sie in einem Widershyspruch zu den Ergebnissen anderer Forshyschungsarbeiten stehen oder wenn die Falschheit der Ergebnisse moumlglicherweise fatale Folgen haben koumlnnteldquo (Behnke et al 2006 19)
Je nach eingesetzter Methode koumlnnen sich die Beobachtungen der Wirklichkeit unterscheiden ohne dass ForscherInnen oder politische GestalterInnen wissen ob die Wirklichkeit erfasst wurde denn es gibt ja nur eine Wirklichkeit oder ob das aus den Daten heraus entstehende Bild der Wirklichkeit durch die methodische Vorshygehensweise beeinflusst ist Auch die Wisshy
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senschaft hat keinen direkten Zugang zur Wirklichkeit Insofern ist es unmoumlglich das korrekte Abbild der Wirklichkeit zu liefern oder zu beurteilen welche Vorgeshyhensweise die tatsaumlchlich richtige ist ndash es gilt als ein unitaristischer Wirklichkeitsbeshygriff (Behnke et al 2006 22 ff) Allershydings bedeutet es nicht dass grundsaumltzlich ein pluralistischer Wahrheitsbegriff voshyrausgesetzt werden muss sondern dass vorlaumlufige Widerspruumlche produziert wershyden diese jedoch auf ihre Entstehung also den Einsatz unterschiedlicher Methoden zuruumlckzufuumlhren sind Methoden sind nur Entdeckungsverfahren um Argumente fuumlr jene oder andere Positionen zu generieren Dieses Grundverstaumlndnis muss zu einer Handlungsleitlinie fuumlhren die es verlangt dass Methoden in ihrer Anwendung explishyzit gemacht werden um so ihre jeweiligen Grundannahmen Schwaumlchen und Einshyschraumlnkungen zu reflektieren und die Schlussfolgerungen bdquoobjektivldquo also intershysubjektiv zugaumlnglich zu machen28
Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
subjektive Elemente enthaumllt und zu hinterfragen ist
Es kann demnach richtige und falsche Interpretationen der Wirklichkeit geben Eine wissenschaftliche Vorgehensweise kann also zunaumlchst nur unterschiedliche Ausgangspunkte fuumlr eine tatsaumlchliche Einshyschaumltzung der Sicherheitslage und Krimishynalitaumlt erbringen
Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
12010 SIAK-JOURNAL
Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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Insofern ist es die Interpretashytion von Ergebnissen und nicht der Einsatz von Methoden der
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Rationale und wissensbasierte Sichershyheitspolitik versucht die statistisch vershyfuumlgbaren Datenbestaumlnde zu einem Geshysamtbild zusammenzufuumlgen also neben der Verdachtsstatistik moumlglichst auch alle weiteren gegenwaumlrtig verfuumlgbaren Inforshymationen zu beruumlcksichtigen und auf unshyterschiedliche Wissensquellen zuruumlckzushy
greifen29 Ohne gesichertes Wissen bleibt jede Schlussfolgerung vage denn es gibt keine verlaumlsslichen und abgesicherten Ershykenntnisse daruumlber welches Problem tatshysaumlchlich besteht welche Mittel fuumlr dessen Loumlsung notwendig sind oder zur Verfuumlshygung stehen und wie eventuelle Nebenshywirkungen vermieden werden bzw Altershynativen zum Einsatz kommen koumlnnen bdquoRegisterdaten30 sind nur dann von hoher Qualitaumlt wenn die Daten unmittelbar dem Verwaltungsvollzug dienen Nur dann achshyten Verwaltungen und Betroffene darauf dass die Daten fehlerfrei sind Werden reishyne sbquoStatistikmerkmalelsquo in Verwaltungsshyformulare aufgenommen (zB Polizeishystatistiken) ist das den Beamten und Sachbearbeitern oft laumlstig und es gibt keine Betroffenen die auf die Richtigkeit der Angaben achten (ein Beispiel ist die Angabe des Bildungsniveaus in Sozialvershysicherungsmeldungen)ldquo (Wagner 2007 4)
Die Komplexitaumlt und Dynamik modershyner Gesellschaften verhindert und beguumlnsshytigt gleichermaszligen praumlzise Datenerheshybungen (ausfuumlhrliche Einfuumlhrung in Jahn 2006) Je genauer und praumlziser eine Datenshyerhebung und die Datenauswertung erfolshygen desto praumlziser sind die fuumlr das Hanshydeln notwendigen Schlussfolgerungen und Handlungsoptionen
ZUSAMMENFASSUNG VON DER ERFASSUNG ZUR VERWERTUNG In der Gegenwart werden fuumlr die Perforshymanzeinschaumltzung also die Bewertung der Effektivitaumlt und Effizienz von Maszlignahshymen der Behoumlrden nicht zuletzt durch den voranschreitenden Integrationsprozess im Rahmen der Europaumlischen Union gern Vergleiche von statistischen Daten vershywendet Kriminalitaumltsstatistiken duumlrfen aber nicht ohne die Beruumlcksichtigung der bekannten und der vermuteten Randbedinshygungen genutzt werden Kriminalitaumlt insshybesondere bei einfachen und leichteren
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SIAK-JOURNAL
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
12010 SIAK-JOURNAL
Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
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Delikten unterliegt Verwerfungen deren Kausalketten nicht immer leicht nachvollshyziehbar sind
Staatliche Regulierungsanshysaumltze stehen vor der Herausshy
forderung mit einem begrenzshyten Budget ein maximales Ziel
zu erreichen
Um diese Anforderungen bewaumlltigen zu koumlnnen sollte zwischen der Effizienz (bdquodie Dinge richtig tunldquo) und der Effektishyvitaumlt (bdquodie richtigen Dinge tunldquo) eine Bashylance gefunden werden31 Nur dadurch kann die Politik automatisch mehr politishysche Innovation und damit neue Gestalshytungsraumlume schaffen Dafuumlr bedarf es aber auch klar und praumlzise definierter und messbarer Ziele die verhindern dass ndash auch wenn formal richtig in Uumlbereinstimshymung mit zuvor definierten Regeln gehanshydelt wird ndash die falschen Dinge getan wershyden (GerberTeske 2000)
Die zentralen Fragestellungen der polishytikberatenden Policy-Analyse orientieren sich mehr oder weniger explizit an der heuristischen Gliederung des Policy-Zyklus Dabei stehen immer die tatsaumlchlishyche Wirkung politischer Intervention und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerunshygen fuumlr den weiteren Verlauf des Policy Makings (Terminierung oder veraumlnderte Problemwahrnehmung) im Mittelpunkt der Betrachtungen (JannWegrich 2003 98 siehe ua Wollmann 1986)32 Im Proshyzess von EBP kann es zu unterschiedlichen Formen politischen Lernens kommen ndash mit unterschiedlichen Ruumlckwirkungen auf die Problemwahrnehmung und den sich anschlieszligenden Policy-Zyklus Ergebnis eines solchen Prozesses kann die Termishynierung eines politischen Programms sein
Ziel einer strukturierten Beobachtung zum Beispiel in der Form eines Monitoshyrings ist es der oumlffentlichen Hand wichtishy
ge Hinweise uumlber die tatsaumlchliche gesellshyschaftliche Situation zur Verfuumlgung zu stellen und damit die Politikgestaltung zielgerichteter und effizienter zu machen (siehe auch GerberTeske 2000) Jedoch muumlssen dabei die Wirkungsketten analyshysiert werden und die Politik darf sich im Sinne der Evidenzbasierung nicht mit der Produktion akademisierten Wissens zushyfrieden geben Insofern muss eine Erheshybung Beobachtung oder Erfassung von empirischen Fakten sowohl theoretisch abshygesichtert sein als auch zu kausalanalytishyschen Schlussfolgerungen fuumlhren Die Wirkung einer Maszlignahme kann so fakshytisch nur im Zeitvergleich erfolgen
Fuumlr einen Politikprozess koumlnnen diese Evidenzen dann sinnvoll interpretiert wershyden wenn sie bereits in der Erhebungssishytuation und dann in der Folge auch in der Auswertung und Interpretation in ihren spezifisch politisch-regulativen Kontext gesetzt werden bdquoPolicies are based on a sound and comprehensive understanding of the evidence available at the time and developing a strategy to maintain and up-date as necessary the evidence base for fushyture strategy and policyldquo33
Da insbesondere die Interpretationen jeglicher Daten von einem bestimmten theoretischen als auch praktischen Konshytextwissen abhaumlngig sind ist es unabdingshybar den politischen administrativen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu beshyruumlcksichtigen um so die breitest moumlgliche Basis fuumlr die Interpretationen und Maszligshynahmenentwicklung zu erreichen und falshysche Schlussfolgerungen zu vermeiden
Mit der Polizeilichen Kriminalstatistik sind zwar im Moment kaum mehr als rein deskriptive Beschreibungen moumlglich denshynoch koumlnnen durch die Beobachtung uumlber Zeit Entwicklungstrends ausgemacht wershyden die fuumlr unterschiedliche Gruppen und in unterschiedlichen Bereichen durchaus verschieden sein koumlnnen
12010 SIAK-JOURNAL
Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
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am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
Quellenangaben
Behnke JBaur NBehnke N (2006) Empirische
Methoden der Politikwissenschaft Paderborn
Behrens M (2003) Quantitative und qualitative
Methoden in der Politikfeldanalyse in Schubert
KBandelow N C (Hg) Lehrbuch der Politikshy
feldanalyse MuumlnchenWien 208ndash235
Brown B VCorbett T (1997) Social Indicashy
tors and Public Policy in the Age of Devolution
in IRP Special Report Series Institute for Reshy
search on Poverty
Bundeskriminalamt (2006) Zweiter Periodishy
scher Sicherheitsbericht Wiesbaden
Friedrichs J (1973) Methoden der empirishy
schen Sozialforschung Reinbek
Gerber B JTeske P (2000) Regulatory Polishy
cymaking in the American States A Review of
Theories and Evidence Political Research
Quarterly (53 4) 849ndash886
15
SIAK-JOURNAL
16
12010
Heritier A (1993) Policy-Analyse Kritik und
Neuorientierung Politische Vierteljahresschrift ndash
Sonderheft (24) 9ndash36
Jahn D (2006) Einfuumlhrung in die Vergleichenshy
de Politikwissenschaft Wiesbaden
Jann WWegrich K (2003) Phasenmodelle
und Politikprozesse Der Policy Cycle in
Bandelow N C (Hg) Lehrbuch der Politikshy
feldanalyse MuumlnchenWien 71ndash106
Jarren O (1998) Medien Mediensystem und
die politische Oumlffentlichkeit im Wandel in
Sarcinelli U (Hg) Politikvermittlung und
Demokratie in der Mediengesellschaft Beishy
traumlge zur politischen Kommunikationskultur
Opladen 74ndash96
Jarren ODonges P (2006) Politische Komshy
munikation in der Mediengesellschaft Eine
Einfuumlhrung Wiesbaden
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2001) Europaumlisches Regieren ndash Ein Weiszligbuch
25072001 KOM(2001)428 endguumlltig Bruumlssel
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2002a) Mitteilung der Kommission bdquoAktionsshy
plan Vereinfachung und Verbesserung des Regeshy
lungsumfeldsldquo 05062002 KOM(2002)278
endguumlltig Bruumlssel
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2002b) Mitteilung der Kommission bdquoEuroshy
paumlisches Regieren Bessere Rechtsetzungldquo
06062002 KOM(2002)275 endguumlltig2 Bruumlssel
Lassnigg L (2009) Oumlkonomisierung des Lershy
nens und Vertreibung der Bildung bdquoLifelong
Learningldquo und bdquoevidence-based PolicyPracshy
ticeldquo MAGAZIN erwachsenenbildungat (78ndash
2009)
Lorenz H (2009) Amtliche Statistik
httpwwwhistorisches-lexikon-bayernsde
artikelartikel_44809 (abgerufen 18102009)
Mayntz R (Hg) (1983) Implementation politishy
scher Programme (II) Ansaumltze zur Theoriebilshy
dung Opladen
Menges G (1982) Die Statistik Wiesbaden
Muir Gray J A (2001) Evidence-based practice
for the helping professions Pacific GroveCA
Opp K-D (2005) Methodologie der Sozialshy
wissenschaften Einfuumlhrung in Probleme ihrer
Theoriebildung und praktische Anwendungen
Wiesbaden
Rubin A (2008) Practitionerrsquos Guide to Using
Research for Evidence-Based Practice New
York
Schubert K (1991) Politikfeldanalyse Opladen
Schulz W (2008) Politische Kommunikation
Theoretische Ansaumltze und Ergebnisse empirishy
scher Forschung Wiesbaden
Seiden-Pielen EFarin K (1994) Die Scharfshy
macher Schauplatz innere Sicherheit Berlin
Seipel CRieker P (2003) Integrative Sozialshy
forschung Konzepte und Methoden der qualitashy
tiven und quantitativen empirischen Forschung
WeinheimMuumlnchen
Statistik Austria (2008) Standard-Dokumentashy
tion Metainformationen (Definitionen Erlaumlushy
terungen Methoden Qualitaumlt) zur Gerichtlishy
chen Kriminalstatistik Wien
Wagner G G (2007) Die Beeinflussung der
Erhebungsprogramme der amtlichen Statistik
durch die akademische Wissenschaft ndash Das Beishy
spiel der Volkszaumlhlung 20102011
Wagschal U (1999) Statistik fuumlr Politikwissenshy
schaftler MuumlnchenWien
Wollmann H (1986) Gesetzgebung als experishy
mentelle Politik ndash Moumlglichkeiten Varianten und
Grenzen erfahrungswissenschaftlich fundierter
Gesetzgebungsarbeit in Schreckenberger W
(Hg) Gesetzgebungslehre Grundlagen ndash Zushy
gaumlnge ndash Anwendung Stuttgart 72ndash95
Wollmann H (2003) Kontrolle in Politik und
Verwaltung Evaluation Controlling und Wisshy
sensnutzen in Schubert KBandelow N C
(Hg) Lehrbuch der Politikfeldanalyse Muumlnchen
Wien 335ndash360
12010 SIAK-JOURNAL
Diese Herangehensweise laumlsst sich auch auf die Polizeiliche Kriminalstatistik anshywenden die ja der Kriminalitaumltsvorbeushygung und Kriminalitaumltsbekaumlmpfung dient Die Herangehensweise der Wissensbasieshyrung zielt auf die Problemanalyse ab und fordert dazu auf jene Prioritaumlten der Polishytikgestaltung zu identifizieren bzw etashyblierte Maszlignahmen auf ihre Effektivitaumlt hin zu uumlberpruumlfen die auch aus wissenshyschaftlich-theoretischer Sicht von Interesshyse sind Ausgehend von der Interpretation und Darstellung der Daten kann dann eine politisch-kommunikative und strategischshyoperative Gesamtdarstellung der zukuumlnftishygen Aufgaben der Sicherheitsbehoumlrden und des verantwortlichen Ministeriums ershyarbeitet werden Eine Abgrenzung politishyscher Oumlffentlichkeitsarbeit von nicht-polishytischer Oumlffentlichkeitsarbeit oder von politischem Handeln ohne dominierenden Kommunikationscharakter ist dabei aber kaum moumlglich bdquoPolitische Oumlffentlichshykeitsarbeit ist das Kommunikationsmashynagement der Beziehungen politischer Organisationen zu ihren Bezugsgrupshypenldquo (Schulz 2008 307)
Die sinnvolle Interpretation der Polizeishylichen Kriminalitaumltsstatistik im Sinne eishyner evidenzbasierten Politikgestaltung
muss jene Information erheben die nicht allein in der Feststellung von Trends endet sondern die Aufklaumlrung uumlber die Wirkshysamkeit der politischen Regulierungen ershymoumlglicht denn nicht jeder Trend ist direkt ablesbar und nicht jede direkt ablesbare Information ist auch ein Trend
Durch die Beruumlcksichtigung empirisch uumlberpruumlften theoretischen Wissens auch fuumlr eine nachfolgende Veroumlffentlichungsshystrategie kann die Uumlberbewertung diskurshysiv vermittelter Einzelfaumllle relativiert oder sogar unterdruumlckt werden bzw die veroumlfshyfentlichte Meinung aufgrund objektiviershybarer Daten als irrefuumlhrend entlarvt wershyden Allerdings folgt die Interpretation und Diskussion der praumlsentierten Ergebshynisse dann in der Regel einer anderen Logik naumlmlich jener der Medienoumlffentshylichkeit Da vom rein wissenschaftlichen Standpunkt aus die Behauptung formuliert werden kann dass Oumlffentlichkeitsarbeit dazu beitraumlgt oumlffentliche Diskurse insbeshysondere thematisch und in ihrem Timing zu beeinflussen34 sollte die Darstellung der Ist-Situation der Kriminalitaumltslage mit der Praumlsentation evidenzbasiert erarbeiteshyter Loumlsungsansaumltze verknuumlpft werden um zu sinnvollen Aussagen zu gelangen
1 Bundeskriminalamt 2006 3 2 Der Autor bedankt sich fuumlr das konshy
struktive Feedback und die Hinweise bei
Maxi Nachtigall MA (Joint Programshy
me Secretariat Northern Periphery Proshy
gramme Copenhagen) und Maga Martina
Zandonella (SORA) 3 Diese sind abrufbar unter httpwww
bmigvatcmsBKpublikationen
krim_ statistikstartaspx 4 Exemplarisch an dieser Stelle eine beshy
sonders drastisch formulierte Aussenshy
dung httpwwwotsatpresseaussendung
OTS_20090508_OTS0230 5 Im Verlauf dieses Beitrags wird das
Konzept des bdquoevidence based Policy Mashy
kingldquo auch unter den Begriffen bdquoevidence
based practiceldquo (in der Abkuumlrzung EBP)
und bdquowissensbasierte Politikgestaltungldquo
verwendet da diese das gleiche Konzept
beschreiben Das Konzept kommt urshy
spruumlnglich aus der Gesundheitsforschung
(dort bdquoevidence based practiceldquo) und
wurde inzwischen auf andere Forshy
13
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
Quellenangaben
Behnke JBaur NBehnke N (2006) Empirische
Methoden der Politikwissenschaft Paderborn
Behrens M (2003) Quantitative und qualitative
Methoden in der Politikfeldanalyse in Schubert
KBandelow N C (Hg) Lehrbuch der Politikshy
feldanalyse MuumlnchenWien 208ndash235
Brown B VCorbett T (1997) Social Indicashy
tors and Public Policy in the Age of Devolution
in IRP Special Report Series Institute for Reshy
search on Poverty
Bundeskriminalamt (2006) Zweiter Periodishy
scher Sicherheitsbericht Wiesbaden
Friedrichs J (1973) Methoden der empirishy
schen Sozialforschung Reinbek
Gerber B JTeske P (2000) Regulatory Polishy
cymaking in the American States A Review of
Theories and Evidence Political Research
Quarterly (53 4) 849ndash886
15
SIAK-JOURNAL
16
12010
Heritier A (1993) Policy-Analyse Kritik und
Neuorientierung Politische Vierteljahresschrift ndash
Sonderheft (24) 9ndash36
Jahn D (2006) Einfuumlhrung in die Vergleichenshy
de Politikwissenschaft Wiesbaden
Jann WWegrich K (2003) Phasenmodelle
und Politikprozesse Der Policy Cycle in
Bandelow N C (Hg) Lehrbuch der Politikshy
feldanalyse MuumlnchenWien 71ndash106
Jarren O (1998) Medien Mediensystem und
die politische Oumlffentlichkeit im Wandel in
Sarcinelli U (Hg) Politikvermittlung und
Demokratie in der Mediengesellschaft Beishy
traumlge zur politischen Kommunikationskultur
Opladen 74ndash96
Jarren ODonges P (2006) Politische Komshy
munikation in der Mediengesellschaft Eine
Einfuumlhrung Wiesbaden
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2001) Europaumlisches Regieren ndash Ein Weiszligbuch
25072001 KOM(2001)428 endguumlltig Bruumlssel
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2002a) Mitteilung der Kommission bdquoAktionsshy
plan Vereinfachung und Verbesserung des Regeshy
lungsumfeldsldquo 05062002 KOM(2002)278
endguumlltig Bruumlssel
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2002b) Mitteilung der Kommission bdquoEuroshy
paumlisches Regieren Bessere Rechtsetzungldquo
06062002 KOM(2002)275 endguumlltig2 Bruumlssel
Lassnigg L (2009) Oumlkonomisierung des Lershy
nens und Vertreibung der Bildung bdquoLifelong
Learningldquo und bdquoevidence-based PolicyPracshy
ticeldquo MAGAZIN erwachsenenbildungat (78ndash
2009)
Lorenz H (2009) Amtliche Statistik
httpwwwhistorisches-lexikon-bayernsde
artikelartikel_44809 (abgerufen 18102009)
Mayntz R (Hg) (1983) Implementation politishy
scher Programme (II) Ansaumltze zur Theoriebilshy
dung Opladen
Menges G (1982) Die Statistik Wiesbaden
Muir Gray J A (2001) Evidence-based practice
for the helping professions Pacific GroveCA
Opp K-D (2005) Methodologie der Sozialshy
wissenschaften Einfuumlhrung in Probleme ihrer
Theoriebildung und praktische Anwendungen
Wiesbaden
Rubin A (2008) Practitionerrsquos Guide to Using
Research for Evidence-Based Practice New
York
Schubert K (1991) Politikfeldanalyse Opladen
Schulz W (2008) Politische Kommunikation
Theoretische Ansaumltze und Ergebnisse empirishy
scher Forschung Wiesbaden
Seiden-Pielen EFarin K (1994) Die Scharfshy
macher Schauplatz innere Sicherheit Berlin
Seipel CRieker P (2003) Integrative Sozialshy
forschung Konzepte und Methoden der qualitashy
tiven und quantitativen empirischen Forschung
WeinheimMuumlnchen
Statistik Austria (2008) Standard-Dokumentashy
tion Metainformationen (Definitionen Erlaumlushy
terungen Methoden Qualitaumlt) zur Gerichtlishy
chen Kriminalstatistik Wien
Wagner G G (2007) Die Beeinflussung der
Erhebungsprogramme der amtlichen Statistik
durch die akademische Wissenschaft ndash Das Beishy
spiel der Volkszaumlhlung 20102011
Wagschal U (1999) Statistik fuumlr Politikwissenshy
schaftler MuumlnchenWien
Wollmann H (1986) Gesetzgebung als experishy
mentelle Politik ndash Moumlglichkeiten Varianten und
Grenzen erfahrungswissenschaftlich fundierter
Gesetzgebungsarbeit in Schreckenberger W
(Hg) Gesetzgebungslehre Grundlagen ndash Zushy
gaumlnge ndash Anwendung Stuttgart 72ndash95
Wollmann H (2003) Kontrolle in Politik und
Verwaltung Evaluation Controlling und Wisshy
sensnutzen in Schubert KBandelow N C
(Hg) Lehrbuch der Politikfeldanalyse Muumlnchen
Wien 335ndash360
SIAK-JOURNAL 12010
schungsgebiete wie verwaltungs- oder
politikwissenschaftliche Ansaumltze uumlbershy
tragen Siehe unter anderem httpwww
odiorgukRAPIDBibliographiesEBP
docsEBP_lit_review_webpdf Zugriff
am 20122008 oder auch Muir Gray
(2001) 6 Ein Indikator kann aus einer Variablen
ebenso bestehen wie aus einem ganzen
Set von Variablen Er kann aufgrund
qualitativer Informationen erarbeitet
werden wie er durch numerische Datenshy
sammlungen erstellt werden kann Da
sich die Realitaumlt nicht immer eindeutig
durch qualitative und quantitative Vershy
fahren beschreiben laumlsst macht es auch
keinen Sinn nur auf quantitative oder
qualitative Informationsgewinnung zu
vertrauen Der Zugang zur Wirklichkeit
stellt dabei die groszlige Huumlrde nicht nur
fuumlr die Art der Datengenerierung dar
sondern muss auch bei der Stichprobenshy
konstruktion beruumlcksichtigt werden 7 Diese werden aus soziologischen oumlkoshy
nomischen oder ethnologischen Theoshy
rien abgeleitet und dem eigentlich beshy
deutsamen Maszligstab ndash den realen
Entwicklungen ndash gegenuumlbergestellt 8 Auch wenn sich EBP vor allem in der
Gesundheitspolitik durchgesetzt hat
(siehe dazu Muir Gray 2001) so kann
der Ansatz auf jede Form der oumlffentlichen
Intervention administrativer Vorgaumlnge
oder regulativen staatlichen Handelns
angewendet werden 9 Zentrale Ziele dieses Weiszligbuches
waren a) die Einfuumlhrung der Folgenshy
abschaumltzung b) der Ausbau der oumlffentshy
lichen Konsultationen c) die Vereinshy
fachung der Gesetzgebung um den
Aufwand an Buumlrokratie zu reduzieren
(Kommission der Europaumlischen Gemeinshy
schaften 2001) 10 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a Kommission der
Europaumlischen Gemeinschaften 2002b
11 Kommission der Europaumlischen Geshy
meinschaften 2002a 12 European Commission 2005 13 Unter dem Begriff bdquopractitionersldquo
wird eine AkteurIn verstanden der oder
die regulative bzw innovative Handlunshy
gen setzen kann um so in das Leben einer
weiteren Person oder einer Gruppe von
Personen also Klienten einzugreifen 14 Auch wenn die einzelnen Schritte der
Uumlbersichtlichkeit halber hier getrennt
voneinander dargestellt wurden sind
sie sehr eng miteinander verwoben und
verdeutlichen die besondere Beziehung
von KlientInnen ExpertInnen und Wisshy
senschafterInnen die in ihrer jeweiligen
Perspektive und Expertise den Gesamtshy
prozess der EBP beeinflussen 15 Da Handeln nicht frei ist von den polishy
tischen Kontexten in denen es ablaumluft
kann behauptet werden dass Regulieshy
rungen oftmals eher von politischen Vorshy
stellungen als von klarenrealen Zielshy
vorstellungen geleitet sind Um einem
Argument gleich an dieser Stelle zu beshy
gegnen soll festgehalten werden dass
auch die Definition eines bestimmten
Handlungsziels ein normativer Prozess
ist Gleichzeitig kommt jede politische
Regulierung aber aufgrund bestimmter
Wissensbestaumlnde zu Stande Daraus ershy
gibt sich die Frage ob dieser Wissensbeshy
stand Teil eines Prozesses ist der eine
bestimmte (politische) Zielsetzung vershy
folgt und damit ausreichende Begruumlnshy
dungsqualitaumlt aufweist Politische Entshy
scheidungen werden durch eine Vielzahl
von Faktoren beeinflusst und es gilt jene
Wissensgrundlage zu schaffen die breit
genug gefasst ist um ein Buumlndel an
Handlungsoptionen aufzuwerfen (vgl
GerberTeske 2000) Diese Optionen
dienen dann als Grundlage fuumlr Entshy
scheidungen die zukuumlnftige Szenarien
der Nachhaltigkeit beruumlcksichtigen und
der Effektivitaumlt unterliegen ndash denn sie
sollen eine bestimmte Zielsetzung mit
einem praumlzisen Aufwand an Ressourcen
auch erreichen 16 Auch in der oumlsterreichischen Politikgeshy
staltung werden empirische Evidenzen
immer wieder herangezogen um die Poshy
litikgestaltung zu uumlberpruumlfen und weishy
terzuentwickeln zum Beispiel im Fall
des KonsumentInnenbarometers des
Bundesministeriums fuumlr Arbeit Soziales
und Konsumentenschutz oder die untershy
schiedlichen Studien wie PIRLS TIMMS
PISA die das Bundesinstitut fuumlr Bilshy
dungsforschung Innovation amp Entwickshy
lung des oumlsterreichischen Schulwesens
(BIFIE) fuumlr das Bundesministerium fuumlr
Unterricht Kunst und Kultur durchshy
fuumlhrt 17 Abhaumlngig von der Qualitaumlt ihrer
Sammlung 18 Zitiert von httpwwwdefragovuk
sciencehowevidencehtm am 21122008 19 Zum Beispiel in Alltags- und Fachshy
wissen uumlber informelles explizites oder
ruhendes Wissen 20 Fuumlr den Bereich Bildung siehe Lassnigg
2009 21 Statistik ist der Inbegriff theoretisch
fundierter empirischer objektivierbarer
Daten (Menges 1982 19) 22 Ausgeloumlste Statistiken werden von stashy
tistischen Aumlmtern erhoben und aufbereishy
tet und somit der Oumlffentlichkeit zugaumlngshy
lich gemacht Neben Primaumlrstatistiken
gibt es auch Sekundaumlrstatistiken die leshy
diglich Auswertungen beschreiben die
auf der Grundlage von bereits erhobeshy
nen Daten erfolgen 23 Bundesstatistikgesetz 2000 StF BGBl I
Nr 1631999 idF BGBl I Nr 1362001
BGBl I Nr 712003 und BGBl I Nr
922007 24 Messen ist die systematische Zuordshy
nung einer Menge von Zahlen oder
Symbolen zu den Auspraumlgungen einer
Variablen mithin auch zu den Objekten
14
SIAK-JOURNAL 12010
(Friedrichs 1973 97) Eine Variable ist dabei
ein veraumlnderliches Merkmal bei dem der
Merkmalstraumlger mindestens zwei Merkmalsshy
auspraumlgungen annehmen kann Inzwischen
wurde nicht zuletzt aufgrund methodologischshy
wissenschaftstheoretischer Diskussionen der
Begriff des Messens praumlzisiert Messen untershy
stellt die Existenz einer zumindest eindeutigen
Abbildung zwischen einem empirischen und eishy
nem numerischen Relativ (zB in Behnke et al
2006) 25 Dieses Zitat wurde bewusst gewaumlhlt um eishy
nen besonderen Aspekt der Diskussion rund um
die Darstellung sicherheitsrelevanter Problemshy
wahrnehmung darzustellen Zum Beispiel ist
die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
formationen uumlber Art und Haumlufigkeit der bei
der Polizei angezeigten und von ihr bearbeiteshy
ten Straftaten und ermittelten Tatverdaumlchtigen
Allerdings muumlssen so getaumltigte Anzeigen zushy
naumlchst als Verdacht behandelt werden es hanshy
delt sich also eigentlich um eine Verdachtsstashy
tistik 27 Objektivitaumlt ist dabei eine notwendige aber
keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
schen Rationalismus unterscheiden sich Entdeshy
ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
und Verwertungszusammenhang (wie werden
die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
Objektivitaumlt aus denn diese gilt nicht fuumlr den
gesamten Forschungsprozess sondern nur fuumlr
den methodologisch regelgeleiteten Begruumlnshy
dungszusammenhang fuumlr den auch die Wertshy
urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
eines Projektes und die Interpretation von Ershy
gebnissen genauso wie die Kontextualisierung
sind aber sehr wohl auch bei Popper wert- und
einstellungsgeleitet (ua SeipelRieker 2003
39 46 ff) 29 So koumlnnten neben Daten uumlber die Strafverfolshy
gung und den Strafvollzug auch Ursachenforshy
schungen fuumlr bestimmte Formen von Kriminalishy
taumlt mit in die Bewertung der Sicherheitslage
einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
dann die falschen Dinge richtig und blockiert
dadurch bessere Loumlsungen 32 Durch den heuristischen Charakter des Polishy
cy-Zyklus kann aber aus der Analyse einzelner
Phasen oder aufgrund spezifischer Perspektishy
ven kein umfassender Erklaumlrungsanspruch abshy
geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
howevidencehtm am 21122008 34 Allerdings zeigen unterschiedliche Studien
dass die Annahme uumlber einen direkten Einfluss
sich nicht immer und in allen Faumlllen tatsaumlchlich
nachweisen laumlsst
Quellenangaben
Behnke JBaur NBehnke N (2006) Empirische
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schen Sozialforschung Reinbek
Gerber B JTeske P (2000) Regulatory Polishy
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Theories and Evidence Political Research
Quarterly (53 4) 849ndash886
15
SIAK-JOURNAL
16
12010
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und Politikprozesse Der Policy Cycle in
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Demokratie in der Mediengesellschaft Beishy
traumlge zur politischen Kommunikationskultur
Opladen 74ndash96
Jarren ODonges P (2006) Politische Komshy
munikation in der Mediengesellschaft Eine
Einfuumlhrung Wiesbaden
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2001) Europaumlisches Regieren ndash Ein Weiszligbuch
25072001 KOM(2001)428 endguumlltig Bruumlssel
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2002a) Mitteilung der Kommission bdquoAktionsshy
plan Vereinfachung und Verbesserung des Regeshy
lungsumfeldsldquo 05062002 KOM(2002)278
endguumlltig Bruumlssel
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2002b) Mitteilung der Kommission bdquoEuroshy
paumlisches Regieren Bessere Rechtsetzungldquo
06062002 KOM(2002)275 endguumlltig2 Bruumlssel
Lassnigg L (2009) Oumlkonomisierung des Lershy
nens und Vertreibung der Bildung bdquoLifelong
Learningldquo und bdquoevidence-based PolicyPracshy
ticeldquo MAGAZIN erwachsenenbildungat (78ndash
2009)
Lorenz H (2009) Amtliche Statistik
httpwwwhistorisches-lexikon-bayernsde
artikelartikel_44809 (abgerufen 18102009)
Mayntz R (Hg) (1983) Implementation politishy
scher Programme (II) Ansaumltze zur Theoriebilshy
dung Opladen
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Theoriebildung und praktische Anwendungen
Wiesbaden
Rubin A (2008) Practitionerrsquos Guide to Using
Research for Evidence-Based Practice New
York
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Schulz W (2008) Politische Kommunikation
Theoretische Ansaumltze und Ergebnisse empirishy
scher Forschung Wiesbaden
Seiden-Pielen EFarin K (1994) Die Scharfshy
macher Schauplatz innere Sicherheit Berlin
Seipel CRieker P (2003) Integrative Sozialshy
forschung Konzepte und Methoden der qualitashy
tiven und quantitativen empirischen Forschung
WeinheimMuumlnchen
Statistik Austria (2008) Standard-Dokumentashy
tion Metainformationen (Definitionen Erlaumlushy
terungen Methoden Qualitaumlt) zur Gerichtlishy
chen Kriminalstatistik Wien
Wagner G G (2007) Die Beeinflussung der
Erhebungsprogramme der amtlichen Statistik
durch die akademische Wissenschaft ndash Das Beishy
spiel der Volkszaumlhlung 20102011
Wagschal U (1999) Statistik fuumlr Politikwissenshy
schaftler MuumlnchenWien
Wollmann H (1986) Gesetzgebung als experishy
mentelle Politik ndash Moumlglichkeiten Varianten und
Grenzen erfahrungswissenschaftlich fundierter
Gesetzgebungsarbeit in Schreckenberger W
(Hg) Gesetzgebungslehre Grundlagen ndash Zushy
gaumlnge ndash Anwendung Stuttgart 72ndash95
Wollmann H (2003) Kontrolle in Politik und
Verwaltung Evaluation Controlling und Wisshy
sensnutzen in Schubert KBandelow N C
(Hg) Lehrbuch der Politikfeldanalyse Muumlnchen
Wien 335ndash360
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die Kriminalstatistik taumlter- und tatorientiert
was in manchen Gruppen die Taumlterzahlen ershy
houmlht wenngleich dieselbe Gruppe auch die
groumlszligte Opfergruppe sein kann 26 Die Polizeiliche Kriminalstatistik liefert Inshy
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keine hinreichende Bedingung fuumlr Reliabilitaumlt
waumlhrend Reliabilitaumlt eine notwendige aber keishy
ne hinreichende Bedingung fuumlr Validitaumlt darshy
stellt 28 Im auf Karl Popper zuruumlckgehenden kritishy
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ckungs- (wie kommt man zu einer Theorie) Beshy
gruumlndungs- (wie uumlberpruumlft man eine Theorie)
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die Ergebnisse eingesetzt) Diese Ausdifferenshy
zierung wirkt sich auch auf die Annahme der
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urteilsfreiheit erhoben wird Dieses Diktum
wird faumllschlicherweise zu oft auch fuumlr den Entshy
deckungs- und den Verwertungszusammenhang
angenommen Die theoretischen Grundlagen
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einbezogen werden 30 Anm Aumlquivalent zu amtlicher Statistik 31 In der Effizienzfalle gefangen macht man
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geleitet werden 33 Zitiert von httpwwwdefragovukscience
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15
SIAK-JOURNAL
16
12010
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Opladen 74ndash96
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(2001) Europaumlisches Regieren ndash Ein Weiszligbuch
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(2002a) Mitteilung der Kommission bdquoAktionsshy
plan Vereinfachung und Verbesserung des Regeshy
lungsumfeldsldquo 05062002 KOM(2002)278
endguumlltig Bruumlssel
Kommission der Europaumlischen Gemeinschaften
(2002b) Mitteilung der Kommission bdquoEuroshy
paumlisches Regieren Bessere Rechtsetzungldquo
06062002 KOM(2002)275 endguumlltig2 Bruumlssel
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2009)
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SIAK-JOURNAL
16
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Bandelow N C (Hg) Lehrbuch der Politikshy
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Learningldquo und bdquoevidence-based PolicyPracshy
ticeldquo MAGAZIN erwachsenenbildungat (78ndash
2009)
Lorenz H (2009) Amtliche Statistik
httpwwwhistorisches-lexikon-bayernsde
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Mayntz R (Hg) (1983) Implementation politishy
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dung Opladen
Menges G (1982) Die Statistik Wiesbaden
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scher Forschung Wiesbaden
Seiden-Pielen EFarin K (1994) Die Scharfshy
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Seipel CRieker P (2003) Integrative Sozialshy
forschung Konzepte und Methoden der qualitashy
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WeinheimMuumlnchen
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Wagner G G (2007) Die Beeinflussung der
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Wagschal U (1999) Statistik fuumlr Politikwissenshy
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Wollmann H (1986) Gesetzgebung als experishy
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(Hg) Gesetzgebungslehre Grundlagen ndash Zushy
gaumlnge ndash Anwendung Stuttgart 72ndash95
Wollmann H (2003) Kontrolle in Politik und
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sensnutzen in Schubert KBandelow N C
(Hg) Lehrbuch der Politikfeldanalyse Muumlnchen
Wien 335ndash360