Qualität in Schulprojekten
Globalen Lernens
Eine wissenschaftliche Betrachtung
Fachtag GLiS – Berlin 18.3.2015
Was ist Qualität?
Qualitas = Beschaffenheit
◦ a) neutrale Beschreibung der Eigenschaften
◦ b) als gut bewertete Beschaffenheit
Empirisch wahrnehmbare Beschaffenheit:
◦ allgemein wissenschaftlich belegbare Daten
Subjektiv wahrgenommene Beschaffenheit:
◦ Erlebte, gefühlte Beziehung zum Gegenstand
Normativ bewertete Beschaffenheit
◦ An kollektiven Werten gemessene Einschätzung
Qualitätsbeschreibungen sollten
beide Aspekte berücksichtigen:
• Belegbare und nachvollziehbare
Kriterien +
• Subjektiv und/ oder normativ bewertete
Zugänge
Bestimmung von Qualitätskriterien
1. Erreichen von den inhaltlichen Zielen Globalen Lernens, z.B. anhand eines Kriterienkatalogs (individuell)
2. Entstehen von Prozessdynamiken, Entwicklungen, Lernklima und Produkten Globalen Lernens (kollektiv und individuell)
3. Subjektives Wohlbefinden und Selbstverantwortlichkeit von Teilnehmenden
Beispiele für Qualitätsziele
1. Auf schulischen Rahmen bezogen:
Lernziele (Orientierungsrahmen / BMZ)
2. Allgemeine Lernherausforderungen
Globalen Lernens an die Einzelnen –
(Scheunpflug)
3. Aufgaben einer „Bildung für die Zukunft“:
gesellschaftspolitische Dimensionen
(Internationale UNESCO-Kommission)
Lernziele – Orientierungsrahmen
Erkennen Informationsbeschaffung und –verarbeitung / Erkennen von
Vielfalt / Analyse des globalen Wandels / Unterscheidung gesellschaftlichen Handlungsebenen
Bewerten Perspektivwechsel und Empathie / Kritische Reflexion und
Stellungnahme / Beurteilen von Entwicklungsmaßnahmen
Handeln Solidarität und Mitverantwortung / Verständigung und
Konfliktlösung / Handlungsfähigkeit im globalen Wandel / Partizipation und Mitgestaltung
BMZ, KMK, InWent: Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im
Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung, 2007
Lernherausforderungen
1. Sachdimension => Umgang mit Wissen
und Nichtwissen
2. Zeitdimension => Umgang mit
Sicherheit und Unsicherheit
3. Raumdimension => Umgang mit
Raumbezug und Raumlosigkeit
4. Sozialdimension => Umgang mit
Vertrautheit und Fremdheit
Nach Annette Scheunpflug, Friedrich-Alexander Universität
Erlangen-Nürnberg
DIMENSIONEN GLOBALEN LERNENS
Vorwort zu Morin, E. (2001): Die sieben Fundamente des
Wissens für eine Erziehung der Zukunft. Hamburg
1. Wissensebene: Bewusste Wahrnehmung und differenziertes
Wissen über gegenwärtige Herausforderungen
2. Erfahrungsebene: Empörung über Ungerechtigkeit und
Begegnung mit Leben
3. Zukunftsebene: Vision von neuen Lebensentwürfen und
Kommunikation über Veränderungsprozesse
Dirk Oesselmann - EH Freiburg
Überprüfung von Qualitätskriterien
1. Kompetenz- / Lernzielerhebungen:
- schriftliche / mündliche „Prüfungen“ –individuell / Gruppenarbeit… (intern)
2. Prozess- + Produktevaluationen / direkte und indirekte Wirkungen:
- Datenerhebungen, Beobachtungen (externe Betrachtung)
3. Subjektive Auswertungen:
- Fragebögen, Interviews, Gruppen-diskussion (interne + externe Moderation)
Bewertung von Daten
Indikatoren: Maßstäbe für erreichte Ziele => müssen messbar und belegbar sein
Ist bei komplexen (selbstreferentiellen, konstruktiven) Lernprozessen immer nur ausschnittweise möglich.
Trotz Schein von Objektivität, geben sie nur Anhaltspunkte.
Momentaufnahmen: Situations-/ Kontexteinschätzungen => spontan
Nur Teileindrücke und mit Vorbehalten zu sehen.
Gesamtsichtungen: Bewertungen im Rück- und Überblick => Reflektionen im Kollektiv
Anspruch einer Zusammenführung von Teildaten.
Wirkungsmessung
Grundlegende Schwierigkeit in komplexen Lernprozessen zwischen Lernimpuls und Wirkung eine kausale Verbindung aufzubauen
Unterscheidung von
◦ direkten Wirkungen: unmittelbarer Zusammenhang ersichtlich (Erlernen einer Methode/ Ausüben einer Methode) – nur mechanische, eindimensionale Wirkungen
◦ indirekte Wirkungen: Komplexität und längere Zeiträume lassen nur schwer eine Zuordnung von Lernimpuls zu einer bestimmten Wirkung zu
Lit.:
Berg-
müller,
Scheunpfl
ug
Grundlegende Anfragen
GL stellt (neoliberale) Ideologie in Frage, durch individuelle Leistung für sein Leben verantwortlich zu sein.
Inwiefern passt GL zum System Schule? (Notengebung?)
Welche Art von Qualität wollen wir?
GL ist wertebasiert und doch ergebnisoffen Wie werden „unerwünschte“ Ergebnisse / Wirkungen
bewertet?
GL taucht in einen überkomplexen Kontext ein Wie kann mit Überforderung umgegangen werden?
Was heißt Qualität in Bezug auf normative Dilemmata?
Ausblick
GL umfasst vielfältige Ebenen: ◦ Wissen + Verstehen
◦ persönliche Performance
◦ soziales In-Beziehung-Setzen
◦ komplexe Dilemmata
◦ gesellschaftliche Perspektiven…
GL fordert System Schule in ihrer individuellen Wissensorientierung heraus◦ offene, kollektive Lernformen, -orte und -ziele
=> Qualitätssicherung: Vielfalt von Lernformen und Entwicklungsdimensionen in ihren Potentialen wahrnehmen, dokumentieren und vertiefen, Widersprüche und Fehlentwicklungen verdeutlichen
Vielfalt als Qualitätsmerkmal
Qualität heißt Beschaffenheit und Gelingen auf vielfältigen Ebenen
Vielfältige Herangehensweisen als zentrale Ressource:
◦ Unterschiedliche Systeme + Akteure – Schule und Nicht-Regierungs-Organisationen ergänzen sich in ihrem je eigenen Blickwinkel
Paradigmenwechsel in der Bildung
◦ Kompetenz- und Wissensorientierung + Zielgruppen- (SuS) und Gesellschaftsorientierung bereichern sich