Schwerin, 11. September 2009
Rechte und Pflichten von
Aufsichtsratsmitgliedern in
kommunalen Unternehmen
2Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Das Amt des Aufsichtsratsmitglieds ist nach gängigem Vorverständnis eintypisches „Nebenamt“; diese Bezeichnung darf allerdings nicht zu demMissverständnis führen, es handele sich um eine nebensächliche Aufgabe.
Leitfaden des Innenministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommernfür Aufsichtsratsmitglieder in kommunalen Unternehmen
3Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
ÜberblickI. Grundlagen
1. Rechtlicher Rahmen
2. Spannungsfeld von Gesellschaftsrecht und Kommunalrecht
3. Die Organe einer GmbH
4. Anforderungen an die Aufsichtsratsmitglieder
II. Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes
1. Gesellschaftsvertrag
2. Überwachungspflicht
3. Verschwiegenheitspflicht
4. Befolgen von Weisungen
III. Rechte des Aufsichtsrates
1. Inhaber der Rechte
2. Mitwirkungsrechte
IV. Haftungsgefahren
1. Außen- und Innenhaftung
2. Haftungsfreistellung
4Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
I. Grundlagen
Gesellschaftsrecht (GmbHG, AktG)
Kommunalrecht (§§ 68 ff. KV-MV)
Gesellschaftsvertrag
Geschäftsordnung
1. Rechtlicher Rahmen
5Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
2. Das Spannungsfeld von Gesellschaftsrecht und Kommunalrecht
I. Grundlagen
Konfliktfall
Art. 31 GG
Bundesrecht bricht Landesrecht
Gesellschaftsrecht
GmbHG, AktG
Bundesrecht
Kommunalrecht
KV M-V
Landesrecht
6Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Fall: LG Deggendorf, Beschluss vom 13.12.2004, Az.: 3 O 520/04
SachverhaltStadtwerke GmbH hat einen fakultativen AufsichtsratDie Höhe des Strompreises wird diskutiert.Es kommt zum gerichtlichen Streit über die Wahrung der Geheimhaltung.
Entscheidung
Das Landgericht ist nicht zuständig; es ist einVerwaltungsrechtsstreit.
Die Tätigkeit im Aufsichtsrat ist Teil der öffentlichen Aufgaben.
Der Verwaltungsrechtsweg ist günstiger (Untersuchungsgrundsatz) !?
2. Das Spannungsfeld von Gesellschaftsrecht und Kommunalrecht
I. Grundlagen
7Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
3. Die Organe einer GmbH
I. Grundlagen
G
m
b
H
Stadt Schwerin Gesellschafter
Stadtvertretung Oberbürgermeisterin
Aufsichtsrat
Geschäftsführer
GesellschafterversammlungEntsendung
Entsendung
8Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Fall: VG Regensburg, Urteil vom 11.01.2006, Az.: RN 3 K 05.01162
SachverhaltStädtische Klinikum GmbH hat einen Aufsichtsrat mit 10 Mitgliedern8 Mitglieder werden vom Stadtrat benanntGO des Stadtrates sieht „Spiegelbildlichkeit“ vor
Entscheidung
spätere Änderungen der Fraktionen im Stadtrat müssen imAufsichtsrat abgebildet werden
Auslegung der GO („AR besteht aus..“) ergibt Pflicht zur Anpassung,vgl. § 71. Abs. 1 Satz 3 KV M-V
Gesellschaftsrecht steht nicht entgegen
3. Die Organe einer GmbH
I. Grundlagen
9Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Erforderliche Kenntnisse
• Beurteilung aller normalerweise anfallendenGeschäftsvorgänge ohne fremde Hilfe möglich(BGHZ 85, 293, 295)
• Stellung des Aufsichtsrates
• Beurteilung von unternehmerischenEntscheidungen
Ausreichend Zeit
• Teilnahme an Sitzungen möglich
• Vorbereitung und Nachbereitungvon Sitzungen
• Studium von Unterlagen
Eigenverantwortung und Unabhängigkeit Gewissenhafte Aufgabenwahrnehmung
• Belange der Gesellschaft gehen
Interessen des Entsendungs-
berechtigten vor (BGHZ 36, 296, 306)
• Mitteilungspflicht bei fehlenderUnabhängigkeit
• Kein "interessierter Beobachter"
• Keine Parteipolitik
• Konstruktives Mitwirken
Qualifikation desAR-Mitglieds
4. Anforderungen an die Aufsichtratsmitglieder
I. Grundlagen
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Fördern
• Einbringen eigener
Fachkenntnisse
• Initiativrechte bei
gegebenem Anlass
• Mitarbeit in Ausschüssen
Gesellschaftsvertrag
Beraten
• Kenntnisnahme der
Beratungsunterlagen
• Externe Beratungshilfe
nur in Einzelfällen
Überwachen
• Zielgruppe ist die
Geschäftsführung
• Nur grundsätzliche
Fragen,
1. Gesellschaftsvertrag
II. Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes
Tagesgeschäft ist
Sache der
Geschäftsführung
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rückschauend
• Kontrollfunktion steht im
Vordergrund
• Rechtmäßigkeit und
Zweckmäßigkeit
abgeschlossener
Geschäftsführungsmaß-
nahmen
Präventiv
• Unternehmerische
Tätigkeit
• Mitwirkung bei
Gestaltungen
• Entscheidung über
zustimmungspflichtige
Geschäfte
Überwachen
2. Überwachungspflicht
II. Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes
KeineBlockadepolitik!
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Grenzen
Berichtspflichten nach § 71 Abs. 4 KV M-V
Wohl des Unternehmens (BGHZ 64, 325, 330f.), aber Besonderheiten beiAlleingesellschafter
§§ 394, 395 AktG: Ausnahmevorschriften
Grundlage§§ 116, 93 Abs. 1 AktG: Stillschweigen über Geschäftsgeheimnisse
Treuepflicht bei der GmbH
Rechtsfolgen
Unterlassungsansprüche gegen Aufsichtsratsmitglied
Schadensersatzansprüche
Aufsichtsrechtliche Maßnahmen
3. Verschwiegenheitspflicht
II. Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes
13Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Fall: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 08.05.2006, Az.: 4 BV 05.756
3. Verschwiegenheitspflicht
II. Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes
Bürgerbegehren will Verschwiegenheitspflicht von Aufsichtsratsmitgliederneinschränken
Sachverhalt
Gesellschaftsrecht steht dem Begehren nicht entgegen, da nurfakultative Aufsichtsräte vorhanden waren
Einschränkung bei entgegenstehenden "Wohl des Unternehmens"war enthalten
Frage der Entscheidung über Geheimhaltung sei Problem des Vollzuges
Entscheidung
14Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Grenzen
Vorrang des Gesellschaftsrecht: Unternehmenswohl beachten(BGHZ 36, 296, 306)
Vertrauen Dritter auf Überwachungsfunktion des Aufsichtsrates
Grundlage§ 71 Abs. 2 KV M-V: Weisungen sind zu befolgen
Weisungen durch Gesellschafterversammlung bei GmbH möglich
Rechtsfolgen
Rechtswidrige Weisung entfaltet keine Bindung
Abstimmung entgegen einer Weisung ist wirksam
Folgen rechtswidrigen Verhaltens des Aufsichtsratsmitgliedes sindSchadenersatzpflicht oder Au´fsichtsmaßnahmen
4. Befolgen von Weisungen
II. Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes
15Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Fall: OVG NRW, Urteil vom 24.04.2009, Az.: 15 A 2592/07
SachverhaltStädtische Versorgungsbetriebe GmbH hat Aufsichtsrat mit 17 Mitgliedern8 Mitglieder werden auf Vorschlag des Stadtrates gewähltEs kommt zum Streit über das Weisungsrecht des Rates.
Entscheidung
Weisungsrecht hat Grundlage in § 113 Abs. 1 Satz 2 GO NRW
bundesrechtliches Gesellschaftsrecht hindert § 113 GO NRW nicht
bei fakultativem Aufsichtsrat ist Gesellschaftsvertrag maßgeblich
selbst Unternehmenswohl soll nicht entgegenstehen
4. Befolgen von Weisungen
II. Pflichten eines Aufsichtsratsmitgliedes
16Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Gesamtorgan
• nur der gesamte
Aufsichtsrat kann Rechte
geltend machen
Aufsichtsratsmitglied
• auch das einzelne
Aufsichtsratsmitglied kann
Rechte geltend machen
Inhaber der Rechte
1. Inhaber der Rechte
III. Rechte des Aufsichtsrates
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• Teilnahmerechte
• Informationsrechte gegenüber der Geschäftsführung
• Informationsrechte innerhalb des Aufsichtsrates
• Initiativrechte (Einberufung Aufsichtsrat, Recht auf Ergänzung derTagesordnung)
Mitwirkungsrechte
2. Mitwirkungsrechte
III. Rechte des Aufsichtsrates
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Innenhaftung
• §§ 116, 93 AktG: Haftung gegenüber derGesellschaft
• Voraussetzung ist pflichtwidriges undschuldhaftes Verhalten derAufsichtsratsmitgliedes
• Maßstab ist „ordentlicher undgewissenhafter“ Überwacher
Außenhaftung
• Deliktische Haftung gemäß §§ 823 ff. BGB
• Teilnahmestrafbarkeit beiInsolvenzstraftaten
1. Innen- und Außenhaftung
IV. Haftungsgefahren
Haftung des Aufsichtsrates
19Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Fall: Brandenburgisches OLG Urteil vom 17.02.2009, Az.: 6 U 102/07
SachverhaltStadtwerke GmbH befindet sich in finanzieller NotlageGemeinde und Zweckverband können keine Mittel zur Verfügung stellenneu berufener Geschäftsführer informiert Aufsichtsrat regelmäßig
Entscheidung
Insolvenzverwalter hat Schadenersatzansprüche gegenAufsichtsratsmitglieder
selbst bei Nichtgeltung von § 93 AktG folgt Ersatzpflicht ausschuldhafter Pflichtverletzung
Aufsichtsrat hätte auf Insolvenzantrag hinwirken müssen
1. Innen- und Außenhaftung
IV. Haftungsgefahren
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• Ersatzpflicht der Gemeinde, Haftung des Aufsichtsratsmitglieds bleibt bestehen
• keine Absicherung des AR-Mitgliedes bei vorsätzlicher oder grob fahrlässigerPflichtverletzung
• Ausnahme: Bei Handeln auf Weisung.
Haftungsfreistellung nach § 71 Abs. 3 KV M-V
2. Haftungsfreistellung
IV. Haftungsgefahren
StrafrechtlicheRisiken verbleiben!
21Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Patrick Klawa, LL.M. oec.
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22Patrick Klawa, Aufsichtsräte_Schwerin_2009_09_11.ppt
Quellenübersicht
• Leitfaden für Mitglieder in kommunalen Vertretungen, Aufsichtsratsmitglieder in kommunalenUnternehmen sowie Mitarbeiter in den Beteiligungsverwaltungen der Kommunen
• Leitfaden Nr. 2 für kommunale Entscheidungsträger, Aufsichtsratsmitglieder in kommunalen Unternehmensowie Mitarbeiter in den Beteiligungsverwaltungen der Kommunen
• Leitfaden Qualifikation, Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder in kommunalen Unternehmen
• Hoppe/Uechtritz, Handbuch Kommunale Unternehmen, 2. Auflage
• Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 2008
• Schmidt/Luther, AktG, 2008
• Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl.
• "Weisungsrechte der öffentlichen Hand gegenüber ihren Vertretern in gemischtwirtschaftlichenUnternehmen" von Priv.-Doz. Dr. Walter Georg Leisner, Hamburg/München, Gildebuchverlag GmbH &Co. KG, GewArch 2009, 337-343
• "Die Systematik der Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der Gesellschaft von Dr. ChristianZieglmeier, De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, ZGR 2007, 144-166