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Tahnta, 1970, Vol. 17, pp. 987 to 997. Pcmm Press. Printed in Northern Ireland

REDOXAUSTAUSCHER UND IHRE ANWENDUNGEN-XVI

ENTFERNUNG VON WASSERSTOFFPEROXID AUS WASSERIGER

LGSUNG AN REDOX- UND IONENAUSTAUSCHERN*

BRUNO SANSONI und ELIZABETH BAUER-SCHREIBER Institut ftir Strahlenschutz der Gesellschaft fur Strahlenforschung mbH.. Radiochemisch-analytische Abteilung, 8042 Neuherberg bei MUnchen tmd

Chemisches Jnstitut der UniversitiIt Marburg/Lahn

(Eingegangen am 6. Jattuar 1966. Angenommen am M. April 1970t)

Zrsassung-Wasserstoffperoxid hiI% sich aus w8sseriger wsung durch Reduktion an einem mit Dithionit oder vor allem Sulfit belade- nem Anionenaustauscher (Lewatit M 600) sowie durch katalytische Zersetxung am OH-4nionenaustauscher halbkontinuierlich und automatisch entfemen. Dam werden einfache !Xulenanordnungen beschrieben, die sowohl den AusschluD st6render Labordi%mpfe als such einen quasi-Sliulenbetrieb bei durch Gasentwicklung stark aufgewirbelter Austauscherschicht ermtiglichen.

WA~~~~T~FFP~R~~ID start die Weiterverarbeitung von Losungen in Strahlenchemie, Kemtechnik und Analytik.l Es bildet sich durch Enxymeinwirkung, hemmt aber das Wachstum anaerober Bakterien und kann den xur Bildung von Carcinomen ftihrenden krankhaften Giirungsstoffwechsel der Zelle ausliisen. Nicht xuletxt beruht die Strahlensch&iigung des Organismus teilweise mit aufintermediar gebildeten Peroxiden und OH--Radikalen.B

Wasserstoffperoxid kann durch Red&ion, Oxydation, katalytische Zersetxung oder Abtrennung aus Liisungen entfernt werden.2 Im folgenden interessierte die Red&ion des Wasserstoffperoxides an Redoxaustauschern als Teilschritt der Entfer- nung von gel&tern Sauerstoff aus Wasser. Dabei wurde die katalytische Zersetzung an OH--Anionenaustauschem beobachtet.

Daraus ergeben sich Anregungen fur die Entfemung radiolytisch gebildeter Peroxide im Ktihlwasserkreislauf von Atomreaktoren. Verschiedene Membranen der physiologischen Zelle haben den Charakter von Redoxaustauschem.8 OverbergeII hat Redoxite als unl8sliches Prophylaktikum ftir Strahlenschtiden im Organismus xur Reduktion von .OH--Radikalen und Peroxiden verwendet.

Wasserstoffperoxid hat eine negative Bildungsenergie von - 134 kJ/Mol bei 25”. Seine Aktivierungsenergie von etwa 75 kJ/Mol hindert den Zerfall. Die kathodische Reduktion verl%uft in saurer LGsungC*e nach

H,O, + 2H+ + 2e- + 2H,O E” = +1,77V, (1)

* XV. Mitteihmg B. Sansoni W. Wiegand. Tahta, 1970, 17, 973. Vorgetragen Chemische Gesellschaft Marburg/Lahn (Januar 1960) und GDCH-Hauptversammhmg Aachen. 1961 (Referat, Angew. Chem., 1961, 73,763).

Herrn Dir. Dr. Walter Hagge, Leverkusen-Bayerwerk, mm 70. Geburtstag. t Publication delayed at authors’ request.

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und in alkalischer’ nach

HO,- + HsO + 2e- + 3OH- E” = +0,88 V. (2)

Die katalytische Zersetzung HsO, --f I-Is0 + 80s (3)

erfolgt besonders leicht in alkalischem Medium. Die Reaktionen (1) bis (3) verlaufen tiber Radikale.’ Wasserstoffperoxid ist in wlsseriger L&sung eine sehr schwache Saures mit K = 2,24 * lo-“.

Ferrocen - Redoxit Leukomethylenblou-Redoxit Nophthohydrochinon-Redoxit

- Leukoindlgodlsulfonat 0

AEIB. l.-Vergleich der Redoxpotentiale von HIOI/HIO und Redoxaustauschem. Normalpotentiale flir H,O,/H,O und geliiste Ionen, ‘** Realpotentiale fur Redox-Harxe

in IN und ftir Nontronit in 0,OlN Schwefelsziure.*~

Nach Abb. 1 sollte Wasserstoffperoxid durch alle angegebenen Redoxaustauscher zu Wasser reduziert werden kiinnen. Ftir Anwendungen in salzfreier-L&sung geniigen einfache Redox-Ionenaustauscher. Ihr Gertist ist relativ best&dig. Anionen wie Dithionit, SulB, Thiosulfat, Phosphit vermeiden die bei verschiedenen Katione$ sowie Redoxiten beobachtete storende katalytische Zersetzung.l” Durch Oxydation gebildetes Sulfat ist indifferent und stijrt bei Elution durch salzhaltige LBsungen weniger als entsprechende Redox-Kationen. Die an den Reaktionen (1) bis (3) beteiligten Radikale k&men organische Redoxgruppen an Redoxiten irreversibel angreifen und diese unbrauchbar machen.

EXPERIMENTELLE TEIL

Geriite

Die Reduktionsversuche wurden in Schliffs&_tlen (180 x 10 mm nach Abb. 2) unter Ausschl~ storender Laborluft ausgefuhrt. Die 300 ml-Erlemneyerkolben stehen auf einem in entsprezhender Hohe angebrachten Plexiglasstreifen. Die katalytische Zersetzung erfolgte in den Apparaturen nach Abb. 3 und 4. Sie erlauben bei nicht zu schneller Durchlaufgeschwindigkeit und etwas ubung such bei starker Gasentwiclchmg einen quasi-S&ulenbe.trieb. In der Anordmmg Abb. 3 entweichen die Gasblasen durch das Kapillarrohr. In Abb. 4 sol1 der schriig eintauchende Glasstab (l-2 mm Durch- messer) das Aufsteigen der Gasblasen erleichtem. In beiden P&hen dient das untere Drittel der S&&nftih~g als Sicherheit fiir etwa durchgebrochene Peroxidspuren.

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ABB. 2.-SchliiWule mit AusschM starender Laborluft.

Glasstab I-2mm B

ABB. 3 und 4.-Apparaturen fiir quasi-Siiulenbetrieb bei starker Gasentwicklung.

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Au&&em wurden verwendet: Fraktionsteller RadiRac (LKB) mit lo-ml Syphon, Polarograph Polarecord (Metrohm), Leifftigkeitsmesser CDM II mit 0,2-ml Durchfl~zelle(Radiometer).

Die Redoxaustauscheranlage~*ll lieferte sauerstoffarmes Wachwasser mit rrO,2*10-7 G-1. mm-l < 40,~g 0,/l und pH 6,6-6,8 (bei 21 f 1”). Gegebenenfalls kann such ausg&kochtes und mit Ns gespijltes vollentsalztes Waschwasser venvendet werden.

Redox-Zonenuustauscher

Zonenaustuuscher. Stark saurer Lewatit SlOO und stark basischer Lewatit M 600 werden wie tiblich mit 4M Salmiiure in die H+-bzw. Cl--Form gebracht, sorgfiltig eisenfrei, anschlieBend neutral gewaschen, an der Luft getrocknet und gesiebt. Em Teil des Anionenaustauschers wird anschlieBend mit 2M Natriumlauge unter CO,-Ausschl~ in die OH--Form tlbergeftlhrt.

Die Anionenaustauschkapazit~t von Cl--Lewatit M 600 ergab sich fiir die Siebfraktion 0,1-0,2 mm zu 3,27 mEq Cl-/g Trockengewicht; O&O,75 mm zu 3,18; 0,75-1,00 mm zu 3.22; ungesiebt zu 3,22 und ist damit innerhalb der Fehler keitsgehalt bei konstanter Luftfeuchti

enmn befriedigend konstant. Dagegen nahm der Feushtig- 8 it mit steigender KomgroBe etwas zu: KomgroBe 0,1-0,2

mm 16,5x; 0,2-0,3 mm 21,2x; 0,3-0,4mm 22,7x; 0,4-0,5mm 23,5x 0,5_0,6mm 23,7x; 0,6-0,75mm23,5%; 0,75-l,OOmm24,5%.

S,O,*-Anionenaastauscher. Jeweils 7,00g lufttrockener Cl--Lewatit M 600 (O&O,75 mm) werden in der SHule nach Abb. 2 mit 200 ml ammoniakalischer Dithionitl(lsung bei etwa 1 Tropfen/ set (34ml/min) in die Dithionit-Form tlbergeftlhrt und mit etwa 300ml sauerstoffreiem Wasser dithionitfrei gewaschen. Dabei soll die obemte Harmchicht nicht mit Luft in Bertlhrung kommen. Andemfalls mu13 mit jeweils konstantem Kapazititsverlust gearbeitet werden. Die Sulfat-Form des Austauschem wird unmittelbar mit frischer Dithionitlosung regeneriert.

SOI”--Anio nenuustuu&er. Entsprechend werden 7,00 g Cl--Lewatit M 600 (O&O,75 mm) mit etwa 100 ml Sulfitlosung in die &l&Form gebracht. Nach Oxydation wird das gebundene Sulfat ebenfalls mit lO%iger Natriumsultit-L&umg ausgetauscht.

Reagenzien

Ammoniakalische Dithionitkq. Jeweils kurz vor Gebrauch werden etwa 50 g Na,S,OI (gereinigt, Riedel-DeHaen in 1 Liter 1 M Arnmoniaklbsung (them. rein) gel&t.

Su&itl&ung. 100 g NasSOs @.a.) in 1 Liter vollentsalztem Wasser. Wassersto&,peroxti&ung. 30 “/Qges HsO, (Perhydrol, p.a.) wird kurz vor Gebrauch verdthmt und

mit 0,lN Thiosulfat jodometrisch eingestellt.

Analytische Bestimmwrgen

Ionenaustauschkapazitaten wurden volumetrisch,l* Redoxkapazitslten mit EisenO-sulfat11~1*~14 Wasserstoffperoxid jodometrisch nach KolthotF6 und gelegentlich im Durchlauf such polarographisch bestimmt.16

ERGEBNISSE

Nach Vorversuchen mit einer grBl3eren Anzahl von Redox-Ionenaustauschem warden die mit Dithionit und Sulfit beladenen Anionenaustauscher eingehender untersucht.

Reduktion am S20,2--Anionenaustauscher

Der Dithionit-Anionenaustauscher ist nach Abb. 5 ausreichend stab& Sene Reduktionskapazitiit vertidert sich in der gut verschlossenen SlMe wilhrend 24 Stunden kaum und sinkt nach 100 Stunden auf etwa die Hiilfte.

In drei Versuchsreihen wurden zunehmende Vohtmina wtiserige 0,lN Wasserstoffperoxidl6sung an S,O,*-Lewatit M 600 in S&tlen nach Abb. 3 unter moglichst konstanten Bedingungen reduziert. Abbildung 6 enthSilt das Ergebnis der Einzclversuche als Dumhbruchskurve. Dabei wurde (a) die in der Saule entfemte und (b) im Durchhauf gefundene Wasserstoffperoxidmenge gegen die vorgegebene aufgetragen und jeweils als mEq H,O, auf das Trockengewicht Cs, des Austauschers bezogen. Der Siittigungswert von (a) ergibt eine Gesamt-Reduktionskapazitiit’” von 2,6-2,7 mEq H,O*/g, der Durchbruchspunkt von (b) eine nutzbare Durchbruchskapazit~tl’ von 2,5 mEq H,O,/g. Die Abs- zissendifferenz des Sattigungs- und Durchbruchspunktes entspricht einer ausgenutzten Gesamt- Kapazitat der Stiule von etwa 95%. Fiir Ionenaustauscher werden 60-80x angegeben.” Dieter hohe Wert deutet auf rasche und vollst&ndige Gleichgewichtseinstelhmg in j&m Siiulenabschnitt.

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Zeit W

ABB. S.-Stabilit%t von Stop*--Pemutit ES (5). Siiule 180 x 10 nuu; 10 g Cl--Pemutit ES (0,345 mm) in S,O,‘--Form; 2O-25°C;

diffises Sounenlicht .

H,Os gegeben [mEq/g Harz]

ABB. 6.-Red&ion van Wassemtoffperoxid an SIOI*-Lewatit M 600. Siiulen 180 x 10 mm (Abb. 2) mit 7,00 g lufttrockeuer Haxzeiuwaage an Cl-Lewatit

M 600; (O&O,75 mm); 1,l ml/min; 24-25°C; diffuses SoMenlicht.

Die gefundene Gesamt-Reduktionskapazitit ist erheblich kleiner als die theoretisch fur den f.&rgang von S(II1) zu S(N) zu erwartende von etwa 9,s mEq/g. Das hat mehrere Grtinde. Erstens enthielt frisch der Originalflasche entnommenes Na&,O~ (gereinigt, Riedel-DeHaen) mu etwa 74 Gew.-% des theoretischen Gehaltes an Dithionit, daneben 11% Thiosulfat und 12% Sulftt. Zweitens sinkt der Reduktions- wert des am Austauscher gebundenen Dithionites infolge Oxydation der obersten Schichten durch den Luftsauerstoff in Apparatur und Waschwasser. Drittens ist im angewendeten schwach ammoniakalischen Medium die Beladung des Lewatit M 600 nicht mehr ganz vollst&idig. So filhrte eine Beladung mit wassriger, also schwach saurer DithionitlBsung zu Gesamt-Redoxkapazitaten von 3,4-3,8 mEqFti+/g. Viertens entstehen aus 1 Mol SaOa+, 2 Mol SOs2- bzw. SOdz-. Das bedeutet notwendigerweise eine teilweise Elution von Sulfit- bzw. Sulfat. Der an der Luft aufgefangene Durchlauf einer wiisserigen Wasserstoffperoxidlosung enthielt je nach

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Basizitit des Anionenaustauschers 18 bis 24 Equivalent- % der mit H,Oa ge- messenen Gesamt-Red~tionskap~t~t als Sulfat bzw. Schwefel&re. Damit erfolgt die Oxydation von Dithionit am Anionenaustauscher zwar sehr schnell, jedoch un%ersichtlich.

In der ersten Versuchsreihe (0) van Abb. 6 wurde Cl-Gwatit M 600 zun%chst mit 2~Natronlauge in die OH-- und dann erst mit ammoniakalischer Dithionltlijsung in die SI04*--Form iibergeftihrt ; in der zweiten und dritten wurde direkt in die SsO,a--Form gebracht. Die ~~~~~ ist in Anbetracht der etwas erhahten Raumtemperatur sowie des diffusen Sormenlichtes (geringe kataly- tische Peroxidzersetzung an der c;laswandung) befriedigend. Das zeigt, daB such ein Ilberspringen der OH--Form vollst&ndige Regeneration ermGglicht. A&&em hat sich die Kaptitiit des Anionenaustauschers nach dreimaliger Oxydation-Red&Con nicht merklich verlndert.

~e~~i~~ am ~U~~-Ani~~e~~~~~h~r

Der Sulfit-Auionenaustauscher reagiert nach

SO:--Iat. + HaOa =: SOZ--1at. + HBO. (4)

Die Reaktion ist langsamer, aber einfacher und tibersichtlicher als bei Dithionit. Infolge konstant bleibender Anio~enladung wird die Lijsung g~nd~~lich mcht verunreinig. Sulfit erfordert tiberdies geringere Betriebskosten.

wotif M 600 (0,6d-O;T6 mm)

H,O, gegeben [mEq/g Hart]

bg. 7.-Red&ion von Wasserstoffperoxid an SO,a--Lewatit M 600. 7,@@g lufttrockene Harzeinwaage an Cl --Lewatit M 600; Korngri%e; ungesiebt;

sonst wie fiir Abb. 6.

Der Sit-A~onenaus~uscher ist gegen Autoxydation so stabil wie eine ent- sprechend verschlossen aufbewahrte wiisserige Sulfitliisung. Die Gesamt-Reduktions- kapazitat nimmt ~nerh~b von 44 Tagen nur urn 6% ab. Auch das Gertist des Anionenaustauschers ist ausreichend bestsindig. So blieb die Anionenaustauschkapa- zitiit von Lewatit M 600 nach 6 Redoxumwandlungen mit Stit bzw. 0,lN Wasser- stoffperoxid mit 3,18 bis 3,19 mEqCl- g konstant. Die unter gleichen Bedingungen wie beim Dithionit-Anionenaustauscher aus Einzelversuchen zusammengesetzte ~urch&ruch~k~rve fiir etwa 1 M Wasse~toffpero~~~sung zeigt Abb. 7. Die Gesamt-

Reduktionskapazitat betragt nach Kurve (a) etwa 240 mg H,Os pro Saule oder 2,9 mEq HBOafg. Durchlauf erfolgt nach (b) ab 165 mg HaOz, entsprechend knapp 70% der Gesamt-Reduktionskapazitat. Letzterer Wert entspricht durchaus denen

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des Ionenaustauschers, liegt aber niedriger als beim Dithionit-Anionenaustauscher. Das ist eine Folge der langsameren Gxydation des Sates.

Die gemessene Gesamt-Reduktionskapazit(ii stimmt gut mit dem aus der Anionen- austauschkapazitit berechneten Wert von 3,2 mEq HsOJg iiberein. Die geringe Dif- ferenz ist durch teilweise Autoxydation des festen bzw. im oberen Slulenteil gebundenen Sulfites durch Luftsauerstoff sowie geringe Peroxidverluste infolge Zerfalls an den Glaswgnden bedingt.

Die Werte aus zwei Versuchsreihen (Abb. 7) streuen erheblich weniger als beim Dithionit-Anionenaustauscher (Abb. 6). Das ist durch den tibersichtlicheren Reak- tionsverlauf und die geringere Reaktionsgeschwindigkeit der Sulfitoxydation mit Luftsauerstoff zu erklliren. Auch hier kann die erschiipfte Sulfat-Form mit 5-10 %iger Natriumsulfitlijsung direkt regeneriert werden.

Eine Erhijhung der Durchlaufgeschwindigkeit von 0,l auf 5 ml/min hat kaum EinfluB auf die mit einem H,Os-tierschuB bestimmte Gesamt-Reduktionskapaziuit. Ein schwacher Anstieg unterhalb von 0,5 ml/mm wird nur durch die bei Ungerer Wartezeit sptirbar werdende Selbstzersetzung des Wasserstoffperoxides an GefaS- wEnden und Harzoberf&che vorgetiuscht. Andererseits hangt die wirklich nutzbare Durchbruchskapazitiit stirker von der Durchlaufgeschwindigkeit ab. Es kann aber such hier die beim Ionenaustausch iibliche von 1 ml/min angewendet werden.

Die KorngriiBe des Anionenaustauschers ist von 0,l bis 1,0 mm praktisch ohne EinfluB auf die wie vorher bestimmte Gesamt-Reduktionskapazitit. Streuungen sind wiedeium durch langsam beginnende Selbstzersetzung des Peroxides bed&t.

Die Konzentrution der Wasserstoffperoxidliisung ist im Bereich von O,l-2,5M nach drei Versuchsreihen ohne EinfluB auf die in der SZiule reduzierte Peroxidmenge.

Geringe Mengen an Stabilisatoren wie Diphosphat, Barbitursliure, Hamstoff, ferner Zusatz von 1% Phosphors&re sowie 0,04N Schwefels%ure, aber such 0,02M Natronlauge zeigten praktisch keinen EinfluB auf die Reduktion in der S&tie.

Die storende Gasentwickhmg durch Selbstzersetzung des Wasserstoffperoxides beginnt oberhalb etwa 25” deutlich zu werden. Bei ~23-24” wurde nur gelegentlich schwache Gasentwicklung beobachtet. Sie stijrte den S%ulenbetrieb nicht wesentlich.

Wasserstoffperoxid kann ohne Stiinmgen am Sulfit-Anionenaustauscher nur in dem pH-Bereich von etwa 4,5 bis 7 reduziert werden. Im st%rker sauren Gebiet wird Schwefeldioxid abgespalten, im stgrker alkalischen tritt Selbstzersetzung des Peroxides unter deutlicher Gasentwicklung ein. Ebenso storen Fremdsalzkonzentra- tionen ab etwa 0,OlN durch Elution von Sulfit.

Abbildung 8 zeigt die Durchbruchskurve fiir die Reduktion von fast 2 Liter 0,15M Wasserstoffperoxidlosung im kontinuierlichen Saulenbetrieb an etwa 100 g SuKt-Anionenaustauscher. Es trat w&end der Reduktion praktisch keine Gasent- wicklung in der S3iule auf.

Red&ion und katalytische Zersetzung an Redoxiten

Steigender Salzgehalt der Wasserstoffperoxidlosung bewirkt, von einigen Aus- nahmen abgesehen, zunehmende Elution des reduzierenden Ions vom Anionen- austauscher. In diesem Fall sind Redoxite mit elutionsstabil eingebauter Redox- Gruppe geeigneter.

Als Beispiel wurde eine 0,3 %ige Wasserstoffperoxidliisung in 1M Natriumsulfat an einem Leukomethylenblau-Polystyrol-RedoxitlS quantitativ reduziert, ohne

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daJ3 die L&sung verunreinigt wurde. Der gleiche Redoxit war friiher zur Prtifung seiner StabilitHt nach jeweils vorherigen Reduktionen mit Dithionit tiber hundert Male mit 0,l %iger wiisseriger Wasserstoffperoxidlosung oxydiert worden. Dabei nahm die Reduktionskapazimt urn weniger als 15 % ab.

Durchlauf 0,151 M H,O,-L6sung [i]

ABB. 8.-Kontinuierliche Entfemung van 0,lSlM Wasserstoffperoxid durch Reduktion an SO**-bwatit M 600.

100 g Cl--Lewatit M 600 (O&O,75 mm; 22,6x Feuchtigkeit) in SOIs--Form iiberge- fiihrt; bei 20-23°C xnit durchschnittlich 3 ml/min filtriert.

Verschiedene andere Polystyrol-Harze mit eingebauten Hydrochinon/Chinon- systemenlg*14 sowie Ferrocenla entwickelten aus Wasserstoffperoxid deutlich Sauer- stoff. Besonders stark katalysierte das FeS+/Fes+-haltige Tonmineral Nontronit die Peroxidzersetzung.

St8rker konzentrierte Wasserstoffperoxidlosung oder lange Einwirkung such verdiinnterer L&sung greifen jedoch die meisten organischen Redoxite mehr oder weniger stark irreversibel an.

Katalytische Zersetzung am OH--Anionenaustauscher

Verdiinnte Wasserstoffperoxidlosungen zersetzen sich am festen OH--Anionen- austauscher katalytisch. s Dabei erwlrmt sich die Lbsung mehr oder weniger stark.

Im Gegensatz zur entsprechenden Hydroxidliisung verunreinigt die Festbase die L&sung nicht. Die OH--1onen kijnnen in salzfreier Losung das Austauschergerilst nicht verlassen. Daher kann die Reaktion such in einem sehr groSen Liisungs- volumen an einer relativ sehr kleinen, aber hoch konzentrierten Menge OH--1onen ortsgebunden ablaufen. Normaler Sgulenbetrieb wird allerdings durch die starke Gasentwicklung unmoglich.

Die Anordnungen Abb. 3 und 4 zeigen Moglichkeiten auf, den entwickelten Sauerstoff abzuleiten. Sie erlauben einen angentierten quasi-Stiulenbetrieb mit aufgewirbelter Schicht. Die Hauptmenge Peroxid soll bereits im oberen Siiulenteil zersetzt werden. Das untere Drittel bleibt als Reserve znr Entfernung gelegentlich durchbrechender Peroxidspuren verfiigbar. Ein solches Vordringen der Peroxidfront in der Saule ist am Ausbleichen der rotbraunen Farbe des OH-Lewatit M 600 oder, noch empfindlicher, durch beginnende Gasentwicklung zu erkennen.

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Als Beispiel bringt Abb. 9 die Durchbruchskurve filr 1M Wasserstoffperoxid- l%mg. Der Versuch dauerte vier Wochen, zeitweise war der Durchlauf verlangsamt oder ganz unterbrochen. Die nutzbare Durchbruchskapazitiit dieser OH-Anionen- austauschersiiule betrug etwa 370,2 mEq H,Odg. Das entspricht formal dem 12% fachen derjenigen des Sultit-Anionenaustauschers.

&nlich dem OH-Anionenaustauscher wirken such mit Fes+/Fea+ und ganz besonders mit MnO,-/MnO, belegte Ionenaustauscher. Dagegen blieb eine Beladung

__-----mm-

-

Durchlauf I,01 M H,O,-L&sung

ABB. 9.-Katalytische Zcrse.txung van 1,OlM Wasserstoffperoxid an OH--Lcwatit M 600 im quasi-S%ulenbetrieb.

20 g Cl--Lewatit M 600 (O&O,75 mm, 22,6% FeuchtigtCeit) in OH--Form itbergefiihrt ; bei 2&23”C mit 1 mI/min, jedoch rnit Unterbrechunp, IYtriert. S&ule nach Abb. 4.

mit Hf, Na+ oder Gus+ ohne sichtbare Wirkung. Zwn Beispiel fanden sich im Durch- lauf einer siiule mit 9 g Lewatit S 100 von aufgegebenen 53,9 mEq Wasserstoff- peroxid in der angegebenen Reihenfolge der Beladungen 53,7; 53,8 und 53,3 mEq wie&r.

DISKUSSION

Vorliegende Arbeit zeigt die Vorteile von einfachen Redox-Ionenaustauschern mit nur irreversibel oxydierbaren Anionen bei der Red&ion ungeladener Molektlle in salzfreier oder salzarmer Losung. Wlend Redoxite durch irreversibel Oxydation langsam zerstiirt werden, ist das Ionenaustrauschergeriist relativ stabil, einfach zugtiglich und leicht regenerierbar. Gtinstig sind Redoxsysteme, welche bei der Oxydation indifIerente Anionen wie Sulfat ergeben und bei geringftigiger Elution nicht St&en.

Die Entfermmg von Wasserstoffperoxid durch Reduktion zu Wasser gelingt besonders rasch am Dithionit-Anionenaustauscher. Auch geringe Sauerstoffspuren werden noch erfaBt. Dithionit hat jedoch den Nachteil eines untibersichtlichen Reaktionsmechanismus, einer Verdoppelung der Anionenladung wiihrend der Oxydation und dadurch Elution von Stit oder Sulfat. Diese kann bei mu teilweiser Beladung des Anionenaustauschers von diesem selbst, sonst aber durch eine nach- geschaltete S&de mit OH--Anionenaustauscher entfernt werden. Fur andere Zwecke

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start die Verunreinigung der L6sung durch Sulfat o&r Schwefelsaure jedoch hiiufig nicht.

Demgegeniiber hat der schon von Austerwei120 zur Entfernung von gel&tern Luftsauerstoff erwtinte Sulfit-Anionenaustauscher den Vorteil eines einfacheren Mechanismus und konstanter Anionenladung. Die Losung wird nicht venmreinigt. Der Sulfit-Anionenaustauscher ist unter LuftabschluB sehr bestgndig. Die Grenzen seiner Anwendbarkeit (pH 4,5 bis 7) sind durch die Stabilitat von Sulfit einerseits und beginnende Selbstzersetzung des Peroxides andererseits bedingt.

Besondere Bedeutung hat eine halbkontinuierliche und automatische Reduktion des Wasserstoffperoxides am Sulfit-Anionenaustauscher, wenn sie mit einer Vollent- salzung an Ionenaustauschern gekoppelt werden kann. Zum Schutz vor eventuellen Spurenverunreinigungen der behandelten Liisung wird man eine kleine OH--und H+-Ionenaustauschers%ule nachschalten. Eine wichtige mijgliche Anwendung wiire der einer Radiolyse ausgesetzte Ktihlwasserkreislauf entsprechender Atomreaktoren.

Hohe Peroxidkonzentrationen erfordern beim Reduktionsverfahren hiiufige Regenerationen. Hier erreichte die halbkontinuierliche Zersetzung am OH--Anionen- austauscher den etwa 130-fachen Umsatz. Die L&sung darf allerdings keine Salz- spuren enthalten. Diese tauschen OH--1onen aus und blockieren dadurch den Katalysator. AuBerdem katalysieren Eisenspuren den oxydativen Angriff des Ionenaustauschergertistes ungewiihnlich stark.e

Die Arbeit wurde im Jahre 1959 ausgeftibrt. Wir danken ftir materielle Untersttitxung vielmals dem Herm Bundesminister fib wissenschaftliche Forschung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft sowie Herr-n Dir. Dr. W. Hagge von den Farbenfabriken Bayer in Leverkusen.

Summary-Hydrogen peroxide can be removed semi-continuously from aqueous solution by reduction on an anion-exchange resin in the dithionite or sulphite form, or by catalytic decomposition on a resin in the OH--form. Simple column arrangements suitable for this purpose providing for exclusion of air, and for quasi-column operation when the resin is vigorously agitated by the evolution of considerable amounts of gas, are described.

R&sun&-L’eau oxygen&e peut &re 6limin&e de maniere semi continue dune solution aqueuse par reduction sur une r&ire tchangeuse d’anions sous la forme dithionite ou sulfite, ou par decomposition catalytique sur une &me sous forme OH-. On d&r-it des dispositifs de colonne simples convenant a cette tin, prevoyant l’exclusion de l’air et l’op& ation pratique en colonne lorsque la resine est vigoureuse.ment agitee par le degagement de quantites considerables de gaz.

LITERATUR 1. W. Machu, Das Wassersto$peroxid und die Peroerbindwen, Springer-Verlag, Wien, 1951. 2. W. C. Schumb. C. N. Scatterfield und R. L. Wentworth. Hydronen Peroxide, Reinhold, New

York, 1955. 3. T. Bersin, Zon Exchangers in Organic and Biochemistry, eds. C. Calmon and T. R. E. Kressman,

Interscience, New York, 1957. 4. C. Overberger, J. Am. Chem. Sot., 1955,77,3675. 5. G. Charlot, D. Bexier und J. Courtot, Constantes Selectionnes Potentiefs d’Oxydo_Reduction,

Pergamon Press, Paris, 1958. 6. W. M. Latimer, Oxidation Potentials, 2nd Ed., Prentice-Hall, Englewood Cliffs, NJ., 1952. 7. K. J. Vetter, Elektrochemische Kinetik. Springer-Verlag, Berlin, 1961. 8. M. G. Evans und N. Uri, Duns. Faraday Sot., 1949,45,224. 9. B. Sansoni, 0. Sigmund, E. Bauer, W. Wiegand und L. Perera, Angew. Chem., 1961,73,763.

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