Regelstrecken modellieren
Dr. Hergen ScheckBBS Lüchow
2/2006
RegelkreisRegelkreis
ReglerBedien-
einrichtungRegel-strecke
Stell-einrichtung
Messgerät
Leitgerät
Vergleichs-einrichtung
Regelgröße
Führungs-größe
Regel-differenz
Soll-größen
Aufgaben-größen
Erweiterte Regelstrecke
Im Unterschied zur Steuerug wird die Ausgangsgröße ständig mit einer Führungsgröße verglichen, so dass sofort auf Störungen oder eine veränderung der Sollgröße reagiert werden kann.
Stell-größe
Regler-aus-
gangs-größe
Ausdehnungs-thermometer
Verstellbares Ausdehnungsgerät
Balg
Ventil
Heizkörper
Beispiel: HeizungBeispiel: Heizung
Modellieren von Systemen (Regelstrecken)
Modellieren von Systemen (Regelstrecken)
Achtung – Attention – Attenzione – Atención – Внимание – 注意 - Hoj
Bevor untersucht werden soll, wie Regler arbeiten, ist es wichtig, die zu regelnden Systeme (d.h. die Regelstrecken) selbst zu modellieren.
Die Beispiele in dieser Präsentation beschäftigen sich daher nicht mit Reglern, sondern nur mit den Systemen!
Die SprungantwortmethodeDie Sprungantwortmethode
Um einen geeigneten Regler zu entwerfen, muss das Verhalten der Regelstrecke bekannt sein. Ein bewährtes Verfahren zum Modellieren von Regelstrecken ist die Sprungantwortmethode.
Hierbei wird am Eingang der Regelstrecke (an der Stelleinrichtung) eine Einstellungsänderung (Sprungsignal) vorgenommen und die Reaktion des Systems als Funktion der Zeit gemessen.
RegelstreckeStelleinrichtung Messgerät
Sprungantwort der Aufgabengröße
Sprungsignal der Stellgröße
Die Sprungantwortmethode beim Heizungssystem
Die Sprungantwortmethode beim Heizungssystem
Das Heizungsventil (linkes Diagramm) ist zunächst geschlossenen (0) und wird dann vollständig geöffnet (1). Die Temperatur (rechtes Diagramm) im Raum wird über einen Zeitraum gemessen und steigt von 10° C auf 28° C an.
Temperatur
ZeitZeit
Ventilstellung
Verhalten der RegelstreckeÄnderung der Stelleinrichtung
Modellierung von RegelstreckenModellierung von Regelstrecken
Regelstrecken reagieren unterschiedlich auf eine Sprungantwort. Es gibt aber typische Verhaltensweisen, nach denen sie sich klassifizieren lassen. Man unterscheidet Systeme mit und ohne Ausgleichsverhalten.
Proportionales Verhalten:Das System reagiert unmittelbar und nimmt einen neuen stabilen Endzustand ein (System mit Ausgleichsverhalten).
Integrierendes Verhalten:Das System reagiert unmittelbar und nimmt keinen neuen stabilen Endzustand ein (System ohne Ausgleichsverhalten).
P-Strecke
I-Strecke
BeispieleBeispiele
Wasserbehälter mit Zulauf und Ablauf
Kein Ausgleichsverhalten:
Fließt mehr Wasser hinein als heraus, läuft der Behälter über. Fließt weniger hinein als heraus, leert sich der Behälter stetig.
Kalt Warm
Wasserbehälter mit Zulauf und Ablauf
Mischbatterie für warmes und kaltes Wasser
Ausgleichsverhalten:
Wird der Warmwasserzulauf geöffnet, stellt sich praktisch sofort eine neue Mischtemperatur ein.
Zeitverzögerungen aufgrund von TrägheitZeitverzögerungen aufgrund von Trägheit
Farbmischanlage
In der Praxis treten praktisch immer Zeitverzögerungen auf, d.h. das System reagiert auf die Änderung an der Stelleinrichtung mit einer gewissen Trägheit.Beispiel: Bei t=0 befindet sich nur rote Farbe in der Mischanlage. Ab diesem Zeitpunkt wird Blau im Mischverhältnis 70:30 hinzugefügt.
Eine Erhöhung des Blauanteils bewirkt, dass die Mischfarbe langsam einen blaueren Ton annimmt.
PT1-Strecke
Blauanteil in %
Zeitverzögerungen aufgrund von Transportwegen
Zeitverzögerungen aufgrund von Transportwegen
Farbmischanlage
Durch Transportwege entstehen Verzögerungen, die das Einsetzen einer Wirkung um eine bestimmte (Tot-)Zeit verschieben.
Blauanteil in %
Totzeit
PT1TT-Strecke
Transportw
eg
Ursachen von VerzögerungenUrsachen von Verzögerungen
Trägheit entsteht durch Energie- oder Massenpeicher des Systems. Solche Speicher benötigen Zeit, um sich zu füllen oder zu entleeren.
Totzeiten entstehen durch Transportwege von Energie oder Masse zum System, z.B. über Transportbänder, Rohr- oder Energieleitungen.
Allgemeine Modellierungsbausteine eines Systems
Allgemeine Modellierungsbausteine eines Systems
Proportionalelementen
Speicherelementen
Totzeitelementen
Systeme setzen sich zusammen aus:
Die Elemente können in Reihe, parallel oder rückgekoppelt angeordnet sein:
Die Rückkopplung eines Speichers mit einem Proportionalelement ergibt z.B. ein PT1-System:
Analyse des FarbmischersAnalyse des Farbmischers
Betrachtete Größe: Menge Blaue Farbe im Behälter Anfangszustand: Menge Blau = 0 l
Menge Rot = 10 lGefäßgröße: G = 10 lZufluss Rot: ZR = 0,8 l/sZufluss Blau: ZB = 0,2 l/sAbfluss: AF = ZR+ZB = 1 l/s (konstant)
Menge Blau(t) = ZB * t – AF * Menge Blau(t) / G
I-Term(Zufluss Blau)
P-Term (Abfluss Blau)
Die Rückkopplung entsteht durch Menge Blau(t) auf der rechten Seite!
Simulation des Farbmischers mit BORIS (konstanter Abfluss)
Simulation des Farbmischers mit BORIS (konstanter Abfluss)
KI = 1
KP = AF/G = 0,1
E = ZB = 0,2
Simulationsergebnis Blaue Farbe [l]
Zeit [s]
Modellierung:
Const: Zufluss Blau=0,2 l pro Zeiteinheit
I-Glied: Inhalt Blau (ergibt sich aus der Integration der Differenz von Zu- und Abfluss)
P-Glied: Abfluss Blau = 10% des Blauinhalts pro Zeiteinheit
InhaltBlauAbfluss
Blau
Zufluss Blau
Auswirkungen von Speichern bei Regelstrecken mit Ausgleich (Sprungantwortverhalten)
Auswirkungen von Speichern bei Regelstrecken mit Ausgleich (Sprungantwortverhalten)
P
PT1
PT2
PT3
Regelstrecken mit Ausgleich
Der Index gibt die Anzahl der Speicher an
Auswirkungen von Speichern bei Regelstrecken ohne Ausgleich
(Sprungantwortverhalten)
Auswirkungen von Speichern bei Regelstrecken ohne Ausgleich
(Sprungantwortverhalten)
I IT1 IT2IT3
Regelstrecken ohne Ausgleich
Der Index gibt die Anzahl der Speicher an
Beispiel für ein PT2-SystemBeispiel für ein PT2-System
Energiespeicher 1:Topf
Energiespeicher 2:Wasser
Wassertemperatur
Zeit
Da von der Stelleinrichtung zunächst der erste Speicher gefüllt wird, spürt der zweite Speicher kein Sprungsignal, sondern ein (langsamer ansteigendes) PT1-Signal. Die Sprungantwort der PT2-Strecke steigt also langsam an, besitzt einen Wendepunkt und nähert sich dann verzögert dem PT1-Signal an.
Beispiel für ein PT2-System mit Schwingung
Beispiel für ein PT2-System mit Schwingung
Höhendifferenz
Zeit
Bei zwei oder mehr Speichern und geringer Dämpfung kann die Energie bzw. Masse zwischen den Systemen hin und her wechseln und das System zum Schwingen bringen.
Beispiele: Schwingkreis, Pendel, (schlechte) Stoßdämpfer,
Energiespeicher 2:Person
Energiespeicher 1:Hosenträger
Schwingungen bei PTn-Systemen (n>=2)Schwingungen bei PTn-Systemen (n>=2)
Gewöhnliches PT2-System
Schwingungsfähiges PT2-System
Masse oder Energie fließt von Speicher 1 zu Speicher 2
Speicher 1 Speicher 2
Speicher 1 Speicher 2
Masse oder Energie kann von Speicher 1 zu Speicher 2 zurückfließen
Beispielsimulation eines ungedämpften, schwingenden Systems
Beispielsimulation eines ungedämpften, schwingenden Systems
KI2 = 1KI1 = 1
KP = 1
KP2 = 0KP1 = 0
E = 1
Hinweis: In BORIS statt Euler-Cauchy das genauere Runge-Kutta-Verfahren zur Simulation verwenden (numerische Integration), da man sonst unter extremen Randbedingungen ein falsches Ergebnis erhält.
Dämpfungen auf 0 gesetzt!
Weitere BeispieleWeitere Beispiele
Sauerstoffzufuhr im Aquarium
Ausgleich der Lastverteilung in einem Schiffsrumpf
Drehung eines Hubschrauberrotors
Tempomat im Auto
ZusammenfassungZusammenfassung
Um ein System regeln zu können, muss sein Verhalten bekannt sein.Systeme (Regelstrecken) lassen sich durch ihr Verhalten auf eine
Sprungantwort beschreiben.Man unterscheidet Systeme, die auf eine Sprungantwort ausgleichend
(proportionale Systeme) bzw. nicht ausgleichend (integrale Systeme) reagieren.
Systeme können weitgehend durch eine Kombination aus Proportional-, Speicher- (=Integral) und Totzeitelementen beschrieben werden.
Die Elemente können in Reihe, parallel oder in Form einer Rückkopplung angeordnet sein.
Simulation des Farbmischers mit BORIS(variabler Abfluss)
Simulation des Farbmischers mit BORIS(variabler Abfluss)
SimulationsergebnisBlauanteil
Zeit [s]
KP = 1/G = 0,1KI = 1
KP = 1